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V o r w o r t.

Die üntersuchung der Gesetze, denen die Be-wegung des Lichtes, dessen Wirkungen sich allen unseren Sinnen auf unendlich mannigfache Weise taglich kund geben, unterworfen ist, batnbsp;eben defshalb die Naturforscher seit der frühe-sten Zeit lebhaft und vorzugsweise beschaftigt.nbsp;Nicht blofs da, wo irgendwo bei einem Volkenbsp;die Wissenschaften blüheten, finden wir die Optik mit besonderer Vorliebe behandelt, sondernnbsp;selbst in den finstersten Jahrhunderten des Mit-telalters die unifangreichsten Werke, wie sienbsp;kaum die neuere Zeit entstehen sahe, übcr diesenbsp;Wissenschaft verfafst. Daruni gevvahrt aber auchnbsp;die Geschichte keiner anderen physikalischennbsp;Disciplin ein so hohes Interesse, wie die der

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VI V o r w o r t.

Optik, indein eé in keiiier anderen, so wie hier, oifenbar wird, dafs der nienschliche Geist nurnbsp;in stufenweiser, und dabei docli im innigstennbsp;Zusammenhange steliender, Entwickelung znninbsp;endlichen Gewinne der Wahrheit heranreift.

Bekanntlich ist die Gescliichte der Optik nicht blofs in Andeutnngen, wie von Montucia,nbsp;sondern auch in ausführlicherer Weise sclion vonnbsp;Joseph Priestley in dem Werke The historynbsp;and present state of discoveries relating tonbsp;vision^ light a7id colours. Lotid., 1772. behandelt wwden. Abgesehen aber davon, dafs seitnbsp;dem Erscheinen desselben beinahe ein Jahrhun-dert verflossen ist, dafs man also die reichenbsp;Ausbeute der auf diesem Gebiete in der neue-ren Zeit angestellten Forschungen vergebensnbsp;darin sucht, so beschriinkt es sich auch, mitnbsp;Uebergehung der Theorie, fast nur auf das Ex-periinentale, und enthalt uberdies so viel Unge-naues, oder gar Unwahres, dafs es von Klü-gel nur theilweise berichtigt werden konnte.nbsp;Nichtsdestoweniger ist die Anerkennung, die jc-nes Werk, als die erste Arbeit dieser Art, jetztnbsp;schon siebzig Jahre hindurch gefunden hat, ge-wifs eine wohlverdiente gewesen.

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VII

Vorwort.

Was die neue Bearbeitung einer ausführ-lichen Geschichte der Optik, die ich unternom-inen babe, betrifft, so fand ich mich hierzu nicht alleiii durch die Liebe, die ich immer für dienbsp;Physik gehabt habe, sondern auch dadurch ver-anlafst, dafs mir, so vvie fur die Physik überhaupt, so besonders auch für die Optik einenbsp;reichhaltige Bibliothek, und ein nicht mindernbsp;reichhaltiger Apparat zu Gebote stehen. Wienbsp;ich diese Mittel benutzt habe, und noch weiternbsp;benutzen werde, darüber kommt das Urtheil demnbsp;sachverstiindigen Publikum allein zu. Doch sonbsp;viel sei mir erlaubt, zur Empfehlung meiner Arbeit zu sagen, dafs ich mich nirgend auf einenbsp;fremde Autoritat verlassen, sondern überall dienbsp;Ouellen selbst studirt habe. Der synchronisti-schen Methode bin ich gefolgt, weil sie es amnbsp;besten übersehen lafst, wie und durch wen dasnbsp;ganze Gebaude der Optik zu seiner gegenwiir-tigen Höhe gediehen ist.

In einem zweiten Bande hoffe ich die Geschichte dieser Wissenschaft bis zum Ende des achtzehnten, und in einem dritten die des jetzi-gen Jahrhunderts bald nachfolgen zu lassen.

Auf die Tilgung der Druckfehler ist so

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VIII

Vorwort.

grofse Sorgfalt verwandt worden, dafs ich be-haupten zu können glaube, dafs sich nirgend in diesem Buche ein sinnstörendes typograpMschesnbsp;Versehen vorfinden dürfte. Nur pag. 203. istnbsp;statt „Brewster”, der dort falschlich der Er-finder der Camera lucida genannt ist, „Wollaston” zu lesen.

Berlin, im Juli 1838.

Der Verfasser.

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Die Optik der Griechen.

Die altesten Hypolliesen über das Licht imd die Farben, wie sie ron Plutarch iind Diogenes Laertius überliefert sind —nbsp;Die Quelie des Lichtes ist das Aiige — Die Platonischenbsp;Synaiigie.

D as Licht, die Ursache der Sichtbarkeit alles Er-scliafFeiieii, dies geineinsanie, so seegensrciche Eigeii-tliirni aller Gcscliöpfe des Weltalls, hat in der Natur eine zii wichtige Bestiinmuiig, als dafs die nahere Uii-tersiichuug seiner Eigenschaften der Aufnicrksainkeitnbsp;des geistreichsten Volkes iin Alterthuine hiitte entgehnnbsp;können. Den Griechen verdanken wir nicht hlofs dienbsp;Entdeekung der Gesetze, welche das Licht hei seinernbsp;Bewegiing durch gleichartige imd nngleichartige Mit-tel, iind wenn es von polirten Fliichcn znrückgeworfennbsp;wird, hefolgtj sondern sie allein nuter allen Vólkernnbsp;des Alterthnms erkannten anch ans der Natur diesernbsp;Gesetze, dals die Optik eine mathematische Disciplinnbsp;sci, nnd versuchten es zuerst, den nncndlich feinen,nbsp;sich nnseren Siniien als unkörpeiïich darstellendennbsp;Stoff des Lichtes unter die Herrschaft der Mathema-tik zu bringen.

W ie schwer es iiidefs gewesen sei, selhst die ge-wöhnlichsten Erscheiniingen, welche das Licht darbie-tet, aef deutliche Begriffe zurückziiführen, ersehen wir aus den Nachrichten, die uns Plutarch in der

L nbsp;nbsp;nbsp;1

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2 nbsp;nbsp;nbsp;Plutarch.

Schrift „Ueher die Meinnngen der Philosophen” *) hinterlassen hat. Er herichtet uns hier *) iiiiter anderen, dafs Epiknr der Meinnng gewesen sei, es er-folge das Sehen durch ein Ansstromen der Bllder ausnbsp;den Angen. Auch liabe Hipparch es fiir wahr-scheinlich gehalten, dafs die Quelle des Lichtcs innbsp;den Aiigen liegc, dafs die aus denselhen ansgchendennbsp;Lichtstralen sich his zu den aufseren Gcgenstiindennbsp;erstrecken, und die Enipfindiing des Sehens ungcfahrnbsp;auf dieselbe Weise erregen, wie wir durch das Getastnbsp;der Hande das Vorhandensein eines Gegcnstandesnbsp;wahrnehinen. Plato dagegen habe in seiner Hypothese der Synangie bchauptet, dafs das Licht nichtnbsp;aliein aus den Angen, sondern auch von den Gegen-stiindcn his auf eine gewisse Entfernung ausstrome,nbsp;dafs die heiderseitigen Stralen einander entgegenkom-men, und durch ihr Zusainmentreffen die Einpündungnbsp;des Sehens erregen '*).

1) nbsp;nbsp;nbsp;TI(qI tSv Aofaxnncor toï; ipiXnariipoii;, Die wichtii^sten Stellen aus ileu Griecliiclieii Werken, welclie die Optik betrcft'eu, tin-det man gcsaminelt in Schneider’s Eclogis physicis. Jena undnbsp;Leipzig, 1801.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. IV, cap. 13.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Diese Stelle findet sich fast wiirtlich auch in des Neme-sius Schrift J/fol qivaiiot iIvO-qojjiov, im Anfange des siebeiitennbsp;Kapitels, Welches von dein Sinne des Gesichtes handelt. Es stehtnbsp;ubrigens in diesem Buchc des Nemesius, der gegen das Ende desnbsp;vierten Jahrhnnderts nach Chr. lüschof von Emeaa in Cölesyriennbsp;war, durchaus niebts, das die dainaligen irrigen Begriffe iiber dienbsp;Optik auch nur im inindesten heriebtigt hiitte. Nnr Folgendes willnbsp;ich aus derselben anfiihren: „ Die Geometer beschreiben gewissenbsp;Kegel, die durch das Zusammentreffen der aus den Aiigen kommenden Stralen entstchn. Sie glanben niimlich, dafs das rechte Aiigenbsp;Stralen zur Linken, das linke aber zur Rechten entsende, und dafsnbsp;durch ihr Zusammentreffen ein Kegel gebildet werde; woher esnbsp;auch komme, dafs das Auge Vieles zugleich iiberschen kiinne, dafsnbsp;es aber nur da, \vo die Stralen zusammentreffen, deutlich sebe.”nbsp;Nemesius führt weiter an, dafs Porphyrins in dem Ruche

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Plutarch. nbsp;nbsp;nbsp;3

An einer andern Stelle ') jenes Bnches führt Plutarch aiich die altesten Hypothesen üher dienbsp;Eutstehung der Bilder in den Spiegeln an. Nachnbsp;Demokrit und Epiknr entstanden sie dadurch, dafsnbsp;die ans den Augen koinmenden Bilder sich auf demnbsp;Spiegel anf die cntgegengesetzte Seite wenden; dienbsp;Schuler des Pythagoras aher hiitten ihre Entste-hung in dem ZurUckprallen der Opsis von dem Spiegel geslicht, indein letztere dahei etwas Aehnlichcsnbsp;erleide, wie wenn man eine Hand ausstrecke, und sienbsp;nach der Schnlter znriickziehe.

Dafs die von Plutarch iiher die Entstehung der Farhen mitgetheilteu *) Hypothesen eheu so ungereimtnbsp;sind, wird man nicht anders erwarten. Plato hieltnbsp;die Farhe fur cine Art von Flainme ®), die ans sehrnbsp;kleinen Körperchen hesteht, din vom Objekte insnbsp;Auge geschlendcrt werden, mit dessen Poren sie ver-möge ihrer Kleinheit und Gestalt iihereiustimmen.nbsp;Die Pythagoreer nannten die Oherflache des Kör-pers seine Farhe, und nahmen vier Grnndfarhen an:nbsp;weifs, Schwarz, roth and gclh. Zeno der Stoikernbsp;hielt die Farhen fur die ersten Formen der Materie.

Auch D i ogcnes Laertius hat mis in seinen „Biographien berühmter Philosophen” mehrere Hypo-

cdaO-ifiimi behauptc, die Ursache des Sehens sei weder ein von den Stralen gebildeter Kegel, nocli ein von den Gcgenslanden ausgelien-des Bild, noch irgeiid etwas Anderes der Art, sondern die Seelenbsp;sehe sicli selbst in den iiufseren Gegenstiiiideu, indem sie alles,nbsp;was ist, enfbalte.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. IV’, cap. 14.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. I, cap. 15.

3) nbsp;nbsp;nbsp;'lO.üi, 0i‘f(/(eTQa ftógta i^ovaa TiQoq tt]r oifiiK Plato statuit-,nbsp;colorem itounisi genus esse, jiamnme, constantis ex minutisnbsp;corpuscuUs, ah ohjeclo lt;juasi vihratis in oculum, cuius par isnbsp;par vitas et Jigura eorum congrua ipsa redder ett Boyle Ex-perinieuta et considerationes de colorilms, cap. 5.

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4 nbsp;nbsp;nbsp;Diogcnex Laertius.

thesen, die Art und Weise, wie wir sehen, betreffend, anfbelialten, die er beilanfig anfiihrt. So wird in dernbsp;Lebensheschreibung Zeno’s dem Chrysippus undnbsp;Apollodorus cine Bebauptung zugeschrieben *), dienbsp;wir auch bei Euklides fiiidcn. Das Sehen erfolgenbsp;nainlich, indent das Licht zwischen dem Auge undnbsp;dem Gegenstande die Gestalt eines Kegels annehme,nbsp;dessen Spitze am Auge, imd dessen Grundflache amnbsp;Gegenstande sei,

Vom Pythagoras sagt Diogenes ^), er hahe behauptet, im AUgemcinen sei jeder Sinn, besoudersnbsp;aber das Gesicht, eine getrisse heifse AusdVmstung,nbsp;vermittelst deren wir durch Luft und Wasser sehen;nbsp;denn das Heifse werde von dem Kaltcn zuriickgcwor-fen. Ware die Ausdiinstung der Aiigen kalt, so viirdenbsp;sic in die ahnliche Luft iihergchn.

In einem Vcrzeichnissc der Schriften des Demo kr it von Abdcra, welches Diogenes gleichfalls mittheilt ^), kommen auch zwei unter den Titeln:nbsp;^ExTtiTua^utta und ^AxTivoyQcccf.iri vor. Wenn es auchnbsp;bei der ersten ungewifs ist, oh sie von der Ausbrei-tung der Lichtstralen gehandelt hahe, so lilfst es sichnbsp;doch bei der zw'eiten Schrift nicht bezweifeln, dafsnbsp;sie optischen Inhalts gewesen sei Ungeachtet D e -mokrit zwischen 470. und 305. vor Chr. lebte, so ist

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. VII, cap. 1, n. LXXXIV^ ed. Kraus.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. VIII, cap. 1, n. XIX.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. IX, cap. quot;, n. XIII.

4) nbsp;nbsp;nbsp;B’abricius bibl. Gr., tom. II, pag. 638, ed. Harles, dernbsp;sich auf den Vitru v praef. ad’lib. VII. bezielit, liiilt die

fiir ein optisches AVerk, Clirysostomus Magnenus aber nimmt sie im Democritus reviviscens, pag. 8, ii. 6, iiur fiir explica-tiones mathematicae. Ueber die ’AxTirpygiKpltj sagt ebender-selbenbsp;p. 19, 11.13: Radiorum descriptio, sive de projectinnilms opticisnbsp;et geometricis, et propagatione Unearum physicarum.

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Joannes Stobaeus.

diese seine optische Schrift dennoch nicht die hlteste, von der wir Kunde erhalten hahen. Vitruv nennt •)nbsp;als die iiltesten Schriftsteller, die von der Perspektivnbsp;geschrieben hahen, den Agatharchus und Anaxagt;nbsp;goras.

Aufser dem Plutarch und Diogenes Laertius hat uns auch Joannes Stobaus, ein Schriftsteller des fünfteii Jahrhunderts nach Chr., in seinen „Physischeu Eklogen” einige, die Optik betreffendenbsp;Aussprüche der iilteren Griechischen Philosophen auf-hehalten, die aher gröfstentheils schon von Plutarchnbsp;augeführt sind, und um so inehr übergangen werdennbsp;kunnen, als man aus den hereits angefiihrten Stellennbsp;den Zustand der Optik vor Euklides zur Genügenbsp;wird heurtheilen kunnen. Man würde in der Thatnbsp;nicht begreifen, vie statt der hier angefiihrten so ge-küustelten, und dabei doch so unwahrscheinlichen Hypothesen nicht vielinehr die einfache, nahe liegendenbsp;Wahrheit gewahlt wurde, wenn rnan sich nicht annbsp;den Entwickelungsgang des inenschlichen Geistcs überhaupt, und insbesoudere an das ahnliche Schicksalnbsp;aller jener Wissenschaften, die ihre Grundgesetze ausnbsp;der Erfahrung entlehnen, erinnern wuUte.

1) In der Vorrede zuni siebenten Buche.

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Ari stotel es.

Aristoteles*

Geboren 384., gestorben 322. vor Chr.

Das Licht ist nicht etwas Körperliches, eine Substanz, wie dies Empedokles behauptet halte, sondcin nur etwas, dessen dienbsp;Substanz theilhaffig werden, das ihr begegnen hann, ein ün-körperliches, ein Accidens — Zweifel gegen die Hypothese,nbsp;dafs das Auge die (luelle des Lichtes sei — Die Empfmdungnbsp;des Sehens erfolgt durch eine Bewegung des Mittels zwischennbsp;dem Auge und dem Geschenen, nicht aber durch einen Ausflufsnbsp;aus dem leuchtenden Körper — Die Farben entstelin entwedernbsp;durch eine verschiedene Lage der beiden Grundfarben, Weifsnbsp;und Schwarz, gegen einander, oder durch eine verschiedenenbsp;Miscliung derselben — Der Regenbogen entsteht durch einenbsp;Zuriickwerfung der Sonnenstralen von einer Regenwolke; dienbsp;Verschiedenheit seiner Farben dadurch, dafs die Sonnenstralennbsp;mehr oder weniger in dem Wasserdunste getriibt und verdun-kelt werden.

Unter den Pliilosoplien des Alterthtiins hat wohl keiner gründliclier und tiefer über das innere Wesennbsp;des Lichtes gedacht, als Ar ist o teles. Was er ühernbsp;die Fortpflanzung desselben sagt, ist in der neuestennbsp;Zeit fast über jeden Zweifel erlioben worden; wienbsp;weit er aber in dein scliwierigsten Gebiete der Optik,nbsp;in der Farbeiilehre, seiner Zeit vorangeeilt sei, erlielltnbsp;schon daraus, dafs seine Lelire selbst hentigen Tagesnbsp;bei einer höctist vervollkommneten Tecbnik ibre An-hanger linden konnte.

Aristotcles liat seine Untersucbnngen über das

Licht besonders in den drei Abhandlnngen „Ueber die Seele, über die Sinne und über die Farben” nie-dergelegt. Das Licht, sagt er in der ei’sten '), ist dernbsp;actus des Durchsichtigen, insofern es durchsichtig ist;

1) Lib. n, cap. 7. nbsp;nbsp;nbsp;lariv ^ tovtov ivigyaa xou óiacpavovg,

f) Siaq)avé(;'‘ öuva^H dk h olq toCtó iazi, v.vX to nbsp;nbsp;nbsp;und bald

nachher: nbsp;nbsp;nbsp;d*nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;xol' óiacpavovq 9WS èoxt.

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Aristoteles.

worin es aber nur potentia ist, da kann auch Finster-nil's sein. Es ist weder ein Körper, wie dies Empe-doklés bebauptet bat, noch der Ausflufs cines Kör-pers, soiidern es ist die Anwesenheit des Feuers, oder eiiies Anderen der Art in dein Dnrchsiclitigen. Dennnbsp;zwei Körper können nicht zngieich an einem undnbsp;deinselbcn Orte sein. Die Farbe ist das ini Lichtenbsp;Ecscbeuc, wefshalb sic auch nicht gcsehen wird ohnenbsp;Licht. Darin aber besteht das eigentliche Wesen dernbsp;Farbe, dafs sie das wirklicli Durchsichtige, wie dienbsp;Lnft, in Bewegung setzt. Könnte jeinand etwas, dasnbsp;cine Farbe bat, innnittelbar auf das Auge setzenj sonbsp;würde er es nicht sehcn, weil alsdann das Mediumnbsp;zwischen dein gefiirbtcn Körper und dein Gesichts-orgaiie fehlen würde, gerade so wie das Dhr keinennbsp;Ton vernehinen könnte, wenn der crtönende Körpernbsp;dies Organ unmittelbar berührte. Deinokrlt hat da-her Unrecht, wenn er sagt, dafs man, wenn der Zwi-sclienranm leer wiire, selbst cine Aineise am ïïiininelnbsp;deutlich selicn würde. Wiire der Zwischenrauin leer,nbsp;so würde man nicht nnr nicht eine Aineise, sondernnbsp;überliaupt gar nichts sehen.

In der Schrift „Ueher die Sinne” handelt das zweite Kapitel von dem Gesichte. Aristoteles er-kliirt sich hierin gcgen den Einpedokles und dennbsp;Plato iin Tiiniins, welchc bebauptet batten, dafsnbsp;das Ange feuerigcr Natur sei, und dafs das Sehennbsp;crfolge, iiulein das Licht aus dein Auge, wie aus einernbsp;Laterue ausströine. „Wenn das Auge feueriger Naturnbsp;ist”, sagt er, „warum sehen wir denn nicht auch imnbsp;Finsteru'?” Er erklart sich vielmehr für die Ansicht desnbsp;Demokrit, dafs das Innere des Auges wasserig sei.nbsp;Dies inüsse niimlich durchsichtig sein, weil sich dernbsp;Gcsichtsuerv an der hinteren Seite desselben befindet.

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Aristoteles.

Dafs diese innere durchsichtige Masse des Auges aber von wasseriger BesclialFeuheit sei, sche man schonnbsp;aus dein wasserigen Aiisflusse, der sich bei Augen-krankheiten zeige.

In dem dritten Kapitel dieser Schrift handelt er von den Farben, deren Verschiedenlieit er in einernbsp;verschiedenen Lage des Weifsen gegen das Schwarze,nbsp;oder in einer verschiedenen Mischung dieser beidennbsp;Grundfarben sncht. Denn wie zwei zu drei, oder wienbsp;drei zu vier, oder wie zwei andere ganze Zahlen kön-nen sie neben einaiider liegen. Andere wieder kennen durch ein inkoinmensiirables Verhaltiiifs entstehen.nbsp;Die Farben aber, welehe uach eiiifachen Verhaltnis-sen (fV aqidfioïq svXoyiaroig) geinischt sind, scheinen,nbsp;wie die Konsonanzen in der Musik, die angeuehmsteunbsp;zu sein, wie Purpur imd Scharlach. Fine andere Art,nbsp;wie die Farben entstehn könnten, sei die, dafs dasnbsp;Schwarze durch das Weifse, oder uingekehrt diesesnbsp;durch jenes hindurchscheine, wie z. B. die Sonue zwarnbsp;an iind für sich weifs sei, aber durch Nebel undnbsp;Rauch betrachtet roth aussche. Fine dritte endlichnbsp;sei die, dafs die Atoine der Grundfarben weder nebennbsp;einander, noch über einander liegen, sondern dafs sienbsp;ein inniges, sich aufs vollkoniinenste durchdringendesnbsp;Gemisch bilden. Aristoteles eriimert auch hier,nbsp;dafs man sich das Licht und die Farben nicht alsnbsp;körperliche Ausflüsse aus den leuchtenden Gegenstan-den vorzustellen habe, sondern dafs viehnehr das Se-hen durch einc Bewegung des durchsichtigen Mittelsnbsp;zwischen dem Auge und dem Geseheneu erfolgennbsp;dürfte.

Die Schrift „Ueber die Farben” wird zwar mit allgemeiner Uebereinstimmung der Peripatetischennbsp;Schule, nicht aber gerade dem Aristoteles zuge-

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Aristoteles. nbsp;nbsp;nbsp;9

schrieben *). Allerdings mufs man scbon defsbalb, weil hier drei Grimdfarbeu, die weifse, gelbe undnbsp;schwarze, angenommen werden, zweifeln, dafs letzte-rer der Verfasser sei, Diese Farben aber werden alsnbsp;einfache aiigeschn, weil sie bei den Elementen, demnbsp;Feuer, der Lnft, dem Wasser und der Erde vorkom-men sollen. Denn Lnft und Wasser seien von Naturnbsp;weifs, das Feuer aber imd die Sonne gclb; die Erdenbsp;sei gleichfalls von Natur weifs, und zeige sich nurnbsp;durch die Fürbung anderer Kürper in verscbiedenernbsp;Farbe. Man sehe dies besonders an der Aschej wennnbsp;das die Farbung bewirkende Fcuchte verbrannt ist,nbsp;werde sie weifs. Dafs sie nicht völlig weifs sei, liegenbsp;darin, weil sie noch durch den Ranch, der schwarznbsp;ist, gefiirbt werde. Durch cine Mischung oder durchnbsp;das Mchr oder Weniger dicser einfachen Farben ent-stehn aber alle übrigen. Mischt sich z. B. Schwarzesnbsp;mit dem Lichte der Sonne oder des Feuers, so sehenbsp;man die blaurothe Farbe (ró (poivixovv) entstehen;nbsp;mischt sich aber mafsiges Weifs und Schwarz mitnbsp;schwachem Sounucnlielite, so entstehe die gelbrothenbsp;Farbe (ro ctlovQyov'j^ Avie man dies untdr anderen annbsp;der Morgen- und'Abenddammeruug sehe.

1) Simon Porting, der sie im Jalire 1548. ins Lateinisclie iibersetzte {/Je colovihus lihellus^ u Simone Portio JVeapoli-tano latinitate donatus, et commentards illustratus. Florentiae,nbsp;1548.), und Hi e r o ny BI u s M c r cu ri a 1 i s {Variae lectiones, III, 13.)nbsp;siiid f;e;ieigt, den Tlieophrast von Eresus, einen ScliUler desnbsp;•Aristoteles, als ilircn V’crfasser aiiziiselien; andere, wie Patri-rius {Discussiones Peripateticae, p. 44.) und Coiiriiigiusnbsp;{^pintola ad Rachelium) sclireiben siedemStrato von Lam-psabus, eiiiein Scbüler des Theopbrast, zu; von Plutarebnbsp;aber, yy,, ^^y^i Bücbern dieser Schrift spriclit, und voii Pachymeres wird sie, wie Portias p. 24. bericlitet, dem Aristoteles beigeiegt. Conf. Fabricii hibl. Gr. ed. Harles, Vol. III.nbsp;p. 245. und 353.

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Ëuklides.

Seine Ansichten üher die Entstehung des Regen-hogens theilt Aristoteles in der Meteorologie ’) init. Als die Ursache desselhen sieht er eiue Zurückwer-fnng der Sonnenstralen von einer gegeniiher stellenden Regennolke an; die Verscliiedeulieit seiner Far-ben aker erkliirt er durcli die melir oder wenigernbsp;schrage Hichtnng, in der die Stralen einfallen. Dienbsp;schriigstcn kennen am wenigstcn in die Wolke eindringen, werden also am stilrksten reflektirt, und he-wirken die lebhafteste, die rothe Farbe n. s. w. Dennbsp;aul’seren Regenbogen erkliirt er anf dieselbe Weise,nbsp;wie den inneren; er liifst ihii nur in einer höherennbsp;Gegend des Wasserdunstcs entstehn.

Das Auge ist die duelle des Lichtes, dessen Bewegiing geradlinig ist — Die von den Gesichtsstralcn eingesclilossene Figur ist einnbsp;Kegel, der seinen Scheitel im Ange, und seine Grundllache anfnbsp;der Grenze der siclitbaren Gegenstande hat — Bei ebenen, er-habenen und hoblen Spiegeln ist der Einfallswinkel gleich demnbsp;Reflexionswinkel — Das Spiegelbild eines leiicbtenden Punktesnbsp;liegt; jedesmal in dem Durcbschnitte des von dem leucbtenden.nbsp;Punkte auf den Spiegel gefallten Lotbes, und des rellcktirtennbsp;Strales — Von einem Hoblsiiiegel werden die Stralen so zu-rückgeworfen, dafs sie vor demselben entweder divergiren, odernbsp;konvergiren; von einem ebenen und erhabenen aber nur so, dafsnbsp;sie diverffiren — Die Spiegelbilder sind den Gegenstiinden nurnbsp;symmetrisch gleich — Das Bild eines geraden, vor einem er-babenen Spiegel stellenden Gegenstandes erscbeint gekriimmt —nbsp;Der Brennpunkt eines Hohlspiegels liegt entweder in dem Mit-telpnnkte seiner Kngel, oder an einer Stelle zwischen diesemnbsp;Mittelpunkte und dem Spiegel.

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Ëuklides.

Unter den Schriften, als deren Verfasser man den Euklides anzusehcn pflegt, befindet sich auchnbsp;eine, in welcher die Matbeinatik auf die gerad-linige, iiud von ebenen und spbariscben Spiegclnnbsp;reflektirte Bewegung des Licbtcs in zwei besonderen Abhandliingen angewandt ist. Man bat abernbsp;diese Schrift für unwürdig des grofsen Geometersnbsp;gehalten, weil einige Satze nicht bestimint genng an-gegeben sind, andere anffallende Ünrichtigkeitcn ent-halten, nnd weil man überhaupt auch die systematische Ordnung, durch welcbe sich die Elemente ebeunbsp;dieses Vcrfassers so sebr anszeichuen, darin verinifst;nbsp;wozn noch koimne, dafs in den mcisten Handschriftennbsp;Tov Oéwvog ixdóaewg^ oder èx tcöv EvxXtidov avvov-aimv” stebt. Dafs indessen in diesen Worten keinnbsp;Grand gcgen die Aechtbeit des Werkes liege, undnbsp;diifs man nicbts anderes hierans entnehmen könne, alsnbsp;dafs The on dassclbe heransgegeben babe, erbelltnbsp;Bcbon darans, dafs dieser selbst den Euklides alsnbsp;den Verfasser der Optik nennt '). Auch Proklus =),nbsp;Marinas 3) nnd Dainianus scbreiben die Optik demnbsp;Euklides zn; Proklus auch die Katoptrik. Wasnbsp;aber den erbeblicberen Grand, die Planlosigkeit desnbsp;überdies durch mehrere Fchler entstellten Werkes,nbsp;betrifft, so verliert er allerdings von seiner Wabr-scbeinlichkeit, wenn man aus den vorbin mitgetbciltennbsp;Stellen den Zustand, in welcbem Euklides die Optiknbsp;vorfand, mit dem, was in dieser Sclmift geleistet wird,

t) In Almag. Ubrum primum. Basileae, 1538, pag- 7.

2) nbsp;nbsp;nbsp;In primum Euclidis, Lib. II. Basileae-, 1533, pag. 20.

3) nbsp;nbsp;nbsp;In (iftr JV^slrabe der sammtlichen Werke des Euklides voiinbsp;David Dregory. Oxford, 1703. pag. 458. in der Vorrede desnbsp;Mariuus zu den üatis des Euklides.

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Eaklides.

vergleicht; wenn man die nnhaltbaren Hjpothesen sei-ner Vorganger mit der hier gegeheiien matheinati-schen Entwickelung der Gesetze, die das Licht he-folgt, zusaininenhalt; weun man sich endlioh erinnert, dal’s ciner der herühintcsten Astronomen der neueriinbsp;Zeit, Kepler, noch in demselbcn Irrtbnme, den Brcnn-punkt der llohlspiegel betreffend, hefangen ist, dennbsp;man besonders hei Euklides heraiisgehohen und ini-erkUirlich gefuuden bat '): doch ist es sehr wahr-scheiiilich, dafs dies Werk, so wie wir es jetzt hahen,nbsp;nicht Ton Eaklides allein herrühre, sondern dai's esnbsp;durch Znsiltzc von Theon und anderen Kommentato-ren entstellt worden sei. Wie sich dies aber anchnbsp;vcrhalten mag, so ist doch so viel gewifs, dal’s es nnrnbsp;die Idee eiucs ausgezeichncteu Kopfes sein konnte,nbsp;das Licht, dessen Bewcgr.ngsgesetze so Avesentlichnbsp;von denen der Körper abweichen, dein Kalkul zunbsp;unterwerfen, so ungenügend auch immer der ci’stenbsp;Versuch ausfallen mogte.

Da diesc Schrift niiter den optischen, die uns aus dein Altertlinme erlialten warden, die iilteste ist,nbsp;and da sie iiberdies bis zn den Zeiten Kepler’s hiunbsp;eine vorzügliche Antoritilt hatte, so Avill ich Avenigstensnbsp;die in ihr vorkommenden Theoreme angeben ^).

1) nbsp;nbsp;nbsp;Kepler bezAveifelt niclit die Aeclitlieit der Sclirift. Epistolanbsp;CLII. Joan. Keplerus loanni Georgia Brengpero innbsp;der Ausgabe der Epistolao ad Joan. BepleTUtn A'on Haiisch,nbsp;Es beitst bier: Euclidis Vatoptrica voS-tvnv arguis, meo judicia perperam. Verba ter sa., nitida, emuncta, imo tornata, de-monstrationes rotundae et hr eves, distinctio diligens inter as-sumta et ex assumtis demonstrata. Itaque non est, ut ais,nbsp;turpis lapsus, ex assumto fnlso vidm-e, quid sequatur, sed etnbsp;confessio ohscuritatis naturae: falsum assumere, aul si error,nbsp;non certe incredihdis in Enctide, qui cum sua aetate de aquoinbsp;philosophatur ad captuni hominum illorum.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Nacb der Ausgabe von David Gregory. Oxford, 1703.

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Euklides.

Die Optik des Euklides.

Die Erfahrnngssatze, imf welche Euklides seine Optik gründet, sind folgendc:

1) nbsp;nbsp;nbsp;Die aus dein Auge kominenden Stralen gehennbsp;in geraden Linien fort, und baben cine gCAvisse Ent-fernung von eiuandcr.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Dio von den Gcsiclitsstrafcn eingeschlossenenbsp;Figur ist ein Kegel, der seinen Scheitel im Ange,nbsp;imd seine Grnndflacbc auf der Grenze der sichtharennbsp;Gegenstiinde bat.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Niir dicjenigen Gegenstiinde sind siebtbar, zunbsp;denen die Stralen des Anges gclangcn; nnsiebtbar sindnbsp;diejenigen, zu denen die Stralen nicht gclangen.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Die Gegenstiinde, die unter eincin gröfscrennbsp;Winkel gesclien werden, ersclieincn gröl'scr; die abernbsp;unter einein kleineren Winkel gesehen werden, kleiner.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Gegenstiinde, die unter gleichen Winkeln ge-seben werden, ersclieincn gleieb grofs ').

6) nbsp;nbsp;nbsp;Das unter böhereu Stralen Gesebene crsclieintnbsp;böber, das unter niedrigeren Gcschcne niedrigcr.

7) nbsp;nbsp;nbsp;Das unter inehr rechts gelegeneu Stralen Ge-sebene ersebeint inehr rechts, das unter inehr linksnbsp;gelegcnen Stralen Gesehene inehr links gelegen.

8) nbsp;nbsp;nbsp;Was unter mèbreren Winkeln gesehen wird,nbsp;ersebeint deutlicher.

1) Von den effenbar unriclitigen Siitzen 4) nnd 5), in denen die Griifse der Gegenstiinde blofs von ilireni Seliwinke!, obne RiieUsiclitnbsp;auf ilire Eutfernung, abliiingig gesetït wird, wich sehon Ptole-Biiius, und iiocb entscbicdcucr Alliazen ab, der die Griifse dernbsp;Ge.stirne ain Horizonte daraus erkliirte , dafs sie bei uiigi'iindertemnbsp;Sebwinkel von der Fliantasie in eiiie gröfsere Entferiiiiiig gesetztnbsp;wHrdeii. Hoch riigt der Arabisclie Optiker, indein er diese Eikla-rung als sebr wabrsclicinlich binstellt, den Jritliiim des Euklidesnbsp;niebt; der erste, der dies that, Avar, so viel icb iiuden kanu. Fort anbsp;in der Schrift jPe refractioney lib. I, prop. 11. und 12.

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14

Euklides.

Aus diesen Sèltzen, welche Euklides für unbe-streitbare Thatsacben hiilt, leitet er die folgenden ein und secbszig Theoreme lier.

Tbeor. 1. Kein sichtbarer Gegenstand wird zugleich ganz geseben.

Der Beweis wird für diesen Satz, wie für die folgenden, in niatheinatischer Weise und Strenge ge-führt. Es sei, sagt Euklides, AA der sicbtbare Gegenstand, das Auge befinde sich in B, von dein nach dein Gegenstaude die Stralen BA^ BB, BA, BA ans-gelien. Da mm die Stralen eine gewisse Entfernungnbsp;von einander liaben, so können sie nicht statig aufnbsp;den Gegenstand AA fallen. Es sind daber in AA gewisse Stellen, zu den en die Stralen nicht gelangen,nbsp;und defshalb kann AA nicht zugleich ganz gesehennbsp;werden. Gleichwohl glaubt man den Gegenstand ganznbsp;zu selien, wegen der Schnelligkeit, inlt welcher sichnbsp;die Lichtstralen bewegen.

Theor. 2. Von gleichen Gröfsen, die ungleich vom Auge entfernt sind, sieht man die naher gelegenennbsp;deutlicher.

Theor. 3. Jeder leuchtende Gegenstand wlrd bei ciner gewissen Gröfse der Entfernung nicht mehrnbsp;gesehen.

Den Beweis dieses Satzes führt Euklides fol-gendermaafsen; In B sei das Auge, der leuchtende Gegenstand in FA. Ans B ziehe man die Stralennbsp;BB, BA, so wird, wenn IA oberhalb nach K versetztnbsp;wird, die Gröfse K von den Stralen B/’nml BA nichtnbsp;erreicht werden. Wohin aber die Stralen des Augesnbsp;nicht gelangen, dies kann nicht gesehen werden (Er-fahrungss. 3.), daher giebt es u. s. w.

In cinem Zusatze sagt er: Sollte .Iemand elnwen-den, dal's wenn gieich die Stralen BB und BA den

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15

Euklidee.

Gcgenstand K nicht treffen können, doch die dazwi-schcn liegenden Stralen ilin erreichen werden, so er-widere ich, dal's der Gegenstand I'd so weit vom Auge entfernt werden müsse, his ihu auch diese Stralen nicht inelir treffen können.

Theor. 4. Von gleichen, anf derselhen geraden Linie genoinmenen Ahstiinden erscheinen die aus einernbsp;gröfscren Entfernnng betr.acliteten kleiner.

Theor. 5. Gleiche Gröfseu, die ungleich entfernt sind, erscheinen ungleich, iind diejenige stets gröfser,nbsp;welche dein Ange nillier ist.

Theor. 6. Parallele Linien ans der Feme betrachte!, schcinen nicht dieselbe Entfernnng von cinander zunbsp;belialten.

Der Beweis ist mit grofser Ansfiihrlichkeit so-wohl fiir den Fall, wcnn das Auge in einer Ebene mit den beiden Parallclen ist, als anch wenn es sichnbsp;über oder unter ihrer Ebene befindet, geführt.

Tlieor. 7. Wcnn anf einer geraden Linie gleiche Stiicke, die nicht uninittelbar an cinander, sondernnbsp;in einiger Entfernnng von cinander liegen, aufge-tragen werden, so erscheinen sie ungleich, das deinnbsp;Auge riiiher gelegene gröfser, als das cntferntere.nbsp;Theor. 8. Gleiche Grofscn, die vom Ange ungleichnbsp;entfernt sind, werden nicht ihren Entfernungen proportional gesehen.

Euklides zeigt, ohne die Hilfc der Trigonometrie zu kennen, in cinem weitlauligen geoinetrischen Beweise, dafs das Yerhaltnifs der gröfseren und kleineren Entfernnng cin anderes sei, als das Verhiiltnifsnbsp;des gröfseren und kleineren Sehwinkels. Es ist diesnbsp;der bekannte Satz; die Tangenten der Sehwinkel glei-cher Gröfsen, die sich in ungleicher Entfernnng vomnbsp;Auge hefinden, und nicht die Sehwinkel selbst verbal-

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Enklides.

ten sich verkclirt, wie die Entfernungen, der nach dem heutigeii Ziistande der Wissenschaft durch eine eiu-zige Gleichung bewiesen wird.

Theor, 9. Quadrate, aus der Feme betrachtet, er-scbcinen krelsförmig.

Theor. 10. Von Ebenen, die linter dem Aiige liegen, crscheinen die entfernteren Tbeile hober,

Theor. 11. Von Ebenen, die über dem Aiige liegen, ersebeinen die entfernteren Tbeile niedriger.

Theor. 12. Von Gegenstiinden, die nacb vornbin sich erstrecken {tmv sig Tov^nqoad'ev fif/xog S}(Óvt(ov)^nbsp;treten die entfernteren, znr Rechten gelegenennbsp;Tbeile linksbin, die zur Linken gelegenen reebtsbinnbsp;herror.

Theor. 13. Von gleichen Gröfsen, die nnter dem Ange liegen, ersebeinen die entfernteren böber.nbsp;Theor. 14. Von gleichen Gröfsen, die böber liegen,nbsp;als das Auge, ersebeinen die entfernteren niedriger.nbsp;Theor. 15. Wenn von zwei Gröfsen, die nnter demnbsp;Ange liegen, die eine über die andere um ein ge-wisses Stiiek bervorragt, so wird dieses, wenn dasnbsp;Ange sich nabert, gröfser; wenn es sich entfernt,nbsp;kleiner.

Theor. 16. AVenn von zwei Gröfsen, welcbe böber liegen, als das Ange, die eine über die andere umnbsp;ein gewisses Stück bervorragt, so wird dieses, wennnbsp;das Ange sich nabert, kleiner; wenn es sich entfernt,nbsp;gröfsev*.

Theor. 17. Wenn von zwei Gegenstiinden der eine über den anderen bervorragt, uud das Ange in der-selben horizontalen Linie bleibt, welcbe durch dasnbsp;obere Ende des kleineren Gegenstandes geht, so ragtnbsp;der gröfsere stets nm dasselbe Stück über den kleineren hervor, das Ange mag sich nahem, oder entfernen.

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17

Euklides.

18. nbsp;nbsp;nbsp;Aiifgabe. Die Gröfse einer gegebenen Dohe zunbsp;fiiiden.

Es wird die bekannte Methode, die Höhe aas

ibrein Schatten zu tinden, gelehrt.

19. nbsp;nbsp;nbsp;Aufgabe. Die Gröfse eiiicr gegebenen Höhe anfnbsp;eine andere Weise, als durcli ihren Schatten zunbsp;tinden.

Es wird die Methode, die Höhe mit Hilfe eines

ebenen Spiegels zu tinden, gelehrt.

20. nbsp;nbsp;nbsp;Aufgabe. Die Gröfse einer gegebenen Tiefe zunbsp;tinden.

21. nbsp;nbsp;nbsp;Aufgabe. Die Gröfse einer gegebenen Liinge zunbsp;tinden.

Theor. 22. Ein Kreisbogen in derselben Ebene, in welcher sich das Auge befindet, beschriehen, scheintnbsp;eine gerade Linie zu sein.

Theor. 23. Vou einer jedea Kugel, die nur mit einem Auge betrachtet nird, sieht man stets weuiger, alsnbsp;die Halfte; was aber von derselben gesehen wird,nbsp;erscheint von einem Kreise begrenzt.

Theor. 24. Je inehr sich das Auge einer Kugel na-hert, desto weniger sieht es von derselben; man glaubt aber (wegen des gröfser werdenden Sehwin-kels) mehr zu sehen.

Theor. 25. Eine ans der Feme betrachtete Kugel scheint ein Kreis zu sein.

Theor. 26. Weun eine Kugel mit beiden Augen gesehen wird, und ihr Dnrchmesser der geraden Linie zwischen den beiden Augen gleich ist, so sieht mannbsp;die Hiilfte derselben.

Theor. 27. Wenn die Entfernung der heiden Augen gröfser ist, als der Dnrchmesser der Kugel, so wirdnbsp;man mehr, als ihre Halfte sehen.

Theor. 28. Wenn die Entfernung der beiden Augen

1. 2

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Euklides.

kleiner ist, als der Durchmesser einer Kugel, so wird man weniger, als ihre Hiilfte sehen.

Theor, 29. Wenn ein Cylinder nur mit einem Aiige betrachtet wird, so siebt man stets weniger, alsnbsp;seine Halfte.

Theor. 30. Je mehr sich das Auge einem Cylinder niiliert, desto weniger siebt man von demselben.nbsp;Man glaubt aber mebr zu sehen.

Theor. 31. und 32. enthalten die beiden vorigen Theo-reine, anf den Kegel angewendet.

Theor. 33. Wenn man von dem Auge zwei Tangenten an die Peripherie der CrTindflilche eines Kegels, und aus den Berührungspnnkten diirch die Oberfliiche desselben gerade Linien nach seinernbsp;Spitze zieht, dnrch diese Linien aber und durchnbsp;jene Tangenten Ebenen legt, in deren gemeiuschaft-licbem Durchschnitte sich das Auge befindet, sonbsp;siebt man in jedem Punkte dieses Durchschnittesnbsp;gleichviel vorn Kegel.

Theor. 34. Ein Auge, das sich in einer geraden Linie, die stets gleich weit von einem Kegel ent-fernt bleibt, bewegt, sieht, wenn es höher steht, einnbsp;kleineres Stuck des Kegels; wenn es niedriger steht,nbsp;ein gröfseres.

Theor. 35. Wenn man in dem Mittelpunkte eines Kreises eine Linie winkelrecht gegen seine Ebenenbsp;errichtet, und das Auge in einen Punkt dieser Linienbsp;bringt, so erscheinen alle Durchmesser des Kreisesnbsp;gleich.

Theor. 36. Wenn die in dem Mittelpunkte eines Kreises errichtete Linie nicht winkelrecht auf seiner Ebene steht, dieselbe aber dem Halbmesser gleichnbsp;ist, so erscheinen die Durchmesser gleich.

Theor. 37. Wenn die aus dem Auge nach dem Mit-

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Euklides.

telpunkte eines Kreises gezogene Linie schrage auf seiner Ebene steht, und dein Halbmesser nicht gleichnbsp;ist, auch nicht die Winkel, welche sie init einemnbsp;Durclunesser eiuschliefst, cinzeln verglicben, denennbsp;gleich sind, die sie init einem anderen bildet, sonbsp;werden die Durclunesser nngleich erscbeinen.

Theor. 38. quot;Wenn die aiis dein Auge nacli dein Mit-telpiinkte eiiies Kreises gezogene Linie imgleiche Winkel init den verschiedenen Durcbmesseru bildet,nbsp;nnd nicht wiiikelrecht auf der Ebene des Kreisesnbsp;steht, aber gröfser ist, als der Halbmesser, so werden die Durclunesser nngleich erscheiiien, und zwarnbsp;wird derjcnige der gröl’sere sein, auf Avelchem dernbsp;aus dein Auge iiach dein Mittelpimkte gehendenbsp;Stral Avinkelrecht steht.

Theor. 39. 1st die iin Aorigen Satze bestimmte Linie kleiner, als der Halbmesser, so wird das Gegentheilnbsp;des Vorigen bei den Dnrcbmessern Statt finden.nbsp;Der vorher gröfser schien, wird nun kleiner er-scheinen, und der kleinere jetzt gröfser.

Theor. 40. Die Rader der Wagen werden bald kreis-fönnig, bald verzogen {naQSOTiaa^évoC) erscbeinen.

Der Beweis wird aus den Satzen 36. uiid 39. ge-

führt.

Theor. 41. Wenn ein Gegenstand winkelrecht auf einer Ebene steht, und das Auge sich in irgendnbsp;einem Pimkte dieser Ebene beiindet, um welchen,nbsp;wie um den Mittelpunkt eines Kreises, sich der Gegenstand bcAvegt, so wird er stets von gleichernbsp;Gröfse erscheiiien.

Theor. 42. W enn ein Gegenstand winkelrecht auf einer Ebene steht, und das Auge sich in der Peripherie eines Kreises, dessen Mittelpunkt der Ge-

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20

Ëuklides.

genstand einniinmt, bewegt, so wird er stets vou glcicher Gröfse gesehen werden.

Theor. 43. Wenn ein Gegenstand schrage auf einer Ebene steht, vind sich in der Peripherie eiuesnbsp;Kreises, in dessen Mittelpunkt das Ange ist, be-wegt, so wird er stets nngieicli erscbeinen.

Theor. 44. Es giebt einen Ort, an welchein ein sich bewegendcr Gegenstand stets gleich grofs erschcint.nbsp;Theor. 45. Es giebt einen Ort, an welchein ein Ge-genstanvl dein sich hcwcgeiiden Ange stets gleichnbsp;grofs erscheint.

Enklides nimint das Ange in verschiedenen Punkten der Peripherie eincs Kreises, und den Gegenstand als eine konstante Chorde an.

Theor. 46. Es giebt einen Ort, wo, wenn das Ange an deiiselhen versetzt wird, der Gegenstand aher annbsp;derselhen Stelle bleilit, letzterer nngleich erscheint.

Der Sinn vlieses Satzes ist folgender: Man trage

in einen Kreis den Gegenstand KJ als eine Chorde

ein, die von einein Pnnkte

der Peripherie unter dein Winkel K^J gesehen wird. Verltingert man dennbsp;Schenkel K2! üher S hinans, und zieht aus dem

Pnnkte B der Vcrlilngernng eine Linie nach dem

Endpnnkte J der Chorile, so dafs ilvir entstchende Winkel der innere des aufseren Peripherie-Winkelsnbsp;wird, so erscheint der Gegenstand in B kleiner, alsnbsp;in der Peripherie.

Theor. 47. Dassclbe wird sich ereignen, wenn die Linie, anf der sich das Ange befindct, dem Gegen-standc parallel ist.

Theor. 48. Es giebt einen gemeinsainen Ort, wo gleiche Gegenstande nngleich erscheinen.

Enklides theilt eine Linie BJ in die gleichen Theile BB und BJ, beschreibt über BB einen Halb-

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I

I

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Euklides.

kreis, liher I'J ein Segment eiiies gröfseren Kreises, welches den Halbkreis in Z scbneidet, nnd versetztnbsp;das Auge nacli Z.

Theor. 49. Es gieht einen geineinsamen Ort, an wel-cheni ungleiche Gröfsen gleich ersclieinen.

Theor. 50. Es gieht gewisse Stellen, an denen ein Gegenstaiid, der aus zwei ungleichen, an einandernbsp;gesetztcn besteht, jedem der ungleichen gleich er-scheint.

Die heiden ungleichen Gröfsen sein, die gröfsere -6/’, die kleinere jT/Z, imd inn jede, so wie um ihrenbsp;Suinine iverden die Halhkreise BK1\ FZJ^ BAAnbsp;beschriehen. Nun ist der Winkel BAA gleich demnbsp;Winkel BK1\ gleich dem Winkel I'ZA u. s. w.

51. Anfgabe. Die Stellen zu finden, an denen eine nnd dieselbe Gröfse um die Hiilfte, oder um dennbsp;vierten Theil, oder überhaupt in einem gegehenennbsp;Verhaltnisse, nach welchem der Winkel gctheiltnbsp;wil'd, kleiner erscheint.

Diese Anfgabe löset Euklides mit Hilfe des Problems, uber eiuer gegehenen Chorde ein Segment,nbsp;das einen gegehenen Peripherie-Winkel enthalt, zunbsp;beschreiben.

Theor. 52. AVenn sich mehrere, auf derselben geraden Linie in der Niihe dcs Auges hefindliche Ge-genstande mit gleicher Geschwindigkeit hewegen, so wird der letzte den ubrigen voranzueilen schei-nenj andern sie aber ihre Lage, so wird der vorhinnbsp;voraneilende nachzufolgeu, der vorhin nachfolgendenbsp;Voranzueilen scheincn.

Ini Texte sleht: twv ïao) Tci%ti (fSQOfiBVuv xul ènl Tt'iQ avvijg tvamp;eiag ovtojv nh^aiov nQog ronbsp;nbsp;nbsp;nbsp;to

rt'Ktviuiov n^gt;uy^y^iaOaL öó'^n- naQaXla'^avtwv Öè, to fXiV nuoiiyov^itvuv inaaulovamp;tïv, tb ö’ tnaxolovöovv

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Ë u k I i d e s.

nQOTjyslad-at, dó^et. Jedenfalls ist der Satz nicht he-stimint genug angegehen. Aiis dem Beweise aher geht hervor, dafs Euklides Folgendes sagen woUe:nbsp;W enn niehrere Gegenstilnde, die sich anf derselbennbsp;geraden Linie in gleiclier Entfernung von eiiier durchnbsp;das Auge gehenden Yertikal-Ehene hefinden, sich initnbsp;gleicher Geschwindigkeit von der Linken ziir Rechtennbsp;bewegen, so wird auf der linken Seite jener Ebenenbsp;der vom Auge entfernteste allen übrigen voranzuei-len, und der nachste hinter ihnen zurückzubleibennbsp;scheinen.

Theor. 53. Wenn sich mehrere Gröfsen mit unglei-cher GeschAvindigkeit in derselben Richtung mit dem Auge bewegen, so scheinen diejenigen, dienbsp;gleiche Geschwindigkeit mit dem Auge haben, stillnbsp;zu stellen; die sich langsamer bewegen, scheinennbsp;nach der entgegengesetzten Richtung zii gehen; dienbsp;aber schneller, scheinen voranzueilen.

Theor. 54. Wenn unter mehreren, sich nach derselben Richtung bewegenden Gegenstiinden einer still steht, so scheint sich dieser rullende nach der entgegengesetzten Richtung zu bewegen.

Theor. 55. Einem Auge, das sich einem Gegenstande niihert, scheint letzterer grofser zu werden.

Theor. 56. Wenn sich gleich mehrere Gegenstande mit gleicher Geschwindigkeit bewegen, so scheintnbsp;doch die Bewegung der entfernteren langsamer zunbsp;sein.

Theor. 57. Wenn das Auge sich vorbeibewegt, so scheinen die entfernteren Gegenstande zurückzubleiben.

Theor. 58. Gegenstande, die sich vergröfsern, scheinen dem Auge naher zu kommen.

Theor. 59. Was in ungleicher Entfernung vom Auge

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Ë u k I j d e s.

liegt, und wo weder die an den Enden befindlichen Stellen einander parallel, noch die in der Mitte be-findlicben aiif derselben geraden Linie liegen, bildetnbsp;bald eine bohle, bald eine erhabene Figur.

In Theor. 60. und 61. sind die beiden Satze, welche in 35lt; und 37. voin Kreise bewiesen wurden,nbsp;auf das Quadrat angewendet.

Die Katoptrik des Euklides.

Auch diese Schrift bat man, wie scbon gesagt, für uniicht erklilrt. Mehreren Satzen fehlen allerdingsnbsp;die zu ihrer Wabrheit nöthigen nilheren Bestiinmun-gen, auch finden sicb hier der völlig unriehtigen Be-hauptungen noch weit mehr, als in der Optik. Wienbsp;dein aber auch sei, so bleibt sie jedenfalls ein un-schatzbarer Ueberrest des A^ltertliunis, in welchein wirnbsp;zuin ersten Male die Mathematik zur Erinittelung dernbsp;Gesetze, nach denen das Licht von den Spiegeln zu-rückgeworfen wird, angewendet finden.

Euklides gründet seine Katoptrik auf folgende sieben Satze, die er als Thatsachen, durch die Erfah-rung gegeben, aufstellt:

1) nbsp;nbsp;nbsp;Der Lichtstral ist eine gerade Linie, derennbsp;Endpunkte alle dazwischeu gelegene Puukte decken.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Jeder sichtbare Gegenstand wird in geradernbsp;Richtung gesehen.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Wird ein Spiegel auf eine Horizontal-Ebenenbsp;gelegt, auf wclcher ein Gegenstand vertikal steht, sonbsp;findet dassclbe Verhaltnifs, welches der Gegenstandnbsp;und die Höhe des Auges gegen einander haben, auchnbsp;zwischen den Linien Statt, die zwischen dein Augenbsp;und dem Spiegel, und zwischen dein Gegenstande undnbsp;dein Spiegel gezogen werden.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Wenii bei ebenen Spiegeln die Stelle (voin

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24

Euklides.

Auge) eingenonimen Avird, anf welche die von dem Gegenstande nacli dein Spiegel gezogene Winkelreclitenbsp;fiillt, so Avird der Gegenstaud (im Spiegel) nicht ge-sehcn.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Wenn hei erhahenen Spiegeln die Stelle vomnbsp;Auge eingenonimen ist, APelche von der geraden Linie,nbsp;die diirch den Gegenstand iind den Mittelpiinkt dernbsp;Kiigel (von Avelcher der Spiegel ein Segment ist) geht,nbsp;getroffen v^ird, so ist der Gegenstand nicht sichthar.

6) nbsp;nbsp;nbsp;Dasselbe findet bei Holilspiegeln Statt.

7) nbsp;nbsp;nbsp;Wenn etAvas in ein Gefafs gCAVorfen, undnbsp;letztcres so Areit entfernt Avird, bis das HineingcAvor-fene nicht inehr gcsehen Averden kaïin, so Aiird es innbsp;derselben Entfernung sichthar, Avenn man Wasser innbsp;das Gefafs giefst.

Anf diese Satze gründet nun Euklides folgende Theoreme:

Theor. 1. Von ebenen, erhahenen und hohlen Spiegeln Averden die Stralen unter gleiclieu Wiiikelu zuriickgCAVorfen.

Den BcAAeis leitet Euklides aus dein Erfah-rungssatze 3) her.

Theor. 2. Wenn ein Stral auf eincn Spiegel unter gleichen Nebenwinkeln fiillt, so Avird er in sichnbsp;selbst zurückgeAVorfen.

Theor. 3. Wenn ein Stral unter ungleichen Winkeln auf einen Spiegel fiillt, so Avird er Aveder in sichnbsp;selbst zurückgeAVorfen, noch nach dein kleinerennbsp;Winkel hin (unter dem er aiiffiillt).

Theor. 4. Die Stralen, Avelche von ebenen und erha-benen Spiegeln zurückgevvorfcn Avcrdcn, köunen Ave-der einauder schneiden, noch parallel sein.

Theor. 5. Wenn man das Auge cntAveder in den Jlittelpunkt eines ïlohispiegels, oder in die Peri-

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Euklides.

plicrie, oder aufserhallj derselben, d. h. zwischen den Mittelpiinkt and die Peripherie stellt, so schnei-deii sicli die zurückgeAVorfeuen Stralen.

Theor. 6- Wenn das Ange zwischen den Mittelpunkt und die Peripherie eines Holilspiegèls gestellt wird,nbsp;so werden sich die zurückgeworfenen Stralen zu-wcilen schneiden, zuweilen aher nicht.

Dieser Satz koinmt mit der bekanntcn Wirkung der Hohlspiegel üherein, dafs die zurückgeworfenennbsp;Stralen divergiren, und ein geoinetrisclies Bild gehen,nbsp;wenn sich der Gegenstand zwischen dein Spiegelnbsp;und seinem Brennpunkte hefindet, dafs aher die re-flektirten Stralen konvergiren, und ein physisches Bildnbsp;hervorhringen, wenn der Gegenstand anfserhalh dernbsp;Brennweite steht.

Theor. 7. Höhen und Tiefen erscheinen in ehenen Spiegeln verkehrt.

Unter einer Ilöhe versteht Euklides ein Loth . auf dein horizontalen Spiegel, unter einer Tiefe das-selhe, ^wenn die polirte Fliiche unterwarts gekehrt ist.nbsp;Theor. 8. Ilöhen und Tiefen erscheinen in erhahe-nen Spiegeln verkehrt.

Theor. 9. Gegenstiinde, die einein ehenen Spiegel zur Seite liegen, erscheinen in der Lage, welchenbsp;sie wirklich haben.

lm Texte sind die Gegenstiinde ra nldyia genannt, iin Gegensatze der Höhen und Tiefen, sonbsp;dafs man hierunter hesonders die den Spiegeln seit-wiirts gelegenen, ihnen parallelen Gegeustaude _ver-stehen mufs.

Theor. 10. Gegenstiinde, die einem erhahcnen Spiegel zur Seite (und demselben parallel) liegen, erscheinen in der Lage, welche sie wirklich haben. Theor. H. In Hohlspiegeln erscheinen Höhen und

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Euklides.

Tiefen, die innerhalb des Durchschnittspunktes der reflektirten Stralen liegen, umgekehrt, wie in ebe-nen und erbabenen Spiegeln; die aber aul’serbalb jenes Punktes liegen, erscbeinen in der Lage, welchenbsp;sie wirklich haben.

Euklides niinmt das Aiige znr Seite des Spiegels an, und ziebt zwei ans deinselben ausgebende Stralen so, dafs sie sicb nacb der Reflexion in einemnbsp;Pnnkte sclineiden. Dies ist der im Satze genanntenbsp;Durcbsclmittspunkt. Er zieht bierauf zwei Halbinessernbsp;des Spiegels auf verscbiedenen Seiten dieses Durcb-Bcbnittspunktes. Die zwiscben den reflektirten Stralen gelegenen Stücke dieser Halbinesser sollen dienbsp;iin Satze angegebenen Höben sein.

Theor. 12. Gegenstande, die winkelrecht gegen die Achse der Holilspiegel stehn {rd nla/ianbsp;nbsp;nbsp;nbsp;er

scbeinen, wenn sie innerbalb des Durcbscbnitts-puiiktes der Stralen steken, in der Lage, welcbe sie wirklich baken; stehen sie aker aul'serhalb jenes Pnnktes, so erscbeinen sie uingekehrt.

Tbeor. 13. Dieselbe Sacbe kann durcb mehrere Spiegel gesebn werden.

Tbeor. 14. Es ist inöglich, dieselbe Sacbe durcb be-liebig viele ebene Spiegel zu seben; man muls hierzu ein reguliires Polygon bescbreiben, das zweinbsp;Seiten mebr bat, als die Anzabl der Spiegel betra-gen soil.

Euklides beschreibt innerbalb eines Krelses ein regnlares Fünfeck, und legt durcb drei Winkelspitzennbsp;dessclben Tangenten, in deren Richtung die Spiegelnbsp;angebracbt weerden sollen; den Gegenstand setzt er innbsp;die vierte Wiukelspitze, und das Auge in die fünfte.nbsp;Tbeor. 15. Es 1st möglich, dieselbe Sacbe durcb be-liebig viele konvexe oder konkave Spiegel zu sebn.

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Euklides.

Theor. 16, In ebenen Spiegeln wird der Gegenstand in der Winkelrechten, die von demselben au£ dennbsp;Spiegel gefiillt ist, gesehn.

Theor. 17. In erhaheuen Spiegeln wird der Gegenstand in der geraden Linie, die von demselben nach dem Mittelpunkte der Kugel (von welclier der Spiegel ein Segment ist) gezogen wird, gesehn.

Theor. 18. In Holilspiegeln wird jeder Gegenstand in der geraden Linie, die von demselben nach demnbsp;Mittelpunkte der Kugel gezogen ist, gesehn.

Theor. 19. In ebenen Spiegeln erscheint das beim Gegeustande ziir Linken Gelegene rechts, und dasnbsp;zur Rechten Gelegene links; auch ist der Gegenstand und sein Bild gleich weit voih Spiegel ent-fernt.

Theor. 20. In erhabenen Spiegeln erscheint das beiin Gegenstande zur Linken Gelegene rechts, und dasnbsp;zur Rechten Gelegene links; das Bild ist aber demnbsp;Spiegel ntiher, als der Gegenstand.

Theor. 21. In erhabenen Spiegeln ist das Bild kleiner, als der Gegenstand.

Theor. 22. In kleineren erhabenen Spiegeln erschei-nen die Bilder kleiner.

Theor. 23. In erhabenen Spiegeln erscheinen die Bilder gerader Gegenstande erhaben.

Dieser Satz bat allerdings seine Richtigkeit, der von Euklides gegebene Beweis ist aber uiirichtig.nbsp;Er hiilt namlich diese Erscheinung für eiiie optischenbsp;Tauschung, die daher entstehe, dafs die voin Augenbsp;ausgehenden, und vom Spiegel nach der Mitte desnbsp;Gegenstandes reflektirten Stralen kürzer sind, als dienbsp;nach dem Rande reflektirten ').

1) Dafs sowohl in Sammcl- als auch in Zerstreuungsspiegeln die Bilder gtöfserer gerader Gegenstande nicht unmerklich von

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Euklides.


Theor. 24- Wenn das Auge bei Ilohlspiegebi in den Mittelpimkt der Kugel versetzt wird, so sieht esnbsp;nur sicli selbst.

Da das Bild des Auges in diesem Falie in das-selbe zurlickfilllt, von ihm also nicht gesehen werden kann, so ist dieser Satz, wie schoa inebrere andere,nbsp;ganz unrlchtig.

der geraden Riclitung ahweichen miissen, ergiebt sich aiis folgen-der Reclinung. Es sei AG die Aclise eiiies Holilspiegels, in C der geometriscbe Mittelpunkt desselben, and Gg ein aufserluilb dernbsp;Brennvveite befindlicher, senkrccht auf der Acbse steheiider Ge-geiistaiid. Die durcli g and C gezogene Linie treffe den Spiegelnbsp;in B. So wie das Bild des Pnnktes G in einem Paukte li dernbsp;Lillie AC liegt, eben so mufs aucb das Bild des Paaktes g in einemnbsp;Pankte h der Linie BC gelegen sein. Es kommt nuumebr daraafnbsp;an, den Zug der Linie, darch vveicbe die Pankte II and h za verbinden sind, welcbe Liiiie das Bild des Gcgenstandes Gg seinnbsp;warde, za bestimmen. Der Anfangspankt der Abscissen far dienbsp;Lillie Hh werde in C angeiiommen, and der Koordinateii - Winkelnbsp;sei ein rechter. Noch werde CA mit Gg mit wi, and CG mit nnbsp;bezcichnet. Fiir die Vereiuigungsweite Bh hat man bekaimtlichnbsp;r, Bgnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;¦ .nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;r, Bh


deii Wertli

r {rhC) r — ‘l. hC


2. Bg — r


woraas sich Bg =


ergiebt. Da nan m~-


2 . BAr n


so ist Cg = ^


= ~,hC-, and Bg — r-\-Cg-=rAr

a:


r {r — hC)


r — 2.hC


r — 2 . hC

¦ nbsp;nbsp;nbsp;(r® —nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;X*

AnI

In einem Sammelspiegel ist also das Bild nacb einem Hyperbel-Bogen gekrnmmt, wenn r 2n, nacb einem elliptiscben, wenn nacb einem Parabel-Bogen, weiiii r = 2n, and nacb einem

Kreisbogen, dessen Halbmesser ~ ist, wenn « = oc, indem die

Gleichang in diesem Falie die Form y® = — — at® erliiilt. Der

Gegenstand ist namlich ini letzten Falie in unendlicber Entferiiang vom Spiegel, and defshalb liegt sein Bild im Bren up ankle. Beinbsp;einem Zcrstreaangsspiegel, fiir den r negativ ist, bleibt die Glei-chang nngeiindert.


2 (at® -f-


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Euklides.

Theor. 25. Wenn das Auge in die Peripherie eines Hohlspiegels, oder aufserhalh derselben versetztnbsp;wird, so wird es sich selbst nicht sehn köunen.nbsp;Theor. 26. Wenn man dnrch den Mittelpunkt einesnbsp;Hohlspiegels einen Durchinssser zieht, der Avinkel-recht auf der Achse steht, nnd das Ange anf dienbsp;eine oder die andere Seite der Achse stellt, sonbsp;wird man nichts von dem sehn, was auf derselbennbsp;Seite mit dem Auge liegt.

Unter dem Durchmesser ist hier und in den fol-genden Satzen immer eiue Linie, die in dem geome-trischen Mittelpuukte des Spiegels winkelrecht auf der Achse steht, und bis zur erweiterten Peripherie desnbsp;Spiegels gezogen wird, zu verstellen.

Theor. 27. Wenn die Augen so iu den Durchmesser eines Hohlspiegels gestellt werden, dafs beide gleichnbsp;weit von dem Mittelpunkte entferut sind, so wirdnbsp;keius der Augeu gesehcn werden.

Das Bild des einen Auges fiillt namlich in dic-sem Falie iu das andere.

Theor. 28. Wenn man den Theil der Achse, der zwischen dem Spiegel und dem Mittelpunkte seinernbsp;Kugel liegt, lialbirt, im Halbirungspunkte ein Lothnbsp;errichtet, uud die Augen in dieses Loth so bringt,nbsp;dafs sie gleich weit von der Achse entferut sind,nbsp;so wird keins der Angen gesehen werden, sie mogen zwischen diesem Lothe und dem Durchmesser,nbsp;oder iu dem Lothe selbst angenommen werden.

Im ersteii Falie, wenn die Augen zwischen dem Lothe und dem Durchmesser angenommen werden,nbsp;fiillt das Bild des einen Auges hiuter das andere; imnbsp;anderen nimmt Euklides die Augeu im Breunpunktenbsp;des Hohlspiegels an.

Theor. 29. Wenn die Augen aufserhalh des Durcli-

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30

Euklides.

inessers angenommen werden, so erscheint das rechts Gelegene rechts, das links Gelegene links,nbsp;auch ist das Bild kleiner, als das Gesicht selhst,nbsp;und zwischen dem Gesichte und dem Spiegel gelegen,

Theor. 30. Es kann ein Spiegel ans ehenen, erhahe-nen und hohlen so zusainmengesetzt werden, dafs in ihin niehrere Bilder des Gesichts erscheinen,nbsp;theils gröfsere, theils kleinere, theils nahere, theilsnbsp;entferntere, und so, dal’s das rechts Gelegene zurnbsp;Bechten, das links Gelegene zur Linken sichthar ist.nbsp;Theor. 31. Von Hohlspiegeln, welche gegen dienbsp;Sonne gehalten werden, wird Feu er angezündet.nbsp;lm BcAveise wird gezeigt, dafs die Entzündungnbsp;entweder an einer Stelle zwischen dein Mittclpunktenbsp;und dein Spiegel, oder iin Mittelpunkte selhst erfol-gen werde. Obgleich man glauhen sollte, dafs dienbsp;einfachste Zeichnung liingereicht hahen mufste, dienbsp;Unrichtigkeit dieser Behauptung einzusehn, so findennbsp;wir dennoch, wie schon gesagt, denselben Irrthum heinbsp;dein grofsen Kepler *), ungeachtet damals schonnbsp;lange vorher das wahre Verhaltnifs der Sache ent-deckt war. Wir dürfen hieraus entnehmen, wie schwernbsp;es gewesen sei, selhst die ersten Elemente der Optiknbsp;zii hegründen, und wne vorsichtig wir in unserem Ur-theile üher die Aechtheit einer physikalischen Schriftnbsp;des Alterthiims sein mussen. Ich koinine daher aufnbsp;meine ohige Behauptung zurück, dafs man einiger

1) Tn einem der mit Brengger gewechselten Briefe, in dem 152sten in der Aiisgabe von Hanscli. Es heifst hier: FefelUt tenbsp;Mtiginus cum suo specula, (jui ex Joanne Baptistanbsp;Port a verba 7ionnwda niutuntus, fjuae ei'ant de co'ncavo, nonnbsp;sphaerico, sed parahoKco dicta, perperam ad suum sphuericumnbsp;accommodat, quod imendat in quarta diametri.

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31

Archimedes.

Fehler wegen, welche diese Optik enthiilt, keines-weges berechtigt sei, an ihrer Aechtheit zu zweifeln, dais man vielinehr die fiir die dainalige Zeit in dernbsp;That bewundernswerthe Klarheit, init welcher dienbsp;Oaiiptsatze der Spiegellebre, besonders was den Ortnbsp;and die Lage der Bilder betrifft, bier eiitwickelt sind,nbsp;anzuerkeimen babe. Siitze freilicb, wie das 59stenbsp;Tlieorein der Optik, die Erfahriingssatze 4. 5. 6. dernbsp;Katoptrik, mid namcntlich der Erfahrungssatz 7., dernbsp;gar nicht dahin gehort, und in der Abbandlimg sclbstnbsp;nicht gebraucbt wird, das 24ste, 25stc, 26ste Theoremnbsp;der Katoptrik, mid mebrere abiilicbe, können leicbtnbsp;durch Kommeiitatoren biiizugefiigt sein.

IFoii deii Breunspiegeln des ArcM-medeis.

Die Komische Flotte vor Syrakus ist hochst wahrscheinlich nicht durch Brennspiegel zerstort worden, weil 1) Polybius, bei-nahe ein Zeitgenosse des Archimedes, der die Belagerungnbsp;TOn Syrakus ausfiibrlich bescbreibt, nichts bieriiber anfiihrt,nbsp;aiich Lirius und Plutarch davon scbweigen; 2) in dernbsp;friihesten, auf nns gekommenen, und diesen Gegenstand he-riihrenden ftiielle keinesweges von Brennspiegeln, sondern nurnbsp;Ton kiinstlichem Feuer die Rede ist; 3) weil es unmiiglichnbsp;ist, rait einem einzigen Hohlspiegel auf gröfsere Entfernungennbsp;zu ziinden, und es immer, so lange nicht unleiighare ïhat-sachen dafiir sprechen, sehr unwahrscheinlich hleihen wird, dafsnbsp;Archimedes Spiegel Ton solcher Konsfruktion, wie sie zuerstnbsp;Anthemius angab, nicht blofs in Gedanken entvvorfen, sondern auch zu Stande gebracht habe; 4) weil diese Spiegel,nbsp;selbst wenn Archimedes sie gekannt liatte, das unsicherstenbsp;und UDzweckmafsigste Tertheidigungsmiltel sind, dessen sich

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32 nbsp;nbsp;nbsp;Archimedes.

ein vom Feinde hart bedracgter Belagerter bedienen kann, in-dem die Entziindung auch nur einer Stelle melirere Stunden erfordert, «nd dera Feinde Zeit getmg iibrig liii'st, sein Heilnbsp;in der Flucht zu suchen; weil endlich 5) mehrere iihnliche,nbsp;die Optik betreffende Geruchte, deren üngereimtheit aufnbsp;den ersten Bliek einleuchtet, im Mittelalter allgemein geglaubtnbsp;wurden.

Das letzte Theorem der Enklideischen Katop-trik führt inich auf eine der interessaiitestcn Unter-suchiuigen in der Gescliichte der Griechischen Optik, auf die Frage namlicli, in wie weit den Nachrichten,nbsp;welche man von den Brennspiegeln des Archimedesnbsp;erzahlt, Glauhen heizumessen sei. Eine genaue Un-tersuchung des geschichtlichen Fundaments, verhun-den mit dem, was die Theorie und Erfahrung unserernbsp;Tage üher diesen Gegenstand lehren, kann allein zurnbsp;Entscheidnng dieser so oft angeregten, und so oft innbsp;entgegengesetztem Siune heantworteten Frage füh-ren ’),

1) Unter den vielen Vertheidigern der Wahrheit jener, die Breimspiegcl des Archimedes betreffenden Sagen, neniie ich beinbsp;senders: Jo. Georg. Liehknecht diatribe academica de spe-culis camticis. Jenae, 1704. Ferner Segner de specoUs Archi-medeis tentamen. Jenae, 1732. Ferner Lettre sur les miroirsnbsp;ardens par L. Dutens, im Journ. encyclop Aout 1771. pag.nbsp;116 —121. Endlicli aiis der neiiesten Zeit: die Preisschrift desnbsp;Joh. Pet. van Capelle, übersetzt in Gilbert’s Annalen, Bd. 53.nbsp;S. 242. 11. d. f. Van Capelle, der, geslützt auf die Nachrichten,nbsp;welche ich gleich anführen werde, es fiir sebr wahrscheinlich halt,nbsp;dafs Archimedes nicht blot's Maschinen, sondern auch Breniispic-gel gegen die Römische Flotte gerichtet habe, ohne ihr jedochnbsp;durch Ictztere, bedcutenden Schaden zufiigen zu könucn, «eil dienbsp;glaubvviirdigsten Geschichtschreiber hieriiber iiichts berichten, setztnbsp;voraus, dafs Archimedes sich soldier Spiegel, wie sie Anthemius angab, bedient habe; eine Voraussetzung, die dcfslialb immernbsp;sehr uiiwalirschciiilich bleiben wird, weil eine solche Erlindungnbsp;nicht mit Archimedes zugleich auf Jahrhunderte untergcgaugeu

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Archimedes.

Die früliesten, uns erhaltenen Nachrichten hier-iiber linden -wir iin Hippias des Lucian *), und in einer Schrift des Galen. Lucian hehauptet ahernbsp;keinesweges, dafs Archimedes die Flotte durchnbsp;Brennspiegel zerstört, sondern nnr, dafs er sie durchnbsp;kiinstliche Mittel verhrannt hahe. Auch in der Stellenbsp;hei Galen wird nicht entschieden von Brennspiegelnnbsp;gesprochen. Die Werkzeiigc, init denen die Flottenbsp;vermuthlich entzlindet sei, werden nvQÏa 2), Zündwerk-zeuge, genaunt; doch ist es wahrscheinlich, dafs Galen hierunter nichts anderes, als Brennspiegel verstanden hahe, weil er kurz vorher von der Eigenschaft der Sonnenstralen, niit Harz hestrichenes Holznbsp;entziinden zu können, spricht, und hinzufiigt, dafs mannbsp;mit ehen diesem Werkzeuge auch Wolle, einen Docht,nbsp;und überhaupt alles, was auf ahnliche Weise trockennbsp;und schwammicht ist, leicht entflammen könne.

sein wiirde. Auch ist ja überhaupt gar nicht die Rede von einem vergeblichen Versucbe des Archimedes, den feindlicben ScbilTennbsp;durch Brennspiegel Schaden zuzufügen, sondern von der Zerstbrungnbsp;der Flotte. — Zweifel gegen die Wahrheit jener Sagen sind miternbsp;anderen erhoben von Job. Christ. Bischof in der Schrift: „Ohnbsp;Archimedes die Riimische Flotte durch Brennspiegel verhranntnbsp;hahe.” Stettin, 1758. Auch J. Fr. Facius in seiner Einladungs-schrift zum Stiftungsfeste des Gymnasiums in Koburg vom Jahrenbsp;1801. ist der Meinuiig, dafs wahrscheiulich die Brennspiegel desnbsp;Proklus jene Sagen vom Archimedes veranlafst batten, dafsnbsp;aher dieser allerdiugs V'ersucht hahen kbnne, die Riimische Flottenbsp;auf irgend eine andere Weise in Brand zu stecken.

1) nbsp;nbsp;nbsp;In der Ausgabe von Hemsterhuis und Reitz, tom. Til,

pag. 295. Lucian ist zu Samosata in Syrien um das Jahr 110. a- Chr. geb., und um das J. 200. gest. Er nennt in jener Stellenbsp;den Archimedes lov rag Twrnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;xarugi^é^KVta rjj

2) nbsp;nbsp;nbsp;De temperamentis, lib. Ill, cap. 2. Galen ist um dasnbsp;Jahr 130. n. Chr. zu Pergamus in Kleinasien geb. Die betreffendenbsp;Stelle heifst so: ovtid St’] nmq, olpat, yat tov 5^pijdijr (paal Sia

TOJV 7lVQt(jJV ^pnqriaai taq vwy nol^pCtav rQit'iQttigt;

I. nbsp;nbsp;nbsp;3

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Archimedes.

Die erste bestiinmte Nacliriclit, dafs die Flotte unter Marcellas durch Brennspiegel vernichtet sei,nbsp;giebt Anthemius, der aber erst zur Zeit des Kaisers Justinian I. in der Mitte des sechsten Jahr-hunderts n. Chr. lebtc ’), in seinen „Mechanischennbsp;Paradoxen”, von denen uns ein Fragment erhaltennbsp;ist, das sich, aus vier Manuscripten durch Dupuynbsp;verglichen, im 42sten Bande der Histoire de Facadémie royale des inscriptions.^ pag. 400. et sqq., be-findet.

Diese Schrift enthalt vier Probleme, von denen aber das erste; „An einen gegebenen Ort zu jedernbsp;Stiinde und Jahreszeit einen unveriinderlichen (ufiara-xivrjTOV) Sonnenstral einfallen zu lassen”, mit der vor-liegenden Untersuchung nichts gemein hat.

In dem zweiten Probleme: „Fine Maschine zu konstruiren, welche bis an einen gegebenen Ort, dernbsp;bis auf die Schufsweite eines Bogens entfernt ist,nbsp;mittelst der Sonnenstralen zu ziinden vermag”, be-zweifelt Anthemius die Ausfiihrbarkeit eines sol-chen Unternehmens, sobald man sich nur eines einzi-gen Spiegels bedienen wollte, theils, well alsdann dienbsp;Sonne, der anzuziindende Gegenstand und der Spiegelnbsp;immer in ciner geraden Linie sein müfsten, theilsnbsp;auch, weil die Gröfse des Spiegels von der Entfer-nung, in welcher die Entzündung erfolgen soil, ab-hilngig sei. „Em jedoch”, so fiihrt er fort, „dennbsp;Ruhm des Archimedes, der, nach dem einstimmi-gen Urtheile Aller, die feindlichen Schiffe mittelstnbsp;der Sonnenstralen verbrannte, nicht zu schmillern, so

1) Pr o cop {De aedif. Justin., lib. I, cnp. 1.) sa^t von ihra: 'AvO-éfiioq è TQuU.tavóq, idt aotplrf lij xuiovfiévtj jitjxavixvj Xoyioixa-•coq oi Tüv xav’ ai%ov [lórov i'murrmr, aila twj/ avioS Ttqoyai'Oliivii)*nbsp;jrottra etc.

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Archimedes.

dürfen wir die Ausführbarkeit des Problems mcbt völ-lig bezweifeln. Was micb betrifft, so will icb, der icb die Sacbe init der gröfsteii Sorgfalt erwogennbsp;babe, meine Gedanken liber eine solcbe Mascbinenbsp;mittbeilen.”

Es folgt alsdann die Aufgabe: Einen ebenen Spiegel so zu stellen, dafs, in welcber Ricbtnng aucbnbsp;ein Sonnenstral nacli einem gegebenen Pimkte dessel-ben einfallen mag, dieser Stral nacb einem anderen,nbsp;gleichfalls gegebenen Punkte reflektirt werde. An-tbemins giebt die bekannte Anflosung dieses Problems. Es sei, sagt er, A der gegebene Pnnkt desnbsp;Spiegels, nnd BA ein beliebiger Stral. Man ziebenbsp;ans A nacb dem anderen gegebenen Pnnkte B einenbsp;Linie, balbire den Winkel BAF durch die Linie Ad^nbsp;nnd stelle den Spiegel so, dafs AJ winkelrecht anfnbsp;demselben steht.

Antbemins bescbreibt bieranf einen Spiegel, von dem er glaubt, dafs er auf gröfsere Abstandenbsp;ziinden, nnd in seiner Konstrnktion mit den Brenn-spiegeln des Archimedes iibereinstimmen miisse,nbsp;wenn anders die iiber diesen verbreitete Sage wirk-licb begriindet sein sollte. Er scblagt nainlich vor,nbsp;mebrcre ebene Spiegel von glcicher Grofse, in Gestalt regularer Sechsecke, so zusammenziisetzen, dafsnbsp;je zwei Seiten ibrer Lange nacb an einander stofsen,nbsp;die kleinen Dnrcbmesser jeder zwei Spiegel also innbsp;demselben Pnnkte znsammentreffen, nnd dafs sicb dienbsp;Spiegel diircb Scharniere, die rückwiirts angebracbtnbsp;®iad, in jede beliebige Stellnng binngen lassen. In-dem man so den iibrigen Spiegeln die erforderlichenbsp;Neigung gegen den mittleren giebt, wird man die vonnbsp;alien reflektirten Stralen an einer Stelle vereinigen,nbsp;nnd hierdurch die Entziindnng eines leicht brennen-

3quot;

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Archimedes.

den Gegenstandes bewirken können. Da er in die-sein Probleme auch behauptet, dafs mindestens vier imd zwanzig zuriickgeworfene Stralen, also vier undnbsp;zwanzig Spiegel zur Ansteckung eines leicbt entziind-lichen Gegenstandes erfordert ¦warden, so schcint esnbsp;fast, als babe er die Wirkung solcber Spiegel ausnbsp;der Erfabrung gekannt.

Gegen das Ende des Fragmentes zeigt Antbe-mius, nach welchem Kegelscbnitte ein Brennspiegel konstruirt werden müsse. Es sind aber nur wenigenbsp;Zeilen der Auflösung verbanden, und der Beweis istnbsp;aucb nicbt voUendet.

Viel spater sind die Nachrichten, welche bier-über durcb Zonaras, Tzetzes nnd Eustatbins, die im zwölften Jahrbunderte lebten, mitgetbeilt werden. „Marcellus würde sicb der Stadt Syrakiis”,nbsp;erzablt Zonaras *), „deren Mauern zu Wasser undnbsp;zu Lande angegriifen wurden, sebr leicbt bemachtigtnbsp;haben, wenn ihm nicbt die Mascbinen des Arcbimodes Widerstand gelcistet batten. Denn dieser warfnbsp;nicbt nnr Steine auf die Römiscben Scbiffe, sondernnbsp;er zog sie selbst mittelst seiner Mascbinen in dienbsp;Höbe, liefs sie dann plötzlicli in das Meer fallen, undnbsp;versenkte sie so. Endlicb aber verbrannte er auf einenbsp;bewunderungswürdige Weise die ganze Flotte der Romer; denn indem er einen Spiegel gegen die Sonnenbsp;hielt, und die Sonnenstralen init deinselben aufting,nbsp;eiitzündete er wegen der Dicbtigkeit und Politur desnbsp;Spiegels durcb diese die Lnft, erregte eine grofse Ilitze,nbsp;warf diese auf die Scbiffe, und verbrannte sie alle.”

Derselbe Zonaras bericbtet “), dafs unter der

1) nbsp;nbsp;nbsp;In der Baselcr Ausgahe 1557. Annul., tom. II, pag. 85.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Annul., tom. Ill, pag. -40.

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Archimedes.

Regierung des Kaisers Anastasias (491. bis 518.) der Feldberr Vi tali anus, der sich mit den Mysiernnbsp;und Scythen verband, einen Aufriihr erregt, auf deinnbsp;Byzantinischen Gebiete Beute geinacht, und endlichnbsp;Konstantinopel mit einer Flotte belagert babe. Diesenbsp;sei aber durch Proklus, der nicbt nnr die Mascbi-nen des Arc him odes gekannt, sondern aucb neucnbsp;erfunden babe, zerstört worden. Proklus babe nam-licb Brennspiegel (;c«To;rTpa nvoocpÓQcc) aus Erz ver-fertigt, und sie an der Mauer, den feiudlicben Scbif-fen gegeuiiber, aiifgehangt. Da die Sonnenstralennbsp;auf diese fielcn, babe das gleich dem Blitze hervor-brecbende Feuer die Scbiffe der Feinde verbrannt,nbsp;was einst aucb, wie Dio erzahlt, Archimedes that,nbsp;uls die Romer Sjrakus belagerten.

Uebereinstiminend mit diesen Nacbricbten er-wabnt aucb Tzetzes *), dafs Archimedes die Flotte des Marcellas durch Brennspiegel vernichtetnbsp;babe. Er beruft sich besonders auf das Zeugnifs desnbsp;Anthemius, und aufser diesem auf den Diodorus,nbsp;Dio, Heron, Philo und Pappus®). Auf das Zeugnifs des Diodorus®), als das friiheste, da bier ohnenbsp;Zweifel eiu jlingerer Heron, und wahrscbeinlicb dernbsp;uuter dem ^Kaiser Heraklius im siebenten Jahr-hunderte lebende gemeint ist, weil ibn Tzetzesnbsp;nach dem Diodorus und Dio Cassius nennt,nbsp;wiirde besonders viel ankommen; in den uns erbal-tenen quot;Werken dieser Schriftsteller sind aber die diesen Gegenstand betreffenden Nacbricbten njcbt verhanden. Was übrigens Tzetzes in der schon ange-fiihrten Stelle {CAil., 11, 119. sqq.) von der Eiiiricb-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Chil., II, no. S(j(i. Chil., IV, 505. Chil., xr, 596.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Chil., II, ny, gq,j.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Er lebte *ur Zeit des Augustus.

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Archimedes.

tung des Spiegels, durch welchen die Flotte verbrannt sei, mittheilt, ist oifenbar nur aus eineni Mifsverstiind-nisse dessen, was Anthemius hieriiber gesagt hatte,nbsp;hervorgegangen. Ersterer erziihlt bier, Archimedesnbsp;habe einen gröfseren sechseckigen ebeiien Spiegelnbsp;mit kleineren vier und zwanzigeckigen durch Plattennbsp;und Scharniere umgeben, und den mittleren den Son-nenstralen ausgesetzt, in der Richtung des 3Ieridians,nbsp;der dnrch die beiden Solstitien geht. Anthemiusnbsp;spricht in dem ersten seiner Probleme vom Meridiane,nbsp;und von dem Stande der Sonne im AVinter und Sommer, in dem dritten Probleme aber behauptet er, wienbsp;ich schon vorhin anfuhrte, dafs mindestens vier undnbsp;zwanzig zuriickgeworfene Stralen zur Ansteckung einesnbsp;leicht entziindlichen Gegenstandes erfordert wlirden.nbsp;Durch eine Verwechselung dieser Zahlen istTzetzesnbsp;zu jener, überhaupt von gar keiner Sachkenntnifs zengenden Beschreibung gekommen.

Noch ein anderer Schriftsteller des zwölften Jahr-hunderts, Eustathius, der bekannte Kommentator des H omer, gedenkt mit wenigen Worten jener Brenn-spiegel. „Der weise Archimedes”, sagt er i), „dernbsp;eine katoptrische Vorrichtung ersann, verbrannte dienbsp;feindlichen Schiffe, wie einer, der Blitze schleudert.”

Man sieht aus allem bisher Angefiihrten, wie unsicher das geschichtliche Fundament der Sagennbsp;über des Archimedes Brennspiegel ist, indem dienbsp;beiden frühesten, auf uns gekommeuen Quellen nichts

1) Ad Iliad- f. nbsp;nbsp;nbsp;Si I'KJf xal xaronTQixijv nva inCvoiav fic-

TÖ) AiOfiriSit (VTij avTov, (ug fizog, ¦!iegixiiptt).al(f xui Tij diptCdij xal ovxoi Uav xaTUVyiiv T«g oi//£ig xCiv dq uvxóv flXiniv-XtOVj OX£ UVTIXQXJ TlQOqnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;tjXcoV kOTQUUTO f Xttamp;- 0'^ ravttjv

(iiamp;o3ov nbsp;nbsp;nbsp;fiix o aofokaxoq noXi/iixiiq ivcTiigiae »fj«g,

oto Tig xe^uvxofióXog,

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Archimedes.

Gewisses hierülier entlialten, die alteste Nachricht aber, die des Diodorus, hiermit nicht verglichennbsp;werden kann. Unser Glaube an die Wahrheit jenernbsp;Sagen wird aber noch inehr erschuttert, wenn wirnbsp;finden, dafs gerade die glauhwurdigsten Geschicht-schreiber, Polybius, Livius und Plutarch, dernbsp;erstere beiiiahe ein Zeitgenosse des Archimedes,nbsp;der die Belagerung von Syrakus aufs ausfiihrlichstenbsp;beschreibt *), init keiner Silbe der Brennspiegel desnbsp;Archimedes erwahnen, ungeachtet sie von den Ma-schinen, mit denen er die feindlichen SchifFe angrifF,nbsp;mit Bewunderung reden. Audi gewiunt die ganzenbsp;Sadie nicht au Wahrscheinlichkeit, ivenn wir in dienbsp;Behaiiptung des Anthemius, dafs es nicht möglichnbsp;sei, mit einem einzigen Hohlspiegd aiif gröfsere Ent-fernimgen zu ziinden, und dafs Archimedes sichnbsp;vielleicht eines, aus mehreren zusammengesetzten Spiegels bedient haben moge, nilher eingehn.

Bei der Untersuchung der Frage, ob Archimedes mit einem einzigen Hohlspiegd die SchifFe habe entziinden komien, kommt es besonders auf zwei Um-stilnde an, auf die Entfernung, in der die SchifFe gelegen haben konnten, und auf die Liinge der Brenn-weiten, die man bei unserer, so weit vorgeschrittenennbsp;Techuik den gröfsten Spiegeln hat geben können. Ausnbsp;der Beschreibung, die Livius und Plutarch ») vonnbsp;der Belagerung von Syrakus machen, geht allerdingsnbsp;hervor, dafs die Romischen Schifte uahe an einander,nbsp;und beinahe unter den Mauern des Theiles von Syrakus, welcher Achradina hiefs, gestandcii haben. Syrakus hat niimlich zwei Uafen, die durch die Insel

1) nbsp;nbsp;nbsp;Hist., lib. VIII, cap. 7 — 9.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. XXIV, cap. 21. sqq.

3) nbsp;nbsp;nbsp;lu der Biographie des Marcellas, cap. 14 —19.

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Archimedes.

Ortygia gebildet werden, von denen der kleinere die Mauern von Achradina uninittelbar bespiilte. Wennnbsp;nun Plutarch, erziihlt, dafs Archimedes inittelstnbsp;einer Maschine, die Sambuca genannt wird, Steinenbsp;von 10 Talenten an Gewicht auf die feindliche Flottenbsp;geworfen habe, so ist es nicht zu bezweifeln, dafs sonbsp;ungeheuere Massen, die mehr als 12 Centner schwernbsp;waren, nur aus gcringen Entfernungen geschleudertnbsp;werden konnten. Gesetzt aber auch, die Riimischennbsp;Scliiffe hiitten sich den Mauern von Syrakus bis aufnbsp;30 Schritte nahern können, wovon sich Athanasiusnbsp;Kircher, der unter den Deutschen zuerst eine ge-nauere Untersuchung iiber diesen Gegenstand anstellte,nbsp;bei einer nach Sicilien imternominenen Reise iiber-zeugte *), so ist doch selbst unseren so weit vorge-schrittenen optischen Vorrichtungen die Konstruktionnbsp;eines einzigen Spiegels von solcher Brennweite unaus-

1) Vtrie, nec minus hyferlmlice et ingenti cum exaggera-tione in hue re loquuntur scriptores. Philippus Cluverius in „Sicilia a7itiqua!' ait, naves comhustas ad distantiam triumnbsp;niilliu?n passmem; Diodorus Siculus ad tria stadia, hocnbsp;est, passus trecentos Septuaginta quinque; Txetzes, ut prae-cedenti §• vidimus, ad jactum sagittae\ jactus autetn sagittaenbsp;pro arnmm varietate diversissimus est; fortiores arcus sagit-tam ad 200 passus ut plurimum qn-ojiciunt, alii majori, aliinbsp;minori spatio, P. Athanasius Kircherus, dum Syracu-sas transiret, in Melitam navigaturus, locum, ex quo Archimedes ope speculorum naves comhusstsse traditur, dihgenternbsp;examinavit, reperitque sjjatium multo minus esse, quam aucto-res tradunt, videlicet immediate ad moenia illius ut'bis pai'tisnbsp;ex quatuor, quam antiquitus Acradinam vocahant, et hodienbsp;non amflius extat. Unde collegit, comhustionem illam possi-hilem fuisse, lineamque causticam fuisse triginta passuum adnbsp;summum, non amplius. Gaspar is Schotti, sac. Jesu, tna-gia universalis naturae et artis. Herbipoli, 1657, pag. 417.nbsp;Audi Brydone in seiner Reise durch Sicilien und Malta (Th. 1,nbsp;S. 243. der Deutschen Uebersetzung) beschreibt die Lage des Or-tes, wo Archimedes die Flotte ungeziindet habeii soli,

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Archimedes.

führbar gewesen. Der Brennraum des Spiegels ist ein Kreis, der die Sehne eines Bogens von 16' zumnbsp;Halbmesser hat. Je gröfser nun die Brennweite wird,nbsp;desto gröfser wird auch dieser Bogen, so dafs dienbsp;Soiinenstralen nicht anders in hinlanglicher Dichtig-keit im Brennraume verhanden sind, als wenn demnbsp;Spiegel eine dem vergröfserten Brennraume verhalt-nifsmiifsige Gröfse gegeben wird. Daher 1st die Langenbsp;der Brennweite in gewisse, nicht zu überschreitendenbsp;Grenzen eingeschlossen. Der gröfste Brennspiegel vornbsp;der Mitte des 17ten Jahrhunderts, von dem wir Kundenbsp;erhalten haben, ist der des Maginus, der 20 ZoUenbsp;breit war, und 3 Bononische (3J Pariser) Fufs Brennweite hatte ‘). Der parabolische Brennspiegel desnbsp;Manfredus Septala, eines Kanonikus zu Mailand,nbsp;war 3^ Fufs breit, und seine Brennweite betrugnbsp;15 Schritte “). Berühmt ihrer Wirkungen wegen sindnbsp;die Villetteschen Brennspiegel, von denen der vonnbsp;Ludwig XIV. gekaufte, und noch jetzt in dem Kö-niglichen Kabinette in Paris vorhandene, bei einernbsp;Breite von 30 ZoU nnr 3 Fufs Brennweite hat 3). Nochnbsp;berühmter ist der Spiegel, den v. Tschirnhausennbsp;um das Jahr 1687. aus einer dunnen Kupferplattenbsp;verfertigte. Er hat hei einer Apertur von ungefiihrnbsp;3 (Leipzigcr) Ellen eine Brennweite von 2 Ellen *).nbsp;Ein Brennglas, 160 Pfund schwer, und 3 Fufs hreit,nbsp;das eben dieser Physiker auf einer Siichsischen Glas-hiitte inachen liefs, hatte njehtsdestoweniger nur eine

1) nbsp;nbsp;nbsp;Christ. Wolfii elementa catoptricae, §. 221., ausnbsp;Schotti magia nat., pag. 315.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Athanasii Kircheri ars magna lucis et umbrae.nbsp;Amstelodami, 1671, pag. 883.

3) nbsp;nbsp;nbsp;l'iebknecht diatribe academica de speculis causticis.nbsp;Jenae, 1704. Christ. Wolfii elementa catoptr. §. 221.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Acta eruditorum, a. 1687., pag. 52.

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Archimedes.

Brennweite von 12 Fufs. Selbst die trefflicheii, vou James Short zu Edinburgh in den Jahren 1732. bisnbsp;1768. verfertigten Spiegel warden nur bis zu einernbsp;Brennweite von 12 Fufs, oder nicht viel weiter gebracht ‘). Auch die von Hose gemachten Spiegelnbsp;hatten höchstens eine Brennweite von 48 Zollen. Dernbsp;grofste Spiegel endlich, der bis jetzt zu Stande ge-koinmen ist, der zum Herschelschen Spiegelteleskopenbsp;gehorige, hat bei einer Apertur von 48 (Englischen)nbsp;Zollen nicht mehr, als 40 Fufs Brennweite. Bei kei-nein dieser Spiegel erreichte also die Brennweite dienbsp;Liinge von 30 Schritten, Nehmen wir hierzu, worannbsp;Bchon Anthemius erinnerte, dafs die Sonne und dernbsp;anzuzündende Gegenstand in der Achse des Spiegelsnbsp;gelegen sein mussen, so leuchtet ein, dafs weder Archimedes mit einem solchen Spiegel die Römischenbsp;Flotte verniclitet habe, noch dafs es überhaupt mög-lich sei, auf bedeutendere Entfernungen damit zunbsp;zünden. Es bleibt also nur übrig, anzunehmen, dafsnbsp;Archimedes sich eines Spiegels nach der Aiigabenbsp;des Anthemius, mit dem man allerdings auf be-trachtliche Entfernungen zünden kann, bedient habe.nbsp;Ehe ich aber zur üntersiichung der Fragc, ob mannbsp;dem Archimedes, nach seinen sonstigen Leistungennbsp;in der Optik, die Konstruktion eines solchen Spiegelsnbsp;zumuthen dürfe, übergehe, will ich zuerst die Resul-tate angcben, zu denen der Gebrauch dicscr Spiegelnbsp;geführt hat.

1) David Brewster in Newton’s Leben. Leipzig, 1833, pag. 27. et sqq. Bei den Spiegein, die Gartner in Dresden aiisnbsp;Holz (Wolfii elem. cntoptr., §. 221.), und Neumann in Wiennbsp;um das Jahr 1099. aus Pappe, und darauf geklebtem Stroll verfer-tigten {^Zahnii octilus arlijicialis, fuudain. 3, syntagma 3, cap. 10.),nbsp;gjnd die Brenuweiteu nicht augegcbeu.

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Archimedes.

Ohne die Schrift des Anthemius zu kennen, machten Vitello *), gegen das Ende des 13ten Jahr-hunderts, und Athanasius Kircher in seiner Arsnbsp;magna lucis et umbrae Vorschlage zur Einrichtimgnbsp;eines Brennspiegels, der auf grofsere Abstiinde zün-den sollte. Vitello verbindet inehrere ebene Spiegel etwa von dreieckiger Gestalt so, dafs sie mitnbsp;ihren Mittelpunkten die Oberflache einer Kugel be-rühren würden. Indem die Sonnenstralen winkelrechtnbsp;auf diese Spiegel fallen, sollen sie alle nach demnbsp;Mittelpimkte der Kugel hin reflektirt werden. Esnbsp;leuchtet indefs ein, dafs sie, wenn sich der leuch-tende Gegenstand nicht gerade in dein Mittelpunktenbsp;der Kugel befindet, nur den Mittelpunkt eines einzi-gen Spiegels winkelrecht treffen können, und dafs da-her auch nur ein geringer Theil derselben nach demnbsp;Mittelpunkte der Kugel reflektirt werden könne. Ebennbsp;60 unzweckmilfsig ist der Vorschlag des Bettinus ®),nbsp;zwei abgestumpfte parabolische Brennspiegel, einennbsp;gröfseren und einen kleineren, deren Brennpunkte hin-ter den Spiegelfliichen liegen, so zusaminenzusteUen,nbsp;dafs ihre Brennpunkte zusaminenfallen. Die von demnbsp;gröfseren aufgefangenen Sonnenstralen sollen dann nachnbsp;ihrer Durchkreuzung im gemeinschaftliclien Brennpunkte von dem kleineren aufgenommen, und, weilnbsp;sie aus dem Brennpunkte desselben kommen, parallelnbsp;unter sich fortgesendet werden. Ein anderer Gedankenbsp;desselben Bettinus, die von einem grofsen, nicht ab-gestumpften parabolischen Sammelspiegel reflektirtennbsp;Sonnenstralen durch einen kleineren abgestumpften,

1) nbsp;nbsp;nbsp;^itellonis optica, lib. V, 65.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Amstelodami, 1671., pag. 772.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Apiaria uniuersae philosophiae mathematicae. Bono-niae, 1642, apiarium Vil, pag. 41.

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Archimedes.

der 60 gegen den ereteren gestellt wird, dafs beider Brennpunkte zusammenfallen, aufzufangen, ist eben sonbsp;wenig ausfiibrbar, weil die parallel fortgehenden Stralen nicht dicht genug sind, um ziinden zu köimen.nbsp;K ircher aber, der es nicht dabei bewenden liefs,nbsp;Vorschlage zu machen, sondern diese auch durcb dienbsp;Erfahrung prüfte, kam wieder auf denselben Gedan-ken, den schon Anthemius gebabt batte. Indem ernbsp;von der Voraussetzung ausging, dafs das Sonnenlichtnbsp;in demselben Verhaltnisse verdichtet werden inüsse,nbsp;in welchein die Zahl der ebenen Spiegel, die es naclinbsp;derselben Stelle hinwerfen, vermehrt wird, steilte ernbsp;einen Versuch mit fiinf Spiegeln in einer Entfernungnbsp;von 100 Fufs an, und schlofs aus der Warme, die ernbsp;hervorgebracbt fand, dafs es möglich sein müsse, durcbnbsp;Hinzufügung mebrerer Spiegel, nicbt nur in diesernbsp;Entfernung, sondern in viel gröfseren Abstiinden zunbsp;ziinden.

Erst dem Grafen Buff on gelang es, die Idee des Anthemius iin Grofsen auszufiihren, und ganznbsp;unerwartete Wirkungen so eingerichteter Spiegel zunbsp;erbalten. Er selbst bebauptet jedoch, die Gedankennbsp;der Alten über die Einricbtung solcber Spiegel nicbtnbsp;gekannt zu baben, wiihrend er init der Verfertigungnbsp;derselben beschaftigt war *). Den 4. April 1747., umnbsp;11 Ubr Morgens, brachte er bei schwacbem Sonnen-licbte mit 154 Spiegeln cine so bobe Temperatiir ber-vor, dafs ein getbeertes Brett von Tannenbolz in einernbsp;Entfernung von 150 Fufs in weniger als zwei Minuten,nbsp;nacbdem die Spiegel so gestellt Avaren, dafs sie allenbsp;das Sonnenlicht nacb derselben Stelle bin warfen, zunbsp;raucben anfiug. Den 10. April des Nachmittags wurde

1) Supplément It Vhaloire naturelle, tom. I, pag. 422.

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Archimedes.

dasselbe Brett in derselben Entfermmg, bei hellem Sonnenscheine, mit 128 Spiegeln aiigenblicklich ent-ziindet. In einein Abstande von 20 Fufs wiirde mitnbsp;45 Spiegeln Zinn geschmolzen, und Eisenblech zuinnbsp;Gliiben gebracht; ja es gelang, mit 117 Spiegelnnbsp;kleine Stücke Silber zu schmelzen. In der Folgenbsp;bat er sogar Holz aiif 200 Fufs angezündet, Zinn aufnbsp;150 Fufs, Blei auf 130, und Silber auf 60 Fufs geschmolzen *). Man kann übrigens mit eincm so ein-gericbteten Spiegel nicht nur in horizontaler Richtungnbsp;zünden, sondern auch iiach oben oder unten hin, jenbsp;nachdem das Licht anders eiiifallt.

Es bleibt nunmehr die Frage übrig, oh man dem Archimedes, nach seinen sonstigen Leistungen innbsp;der Optik, die Verfertigung eines solchen Spiegelsnbsp;zuinuthen dürfe. Dafs er nicht allein die Geometrienbsp;and Mechanik, sondern auch die Optik zum Gegen-stande seiner Forschungen gemacht hahe, unterliegtnbsp;keinem Zweifel. Apulejiis, der im zweiten Jahr-hunderte nach Chr. lebte, erwahnt eines grofsen Wer-kes, das Archimedes üher die Spiegel geschriehennbsp;hatte ^). Auch Theon ^), der Kommentator des Pto-lemaus, und Tzetzes'*) berufen sich auf eine dienbsp;Katoptrik betreffende Schrift des Archimedes. Ob-gleich man demnach nicht ungewifs sein kann, dafs

1) nbsp;nbsp;nbsp;Mém. de l'acad. des sc. 1747. und 1748.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Nachdem er mehrere Eigenschaften der ebenen und Sam-mel-Spiegel angegeben bat, führt er so fort: Alia praeterea ejus-deni 7nodi pluri?na, quae trnctat volumine ingenti Archime-des Syracusanus, vir in omni quidem geometria multuinnbsp;ante alius admirahili suhtilitate; sed haud sciam, an propternbsp;hoc vel maxime memorandvs, quod inspexernt speculum saepenbsp;ac diligenter. Apologia, ed. Julianus Floridus. Paris,nbsp;1688, pag. 428.

,1) Ad Ptolemaeum. Basileae, 1538, pag, 10.

4) Chil., II, 133. uud XIII, 974.

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Archimedes.

dieser sich auch mit der Optik besckaftigt habe '), so bleibt es doch sebr unwahrscheinlich, dafs ernbsp;solche Spiegel, wie sie Anthemius angiebt, nicht

1) Dem von Antonins Gogava (nicht Gongava, wie dieser Name uiiter anderen in der neuesten Auflage (an. VII.) der Histoire des mathématiques par Montucla, tom. I, pag. 236.,nbsp;auf welche Auflage ich mich in der Folge immer beziehen werde,nbsp;geschrieben ist) herausgegebeiicn Ptolemaei opus quadriparti-turn. LiOvanii, 1548, kl. 4to., obne Seiten- nnd Blatter-Zabl, sindnbsp;zwei aas dem Arabischen iibersetzte Abhandlungen 1) De sectionenbsp;conica, orthogona, quae paralwla dicitur; 2) Antiqui scriptorisnbsp;libellus de specula comburenti, concavitatis parabolae, beige-fiigt. Die erstere, die achtzehn Seiten enthiilt, gebiirt der nenercnnbsp;Zeit an, well in der Einleitung des von Vitello gemacbten Vor-schlages, den Brennspiegein eine parabolische Gestalt zn geben,nbsp;gedacht wird; die andere aber, die nur sieben Seiten einnimmt,nbsp;Iiiilt Gogava fur viel iilter, vielleicht fiir eine Arbeit des Ptole-mUus, die aus dem Griechischen ins Arabische iibersetzt wurde.nbsp;Andere wollen hierin des Archimedes Schrift Ihqï saTÓurgoJvnbsp;xttvgtxiSv, die Tzetzes KaïónTQm xiignbsp;nbsp;nbsp;nbsp;nennt, wieder gefun-

den haben. Die kurze Einleitung zu dieser Abbandlung De speculo comijurenti laiitet so: „Ex sublimioribus, quae geometrae inve-nerunt, et in quibus solUciti fuerunt, sunt specula comburentianbsp;per conversionem radiorum solarium. Investigaverunt ergonbsp;modis diversis, ut ad unum punctum radii complures conver-terentur, et viderunt, radios conversos ex speculo plano adnbsp;punctum unum non converti, nisi ex puncto uno tantum, exnbsp;sphaerico non nisi ex circumferentia unius circu-lorum,, cadentium in illam sphaeram. Atque idea quidanïnbsp;complura specula plana conjunxerunt aut sphae-rica, e quibus omnibus convertantur radii ad punctum unum. Inspicientes vero proprietates sectionum pijra-miduni viderunt, radios, cadentes super ornneni planitiem ca-vam corporis parabolae, converti ad punctum eundem. Constat igitur, quod specula talia excellent comburendo reliquanbsp;omnia. Sed ipsi non e.xposuerunt dernonstrationem super hoe,nbsp;nee viam, quam nos explicubimus.quot; Hieran schliefst sich nunnbsp;in einer höchst unklaren Behandlung, wie man sie bei den Arabischen Mathematikern zu linden pflegt, der Beweis des Satzes, dafsnbsp;eine durch den Schnitt eines geraden Kegels entstehende Parabelnbsp;alle Sonnensfralen in einem Punkte vereinige. Die Abbandlungnbsp;iiber die Brennspiegel, an die Orontius Finüus (Finé) in seiner

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blofs theoretisch gekannt, sondern auch wirklich ge-hrauclit hahe, weil danii ihre kostspielige Konstruk-tion im Grofsen erst in der nenesten Zelt wieder ge-lungen sein würde. Aher gesetzt anch, Archimedes hatte solche Spiegel ans eigener Erfalirung gekannt,nbsp;so waren sie in der That das nnsicherste niid nn-zweckmafsigste Vcrthcidigungsinittel gewesen, das ernbsp;ergreifen konnte. Waren die Sclijffe so nahe, dafsnbsp;er sic init Brennspiegcln zu erreichcn vennogte, sonbsp;brachten brennende Massen, die er init seinen Ma-schinen auf die Flotte warf, viel sichcrer dein Feinde

Schrift De speculo ustorio, ignem ad propositam distantiam ge-nerante, liher unicus. Lutetiae, 1351. erinncrt, ist oline. Zweifel eben diese von Gogava Ubersetzte. lu der Vorrede riihmt iiam-lich Finiius des Apollonius Pergaus Untersuchungeii übernbsp;die Kegelsclinitte, er gedenkt auch des Aitello, und sagt, dafs ernbsp;Ton den übrigen, über eben diesen Gegenstand handelnden Schriften, nur noch die eines unbekaunten Verfassers gesehn hahe, dienbsp;aus dem Arabischen ins Lateinische so unverstandlich übertragennbsp;sei, dafs er sie kaum babe verstebn können. In der Abbandlungnbsp;selbst beschreibt er, wie man die Parabel, die durch den Scbnittnbsp;eines geraden Kegels entsteht, entwerfen, und hiernach parabolische Spiegel verfertigen müsse, welche Beschreibung cinige Decenniën spiiter von Blarinus Ghetaldus aus Ragusa, in dernbsp;Schrift NonnuUae propositiones de parabola. Romae, 1603.nbsp;dahin erweitert ¦wurde, dafs er zeigte, es habe nicht blofs dienbsp;durch den Scbnitt eines geraden, sondern auch die durch dennbsp;Scbnitt eines scliiefen Kegels enlstehende Parabel die Eigenschaft,nbsp;alle auf dieselbe fallenden Sonnenstralen in einein Punkte zu ver-einigcn. üm auf das von Gogava übersetzte Schriftcben De speculo comhurenti zuriickznkommen, so zweifcle ich nicht, dafs das-selbe eben so, wie das erstere, De sectione conica, uninitteibarnbsp;Arabischen Ursprungcs ist, theils der Schreibart wegen, theilsnbsp;auch, •n.pii ij, jjgp Einleitung an die Langcnabweichung der sphari-sclien Spiegel, und an die aus mehreren ebcnen Spiegeln zusam-mengesetzteu Brenuspiegel gedacht wird, wozu sich in der Litterator der Griecbischen Optik nichts damit in Verbiiidung stehendesnbsp;vorfindet. Weder Archimedes, noch Ptolcmiius wiirden übernbsp;so wichtige Gegenstiinde der Optik so fliichtig fortgeeilt sein.

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Archimedes.

den Untergang, zumal da die Stellung der Spiegel, um auch nur an einem einzigen Orte zu ziinden, meh-rere Stunden erfordert, und die Bedrangnisse einesnbsp;Belagerten nicht ehen Zeit zu physikalischen Experimenten ührig zu lassen pflegen.

Aus alien diesen Griinden bln ich geneigt, die ganze über des Archimedes Brennspiegel verhrei-tete Sage so lange fur cine Erdichtung zu halten, hisnbsp;die ohwaltenden Zweifel durch geniigendere geschicht-liche Zeugnisse beseitigt sind. Man wird in diesernbsp;Ansicht noch inehr bestarkt, wenn iniui bei anderennbsp;Schriftstellern friiherer Zeiten die Bereitwilligkeit bemerkt, mit der man solche ans Wuuderbare grenzende Nachrichten aufnahm und verhreitete. So erzilhltnbsp;Porta in der Einleitung zum siebzehnten Buche seiner „Natürlichen Magie” mit dem gröfsten Ernste,nbsp;dafs der König Ptolemaus Evergetes auf demnbsp;Leuchtthurme der Insel Pharos vor Alexandrien einennbsp;Spiegel aufgestellt hahe, mit welchem er die feind-lichcn Schiffe auf 600000 Schritte babe beobachtennbsp;können. Eben so zweifelt Roger Baco ') nicht annbsp;der Glaubwiirdigkeit der Nachricht, dafs Julius Ca-sar, als er England erohern wollte, auf der Kiistenbsp;Frankreichs sehr grofse Spiegel aufgerichtet habe,nbsp;mittelst deren er sich von der Lage der Stadte undnbsp;der Stellung des Lagers in England zum voraiis un-terrichtete. Dieser Mangel an Kritik im Betrelf phj-slkalischer Gegenstande bei den Schriftstellern iilterernbsp;Zeit mufs ims überhaupt in der Beurtheilung allernbsp;alinllchen unwahrscheinlichen Nachrichten ziir Richt-schnur dienen. Die uns angehorne Hinneigimg zumnbsp;Wunderharen wird um so mehr genahrt, je kleiner

1) Opus majus, ed. Jebb-, pag. 336.

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Heron.

der Kreis iinserer Erfahrungen ist, und je lebhafter die ungezügelte Phantasie uns Bilder und Wiinschenbsp;ausmalt, die wir gem verwirklicht sehn inögten. Esnbsp;ist möglich, dafs Archimedes die nalien Schiffenbsp;nicht hlofs diirch die Allgewalt seiner Maschinen,nbsp;sondern auch durch kimstlich hereitete Brennstoffenbsp;zu vertilgen suclite. Hatte sich die Nachricht hier-von vielleiclit diirch Tradition erhalten, so war mannbsp;in spiiteren Jahrlmnderten leicht geneigt, dem gröfs-ten Mechaniker des Alterthums die kiinstlichste Weise,nbsp;wie er dies hewerkstelligen konnte, zuzumutlien.

Auch die von Zonaras iiher die Brennspiegel des Proklus mitgetlieilte Nachricht ist unwahrschein-lich. Nicht allein, dafs sich mehrere der gegen Archimedes geltend gemachten Griinde hier wieder-holen lassen, so ist es auch aulFallend, dafs Anthemius, der bald nach Proklus lehte, von den Spie-geln, die er angieht, wie von seiner eigenen Erfin-dung spricht, imd des Proklns nicht gedenkt.

Heron von Alevandrien.

Unter Ptolemaus Evergetes im zweiten Jalirliunderte vor Chr.

Theoretische Begriindung des Reflexionsgesetzes.

Zu den Optikern des Griechischen Alterthums gehort auch der durch mehrere pliysikalische Erfin-dungen heriihmte Heron. Er ist der Verfasser einernbsp;Katoptrik, von der aher nur ein Theorem, das Damian anführt, auf uns gekommen ist. Dies merk-wiirdige Theorem, durch welches zuerst die Nothwen-digkeit des Reflexionsgesetzes bewiesen werden sollte,nbsp;lautet so: „Die Liuien, die unter gleichen Winkeln

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Heron.

von einer Flache reflektirt werden, sind kleiner, als aUe anderen, die iinter nngleiclien Winkeln zwiscliennbsp;denselben Pimkten gezogen werden können, so dafsnbsp;die Lichtstralen, wenn sie die Natur nicht einen ver-gehlichen Uinweg inachen lassen will, nnter gleichennbsp;Winkeln reflektirt werden mussen.”

Lange hielt man auch ein anf der Kaiserlichen Bihliothek in Wien hefindliches Manuscript,‘ifnbsp;Id’ke^avdQtwg nsQÏ diónxQag i), für eine von der Diop-trik handelnde Schrift-) ehen dieses Heron, his erstnbsp;vor kurzem Venturi^) ims mit dem Inhalte dersel-hen niiher hekannt gemacht nnd helehrt hat, dafsnbsp;darin ein Instrument ziim Winkelinessen, nnd wie mannbsp;sich desselben zu Messungen von Entfernungen, HS-hen u. s. w. zu bedienen habe, beschriehen werde. Dasnbsp;Manuscript hat Liicken, auch sind die Figuren imver-standlich, so dafs man die Einricbtnng des Instrumentsnbsp;nicht deutlich daraus entnelimen kann; doch geht sonbsp;viel aus der Vergleichung mehrerer Stellen hervor,nbsp;dafs es ajis einer Kreisplatte, und einem daran he-weglichen Lineale hestand, und dafs die erstere grofsnbsp;gemig war, um Theile von Graden anzngeben, sienbsp;sich auch in jede beliebige Stellung bringen liefs.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Petri Lambecii, Hamhurgensis^ commentarii de bibliotheca Vindobonensi. Editio altera. Vindob., 1781, tom. VII,nbsp;pag. 416. Das Manuscript enthiilt ungefiihr 30 Ouart-Blatter, unternbsp;denen aber eine LUcke von 9 Bliittern ist. Auch in Paris und innbsp;Strafsburg soil ein Manuscript dicser Abhandlung vorhanden sein.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Klügel in Priestley’s Geschichte der Optik, pag. 25.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Commentari sopra la storia e le teorie dell' Ottica.nbsp;Bologna, 1814.

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PtolemKiis. nbsp;nbsp;nbsp;5j

Ptolemaus.

lm zweiten JaliThunderte nach Chr.

Beim Uebergange aus einem dunneren in ein dichteres Mittel niihert sich der Liclitstral dem Einfallslothe, und er entfernt sich Tonnbsp;demselben beim üebergange aus einem dichteren in ein dünne-res Mittel — Zwischen den Einfalls- und den Brechungswinkeinnbsp;findetj so lange die brechenden Mittel dieselben bleiben, ein kon-stantes Verhaltnifs Slatt — Die ersten Refraktions - Tafein fiirnbsp;Luft und Wasser, Luft und Glas, und Wasser und Glas vonnbsp;10 zu 10 Graden bis 80 Grade — Die Sterne werden durchnbsp;die Stralenbreclmng in der Atmosphare dem Zenithe genahert.

Der siltestc Schriftsteller, der einer „Optik des Ptoleiniius” erwiihnt, sclieint Damian zu sein ').nbsp;Unter den Neneren, die dieses Werk ausdrücklichnbsp;nennen, ist Roger Baco, ini dreizehnten Jahrhun-derte, der erste. Regiomontanus, im funfzelinten,nbsp;und Friedrich Risner, im sechszehnten Jahrhun-derte, sprechen gleichfalls von der Optik des Ptolein iius, als einem damals hekannten Werke. Der er-stere hatte die „Perspektiv des Ptolemaus” her-ausgehen wollen ^), der andere aher sagt in der Vor-redp zum Alhazen ^), da, wo er an die seltene Ge-lehrsamkeit und den selbststilndigen Forschungsgeistnbsp;des Arahischen Optikers erinnert: Euclideum hicnbsp;vel Ptolemaicwm nihil fere est. Die letzten Nach-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Anch Simplicius, der im sechsten Jahrhundcrte lebte,nbsp;führt {Commentarii in quatuor Aristotelis liijros de coelo.nbsp;Venetiis. 1520, pag. 3.) eine Schrift ll^qX Siaamami; des Ptole-maus, den er den bewunderten {xov V-av^iuatov) nennt, an, die sichnbsp;auf die Optik zu bezichn sclieint. Da er aber sagt, dafs sic uurnbsp;ein Buch enthalte, so ist sie jedenfalls eine andere, als die, derennbsp;Inlialt bier angegeben wird.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Joan. Frid. Weidleri hist, astronomiae. Vitember’nbsp;gae, 17-M, pag. sn.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Alha%eni opticae thesaurus. Basileae, 1572lt;

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PtolemSus.

richten üher das Vorhandensein einer Optik des Ptolemaus findet man iin Anfange des siebzehntennbsp;Jahrhunderts. In diese Zeit gehort die Optik desnbsp;Ainhrosius Rhodius, in deren Vorrede der Inhaltnbsp;des Ptolemiiischen Werkes angegeben wird '). Anchnbsp;fand Cans sin vor einigen Jahren in der Königlichennbsp;Bihliothek zu Paris das Manuscript eines Schuiersnbsp;des Prof. Saint-Clair voin Jahre 1608., woriu die-ser Citate aus der Optik des Ptoleinans, als eineinnbsp;damals noch bekannten Wcrkc, gegeben hatte ^). Julius Casar Scaliger ^), nnd viel spater Millietnbsp;Dechales'*) beziehen sich zwar auch aiif eine opti-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Optica AmhrO’sii Rhodit, Kemhergensis. Wïtehergae,nbsp;1611. Die Stelle lautet so: Ipsum iiclidem) secuti santnbsp;alii Graeci, Archimedes, Apollonius, Avenellus, Dn-mianus, quorum scripta optica vei interierunt, vel alicubinbsp;adhuc latitant; ex quilms tarnen Alhazenus Arabs non obscure indicat (lib. VI, cap. 4, et lib. VII, cap. C.), se multamnbsp;esse adjutum. Solius Ptolemaei optica, quinque libris com-prehensa, etiam habetur, sed nee illa est publici juris, (iuorumnbsp;primo persecutus est proprietates lucis et visas, ostenditt/ue,nbsp;quomodo in virtwtibus et motibus conveniant et discrepent,nbsp;suis cuique tllorum differentiis et accidentibus assignatis. Innbsp;secundo docuit, quae sint res msibiles, qualis sit cujusque ha-hitudo, quaiiter unaquaeque res visibilis videatur, et quot mo-dis res vere visae comprehendi possint. In tertio egit de kis,nbsp;quae per reflexienem in speculis plants et convexis videntur.nbsp;In quarto de his, quae in speculis concavis, compositis, autnbsp;per duo aut plura specula videntur. In quinto de his, quaenbsp;videntur per refractionem.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Mémoires de Vinstitut royal, acad. des inscriptions etnbsp;heUes-lettres, tom. Vf, 1822.

3) nbsp;nbsp;nbsp;In seiner gegen Hieronymus Cardanus gericlitetennbsp;Schrift De subtilitate. Franco/., 1007, exercit, 81, 1. und exer-cit. 298, 1.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Mundus mathematicus. Lugd., 1690 (die erste Ausgabenbsp;erschien i. J. 1674), toin. I, pag. 66. Incertus auctor vertil exnbsp;Graeco in Eatinum opusculum Ptolemaei de speculis, in duosnbsp;libros divisum. In primo habet alkiuas propositiones de spe-

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PtolemSus.

sclie Schrift des Ptolemaus, aber nur auf eine von den Spiegeln handelnde. Seitdein verscUwindet jedenbsp;Spur des Ptolemaischen Werkes, das wegen eini-ger, dureh Roger Baco anfbehaltenen Stellen dienbsp;Aufmerksainkeit auf sicb zog, auch defshalb, weil dernbsp;berühinteste Astronoin des Alterthums ihr Verfassernbsp;ist, ein urn so gröfseres geschichtliehes Interesse ge-wann. Die Meinung, dies Bucli sei verloren gegan-gen, schien in Fabricius einen sicheren Gewahrs-inann gefunden zu haken; auch Montucla trug keinnbsp;Bedenken, diese Ansicht in der Geschichte der Ma-theinatik weiter zu verhreiten '), Dies war der Standnbsp;der Sache, als La Place in seiner Exposition dunbsp;systeme du monde von neuein auf die Optik desnbsp;Ptolemaus, die er in einem Lateinischen Manu-scripte auf der Pariser Bibliothek entdeckt batte, auf-merksam machte. Delamhre uutersuchte dies Manuscript, zu welchem sich noch ein zweites, gleichfallsnbsp;Lateinisches, auf der Pariser Bibliothek vorfand, ge-nauer, und so sind wir mit dem Inhalte der Ptolemaischen Optik, die besonders defshalb, weil sienbsp;die eesten Grundzüge der Dioptrik enthalt, unsernbsp;Interesse in Anspruch nimmt, niiher bekannt geworden ®).

Die von Delamhre uutersuchte Handschrift ent-culis planisi in secundo de concnwslt; Totuin opus twn excedtt duo aut trin folia. Nihil hahet magni mome7Üi, videturquenbsp;supjtonei'e, lumen esse suhstantiam, quae niotu locnli feratur.

1) Er bemerkt iudefs torn. I, pag. 314., dafs sich in der Bod-l'^yschen Bibliotliek ein Manuscript niiter dein Titel: Ptolemaei opttcorum sermo?ies V. ex Arahico latine vei'si, befinde.nbsp;l*ag. 308. der zweiten Ausgabe.

3} Gilbert’s Annalen vom Jahre 1812, Bd. 40, pag. 371. Mémoires de F institut royal, ucad. des inscriptions et helles-httres. torn. VT, 1822.

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Ptolemaus.

halt 211 Quart-Seiten, aiif deren erster die Worte: Incipit liber Ptholemaei de opticis give de aspe-ctibus, translatus ab Ammiraco Eugenio Siculo^nbsp;stehn. Da sich der sonst uiihekannte Uebersetzer annbsp;einer anderen Stelle Ainmiratus Eugenius Siculus nennt, so inufs man hieraus, und aus vielen anderen, theils felilerhaft geschriebenen, theils ausgelasse-nen Wortern und Siitzen schliefsen, dafs dies Manuscript nur eine verstiunmelte Abschrift des Originalsnbsp;sei '). Der Name des Arabiscben Uebersetzers wirdnbsp;iibrigens eben so wenig, -nic die Zeit, in der die Optik ins Arabische übertragen wurde, angegeben. Esnbsp;ist indefs Avahrscheinlich, dafs Almamuu (813. bisnbsp;833. n. Chr.), der bekanntlich die Werke mehrerer Grie-chischen Schriftsteller ins Arabische übertragen liefs,nbsp;auch die Uebersetzung dieser Schrift vertinlalst habe.

Die Optik besteht aus fiinf Biichern, von denen aber das erste in den beiden Arabischen Manuscripten, welche der Uebersetzer benutzt zu haben ver-sichert, fehlte. Da indefs jedes Buch mit einer kur-zen Inhaltsangabe des vorbergehenden beginnt, sonbsp;lafst sich aus dem Anfange des zweiten entnehnien,nbsp;dafs das erste von den Beziehimgen, die zwischennbsp;dem Organe des Sehens und dem Liclite Statt finden,nbsp;von der Aehnlichkeit und Verschiedenheit beider, ge-handelt habe ^). Das zweite Buch beschaftigt sich

1) nbsp;nbsp;nbsp;Venturi {Commentari sopra la storia e le teorie dell'nbsp;Ottica- Bologna, 1814.), der in der Amb r osianisch en Biblio-thek einen besseren Codex eben dieser Uebersetzung faud, vermu-tbet, dafs sie uin das Jabr 1200. verfafst sein miige, weil Rogernbsp;Baco inehrere Stellen aus dem Ptolemaus mit den Worten dieser Uebersetzung anfiilirt. Gilbert’s Annalen, Bd. 52., pag. 402.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Hmmodo visas et lumen communicant et ad invicemnbsp;assimilantur, et quomodo differunt in virtutibus et motibus,nbsp;necnon differentiae eorurn et accidentia.

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PtoleniHus.

init den Bcdingungen der Siclitbarkeit der Dinge. Pas Gesicht lehrt iins die Gröl’se, Gestalt, Farbe, Be-wegiuig oder Riibe der Körper kennen; nichts abernbsp;wird obne ein Leucbtendes {lucidiim') gesebeu, undnbsp;obne etwas, das die Fortpflanznng des Licbtes verhindert. Die sicbtbaren Dinge werden in wabre,nbsp;welcbe Farben baben, und in nicbt Avabre, die farben-los siud, unterscbieden. Das Getast und das Gesicbt,nbsp;beide urtbeilen über dieselben Dinge, mit Ausnabinenbsp;der Farben, über welcbe nur das letztere entscheidet.nbsp;Dies Bucb bandelt fern er von der Bedingung, unternbsp;der man einen Gegenstand mit beiden Augen nur ein-mal siebt. Es erfolge dies uiimlicb, wenn die Acbsennbsp;der Gesicbts - Pyramiden auf ein und denselben Gegenstand fallen, wie dies bei gesunden Augen ge-AA'öbnlicb sei. Wird aber das Gesicbt gezAvungen, vonnbsp;seiner Gewobnbeit abzuAveicben, so werde maii deu-selben Gegenstand doppelt erblicken. In demselbennbsp;Bucbe spricbt Ptolemaus nocb von der A^erschiedenennbsp;Gröfse der Gegenstiiiide, die abbiingig sei von demnbsp;Gesicbtswiiikel und der Entfernung derselben. Vonnbsp;den übrigen, in dicsem Bucbe vorkommenden Bebaup-tuugcn, die meist Wabres und Falscbes diircb einan-der miscben, bebe icb noch besondcrs die beraus,nbsp;dais der Mond eine ibm eigentbüudicbe Farbe babe,nbsp;die man nur bei Mondfinsteruisseu wabrnebmeu könue ').

Das drittc Bucb bescbaftigt sicb mit den ebencu nnd erbabeneu Spicgeln. Hier Avird unter anderennbsp;ancb vou der Aerscbicdenen Gröfse der Sterne in der

1) Kepler sucht dieUrsache der rötliliclien Farbe, welcbe der Moiid bei Verfiiisteruiigeu zeigt, darin, dafs sicb das in der Atnios-phiire au beiden Seiteii der Erde gebrocheiie Sonuenlicbt ia deinnbsp;Seliatten derselben bis zum Monde erstrcckt. Parulipomena adnbsp;Vitellonem, cup. 7.

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Ptolemiius.

Niihe des Horizoiites und Meridians gehandelt, und folgende Erklarung dieses Phanoinens gegeben: „Ausnbsp;dem Vorhergehenden scheiiit zu folgen, dafs von Dingen, die ain Himinel siud, und unter gleichen Ge-sichtswinkeln gesehen werden, die, welche dem Zeni-the nahe sind, kleiner erscheiuen mussen. Die in dernbsp;Nahe des Horizontes befindlichen werden namlich anders (gröfser) gesehn, weil wir sie auf eine gewohutenbsp;Weise erblicken; die höheren aber erscheiuen klein,nbsp;weil wir sie auf eine ungewöbnliche Weise sehen,.nbsp;und mit einer Schwicrigkeit der Aktion” '). Rogernbsp;Baco irrt daher, wenn er zugleiclx dem Ptolemiiusnbsp;und Alliazen die wahrscheiulicbere Erklarung jenesnbsp;Pbiinoinens, „die Phantasie seize die Gestirne im Horizonte, wegen der Menge der dazwischen gelegenennbsp;Gegenstande, deren Entfermmg zum Tbeil bekanntnbsp;sei, in eine gröl'sere Entfernung, als wenn sie im Ze-nithe oder in dessen Nilhe stehn, und so müsse, danbsp;der Seliwiukel in beiden Fallen derselbe bleibt, dernbsp;Durchmesser der Sterne im Horizonte gröfser erschei-nen”, zuschreibt. Diese Erklilrung gebülirt ausschliefs-lich dem Alhazen^^). Im Almagest wird vielmehrnbsp;als die Ursache der Vergrofserung der Gestirne innbsp;der Nilhe des Horizontes die Brechung der Stralennbsp;durcb die Dunste angegeben, so wie aucli eine im

1) nbsp;nbsp;nbsp;Videretur hac de causa, quod de rebus, quae sunt innbsp;coelo, et suhtendunt aequales angulos inter radios visibiles,nbsp;illae, quae propiuqune sunt puncto, quod supra caput nostrumnbsp;est, apparent minor es. (liiae sunt prope hori%ontem, videnturnbsp;diver so modo secundum consuetudinem; res autem sublimesnbsp;videntur parvae extra consuetudinem, et cum difficultatenbsp;actionis.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Opticae thesaurus Alhaxeni, ed, Risnerus. Basileae.nbsp;1572., lib. VII, pag. 280.

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PtolemSus.

Wasser gesehene Sache gröfser erscheine *). Mon-tiicla, der, wie schon gesagt, den Inhalt der Pto-leinaisclien Optik nicht kannte, ist durch Roger Baco verleitet worden, die zuerst von Alhazen ge-gebene Erklarung dem Ptoleinilus zuzuschreiben ^).

Das vierte Buch handelt von Hohlspiegeln, von Spiegeln, die aus einem ebenen iind konkaven, odernbsp;aus einem konkaven und konvexen zusammengesetztnbsp;sind, und von Pyramidal-Spiegeln init kreisförinigernbsp;oder inebrseitiger Grundflache.

Das fünfte Buch, dessen Ende fehlt, ist das merk-würdigste der ganzen Schrift, weil es die einzige, uns aus dein Alterthuine erhaltene Abhandlung über dienbsp;Dioptrik ist. Die beiden Grundgesetze, dafs sich dernbsp;Licbtstral beim Uebergange aus einem dunneren innbsp;ein dichteres 3Iittel dem Einfallslothe nahere, undnbsp;sich umgekehrt beim Uebergange aus einem dichte-ren in ein dünneres Mittel vom Lotbe entferne, werden als Thatsachen, die durch die Erfahrung gegebennbsp;sind, vorausgesetzt ®). Hierauf bescbreibt Ptolemausnbsp;ein Instrument, mit welcbem er die Ablenkung der

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. I, cap. 3. Dieselbe Erklarung findet sich auch beinbsp;Strabo, lib. Ill, cap. 1. Es wird hier die Meinung dcs Posidonius angefiihrt, dafs die Griifse der Sonne beim Auf- und Nie-dergange auf dem Meere defshalb vermehrt werde, weil mclirnbsp;Diinste aus dem Wasser aufsteigen, wefswegen das wie durchnbsp;Riihren (di’ avlSv, wo Einige St vd^.oif vorgeschlagen haben) ge-brocliene Bild einen gröfseren Schein gebe.

2) nbsp;nbsp;nbsp;I/isf. des math., tom. 1, pag. 313.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Delambre bemerkt, dafs diese beiden Siitze auch vonnbsp;Kleomedes, von dem wir eine in zwei Biicheru geschriebenenbsp;kosmographisclie Abhandlung, Circularis inspectio meteorornm,nbsp;besitzeu, angefiihrt werden. In dieser Schrift babe ich die Siitzenbsp;nicht gefmi(ien_ Da Kleomedes unter mehreren Kosmographeunbsp;den Btolemaiis nicht uennt, so ist es wabrscheinlich, dafs ernbsp;vor diesem gelebt hale.

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Ptolemaus.

Lichtstralen für Lïift imd Wasser, Liift uinl Glas, und für Wasser und Glas gemessen habe. Dies Instrument bestand in einein in 360® eingetheilten, initnbsp;eiuein vertikalen Durchmesser durcbzogenen, und imnbsp;Mittelpuukte niit einem farbigen Stiftcben versebeneunbsp;Krcise, der zwei beAvegliche Indices, den einen annbsp;dein oberen, den anderen an dem unteren Halbkreise,nbsp;batte. Nachdem der letztere auf einen beliebigennbsp;Grad gestellt, das Instrument hierauf senkrecht bis annbsp;das Stiftcben ins Wasser getaucht, und der obere Index so lange A'erschoben w'ar, bis der Gesicbtsstralnbsp;durch beide Indices und das Stiftcben ging, bestiinmtenbsp;Ptoleiniiiis aus der Vcrgleichung der Entfernuiigen,nbsp;in denen sich beide Indices von dem senkrecbtennbsp;Durchmesser befanden, die Ablenkung, welche dasnbsp;Licht durch die Brechung erlitten batte. So entwarfnbsp;er die eesten Refraktions-Tafeln von 10 zn 10 Graden bis 80 Grade, deren Zablen icli bei Vitello, urnnbsp;sie init den Tafelu dieses Optikers vergleieben zunbsp;können, anfiihren werde.

Ptolemaus gebt hierauf zur astronomisch en Stralenbrecbung über, deren Vorbandensein er dar-aus, dafs alle Sterne beim Auf- und Untergange deinnbsp;Nordpole naher, als in der Mittagsebene sind, be-AAcist'). Aucb bemerkt er, dafs diese Stralenbrecbung,

]) Invenimus res, quae oriuntur et occidunt, magis decli-nantes ad septentrionem, et, cum fuerint orientes vel occiden-tes, circuit utique aequidistantes aequinoctiali, qid descrihun-tur super illas, propimfuiores sunl ad septentrionem, quant circuit, qui descrUmntur super illas, cum fuerint in medionbsp;coelL Koger JSaco {Specula math., pag. 37.) fiilirt diese .Stellenbsp;lïiit folgenden Worteii au: ham si quis per instrumenta, quihusnbsp;experimur ea, quete sunt iu coclestibus, cuiusmodi vocanturnbsp;armillae et alia, accipiat locum alicuius stellae circa aequi-nocUalem in ortu suo, et deinde accipiat locum ejusdem, quando

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PtolemSus.

/deren Ursache er in der verschiedenen Dichtigkeit der Luft und des Aethers findet, uin so mehr ah-nehme, je höher der Stern steht, und dafs im Zenithenbsp;der wahre und sclieinbare Ort desselhen zusainmen-fallen. Indein er endlich die Entstehmig der Stralen-hrechung an einer Figur erlilutert, aufsert er den Ge-dauken, dafs zwischen den Einfalls- und Brechungs-¦w inkelu, so lange die hrechenden Mittel ungeandert hlei-ben, ein konstantes Verhaltnifs Statt 'finden dürfte *).

So merkwürdig aucb alle diese Behauptungen bei einein Schriftsteller einer so früheu Zeit sein inögen,nbsp;so finden wir wenigstens die astronomische Stralen-hrechung schon in einem filteren AVerke angedeutet.nbsp;„Man kann”, sagt Kleomedes, „die in der Thatnbsp;schon unter dein Horizonte verborgene Sonne auf fihn-liche Weise durch die Stralenhrechimg sehn, wie einnbsp;Ring, der auf dein Boden eines init AVasser angefüll-ten Geffifses liegt, fiber den Rand desselhen durchnbsp;die Brechiing gehohen und sichthar wird” ^). Sextus Eiupirikus, der gleichfalls von der astrononii-schen Refraktion spricht ®), lehte wahrscheinlich erstnbsp;uin den Anfang des dritten Jahrhiiiiderts nach Chr.

venit ad lineam 7neridiei, inveniet, in loco meridiei distare earn semihiliter plus a polo 7nmidi scptentrionali, ijuam (jiutndonbsp;fuit in ortu- Sic autem Ptolemaeus docet et Alhazen, etnbsp;ego considevavi instcumento hoe idetn-^ et cevtum est»

1) nbsp;nbsp;nbsp;Unter dem Einfallswinkel ist, wie gewölinlicb, der von demnbsp;eiiifallenden Strale und dein Einfallslothe, unter dein Brecliungs-winkel der von dem gebrochenen Strale und dem Eiufalislotlie ge-tildete Winkel zu verstclin. Den von dem verlangerten einfallen-

und dem gcbroclienen Strale eingescblosseiieii Winkel werde Jcli in der Folge den gebrochenen Winkel nenneu.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Ch-cularis inspectio meteororum. Bnsileae, 1585, p. 294.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Advers7is mathematicos. Coloniae Allobrogum, 1621, p. 122.nbsp;Kttxo. o.v(^y.Xuaiv öxjjtoiq TO VTio yiiP Ixi xuamp;tfdg ^(óóiov óoxhv ijdijnbsp;In'iQ pii rv/xlt;iv(u. etc.

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Damianus.

nainiauiis^ der 8olm des Heliodor Tou l^arissa*

Zu den Griecliischen Schriften, die ausschliefslich von der Optik liaudeln, gehören auch die Ktcpalaianbsp;Ttiv oTiTiXwv, als deren Yerfasser man gewöhnlich dennbsp;Heliodor von Larissa ansieht. Aher weder in deinnbsp;Titel dieser Schrift, noch selhst in dein Namen desnbsp;Verfassers findet in den Handschriften Uehereinstim-mung Statt. In cinem Codex der Barherinischennbsp;Bibliothek lindet man die Ueherschrift: Jafiiavbnbsp;(piXoaó(fov., TS ^HliodwQS AaQiaaaia, niq't ónrixwvnbsp;vnoamp;éaiwv Xêcpdlaia; in einem anderen Codex dersel-hen Bibliothek: JafiiavS, tö 'HIioömqo KQiaaais,nbsp;xsfpdXaia roöv otitlxóSv vnoamp;iaewv, und in einem Mai-lander Codex in der Amhrosianischen Bibliothek:nbsp;/jafiiava AaQiffGKiSj t5 '^TAtoJwpa, xilt;fid}.ccia tcSvnbsp;onnxMV vnoamp;éaioüV, Dagegen bat ein dritter Bar-herinischer Codex: 'HXiodÜQa Aa^iaaais xs(fdXat,anbsp;Twv cntiXMV, ühereinstimmend mit einem Amhrosianischen Manuscripte. Nach diesen beiden letzterennbsp;Handschriften erschien die erste Ausgahe des Heliodor in Florenz 1573., die Lindenhrog in Hamburgnbsp;im Jahre 1610. mit einer Lateinischen Uebersetzungnbsp;ahdrucken liefs. Die ganze Schrift enthiilt hier nurnbsp;siehen Quart-Seiten. Die erste Ausgahe des Damian wiirde von Erasinus Bartholinus in Paris,nbsp;im Jahre 1657., hesorgt. Bei der Vergleichung beider Schriften findet man, dafs die erstere wörtlichnbsp;dasselbe cnthhlt, was in den dreizehn ersten Kapiteinnbsp;des ersten Buches bei Damian vorkoinmt, der die-sem Buche noch ein vierzehntes Kapitel hinzugefiigtnbsp;bat, worin er die Optik in drei Thcile, die eigcntliche

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Damiauiis.

Optik, Katoptrik und Scenographie eintheilt. Das zweite Buck des Damian enthalt nickts, als einlgenbsp;Siitze aiis Euklid. Wcil in den vollstilndigen Hand-sckriften Dainian als Verfasser genannt wird, sonbsp;sckeint es, dafs Heliodor gar keinen Antkeil an die-ser optiscken Sckrift kat, sondern dafs ikm dieselbenbsp;nur defshalk in einigen Codicikns zugesckrieken wurde,nbsp;weil sein Name sick immer neken dem des Damiannbsp;fand. Die uaheren Lekensumstande beider Manner,nbsp;und die Zeit, in der sie lekten, sind unkekamit^ nurnbsp;so viel ergiekt sick aus der Schrift selkst, dafs sienbsp;spïiter, als die Optik des Ptolemtius verfafst wurde.nbsp;Ihr luhalt ist defshalk nicht ganz ohne Interesse, weilnbsp;darin einige Irrtkümer, von denen die (iriechischcnbsp;Optik kefangen war, gleichsam theoretisch kegründetnbsp;werden, wie man aus einigen Stellen, die ick kernus-keke, entnehmen wird.

„Die Gestalt unserer Augen, welche nicht hok], noch so, Avie die anderen Sinne eingericktet sind, dafsnbsp;sie ehvas in sick aufnehmen könnten, sondern viel-mekr eine runde Okerflücke haken, keweiset, dafs dasnbsp;Licht aus ihnen ausströme. Andere Gründe sind dernbsp;Glanz der Augen, ferner der Umstand, dafs Einigenbsp;kei Nacht, ohne eines fremden Lichtes zu kedürfen,nbsp;sehen können, wie dies vom Kaiser Tiberius er-zahlt wird, und dafs die Augen der Thiere, welchenbsp;des Nachts ikrer Nahrung nachgehn, wie Feuer glanzen. ”

„Dafs das Licht sick geradlinig, und in Gestalt eines Kegels fortpflanze, kat Ptolemiius in seinernbsp;Optik diirch Versuche gezeigt; es liifst sick aker auchnbsp;aus Vernnnftgründen dartkun. Damit das Licht sonbsp;schnell als möglich zu deu Gcgenstaiiden gelange,nbsp;mufs es sick in gerader Linie fortpflanzen, weil diese

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Oamianus,

unter allen, welche dieselben Endpunkte haben, die kleinste ist. Es mufs ferner in einem Kreise auf dienbsp;Gegenstiinde fallen, dainit wir so viel, als niöglich,nbsp;von denselben seben können; denn diese Figur batnbsp;unter allen ebenen desselben Umfanges den gröfstennbsp;Inbalt. Das aus dem Auge koininende Licht mufsnbsp;also entweder die Gestalt eines Cylinders, oder einesnbsp;Kegels haben. Die Gestalt eines Cjlinders kann esnbsp;aber nicht haben, weil alsdann das, was wir jedesmalnbsp;seben, mir von gleiclier Gröfse init der Pupille seinnbsp;würde. Es mufs daher die Gestalt eines Kegels an-nelunen.”

„Die Fortpflanzung des Augen- und Sonnenlich-tes bis in die aufsersten Raume des Himmelsgewölbes geschiebt augenblicklich. Denn so wie wir, nacbdeinnbsp;die Sonne durcb eine Wolke verdeckt war, in dem-selben Augenblicke, wenn die Wolke voriibergegangennbsp;ist, durcb das Licht der Sonne erreicht werden, sonbsp;erblicken auch wir, sobald wir nur den Bliek nachnbsp;oben werfen, sogleieb den Hiimnel.”

Die merkwürdigste Stelle der ganzen Schrift, um deretwillen sie von den folgenden Optikern haufig ge-nannt wird, ist das aus des Meebanikers Heronnbsp;Katoptrik entlehnte, und sebon bei diesem angeführtenbsp;Theorem.

Hipparch und S ui das erwahnen noch zweier Griechischen, von der Optik handelnden Werke, dienbsp;aber nicht auf uns gekommen sind. Der erste schreibtnbsp;eine Schrift ’’Evotitqov dem Eudoxus von Knidos,nbsp;einem Schiller des Plato, zu*); der andere fiihrt

1) Fahricii hihl. Gr., ed. Harles, torn. IV, pag. 11.

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Damianus.

zwei Bücher ‘Otttixcöv, uud zwei Büchcr ’Evomqixwv an, ohne ihren Verfasser zii nennen. Fabricius istnbsp;der Meinung, dafs Pliilipprs Opuntius, dessennbsp;Diogenes Laertius iin „Leben des Plato” gedenkt, sie geschrieben babe *). — Plotinus, der iinnbsp;dritten Jabrbunderte nacli Chr. lebte, uud in seinennbsp;Enneaden De rebus philosophicis^ in eiiier übrigensnbsp;nur wenige Zeilen enthaltenden Abliandlung bebaup-tet, dafs entferntere Gegenstilnde nicht eines kleineren Gesicbtswinkels wegen kleiner erscheinen ^), kannnbsp;defsbalb nicht zu den optischen Scbriftstellern dernbsp;Griechen gezablt werden.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Fahricii Mbl. Gr., ed. Harles, torn. III, pag. 104,

2) nbsp;nbsp;nbsp;Eib. Marsilius Ficinus. Basileae, 1559, pag. 103.

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Die Romer.

Wir haben bisher die Optik in stetem Fortschreiten gesebn, so fiiblbar sicb oft auch der Mangel einernbsp;Experimental - Optik, die durch jeden Versucb einenbsp;Menge von Erscheinungen unter denselben Gesicbts-pvmkt bringt, und über das zur Thatsacbe Erhobenenbsp;keinen Zweifel iibrig liifst, gemacht haben mogte.nbsp;Seit Ptolemaus aber tritt eine fast tausendjahrigenbsp;Unterbrechung dieses Fortscbreitens ein, indem wirnbsp;erst im eilften Jahrbunderte die Optik unter den Ara-bern wiederfinden. Ebe ich den Faden der Geschichtenbsp;dort wieder aufnehme, will ich des diirftigen Zustan-des der Optik bei den Römern gedenken.

Unter den Römischen Schriftstellern bandein von optischen Gegenstanden niir Lukrez, Seneca undnbsp;Plinius. Der erstere kleidet die Ansichten Epi-kiir’s über die Entstehung der Farben nnd Spiegel-bilder, in seinein Lehrgedichte De rerum natura^nbsp;in ein poetisches Gewand ein, so dafs man schon ausnbsp;diesein Grunde hier keine wissenschaftlicbe Unter-suchnng über Gegenstande der Physik erwarten darf.nbsp;Die Atome halt er für farbenlos, weil Farben nichtnbsp;ohne Licht bestehn, die Atome aber nicht ans Lichtnbsp;hervortreten können, und erklart die Verschiedenheitnbsp;der Farben aus einer verschiedenen Gestalt, Mischung

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Seueca.

und Lfige der Atoine, so wie aus einer verschiedenen Bewegung, die sie einander mittheilen *), Epikur’snbsp;ungereiinte Ansichten iiber die Entsteliung der Spie-gelhilder, die hier wiederholt werden, hahe ichnbsp;schon friiher augegehen,

Ehen so imhedeutend ist, was Seneca in seinen Quaestioties naturales aus der Optik anfuhrt; dochnbsp;scheidet man mit gröfserer Befriedigung von diesein,nbsp;der strengeren stoischen Philosophie ergeheuen Phy-siker, dein es darum zn tliun ist, auf das Waltennbsp;einer alhnachtigen und allweisen Vorsehung in denEr-scheinungen der Natur anfmcrksam zu machen. Wasnbsp;er aher iiher die Entsteliung der feuerigen Meteore *),nbsp;und der Höfe uin die Gestirne sagt, zeigt uns dienbsp;Optik noch in ihrer ersten Kindheit, wie wir sie innbsp;den Ausspriichen der altesten Griechischen Weltwei-sen kennen gelernt hahen. In einer weitlaufigen Ah-handlung üher den Regenbogen, der die Aristotelische Farhenlehre zum Grimde liegt, mögte diesnbsp;allein hemerkenswerth sein, dafs schon hier auf dienbsp;nicht hestiminhare Anzahl der Farhen iin Regenbogennbsp;aufmerksam gemacht wird ®).

In der Kunst, die Spiegel zu schleifen, mufste man iihrigens zu Seneca’s Zeiten schon merklichenbsp;Fortschritte gemacht hahen. Er kennt Spiegel, dienbsp;einen Gegeustand ins Unglauhliche vergrofseru oder

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. II.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. IV.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. I, cap. 1.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. I, cap. 2.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Seneca fiihrt bei dieser Gelegenheit cine Stelle aus Ovid’*nbsp;Metamorphosen VI, 66. an:

Sed nunc diversi niteant cum mille colores^

Tramitus ipse tarnen spectajitia lumina fallit;

Usque adeos quod tangits idem ests tarnen ultima distant-

I.

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Plinius.

verkleinern, ihn in «lle Lange oder Breite verzerrcn, ihn vervielfaltigen. Die Praclitliebe der reiclien Romer, die es bei der Ausstattung ihrcr Töchter annbsp;Spiegeln von der Höhe des menscblichen Körpers,nbsp;die init Gold und Edelsteinen verziert Avaren, nichtnbsp;fehlen liefsen, giebt dein Seneca Veranlassung, einennbsp;Vergleich seiner Zeit init den früheren einfaclien Sit-ten anzustellen, und nainentlicli der Töcliter Scipio’snbsp;zii gedenken, deren Mitgabe, vom Römisclicn Senatenbsp;geschenkt, in Kupfer bestand, Avilbrend zu seiner Zeitnbsp;die Kosten für einen einzigen Spiegel, den ein Frei-gelassener seiner Tochter schenken zii mussen glaubte,nbsp;den Betrag jener ganzen Mitgabe aufwogen.

Seneca’s Nachrichten über die Spiegel der Alten werden durch Plinius erganzt. Gewolinlich machtenbsp;man diese, in dem Haushalte der Romer notlwendigen,nbsp;Pracbtstücke aus Metall, aber auch aus Stein, undnbsp;selbst aus Glas. Für die besten hielt man in früherernbsp;Zeit die Brundisiniseben, die aus Zinn nnd Erznbsp;zusammengesetzt AA^aren [atauno et aere mixtd\ '). Spa-ter zog man die silbernen Tor, die Praxiteles zuerstnbsp;zur Zeit P om pejus des Grofsen verfertigte „Dasnbsp;Silber”, sagt Plinius, „bat vor anderen Metallen dienbsp;beAvundernswürdige Eigenschaft, Bilder der vorgehal-tenen Gegenstiinde zu zeigen, Avelches bekanntlicb da-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Uist. lib. XXXIII, CcCii.h^.,ed. Millertts. BeroL, 1766.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Die, silbernen Spiegel sebeinen sclion viel friiher iin Ge-brauclie gewesen zu sein. Sebon Plautus (Mostell. act. 1, sc. 3nbsp;V. III.) erwalmt soldier Spiegel. Bei spateren Schriftstelleni istnbsp;mdirmals von ilinen die Rede. Phil o stratus, der zur Zeit desnbsp;Kaisers Severus lebte, führt unter den der Venus gewcilitennbsp;Kostbarkeiten einen silbernen Spiegel an (fcones, I, cap. 6.); ebeiinbsp;so Apulejus unter den Schiitzen, die der Juno auf der Inselnbsp;Samos geheiligt Avaren {Florida^ pag. 350., ed. Elmenhorst.nbsp;Francof,, 1621.).

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Plillius.

dutch erfolgt, dafs die Luft ziirückgestofsen, und dem Auge wieder ziigefiilirt wird.” Aber auch der Steinenbsp;bedienten sich die Alten zu Spicgeln. Plinins er-wiihnt in dieser Beziebung besonders des Obsidians,nbsp;den Obsidius in Aetbiopien fand. Er nennt diesennbsp;Stein einen dunkelen, zuweilen durcbsiclitigen, der innbsp;Wandspiegcln matte Bilder gebe *). Der Spiegel,nbsp;durcli welcben Nero den Kampf der Schwertfechternbsp;mitansah, soil ein Smaragd gewesen sein 2). Auchnbsp;erzahlt Sueton, dafs Doinitian die Wande desnbsp;Silulenganges, in welchein er mnberzugehn pflegte,nbsp;init Phengit belegen liefs; der Glanz dieses Steinesnbsp;stralte Bilder zurück, aus denen er, was hinter sei-nem Rücken geschah, erkennen konnte ®). Pliniusnbsp;scbeint selbst glaserne Spiegel gekannt zu haben,nbsp;„Das Glas”, sagt er, „wird durchs Blasen geformt,nbsp;auch drechselt man es, und gravirt es, wie Silber.nbsp;Sidon war früher dutch solche Werkstatten berühmt,nbsp;wie denn auch hier die Spiegel erfunden sind”nbsp;Alexander Apbrodisiensis, gegen das Eude desnbsp;zweiten Jahrhunderts n. Cbr., und Isi doms von Sevi-lien, iin siebeiiten Jabrbunderte, erwahnen gleichfallsnbsp;des Glases, als eiiier zu Spiegeln sehr tauglichennbsp;Masse; doch scbeinen die Glasspiegel erst im drei-zehnten Jabrbunderte in allgemeineren Gebraucb ge-kommen zu sein ®).

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ilist. nat., lib. XXXVI, cap. 67. In speculis parietumnbsp;pro imagine umbras reddens.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Hist, nat, lib. XXXVII, c.ap. 16.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Vita Domit., cap. 14.

Lib. XXXVI, cap. 66. Aliud vitrum flatu figuratur, aliud tot no teritur, aliud argenti modo caelatur, Sidone quondamnbsp;tis officinis nohili, siquidem etiam specula excogitaverat.

3) Boiiaventure Abat in seinen Amusemens philosophy ques, 1763., bezieht sich, um diese Behauptung durchzufdhren, anf

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Auch die Wirkung der Brennglaser war den Alten nicht unhekannt, wie aus mehreren Stellen des PI iaius hervorgeht. Er nennt das Glas einen Stolf,nbsp;der biegsamer ist, und sich leichter fiirben lafst, alsnbsp;irgend ein anderer, der aber höbere Temperaturennbsp;nicht ertragen kann, wenn nicht vorher eine kaltenbsp;Flüssigkeit hineingegossen wird. Giefse man Wassernbsp;in glaserne Kugeln, imd halte sie gegen die Sonne,nbsp;so würden sie so beifs, dafs sie Kleider anzündennbsp;könnten ‘). Doch ist diese Nachricht nicht die frü-heste, die wir über die Brennkugeln haben, da schonnbsp;Strepsiades in „den Wolken” des Aristophanesnbsp;behauptet, dafs er ein treffliches Mittel kenne, sichnbsp;der lastigen Glaubiger zu entledigen; mit einem Glasenbsp;wolle er namlich die Buchstaben der Dandscbriftennbsp;schmelzen ®).

So oberflachlich und dürftig stellt sich uns die Optik der Romer dar, die, weit entfernt, die Mathe-matik und alle dahin gehörigen Disciplinen fortzubil-den, sich nicht eimnal das fremde Verdienst der Grie-chen anzueignen wufsten.

Stellen aus dein Antonius von Padua, Vincentius von Beauvais, Johann Peckham u. a. m.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. XJtWI, cap. 67. Die Worte; nee est alia nuncnbsp;materia {vitro) seqvacior, werden auch so geleseu: nee est alianbsp;speculis aptior materia. Hierher gehort auch lib. AXAVI, cap. 9.nbsp;Invenio medicos, quae su/nt urenda corporum, non aliter idnbsp;fieri utilius putare, quam crystallina pila, adversis posita so~nbsp;Us radiis.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Fers. 754 — 762., ed. Immanuel Bekker. Londini, 1829.

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Die Araber.

Alliazen.

Um das Jahr 1100. nach Chr.

Anatomische Beschreibung des Auges — Nieht das Auge ist die duelle des Lichtes, sondern dies geht Ton den leuchtendennbsp;Gegenstanden aus — Das Licht verbreitet sich von jedemnbsp;leuchtenden Punkte kugelfdrmig —• Genauere Theorie der Spie-gelbilder — Lösung der Aufgabe: bei allen Arten der Spiegelnbsp;den Reflexionspunkt zu finden, wenn der Ort des Bildes, undnbsp;der des Gegenstandes gegeben sind — Berichtigung de^ vannbsp;Ptolemaus ausgesprochenen Grundgesetze der Dioptrik —nbsp;Das durch die Brechung des Lichtes entstehende Bild liegt imnbsp;Durchschnittspunkte des von dem Gegenstande auf die brechendenbsp;Flache gefallten Lothes, und des gebrochenen Strales — Dasnbsp;Licht macht beim Durchgange durch zwei verschiedene brechende Mittel var- und ruck warts einerlei W^eg — Rrste, An-deutung der plan - konvexen glasernen Linsen — Die Gestirnenbsp;scheinen in der Nahe des Horizontes defshalb gröfser zu sein,nbsp;weil wir sie hier für entfernter halten — Das Licht wird nichtnbsp;allein in der Atmosphare gebrochen, sondern auch reflektirt —nbsp;Berechnung ihrer Höhe.

^acli der Finsternifs, in welche die inatlieinatischen ^Wissenschaften seit Ptoleiniius gehüllt waren, findennbsp;¦«'ll* das crste Aufbiühen derselben unter den Arahernnbsp;wieder, seitdem die Regierung über dieses Volk innbsp;der Mitte des achten Jahrhunderts an die Familie dernbsp;Abassiden gekommen war.

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Alhazen.

Jener Zeit, in der nainentlich die matkematisclie Litteratur von den Arabern gepflegt und bedeutendnbsp;erweitert wurde, geliört „die Optik” des Alhazen *)nbsp;an, ein Werk, das freilich höchst unklar und weit-schweifig geschrieben ist, aber schon defshalb unserenbsp;grofste Aufmerksainkeit verdient, wéil Avir kein ande-res, eben diese Wissenschaft betreifendes, aus dernbsp;Arabischen Litteratur kennen, indem die gleichfallsnbsp;von der Optik handelnden Schriften des Alfarabinbsp;und Alkindi noch bis jetzt nicht wieder aufgefun-den sind.

Die Zeit, in der Alhazen lebte, ist ungewifs. Risner, der Uebersetzer desselben, halt es für wahr-schelnlich, dafs er ein Zeitgenosse des Avicennanbsp;und Aver roes geAvesen sei, folglich gogen 1100. nachnbsp;Chr. gelebt habe; Caussin^) dagegen, der sich aufnbsp;ein in der Lejdner Bibliothek gefundenes Manuscriptnbsp;stützt, ist der Meinung, dafs er schon urn das Jahrnbsp;1038. gestorben sei.

Ich will den Inhalt dieses Arabischen W^erkes, insofern er neue, bis dabin in die Optik nicht aufge-nommene Gegenstande, oder Angrilfe auf die Irrthü-mer der Griechen betriflft, angebenj zum A'oraus abernbsp;bemerken, dafs dies Werk, und die aus deinselbcnnbsp;entlehnte Optik des Vitello, bis zu den Zeitennbsp;Kepler’s hin ein eben so grofses Ansehn, wie Eu-klid’s Optik behaupteten,

Iin ersten Buche beschreibt Alhazen, was vor

1) nbsp;nbsp;nbsp;Opticae thesaurus Alha%eni Arahis, lihri VII. lt;nuncnbsp;primum editi» Ejusdeui liher de crepusculis ^ et nuhiiiui asceu'nbsp;sionihus. Item Vitellnnis Thurinnopolnni lUrri X. a Federico Itisnero. Basileae, 1572. Fol. 288 Seiteii.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Mémoires de Vinstitut royalacad. des inscriptions etnbsp;helles-lettres, tom. VI, an. 1822.

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Alhazen.

ilun kein Optiker gethan katte, das Auge anatomisch, und giebt den verschiedenen Bestandtheilen desselbennbsp;eken die Namen, welche sie heute noch führen *). Ernbsp;unterscheidet drei Flüssigkeiten, humor aqueus^ cry-stallinus, vitreus^ und vier Haute, tunica adhaerens,nbsp;cornea y uvea, tunica reti similis. Gleich nachhernbsp;hehauptet er, dafs nicht das Ange die Uuelle desnbsp;Lichtes sei, sondern dafs letzteres von den sichtbarennbsp;Gegenstiinden ins Auge komme. Da er die Fuuktio-ncn, welche die Natur der Kr}^stall-Linse angewiesennbsp;hat, noch nicht kennt, sondern diese vielmelir als desnbsp;Auges Hanptorgan, in dem die Bilder vollendet ^vür-den, ansicht, so kann man auch nicht erwarten, dafsnbsp;seine Untersuchungen ilber die Entsteliurig der Bildernbsp;in den Augen sich der Wahrheit nahem soUten; dienbsp;Frage iiber die Einheit der Bilder in heiden Augennbsp;aber beantwortet er richtiger, als es Ptolemaus ge-Inngen war. Seiner Meinung nach vereinigeu sichnbsp;heide Bilder in dem gemeinsamen Sehnerven, so dafsnbsp;sie sich einander decken, und auf die Seele den Ein-druck eines einzigen machen ®). Ilöchst wichtig istnbsp;im ersten Biiche noch die Behauptiing ®), dafs ausnbsp;jedem Punktc eincs leuchtenden Körpcrs, nach allennbsp;Richtungen, in den en geracle Linien gezogen werdennbsp;können. Lichtstralen ausgehn; worans er folgert, dafsnbsp;sich zwischen dem Ange und dem geschenen Gegen-stande eine Licht-Pyramide bilde, deren Scheitel imnbsp;Auge, und deren Grimdflache auf dem Gegenstandenbsp;^’egt. Enklid hatte einen Licht-Kegcl angenommen,nbsp;ohne die Entstehung desselben zii crklaren; aus dennbsp;Eeweisen, die er führt, gekt vielmchr hervor, dafs er

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lil). 13

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. I, 27.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. I, 19.

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aiis deni Ange niir einzelne Stralen ansgeliii liefs, nnd dafs er sowohl, wie seine Nachfolger, keine deutliclienbsp;Yorstellinig von der Verkreitnng des Lichtes katten.

Von geringcreni Interesse sind das zweite imd dritte Bncli. Ini zweiten imtersnclit AlUazen keson-ders die durcks Ange wakrgenoniineiien Eigensekaftennbsp;der Körper, deren er zwei und zwanzig fiiidet; Lickt,nbsp;Farke, Entfernung, Lage, Gestalt, Gröfse, Bewegung,nbsp;Biike u. s. w. In dein dritten, von den optiseken Tiiii-schungen kandelnden, Bnckc inackt er wicderkolentlicknbsp;aiif den grofsen Eiuflufs anfinerksani, den die Pkan-tasic und selkst der Verstand auf die Gesicktsein-driieke kaken. Hier, so wie ükerkaupt in dem ganzen Worke, ist Wakres und Falsckes init einander

geinisckt.

Uiii so wicktiger sind das vierte, fiinfte und secliste Buck, in denen Alkazen, frcilick durek sekr verwik-kelte geoinetriscke Konstruktionen, den Ort, die Lagenbsp;und Gröfse der Spicgclkilder viel genaner kestiinint,nbsp;als dies die Grieekiseken Optiker getkaii katten. Ernbsp;besekiiftigt sick init sicken versekiedenen ^piegeln,nbsp;dem ekenen, dein konvexen und konkaven Kugel-,nbsp;Kegel-, und Cylinder - Spiegel. Nackdem er dasnbsp;Gnindgesetz der Katoptrik genaner, als Eiiklid, an-gegeken kat, indem er nickt klofs, wie jener, dennbsp;Einfalls- dem Iteflesious-Winkel glcick setzt, sondernnbsp;auch die durek den einfallenden und reflektirten Stralnbsp;gelegte Ekene winkelreckt anf der durek den Einfalls-piinkt gedaehten Tangential-Ekene anniinmt, verwirftnbsp;er die kei den Grieekiseken Pkilosopken gangbarennbsp;Hypothesen ükcr die Entstehung der Spiegelkilder,nbsp;wnd erklart dieselke lediglieh aiis der Reflexion dernbsp;Licktstralen. Aiiek ist die Aufgabe: den Reflexions-punkt kei spharischen, Cylinder- und Kegel-Spicgeln

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73

Alhazen.

zu fiiiden, wenn der Ort des Auges, imd der des Ge-genstandes gegeben sind — die iin fünften Bucbe vor-kommt — zuerst von ihm gelost worden.

lm siebenten Buehe besehaftigt sieh der Arabische Optiker init der Brechung des Liehtes. Das von Ptoleiniins ausgesprochene Gesetz der Dioptrik:nbsp;„beiin Uebergange aas einein dunneren in ein dichteres Mittel nilhert sicli der Lichtstral dom Einfallslothe,nbsp;und er entfernt sicb von demselben beiin Uebergangenbsp;aus einem dichteren in ein diinneres Mittel”, wirdnbsp;aucb hier ziim Grimde gelegt, darin aher genauer be-stimmt, dafs der einfallende und gebrocbene Stral innbsp;derselben, auf der brecheiiden Flache winkelrechtnbsp;stehenden Ebene angenommen werden. Das anderenbsp;Gesetz des Ptolemiius aber; „Zwischen den vomnbsp;Einfallslothe, und dem einfallenden und gebrochenennbsp;Strale gebildeten Winkeln findet ein konstantes Ver-hiiltnifs Statt”, wird bier wenigstens nicht als ein fürnbsp;den ganzen Quadranten giltiges anerkannt *). A lilazen zeigt hierauf, wie man die Brechung des Liehtesnbsp;aus Luft in Glas oder Wasser von 10 zu 10 Graden bis 80 Grade auf dem Experimental-Wege linden köniie, theilt aber die Resultate seiner Beobach-tungen nicht in einer Tabelle init. Das durch dienbsp;Brechung entstehende Bild setzt er in den Diireh-sehnittspunkt des von dem Gegenstande auf die bre-chende Flache gefiillten Lethes, und des gebrochenen

1) Lib. VII, 10. A-nguli refractionum non observant ean-dem proportionem ad angulos, qttss continet prima linea (der eiiifallendg Stral) ewm perpendiculari, sed differunt hae propor-tiones ifi eodem corpore diaphano. Katten die folgeiiden Optikernbsp;diese, in ciner Schrift der damaligen Zeit gewifs höchst merhwlir-dige, Beincrkung nicht iibersehn, so wiirden niclit .laiirhundertenbsp;nach Alhazen verflossen sein, ehe man endlich das wahre Brc-chungsgesetz entdeckte.

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74

Alhazeu.

Strales, oiler seiner Verlilngerung; er erinnert an die bekannte Erfahrung, dafs der Lichtstral beininbsp;Durchgange durcli zwei verschiedeiiartige Blittel vor-und rückwarts einerlei Weg maclie, und erklart dienbsp;Erhöhung und Vergröfserung des Bildes eines imnbsp;dicliteren Mittel, dessen Oberflache horizontal ist,nbsp;hefindlichen Gegenstandes hlofs aiis der Richtung, innbsp;der die gebrochenen Stralen ins Auge kommen. Ebennbsp;so zeigt er‘), dafs ein Gegenstand, an die ebene Seitenbsp;des kleineren, aus einem dicht eren Mittel, als dienbsp;Liift, bestellenden Kugclseginentes gelegt, wiihrendnbsp;dcm Ange selbst die konvexe Seite zugekehrt wird,nbsp;vergröfsert erscbeinen müsse. Nacbdem er eine selirnbsp;ungereimte Amrendnng von diesein Satze gemacbtnbsp;bat, indem er die Vergröfserung eines im Wasser,nbsp;dessen Oberflilcbe er nicht horizontal, sondern parallelnbsp;init der Erde, also spharisch anniinmt, betrachtetennbsp;Gegenstandes durch denselben erklart, fahrt er sonbsp;fort: -iiln asmetis visibilibus non est tule aliquid,nbsp;f/uod videatur ultra corpus diaphanum spkaericum^nbsp;grossius aere, ultra centrum sphaerae ^ et res visanbsp;cum sit mtra hoe corpus spJmericum. Hoe enimnbsp;non jit, nisi corpus sphaericum ftier it vitreum autnbsp;lapideum^ et fuerit totum corpus sphaericum soli-dum, et res visa fuerit intra ipsum; aut ut corpusnbsp;sphaericum sit portio sphaerae ^ major semisphaera,nbsp;et res visa sit applicata cum basi ejus. Sed hi duonbsp;situs raro accidunt. ” Zuin ersten Male Avird biernbsp;also ein glascnies Kugelsegment, und ZAvar das grös-sere, zur Vergröfserung eines Gegenstandes in Vor-scblag gebracht. GeAvils aber aimete Alhazeu Ave-der den Nutzeu soldier Linscii als Augenglaser, noch

1) Lib. VJl, M. und 45.

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75

Alhazeu.

scheint er überhaupt die Wirkung dieser Gliiser aus eigener Erfahrung gekannt zu haken, weil er sonstnbsp;nicht behaiiptet hatte, dafs ihre Anwendung nur sel-ten vorkoinmen köniie, auch nicht verlangt hakennbsp;wiirde, dafs man das Okjekt unmittelkar an die ekenenbsp;Seite der Linse lege, und dafs diese jedesmal ihrenbsp;konvexe Seite dein Auge zukehre. Auch die Erfin-dung der Augengliiser gehort also zu den vielen anderen in der Optik, kei denen die Theorie der Tech-nik voraneilte.

Gegeii das Ende des Werkes giekt Alkazen einen ziemlich kefriedigenden Grund, dessen ich schonnbsp;kei der Optik des Ptolemilus gedacht hake, für dienbsp;Vergröfserung der Gestirne iin Horizonte an. „Dienbsp;Phantasie setzt die im Horizonte oder dessen Nahenbsp;kefindlichen Sterne, Avegen der Menge der dazAvischennbsp;gelcgenen Gegenstiinde, deren Entfernung zum Theilnbsp;kekannt ist, in eine gröfsere Entfernung, als Avenn sienbsp;iin Zenithe, oder in der Niihe desselben stelm. Danbsp;nun der SeliAvinkel in heiden Fallen derselke kleikt,nbsp;so mufs der Durchmesser der Sterne gröfser erschei-nen, avozu noch kommt, dafs die sich geAVöhnlich innbsp;der Nalie des Horizontes aiifhaltenden Dunste zurnbsp;Vergröfserung keitragen.” Alhazen ist ührigens sonbsp;Aveit entfernt, die Ursache der Vergröfserung in dernbsp;Stralenkrechung zu suclien, dafs er vielmehr zeigt i),nbsp;es müsse der Durchmesser der Sterne durch dieselbenbsp;Weiner Averden, Aveil die in das Auge gelangendennbsp;Lichtstralen nach dem Brechungsgesetze immer innbsp;denselben Vertikalkreisen klciken, diese Ki’eise akernbsp;nach dein Zenithe hin niiher au einandcr rücken, die

1) Lib. VII, 54.

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76

Alhai

Sterne folgUch um bo kleiner erscheinen inüssen, je mehr sie durcli die Brechung geheten werden.

Der Optik ist eine kurze Abhandlung üher die Dammerung und die Höhe der Atinosphare beigefügt,nbsp;worin der Dammerungskreis 19 Grade unter dem Horizonte, und die grofste Höhe der Luft auf 52000nbsp;Scbritte berechnet wird. So ungenau anch diese Zahlnbsp;bei der Unzulanglichkeit der gebrauchten Maafse seinnbsp;mag, so ist doch das Verfahren, dessen sich hier Al-bazen bedient, höchst sinnreicb. Nicht die brecbende,nbsp;Bondern die viel bedeutendere reflektirende Kraft dernbsp;Lvift, die man schon daraus, dafs nicht blofs die iin-mittelbar von der Sonne erleuchteten Seiten der Kör-per, sondern anch die von ihr abgewandten sichtbarnbsp;sind, erkennt, dient ihm nainlicb ziir Berechnung ibrernbsp;Höhe. 1st der um (Fig. 1.) C mit CA beschriebeiienbsp;Kreis die Erde, JVM die aufserste Grenze der Luft,nbsp;da WO sie das Licht zu reflektiren noch fahig ist, Anbsp;der Ort des Beobachters, HR sein Horizont, SM einnbsp;Stral der Sonne A, welcher die Erde in R berührt,nbsp;so dafs, wenn der Winkel SMH 19® betragt, dienbsp;Diunmcrung in A beginnt, so findet Alhazen ausnbsp;dem Dreiecke MCA^ worin, aufser dem Erdhalbmes-ser CA^ alle Winkel bekannt sind, indem nach demnbsp;Reflexionsgesetze L BMC r= CM A = 80® 30', dienbsp;Liinge von CM^ und wenn hiervon der Erdhalbines-ser subtrahirt Avird, die oben angegebene Höhe DMnbsp;der Atinosphare ’).

Schon aus dem hier Mitgetheilten geht hervor.

1) Wird der Winkel SMH ^ 18” angenommen, so ist der Winkel MCJ=:9”, und für den Erdhalbmesser = Deutsehenbsp;Meilen, CM = Cd. sec. 9” = 870,7 Meilen, die Höhe der Atmo-sphare also 10,7 Meilen.

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Die Europaer seit der Mitte des 13. Jalirhunderts.

TJm das Jaiir 1270.

Vergleichung der Refraktions-Tafeln des Ptolemaus und Vi-tello — Die durch glaserne Prismen entstelienden Farben sind dieselben mit den Regenbogen-Farben — Parabolische Brenn-spiegel.

lleber die Lehensumstiinde dieses Optikers ist nur so viel init Zuverlassigkeit bekannt, dafs er, wie ernbsp;selbst erzahlt, in Polen geboren ist *), seine optischennbsp;Kenntnisse in Italien gesammelt, und seine Optik da-selbst geschrieben bat ^). Seine sonstigen Lebens-verhiiltnisse aber sind so dunkel, dafs man nicht ein-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. X, 74. Auf dem Titel dcs ganzen Werkes heifst ernbsp;Thuringopolonus, und auf dem eines jeden Ruclies films Polo~nbsp;norum et Thuringorum, welches Risner, der, wie ich schonnbsp;bei Alhazen bemerkt babe, dies Werk herausgegeben hat, sonbsp;erkVart: Patre videlicet Polono et matre Tlmringa, aut contranbsp;procreatus. Die Bedeutung, die Scheibel (Einleitmig zur ma-them. BUcherkenntnifs, Stiick VII, pag. 277.), welcher Thorn zumnbsp;Geburtsorte Vitello’s macht, dem VVorte Thuringopolonus nn-terlegen will, lafst sich schwerlich vertheidigen. Eben so setztnbsp;Alhazen seinem Namen jedesmal_/f/*Mi -Alhayzen bei.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. X, 42. und 67.


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79

Vitello.

mal die Zeit, in welcher er lebte, mit Gewifslieit an-gebcn kann. Er liat sein Werk einem Dominikaner, Willi elin de Morbeta, gewidinct. 1st dieser, wienbsp;sich katim bezweifeln lafst, eben derselbe, der iinnbsp;Jabre 1269. cine Geomantie in acht Saminlungennbsp;scbrieb, die Risner gclesen batte, so würde Vitello in dieselbc Zeit zu setzen sein. Sein Ver-dienst bcstebt besoiiders darin, die Optik des Alha-zen verstandlicber vind geordncter vorgctragen zunbsp;haben. Da er aucli die Satze ans Euklid undnbsp;Ptol emiins hinzufiigt, so ist sein Werk dadurch zunbsp;einem der gröfsten angewacbsen, die jemals über dienbsp;Optik gcschrieben warden. Es entlialt in zelin Bü-chern nicbt weniger, als 474 enggedrnckte Folio-Sei-ten. 3Iir aber bleibt mir Weniges, das dem Vitellonbsp;eigenthüinlicli Angebörende, ans diesein grofsen Werkenbsp;anzufiibren übrig.

.1!

Mit Recht bringt Alliazen das gröfsere glilserne Kugelscgment ziir Vergröfseruiig eines Objektes innbsp;Vorscblag, weil die Wirkung eines solclien Glases umnbsp;so betrachtlicber wird, je dicker es ist. Audi Vitello gedeukt der gliisernen Kugelsegmente; dennbsp;Albazen aber inifsverstebend, spricht er von demnbsp;kleineren. Seine eigenen Worte sind diese'): ,,Fortenbsp;tarnen portio sphaerae crystallinae, minor hemisphae-rio, fortius inflammaret^ in loco centri sui positanbsp;re inflammahilirjuontam otnnes radii') totali zlHnbsp;*nperficiei sphaericae perpendiculariter mcidentes^nbsp;^oncnrrerent in centro, Sed et tn horurn experi~nbsp;uientatione est maxima latitude ^ quam reltnijuimusnbsp;ad talia curiosis.quot; Offenbar kannte also auch Vitello die Wirkung solcber Linscu nicht ans eigener

J) Lib. X, 48.

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80

Vitello.

Erfahrung. Wie sehr mangelhaft aher tlamals noch die Theorie der Optik war, erhellt schon daraus, dafsnbsp;alle einfallenden Stralen als winkelrecht auf der kon-vexen Glasflache angesehn Averden.

Der Arabische Optiker batte das Ergebnifs seiner Beobacbtungen über die Brecbung des Licbtes in verschiedenen Mitteln nicht in einer Tabelle zusam-mengestellt. Eine solche giebt Vitello; sie ist abernbsp;wenig von der des Ptoiemaus verschieden. Hiernbsp;folgen beide Tafeln, zugleich mit dem von D elam-bre berecbneten Verhiiltnisse der Sinus der Einfalls-und Brechungswinkel *):

Stralenbrechung nach Ptoiemaus.

•é

aus Luft in Wasser

aus Luft in Glas

aus Wasser

in Glas

BrcchuugS'

Verhaltuifs

Brechungs-

Verhaltuifs

Breclumgs-

Verhaltuifs

s

wiukel.

der Siuus»

wiukel.

der Siuus.

wiukel.

der Siuus.

10»

1:0,80143

1:0,70179

9i»

1

0,95044

20»

15i»

: 0,78136

13i®

: 0,68255

18^®

0,92774

30»

22^»

: 0,76537

20i®

: 0,70041

27®

0,90798

40»

28»

: 0,73037

25®

: 0,65748

35®

0,89233

50»

35®

: 0,74875

30®

: 0,65270

42i®

0,88192

60»

40^»

: 0,74992

341»

: 0,65403

49^®

0,87804

70»

45»

: 0,75249

38J®

: 0,66247

56®

0,88422

80»

50®

: 0,77786

42»

: 0,67946

62“

0,89657

lm Mittel 1:0,76344

lm Mittel 1:0,67380

lm Mittel 1

0,90190

=

4:3,05376

=

3:2,02158

9 ••8,11710

1) Gilbert’s Annalen, Bd. 40., pag. 385. u. d. f.

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81

Vitello.

Stralenbrechung nach Vitello,

a

?

%

aus Luft in Wasser

aus Luft in Glas

aus Wasser in Glas

Brechuugs-

Verlialtuifs

Brecliuugs-

Verhaltnifs

Brechuugs-

Verhaltuifs

m

tviukel.

der Siuus.

wiükel.

der Siuus.

¦vviukel.

der Siuus.

10

730

1: 0,77658

7quot;

1:0,70178

9iquot;

1:0,95043

20quot;

15iquot;

; 0,78135

13 iquot;

: 0,68255

18iquot;

: 0,92773

30quot;

ooi 0

: 0,76537

19iquot;

: 0,66761

070

: 0,90798

40quot;

29quot;

: 0,75423

25quot;

: 0,65748

35quot;

: 0,89233

50quot;

35quot;

: 0,74875

30quot;

: 0,65270

42^quot;

: 0,88192

60quot;

40^quot;

: 0,74992

34r

: 0,65403

49iquot;

: 0,87804

70quot;

45^quot;

: 0,75904

38iquot;

: 0,66247

56quot;

: 0,88224

80quot;

50quot;

: 0j77787

42®

: 0,67946

62quot;

: 0,89657

lm Mittel i : 0,76414

lm Mittel 1: 0,67976

lm Mittel 1:0,90190

=

4:3,05656

=

3:2,00928

=

9:8,11710

aus AVasser in Luft

aus Glas

in Luft

aus Glas

in Wasser

Brechuugswiukel

Brcchungswinkel

Brecliungswiukel

uacU

Vitello.

Avirkliclier.

uach

Vitello.

wirklicher.

nach

Vitello.

wirkliclier.

10quot;

12quot; 15'

16quot; 37'

13quot; 0'

15quot; 2'

10quot; 30'

11quot; 6'

20quot;

24quot; 30'

26quot; 35'

26quot; 30'

30“ 42'

21quot; 30'

22® 17^

30quot;

37quot; 30'

40quot; 52'

40quot; 30'

48quot; 17'

33quot; 0'

33quot; 40'

40quot;

51quot; 0'

57quot; 16'

55quot; 0'

73quot; 41'

45quot; 0'

45quot; 27'

50quot;

65quot; 0'

70quot; 0'

57quot; 30'

58° 9'

60“

79quot; 30'

85quot; 50'

70quot; 30'

73quot; 47'

70quot;

94quot; 30'

101quot; 30'

84quot; 0'

80“

110quot; 0'

118quot; 0'

98quot; 0'

Die mittleren Brecliungsverhaltnisse in den beiden ersten Tabellen sind so genau, wie sich dies von so unvollkommenen Vorrichtungen, wie sie Ptole-

I. nbsp;nbsp;nbsp;6

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82

Vitello.

inaus und Vitello gebrauchten, kaum erwarten liefs'); die Brechungswinkel der dritten Tabelle aber weichennbsp;nicht allein alle von ihrem wirklicben Werthe bedeu-tend ab, sondern es kommen hier auch unmöglichenbsp;Winkel vor, weil hckanntlich der Lichtstral beimnbsp;Uebergange aus einem dichteren in ein dünneresnbsp;Mittel nur unter Einfallswinkeln, die eine gewissenbsp;Grenze nicht überschreiten, gebrochen, unter gröfse-ren Einfallswinkeln aber nach innen, wie von einemnbsp;Spiegel, reflektirt wird. Diese Grenze aber ist beimnbsp;Uebergange aus Wasser in Lnft der Winkel vonnbsp;48“ 19', und aus Glas in Lnft der Winkel von 40® 19'.nbsp;Vitello ist zu diesem Irrthume durcb eine unrichtigenbsp;Anwendimg des von Alhazen angegebenen Satzes,nbsp;dafs der Lichtstral vor- nnd rückwarts denselben Wegnbsp;niinmt, verleitet worden. Da z. B. beim Uebergangenbsp;aus Lnft in Wasser der Brechungswinkel von 7|® umnbsp;2|® kleiner ist, als der Einfallswinkel von 10®, sonbsp;sclilofs er hieraus, dafs beim umgekehrten Uebergange aus Wasser in Lnft der Brechungswinkel umnbsp;2^0 gvöfser sein müsse, als der Einfallswinkel vonnbsp;10®, so niimlich, dafs jedesmal die Summe der beidennbsp;Brechungswinkel dem Doppelten des Einfallswiukelsnbsp;gleich ist.

Die Entstehung des Regenbogens erklart Vitello durch eine Brechnng und Zurückwerfung der Sonnen-stralen, ohne jedoch den Weg des Lichtes in dennbsp;einzelnen Tropfen auch nur iin entferntesten richtignbsp;anzugeben. Er unterscheidet hesonders drei Farben,nbsp;color puniceus, vi'ridü, nlurgus, und sucht die Ur-sache ihrer Verscbiedenheit nach der Aristoteli-

1) Newton findet das Brechungsverlialtnifs des gelben Lichtes aus Lnft in Regenwasser = 4 : 2,99432, nnd aus Lnft in ge-wöhulichcs Wasser = 3 : 1,93048.

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83

Peckham.

Bchen Farbenlehre in der Mischung von melir oder weniger Sonnenlichf mit den dunkelen Raumen desnbsp;thauigen Dunstes {^vapor roridus)^ in welchem dernbsp;Regenbogen sich bildet *). Die Ricbtigkeit der vonnbsp;mebreren Beobaclitern seiner Zeit anfgestellten Be-bauptung, dafs die Summe der Höhe des Regenbo-gens uud der Sonne konstant, und zwar immer gleichnbsp;42 Graden sei, bezweifelt er, weil der Halbmesser desnbsp;Regenbogens, nacb der verschiedenen Dichtigkeit dernbsp;Atmospbare, bald gröfser, bald kleiner sein müsse.nbsp;Die Regenbogen-Farben, bemerkt er endlich, entstehnnbsp;auch, Avenn man ein krystallenes Sechseck, oder einenbsp;mit Wasser angefüllte glaseme Kugel gegen dienbsp;Sonne halt. Glaserner eckiger Stabchen, die gegennbsp;die Sonne gehalten, dieselben Farben geben, die mannbsp;im Regenbogen sieht, batte aber schon Seneca gedacht ^).

Dafs Vitello den Brennspiegeln eine parabolische Gestalt zu geben rieth , habe ich schon früher bemerkt.

«Foaimes Peckliam.

Geb. 1228., gest. 1291.

Gleichzeitig mit Vitello lebte in England Joannes Peckham, Erzbischof von Canterbury, der, aufser vielen theologiscben Werken, auch eine optische Abhandlung, Perspectiva communis^ geschriebennbsp;bat. Nach dem Inhalte dieser Schrift, die nicht blofsnbsp;von dem geradlinigen, sondern auch von dem reflek-tirten und gebrochenen Lichte handelt, verband man

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. X, C7.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Qmest. nat., lib. I, cap. 7.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. IX, 43.

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84

Peckham.

damals init dem Worte „Perspektiv” dieselbe Bedeii-tung, die man jetzt dein Worte „Optik” giebt. Es ist aber diese Perspectiva communis nichts, als einnbsp;höchst unklarer Anszng ans Alhazen, nnd anderennbsp;Optikern. Dafs sie als Lehrbueh in die Schulen ein-gefübrt wurde, nnd detsbalb vicle Anflagen erlebte,nbsp;konnte sie nur dem abscbreckenden Umfange des Vi-telloschen Wcrkes verdanken.

Der Name dieses Optikers wird in den verschie-denen Ausgaben verscbieden angcgeben. Bald wird er Peckham (Peckam) oder Pecham ^), baldnbsp;Petsan oder Betsan, auch Pisanus, oder blofsnbsp;Archiepiscopus Cantnariensis genannt ^).

1) nbsp;nbsp;nbsp;Sein Leben bcschreibt Franciscus Godwinus incnm-tnentario de Praesulihis Angliae. Fondini., ICIO. pag. 139—^144.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Scheibel (Einleituiig zur inathematisclien Bücherkenntiiifs,nbsp;Stuck Vil, pag. 2S0.) versichcrt, folgende vier Ausgabeii mit ein-ander verglichen, und sie vlt;m gleicliem Inhalte gef'unden zu habeii:nbsp;]) Joannis, Arc/iiepiscopi Cantuarensis, perspectivanbsp;commufnis, ed. Gauricus, Feapolitanus, kl. Folio, 18 Bk, sinenbsp;loco et anno; i) Perspectiva commnnis per Georgiunt Hart-mannum, Norimhergensem. Norimljcrgae, lo42. 4to, 50BI., wonbsp;in der Vorrede steht: Ejtis auctor esse perkihetur Joannesnbsp;Pisanus, olim episcopus Cameracensis, und kurz vorher: Onaenbsp;nohis pueris proponeJjatur; 3) Joannis, Archiepiscopinbsp;Cantuarensis, perspectivae communis lilmi tres. Coloniaenbsp;Agrippinae, 1580.; 4) Uiiter deinselben Titel. Coloniae, 1592. Dienbsp;Mailander, von Facius Cardanus, dem Vater des beriihmterennbsp;Hieronymus Cardanus, uiiter dem Titel: Prospectiva communis J o hannis, Archiepiscopi Cantnariensis, 29i Bk,nbsp;besorgte Ausgabe, die sieh auf der Köiiigl. Bibliothek in Berlinnbsp;befindet, fuhrt Scheibel gar nicht an. Auch diese ist, nie dienbsp;oben zuerst genaniite, in klein Folio, ohne Angabe des Ortes undnbsp;der Jahreszalil gedruckt. Von unbekannter Hand ist „Mailaud,nbsp;1496.” darunter geschrieben. Aufserdem neimt Doppelmaiernbsp;(Von Nurnb. Matliem., pag. 57.) noch folgende Ausgaben einernbsp;Perspectiva communis, deren Verfasser von ihm Joannes Pisanus, vpn Baldi {Cronica de matematici, pag. 91.) aber Betsan genannt wird: 1) Eine Wiirzburger Ausgabe vom Jahre 1504.;

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85

Roger Baco.

Bin Zeitgenosse des Peckham ist Jordanus Nemorarius, der einen Commentarius de naturanbsp;speculorum gesckrieben hat.

Roger Baco.

Geboren 1210., gestorben 1294.

Er ist weder der Erfinder der Fernröhre, noch der Augenglaser_

Die ersten Brillen sind gegen das Ende des dreizehnten Jalir-hunderts in Italien, walirscheinlich von Salvino degli Ar-mati, in Florenz geschliffen worden — Baco liat aber zuerst die Lage des Brennpunktes der HoLlspiegel richtig- angegeben,nbsp;nnd gezeigt, dai's die Ton spbarischen Spiegeln reflektirtennbsp;Lichtstralen die Achse nicht in einem, sondern vielinehr in un-zablig- vielen Punkten schoeiden. Doch war diese sogenanntenbsp;Langenabweichung der spbarischen Spiegel schon früher bemerkt worden.

Rog:er Baco, ans einer angesehenen Familie, vinw'eit Hellester, in der Grafschaft Soimnerset geboren *), machte schon in früher Jiigend so glücklichenbsp;Fortschritte in den Wissenschaften, dafs er die gün-stigsten IIoüFimngen erregte. Er stiidirte in Oxford,nbsp;begab sich hieranf nach Paris, kehrte, nachdem er

2) die schon oben genannte, von Hartmann in IViirnberg besorgte, vom .lalire 1542; 3) eine Pariser Ausgabe von Hamelius, vounbsp;155ft.; 4) eine Italienisclie üebersetzung von Paullus Galluc-cius’ vom Jalire 1593. Well aber die Hartmannsche Ausgabenbsp;keine andere, als die von Peckhain ist, nnd bei den folgendennbsp;Optikern, iiameiitlich bei IVicolnus Chesnecopherns, der, zurnbsp;Erlanguiig der Magisterwiirde, die erste optische Dissertation {ïsa-goge optica cnm disceptatione geometrica de unieerso geome-triae ma«isteri(). Francof., 1593.) schriel), immer uur von einernbsp;Pei’spectiiia commanis die Rede ist, so uiiterJiegt es keinem Zweifel, dals alle jene Aamen dem Peckham allein beigelegt sind.

1) leb eutlebiie die folgenden Naebriebteu aus der Praef. ad Opvs majus, cd. Jehh. Londini, 1733.

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Roger Baco.

hier die theologische Doktorwürde erhalten hatte, wieder in sein Vaterland zurück, und trat in Oxford,nbsp;um desto sorgenfreier den Wissenschaften ohliegennbsp;zu können, auf den Rath des Bischofs von Lincoln,nbsp;in den Orden der Franziskaner. Anfanglich scheintnbsp;ihn besonders die Philosophie heschaftigt zu hahen.nbsp;Selbst Aristoteles war dainals von den Universita-ten verhannt gewesen, nachdem Franciscus Gra-tianus die Decreta canonica im Jahre 1151. gesam-melt, und der Pahst Eugenius 111. hefohlen hatte,nbsp;dafs diese in den Hörsalen der Philosophie gelesennbsp;werden sollten. Dieser Befehl wird weniger hefrem-den, wenn man erwagt, dafs man den Aristotelesnbsp;dainals fast nur aus den entstellenden Uehersetzungennbsp;der Arahischen Gelehrten kannte. Doch blieh gliick-licherweise die Philosophie nicht lange von diesernbsp;Finsternifs bedeckt. Im Jahre 1230. übersetzte Michael Scotus einige, die Physik betreffende Ab-handlungen des Aristoteles ins Lateinische, undnbsp;regte dadurch ein so allgemeines Interesse, haupt-sachlich unter den Dominikanern und Franciskanern,nbsp;fur das Lesen der Aristotelischen Schriften innbsp;der Ursprache an, dafs man bald hernach die Autori-tat des Aristoteles als entscheidend ansah. Dochnbsp;beklagt sich Baco, dafs die Uebersetzer der Grie-chischen Sprache nicht kundig sein, dafs sie dennbsp;Aristoteles nicht richtig verstanden, und die Stu-direnden zum Diinkel verleiteten ‘). Er suchte sich

1) Er sagt unter anderen: Si liaherem potestatem super li-Itros Aristotelis, ego facerem ornnes cremari, quia non est nisi temporis amissio, studere in illis, et causa erroris, etnbsp;multiplicatio ignorantiae, ultra id-, quod valeat explicari. Vulgus studentum cum capitihus suis non hahet, unde exciteturnbsp;ad aliquid dignum, et ideo languet et asininat circa male

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Roger Baco.

dalier vor allem eine griindliche und umfassende Kennt-nifs der Sprachen zu erwerben, und verband init der Lateiniscben die Hebraische, Griechiscbe und Arabische. Darauf ergab er sich ganz dein Studium dernbsp;Matheinatik, die er fiir die erste unter den Wissenschaften, die der Hauptschliissel zu den Geheimnissennbsp;der Natur sei, hielt. Dafs er, mit solchen Kenntnis-sen ausgeriistet, Erfindungen machte, welche die Fas-sungskraft Anderer überstiegen, ist erklarlich; abernbsp;eben so erklarlich ist es auch, dafs er sich dadurchnbsp;den Hafs und die Verfolgung der iibrigen Mönche zu-zog. Man wufste es dahin zu bringen, dafs ihm dienbsp;Mittheilung seiner Lebren, an wen es auch sei, durchnbsp;die Vorgesetzten seines Ordens untersagt wurde. In-defs konnte es einem so aufserordentlichen Manne,nbsp;wie Baco es ist, nicht an Gönnern fehlen, unter de-nen auch der Kardinal, Bischof von Sabina, der pabst-licher Legat in England war, gewesen sein soli. Alsnbsp;dieser unter dem Namen K1 emeus IV. den pabstli-chen Thron bestiegen hatte, iibersandte ihm Baco imnbsp;Jahre 1267. dutch Johann von Paris, einen seinernbsp;geliebtesten Schiller, das Opus majus^ nebst einigennbsp;anderen Abhandlnngen, und selbst mehrere mathematische Instrumeute, um ihn zu iiberzeugen, dafs esnbsp;ihm nur um ein aufrichtiges Streben nach Wahrheitnbsp;zu thun sei. Johann von Paris war von seinemnbsp;Lehrer unterwiesen worden, dem Pabste alles, was innbsp;diesen Schriften dunkel sein könnte, zu erklaren. Dieser soli sie auch mit Beifail aufgenommen, und dennbsp;Daco seines Schutzes versichert haben. Doch nichtnbsp;lange erfreute er sich der Gunst dieses machtigen

trunslata, et tempus et studium amittit in omnibus, et expen-sas. Apparentia quidem sola tenet eos, et non curant, quid sciant, sed quid videantur scire coram multitudine insensata.

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Roger Baco.

Gönners, der 1269. zu ViterLo starb. Er hatte unter-defs selbst nicht einmal sein Kloster in Paris verlassen dürfen, ungeachtet man die freie Mittheilung seiner Lehren nicht liinger vollig nnterdriicken konnte. Zelin Jalire hernacli, als Nicolaus III. Pabst Avar,nbsp;kam Hieronymus von Esculo, der General desnbsp;Franciskaner-Ordens, nach Paris, und sprach, auf dennbsp;Rath vieler Geistlichen, das Verdammungsurtheil ühernbsp;die Lehren des Baco aus, erklarte den Verfassernbsp;des Ruches De nullitate magiae fiir einen Zauherer,nbsp;liefs ihn in einen Kerker werfen, und bat den Pabst,nbsp;was er gethan hiitte, zu bestiitigen. Als Hieronymus von Esculo unter dem Namen Nicolaus IV.nbsp;zur pahstlichen Wiirde gelangt war, scbrieb Baconbsp;an ihn, und übersandte ihm zugleich eiue Abhandlungnbsp;iiber die Mittel, die Krankheiten des Alters zu ver-hiiten, urn ihn von der Uuschiidlichkeit seiner Arbei-ten zu iiberzeugeu, Nichtsdestoweniger war ein stren-geres Gefiingnifs der Erfolg seiner Ritte. Erst nachnbsp;dem Tode Nicolaus IV. erhielt er, auf die Verweii-dung einiger angesehcnen Englander, seine Freiheitnbsp;wieder. Er kehrtc nach England zuriick, und starbnbsp;zu Oxford, Avahrscheinlich iin Jahre 1294., in eineiiinbsp;Alter von 78 Jahren.

Die Anzahl der Schriften Baco’s, die sich auf die Grammatik, die Mathematik und Physik, Astronomie, Alchymie, Medicin, Geographic, Theologie undnbsp;Philosophic beziehn, ist sehr grofs. Einen Theil dcr-selben finden wir in dem schon genannten Opus ma-jus gt;), dessen Titel sich auf ein anderes Werk, Opus

1) Fratris Rogeri Bacon^ or dints minorum^ Opus majus Clementetn IV,^ pontiflceni Romdnum^ ex ms. codice J}u~nbsp;hlinensi-i cum aliis quihusdani collato^ nunc pi'imum edidit S,nbsp;xlebh. Londini^ 1733. Fol. A77 Seiteii. Die Perspektiv, der Trak-

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Roger Baco.

minus bezieUt, das Baco gleichfalls, so quot;wie ein Opus tertium^ an Kleinens IV. schickte. Der fiinftenbsp;Theil des Opus majus handelt von der Perspektiv.

Die Perspektiv Baco’s ist ehen nicht durch ¦wichtige Entdecknngen, oder durch Berichtigungennbsp;der Fehler seiner Vorgiinger ausgezeichnet; hochstnbsp;erfrenlicli aher ist der deutliche Yortrag seiner Un-tersuchnngen im Allgeineinen, hesonders auch ühernbsp;die Lage und Grofse der Bilder, die durch Zurück-werfung und Brechung der Lichtstralen hervorge-hracht werden. Die inatheinatischen Konstruktionennbsp;sind, iin Geiste des Enklides, in ihrer Einfachheitnbsp;iiherzeugend, und heweisen die grofse Ueherlegenheit,nbsp;die Baco hierin vor seinen Yorgiingern Alhazennbsp;und Yitello hatte. Er fiihrt oft den Aristoteles,nbsp;Euklides, Ptolemtlus, Alhazen, Avicenna,nbsp;Averroes, und das Buch des Constantinus Denbsp;oculo an. Auch heruft er sich auf eine Ahhandlungnbsp;De aspectibus eines Arahischen Optikers Jacob Al-kindi.

Eine Stelle in diesein Werke hat hesondere Auf-inerksamkeit erregt, weil mehrere Landsleute Baco’s, nainentlich Molyneux ') mid Jebh aus derselbennbsp;schliefsen zu können glaubten, dafs Baco der Erfin-der des Fernrohres sei. Seine eigenen Worte sindnbsp;diese:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;visione fracta major a sunt; nam de fa~

cili patet per canones supradictos, quod maxima possuut apparere minima ^ et e contra, et longenbsp;distantia videbuntur propinquissime ^ et e converso.

tat liber die Spiegel, und die Specula mathematica waren schon friiher von Johann Konibacli, Frankfurt, 161-4., lierausgegeben.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Treatise of diop tricks hy ITU Ham Molyneux. Land,,nbsp;1692. pag. 256.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Praef. ad Opus tnajzts.

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Roger Baco.

Nam possumus sic figurmre perspicua, et taliter ea ordinare respectu visas et rerum ^ at franganturnbsp;radii et flectantur, (juorsumcunque voluerimus, etnbsp;sub t/uocunque angulo voluerimus, ita ut videremusnbsp;rem prope vel lange ^ et sic ex iticredibili distantianbsp;legeremus liter as minutissimas ^ et pulver es et arenas numeraremus propter magnitudinem anguli, subnbsp;quo videremus; et maxima corpora de prope vixnbsp;videremus propter parvitatem anguli^ sub quo videremus; nam distantia non facit ad huiusmodi visio-nes^ nisi per accidens, sed quantitas anguli. Etnbsp;sic posset puer apparere gig as, et unus homo vi-deri mans, et in quacunque quantitate; secundumnbsp;quod possemus hominem videre sub angulo tanto,nbsp;sicut montem, et prope ut volumus, et sic parvus ex-ercitus videretur maximus, et longe positus appare-ret, et e contra. Sic etiam faceremus solem et lu-nam et stellas descenders secundum apparentiam hienbsp;inferiuSy et similiter super capita inirnicorum appa-rere.^ et multa consimilia, ut animus mortalis igno-rans veritatem non posset sustinere'’’ *). Doch dafsnbsp;Baco, als er diese Stelle niederschrieh, das Fernrohrnbsp;nicht gekannt hahe, dafiir sprechen hei naherer Pril-fung inehrere Griinde. In den Canones ^), auf welchenbsp;er sich heruft, wird nirgends einer Linse, selbst nichtnbsp;einmal des Glases erwahnt, auch wird der Gegen-stand nicht jenseits des dichteren Mittels, sondern innbsp;demselben angenommen. Ferner spricht Baco vonnbsp;den Wirkungen des Teleskopes nicht, wie von einernbsp;durch die Erfahrung feststehenden Thatsache, soii-dern er stellt sie vielmehr als etwas Mogliches und

1) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 337.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 348. und 349.

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Roger Baco.

Wahrscheinliches bin. Auch sind die Eigenschaften, die er einem Teleskope beilegt, entweder vöUig unge-gründet, oder iibertrieben; da es nicht wahr ist, dafsnbsp;ein Menscb, durcb ein Teleskop betracbtet, so grofs,nbsp;¦wie ein Berg, ein kleines Heer ein sebr grofses u. s. w.nbsp;zu sein scheine. Man mufste endlich den Baco, wennnbsp;man ihm die Erfindung des dioptrischen Fernrohresnbsp;zuschreiben will, mit demselben Rechte auch fiir dennbsp;Erfinder des Spiegel - Teleskopes halten. Denn imnbsp;vorgehenden Kapitel sagt er ^): „Durcb die Reflexionnbsp;kann ein Gegenstand unzilhlige Male gesehn werden,nbsp;so wie man nach den Nachrichten des Plinius zu-gleich mehrere Sonnen und Monde gesehen hat. Diesnbsp;erfolgt aber, wenn die Dunste sich wie ein Spiegelnbsp;aufthiirmen, und in verschiedenen solchen Stellungennbsp;vorhanden sind. Was aber die Natur schon bewirkennbsp;kann, das kann die Kunst, die Vollenderinn der Natur, weit ehr zu Stande bringen, wefshalb denn auchnbsp;Spiegel so eingerichtet und gestellt werden können,nbsp;dafs ein Gegenstand so oft gesehn wird, als wir wollen; dafs wir also statt eines Menschen mehrere, stattnbsp;eines Heeres mehrere erblicken werden. So könntenbsp;man zum Vortheil des Vaterlandes, oder zum Schrek-ken der Ketzer dergleichen 'Vorrichtungen treffen;nbsp;und sollte jemand gar die Luft zu verdichten wissen,nbsp;so dafs sie die Lichtstralen zurückwerfen kann, sonbsp;wiirde man vide dergleichen ungewöhnliche Erschei-nungen hervorbringen können. So glaubt man, dafsnbsp;the Diimonen den Menschen Lager und Heere, undnbsp;vieles Wunderbare zeigen; ja man könnte mit Hilfenbsp;der Spiegel das Verborgenste aus entlegeiien Oerternnbsp;in Stiidteu und Heeren ans Licht bringen. Denn den

1) Pag. 350. uud 357.

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Roger Baco.

Draclien, iler Thiere tödtete, iind Menschen durch seinen llanch vergiftete, hat der Philosoph Sokra-tes, nach dein Zeiignisse der Gescliichte, in dennbsp;Sclilupfwinkeln der Berge entdeckt. Auf iihnlichenbsp;Weise könnte man Spiegel auf Anhöhen gegen feind-liche Stildte und Heere aufrichten, so dais man alles,nbsp;was die Fcinde tlmn, in jeder heliehigen Entfernungnbsp;entdecken könnte.” Wer aher inögte in diesen Wor-ten etwas anderes fiuden wollen, als einen Beweisnbsp;einerseits fiir die grofse Leichtgliiiihigkeit Baco’s,nbsp;die ihii selbst in den tiefsten Abcrglanhen versinkennbsp;lafst; aiidererseits fiir seine lehliafte Phantasie, initnbsp;der er Erfindimgen vorhersieht, die ihrer Natur naclinbsp;vminögiicli siud! Um viele andere Beispiele, die diesnbsp;hestiitigen wiirden, zu iihergehn, fiihre ich nur nochnbsp;an, dafs er die Möglichkcit, eine Fhigmaschirie zunbsp;hanen, init welcher sich Menschen nach Art der Vogel erhchen könnten, init einer Znversicht hehaiiptet,nbsp;als hiitte er selbst Versuche der Art angestcllt').

Mit grofserer Sicherheit, und weniger von seiner Phantasie verleitet, hat Baco den Nutzen der Augen-glilser vorhergesagt. Um seine eigenen Worte auzu-fiihren, so spricht er sich dariiher so aus: „Si homonbsp;aspiciat literas et alias res minutas per mediumnbsp;crystalli^ vel vitri^ vel alterius perspicui snppostttnbsp;Uteris, et sit portio minor sphaerae, cuhts convext-tas sit versus oculum, et oculus sit in acre, longenbsp;melius videbit Uterus, et upparehunt ei majores,nbsp;Nam secundum veritatem canonts ijuinti de spkae-

1) De secretis naturae et artis, et nulUtate magiae. Paris^ 1542. Seine eigenen AVorte sind: Possunt etiani fieri in-strumenta volandi, ut homo sedens in medio instrumenti, re-volvens alujuid ingenium, per quad alae artificiales aerem ver-berent ad modum avis volantis etc.

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Roger Bare.

rico medio ^ infra quod est res vel citra ejus centrum, et cuius convexitas est versus ocutnm, omnia concordant ad magnitudinem, quia angulus majornbsp;est, sub quo videtur, et imago est tnajot', et lociisnbsp;imaginis est propinquior, quia res est inter ocu-lum et centrum, et ideo hoc instrumentum est utilenbsp;se7iibus, et habentibtis oculos debiles. Nam literamnbsp;quantumeunque parvam possunt videre in sufji-cienti magnitudine. Si vero sit portio major sphae-rae vel medietas, tunc secundum canonem sextumnbsp;accidit majoritas anguli, et majoritas imaginis, sednbsp;propinquitas deest, quia locus imaginis est ultranbsp;rem, eo quod centrum sphaerae est inter oculum etnbsp;rem visam, et ideo non ita valet hoc instrumentum,nbsp;sicut si esset minor portio sphaerae, et instrurnentanbsp;planorum corporum crystallinorum secimdum pri-mwm canonem de planis, et sphaericorum concavo-rum secundum primiim canonem et secundum denbsp;sphaericis, possunt facere hoc idem. Sed inter omnia portio minor sphaerae, cuius convexitas estnbsp;versus octilum, evidentius ostendit magnitudinemnbsp;propter tres causas simul aggregatas, ut notavi.quot;nbsp;Es geht aber nur zu dciitliclr avis tliesen Worten her-vor, dafs Baco aiich hier nicht ans tier Erfahrnng'nbsp;spreche. Er Tviirde sonst nicht, von Vitello verlei-tet, zweimal hehanptet haben, dafs die Bnchstaben,nbsp;durch das kleinere Kugelsegment betrachtet, gröfser,nbsp;als durch das gröfserc ersebeinen; er wiirde sicb fer-ner nicht anf jene Canones berufen haben, in denennbsp;der Gegenstand immer inuerbalb des dichteren Mittelsnbsp;angenoinmen wird, indem z. B. in dem ersten Canonnbsp;de planis nichts anderes, als die Vergröisernng einesnbsp;im Wasser befindlichen Gegenstandes ans der, durchnbsp;die Breebung veriinderten Richtung der Stralen er-

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Roger Baco.

Mart wird; er wurde endlich nicht, wie Alhazen, verlangt hahen, dafs man das Kugelseginent unmittel-har auf die Biichstahen lege, und die konvexe Seitenbsp;jedesmal gegen das Auge kehre. Offenhar hat Baco,nbsp;was er hier sagt, aus Alhazen und Vitello ent-lehnt, die heide schon, wie wir wissen, die ver-gröfsernde Kraft glilserner Kugelsegmente behauptetnbsp;batten.

Es unterliegt hiernach keinem Zweifel, dafs der Gehrauch der Augenglaser his zu der Zeit Rogernbsp;Baco’s hin unhekannt war. Die Stellen in dennbsp;Schriften der Alten, welche auf eine Bekanntschaftnbsp;init dein Nutzen der Augenglaser hindeuten sollen,nbsp;sind entweder — kaum mögte man es glauhen, dafsnbsp;eine zu voreilige Verehrung gegen die Kultur diesernbsp;Völker so weit getriehen werden könne — geradezunbsp;ersonnen, oder unrichtig aufgefafst worden. So fiihrtnbsp;Guido P ancirollus ’) eine SteUe: Cedo vitrum,nbsp;necesse e»t conspictlio uti, aus dem Plautus an,nbsp;die nirgends hei diesem Schriftsteller zu finden ist.nbsp;Beim Plinius kommt aUerdings das Wort Specillumnbsp;vor 2), jedoch in einer solchen Verbindung, dafs mannbsp;dabei an nichts weniger, als an ein Augenglas denkennbsp;darf. Er spricht namlich von plötzlich eingetretenennbsp;Todesfallen, die zuweilen Personen bei der Arbeitnbsp;überrascht batten, und fiihrt unter mehreren Beispie-len auch dieses an:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Julius medicus {exsptra-

vit), dum inungit, specillum per oculum traliensP

Die erste, sich auf die Augenglaser beziehende Nachricht, die keinen Zweifel übrig lafst, dafs sie aufnbsp;der Erfahrung beruhe, ist vom Jahre 1299. Sie steht

1) nbsp;nbsp;nbsp;Nova reperta, Francof,^ 1622., png. 650., tit. XV. de con-$picillis,

2) nbsp;nbsp;nbsp;Hist, nat.y VII, 53.

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R oger Baco.

in einem Manuscripte, das ein gewisser Redi be-safs '), iind lautet folgendermaafsen: nbsp;nbsp;nbsp;truovo cosi

gravoso di mini, che non avrei valenxa di leggere e scrivere senza vetri appellati oJciali.) truovati no-vellamente per la commodita delli poveri veki^ quandonbsp;affiebolano del vedere^' d. h, „Icli finde mich. so be-schwert vom Alter, dafs ich ohne die sogenaiintennbsp;Augenglaser, die vor kiirzem zum Vortheile der armen Alten, deren Gesicht blode wird, erfunden sind,nbsp;weder lesen, noch schreiben könnte.” Seitdem ist innbsp;mebreren Schriften aus dem Anfange des vierzehntennbsp;Jahrhunderts von Augenglasern die Rede. In demnbsp;Ltilium medicinae, einem von Bernhard Gordon,nbsp;einem Arzte in Montpellier, der uin das Jahr 1305.nbsp;starb, geschriebenen Werke, wird eine Augensalbenbsp;mit den Worten empfohlen: ^^Est tantae virtutis,nbsp;quad decrepitum faceret legere litterm minutas sinenbsp;ocularibus” ^). Auch macht Jordan di R ivaltonbsp;ans Pisa in einer der Predigten, die er mn das Jahrnbsp;1305. verfafste, auf die so nützliche Erfindung dernbsp;Brillen aufmerksam, und fügt hinzii, es sei dieselbenbsp;erst neu, und kanm zwanzig Jahre alt®). Eben sonbsp;¦werden in der Chirursia mas^na des Guido denbsp;Gauliaco Augenglaser, als ein sicheres Mittel gegennbsp;schwache Augen empfohlen '‘).

Wie der Künstler, der zuerst Alhazen’s Ge

il Robert Smith in der Uebersetzung von K’astner. Altenburg, 175S. Seite 377.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lugd.f 1-491, pag. 140.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Vocaholario degli accademici della Crusca unter demnbsp;M orte Occhiale. Ferner; Menage Ie origini della lingua Ita-liana unter Occ/dali del Oalilei.

4) nbsp;nbsp;nbsp;In der Ausgabo von Laurentius Jouhertus. Lugd.,nbsp;15Sa-) pag. 315. Et si ista non valent, (td conspicilia vitrinbsp;seu hecyclos est TecurreTidum,

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Roger Baco.

danken ausführte, und das erste Augenglas zu Stande braclite, geheifsen hake, ist zweifelhaft. Nach eiiiernbsp;Grabschrift, die friiber in der Kircbe Maria Maggiorenbsp;in Florenz stand '), mufste man den Florentiner Sal-vino degli Armati fur den Erlinder der Brillennbsp;halten. Sie lantet so:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;giace Salvino degli

Armati di Firenxe, inventore degli occhiaU. Dio gli perdoni le peccata. MCCCJLVII.quot;^ d. h. „Hiernbsp;liegt Salvino degli Armati aus Florenz, der Er-finder der Augengliiser. Möge Gott ihin die Siindennbsp;verzeihn.” Eine Cbronik in der Bibliotliek der Pre-digermonche in Pisa, in der die Worte vorkommen ^);

Frater Alexander de Spina^ vh' modesttts et bonus, (juaecunlt;]ue vidit ant audivit facta, scivit etnbsp;facere. Ocularia ab aliquo primo facta et commu-nicare nolente, ipse fecit et communicavtt corde hi-lari et volente^', steht biermit wenigstens nicbt imnbsp;Widerspriiche, da gesagt wird, dafs Alexander denbsp;Spina nicbt der erste Erfinder der Brillen gewesennbsp;sei. Dieser Moncb aber starb im Jahre 1313. Sonbsp;viel wenigstens ist nach allem diesen nicbt zu bezwei-feln, dafs die Erfindung der Augengliiser in das Eiidenbsp;des dreizehnten Jahrhuuderts zu setzen sei, und dafsnbsp;die ersten Brillen in Italien gemacbt warden.

Enter den iibrigen Erfinduiigen, die man dem Roger Baco beizulegen pflegt, wird aucb die desnbsp;Schiefspulvers genannt. Dafs er die Kraft des Salpeters, ein Getöse, starker, als das des Donners, ber-vorzubringen, gekannt babe, gelit allerdings aus einernbsp;Stelle des Opus majus deutlich bervor. Man wufstenbsp;damals das Interesse der Macbthaber fur die Wissen-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Volkmann’s Nachrichten von Italien, Bd. ]., Seite 342.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Moréri le grand dictionnaire historiqne unter Spina,nbsp;aus Jaques Spon recherches curiewses d'antiquite.

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Roger Race.

sch.iften (lurch nichts sicherer zu gewinnen, als durch die Vorhaltung der Vortheilc, die eine Erfindiing imnbsp;Kriege zmn Nachtheile der Feinde gewilliren könnte;nbsp;eine lielianptung, die anch durch die Umstiinde, welchenbsp;die Erfindung der Teleskope begleiteten, hestiitigt wird.nbsp;So gieht denn anch Baco melirere Vorrichtungen an,nbsp;durch welchc man den Feind aus der Feme vernich-tcn könne. „Ein Erdharz, Maltha genannt”, sagt er *),nbsp;„das in groi’ser Menge gefunden wird, verhrennt dennbsp;Krieger, auf den man es wirft. Eben so verhrenntnbsp;citronenfarhiges Steinöl {^oleum citrinum petroleum\nbsp;auf die erforderlichc Weise znhereitet, alles, woinitnbsp;es in Beriihrung kommt. Dies Feuer aher kann durchnbsp;Wasser nicht gclöscht werden. Andere Dinge wiedernbsp;inachen ein solches Getöse, dafs es plötzlich und heinbsp;Nacht, init der geliörigen Vorsicht hervorgehracht,nbsp;w'cder von einer Stadt, noch von einem Heere ertra-gen weerden kann. Selhst das Getöse des Donnersnbsp;kanu dadnrch ühertroffen werden. Andere Dingenbsp;blenden so das Gesicht, dafs die Blitze dies ohnenbsp;Vergleich weniger thim. Als Beispiel führe ich dasnbsp;hekannte Spielwerk der Knahen an, welches man ausnbsp;jenem Salze, das Salpeter genannt wird, von dernbsp;Gröfse eines Dauinens macht. Durch das Zerreifsennbsp;einer so geringfügigen Sache, wie des Pergamentes,nbsp;das den Salpeter mngieht, wird ein so furchtbaresnbsp;Getöse hervorgehracht, dafs es das eines starkennbsp;Donners, und dafs der Glanz seines Lichtes den hef-tigsten Blitz ühertrifft.” Das Pulver ist aher ent-schieden schon vor Roger Baco hekannt gewesen.nbsp;Die Universitat Oxford hesitzt ein Manuscript, lAbernbsp;ignium, aus dein neunten Jahrhunderte, dessen Verfas-

]) Pag. i7i.

I.

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Roger Baco.

scr ein Grieche, Namens Marcus, ist, in welchem bereits die Zusammensetzung des Pulvers angegebcnnbsp;wird *). Doch fiihre ich diese Umstilnde, die ineinemnbsp;Zwecke fremd sind, nur heiliiufig an, Audi ist hiernbsp;nicht der Ort, der Verdienste des Baco um die Astronomie ansführlichcr zu gedenken. Jehh urtheilt dar-über so gunstig, dafs er hehauptet, man hahe hei dernbsp;Einführung des Gregorianischen Kalenders beson-ders die Vorarbeiten Baco’s benutzt.

Als Entdecker neuer optisch en Gesetze tritt Baco in dein Tractatus de speculis auf. Ziim er sten Malenbsp;wird hier die Eage des Brennpnnktes der Hohlspiegelnbsp;richtig angegeben. Er findet ihn nicht genau in dernbsp;Mitte des Spiegelhalbmessers, sondcrn so liegend, dafsnbsp;seine Entfernnng vom geometrischcn Mittelpunkte desnbsp;Spiegels etwas gröfser ist, als die vom Pole (dem op-tischen Mittelpunkte) desselben, und dafs jene Eutfer-nuug um so mehr von dieser abweicht, je weiter ent-fernt vom Pole die Stralen einfallen. Befremdend istnbsp;es, dafs man zn diesein so folgereichen, und doch sonbsp;einfachen Satze erst damals gelangte, nachdein mannbsp;viel verwickeltere Gesetze in der Meclianifc des Lich-tes schon liingst entdeckt batte 5 aber noch mehr mufsnbsp;es auffallen, dafs sich die Optiker bis zur Mitte desnbsp;siebzehnten Jahrhnnderts über die Lage des Brenn-punktes nicht vereinigen konnten, und dafs man Porta’s Behauptung, es könne der Breunpuukt ohne merk-lichen Fehler in die Mitte des Spiegelhalbmessers ge-setzt werden, hartniickig bestritt.

Diese Abhandhmg ist noch durch eine andere, höchst merkwürdige Entdeekung ausgezeichnet. Baco

1) Sttpplément au diet, de Bayle par Chaufepié outer Roger Baco.

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beweist liier nilnilicli den Satz, dafs nnr die in einem Kreise um den Pol eines sphilriscUen Spiegels einfal-lenden Stralen nacli deinselben Pinikte der Acbse re-flektirt werden, dafs es also nnzahlig viele Vereini-gnngspunkte der Stralen gebe. Er ist daher als der-jenige Optiker anzuselm, der zuerst das Vorhanden-sein der sogenannteii Langenabweiclinng der sphii-risclien Spiegel bewiesen hat ’).

Baco findet beide Siltze, nacb der Sitte seiner Zeit, durcli geoinetrisclie Deduktionen; kürzer flllirtnbsp;die analytisehe Methode znm Ziele. Es sei (Fig. 2.)nbsp;BAB ein spbiirischer Hoblspiegcl, A das optische,nbsp;C das geometrische Centrum. Aus einem Pimkte Onbsp;der Achse falie ein Stral DM, welcher mit dersel-ben den Winkel w bildet, anf den Spiegel, xind werdenbsp;nach E reflektirt; DC werde mit l’, CE mit a;, dernbsp;von dem Halbmesser CM =. r, nnd der Achse gehil-dete Winkel ECM mit v bezeichnet, nnd aus M einnbsp;Loth MN anf die Achse gefallt. Alsdann istnbsp;MN = r sin vnbsp;CN — r cos V

r \ X ¦=. sin (2^' — tv) I sin {vtv) r sin Vt cos v . tang w

sincos 'Zv nnd, wenn man hieraus tang w mittelst der GleicLimgnbsp;MN r sin V

tang w =

1) Eine blofse Andeutiing der Langenabweicdiimg finden wir schon, ^vie ich bei Archimedes bemerkt habe, iii dem von Antonins (Togs,va übersetzten Libellus de speevlo comlmrenti,nbsp;concavitatis parabolae. Auch Vitello dcutet (Lib. VIII, C8.),nbsp;t'reilich sehr nnklar, die Langenabweichung der spharischen IIolil-spiegel an.

7*

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Roger Baco.

kr

2k cos V -\~r

Setzt man hierin = co, die Stralen also parallel .mit der Achse einfallend, so wird

a::

2 cos V

diirch welche Formel der erste jener heiden Siitze bewiesen ist, indein x um so gröi’ser wird, je mehrnbsp;der Winkel v Avachst, und eigentlich nur fiir eine un-endlich kleine Apertur des Spiegels die Brennweitenbsp;= — wird.

Bezeichnet man ferner den griifsten Werth von */, wenn M am Rande des Spiegels liegt, mit v\ und istnbsp;CG- der hiermit znsaminenliangende, CF aber der zunbsp;«/ = 0 gehorige Werth von so hat man

FG =

kr nbsp;nbsp;nbsp;kr

2k cos v' r 2k 2k- r {ycos r'}

(2k Hh /¦) (2k cos v' -f- r) (2k r) (2k cos F r)’

eine Formel, aus der nicht allein, was Baco zeigt, das Vorhandensein einer Langenabweichung /W, son-

dern zugleich ihre Gröfse hervorgeht. Sie wird in


zwei Fallen Null, wenn entweder k^ oder »' = 0 ist, d. h. wenn der leuchtende Punkt iin geometrischennbsp;Centrum liegt, oder der Spiegel eine nnendlich kleinenbsp;Apertnr hat. 1st die Entfernnng des leuchtendennbsp;Punktes merklich gröfser, als die des geometrischennbsp;Mittelpnnktes, d. h. darf man als verschwindendnbsp;gegen k ansehn, ein Fall, der bekanntlich in der An-

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101

Roger Baco.

wentlung luisschliefslich vorkommt, so wird die Liiii-genabweichung

v’

FG —

¥

cos V

Eine dritte Schrift Baco’s, seine Specula mathematica^ steht imr in eiitfernter Bezieliung *vir Optik, da er hier besonders die Absicht, die Mathematik als die Grundlage fiir jede Avissenschaftlicbc Spekula-tion darzustellen, offenbart. Die Mathematik ist ihmnbsp;nicht blofs defshalb die erste nnter alien Wissenschaften, weil sie der Seele angeboren ist, und nicht erstnbsp;von aufsenher in dieselbc aufgenommen werden darf,nbsp;sondern es mufste ihn aucli seine Ansicht über dasnbsp;Entstehn aller Dinge anf die grofse Ilerrschaft dernbsp;Mathematik über alles Sinnliche und Uebersinnlichenbsp;leiten. Er nimint gewisse geistige, uninittelbar vonnbsp;Gott ansgehende Krafte mid Tngenden an, die ihrenbsp;Wirksamkeit an der Materie zu aufsern streben. Dasnbsp;durch diese Krafte Bewirkte uennt er ein Gleichnifs,nbsp;ein Bild, ein Abbild, das sich durch neue Abbildernbsp;ins Uiiendliclie zu vervielfaltigen streht *). Solchenbsp;Urkrafte setzt er alier nicht blofs im Bereiche desnbsp;Moralischen, sondern auch in der physisclien Naturnbsp;vorans. So hlilt er das Licht der Sonne fiir eine Ur-kraft, die ein Bestreheu hat, ihre Wirksamkeit in dernbsp;Luft auszuiiben, und durch Abbilder, denen wiedernbsp;die Intention, sich zu vervielfaltigen, eigen ist, undnbsp;deren Wirkungen man daher in spiiterer Zeit inten-

1) Omne efficiens agit per suam virtutem, q^uam facit in materiani snl/Jectam, nt lux soils facit sttam virtutem in acrenbsp;quae est lutnen diffusum per totum nlund^^m a luce solari. Etnbsp;haec virtus vocatur similitudo^ et imago, et species et multisnbsp;nominibus.

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102

Roger Baco.

tionelle Bilder nannte, die gauze Welt zu erlcuch-ten. Da also alles, was ein Dasein hat, durch Tu-geiulen wirksamer Wesen hervorgebracht wird, die erzeugten Wirkungen aber matbeinatiscb bestiinmbarnbsp;Bind, ja selbst die Wahrheit des Wirkenden und dernbsp;Materie nicht ohne die Matbematik erkannt werdennbsp;kann, so iindet Baco besonders aucb hierin einennbsp;Grand, dieser Wissenschaft die erste Stelle einzuriiu-inen. Defsbalb untersucbt er denn aiich in dieser Ab-bandlnng die Vervielfiiltignng der physiscben Urkrilftenbsp;nach Liuien, Winkeln und Figuren. Fine Vervielfal-tigung des Sonnenlicbtes fiudet cr z. B. in der Vcr-einigung unzabliger Lichtstralen, nacbdem sie in einernbsp;glaseriien Kugel zweimal gebrocbcn sind, wobei ernbsp;den Weg, den sie durch die Kugel nehmen, zwarnbsp;richtig angiebt, aber die Breunweite nicht bestiinmennbsp;kann. Was er im ferneren Verlaufe dieser Schriftnbsp;iiber die Ebbe und Flutli, iiber die Bewohnbarkeit dernbsp;Erdzonen u. s. w. anfiilirt, zeigt uns die pbysikaliscbenbsp;Geographic noch in ihrer ersten Kindbcit. Seine Ge-dankeu iiber die scbeinbare Gröfse der Sonne und desnbsp;Mondes im Horizonte, und iiber die astronomischenbsp;Stralenbrechung hahe icli schon hei Ptolemilus er-örtert.

Wenn man den Namen Roger Baco’s den ans-gezeichnetsten aller Zciten heigesellt hat, so ist dies mit um so gröfscrem Rechte geschchn, da er alleinnbsp;aus jener donkelen Zeit, die erst zwei Jahrhundertenbsp;spilter erhellt zu werden anfiiig, als glilnzender Sternnbsp;zu uns hcriiberstralt; wozu kornuit, dafs uns aucb dienbsp;Gesinuung dieses durch so viele Kriinkungen gepriif-ten Mannes, Avie sie uns aus jeder Zeile seiner Schriften eutgegentritt, mit hoher Achtung gegen ihn erfiil-len mufs. Frci von jener Sucht nach Geheimnissen,

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103

Thylcsiiis.

von tier seine Naclifolgcr befaiigeii sind, theilt er seine Plane init, urn Anderen den Weg zu balinen;nbsp;gegen jede freinde Autoritiit, sobald er sie nur innbsp;redlicbem Streben nach der Wahrbeit begriffen fin-det, zeigt er sich schonend; ja selbst die aufgebla-sene Unwissenlieit liatte an ibm einen niebr durchnbsp;Belebriing zurechtweisenden, als durch riicksichtslosennbsp;Spott erhitternden Gegner. Wie viel wiirden die Wissenschaften diesein seltenen Talente zn verdanken gc-habt haben, wenn ihin eiiie freiere Entwickelung ver-gönut gewesen ware!

Autoiiinis 'Jniylesiiijii.

In der ersten Halfte des sechszelinteu Jahrlmnderts.

Die Zeit, in der das polltischc mid llttcrarische Lcben der Europtler durch cine allgemeinere Verbrei-tung der vier wichtigsteu ^rfindnngen, die je geinachtnbsp;wurden, des Schiefspulvers, der Buchdrnckerkunst, desnbsp;Lcinenpapiers und des Kompasses, eine neue Gestaltnbsp;gewann; diesc Zeit des vierzehntcn und funfzehntennbsp;Jahrlmnderts geht an unserer Wissenschaft beinahenbsp;spurlos voriiber. Was in den Schriften einiger Na-turheschreiber beilauhg fiber die Optik gesagt Avird,nbsp;ist so gehaltlos, dafs es in der Geschichte dicsernbsp;Wissenschaft keine Stelle verdient. Des Vincentiusnbsp;Deltovacensis Speculum uaturule *), des Bartho-

1) f^enetiis, 1494. Fol. 424 Seiten in 32 Biichern. Im zwei-ten Buclie kommt die Keihe audi an daa Licht mid die Farhe.ii. Vincentius ist in Beauvais in der Mitte des dreizehuteii Jalir-hunderts geboren.

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104

TLylesius.

lorna us Glanvil*) Naturbesclireibung, De proprie-tatibus rerutn, nenne icli blofs, um die in der Ent-wickelung unserer Wissenschaft eingetretene Lücke nicht ganz unansgefüllt zn lassen.

Schon in die erste Halfte des sechszehnten Jahr-himderts reicht des Antonins Th3quot;lesins Biichel-chen De coloribus lieriibcr, in welchem er anf die Unbestimmtheit der Farbennainen überhaupt, beson-ders auch bei den Ilöinern, aufmerksain macht, undnbsp;hier vorzüglich die Etymologie zu beachten empfiehlt.nbsp;Mit Uebergehung der Beispiele, die er aiis der altennbsp;Litteratur entlehnt, will ich blofs den Unterschied,nbsp;den er zwischen den verschiedenen Farbenbenennnn-gen macht, angeben:

1) nbsp;nbsp;nbsp;Coerttletis, dictus quasi coeluleus, proprienbsp;color est coeli, sed sereni. Sed quotiiam coeruleinbsp;quaedam species est paene nigra ^ id quod Indi-cum dicttur, idctrco pro tristi nonnunquam capi-tur. Sine ulla dubitatione^ quod nos coeruleum^nbsp;Graeci dicunt cpaneum, in quorum etiam com-mentariis laxurion invenio. Adscribitur huic ge-neri, qui Venetus olim, mine vuig o blavus nun-cupatur color.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Caesius. Existimo, sicut Caesar et Caesonbsp;dicuntur a caedendo, ita caesium a caede nominatumnbsp;esse, ut, qui caesius sit, caedem quodammodo ocu-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ziim Franciskaner-Orden gehorig, lebte er in der zweitennbsp;Halfte des vierzehnten Jahrhiinderts. In der Ausgabe Argento-rati, 1503., kommt im aclitzehnteu Buche ctwas iiber die Far-ben vor.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Er ist in Cosenza in Unteritalicn geboren, und wird unternbsp;den berühmteren Rediieni mul Poeteii jener Zeit genaunt. Seinnbsp;Lihelhis de colorUms stelit unter anderen in Jacohi Grono-vii thesaurus antiquitatum Graecarum. laigd. Bat.. 1701. pag.nbsp;714. bis 722.

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Thylesius.

Us minari videatur; t/ualis praelio gaudens et caede dicitur fuisse Minerva^ ex quo ilia ah antiquis vo-catanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;ut ego arhitror, caesia. Dicitur color

hic Graece ah omnibus glaucus, qtiod verbum longo jam usu Latini poetae suum fecerunt. Da-tius tarnen patet glaucus; nam praeter oculos no-ctuinos, quos, ut avis ipsius Graecum nomen decla-rat, omnes glaucos esse confirmant^ multa quoqtienbsp;dicuntur glauca, ut ulva palustris herba^ ut salix,nbsp;cuius quum frondes ^ turn multo magis cortex innbsp;ramis, praesertim anniculis ^ nitet hoe colore. Ca-staneae etiam nticis tunica^ aliaque multa, praeternbsp;leonis ac noctuae oculos, colorern glaucum ostendunt.nbsp;Sed ut, unde discessi, redeam: quando caesius color tantum est ocidorum, videndum est, ne is sitnbsp;potius, quem Aristoteles charopon vocat. Sicnbsp;enim ab Ulo dicitur leo ab octdorum saevitia, quemnbsp;Catullus, poeta doctissimus, caesium appellat. Undenbsp;Hercules cognomento dictus fuit charops, quasinbsp;iracunde intuens. Nam char a Graece, ira quoquenbsp;dicitur Datine; et ex eodem, ut pido, horrore Chary b dis nominata est, et Charon,

3) At er. Horribilis etiam color est ater dictus, omnino velut anthrax, id est carbo: nam prop7'ie estnbsp;carbonis exstincti. Dijjl^ei't in hoe a colore nigro,nbsp;quod, ut omnis ater est niger, sic non omnis nigernbsp;est ater. Horrendus est hic, tristis, visu injucun-dus, lugentibus accommodatus, \ille contra nonnun-quam lepidus ac venustus. Ut humani oculi suntnbsp;complures, quos tiemo atros diceret, sed nigros. Usque tarnen nihil majori cum voluptate spectamus.nbsp;Vocabatur autem ater ab antiquis etiain anthra-cinus, idemque furvus, quibus longe minus suntnbsp;nigri Itvidus et fuscus. Allei' ex gravi corpo-

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106

Thylesius.

ris ictu proveniens deformitatem hahet.^ unde invidi aliornm bonis ^ velut verberibws laniati, et idcirconbsp;ea^sangues ^ lividi mencupantur. Alter non insua-vis, et in homine persaepe laudatur. Qui tomen,nbsp;si modum excedit, ac maxime fuscus est, et tjimsinbsp;nigrescit, pres sus dicitur, ut quae aliquamdiu subnbsp;prelo vestis pressa jiimium coloratur, Aquilumnbsp;veter es hunc fuscum a colore aquae vocarunt, quinbsp;inter nigrum est et album, id quod Plato etiamnbsp;docet,

4) nbsp;nbsp;nbsp;Al bus. Est autem albus color purissimus,nbsp;quocirca ad animum translatus pro sincere capi~nbsp;tttr. Sumitur pro pallido, unde tirnor albus le-gitur, et metu exalbtiit, Elucet eandidus, atquenbsp;oczilos delectat. Itaque Veneris humeros rectenbsp;dixeris candidos vel candetites. Ferrum, quod anbsp;marito tunditur, non candidttm est, sed condens.nbsp;Ejusdem generis est canus, qui etsi ad alia trans-fertur, proprie tarnen est capilli et barbae senilis.nbsp;Nascitur eqmis nonnunquam canus atque albineus,nbsp;non idem, qui et eandidus atit albus, sed /mins nonnbsp;expers. Est et color albi nigrique particeps, a Grae~nbsp;cis inde leueophaeus, voce jam a nostris usurpata,nbsp;vocatus.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Pullus. Qualis ver o sit pullus, ostenditnbsp;terrae ipsitts color: major enim illius pars pullunbsp;est. Itaque quoniam ea mortuis injicitur, volue~nbsp;runt veteres, ut, qui lugerent, pullis palliis, terraenbsp;similibus, essent amicti. Dorsum etiam leporinumnbsp;proprie est pullum. Idem quoque Hispanus vocatus est et Baeticus, etiam Mutinensis. Estnbsp;autem pullus nomen, ut reor, diminutivum a pnro,nbsp;ut lana pulla sit ptiret, nullo alio colore hifecta.nbsp;Sunt liuic ptdlo simillimi color impluvialus, di-

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ctm velut fumato stillicidio implutus, et suasus, qui insuasusnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;vocatus, lutum refert. Est

autem siiasus e stillicidio etiam factus fumoso in vestimento albo.

6) nbsp;nbsp;nbsp;Ferrugineus, Ferrum longo situ rubigi-nosum facile ostendit colorem., ab ipso appellatumnbsp;ferrugineum. Erat is quogue lugentium color; ita-que capitur nonnunguam et ipse pro funesto.

7) nbsp;nbsp;nbsp;Rufus. Non eundem ease ruftim atguenbsp;rubrumy ex hoe intelligi potest^ quod recte diciturnbsp;sanguis ruber^ rufus non recte. Rursus barbam etnbsp;capillum aetiobarbi rubrum veteres non dixerunt^nbsp;sed modo ruftim., rtitilum modo^ qui idem est.nbsp;Qtiin et canes immolabant Romani sacerdotes, nun-quam rubras vocatas, sed qtias ntinc rufas^ nuncnbsp;rutilas appellabant, ad placnndum caniculae sidus,nbsp;frugibus inimicum. Ex quo manifestum est, rufumnbsp;rutilumque eundetn esse, id quod ex antiquis etiamnbsp;aliqui docent. E canis igitur colore satis noto, at-que e multorum barba et capillo, cuiusmodi sit colornbsp;rufus, apparet. Hunc rustici in armentis robumnbsp;gilvumq tie olim dixerunt, atque etiam helvum,nbsp;ut vtni genus est quoddam ititer rufum albumqtie,nbsp;nulli non cognitum: qtiod quoniam cerasi coloremnbsp;refert dtiracini, cerasoltim aliqui dicunt Italiaenbsp;popnli. Sed et btirrham iidem appellabatit vitu-lam, qtiae rostro est rtrfo. At homo btirrhus est,nbsp;qui pranstis, cibo et potione rubeti hunc aliquinbsp;atiiim rubidtim vocunt. Invenio et rubetis, etstnbsp;aliqui non indocti vocem non esse Eatinum monue-rint, cum tarnen apud auctores non malos ex tivisnbsp;ntgrts fieri vintim forte legutur, e rtibets autemnbsp;suave, nee non bos rubetis probetur. Verbum estnbsp;omntno rusticum, tiec prorstis idem color est, qui et

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Tlij'lesius.

ruber ^ sed ad eum proxime accedit. Quid quod russens etiam legitur? Negat quidam e vetustisnbsp;grammaticis diciposse; russum jubet^ ex quo pan-nus est russatus. Utrumque certe Latinum est.,nbsp;sed arator is magis, quam orator is. Hub ent enimnbsp;et sua verba, qui ruri vivunt, ttrbanis nonnidlis in~nbsp;audita. Russeum equum dicunt illi, qui non planenbsp;russus est, sed aliquanto minus ruboris habensznbsp;idem fere videtwr. Hie autem, quoniam quasinbsp;cruentato similis est, hodie saginatus, quasi san-guinatus vulgo nominatur, quumms huius nominisnbsp;nonnunquam equi albescant.

8) nbsp;nbsp;nbsp;Ruber. Rubrum ma.vime indicat animan-tium sanguis, et quo lana injicitur, cocctts. Osten-tat tarnen hunc colorem prae caeteris rebus liquornbsp;purpurae, cuius adeo gratus est color, ut si quidnbsp;pautnlum habeat ruborts, modo visu sit illud nonnbsp;injucundum, purpure'um saepe dicatur, ut sunt vio-lae, et vmda Jlorum genera. Invenitur et blattens positus p7'0 puxpureo. Non praetereundus estnbsp;color, viteis frondibus arefactis simillimus, et id-circo xerampelinus Graece dictus.

9) nbsp;nbsp;nbsp;R oseus. Jucundissimus omniiim est colornbsp;roseus, atque humano corpori, si id formosum est,nbsp;quam simillimus. Itaqtie os, cervicein, pupillus, digitos roseos poetae dicunt, isque color proprie est,nbsp;q^iem communis sermo incarnatum vocat.

10) nbsp;nbsp;nbsp;Puniceus. A. Phoenicihus color Phoeni-ceus, Puniceus quoque dictus flagrat, velut violanbsp;fiaznmea, atque ita a multis olim purpura vocdtanbsp;fuit violacea. Hodie paetie nomen servat, namnbsp;Paonacius qtmsi puniceus dicitur, etst aliqui vo-cem hunc vernaculum a pavonts colore factam volant.nbsp;Phoeniceum vero, alium ub hoe, pultna {f/uue phoe-

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Thylesius.

nix Ciraece eMi) a se nominavit. Color hie in etjiio, ut jam diximns^ maxime landatur^ qni modo spa-diceiis, bains modo, badius etiam et balius,nbsp;variis nominibns vocatus est. Termites enim pal-marum cum frnctu spadices, et baia Graeci dicutit:nbsp;nude equus ab equisonibus appellatur bains.

11) nbsp;nbsp;nbsp;Fulvus. Ex omnibus maxime lucet ful-vus, quern multa jactant, orichalcum in primis,nbsp;aurum, ipsaeque etiam stellae. Quare Tibnllti.snbsp;proprie sidera fulva appellavit. Est et aureolaenbsp;species arenae, quam fulvam dixit Virgiltus, etnbsp;genus qnoddatn aquilae, ab Aristotele maximenbsp;celebratum, colore etiam fulvo- Qui si obtususnbsp;quodammodo est, atquc obsenratus, vocatur ravus.nbsp;At luteum nihil aeque ostentat, ac Jlos calthae etnbsp;genistae, ovique etiam vitellus. Croceo est hienbsp;perquam similis, sed Incidior aliqnanto, ab antiquisnbsp;f lammens quoque dictus, quoniam eo Jlamhiisnbsp;uxor flaminica utebatur. Potest hoc loco pallidnsnbsp;poni, ac luridus. Blortui color est hie horribi-lis, ipsiusque mortis, ut poetae dicutit, et Plutonis.

12) nbsp;nbsp;nbsp;Viridis. Cuiusmodo sit color viridis, sup-peditat exemplum herbarum multitudo, quarum tantanbsp;est varietas, ut cum earutn vis sit iujinita, nullanbsp;tarnen aeque, atque ex Us aliqua prorsus vireat,nbsp;sed omnes inter se discolores videantur, id quod innbsp;reliquis omnibus colorihus apparet. Quare si minus

tile, non idcirco no-


^st hie albus aut niger men nlbi amittit, aut nigri.

Ettreuius est inter co-

o c5


lores, (jui virent, prasinus, multorum carmtnibus

collaudatus.

So -wenig aiicli dicse Athandlung ihren Gegcn-stand erscliöpfen mag, so habe icli sie schon defs-hall), well man bier die gebraucblicberen Römiseben

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Cardanus.

Farbennainen zusammengestellt findet, nicht ganz üher-gehn zu dürfcn geglauht.

Hieronymus Cardanus*

Geb. 1501., gest. 1575.

Zu den optischen Schriftstellern gehort Hieronymus Cardanus durch sein Werk De stibtilitate, in welchem das vierte Buch De luce et Inmine ')nbsp;üherschrieben ist. Mit Flüchtigkeit, und gerade dienbsp;schwierigsten Aufgaben nur berührend, mengt Cardanus hier astrononiische, meteorologische und optische Gegenstiinde ohne allen Plan durch einander.nbsp;Was die Entstehung des Regenhogens und der Far-ben betrifft, so beschrilnkt er sieh auf die, uns schonnbsp;bekannten Erklilrungen. Audi was er in wenigennbsp;Zeilen über die Namen einiger Farben, und ihrennbsp;TJnterschied sagt, stcht der grüiullicberen Arbeit desnbsp;Thylesius bei weitem naeh. Eben diese Flüchtigkeit, die man in dem ganzen Buche bemerkt, gabnbsp;dem streitsüebtigen Julius Ctlsar Scaliger Ver-anlassung, in einem Buche *) von einem beinahe ebennbsp;so grofsen Umfange, zu zeigen, wie viel genauer undnbsp;gründlicher Cardanus liiltte zu Werke gehn sollen.nbsp;In welchem Geiste übrigens Scaliger diese Streit-schrift, im Betreff der Optik, gesehrieben hat, kannnbsp;man daraus hinreichend beurtbeilen, dafs er den Pla-tonisehen Hypothesen anhiingt, und diese gegennbsp;Cardanus geltend macht.

1) Die Würter Lux und Lumen werden so unterschieden^ ï^umen est lucis imago in corpore perspicuo,

Julii Caesaris Scaligeri de suhtilitate ad Car-danum exercitationes 305. Fi'a?icof,^ 1007.

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Ill

Telesius.

Bernhardimis Telesius.

Geb. 1508., gest. 1588.

Bernhardinus Telesius ist der Verfasser cines Biiclielclieiis De colornm generatione *), worinnbsp;er die Aiitoritiit des Aristoteles, iin Geliiete dernbsp;Optik, angreift, imd seine eigenen Ansichten üher dienbsp;Entstehniig der Farhen mittlieüt. Er verwirft dienbsp;Aristotelische Eehre von den vier Elementen, undnbsp;sieht zwei unwaghare Stoffe, die Warme und Kiilte,nbsp;als die alles wirkenden, und die an sich todte Materie helehenden Urkrafte an. Defshalh soil dcnunbsp;auch die Warme die Ursache der weifscn Farhe,nbsp;die Killtc aher die der schwarzen sein. Aristotc-les hahe daher Unrecht, wenn er noch eine drittenbsp;Grundfarhe, die gelhe heim Sonnenlichte, annehme.nbsp;Die Entstehimg aller ührigen Farhen aher erkliirtnbsp;Telesius, so wie Aristoteles, durch eine grös-sere oder geringere Trühung des von Natur weifsennbsp;Lichtcs.

Man sieht hieraus, dafs Telesius kein anderes Verdienst uin die Optik, als dieses hat, gegen dienbsp;Unfehlharkeit des Aristoteles in diesem Gehietenbsp;des W^issens zuerst iZweifel erhohen zu habenj einnbsp;Verdienst, das freilich uin so gröfser ist, je heftigernbsp;die Verfolgungen waren, denen er sich nicht alleinnbsp;durch die genannte Schrift aussetzte, sondern nochnbsp;inehr durch sein, dainals heispielloses Unternehmen,nbsp;einen Verein von Gelehrten unter dem Namen eiuernbsp;-Academia Tele siana oder Consentinn zu stiften,nbsp;der es als seine Haupthestimmung ansah, die Irrthü-mer des Aristoteles aufzudecken.

1) ïseapoli, 1570. 12 Oktav-Seiten.

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Porta.

Joliann Baptista Porta.

Geb. 1543., gest. 1615.

Von den Winkelspiegeln — Den Brennpunkt eines Hoklspiegels kann man fiir Stralen, die in der Niilie der Achse einfallen,nbsp;ohne merklichen Fehler in den Jlittelpunkt des Halbmessersnbsp;setzen — Beschreibung der Camera oftscura, deren Erfmdernbsp;Porta ist — Mit ünreclit hat man ihn fiir den Erfmder desnbsp;Holliindischen Fernrohres gehalten — Angabe des Weges, dennbsp;das Licht in glasernen Linsen nimmt — Die Ursache desnbsp;Blinkers der Sterne liegt in den Diinsten der Atraosphare,nbsp;welche das von den Sternen kommende Licht aiifhalten imdnbsp;zerstreuen — Die Erweiterung oder Verengeriing beider Pu-pillen zugleicli ist von der Starke des Lichtes ahhangig —nbsp;Das Sonnenlicht ist farbenlos, und die Zahl der Farben imnbsp;Regenbogen unbestimmbar.

Porta hat, nach seiner eigenen Versichernng '), sclion im funfzelinten Jahre seines Alters die Masiunbsp;naturalis gescliriehen, ein Bitch, das so allgeineinennbsp;Beifall fand, dafs es in niehrere Sprachen, ins Italie-nische, Franzosische und Spanische ubersetzt -wurde^).nbsp;Durch diesen Erfolg aufgemuntert, machte er Reisennbsp;durch Italien, Frankreich und Spanien, nm seinenbsp;Kenntnifs der Natur zu enveitern, und die schnellnbsp;auf einander folgenden Anflagen jenes Werkes immer vollkommener einzurichten. Viel gesteht er auchnbsp;einer „Akademie der Geheimnisse”, die er in seinemnbsp;eigenen Hause errichtet hatte, zu verdanken. Durchnbsp;diese Unternehmung aber erregte er den Verdaclit desnbsp;Römischen Hofcs nm so mehr, da er hier als Magiër und Giftmischer angeklagt war. Ein Franzose

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ich entlehne diese Angaben ans der \orrede zur Ausgabenbsp;Hanoviae^ 1619.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Es ist auch im Jahre 1715. in Niirnberg ins Deutsche iiber-tragen worden.

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113

Porta.

liatte diese Anklage tlarauf gegründet, dafs Porta über die Hexensalbe (lamiarum tmguentum) ge-schrieben habe, welcbe Abhandlving dieser gleicbwolilnbsp;nur in der Absicbt verfafst zu habeii versicliert, ninnbsp;den Betrug, den man damit gespielt batte, aufzudck-ken. Zu seiner Vertheidigiing nacb Rom bernfen,nbsp;Avurde er zwar von der Anklage freigesprocben, dienbsp;Akadeinie der Geheiinnisse aber auf Befebl des Pab-stes aufgelioben.

In wunderlicbem Geiniscbe fiuden wir in der „Natürlicben Magie” die verscbiedenartigsten Gegen-stande in zwanzig Bücbern init eineni Aberglaubennbsp;abgebandelt, der bei der Zuversicbt, init welcher ernbsp;sicli geltend inacbt, eiuem Leser nnserer Zeit kanmnbsp;begreiflicb scbeinen inögte. Da dies Werk ein treiiesnbsp;Gemalde des damaligen Zustandes der Pbysik andnbsp;Chemie, nnd ibrer Anweudiing auf die Bediirfuissenbsp;des geselligen Lebens ist, so will ich wenigstens dienbsp;Ueberscbriften eines jeden Buclies angeben:

]) Von den Ursacben des Wunderbaren.

Porta sucbt sie besonders in der Sympathie, in dcm Einflusse der Gestirne, iu dem Orte, wo etwasnbsp;geschiebt u. s. w.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Von der Erzeugung gewisser Thiere.

Hier bebauptet er uuter anderen, indem er viele Autoritaten und Beispiele anführt, dafs ans dem Markenbsp;der Menschen, und aus den Haaren der Fratien sicbnbsp;^cblangen erzeugen, dafs Bienen aus dem v^erwesen-den Fleiscbe der Binder entstebn u. s. w.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Von den Garten- und anderen Gewtichsen.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Von den in einer Ilausbaltung wabrzimehmendennbsp;Vortbeilen, damit AVoblstand in dieselbe komme.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Von den Metallen.

6) nbsp;nbsp;nbsp;Von der künstlicben Nachbildiuig der Edelsteine.

1. 8

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Porta.

7) nbsp;nbsp;nbsp;Vom Magnet,

8) nbsp;nbsp;nbsp;Von den Arzeneien.

Dafs dieses Buch besonders reich an belustigen-den Erzahlungen ist, tvird man auch obne inelne Er-innernng verinnthen.

9) nbsp;nbsp;nbsp;Voin Schminken, imd von den iibrigen Mitteln,nbsp;die Schönheit eines Weibes zu erhöhen.

10) nbsp;nbsp;nbsp;Vom Destilliren.

11) nbsp;nbsp;nbsp;Von wohlriechenden Sachen.

12) nbsp;nbsp;nbsp;Vom Feuerwerk.

13) nbsp;nbsp;nbsp;Von der Behandlnng des Eisens,

14) nbsp;nbsp;nbsp;Von der Kochknnst.

Sehr ergötzlich sind die Mittel, die Porta hier angiebt, sich einen Schmarotzer vom Halse zn schaffen.

15) nbsp;nbsp;nbsp;Von dem Fangen der Thiere dnrch kiinstlichenbsp;Mittel.

16) nbsp;nbsp;nbsp;Von der Geheimschrift.

Er zeigt hier, wie man unleserliche Buchstahen dnrch das Aufstrenen eines gewissen Pnlvers erkenn-bar machen, wie man auf ein Ei schrei ben konne, wonbsp;man Briefe verbergen, welchen Boten man sie anver-tranen miisse, wenn man sicher sein wolle, dafs sienbsp;nicht erbrochen werden.

17) nbsp;nbsp;nbsp;Von den Brenn- und anderen Spiegeln, nndnbsp;welche Erscheinnngen man dnrch dieselben her-vorbringen konne.

18) nbsp;nbsp;nbsp;Von dem Abwagen der Körper.

19) nbsp;nbsp;nbsp;Von der Luft.

20) nbsp;nbsp;nbsp;Verschiedene kiinstliche Mittel, gewiinschtenbsp;ZAvecke zu erreichen.

Auch in diesem Bnche kommt des Belustigenden viel vor, das als eine untriigliche Wahrheit vorgetra-gen wird.

Ich iibergehe die meist unausfiihrbaren Spiele-

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Porta.

reien, avif welche sich Porta im siebzclinten Buclie aiicli in der ALhandlnng iiber die Optik einlafst, andnbsp;•wall nnr die wissenscliaftliche Seite derselben anffas-sen. Dabin gebört zunilchst, was er iiber die Win-kelspiegel sagt. Er erkliirt die Entstebung der Bil-der in denselben durcli eine wiederholte Reflexionnbsp;des Liclitcs, so dafs jedes die Stelle des Gegenstan-des fiir das nilchstfolgende vertritt, imd findet ilirenbsp;Anzahl von der Gröfse des Neignugswinkels der Spiegel abliangig.

Die beiden Spiegel seien (Fig. 3.) AB and AC, and O eiu Gegenstand in bcliebiger Lage zwiscliennbsp;denselben. Man bezeicbne den Winkel BAG aiit «,nbsp;den Winkel CAO init /?, die Samine beider aber initnbsp;and bestimme liieraaf die Bilder O', 0quot;, O'quot;. . . . ,nbsp;o', oquot;, o'quot;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;, so nainlicli, dafs O' eben so weit

hinter dem Spiegel AB, wie der Gegenstand O selbst vor deniselben, and 0quot; wieder eben so weit liinternbsp;dem Spiegel AC, wie das erste Bild O' vor demsel-ben liegt a. s. w.: so siebt man sogleicb aas der Kon-graenz der aaf diese W'eise entstaiidenen Dreiecke,nbsp;dafs die Bilder in einem Kreise am A beram gelegen sein mussen. Dafs sie aber aacb symmetrischnbsp;van A geordnet sind, and wie man ihre Anzahl findennbsp;könne, ergiebt sicb aas vlem Gesetze, von welcbemnbsp;die zwiscben jeden zwei aaf einander folgenden Bil-dern, and die zwiscben dem Gegenstande and seinennbsp;Dildern liegenden Kreisbogen abbilngig sind. Es ist

niludich

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Porta.

OAo' =2/5 o’AOquot; =2«nbsp;0quot;Ao'quot; =25nbsp;oquot;'A0^^—2a.


OA(y =2« 0’Aoquot; =2/?nbsp;oquot;AOquot;’ =2anbsp;0'quot;Ao^^ = 2^


woraus die symmetrische Lage der Bilder, (lie ah-wechselnd in den Eutfernungen 2*^ und 2/5 auf ein-ander folgen, hervorgeht.

Um ihre Anzahl zu linden, hat man

OAO' —2a OAoquot; =27nbsp;OAOquot;’ = 2y 2anbsp;OAo'^ = 4ynbsp;ö^ö’'=4r 2«

3600

OAo' =2/5 OAO” =27nbsp;OAo’’’ =2r 2/5nbsp;0A0^'' = ^7nbsp;OAo'' =4y 2/5

Es liegt also, wenn —— = d eine ganze positive, und

zwar zuerst eine gerade Zahl ist, das dte Bild hinter AB um den Bogen yS = 360®, und das dte Bild hinter AC um denselhen Bogen von dem Gegenstandenbsp;cntfernt, d. h. es fallen heide Bilder mit 0 zusam-men. 1st aher d eine ungerade Zahl, so ist tier Bogen zwischeii O und dem dten Bilde hinter AB =¦nbsp;(S — 1) y 2ce, und hinter AC = {S — 1) y - • 2/5,nbsp;welche heiden Bogen zusammcn gleichfalls 2y^t d. h.nbsp;denselhen Ort O gehen. In heiden Fallen sind daher

360®

1 Bilder ties Geircnstandes moglich.

Den Brennpunkt tier Ilohlspicgel nennt Porta den Umkehrungspunkt tier Bilder, punctum inversio-nis imnginum. Halte man das Gesicht zwischen dennbsp;Spiegel und diescn Pnnkt, so werde es iiheraus grot'snbsp;gesehu. In dem Brennpunkte selbst hahe er Blei

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117

Porta,

iind Zinn geschmolzen, Gold und Eisen aber bis zum Glühen gebracht. Audi babe er Worte, die in be-tracbtlicber Eiitfernung leise gesprochen wurden, dortnbsp;dentlicb vernehinen könneii. Befslnde sicli aber dasnbsp;Gesiclit anfserhalb jenes Pimktes, so selie man seinnbsp;Bild verkehrt, und in der Luft scliwebend. Dahernbsp;koinme aiich, sobald ein Schwert einem Holilspiegelnbsp;alliniililig geniiliert wird, die Spitze desselben, in demnbsp;verkehrten Bilde, der Hand entgegen, und man könnenbsp;sicb der Tauscbung iiicht erwehren, als ob die Handnbsp;von dein Scbwerte dnrdibohrt werde.

In dem seclisten Kapitel besclireibt er die Ein-ricbtung einer Camera ohscnra^ deren Erfinder er ist. Man solle eiiie jede Oeffunng eines Zimmers,nbsp;dnrch welcbc Licht einfallen köimte, sorgfiiltig ver-schliefsen, in den Fensterladen ein Stiick Blech ein-setzen, in diesem eine Oelfnung von der Dicke einesnbsp;kleinen Fingers machen, und in dem Zimmer, dernbsp;Oeffunng gegenuber, eine weifse Wand anfstcllen.nbsp;Man werde alsdann die Bilder von aUem dem, ivasnbsp;anfserhalb des Zimmers vor dem Fensterladen ist, aufnbsp;der Aveifsen Wand nmgekehrt sehn. Audi Averden dienbsp;Bilder nm so gröfser erscheinen, je weiter man dienbsp;AVaiid von der Oeffnnng ahrücke. Nnn iiolle er abernbsp;noch etwas mittheilen, was er his dahin sorgfiiltignbsp;vevscliAviegen, und als ein tiefes Geheimnifs fiir sichnbsp;hiltte bchalten wollen. Setze man namlich eine glii-serne Linse in die Oeffunng, so Averde man allesnbsp;•ientlicher sehn, ja sclbst die Gesichtsziige der Vor-iibergehenden sehr genan erkennen können. Portanbsp;macht hesonders anf den Nntzeii einer solchen Camera ohscura^ nm mit leichter Mi’ihe Gemalde helie-higer Gcgenstilnde zn cntwerfen, anfmerksam; anchnbsp;könne man die Starke einer Sonneuhnstcruiis, ohne

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Porta.

Verlctzimg der Augeii, am fiiglichsten in eiiiem sol-clien Zimmer beobachten. „Es unterliegt keinem Zweifel”, fügt er liinzii, „dafs miser Auge eine solchenbsp;Camera ohscura ist, in welche das Liclit von anl’sen-her koinint. Die Pupille vertritt die Stelle der Oeff-nung in dem Fensterladen, die Krystall-Linse abernbsp;die der weifsen Wand,”

So grofs aucb der Fortschritt 1st, den Porta bier maclit, indem er die Operationen des Auges miter einen anderen analogen Fall bringt, so ist es dochnbsp;kamn begreiflicb, wie er, dcr die Brecbmig des Licb-tes in den Linsen sebr wohl kannte, die Vollendiingnbsp;der Bilder in der Krj^stall-Linse annehmen konnte,nbsp;und die ricbtige Angabe des W'eges, den die Lichtstralen im Auge nehmen, erst Kepler’n iiberliefs,nbsp;der diese Entdeckimg im Jahre 1604. bekannt machte.

Im achten Kapitel erklart er, wie man ein Bild, gleich einem Gespenste, in der Liift schwebend her-vorbringen konne, oline dafs man die dasselbe bewir-kenden Spiegel gewabr wird. Nacbdein er diesenbsp;seine Entdeckimg mit pralenden Worten, die ilmnbsp;selbst der unwissenden Menge gegeniiber stellen sollen, angckmidigt hat, tadelt er zuerst mit Recht dienbsp;Uudentliclikeit imd Unausfiihrbarkeit eines Vorschla-ges des Vitello, der sich mit eben dicser Aiifgabenbsp;bescliilftigt liabe ’). Nach Vitello’s Angabe solinbsp;niiinlich die Verbindung zwischen zwei Ziimneru nurnbsp;diirch zwei OeflFnmigen nnterhalteu werden, in derennbsp;eine der Gegenstaiid, mid in die andere in deinselbennbsp;Zimmer das Auge gestellt wird; ein in dem Neben-ziinmer, dem Gegenstande gegeniiber, vertikal aiifge-richteter konvexer Cjiinder-Spiegel soil alsdanu das

J) Lib. VII, prop. 60.

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Porta.

in tier Luft schwebende Bild dem Aiige darstellen. Porta schlagt vor, die Stralen aiis einem konkavennbsp;Cylinder-Spiegcl aiif eiiieii Plan-, und von diesem anfnbsp;einen konvexen Spiegel zu leiten. Aber auch seinenbsp;Beschreibung verdient den Tadel grofser Unklarheit,nbsp;deren er sick iiberall, wo es eine, seiner Meinungnbsp;nach, wichtige Entdeckiing gilt, init nnverkennbarernbsp;Absicht befleifsigt. Ich werde anf diesen Gegenstandnbsp;bei K ire her ziiriickkoininen.

Besondere Beaclitung verdient das zebnte Kapi-tel, worin er nicht nur die Wirkungen der konvexen und konkaven Glaslinsen richtig angiebt, sondern auchnbsp;anf die Zusaininensetznng solcher Linsen zu Telesko-pen hindeutet. Es heifst bier nainlich: ^^Concavaenbsp;lentes^ (juae longe sunt, clnrissime cernere faciunt,nbsp;convexae propimiria; unde ex visus commoditatenbsp;his frtii poteris, Concavo longe parva vides, sednbsp;perspicua; oonvexo propinqua majora, sed turbida.nbsp;Si utrumque recte componere never is, et longinquanbsp;et proxima majora, sed clara videhis. Non parumnbsp;mnltis amicis auxilii praestitimus, qui et longinquanbsp;obsoleta, proxima turbida conspiciebant, ut omnianbsp;perf ectissime contuerenturi''

Unlengbar liegt in den Worten, dafs man bei einer schicklichen Zusammenstellnng eines konvexennbsp;und konkaven Glases Nalies und Entferntes grofsernbsp;und deutlich sehe, eine Anspieinng anf das Holhlndi-sebe Fernrobr. Da hier aber Porta von einer sonbsp;Aviebtigen Erfindung blofs beilantig ohne jene Rnhin-redigkeit spricht, init welcber er sonst die nnbeden-tendste Sache ankiindigt; da er blofs sagt, dafs ernbsp;durch eine solche Vorriebtung der Aiigenscbwachenbsp;seiner Freuiide abgeholfen babe, und, was besondersnbsp;auffallen mufs, im folgenden Kapitel, avo er ein Werk-

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120

Porta.

zeug beschreiben will, init dem man sehr weit soUe Beben können, seine Umvissenheit hinter undurclidring-lichen Worten verbirgt: so lassen diese Grimde kei-nen Zweifel übrig, dafs er wenigstens den Gebraucb,nbsp;den man einige Decennien spiiter von dem Fernrobrenbsp;macbte, und der allein es zn einein AVerkzeuge vonnbsp;so bober AVicbtigkeit erbebt, nicbt geabnet babe.nbsp;Gewifs meint er bier entweder, wie de la Hirenbsp;vermutbet *), ein immittelbares Anfeinanderlegen beider Gliiser, nm die zu grofse Konvexitiit des einennbsp;dnrcb die Konkavitilt des anderen, oder uingekebrtnbsp;zn scbwiichen, und sic dadnrch fiir das Aiige, dasnbsp;sicb ibrer bedienen soli, brancbbarer einziiricbten;nbsp;oder er batte wirklicb, was sebr nabe lag, beide Glii-ser in einer scbicklicben Entfernung gebalten, obnenbsp;jedocb diese Entdecknng welter zu verfolgen, undnbsp;mebr zu leisten, als man scbon lange von ibm ge-tban batte.

Aebnlicbe Aeufserungcn, die auf einc Bekannt-scbaft mit dem Fernrobre liiuzudeuten sclieinen, fin-det man, wie wir in der Folgc seben werden, scbon vide Jabre vor Porta; zwei unter ibnen aber besta-tigen die oben ansgesprocbene Vermutbung zu atigen-fiillig, als dafs icb sie nicbt bier scbon mittbeilennbsp;sollte. Fracastorius, der 1553. starb, sagt niim-licb^): iiPer duo specilla ocidaria si quis perspi-ciat^ alter 0 alteri superposito, major a midto et pro-pinquiora videbit omnia?' Weun bier aucb die Artnbsp;der Linsen nicbt niiher bestiinmt wird, so ist wenigstens docb von einein unmittelbaren Anfeinanderlegennbsp;ZAveier Glaser, um gröfsere und nabere Bilder zu er-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Mhn. de Vacad. des sciences, 1717.

2) nbsp;nbsp;nbsp;llomocentiica. Lvgd; 1591. Sectio II, cap. 8.

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Porta.

halten, die Rede. Unzweideutig aher spricht Ca-hilus von der Verhindung eiiies kouvexen nnd kon-kaven Glases, um bei schwachen Augeu deutlich lesen zu können ‘). Es unterliegt deinnach keineni Zweifel, dafs man den Porla, jener flücUtig hinge-worfenen Aeul’sernng Avegen, nicht für den Erfindernbsp;des Fernrolires halten kann.

In den sechs letztcn Kaïhteln handelt er von den Brennspiegeln. Er zeigt hier unter anderen, Avie mannbsp;einen Hohlspiegel so einzurichten habe, dafs seinnbsp;Brennpunkt hinter demselben liegt. Ein Spiegel, dessen Sehne dein Halbmesser gleich ist, koncentrire dienbsp;Stralen in einein Pnnkte, der inn den vierten Theilnbsp;des Durchinessers von dein Pole des Spiegels ent-fcrut liegt ^). Man nehine nnn die Zone, die zwischen

1) nbsp;nbsp;nbsp;Non dissimulaho tmnen, quad narrat Nicolaus Ca-haeus {Comment, in lihrum terdium meteorol. Aristotelis),nbsp;novisse se senem quendam., e societate Jesii sacerdotem, quinbsp;multis annis, antequam quid^iuam de optico tuho inaudiretur,nbsp;duohus vitris, concavo et convexo, usus fuerat in horis suisnbsp;canonicis recitandis^ quod hrevioris esset visus, applicando ca-vum propius oculn, convexuni propius lihro; nee unquam remnbsp;ut exoticam suspexerat, nee aliis detexerat, ut minus dignam,nbsp;quae propalaretur. Caspar is Schotti mag ia univ, nat. etnbsp;artis. Uerhipoli, 1657. p. 491.

2) nbsp;nbsp;nbsp;hl der Ausgabe Antverpiae, 1562., Avelclie nur A’ier Biichernbsp;auf 135 Seiteii eiitlialt, uiul iu eiiier anderen, wie es sfheint, frii-heren sine loco et anno, 12mo. (Sclieibel giebt als die altesfcenbsp;Ausgabe cine vom Jahre 1558. in Folio au) wird der Brennpunktnbsp;eines Hohlspicgcls noch iu den geonietrischen Mittelpuukfc gesetzt.nbsp;Zum ersten Male finde ieli ilm in der Ausgabe Francof., 1591.,nbsp;die nur zrvei Jabre frülier, als die Schrift De refraqUone er-seliieii; riclitig augegeben. Erst iu diesein Buehe aber setzt Portanbsp;die Griinde aus eiiiandcr, aus denen man den Brennpunkt fiir Stralen, die iu der iValie der Achse eiufallen, obue einen merkliclicunbsp;Fehler in die Mitte des Halbniessers setzcii könnc.

11 ie lange es Ubrigens dauerte, bis man über die Lage des Brennpunktes, und üher die hiervon abhaugige Lage der Bildcr

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Porta.

eiiiein Spiegel liegt, dessen Sehne dem Halbinesser gleicli ist, und dein, dessen Seline so lang ist, als dienbsp;Seite des Quadrates, das in einein mit diesein Halbinesser beschriebenen Kreise gezeichnet werden kann,nbsp;halte diese Spiegelzone gegen die Sonne, und mannbsp;werde auf diese Weise den Brennpunkt hinter dennbsp;Spiegel gebracht haben. Stelle man zwei solchernbsp;Spiegelzonen, eine gröfsere und eine kleinere, so,nbsp;dafs ihre Brennpunkte zusainmenfallen, so werde man,nbsp;besonders wenn man sie nicht spharisch, sondern parabolisch wiihlt, die Sonneiistralen bis auf eine be-liebige Eiitfernung fortsenden können. Porta meiutnbsp;also dieselbe Vorrichtung, die spilter auch von Bet-tinus angegeben wurdc, und an deren gsinzliche Un-branchbarkeit ich schon bei den Brennspiegeln desnbsp;Archimedes erinncrt babe.

Eine andere Schrift, De refractio7ie *), des Porta gehort im Betreft’ der Dioptrik zu den inerk-würdigsten, die in die Zeit zwischen Ptolcmansnbsp;und Kepler fallen, weil er in derselben den AVegnbsp;des Lichtes durch wirkliche Glaslinsen, und nichtnbsp;hlofs, wie dies noch Roger Baco gethau batte,nbsp;durch zwei Mittel von verschiedener Dichtigkeit iinnbsp;Allgemeinen verfolgt. Es gelingt ihm zwar nicht, dennbsp;Brennpunkt irgend einer Linse zu bestiminen; nichts-destoweniger fiiidet er, dafs die Bilder eines doppelt-ins Klare kam, inöge man auch daraus abnchmeii, dafs Magiimsnbsp;{Instruction sur les apparences et admirahles effects du miroirnbsp;concave sphérique, cotnposée en Italien par Jean Antoinenbsp;Maginus, et traduite en Franqóis par Boyssier, Paris,nbsp;1620. pag. 28.) den Porta und Victor Ausonius tadelt, weilnbsp;sie den Punkt, von welchem an die Bilder eine nmgekehrte Lagenbsp;erhalteu könnten, in die Mitte des Halbmessers gesetzt h'atten.

1) Joan. Baptistae Portae Neapol, de refractione, opti-ces parte, lihri novem. Neap., 1593. 230 Seiten gr. 8vo.

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Porta.

koiivexen Glases bald vor, bald hinter deinselben, selbst in uneiidlicher Entfernung liegen können. Dienbsp;ilhnliche Wirkung der Hohlspiegel batte, wie wirnbsp;schon wissen, znerst Enklides entdeckt.

Porta theilt in dieser Schrift anch seine Ansicht üher das Blinkern der Sterne mit '). Er er-kliirt sich gegen Aristoteles, der die Ursache dieser Erscheinung in der sehr grofsen Entfernnng der Sterne gesucht hatte, indein das aus den Angcn aus-gehende, iind sich so weit erstreckende Licht zitterenbsp;und dunkel werde. Eben so stimint er der Ansichtnbsp;derer nicht hei, welche die Ursache des Blinkers dernbsp;sehr schnellen Bewegnng der Sterne zuschriehen, danbsp;man diese Erscheinung anch bei den sich langsainernbsp;hewegenden Gestirnen in der Niilie des Poles he-inerke. Anch Peckhain’s Erkliirung, dal’s die Sternenbsp;gleich Spiegeln die Sonnenstralen zuriickwerfen, nndnbsp;hei ihrer Bewegnng den Einfalls- und Reflexionswiu-kel nnnnterbrochen iindern, Avird als ungeinigend zu-rnckgcAviesen. Porta sucht vichnehr die Ursachenbsp;des Blinkers in den Dlinsten der Atinosphare, welchenbsp;die von den Gestirnen koinmcnden Lichtstralen auf-halten and zerstreneii.

Die schon in der Magia natnralis anfgestellte Behanptung, dafs das Ange mit einer Camera ob-sctira, in welche das Licht von anfsenher koinint,nbsp;verglichen werden könne, wird anch hier wieder-holt-), und ihre Wahrheit besouders darin begrimdetnbsp;gefuiiden, dafs die Pnpille hei starkerem Lichte kleiner, hei schwachercm gröfser Averde. Diese Beohach-tnng A^^ar indefs schon weit früher, nicht alleiu von

1) nbsp;nbsp;nbsp;Gegen das Ende des ersten Buchcs.

2) nbsp;nbsp;nbsp;\on der Einrielituiig des Auges handelt er A'oin drittcn bisnbsp;zum siebenteii Buclie.

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Porta.

den Arabern Rhazes iind Avicenna '), sondera selbst schon von Galen geinaclit worden*), der aber irriger-weise gefunden zn Iiaben glaiibte, dafs die eine Pnpillenbsp;sicli nur dann erweitere, wenn das andere Auge ge-schlossen wiirde; dafs sie sicli aber Avieder vereua;ere,nbsp;wenn man das Auge offne. Dafs die Erweiterungnbsp;Oder Verengeriing beider Pupillen zngleich blofs vonnbsp;der Stilrke des Lichtes abliiingig sei, bemerkt auchnbsp;Fabricius ab Aquapendente, ein mit Portanbsp;beiiialie gleiclizeitiger Schriftsteller, dem diese Eiit-deckusig Fra Paoli Sarpi, der bcriilunte Verfassernbsp;der Gescliichte des Tridentinischcn Conciliums, nndnbsp;belierztc Verthcidiger der Repnblik Veuedig gcgeiinbsp;die Anmaafsungen Paul s quot;V., als eine gebeimnifsv'ollenbsp;mitgetlieilt liatte ^),

Porta nimmt aiicb die Frage iiber die Eiuheit

1) nbsp;nbsp;nbsp;TIalleri physinlogia. Lmtsannne, 1769^ tom. V, pag. 374.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Be vsw partimn corporis humani. Lib. X, cap. a.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Prirnum quidetn, cum in cato animali, amhobus oculisnbsp;apertis, pupillam utriustiue magnopere turn dilatari, turnnbsp;astringi exiguo intervallo videremus, admirari coepimus,nbsp;deinde ohservare, non solum, altero occluso oculo, alter insnbsp;pupillam dilatari, sed etiam, utrisque apertis, id contingere.nbsp;Cum vero idem animal exiguo temporis spatio pupillam alter-nis et crehris victims turn dilataret, turn coarctaret, susjticarinbsp;coepimus, posse etiam huiusmodi motum voluntarium censeri.nbsp;Cum vero nullum musculum, hide motui trilmtum, comperire-mus, anirni pendebamus, neque, utram sequeremur partem, satis constitutum habebamus. Re igitur cum amico quodamnbsp;nostro communicata, ille tandem forte id observauit, scilicetnbsp;non modo in cato, sed in homine, et quocunque animali foramen uveae in majori luce contrahi, in minori dilatari. ffuodnbsp;arcanum ohservatum est, et tnihi signifcatuni a Patre 3Ia-gistro Paulo Veneto, ordinis, ut appellant, Servorum theo-logo, philosophoque insigni, sed mathematicarum disciplina-rmn, praecipiue optices, maxime sludioso. Hievonymi Fa-hricii ah Aquapendente tractatus anatomicus triplex denbsp;oculo, aure, laringe. 1013. pars 111, cap. 6.

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Porta.

der Bilder in belden Angen, die sclion Alhazeu zieinlicli befriedigend beantwortet batte, wieder aiif.nbsp;Er glaubt, dafs wir immer nur mit eiiiem Aiige sehen,nbsp;mit dem rechten, weim wir etwas zur rechten, mitnbsp;dem linken, wcnn wir etwas znr linken Hand Gclege-nes erblicken wollen. Wir werden ihm diese, im Wi-derspruche mit der Erfahrung stchendc, Meinnng nmnbsp;so weniger verargen koimen, da sic selhst in spilterernbsp;Zeit, tinter anderen von Le Clerc, der sogar ver-sucht hat, sie anf dem Experimeutal-Wege zu besta-tigen, wieder aufgestellt ist').

Von den Far ben handelt Porta im nennteii Bnche. In der Vorrcde zu demselben sagt er, dafs er sichnbsp;langer, als vierzig Jahre mit ganzer Seele mit diesemnbsp;Gcgeiistande beschaftigt babe, und dafs er wiinsche,nbsp;endlich anf den richtigen Pfad gekommen zu sein.nbsp;Die Sache sei schwer, wunderhar, und scheine dasnbsp;inenschliche Fassungsvermögen zu iibersteigen. Defs-halb hiittcn auch die Dichter den Regenbogen dienbsp;Tochter des Thaumas gcnaunt.

Unzufrieden mit der Aristotelischen Farhen-lehre, hiilt er nicht allein das Sonnenlicht fiir farben-los, weil es die Grundlage {hypostasis) aller Farben werden sollte, sondern er ist anch der Meinnng, dafsnbsp;die Farben durch cine Mischung des Lichtes, und dernbsp;dichteren oder diiuneren Theile der Luft, nicht abernbsp;durch eine Mischung von Licht und Finsternifs ent-stehn. Als die Ursache des Regenbogens, in wel-chcm er die Anzahl der Farben fiir unbestimmbar er-Wiirt, sieht er nicht, wie Aristoteles, eine Zuriick-werfung, sondern eine Brechung der Somienstralen

1) Discours, toucliant le point de vuë, dans lequA il est proiwi, r/ue les choses, qu'on voit distinctement, ne sont vucis,nbsp;que dun, oeil, par Seb. Le Clerc. Paris, 1679.

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Maurolycus.

an, die aber nicht in jedem einzelnen Tropfen, son-dern in der ganzen Regenwolke erfolge. Da die Re-genhogenfarhen nicht an etwas Materielles gehunden sind, so nennt er sie scheinbare, unterscheidet also,nbsp;wie die Pytbagoreer, wahre und scheinbarenbsp;Farben. Wie oft endlich Porta den Weg der Er-fahrung verlassen habe, geht aiich darans hervor, dafsnbsp;er den zweiten Regenbogen defshalb nicht fur einennbsp;blofsen Widerschein des ersten halten will, weil sonstnbsp;die Farben beider in derselben Ordnung folgen iniifs-ten, da doch der einfachste Versuch ihn belehrt ha-ben wurde, dafs zwar die Folge der Farben alsdaimnbsp;geiindert, der zweite Regenbogen aber nicht koncen-trisch mit dem ersten, sondern uingekehrt sein würde.

Francisciiii Maurolycus.

Geb. 1494., gest. 1577.

Erklarung der runden Gestalt des Sonnenbildes, ungeachtet es durch eine eckige Oeffniing einfallt — Ein Lichtstral, der auf einnbsp;dichteres Mittel mit parallelen Oberfliichen fallt, geht nach dernbsp;Brecliung parallel mit seiner vorigeii Richtung fort — Dasnbsp;Brechungsverhaltnifs aus Luft in Glas ist 8:5 — Erste An-deutuiig der Brennlinien — Im Regenbogen treten besondersnbsp;sieben verscbiedene Farben hervor, und er entsteht durch einenbsp;wiederholte Reflexion der Sonnenstralen auf der inneren Seitenbsp;eines jedèn Tropfens — Die Wirkung der Krystall-Linse imnbsp;Auge lafst sich mit der eines doppelt-konvexen Glases verglei-chen; die Wcitsichtigkeit ist daher die Folge einer zu wenignbsp;gekriimraten, die Kurzsichtigkeit die einer zu stark gekriimmtennbsp;Krystall-Linse.

Die Familie des Maurolycus stainmte aiis Kon-stantinopel, ans welchein Orte sich sein Vater, Antonins Maurolycus, nach Messina begeben hatte, inn

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Maurolycus.

den Verfolgnngen der Turken zii entgehn. Seine für die dainalige Zeit hervorriigenden Kenntnisse erwar-ben ihm die Gunst vieler angeselienen Manner; selkstnbsp;der Kaiser Karl V., der ibn auf seiner Ruckkebrnbsp;von Afrika sahe, zeichnete ibn aus. Die Würdenbsp;eines Abtes in dem Kloster Stae. Mariae de Partunbsp;bei Castronuovo verdankte er den Beinüliungcn desnbsp;unter Philipp II. berühinten Alessandro Farnese,nbsp;Maurolycus batte dem Don Juan d’Austria dennbsp;Sieg gegen die Turken vorhergesagt, und stand überhaupt seiner Propliezeihuiigeii wegen in grofsem An-sehn ^).

Unter der nicht nnbedeutenden Zahl seiner Schriften, die ineistentheils die Erklarung der alten Mathe-inatiker betreffen, ist auch eine, Photismi de himine et umbra, optischen Inhaltes, die im Jahre 1575., alsonbsp;spater, als Porta’s Magie, in Venedig erschien ^).nbsp;Ungeachtet diese Schrift nur wenige Bogen eiithalt,nbsp;so ist sie doch durch inehrere, für die Theorie wichtige Eutdeckungen ausgezeichnet.

Schon Aristoteles hatte die Frage aufgewor-fen ®), woher es koinine, dafs, wenn die Sonnenstralen in ein verfinstertes Zimmer durch eine Oeffnung vonnbsp;beliebiger Gestalt, z. B. der eines Dreieckes, fallen

1) nbsp;nbsp;nbsp;Moréri Ie grand dictionnaire historique unter Mau-rolj'cus.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Das Exemplar, welches ich gelesen hahe, hat folgenclennbsp;Titel: Francisci Maurnlyci, ahhatis Messanensis, mathematici celeberrimi, t/ieoremata de lumine et umhrat ad per-spectivam., et radiorum incidentiarn facientia. Diaphanorumnbsp;partes seu lihri tres., in quorum primo de perspicuis corpori-bus, in secundo de iride, in tertio de organi visualis struetura,nbsp;et conspiciliorum formis agitur. llis accesserunt Christo-phori Clavii, e societate Jesu, notae. Lugd. 1613. gr. 8vo.nbsp;94 Seitcii.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Problematum sectio XV, cap. 10.

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Mauroly cus.

das Blld, in einer gewissen Entfcrniing aiifgefangen, sicli jedesmal rund zeige; ja noch inehr, wie cs zunbsp;erklaren sei, dafs, wenn ein Theil der Sonne durchnbsp;den Mond verdeckt wird, die durch dieselhe Oeffnungnbsp;von bcliehiger Gestalt einfallenden Sonnenstralen einnbsp;dem leuclitenden Sonnenseginente ahiiliches Bild ge-hen. Aristoteles batte diese Frage nicht besser,nbsp;als durch die Scliwiiche unseres Gesichtes, welchesnbsp;die in die Winkel der Oeffnung fallenden Stralen vornbsp;der Helligkeit jener, die durch die Mitte gehn, nichtnbsp;aufnehinen, wenigstens nicht deutlich unterscheidennbsp;könne, zu erklilren gewufst. Ntllier koinmt er freilichnbsp;der Wahrheit^ wenn er die Ursache, wefshalb dasnbsp;Bild einer Sonnenzone, deren Stralen durch einenbsp;inehrseitige Oeffnung fallen, sich auf einer auffangen-den Ebene wieder als eine solche Zone, nur in um-gekehrter Lage zeige, dahin angiebt'), dafs zweinbsp;Kegel init ihren Scheiteln in der Oeffniing zusaininen-stofsen, von denen die Grundflache des einen in dernbsp;Sonne, die des anderen auf der auffangenden Ebenenbsp;liegt, oblie jedoch diesen Gedanken Aveiter zn verfol-gen, und in die Erklarung auch nur einige Rlarheitnbsp;zu bringen. Was Vitello und Peckbam bierübernbsp;sagen, ist eben so unhaltbar. Erst Mauroly cus be-antwortet diese Frage auf eine genügendere Weise,nbsp;indein er die Ursache jener Erscbeiniing in den beiden Siitzen findet, dafs sich die Peripherieen zweiernbsp;oder inehrerer Kreise uin so iiielir der Gestalt ein esnbsp;Kreiscs nahem, je wcnigcr sie uiiter sich verscbobennbsp;Averden *), und dafs jeder Punkt der Oeffnung die ge-ineinschaftliche Spitzo zweier Kegel sei, von denen

1) nbsp;nbsp;nbsp;Prohlematnm sectio XV, cap. S.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. II, 39.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Thcor. 21.

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Maurolycus.

der eine die Sonnenscheibe, imd der andere, der durch eine gegen seiiie Achse wiiikelrechte Ebene gescbnit-teii wird, einen um so gröfseren leiiebtenden Kreis znrnbsp;Basis babe, je weiter man diese Ebene von der OefF-nung entfernt *). Die Erkliirung, die er auf diesenbsp;Siitze gründet, ist in der Tbat völlig befriedigend.nbsp;„Man denke”, sagt er, „weil zu jedem Punkte dernbsp;Oeffnung eiii Lichtkegel gebörf, aus jedem Punktenbsp;derselben einen Kreis, als die gleicben Gnmdflachennbsp;jener Kegel, auf der auffaiigenden Ebene bescbrie-ben, so mill’s die aas allen diesen Kreisen resiiltirendenbsp;Figiir der Gestalt eines Kreises um so niiber kommen,nbsp;je kleiner die Oeffnung im Vergleiche gegen diesenbsp;Kreise ist, je weiter also die aiiffangcnde Ebene vonnbsp;derselben entfernt wird.” Aiif eben diese Weise be-antwortet er aiicb die zweite Frage. Man wiirde,nbsp;wenn die Oeffnung z. B. eine dreieckige Gestalt hütte,nbsp;aus jedem Punkte dieses auf die auffangende Ebenenbsp;gezeicbneten Dreieckes eine Menge von Figuren, dienbsp;dem Sonnensegmente abnlich sind, zeicbnen miissen,nbsp;deren Resultat um so weniger von einer, dem Sonnensegmente ahnlichen Figiir abweiclien wird, je gröfsernbsp;die einzelnen Segmente im Vergleiche init der Oeffnung genommen werden. Wegen der in der letzterennbsp;sicb durchkreiizenden Stralen wird aber das Bild um-gekehrt erscheinen. Soinit war nun aiieh die Fragenbsp;erledigt, wefshalb das durcb eine beliebige Oeffnungnbsp;zwiscben zwei Blattern eines Baumes einfallende, nndnbsp;durch eine Ebene in einer gewissen Entfernung aiif-gefangene Sonnenlicbt ein kreisrundes, oder ellipti-sches Bild zeige.

1) Theor. 22.

I.

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Maurolycus

Auch Kepler hat sich, ohiie des Maurolycus Schrift zu kennen, mit ehen diesem Gegenstande be-schaftigt *). Er niinmt mit unnützer Weitschweifig-keit eine Menge von geometrischeii Satzen zn Hilfc,nbsp;um kein anderes Resnltat zu finden, als dasjenige,nbsp;welches Mavirolycus anf einem so einfachen Wegenbsp;gefunden hatte. Lehrreich ist übrigens die Erzilh-lung Kepler’s, wie er, nachdem ihm alle friiherennbsp;Erklarungen ungenügend vorgekommen sein, endlichnbsp;die Wahrheit entdeckt habe. „Ich legte”, erzahlt er,nbsp;„ein Buch, das mir die Stelle des lenchtenden Kör-pers vertreten sollte, an einen hochgelegenen Ort.nbsp;Zwischen dieses Buch nnd eine Wand steilte ich einenbsp;Tafel mit einer Oeffnung, die viele Winkel hatte.nbsp;Hierauf befestigte ich an die eine Ecke des Bnchesnbsp;einen Faden, zog ihn durch die Oeffnung hindurch,nbsp;nnd heschrieb langs den Grenzen derselben mit demnbsp;anderen Ende des Fadens eine Figur mit Kreide anfnbsp;der AVand. Ich erhielt hi er durch eine der Oeffnungnbsp;iihnliche Figur. Dasselbe geschah, als der Fadennbsp;an der zweiten, driften und vierten Ecke, nnd annbsp;mehreren anderen Stellen des Bnches befestigt wurde.nbsp;Aus allen diesen Figuren entstand endlich eine, dienbsp;der des Buches um so abnlicber wurde, je weiter dienbsp;Wand von der Oeffnung entfernt war.”

W as Maurolycus in wenigen Theoremen über die Spiegel sagt, steht Porta’s Leistungen bei wei-tem nach. Er macht zwar anf die Laiigenabweichungnbsp;aufinerksam, nirgends abcr zeigt sich hier eine Kennt-nifs der Lage des Brennpvmktes, und der davon ab-hiingigen naheren Bestimmung der Entfernung, Gröfsenbsp;und Lage der Bilder.

1) Ad Vitellonem Paralipomena, c.ip, 2,

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Maurolycus.

In den drei letzten Büchern handelt er von der Brechung des Liclites.

Zum ersten Male finden wir hier den Beweis des Satzes, dafs eiii Stral, der auf ein durclisichtiges Mit-tel init parallelen Oberflachen fiillt, nach der Brechungnbsp;parallel init seiner vorigen Richtiing fortgelit. Ansnbsp;der Gleichheit der Winkel, welche der gehrochenenbsp;Slral init den Einfallslotben im dichteren Mittel macht,nbsp;folgert er die Gleichheit der Winkel in dein dunneren.

Maurolycus ist auch der erste Optikcr, der auf die Kunen, die man in der Folge Brennliniennbsp;durch Brechung nannte, aufmerksam gemacht hat.nbsp;Bei der Uiitersuchung des Weges, den die Stralen innbsp;einer glasernen Kugel nehmen, Avobei er das Verhiilt-nifs des Einfalls-imd Brechungswinkels = 8 :5 setzt*),nbsp;zeigt er namlich, dafs von solchen Stralen, die parallel mit der Aclise durch die Kugel gehn, der vomnbsp;Mittelpunkte entferntere in einem der Kugel naherennbsp;Punkte die Achse sclmcidet, als der dem Mittelpunktenbsp;nahere, woraus er die Folgerung zieht, dafs jedernbsp;Stral den der Achse niilieren hintcr der Kugel sclinei-det, iind von dem entfernteren geschiiitten wird, dafsnbsp;also die gebroclienen Stralen einen Kegel bilden, dernbsp;zur Basis einen Tbeil der Kngcloberflacbe bat, dessen Seiten aber nicht gerade, sondern gekrümmt sind,nbsp;und dessen Scheitel die aufserste Grenze der Durch-schnittspunkte ist ^).

ï) Maurolycus A'crgleicbt eigentlich nicht den Einfalls- mit dem Brechungswinkel, sondern auf eine unbequemere, und jetztnbsp;ungewiinliclie Weise den Eiufalls- mit dem gebrochenen Winkel,nbsp;deren Verlialtnifs er fdr Luft und Glas 8 : 3 setzt. Audi Keplernbsp;vergleicht immer diese beiden letzteren Winkel.

2) Lib. 1, tbeor. 24., scholion: Notandum, qmd, quoniatn solar es radii per diaplbanam splmeram transmissi., non omnesnbsp;eodem concurrtmt, lt;juüil,et eorum fropioretn centra secat, et a

9*

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Mauroly cus.

Die Kreisgestalt des Regenbogeiis erkliirt er da-lier, dafs die auf eine thauige Wolke (rorida ntihei) fallenden Stralen von allen Seiten unter einem Winkel von 45” gegen das Auge gekrocken werden *).nbsp;Er tkeilt namlick den Umfang des Tropfens (Fig. 4.)nbsp;dnrck die Punkte B, C , . , H in ackt gleickenbsp;Tkeile, nnd lafst den Stral LH aus dein unterennbsp;Rande der Sonne unter einem Winkel LHM von 45®nbsp;gegen M kin, den Stral KA aker aus dein okerennbsp;Sonnenrande von der kinteren Seite D des Tropfensnbsp;gleichfalls unter einem Winkel KDM von 45“ nacknbsp;demselben Punkte M kin reflektirt werden. Eke akernbsp;die Stralen nack dem Aiige M kommen, sollen sie,nbsp;um sick mit Farken zu triinken, versckiedene Malenbsp;von der inneren Seite des Tropfens zurückgeworfennbsp;werden, der Stral LH x. B. siekenmal in B,

A^ jP, C. lm Regenkogen selkst untersckeidet er kesondcrs vier Farken, die er croceus, viridis, coertt-leus nnd purftureus nennt, zwischen diesen aker nochnbsp;drei andere, die er als die Uekergange {connexione^nbsp;ansicht.

Obgleich wir in der Folge sehn werden, dafs schon lange vor Maurolj^cus, im Anfange des vier-zehnten Jahrhunderts, durch einen Deutschen Domi-nikaner, Theodoriciis de Saxonia^), die Entste-remotiori secatur. Ideo radii ipsi, splmern egressi, contimnbsp;quendam efpciunt, cuius basis est superficies sphaericae por-tionis, intra quatn terminantur omnium radtorum congressus.nbsp;Latera vero non recta, sed, propter huiusmodi successivas ra-diorum sectiones, curva sunt; vertex auteni est extremus terminus congressuum.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. II, theor. 25.

2) nbsp;nbsp;nbsp;In der Schrift De radialUms impressinnUms, auf welchenbsp;sich walirscheiiilieh folgende AVorte des Maurolycus, ain Eiidenbsp;des zwciteu Buches der Diap/M'normn, beziehii: Audio, quos-

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Maurolycus.

hung des Regenbogens auf dieselbe Weise erklilrt wird, die sich bis jetzt als die allein richtige bewahrtnbsp;bat, so kaunte doch Maurolyciis diese Schrift nicht,nbsp;und er macht daher einen Fortschritt in der Theorienbsp;des Regenbogens, wenn er besonders sieben Farbennbsp;in demselben unterscheidet, und eine Reflexion dernbsp;Sonnenstralen auf der innereu Seite eines jeden Tro-pfens anniinmt.

Auch in der Bestimmung der Funktionen, welche die Natur den Organen des Auges angewiesen hat,nbsp;machte Maurolycus einige wichtige Entdecknngen.nbsp;Er ist der erste Optiker, der auf den glücklichen Ge-danken kam, die Wirkungen der Krystall-Linse ausnbsp;der Theorie der Glasllnsen zu erklaren, Zwar weifsnbsp;er über diese nichts mehr anzuführen, als dafs dienbsp;Lichtstralen durch eine doppelt - konvexe Linse innbsp;einen Punkt der Achse gesammelt, durch eine dop-pelt-konkave aber zerstreut, und von der Achse ent-fernt werden, und dafs die Linsen diese quot;Wirkimg umnbsp;so bedeutender zeigen, je starker ihre Oberfliichennbsp;gekrümmt sindj dennoch leitet ihn diese mangelhaftonbsp;Kenntnifs zu der Behauptung, dafs nur die Augen-achse ungebrochen durch die Krystall-Linse gehe,nbsp;alles schief einfallende Licht aber in ibren beidennbsp;Oberflachen gebrochen werde, wahrend noch Rogernbsp;Baco und Peckhain der Meinung gewesen waren,nbsp;dafs die Krj^stall-Linse nur winkelrecht einfallendenbsp;Stralen aufnehmen könne. Die Analogie zwischennbsp;®inem doppelt-konvexen Glase und der Krystall-Linsenbsp;¦weiter verfolgend, bemerkt er, dafs die letztere nicht

dam inveniri Uheltos in Germania, ut per indieem quendam vetustorum exemplarium Andreae Stihonii, Canonici Fien-nensis, didU-imus, in quibus huiusce rei (der Entstehung desnbsp;Regenbogens) demanittratio tractatwr, qms ego mnêum vidi.


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MauroJycus.

kiigelförmig eingerlchtet werden konnte, weil sonst die von den Endpunkten eines Gegenstandes kommen-den Stralen sick im Mittelpunkte dieser Kiigel durch-kreuzen, imd ein utngekekrtes Bild geben würden; sienbsp;müfse vielmehr zusanunengedrückt, uiid aus zwei spha-riscben Stücken von verscbiedener Konvexitiit, so daisnbsp;das vordere weniger gekrüinint ist, zusammengesetztnbsp;sein, damit die Stralen vor ihrer Yereinigung dennbsp;Gesiclitsnerv treffen, und aufrecbte Bilder geben kön-nen. Er koinint also aucb darin der Wabrbeit bedeu-tend niilier, dafs er die Vereinigung der Stralen nicbtnbsp;auf der Krystall-Linse, sondern hinter derselben an-nimmt. Auf demselben Wege entdeckt er endlicbnbsp;aucb die Ursacbe der Weit- imd Kurzsicbtigkeit. Danbsp;der Weitsicbtige sicb des stralensauimelnden Konvex-Glases bedienen mufs, so findet er die Ursacbe dernbsp;Weitsicbtigkeit in eiuer zu wenig gekrüinmten Krystall-Linse {expansior pupillae facies^ hoe est, denbsp;majori sphaera sumtd), welcbe die von naben Gegen-stilnden konunenden Stralen nicbt stark geniig briebt;nbsp;und da der Kurzsicbtige das liebtzerstreuende Kon-kav-Glas gebraueben mufs, so balt er die Kurzsicbtigkeit für die Folge einer zu stark gekrümmten Krystall-Linse {pupitla conglobatior), welcbe die vonnbsp;entfernten Gegenstiinden kommenden Stralen sicb zunbsp;frübe vereinigeu lafst. Uebrigens sebeinen schon da-mals die Brillen in allgemeinem Gebrauebe geweseunbsp;zu sein, da Maurolycus in früberer Zeit Brillen ge-sebn zu babeii versiebert, auf welcheu das für sie passende Alter angegeben war.

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Baco von Verulam.

Baco Ton Terulain.

Gel). 1S60., gest. 1C26.

In der Geschichte der Physik pflegt man diesem Manne .eine ausgezeiclinete Stelle einzurainnen, frei-licli von anderen Rücksicliten, als den gewöhnlichennbsp;geleitet. Denn weit entfernt, den Umfang dieser Wissenschaft erweitert zn haben, wollte er vielmehr dasnbsp;ganze Gehande derselben als ein solcbes, das in sichnbsp;selbst nicbt aufrecht erhalten werden könne, zerstoren.

Scbon der bisherige Verlauf der Gescliichte der Optik erklart ims znin Theil die Grimde, die ein solcbes ünternehinen veranlassen konnten. Der Fleifsnbsp;und Scbarfsinn der Gelehrten batten sicb erschöpft,nbsp;die unfehlbare Autoritat des Plato und Aristotelesnbsp;so wie in dèr Optik, so ancb in dem ganzen Gebietenbsp;der Physik aufrecht zu erhalten, ungeachtet diesenbsp;scbarfsinnigeu Philosophen doch nur die erstcn un-sicheren Scbritte zur Entliüllung der Naturgesetzenbsp;gethan batten. Diese Abgotterei, die man mit dernbsp;Untrüglicbkeit der Griechischen Philosophen trieb,nbsp;war es, die den Baco veranlafste, die bisber von dennbsp;Pbysikern befolgte Methode fiïr eine gilnzlich ver-feblte zu erklaren, und der Physik nicht eher einenbsp;bessere Zukunft zu verheifsen, als bis man sich vonnbsp;der Knecbtschaft der scholastiscben Methode befreitnbsp;haben würde. Mag er auch in seinem Eifer gegennbsp;das bisherige Verfahren der Pbysiker zu weit gegan-geii sein, so bleibt ihm nichtsdestoweniger das über-aus grofse Verdienst, die Grundsiitze der Physik fürnbsp;immer auf die Erfahrung zuriickgewiesen, und so dienbsp;allein sichere Basis für jcde physikaliscbe Spekula-tion gegeben zu haben.


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Baco von Verulam.

Der gröfsere Theil seiner Schriften') fallt in die spateren Lehensjahre, sein herühmtestes Werk aber,nbsp;das Novum organum, war die Frucht eines vieljiih-rigen Forschens. Was er in dein dainaligen Zu-stande der Optik vermil'ste, lind wie er wollte, dafsnbsp;die Pbysiker hier zii Werke gehn müfsten, Av.ird sichnbsp;ain besten beurtheilen lassen, wenn ich einige vonnbsp;den wenigen Stellen, in denen er in seinen Schriftennbsp;von der Optik handelt, hersetze.

„Dafs keine grüudliche Untersuchung üher die Form des Lichtes hisher angestellt ist, gehort zu dennbsp;unhegrciflichsten Mifsgrilfen. Man spricht von dennbsp;Stralen des Lichtes, ohne sich um seinen Ursprnngnbsp;zn küininern. Die Versetzung der zu frühe von dennbsp;Physikern aufgegebenen Perspektiv unter die Herr-schaft der MatUematik, hat diesen und andere ahn-liche Mangel herheigeführt. Man scheuete sich abernbsp;vor einer Forschung iiach dein Ursprunge des Lichtes, gleichsam aus religiöser Ehrfurcht, als oh es hö-herer Natur ware, und die Mitte hielte zwischen Gött-lichein und ErschalFenem, so dafs sogar einige Pla-t onik er das Licht flir alter, als die Materie hielten,nbsp;ungeachtet doch die heilige Schrift ausdriicklich er-kliirt, dafs Hiunnel und Erde vor der Erschaffung desnbsp;Lichtes finster gewesen sein. Man hatte aber dienbsp;physikalische Untersuchung desselben nicht sogleichnbsp;aufgeben, sondern ziinachst erinitteln sollen, was allennbsp;leuchteuden Körpern gemeiusam sei, also die Formnbsp;dos Lichtes. Denn welch ein Unterschied ist zwischennbsp;der Sonne und faulendem Holze, oder don verwesen-den Schuppen der Fische! Man batte erforschen uiüs-

1) Man findet sie gesajnmelt in Fra7icisci Baconi opera o-mnia. Franco/, ad lUoentmii 1663.

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Baco Ton Yerulam.

sen, quot;wns denn die Ursache sei, wefshalb einige Kör-per glühen, und Licht um sicb her verhreiten, andere aher durchaus nicht in diesen Zustand versetzt werden können. Die Ursache dieses Uehels aher, so wienbsp;der meisten anderen, liegt darin, dafs man nicht ausnbsp;dem hesonderen Verhalten der Dinge auf ihre ge-meinsainen Formen schlofs, welches ich doch fur dienbsp;eigentliche Aufgahe der Metapliysik, die selhst einnbsp;Theil der Physik ist, erkliireu mufs. Die Untersu-chung liber die Form und den Ursprung des Lichtesnbsp;ist es also, was ich vermisse” ').

„Was die Fortpflanzung des Lichtes, nicht aher seine Erzengung betrifft, so ist ibm nichts ahnlicher,nbsp;als der Schall. Man untersuche also genau, worinnbsp;heide übereinstimmen, worin sie abweichen. Lichtnbsp;und Schall verhreiten sich ringsumher durch die weitesten Raume, das Licht aher schneller, als der Schall.nbsp;Beide sind der leisesten Uebergiinge fahig, wie dienbsp;Tone in den artikulirten Worten, das Licht in aliennbsp;Bildern des Sichtbaren. Licht und Schall stimmennbsp;auch darin überein, dafs ihre Wirkungen sich nur aufnbsp;die Siime der Thiere erstrecken, dafs sie leicht her-vorgebracht werden können, und eben so leicht ver-schwinden, dafs das Licht von einem stilrkeren Lichtenbsp;verdunkelt, und eben so der Schall von einem starke-ren Schalie unterdriickt wird. Beide aher unterschei-den sich darin, dafs das Licht, wie schon gesagt, sichnbsp;geschwinder beivegt, dafs es sich auf gröfsere Entfer-nungen ausbreitet, dafs es sich nur in geraden Linieunbsp;fortpflanzt, wahrend der Schall uberallhin vernommennbsp;wird” 2).

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Erfluduug der Mikreskope und Teleskope.

Durch ein solches Vergleichen der Eigenschaften, durch ein solches Znsaimnenhalten des Uebereinstiin-inenden nnd Ahweichenden, durch ein solches Ver-einzeln der lleobachtungen und Versuche glaubte alsonbsp;Baco der Optik elne bessere Zukunft versprechen zunbsp;durf en. Wer unter den Physikern unserer Zeit inögtenbsp;in Abrede stellen, dafs die Naturwissenschaft geradenbsp;durch diese Methode bis zu ihrer gegenwartigen Höhenbsp;gedieheu seil

Von der Erfindiiiig der Mikroskope imd Teleskope.

Der Brillenmacber Joannes, und sein Sohn Zacharias Joan-nides (Jansen) aus Middelburg, erfanden gegen das Ende des sechszelinten Jahrhunderts das zusammengesetzte Mikroskop,nbsp;dessen Okular ein Zerstreuungsglas ist —^ Durch den letzterennbsp;wurde um das Jalir 1609. das erste Fernrohr zu Stande gebracht — Als der zweite Erfinder ist Lipperseim (La-prey) anzusehen — Simon Marius, Jakob Metius undnbsp;Galilei haben ervveislich- das Teleskop nicht erfunden —nbsp;Christoph Scheiner führt zuerst Kepler’s Gedanken aus,nbsp;Fernröhre mit zwei und drei konve-sen Linsen, so wie das so-genannte Helioskop, einzurichten — Rh ei t a hat das Fernrohrnbsp;mit vier konvexen Linsen zuerst gebraucht, auch ist er der Erfinder des Binokular-Teleskopes — Das zusammengesetzte Mikroskop mit zwei Sammelgliisern ist von Franciscus Fontana erfunden worden — Cornelius Drebbel hat wedernbsp;an der Erfindung' der Jlikroskope, noch der Fernröhre Antheil.

Dafs keine Erfintlung das Eigenthnin eines Ein-zigcu sei, dafs sic vielinehr von ihrein ersten, durch Zufall oder Nachdenken veranlafsten, Entwurfe nachnbsp;und nacli wachsend, die Vereinigung inannigfachernbsp;Talente erfordere, ehe sie zn ihrer Volleudnng heran-

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gereift ist: diese Beliauptung wird durch die Ge-schiclite aller Wissenschaften, insbesondere auch durch die der Optik hestatigt. So wird es erklar-lich, wefshalh die Namen der Erfinder so oft ein Ge-genstand des Streites gewesen siiid, indein Einigenbsp;den, der die ersten Grundzüge entwarf, Andere den,nbsp;der, ohne ans Ziel gelaugen zu konnen, einen Schrittnbsp;weiter that. Andere eiullich den, der die vereinzeltennbsp;Bestrehungen seiner Vorganger zu einem einzigennbsp;Ganzen zusammenzufassen verstand, für den eigent-lichen Schöpfer einer Erlindung angesehen wissennbsp;wollen.

Auch üher den Namen dessen, der das erste Fernrohr, eins der hewundernswerthesten Erzeugnissenbsp;geistiger Kraft, zu Staude hrachte, sind die Nach-richten in den Quellen selbst sehr verschieden. Dasnbsp;Wahrscheinlichste aus dieseii sich widersprechendennbsp;Angahen zu entnehinen, ist der Zweck der vorliegen-deu Uiitersuchung, hei der ich folgeuden Plan befol-geu will: ich wcrde

1) nbsp;nbsp;nbsp;die Schriften, in denen man Aeufserungen fin-det, welche daranf hinzudeuten scheinen, dafsnbsp;die Fernröhre schon vor dem Anfange des sieb-zehnten Jahrhunderts bekamit waren, anführen;

2) nbsp;nbsp;nbsp;die Zeugnisse, welche die Erfinduug einem Middelburger Küustler, Zacharias Joannides;

3) nbsp;nbsp;nbsp;die, welche sie einem anderen Künstlcr ausnbsp;Middelburg, Joannes Lipperseiin (Laprey),nbsp;zuschreihen, und

4) nbsp;nbsp;nbsp;die Namen anderer Manner, denen man die Er-fiuduug heigelegt bat,

nenneu, um aus der Vergleichung aller dieser Zeug-nisse darzuthun, dafs die gewöhnliche Meinung, das erste Fernrohr sei durch Zacharias Joaniiides zu




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Erfindung der Mikroskope und Teleskope.

Stande gebracht worden, allerdings das Meiste für sich habe.

Hindeutungen auf die Bekanntschaft mit dein

Fernrobre vor dein Anfange des sieb-zehnten Jalirbunderts.

Dafs schon Roger Baco and Porta an die Einrichtiing eines Fernrolires dachten, dafs ersterernbsp;sogar in prophetiscbein Geiste auf die eiidlosen Vor-theile, die ein solclies Instrument bringen würde, auf-inerksain machte, habe icb bereits crwahnt, mul dortnbsp;schon die Gründe angegeben, die es bezweifeln lassen, dafs beiden Mamiern dies Werkzeug aus der Er-fabrung bekannt gewesen sei.

Aeufserungen aber, die sicb auf die Kenntnifs des Fernrohres zu beziehen scbeinen, findet mannbsp;schon in viel früherer Zeit. So erzahlt Diodorusnbsp;Siculus ‘), dafs Hekataus und andere Schriftsteller einer Insel erwillmen, die nicht kleiner, als Sici-lien, den Geiten gegenüber nach dein Nordpole binnbsp;liege, deren Einwolmer Priester des Apollo sein,nbsp;und auf der man den Mond so nahe sebe, dafs mannbsp;auf ihm etwas, das den Bergen auf der Erde iihnlichnbsp;ist, gewabr werde. Au ein Teleskop kann man abernbsp;bei dieser Nacbricht des Diodor nur dann denken,nbsp;wenn man annehmen will, dafs die Druiden — deminbsp;die Beschrcibung pafst auf keine andere Insel besser,nbsp;als auf Britannien — schon zur Zeit des Hekatiius,nbsp;der ein Zeitgenosse Alexanders des Grofsen war,nbsp;vorzüglichere Fernröhre, als es unsere heutigen sind,nbsp;mit denen man keine Berge auf dein Monde sehennbsp;kann, gehabt baben.

1) Lib. II, cap. 47.

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Erfindung der Mikroskope und Teleskope.

Wie unwahrscheinlich auch die Nacliriclitcn sein, dafs sicli Ptoleinaiis Evergetes auf dem Leucht-thnrme der Insel Pharos, und Ciisar an der Küstenbsp;Galliens optlscher Werkzeiige bedient haben, um dienbsp;Bewcguiigen des Felndes in ¦«¦citer Feme zu beob-achten, hieran babe ich schon früber gcdacbt.

Bcstiimntcr spricht Ditmar, Biscbof von Merseburg, der im Anfange des cilften Jahrbunderts starb, in seincin Chronicon Martisbwrgense von eineinnbsp;Robre znr Beobacbtung der Gestirne. Es heifst hier;nbsp;„Gerbertus ‘) optime callebat mtrorum cursusnbsp;discernere ^ et contemporales suos variae artis noti~nbsp;tia superare. Hic tandem a finihus suis expulsus^nbsp;Ottonem petiit imperatorem^ et cum eo diu con-versatus, in Magdeburg horologium ƒecit, illudnbsp;recte constituens, considerata per fis tul am qua-dam Stella, nautarum duce.’’^ So sagt auch Cysa-tns in seinein Werke iiber den Kometen des Jah-res 1618., dafs sich in der Bibliothek des Klostersnbsp;Scheyern ein Manuscript, das vor vierbnndert Jahrennbsp;geschrieben sei, befinde, in -welcheui aufser anderennbsp;Bildern ein Astronom, der diirch ein Fernrobr dennbsp;Hiinmel betrachtet, dargestellt sei ^). Dies bestatigt

1) nbsp;nbsp;nbsp;Vertrieben als Bischof ¦\’on Rheims, hcrnach Pabst uuternbsp;dem Namen Sylvester II. Die Stelle stelit in der Helmstadternbsp;Ausgabe 1605. von Maderus, lib. \Ij pag. 180.

2) nbsp;nbsp;nbsp;De loco, motu, magnitndine et causis cometae, qui subnbsp;finem mini 1618., et initium anni 1619. fulsit. Jngolstadii,

1019. pag. 76. Da dies Buch zn den sehr seltenen gehort, so setze ich die Stelle wortlich her: An Nicephorus et Anaxagoras ilium stellarum erraticarum confluxwm, Democritusnbsp;auteni earundem digressum libero oculo conspexerint, non dis-puto; fortassis et ipsi solo tuho optico phaenomenon illud de-prehenderunt. Fuisse enim usum tuhi optici antiquis etiamnbsp;astronomis familiarem, testatur liber vetustissimus in bibliotheca celeherrimi monasterii Scheurensis, scriptns ante 400

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Erfindung der Mikroskope mul Teleskope.

der berülimte Benediktiner Mabillon, der im Jalire 1683., auf Veranlassung Colbert’s, eine Reise nachnbsp;Deutscliland unternahm, uin die Bibliotheken nndnbsp;Archive dieses Landes kennen zn lemen. Er er-zahlt ‘), dafs der Abt Gregorins des Klostersnbsp;Sclieyern, in der Diocese Freising, iliin eine Clironiknbsp;gezeigt babe, die ein Monch, Konrad, vom Jahrenbsp;1096. angefangen, nnd bis auf seine Zeit, drei Jahr.nbsp;hnnderte hindurch, fortgesetzt batte, nnd dafs diesenbsp;Chronik aufser mehreren anderen Manuscripten auclinbsp;eine Hi»toria scholastica des Petrus Comestornbsp;enthalten babe, auf deren ersten Bliittern die freiennbsp;Künste bildlicli dargestellt waren. Auf dem dritten,nbsp;der Astronomie bestiimnten, Blatte befand sicb einnbsp;Bild des Ptolemaus, der durcb ein lilngeres, einemnbsp;Fernrobre abulicbes Instrument, das vier Auszügenbsp;batte, den Hiimnel betracbtete ^).

Da in diesen Nacbricbten nicbts über die Ein-ricbtung des Robres gesagt, nnd es nicbt glaublicb ist, dafs eine so nützlicbe Erbndung, wie die desnbsp;Fernrobres, Jabrbnnderte bindurcb unbekannt nnd nn-benutzt geblieben sein sollte, so liegt die Vennutbungnbsp;sebr nabe, dafs man bier mir an ein leeres Robr,nbsp;durcb welcbes man die Seitenstralen abbielt, zu denken babe. Im Betreff der von Cjsatus mitgctheil-ten Nacbricbt ist es überdies nicht unwabrscbeinlich,nbsp;annos, qiM in lihro inter caetera schemata etiam astronomusnbsp;fer tulrum opticnm, in coelmn intentnm, siclera contemplansnbsp;visitur.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Joaris Mabillonii Iter Germanicum. Hamh, 1717.nbsp;pag. 54.

2) nbsp;nbsp;nbsp;In tertio folio astronomia exhihetwr, adjunctam ha-hens a dextris Ptolemaei effigiem, sidera cnntemplantis openbsp;instru7nenti Inngioris, quod instar tuhi optici, (jnatnor ductusnbsp;habentis, concinnatum est.

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Ëriindung der Mikroskope und Teleskope.

dafs der Maler blofs aus seiner Phantasie das Auge des Astronomen init einem Fernrolire bewaifnet babe.

Eines mit Glilsern versehenen, und einer viel frülieren Zeit angcbörigen Fernrohres erwilbnt Li-bertus Fromondus in seinen Meteorologicisvomnbsp;Jalire 1627. uiit folgenden Worten: ^^Nuper in Han-nonia in vetere cuiusdam arcis supellectile dioptri-cus tubus repertus narratur^ aeruginosus et multaenbsp;antifiuitatisr Diese Nachricbt verdient aber mn sonbsp;Aveniger, berücksicbtigt zu werden, da Fromondusnbsp;selbst keiii grofses Vertrauen in dieselbe setzt.

leb will es auch niebt mierwiibnt lassen, dafs Thomas Digges fiir seinen Vater, Leonhardnbsp;Digges, eineii Matlieinatiker Englands, der schonnbsp;1574. starb, die Erfindung des Fernrohres in An-sprneb niinmt. Wie wenig Gewicht man indefs anfnbsp;diese Angabe Hooke’s^) zu legen babe, gebt schonnbsp;darans bervor, dafs dieser selbst es nicht bezw'eifelt,nbsp;dafs dieselbe Erfindung aucli von Porta geniacht sei.

Es kann demnacb die Behauptung, dafs das Fern-rohr vor dem Anfange des siebzehnten Jahrhunderts nnbekannt Avar, kaum zAveifelbaft sein, zumal da Kepler®), dessen ruhinvollste Tbatigkeit gerade in diesenbsp;Zeit fallt, eben diese Meinung bestinunt ausspriclit.nbsp;Er nennt den Erfinder cinen Belgier, und hiilt es fürnbsp;wabrscheiulicb, dafs die Erfindung dureb die unsnbsp;schon bekannte Stelle in Porta’s Magie, oder viel-leicht auch durch einc Figur in seinen Paralipome-nis ad Vitellonem,, pag. 202., veranlafst sei. Diesnbsp;Werk erschien aber erst im Jahre 1604. Es ist in

1) nbsp;nbsp;nbsp;Lovanü, lib. Ill, cap. 2.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Hooke's E.xperhnent by Oer ham, pag. 258. Priestley (resell, der Optik, pag. 51.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Dissertatio cum Nuncio sidereo. Pragax, 1610. pag. 18.

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144 nbsp;nbsp;nbsp;Erfiudung der Mikroskope und Teleskope.

dieser Figur ein Sammel- «nd eln Zerstreuungsglas durch eine gemeinschaftliche Achse verblinden, nichtnbsp;etwa als das Bild eines Fernrohres, sondern blofs urnnbsp;zii zeigen, wie durch das erstere die Gegenstandenbsp;dem Weitsichtigen entfernt, durch das andere deinnbsp;Kurzsichtigen genahert werden. Mit dieser Behaup-tiing Kepler’s stiminen auch, wie wir hernach sehennbsp;werden, Galilei und Descartes üherein.

Zeugnisse, welche die Erfindung dem Zacha-rias Joannides (Jansen) zuschreiben.

Eine für die Geschichte derFernröhre sehr schiltz-bare Quelle ist des Borellus Schrift De ver o te-lescopii inventore *), weil sie zwei im Betreffe dieser Angelegenheit gerichtlich aufgenoinmene Zeugnisse,nbsp;und ein drittes, besonders glaubwürdiges Dokiiinentnbsp;enthiilt, welche über die TJmstande, von denen dienbsp;Erfindung der Fernröhre begleitet war, einen ziemlichnbsp;befriedigcnden Aufschlufs geben. Eins der gericht-lichen Zeugnisse lautet wörtlich so;

Nos Consules, Scahini et Consiliarii civitatis ]\Iiddelburgi in Selandia jussimus, audiri et exa-minari Joannem Zackaridem, confectorem con-spiciliorum in civitate nostra^ aetatis qiii esset an-norum quinquaginta duorum, et etiam Sar amnbsp;Goedardamy quae inhabitat aedes^ quarum st.nbsp;gnum est crux aurea^ in porta interiori huiusnbsp;civitatis.^ de cognitione certa^ quae apud illos simulnbsp;et singulos eorum esset: quisnam videlicet homo innbsp;hac dicta civitate prima c07ispicilia longa^ sive te-lescopia confecerit. Illi ad interrogata responde-runt et declararunt haec^ quae sequuntur;

1) Hagae-Comitum, 1635.

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Et primo praedictus Joannes Zacharides affirmavtt illa telescopia primiim esse inventa etnbsp;confecta a patre suo^ cui nomen er at Zachariasnbsp;Joannides, idque contigisse, ut saepe inaudive-rat^ in hac civitate anno Christi 1590* Quod tarnen longissimum telescopium, Ulo tempore con-fectum, non excessit quindecim aut sedecim polli-cum longitudinem. Affirmavit, tune duo talia telescopia oblata fuisse, unum videlicet iUustrissimonbsp;principi Mawritio, alteram vero Archiduci Alberto^ et tantae similis longitudinis telescopia innbsp;usu f wisse usque in annum 1618. Tunc demum {utnbsp;affirmavit hic testis) ipse et pater ejus, nempe praedictus Joannes et Zacharias Joannides, iu-venerunt fabricam et compositionem lo7igiorum te-lescopioriim, quihus etiam nunc utimtiir nocte adnbsp;inspiciendas stellas et lunam. Insuper affirmavit^nbsp;quendam^ nomine Metium^ anno 1620. advenissenbsp;Middelburgum, et comparasse tale telescopium^nbsp;cuius confectionis modum conatus est imitari^nbsp;quantum potuit. Idem et tentasse Corneliumnbsp;Dreb ellium. Insuper dixit hic testis.^ cum haecnbsp;sunt inventa^ putrem suum inhabitasse aediculas,nbsp;quae sunt tn coemeterzo tejnpH ziovi, ubi nunc sub-hastatio rerum publice fit.

Post hunc audita est et deposuit Sara Goe-darda, et affirmavit^ jam esse fere 42 aut 44 an-nos circiter {nam de certo praefixo tempore non poter at dicer e)., cum consptcilta longa in hac civitate primum a fra.tre ejus, Zacharia Joan-ntde, jam mortuo, confecta sint, qui habitavitnbsp;aedes prope mouetam, junctas templo novo. Scten-tiue suae rationem dixit, quod illa vidisset tnnu-meris vicibus fratrem conficientem talia telescopia.

I. nbsp;nbsp;nbsp;10

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II

II

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Erfindung der Mikroskope und Teleskope.

In ftdem dictorum Nos Consnles et Scabtni praedicti haec sigillo minori nostrae civitatis jussi-mus Jirmari^ et per tirium ex numero secretario-rum noslrorum subscribi, tertio die mensis Martii,nbsp;anno 1655.

Locus sigilli.

Subsignatum^ Simon van Seaumorit.

Nacli der gericlitlichen Aussage des Joannes Zacharides in Middelburg liat also sein Vater,nbsp;Zacbarias Joannides, iin Jahre 1590. das Te-leskop erfunden. Das langste bat, dieser Anssagenbsp;zvifolge, nicbt 15 bis 16 Zoll überstiegen, und diesenbsp;knrzen Teleskope sind bis zuin Jahre 1618. im Ge-brauclie gewesen, zu welclier Zeit der Vater Zacha-rias Joannides, zngleicb init dein Zengen Joannes Zacharides, liingcre Teleskope erfaudcn. Einsnbsp;jener kürzeren wurde dem Prinzen Moritz yon Nassau, ein anderes dein Erzherzoge Albert überreicht.nbsp;Erst im Jabre 1620- kam Metius nacb Middelburg,nbsp;und sucbte das Teleskop, so gut er konnte, nacbzu-jnachen. Dasselbe versucbte auch Cornelius Dreb-bel. Die Sekwester des Zacharias Joannides,nbsp;Sara Goedarda, versicherte gleichfalls, dal’s sienbsp;ihren Bruder sehr oft habe dergleichen Teleskopenbsp;verfertigen sehen, ohne die Zeit der Erfindung geiiaunbsp;angeben zu können.

Man könnte in dieses Zeugnifs, das von nahen Verwandten, dem Sohne und der Sekwester des an-geblicben Erfinders, abgelcgt ist. Zweifel seizen, wennnbsp;es nicht diirch ein anderes, das unverkennbar dennbsp;Chavakter der Unparlheiliehkeit triigt, uiit Ausnabmenbsp;einigcr Zcilaugaben, im Wesentlichen hestiitigt wiirde.nbsp;In der genannten Schrift Avird nauilich folgeiider Brief

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Erllndung der Mikroskope und Teleskope.

riae istius, nee er at {iit nunc talia monstrantur) curto tuho, sed fere ad sesquipedem longo, cwi tu-bns ipse er at ex aere inatirato, latitndinis duorumnbsp;digitorum in diametro^ insidens tribus delphinis exnbsp;aere^ itidem suhnixis in basis disco ex ligno Ebeno^nbsp;qui discus continebat impositas quisquilias ^ a^lt mi-nuta qwaeque^ quae desuper inspectabamus formanbsp;ampliata ad miracidum fere maxima. Ast longenbsp;post, nempe anno 1610., inquirendo paulatim etiamnbsp;ab illis inventa sunt Middelburgi telescopia longanbsp;siderea, de quibus tibi res est, et unde lunam etnbsp;reliquos planetas, stellas et sidera inspectamus;nbsp;quorum specimen unum principi Mauritio etiamnbsp;obtidit, qui illud inter secreta custodivit, usui futurum forte in expeditionibus bellicis. Ut tarnennbsp;rumor tam mirandi novi inventi increbuit, et jamnbsp;in Hollantlia et alibi de autore loqrierentur homines curiosi, vtr quidam hactenus ignotus ex Hol-landia Middelburgum venit apud autorem, inquisi-turus super secreto isto. Qui cum quaereret con-spiciliorum confectorem, in dicta civitate degentemnbsp;in aedibus paruis, innixis templo novo, casu inci-dit in Joannem Lapreyum, etiam conspicilliji-cem in vico Caponario, etiam aediculas templo novonbsp;innitentes inhabitantem; credens, se esse apud ve-rum inventorem, qui exigua tantum distantia abnbsp;Ulo Ijapreyo, in altero latere templi dicti, et an-gulo satis obscuro morabatur. Et cum Eapreyonbsp;sermones de secreto telescopii habuit, qui, homonbsp;ingeniosus et observator anxius omnium, quae virnbsp;ille aperuit, etiam quaestiones et lunularum sivenbsp;lentium comparationes jam longas, jam proximasnbsp;considerans, post dictum Zachariam Joanni-dem egregia industria ac cura eadem telescopia

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Erflndung der Mikroskopo und Teleskope.

longa invenit^

peregrtm.

et confecit ad placitum istius viri Quare merito hic Joannes Lapreyus

etiam pro inventore secnndo midiri potest^ cum in^ genii sni acumine rem non monstratam detcxit exnbsp;eventw, quod dixi, feciUjue illa telescopia sua pu-blici juris, et primus divulgavit.

Res et error tarnen brevi sese manifestavit, nam jldrianus Bletins, Jlkmarianns mathema-tices professor, et post eum Cornelius Drebel-lius supra nominatus, re cognita 1620. Middelbur-gum venerunt, et non Joanriem Liapreyum,nbsp;sed Zachariam Joannidem adierunt, a quonbsp;singuli telescopia pretio compararunt, et multis ob-servationibus et curis, sicut et O alilaeus a Qa-lilaeis, Florentinus Italus, et alii multi doctissiminbsp;viri, rem inventam 7nagnopere illustrarunt, inventinbsp;primi tarnen hotiore apwd illos duos Middelburgen~nbsp;ses in solidum manente. Quibus ego seu primisnbsp;Middelburgensibus seu adornatoribus per hancnbsp;meam epistolam nihil quicquam detractum iri volo,nbsp;\ale, vil' doctisshne, et iis, quae expericntia et me-moi'7a satis certa mihi dictavit, utere, si luhet. Da~nbsp;bantur LjUteftts, nona die mctisis Julii, anno 1655.

Hiernach ist also Borelius im Jalire 1591. in Middelburg geboren, und wobnt schon als Knabe innbsp;der Nahe eines Brillenmaehers Hans. Der Solin des-selben, Zacharias, ist der Jngendfreund unseresnbsp;Zengen, der v'ersichcrt, oft gehort zu habeu, dafsnbsp;jeuer Brillemnacber Hans, init seinem Sobne Za-cbarias, die Mikroskope erfunden liabe, welche sienbsp;dein Prinzen Moritz von Nassau überreicbten.nbsp;Ein anderes wurde liernacb dem Erzberzoge Albertnbsp;übergeben. Borelius selbst sab iin Jahre 1619.,nbsp;als er Gesandter in England war, dies letztere Mi-

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Erflüdung der Mikroskope luid Teleskope.

kroskop, welches der Erzlierzog Albert dem hekann-ten Cornelius Drebhel geschenkt liatte. Dies Instrument war andertlialb Fufs lang, das Rohr desscl-ben war vergoldet, und batte zwei Zoll im Durch-inesserj es stand auf drei ebernen Delpbinen, und das Fufsgestell war von Ebenholz. Die auf dasselbenbsp;gelegten kleinen Gegenstande erschienen, wenn mannbsp;von oben in das Instrument sab, wiinderbar vergrös-sert. Erst viel spater, iui Jabre 1610., wurden vonnbsp;eben jenen Künstlern die langeren Fernröbre znmnbsp;astronomischen Gebraucbe erfunden, von denen sienbsp;eins dem Prinzen Moritz überreichten, der aber dienbsp;Erfindung, von welcher er sich erspriefslicbe Dienstenbsp;für den Krieg verspracb, als ein Gebeimnifs bewabrtnbsp;wissen wollte, und, um dies zu erreichen, den Erfindernbsp;ansehnlich bescbenkte. Da sei ein Maun, zu welcbeinnbsp;dennoch das Gerücbt jener Erfindung gedrungen war,nbsp;nach Middelburg gekominen, um das Gebeimnifs kennen zu lemen; er sei aber zufilllig nicht ziun wahrennbsp;Erfinder, sondern zu einein in der Niibe wohnendennbsp;Brillenmacber, Joannes Laprey, gegangen. Die-ser, der auf die Fragen des Unbekannten, und aufnbsp;das, was er ihm über die Erfindung sagen konnte,nbsp;sorgfaltig Acht gab, sei bierauf selbst durcb eigenesnbsp;Nachdenken auf die Erfindung der Teleskope gekominen, und babe sie zuerst zum Verkanfe gestellt. Mannbsp;könne ihn daher den zweiten Erfinder der Fernröbrenbsp;nenncn. Adrian Metius aber und Corneliusnbsp;Drebbel sein erst im Jabre 1620- nicht zu Laprey, sondern zum wahren Erfinder, Zacbariasnbsp;Joannides, gegangen, um die Einrichtiing der Teleskope kennen zu lemen, und zu vervollkominenen,nbsp;wie letzteres aucb vorzüglicb von Galilei gesche-hen sei.

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Erfindung der Mikroskope und Teleskope.

Dies Zeugnifs verdient besonderen Glaiiben, wcil nicht allein ein gebildeter Mann Bürge ist, sondernnbsp;Tveil es auch die in den übrigen Aussagen, wclchenbsp;icli heruacb anfiibren werde, liegenden Widersprüclienbsp;ain befriedigendsten beseitigt. Dies aber inögte be-freinden, dal’s das zusaminengesetzte Mikroskop etwanbsp;zwanzig Jahre früher, als das Teleskop, von demnbsp;Brillenmacber Joann.es, dein Vat er des Jansen,nbsp;erfnnden sein soil, und doch liil'st sich nach der Be-schreibung, die Boreliiis von jenem zuerst erfnnde-nen Instrmnente macht, nicht zweifeln, dafs wirklicbnbsp;ein Mikroskop geineint sei. Leider ist über die in-nere Konstruktion des lustrmnentes, und über die Be-Bcbaft’enbeit der Glaser niclits angegeben. Da mannbsp;aber anfiinglicb nur Teleskope, deren Okular ein Zer-streuungsglas war, kannte, so lafst sich kaum zwei-feln, dafs aneb das erste Mikroskop eine solche Ein-riebtuug gehabt babe.

Huygens halt es fur Avabrscbeinlich, dafs nicht allein die zusammengesetzteu Mikroskope, sondernnbsp;ancli die einfachen, erst nach der Erfindung der Teleskope in Gebrauch gekommen sein ‘). Die Ictzte-ren, glanbt er, sein bald nach den Fernröhren, dienbsp;ersteren ungefahr zehn Jahre spilter erfnnden worden,nbsp;weil Hieronymus Sirturns, der iin Jahre 1618.nbsp;eine Abhandlung „Ueber die Fernröhre” schrieb,nbsp;ein so wichtiges Instrument, wie es das Mikroskopnbsp;ist, nicht mit Stillschweigen übergangen haben würde,nbsp;wenn er es schon damals gekaunt hiitte. Huygens ist

1) nbsp;nbsp;nbsp;Christ. Hugenii Zuilichemii opera reliqua. Avi-stelodami, 1728. vol. II, dioptr. pag. 170.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Hieron. Sirturi, Mediolanensis, Telescopium, sivenbsp;ars perjiciendi novum illtid Galilaei visorium instrmnentttmnbsp;ad sidera^ in tres partes divisa. Francof. 81 Quart-Seiteu.

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ErfJiidung der Mikroskope und Teleskope.

geneigt, den Cornelius Drebtel für den Erfinder der zusaimnengesetzten Mikroskope zu halten, weilnbsp;Viele ihin erzahlt hiltten, dafs Drchhel schon iinnbsp;Jalire 1621. ein Mikroskop in London gehakt, undnbsp;dafs man ihn dainals allgemein für den Verfertigernbsp;desselben aiigesehen hahe. Franciscus Fontananbsp;hehaupte zwar, jene Erfindung schon iin Jahre 1618.*)nbsp;geinacht zu hahen, doch sei das Zeugnifs des Hieronymus Sirsalis, Avelches er anführt, nicht alter,nbsp;als vom Jahre 1625.

Huygens hat es also, Arenn ihin jener Brief des Borelius nicht unhekannt Arar, ühersehen, dafs innbsp;demselben von einem Mikroskope die Rede ist. Danbsp;Sirturus ehen diesen Brief, der zugleich darühernbsp;Aufschlufs giebt, Avie Drehhel zu seinem Mikroskopenbsp;kam, nicht kennen konnte, so ist die A'on Huygensnbsp;ausgesprochene Vennuthung nichts Aveniger, als glauh-uürdig. Was ührigens den Fontana hetrifft, so he-Lauptet er, das Mikroskop init zAvei konvexen Linsennbsp;1) Novae coelestinm terrestriumque rerum ohservationes.nbsp;Neap., 1046., pag. 145. Das Zeugnifs des Sirsalis stelit auf dernbsp;driften Seite, und lautet so:

„Ego Hieronymus Sirsalis, soc. Jesu S. T. P. in collegia Neapolitan^), otnnilms testattim volo, tne circiter annual 1625 in domo perillustris viri, ac patrii soli Partheno-paei decoris, Fr. Fontanae, vidisse microscopiuai, et nonnbsp;multo post temporis intervallo telescopium, e duohus convexisnbsp;ah ipso mira arte compositum, ut merito divino ejus ingenionbsp;tam praeclara inventa accepta referenda sint. Telescopiumnbsp;vero e co7ivexo et concavo conipactum, fateor eo perfectionisnbsp;ah eodem perductum, ut, licet multa ac fei-e omnia, quae Nea-polin ex variis partihus illata sunt, perspe.verim, ut sum hacnbsp;in re pei'curiosus, nullum tarnen viderim, quad conferendum,nbsp;nedum praeferendum .sit iis, quae Fontana elahoraverat.nbsp;tfuare t)iultum quidem dehent, tam jiosteri nostro saeculo,nbsp;quam ex ter i nostrae urhi, quad virum dederint, qui tantumnbsp;henemeretur de oniTti aetate, de toto orbe.quot;

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Erflnduiig der Mikroskope und Teleskope.

erfunden zu lialien, welches sich um so weniger wi-derlegen lafst, da kein Anderer das Verdienst, der Erfiiider eines solchen Mikroskops zu sein, für sichnbsp;in Anspruch niinint.

Zeugnisse, welche die Erfindung dem Joannes Lipperseiin, oder Joannes Laprey zuschreibeii.

Mit den von Borelius initgetheilten Nachrichten stiinmen inehrere andere Schriftsteller aus der erstennbsp;Halfte des siehzehntcn Jahrhunderts wenigstens darinnbsp;üherein, dafs das erste Teleskop in Holland zu Standenbsp;gebracht, und aus einein Saininel- und Zerstreuungs-glase ZHsaimnengesetzt gewesen sei, so grofs auchnbsp;die Willkühr ist, init der man den Namen des Erfin-ders behandelt.

Der schon genannte Sirturus hatte aus Interesse für die Kunst, Fernröhre zu verfertigen, eiiie Reisenbsp;nach Venedig, Spanien, wo er in Gerona einen ge-wisscn Rogetus fand, der über jene Kunst hereitsnbsp;gescbrieben hatte, und durch dessen Bruder sie nachnbsp;Spanien gebracht war, ferner nach Rom, hicrauf 1611.nbsp;nach Inspruck, und endlich nach Wien gemacht. lmnbsp;Betreft der Umstande, welche die Erfindung der Fernröhre vcranlafsten, giebt er Folgcudes an »):

,^Adiit 1609. seu geriius^ seu alter vir adhnc ignotus, Hollandi specie^ Middelburgi in Selandmnbsp;Jo annem Ijipperseim {is vir est solo adspectunbsp;insigne aliquid prae se ferens^ et persptczliorumnbsp;artifex nemo alter est in ca urbe)^ et jussit^ per-spictlia plura tam cava, fjuam convexa confict, Con-

1) Telesc. pag. 24. Dasselbe erz'ahlt Schott in der Magia univ. nat. et artis, pag. 491.

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Erflndung der Mikroskope und Telcskope.

dicto die rediit, absolutum op^is cupiens, atqiie^ ut statim habuit prae manibns y bina suscipiensy cavumnbsp;scilicet et convexum y unum et alterum oculo admo-vebaty et sensim dimovebaty sive ut punctum concur-suSy sive ut artificis opus probaret. Posten solutonbsp;m'tijice abiit. ArtifeXy iugenii minime expers, etnbsp;novitatis curiosus y coepit idem facere ac imituriynbsp;nee tarde natura suggessity tubo haec perspicilianbsp;condemla. Ubi unum, absolvity advolavit in aulamnbsp;priucipis Mauritiiy et hoe inventum obtuliti^

Man sielit, Avic wolil diese Erzahliing zu der von Boreliiis mitgetlicilten stiinint, nur dals dieser dennbsp;Glassclileifer nicht Lipperseim, sondern Lapreynbsp;nennt. Wenn hier im Widersprnche mit allen anderen Zeugen gesagt wird, dafs dainals dieser Maiin dernbsp;einzige Brilleninacher in Middelburg gewesen sei, sonbsp;verdient diese Behauptung eben deisbalb keine Be-rücksichtignng. Dagégen stiininen die glanbwürdig-sten duellen dainit überein, dafs das Jahr der Erfin-dung 1609., und nicht, wie Borelins bebauptet, 1610.nbsp;gewesen sei. Es ist ïibrigens nicht zu übersebn, dafsnbsp;Sirturns bier, wie es.scheint, wider seinen WiUen,nbsp;übercinstiinmcnd mit Borelins erklart, dafs man dennbsp;Lipperseim nicht für den ersten Erfiudcr der Fern-röhre zu halten babe.

Sebon ans der Mitte des siebzehnten Jahrhim-derts sind die Nacbricbten, die der bekannte libeita über die Fcrnröhre inittbeilt ^). Er nennt den Erfiii-

1) In dem Ocuhis Enoch et Eliae^ sive Hadius sidereo~ mysticus, auctor e Antonio Maria Schyrleo de Rheita,nbsp;ord Capucinorum concionat. et provinciae Austriae ac Bohe-miae quondam praelectore. Antv., 1645. Fok, eiiiein Werke, dasnbsp;bcsoiiders gegen das Copernicanische Weksystem gericlitetnbsp;ist, uud das Tychonische in Schütz niinmt. Dem ersten Theile

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Erflndung der Mikroskope und Teleskope.

der Joannes Lippersum aus Seeland, nnd setzt die Zeit der Ertindung in das Jahr 1609. Ohne an-fiinglich einiges Gewicht anf das neue Instrument zunbsp;legen, soil Lippersum den Vorübergelienden einenbsp;Wetterfahne anf einem Thnrme selir vergröfsert, undnbsp;gaiiz nahe durcli dieses Teleskop gezeigt haheii. Dochnbsp;bald batte man die grofse Wichtigkeit desselben er-kaïint, und sei in Scbaaren herzugeströint, um sichnbsp;durch eigenen Anblick von der Wabrbeit der wunder-baren Geruchte zu überzeugen, Znfüllig sei danuilsnbsp;der Marcpiis von Spiuola, um wegen des Friedeusnbsp;zu unterhandeln, im Haag gewesen. Er babe dasnbsp;Fernrohr gekauft, und es dem Erzberzoge Albertnbsp;zum Geschenke gemacbt. Ein anderes Fernrohr seinbsp;ibm um einen boben Preis, jedocb uuter der Bediu-gung abgekauft worden, dafs er in der Folge keinnbsp;ahnlicbes macbe und verkaufe. So wilre diese Erfin-dung unterdrückt worden, hiitte sicb nicht der Rufnbsp;derselben scbon zu weit verbreitet.

Eiullicb wird aucb in einem gericbtlichen, von Borellus mitgetheiltcn, Zeugnisse der Erfinder nichtnbsp;Jansen, sonderii Laprey genannt. Es lautet so:

Nos Constiles y Scabini et Consiliarii civitatis Nliddelburgi in Selandia jussim-us, midh-i et exami-nari viros, quorum nominei, sequuntur, videlicetnbsp;primo Jacobum Wil helm i ^ custodem aediumnbsp;aerarii mercatorii, aetatis fere annorum 70; panter Adwoldum Kien, nostrae civitatis nuntium

ist eine Abliaiullung, Oculus astrospicus hinoculus, sive praxis dioptrices^ beigefüg t, woriii IVheitci von den Teleskopen handelt.nbsp;Der erste Theil ist dem Heilande, der zweite, der die heftigstennbsp;Austalle gegen die Lutheraner und Calvinisten enthalt, der Jungfrau Maria gewidmet. In diesem Geistc wird in einer weitlaufi-gen Abhandluug gezeigt, warum es nur einen Luther oder Calvin; der Piibste aber sehr viele gegeben habe.

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Erflndung der Mikroskope und Teleskope.

Antwerpiensem, annorwm 67y denit/ue Abraha-m-um Jiinium^ tn hac cimtate ƒ(lf)rum ferrarium^ aetatis 77 annormn. Interrogati cnm essent supernbsp;cognitione et scientia eorum, sive junctim, sive se-paratim, de anctore sive inventore ^ qni primus innbsp;hac civitate fabricavit sive composuit conspicilianbsp;longa, sive telescopia, de re illa declararunt et at~nbsp;testati smit eo modo, ut sequitur:

Primus ille, nempe Jacobus Wilhelrni^ ait, virum ilhim nominatum fuisse Joartnem Pa-preyum^ et habitasse in vico huius civitatis^ dictonbsp;Cap07iario, in aedihus ipsis, quas in praesenti in-habitat sartor pannartns^ aut vicinas eis ^ de quonbsp;dubitat. I}i.vit^ tllum ipst notum fuisse ^ dum con~nbsp;spicilia faceret^ et etiam pnstea^ cum tubos longosnbsp;sive telescopia fabricaret^ et hoe factum esse jatnnbsp;ante elapsos fere atmos. Ait, dictum LapreTjumnbsp;mortuum esse, ut pntat ^ jam 20 annis praeteritis^nbsp;sed bene ipsi co?istare, Papreyum ilhm in hacnbsp;civitate obiisse. Itationem depositionis addidit^ quodnbsp;hic testis ipsi vicinus propior fuerit^ ea; distantianbsp;solummodo quatuor aut q^iinque domuum, et benenbsp;notum ipsi esse; insuper dictum Joannem La-prey^im^ cum primum telescopinm ab ipso con-sti'uctum obtulisset Mauritio priticipi, ab Excel~nbsp;leut ia illius dono donatum fuissesicut Uim tempo~nbsp;ris ina^idivit.

Edwoldus vero Kien deposjiit et declaravit nomen hnmwis istius, qui telescopia solebat facere.^nbsp;esse Joannem Eapreyum Vesalium^ et habitassenbsp;in hac civitate in vico (japonario ^ contra templmnnbsp;novum aedibus jimctis, quibns insigne erat telesco-pium,, juxta dornurn,, cujus signum est serpens, qua-rum aedium proprietarius f uit Lapreyus. Affir-

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Erfindiiug der Mikroskope und Teleskope.

mavit etiam hic, anno 1610. incepisse L/apreynm conjicere dicta telescopia, mortuum vero esse mensenbsp;Octohri 1619.; et ibidem sepultum esse. Rationemnbsp;addidit hic testis scientiae suae.^ quod Rapreyinbsp;istius fdiam in uxorem habnerit., et q'nod dictiisnbsp;L/upreyus dominis ordinibus., et Mauritio prin-cipi ex telescopiis suis aliqua obtulit sub donativo,nbsp;et privilegio in trienninm ipsi concesso.

Denique Abraharnus Junius etiam attestatus fuit et declaruvit, primum hominemqwi in hacnbsp;civitate tubos longos confecit., nominatum ftiissenbsp;Hans., id est Joannem, non observato cognominenbsp;ipsius^ sed vulgo dictum Joanneni conspicillificem;nbsp;enmque inhabitasse vicum Caponarium huius civita-tis, qtianquam ignoret, quibus p7-aecise in aedibus;nbsp;et ja7n elapsis, ut 7-ebatu7'., circiter 45 a7it 46 a7i7iis,nbsp;Joa7inem ilium prhna co7ispicilia illa lo7iga fa-hricasse^ ipsumq7ie 7n7iotuisse Imic testi 7nultis a7i7iisnbsp;a7itecnm no7idu7n conspicilifex esset, sed operanbsp;e7'at fab7'i m7irarii, Ratio7ies scie7itiae suae dedit.^nbsp;qtiod hic testis hl vicinia ipsius Jo a7inis in vicOynbsp;de IVall dicto,, iisdem hi aedibus, quibus 7iu7ic, in-habitUTfit per annos fere 50; et exeqnias istiusnbsp;Jo a7l7lis comitatus est, JLit etiam, vere se 7iossenbsp;et saepe inaudivisse, praedictum Joatiiiem fecissenbsp;tubos lo7igos, et telescopia hi usum illustrisshnonbsp;prhicipi Mauritio.

Nos Consules et Scabini supra dicti in fidem hoe histriimentum fecimus muniri sigillo minorinbsp;civitatis nostrae, et sigtiat'i ab iino secretartorumnbsp;7iOStrorum, tertio die mensis Mat'tii, atmo 1655.

LéOcus sigilii\ nbsp;nbsp;nbsp;Signatum,

Simon van Beaumo7it.

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Erflndung der Mikroskope und Teleskope.

Der Brief des Borelius giebt hinreicbenden Auf-schlufs darüber, wie Laprey babe für den Erfinder der Fernröbre angeseben werden können, zuinal vonnbsp;Zeugen, die durchans keine Sachkenntnifs batten, undnbsp;deren Bildungsstufe überdies kein besonderes Ver-trauen erweckt.

Dafs aber der von Sirturus angegebene Name Lipperseim derselbe mit Laprey sein dürfte, istnbsp;bei der Naclililssigkeit, mit welcber man in jener Zeitnbsp;die Eigennamen, besonders unbedeutender Personen,nbsp;scbrieb, und, wenn sie mebrsilbig waren, in kürzerenbsp;zusammenzog, nicht unwahrscheinlich.

Francisciis Fontana und Simon Marius ma-chen Ansprüche an die Erfindung der Fern-rölire; auch sind Jakob Metius und Galilei als die Erfinder genannt worden.

Der scbon erwahnte Jesuit Franciscus Fontana behaiiptet ’), sich auf das Zeiignifs seines Freun-des Ziipus bcrufend, das Fernrobr mit zwei konvexen Gliisern scbon iin Jabre 1608. erfunden zu habeu. Danbsp;er aber erst in eiuer Schrift vom Jahre 1646., alsnbsp;dies Teleskop bereits in den Handen aller Astronomen war, mit diesen Ansprüchen auftritt, so kann mannbsp;die Scbuld nur ibm selbst beimessen, wenn er vonnbsp;Niemand als der Erfinder eines solchen Fernrohresnbsp;genannt wird. Auch bezeugt der Jesuit Zupus nur,nbsp;dafs er den Fontana seit dein Jahre 1614. ein sol-ches Teleskop babe gebrauchen seben.

ïn Deutschland will Simon Marius (Mayer) aus Gunzeuhausen das erste Peleskop zu Stande geil Novae coelestium terrestriunKine rerum ohservationes,nbsp;pag. 7. iu der Vorrcde.

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Erflndung der Mikroskope und Teleskope.

bracht baben, indem er dabei folgende Umstilnde an-führt ^). lm Herbste des Jahres 1608. babe ein Kanfmaiin in Frankfurt einem gewissen Fuclis vonnbsp;Bimbach, dein Frennde des Marius, erzablt, dafsnbsp;sich daselbst ein Belgier aufhalte, der ein Instnimentnbsp;ersonnen babe, durcb welches man die entferntestennbsp;Gegenstiinde so deutlicli, als ob sic ganz in der Niihenbsp;waren, selien könnte. Fuclis von Bimbach babenbsp;deu Belgier riifen lassen, iim, wenn sicli die Wahr-heit des Gerüclites bestiitigen sollte, das Instrumentnbsp;zu kaufen. Da aber dieser einen zu liolien Preisnbsp;forderte, so babe zwar Fuclis das Fernrobr nichtnbsp;gekauft, dein Marius aber die Vermutliung mitge-theilt, dafs es aus einem Sammel- und einem Zer-streuungsglasc zusaminengesetzt sein müssc. Diesennbsp;Gedauken versiebert mm Marius geprüft, und so dasnbsp;erstc Fernrobr in Deutschland verfertigt zu baben.

Sollte das Jahr 1608. riebtig angegeben sein, so wiirde Borelius mindestens urn zwei Jalire gcirrtnbsp;baben. Nacb Italien wenigstens verbreitete sicli dernbsp;Ruf der Erfiiidung erst im Jabre 1609., wie dies ausnbsp;eiiier Aeufsermig Galilei’s, die ich gleich anführennbsp;werde, unverkeniibar henorgeht.

Descartes nennt den Jakob Metius, den Bru-der des bekannten Geometers Adrian Metius, den Erlinder der Feriiröhre, olme die Quelle, aus der er

1) Mundm Jovialis, anno 1609. delectus^ ope perspicilli Belfiici. JSorim/)., 1GJ4. iii dor Vormle.

Marius sagt an ebuii die.ser Strlle, (lafs cr schuil im Sommer 1609. (lurcli das von ihm selbst verfertigte Teleskop die Jupiters-monde entdeekfc hahe. 11a er indefs erst in dieser Schrift vomnbsp;Jahre IGf/i. vou dieser seiner Entdeekung spricht, naehdem Galilei dieselbe .sehoii in dem Siderens ntmeivs vom .lahrc 1010.nbsp;bekanut gemaeht h.atte, so ist es des Marius eigene Schuld, wennnbsp;man in die Mahrheit seiner Aussage Zweifel gesetzt hat.

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X60 nbsp;nbsp;nbsp;Erfindung der Mikroskope und Teleskope.

diese Nachricht schöpfte, anzugeben. Mit der Ortho-grapbie seiner Zeit spriclit er sich hierüber so aus *):

la honte des nos sciences cette .invention si utile et si admirable iia premierement esté trouvée, quenbsp;par rexperience et la fortune. Jl y a environnbsp;trente atis, qi^un nommé Jaques Mettus de lanbsp;ville d^’Alcmar en Hollande, [^homme, qui navoitnbsp;jamais etudié.^ bien qu il eust un pere et wn frere.^nbsp;qui 07it fait profession des mathematiq^ies, maisnbsp;qui prenoit particulierement plaisir a faire desnbsp;miroirs et verres bruslans, en composant mesmenbsp;Vhjver avec de la glace, ainsi q^ie Vexperience anbsp;monstré, q^t'on en peut faire), ayant a cete occasion plasieiirs verres de divei'ses formes, savisanbsp;par bonlieur, de i'egarder au travers de deus, dontnbsp;l’un estoit un peu plus espais au milieu, quauxnbsp;extremités, et Vautre a7i contraire beaucoup plusnbsp;espais aux extremités, qii aii milieu, et il les appli-qua si heureusement aus deux bouts diun tuyan,nbsp;qtie la premiere des lunettes, dont nous parlous,nbsp;en fut composéel' Ancli Scliott, der sich auf dienbsp;Antoritiit des Adrian Metiiis, und des Niirubergi-sclien Patriciërs Harstorffer stntzt, schreibt dienbsp;Erfindung deni Jakob Metius zuDiese Behaup-tung wird aber dnrch die oben initgetlieilten Zeng-nisse, in denen einstiinrnig ausgesagt ist, dafs Metingnbsp;erst im Jahre 1620. nach Middelburg gekommen sei,nbsp;¦widcrlegt^). Uebrigens gicbt Borelius dem Metiusnbsp;nicht den Aornainen Jakob, sondern Adrian.

1) nbsp;nbsp;nbsp;In der Dioptrik vom Jahre 1637., discours 1.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Magia univ. nat. et artis, pag. 491.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Audi Huygens versichcrt {Opera reliqua. Amstel., 172S.nbsp;¦''ol. II. dioptr. pag. 125.), hestimmt zu wissen, dafs ein Middelburger Kiliistler um das Jahr 1609. vor Jakub Metius Teleskopenbsp;verfertigt Uabe.


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Erfinduiig der Mikroskope und Teleskope,

In der vom 1. Oktober 1611. datirten Vorrede des Joannes Bartolns zu einem optischen Traktatenbsp;des Antonins de Doininis *) wird endlich Galilei als der Erfinder der Fernröhre genannt. Abernbsp;aucli ihn kann man wenigstens nicht für den erstennbsp;Erfinder halten, wenn man seine eigenen Worte ühernbsp;diese Angelegenheit liest. „Vor imgefiihr zehn Mo-naten”, sagt er in seinem im Aiifange des Jahres 1610.nbsp;erschienenen Sidereus mmcius^), „erfuhr ich, dafs innbsp;Belgien ein Instrument erfunden sei, dnrch welchésnbsp;man entfernte Gegeustiinde dentlich sehen kÖnne, nndnbsp;mancherlei wundcrbare Geruchte warden über diesenbsp;Erfindung verbreitet, die von Einigen bezweifelt, vonnbsp;Anderen geglaubt wurden. Als mir Jakob Ba dovere in Paris eben diese Nachrichten gab, saun ichnbsp;darüher nach, auf welche Weise ein solches Instrument zu konstruiren sein mögte, und batte bald dar-anf, von den Gesetzen der Dioptrik geleitet, meinnbsp;Ziel erreicht. An den Enden eines bleiernen Rohresnbsp;befestigte ich zwei Gliiser, ein plan-konvexes nnd einnbsp;plan-konkaves. Als ich das Auge dein letzteren nii-herte, salie ich die Gegenstiinde etwa dreimal nilher,nbsp;und neimmal grölser, als wenn ich sie mit unbewaff-netein Auge betrachtete. Hald batte ich ein besseresnbsp;Instrument verfertigt, das eine mehr als sechszigmaligenbsp;Vergröfserung gab. Da ich keine Arbeit und keine

1) nbsp;nbsp;nbsp;De radiis visus et lucis in vitris perspectivis et iride,nbsp;tractatvs M. Antonii de Dominis, per Joannem Bar-tolum ifi lucem editus. Venetiis, ICll. lu der Vorrede hcifstnbsp;es: Sciscitari saepins placuit, quidnanl (JA. Ant. de Domi-nis) de novo insirummto Ulo sentiret, quod nuper ad inspi-cienda, quae sunt remotissima, a nostrate viro, insi^ni tnathe-matico Galileo, in luceni edituni ferehatur, et Venetiis po-tissimum putdicatum.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Franco/., pag. 9.

1. 11

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Erfiudung der Mikroskope und Teleskope.

Kosten scheuete, kam ich endlich dahin, ein so vor-treffliches Instrument zu erlialten, dafs mir die Ge-gcustaiide beinalie tausendmal gröl’ser, und mehr, als dreil'sigmal naher erscliienen.” 1st indefs diese Ver-siclierung Galilei’s aufrichtig, so ware sein Ver-dienst gröfser, als das des Ilollandisclien Erfinders,nbsp;den unverkennbar nnr der Zufall begüustigt batte.nbsp;Scheiner ') aber, und nacb ibm Borellus undnbsp;Montucla ¦2) setzen, nicht ohnc triftige Grimde,nbsp;Zweifel in die Worte Galilei’s, weil die Dioptriknbsp;dainals noch zu sehr in der Kindlieit gewcsen sei,nbsp;als dafs man eine solche Erfiudung anders, als dnrchnbsp;Zufall und Versuclie hatte machen köiuien; auch seinbsp;CS unwahr, dafs die Theorie uur ein Sauunel- mul einnbsp;Zcrstreuuugsglas erfordere, um Gegenstande naher undnbsp;grölser zu sehen; es sei viclmehr wahrscheinlicb, dafsnbsp;Galilei auch eiuige Nachricbten über die Ziisam-inensetzung des Teleskopes erlialten, und wenigstensnbsp;dies erfahren babe, dafs es zwei Glilser erfordere,nbsp;die an den Enden eiiies llohrcs angcbracht werdennbsp;müfsten, und daim sei freilich die Zahl der Kombina-tionen der Glaser nicht grofs gewesen.

AVenn aber auch Galilei nicht der Erflnder des Teleskopes ist, so war er es doch besonders, dernbsp;zuerst die hohe AVichtigkeit der neuen Erfindungnbsp;zeigte.

Als im April oder Mai des Jahres 1609., wie aus der so eben angcführtcn Stelle des S-idereus nunciusnbsp;hervorgeht, das Gerucht zu ihm drang, dafs in Holland ein Instrument erfundcn sei, mit Avelchem mannbsp;entfernte Gegenstande deutlicher und vergröfsert sehe,

1) nbsp;nbsp;nbsp;Rosa Ursina. Brncciani, 1030. pag. 130.

2) nbsp;nbsp;nbsp;/listoire des mathém., toni. II, pag. 233.

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Erfindung der ftlikroskope und Teleskope.

war er zufilllig in Venedig anwesend *). Sogleich kehrte er nach Padna, wo er damals eine Professurnbsp;der Matlieinatik bekleidete, ziirück, mn selbst, wonbsp;möglicb, mit den unvollkominenen Glasern, die er dortnbsp;besafs, ein Teleskop zu Stande zu bringen. Nachnbsp;kurzer Zeit ans Ziel gelangt, setzte er sicli in dennbsp;Besitz bcsserer Gliiser, steilte ein vollkommeneresnbsp;Fernrohr zusaimnen, und begab sicb nach Venedig,nbsp;mn die Senatoren dieser Republik von der Wabrheitnbsp;des verbreiteten Geriicbtes zu überzeugen, und deinnbsp;Dogen Leonardo Donati ein Teleskop, das ernbsp;unterdessen noch voUkoininener einzurichten gesuchtnbsp;batte, zu überreichen. Zum Loline für die Erfindungnbsp;und für die Oifenheit, mit der sie Galilei, gegen dienbsp;Sitte jener Zeit, mitgetbeilt batte, verinebrte der Se-nat sein Gehalt um das Dreifache.

Die vielen astronomischeii Eutdeckungen, die Galilei mit sciiiem vollkommeneren Teleskope innerhalb weniger Moiiate gemacht batte, veröffentlicbte er innbsp;dein bereits genaunten Siderctis nuncius, dessen Inbalt er auf dein Titel angiebt Sein Teleskop

1) nbsp;nbsp;nbsp;Man findet die liier mitgetlieilteii Nachrichteii tlieils in demnbsp;Sidereus nvncius, theils iu der Vorrede zu Kepler’s Dioptrik,nbsp;theils auch iu dem Briefweclisel Galilei’s mit Kepler, iii dernbsp;Ausgabe von Haiisch.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Sidereus nuTicius, magna longeque admirahiUa pendens,nbsp;suspiciendfique proponens unicuique, pmesertim vei o philoso-piiis atque astronnmis, quae a Galileo Galileo, patritionbsp;Plorentinn, Patavivi gymnasii puhlico mathematico, perspicillinbsp;nuper a se reperti heneficio sunt ohservata in lunae facie,nbsp;f.vis innumeris, lacteo circulo, stellis nchulnsis, apprime veronbsp;in quatuor planetis, circa Jovis stellam disparihus intervallisnbsp;atque periodis^ celeritate mirahili circumvolut/s; quos, nemininbsp;in liane nsque diem cognitos, novissime auctor deprehenditnbsp;primus, atque Medicea sidera nuncupuTidos decrevit. Francof.nbsp;in Paltheniano, lölo. 4to. 5a Seiten.

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Erflndung der Mikroskope und Teleskope.

mufste schon elnen hohen Grad von Vollkommenheit erreicht liabcn, da er versichert, dafs es ihm dennbsp;Mond, dessen Entferming er auf sechszehn Erddurch-inesser anniinint, so genahert liabe, als ob er nur urnnbsp;zwei Erddurchmesser entfernt ware, so dafs er seinennbsp;Diameter etwa dreifsigmal vergröfsert erliielt. Ernbsp;fand seine Oberflilche selir nneben, nnd mit liohennbsp;Bergen und tiefen Kratern durclizogen. Es gelangnbsp;ihm, selbst einige Gegenden der Milchstrafse, nndnbsp;den Nebelfleck, Avelcher „die Krippe” heifst, in ein-zelne Sterne anfzulösen; ganz besonderes Gewichtnbsp;aber legt er auf seine im Jabre 1610. gemachte Ent-decknng der vier Jupitersmonde, die er, znr Ehre desnbsp;Grofsherzogs Ton Toscana, Cosinus II. von Medici,nbsp;dein er auch das Buch gewidmet hat, die Medicei-schen Sterne nannte.

In einein Briefe ’) an Kepler vom 19. August 1610. erzahlt Galilei die Begegiiisse, die gleich nachnbsp;diesen Entdeckungen ihn selbst betrafeu. Der Grofs-herzog erhat sich von ihm das vorzüglicliste seinernbsp;Teleskope, das die Oberfliiche inelir, als tausendinalnbsp;vergröfserte, um es unter seinen übrigen Kostharkei-ten aufbewahren zu köniien, gab ihm ein Geschenknbsp;von mehr, als tausend Dukaten (munus pretii plus,nbsp;quam mireorum mille), und berief ihn nach Florenznbsp;mit einem jahrlichen Gehalte von tausend Dukaten,nbsp;ohne ihm dafiir ein öifeutliches Aint aufzulegen, sou-dern lediglich mit dein Wnnsclie, dals er in ungestör-ter Rulle seine Theorie der Mecliaiiik vollenden inöire

O *

Galilei beklagt sich übrigcns schon in diesem Briefe über die vielfachen Verfolgungen, die er von unwis-senden Gegiiern zu dulden hahe, und dankt Kep-

l) Ed. Hansch, pag. 94.

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Erfindung der Mikroskope und Teleskope.

ler’n, (lafs er beinalie der einzige sei, der, ohne selbst die Mediceischen Sterne gesehen zu haben,nbsp;der Wahrheit dieser Entdeckung Glauben gescheuktnbsp;hiltte.

Kepler bericlitet in der Vorrede zu seiner Diop-trik, dafs Galilei bald, nachdem er den Sidereus nuncius bekannt gemacht, und ersterer hierauf in dernbsp;Dissertatio ctim JVwncio sidereo geantwortet hatte,nbsp;nacli Prag geschrieben habe, es sei wieder eine neiienbsp;Entdeckung durch ihn gemacht worden, die er aber,nbsp;dainit er auch Anderen Zeit lasse, zu berichten, wasnbsp;sie Neues entdeckt hiitten, und dainit zngleich Niemand sich für den früheren Entdecker ausgebennbsp;könne, init versetzten Buchstaben mitgetheilt habe.nbsp;Kepler glaubte darin die Worte; y,Salve umlmsti-neum geminatum Martia prolesquot; ^ fiiiden und hierausnbsp;entnehinen zu können, dafs die Entdeckung den Planeten Mars betreffe, bis er aus einem Briefe Galilei’s vom 13. November 1610. erfuhr, dafs in ihnennbsp;die Worte: ^^Altissimum planetam tergeminum o6-servavi'\ enthalten sein. Letzterer erziihlt namlichnbsp;in diesem Briefe, er habe zu seinein gröfsten Erstau-nen gefundeu, dafs der Saturn nicht aus einemnbsp;Sterne bestehe, sondern aus drcien, so nahe an ein-ander stehenden, dafs sie sich gegeuscitig zu berüh-ren scheinen. Man miisse aber, um sich hiervon über-zeugen zu können, ein Fernrohr, das die Oberflachenbsp;niehr, als tausendmal vergröfsere, gehrauchen.

Aber auch hiermit war der Umfang der vielen Entdeckungen, die Galilei in so kurzer Zeit ge-inacht hatte, noch nicht geschlossen. Noch che ernbsp;Padua verliefs, entdeckte er Flecken in der Sonne,nbsp;thcilte aber, wider seine sonstige Gewohnheit, diesenbsp;Entdeckung nur seinen nilchsten Freunden mit. Sie


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Erlindung der Mikroskope uiid Teleskope.

wurde daher frülier, sclion den 13. Juni 1611., dnrch Johann Fahricius'), Prediker zu Ostell in Ost-friesland, und iin Jahre 1612. dnrch Scheiner deinnbsp;gröl’seren Piihlikiun hekannt.

Gegen das Ende des August 1610. ging Galilei nach Florenz. In den letzten Monatcn dieses Jahresnbsp;heohachtete er hier, wie gleichfalls aus eiuem vonnbsp;Kepler in der Vorrede zu seiner Diophük augeführ-ten Briefe vom 11. Deceinher 1610. hervorgeht, dienbsp;Venus, und fand hei ihr dieselhen Lichtwechsel, dienbsp;wir an dein Monde wahrnehinen. Auch diese Entdek-kung hüllte er in die Worte eiu: Haec tmmatura anbsp;me jam frustra legwntur o. y., in (lenen man dienbsp;Buchstahen zn den Worten; Cynthinefiguras aemu~nbsp;latur mater amorum^ t. e. Venus imitatur figurasnbsp;lunae ^ linden wird. lm Miirz 1611. ging er nachnbsp;Bom, um dort seine Entdeckungen, und unter diesennbsp;auch die Sonneiiflecken, mitzutheilen.

Die ührigen Lehensumstiinde Galilei’s sind he-kaniit. Ich hemerke niir noch, dafs er schon iin Jahre 1615. von dem Iinpiisitionsgerichte in Bom helangtnbsp;wurde, indem man als Anklagc gegen ihn aufstellte,nbsp;y,(juod teneret^ tariquatn veram, faham doctrinamnbsp;a rnultis traditam, solem videlicet esse in centranbsp;mundi et immobilem^ et tcrram moveri motu etiamnbsp;diwrno” Im Jahre 1616. wurde er, nach ahgelegteinnbsp;Versprechen, weder inündlich, noch schrittlich das

1) nbsp;nbsp;nbsp;Narratio de maculis, in sole ohservatis. Vitemhergae,

2) nbsp;nbsp;nbsp;Tres epistolae de macnlis solarilnis, scriptae ad Marcum Velserum. Aug. Vind. 1612. Non. Jan. 4to. Der erstenbsp;Brief ist vom 12. November 1611. Scheiner nemit weder hier,nbsp;noch in eiuer anderen, an ebeii diesen Veis er gerichteten Schrift,nbsp;Oe maculis solaribus. Aug, Vind. vom 23. Juli 1012., seinen Namen. Beide sind unterschrieben: Tmis Apelles, latens postnbsp;tabulam.

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Erfiudung der Mikroskope und Teleskope.

Copernicanisclie System vertheidigen zu wollen, auf freien Fufs gesetzt, sein Proceis aber iin Jalire 1633.,nbsp;nachdem der Dialogo di Galileo Galilei 1632.nbsp;erscliienen war, von neuein anfgenominen. Er starbnbsp;in Arcetri, nnweit Florenz, den 8. Januar 1642., in deinnbsp;Gebnrtsjalire NeAvton’s, iin 78. Jahre seines Alters.

Sollte es gegründet sein, dafs Galilei, als die Inquisition ihn zwang, die AVabrhcit abznscliwören,nbsp;mit kanm nnterdrücktem Unwillen leise gesagt liabe:

pur si muove” (nnd doch bewegt sicb die Erde); sollte also die Ueberzeugnng biervon Avirklicli nnum-stöfslich bei ihin gewesen sein; so Avird die Ge-scliichte der Wissenschaften nie ilir Bedanern ver-sclnveigen können, eincn nm das Menscbengeschlechtnbsp;Bo hochverdienten Mann einen Leiigner seiner wolil-begründeten Ueberzeugnng nennen zu mussen. Ibm,nbsp;einem der Gebildetsten seiner Zeit, batte es vor allennbsp;Anderen geziemt, dem Fanatismus mit gerechtemnbsp;Stolze entgegenzutreten, und mn den Preis seinesnbsp;Lebens die ganze Last der Schande und des Ab-scheues auf die Urheber solchen Frevels zn Aviilzen.nbsp;Haben doeli andere, im Gebiete der Wissenscbaftcnnbsp;AA^eniger bedeutende Manner — mn der vielen religiö-sen Miirtyrer nicht zu gedenken, und nnr an Paolinbsp;Sar pi und Giordano Bruno zn erinnern — durchnbsp;keine Schreckmittcl daliin gebracht werden können,nbsp;dafs sie die Wabrlieit verleugneten, nnd dadurcli, sonbsp;viel an ihnen war, die Morgenrötlie einer besserennbsp;Zeit heraufgeführt!

Der wahrscheinliche Erfinder des sogenann-ten Hollandisclien Fernrohres ist Jansen.

Als Kesultat der bier angestellten Untersuebuug ergiebt sicb also, dafs das Fernrolir mit einem kon-

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Erfinduiig der Mikroskope lind Teleskope.

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Pi

kaven Okiilare, welchein man den Namen des Hol-laudisclien oder Galileischen zu geben pflegt, um das Jahr 1609. in Middelburg erfunden sei. Wienbsp;aber der Künstler, der das erste Fernrobr dieser Artnbsp;zu Stande brachte, geheifsen babe, ob es Jansen,nbsp;oder Lipperseim oder Laprey gewesen sei; diesnbsp;dürfte, nach den vorbandeueu Quellen, wobl nie zurnbsp;gcscbicbtlichen Gewil’sbeit erboben Averden köanen,nbsp;wie deun scbon Huygens, ungeacbtet er in einer,nbsp;der Erfindung so nabeu Zeit lebte, es nicht zn ent-scheiden wagt ‘). Weil aber Sirturus behauptet,nbsp;dafs Lipperseim das nur nachzuahmen gesucbtnbsp;babe, was ein Anderer bereits kannte, und Laprey,nbsp;in dem glaiibwürdigsteu Zeugnisse, uur der zweitenbsp;Erfiiuler genaunt wird, so ist allerdings die gewöhn-licbe, sicb auf eben dieses Zeugnifs stützende Mei-iiuug, dafs Jansen der wabre Erfinder der Fcrn-röhre sei, die Avabrscheiulicbere. Die dadurcb er-regten ZAveifel, dafs Borelius das Jahr 1610., undnbsp;Zacharides sogar erst das Jabr 1618. als dasjeiiigenbsp;aiigiebt, in wclcbem Jansen angefangen babe, langere Teleskope zu verfertigen, können freilich nurnbsp;durch die Annahme von Gedacbtnifsfeblcrn, die beinbsp;der langen Zwiscbenzeit leicbt möglich waren, in demnbsp;Zeugnisse des Zacharides vielleicbt auch dnrcb dienbsp;Voraussetzuug eiues Druckfeblers beseitigt Averden,

Die Erfinder der Teleskope mit ZAvei, drei und vier konvexen Glas er n.

Da ich hier zugleicb die Erfinder der übrigen Feruröhre nennen will, so sebe ich micb genöthigt,nbsp;der Zeitfolge ein wenig vorzugreifen.

1) Opera reliqua. Amstélod.f 1728. vol. Ilj dioptr. pag. 125.

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Erflildung der Mikroskope und Teleskope.

Kepler bestiinmte, wie wir in seiner Dioptrik sehen werden, die Wirknngen der Fernröhre niit zweinbsp;nnd drei konvexen Linsen blofs in Folge seiner Theorie, ohne durcb die wirklicli ausgeführte Konstruktionnbsp;soldier Teleskope die Riclitigkeit seiner Scblüsse ge-prüft zn haben. Der erste Optiker, der beide Artennbsp;von Fernröliren aus eigener Erfahrnng kannte, istnbsp;Christoph Scheiner, der Verfasser der Rosa Ur-sina, jenes bekaunten Werkes, das noch heute wegennbsp;der grofsen Sorgfalt, mit der die über die Sonnen-flecken viele Jahre hindnrch angestellten Beobaclitun-gen dort niedergelegt sind, seinen Werth nicht verloren hat ^). Iin zweiten Buche beschreibt er das Hol-landische Fernrohr, verfolgt den AVeg der Lichtstralen durch die Linsen desselben, nnd fahrt dann sonbsp;fort: „5/ similes duas lentes aptaveris in tubum,nbsp;oculumque debite applicaveris ^ videbis ever so qui-dem situ, sed tnagnittuline, claritate et amplitudinenbsp;incredibili objecta quaecunque terrea. Sed et astranbsp;quaelihet in obsequium visus coges; nam cum eanbsp;omnia rotunda sint, eversio situs totius adspectum,nbsp;quoad conjigurationem visualem, non turbat, idnbsp;quod secus est ^n objectis terreis, quemadmodum innbsp;luna qnoque idem animadverti potest, cum nequenbsp;rotunda semper, neque homoge7iea existat. Si parinbsp;ratione lentes duas convexas coloratas tubo oculo-que arcommodaveris, habebis helioscopium mirifi-cum, et protrahes, quidquid in sole absconsum fue-Eadem arte natum est illud admirabile microsco-

ï) Rosa Ursina, sive sol ex admirando facularum et tnacularum suarum phaenomeno varius, a Christophoronbsp;Scheiner, Gemiano Suevo, e societate Jesw, ad Paulumnbsp;Jordanum ƒƒ., Ursinam Bracciani duceni. Bracciani. Jm-in-essio coeptanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1630. Fol. 770 Seiten.

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Erfinduiig der Mikroskope und Teleskope.

phmi, 1JUO musea in elephantum, et pulex in came-Inm amplifieatur. Quod si de erecto situ (fuis velit movere scmpidum, habes per duo convexa situmnbsp;erectum in charta; per tria convexa, rite collorata,nbsp;situm erecttim in oeulo tratisspiciente?^ Da Scliei-ner kurz vorlier erzalilt, er babe sebon vor dreizebnnbsp;Jabren dein Erzberzoge Maximilian von Oestreieb,nbsp;und bald bernacb aucb dem Kaiser selbst, die Son-nenflecken dureb einen Tnbus init zivei konvexeu Glii-sern anf einer weiïsen Wand in anfreebter Lage ge-zeigt, sich also des von ibm sogeiianuten Helioskopsnbsp;bedient, bei welchem das Okular so gestellt wird, dafsnbsp;das uingekehrte Bild des Objektivs aufserlialb dernbsp;Brennweite jenes Glases stebt, so lafst sieb niebtnbsp;zweifeln, dals er das Teleskop mit zwei konvexennbsp;Linsen, welches man das Keplersclie oder astronomische zu nennen pflegt, sebon seit dem Jabrenbsp;1613. wirklich gebraucht babe *).

liVj

Um so auffallender ist die zuversichtliche Be-hanptung Bbeita’s, er erst babe Kepler’s Pro-bleme praktisch gelost. In dem sebon genaunten Werke Oculus Enoch et Eliae, Welches im Jabrenbsp;1645. ersebien, sagt namlicli Rbeita in der Vorredcnbsp;zu der Praxis dioptrices, dafs das Ilollaiidiscbenbsp;Fernrohr zwar von Galilei verbessert, dals es aber,nbsp;seines kleinen Gesichtsfeldes wegen, zu Beobachtim-gen am ïlimmel weniger tauglieb sei. Er batte da-

1) Klügel bemerkt in einer Anmerknng zu Priestley’s Gesclüclite der Optik, p:ig. 9quot;., Scheiner müsse sich eines Hol-landischeu Fernrolires als Helioskops bedient haben, da er dasnbsp;astronomische Fernrohr noch nicht gekaunt haben konnte. Klii-gel hatte also jeue Stelle in der Rosa Ursina nicht gelesen.nbsp;Die blofs aus der Theorie hergeleitete Konstruktioii des Helioskops ist iibrigens schon von Kepler {Dioptr., prop. 88.) ange-geben.

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Erflilduiig der Mikroskope imd Teleskope.

her Kepler’s Vorschlag, ein Fernrohr mit zwei kon-vexeu Linsen znsainmenziisetzen, ausgeführt {Kepleri problemata perspectiva ad praxin redegirnus^^ andnbsp;sein Erstamien nicht mafsigen können, als er mitnbsp;einem Blicke ein so grofses Feld am Himmel üher-selien hiitte. Es sei ihm gelungen, selhst fimfzignbsp;Sterne anf eiumal im Ferurohre zn zahlen. Ahernbsp;selhst mit dieser Entdecknng nicht zufrieden, hahe ernbsp;zwei Teleskope von gleicher Wirkimg so an einandernbsp;gefiigt, dafs er zugleich mit beiden Angen dnrch heidenbsp;sehen koimte, nnd der Unterschied zwischen einemnbsp;solchen Bi no kul ar- und einem einfachen Teleskopenbsp;sei kein anderer gewesen, als der zwischen dem Ge-hrauche eines einzigen, und beider Aiigen. Die Ge-genstande hatten namlich nm das Doppelte gröl'ser,nbsp;deutlicher und heller geschienen.

Die Vorziige des Binokvdar - Teleskopes, die Rh eita hier rühmt, sind allerdings znm Theil be-griindet, indem die hierbei obwaltende Tanschnng da-durch, dats man zwei Bilder desselhen Gegcnstandesnbsp;erhalt, wohl erklarlich ist, imgeachtet diese Vorziigenbsp;dnrch die mit dem Gebrauche eines solchen Instrnmen-tes verhimdene Uiihequemlichkeit zum Theil wiedernbsp;anfgehoben werden; die Fernröhre mit zwei nnd dreinbsp;Sammelglasern aber sind nicht allein von Scheiner,nbsp;wie wir so eben gesehen haben, sondern das ersterenbsp;ist wahrscheinlich anch von Athanasius Kircher ')nbsp;und Cabans “) vor Rheita gebraucht worden.

Dagegeu mufs Rheita für den Erfinder des Teleskopes mit vier konvexen Linsen gehalten werden. Zum Schlusse der genannten Abhandluug tlieilt er

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ars inagna lucis et umbrae. Romae, 1646., pag. 83ü.nbsp;Der Censur wurde dies Werk schou im Jahre lü44. vorgelegt.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Schotti magia tmiv. nat. et artis, pag. 516.


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Antonius de Dominis.

namlicli die iieue Eiitdeckiing: ^^Convexa quatuor melius dicta ohjecta erigunt, multumque amplificant^nbsp;rite vero. Tertitim colloca in puncto confusionis.nbsp;Swnt vero vitra tria ocular ia convexa^ objectumnbsp;quartum”, so init, dafs jedesinal auf einen Buchsta-ben des einen Wortes ein Bnclistabe des anderennbsp;folgt, die beiden Worte Convexa quatuor z. B. ge-scbrieben sind: C q o u n a v t e u x o a r. So tiefnbsp;anch das Gebeiinnifs dieses Biitbsels verborgen zunbsp;sein scbien, so fand doch ein Arzt, Jakob Amling,nbsp;deni Schott es zeigtc, seine Lösnng auf den erstennbsp;Bliek ’).

Anch giebt sich Bbeita in jener Abhandlnng viele Mülio, das gunstigste Verhaltnifs der Durchines-ser des Objektivs und Okulars bei einem astronoini-schen Fernrohre zu erinitteln. Er theilt das Ergeb-nifs derselben in einer Tabelle init, und ist deinnachnbsp;der erste, der diese inühsame Untersucbung, imd zwarnbsp;lediglicb auf dein Experiinental-Wege unternaliin.

Marcus Antonius de Dominis.

Umgekommen im Jahre 1624.

Er erklart die Entstehung des Hauptregenbogens dutch eine dop-pelte Brechung, und eine einzige Zurückwerfiing der Sonnen-stralen in jedem einzelnen Tropfen — Theodoricus de Sax on ia hatte schon ira Anfange des vierzehnten Jahrhun-derts dieselbe Erklariing gegeben, ja selbst die Entstehung desnbsp;aufseren Regenbogens richtig erklart; indefs war sein Buchnbsp;ganzlich unbeachtet geblicben.

Die Erklilrung des schonen, sich so oft wieder-bolenden Phiinoinens des Regenbogens finden wir in

1) Schotti magia vniv, nat, et artis, pag. 525.

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Antonias de Dominis.

der Mitte des sechszehnten Jahrhunderts fast noch auf demselbeii Standpunkte, auf Avelchein sie Aristoteles gelassen hatte, nicht etwa, well man in der langen Zwischeiizeit von zweitausend Jahren gar keineanbsp;Fortschritt in dieser scliAvierigcn Theorie gemachtnbsp;hiitte, sondern weil iiher einem Buche, das sclion imnbsp;ersten Jahrzelient des vierzehnten Jahrlmndefts ge-schriehen wnrde, das nnglinstige Gcscliick waltete,nbsp;völlig unhekannt mid uuheaclitet zu bleiben.

Der Verfasser dieses, anf der Bibliothek in Basel als Manuscript befindlichen, und De radialibus impressionibus betitelten, Buches *) ist ein Deutschernbsp;Dominikaner, Theodoricus de Saxonia ^). Ernbsp;unterscheidet fiinf Arten von Badiationen: die Zii-rivckverfimg von Spiegeln; die Brechuug in durch-sichtigen Körpern; die Zuriickwerfung von der Riick-seite eines durcbsiclitigen Körpers, die mit einernbsp;Brechimg beim Ein- und Austritte des Lichtstralesnbsp;verbonden ist; die ZAveimalige Zuriickwerfung von dernbsp;Riickseite, und eine fiinfte Radiation zur Erkliirnngnbsp;der Höfe nm die Gestirne. Die Art und Weise, wienbsp;er die Entstehuug des inneren Regenbogens durch dienbsp;dritte Radiation, nnd die des iinfscren durch die viertenbsp;erkliirt, ist dieselbe, die Descartes befolgt, und dienbsp;wir ietzt noch als die allein richtige anerkeiinen. Dienbsp;von diesem aber so befriedigend beantwortete Frage,nbsp;warum nur gewisse Stellen im Tropfen die Sonnen-stralen zuriickzuwerfen vermogen, weifs Theodori-

1) nbsp;nbsp;nbsp;tiilbert’s Annalen Bd. 52., pag. 406. Venturi fandnbsp;zuerst dies Manuscript wieder auf.

2) nbsp;nbsp;nbsp;In der Zusclvrift an den Pater Aymericus nennt er sich:nbsp;Frater Theodoricus, ordinis fratrum praedicatormn itro-vinciae Theutonicae, theologiae factdtatis ijtMÜtercumque professor.


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Antonius de Dominis.

cus freilicli nicht hesser zu erledigen, als diirch die Willkiihr der Nahir, die diese Stellen hesonders hierzunbsp;bestiimnt habe; indefs wird man dies bei einer sonbsp;frühen Schrift, iind hei dein damaligen Zustande dernbsp;Matheinatik nicht anders erwarten.

So gebührt also den Dentschen das Verdienst, die ersten Anfschliisse in der Theorie des Regenbo-gcns gegeben zu haben. Da aber die folgenden Op-tiker kcine Kenntnifs jenes Ruches hatten, so ist esnbsp;ohne allen Einflufs auf die Entwickelnng unserer Wissenschaft geblieben. Drei Jahrhunderte vergingen,nbsp;ehe man wieder auf den schon von Theodoricusnbsp;eiugenommenen Standpunkt gelangte.

Jodocns Clicthoveiis (Josse Clicthove) *) hatte den kindischen Einfall, den zweiten Regenbogen für einen blofsen Widerschein des ersten zu halten. Audi Cardanus blieb bei der Annahme einernbsp;einzigen Reflexion stehen, und des Maurolycus ge-künstelte Hypothese mufste die Sache uur noch mehrnbsp;verwirren. Zwar hatte Johann Fleischer^) ausnbsp;Breslau die Entstehung des Hauptregenhogens ausnbsp;einer doppelten Brechung, und einer einzigen Zu-rückwerfung der Soniienstralen erkliiren zu könuennbsp;geglaubt, die Zurückwerfung aber nicht auf den Hin-

1) Er war Doktor der Sorbonne, und starb als Dekan des An-dreasstiftes zu Chartres im Jahre 1543. Die angetulirte Meinuiig aiifscrt er in der Schrift Philosophiae naturalis paraphrasis.nbsp;Paris, 1501. Fok pag. 272.

‘i) De iridihus dnctrina Aristotelis et Vitellinnis, tam necessariis demonstrationilms, quam phjsicis et opticisnbsp;causis ancta. IFitehergae, 1571. 235 Seiteii 8vo. Fleischernbsp;hatte als Schulniann zu (cnldberg dies Buch geschrieben. Imnbsp;Jahre 1572. ivurde er Prediger au der Elisabethkirche in Breslau.nbsp;Man sehe Scheihel de Joan. Fleischeri in doctrinam denbsp;iride meritis. VratisL, 1762.

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Antonius de Dominis.

tergrnnd der Tropfen versetzt. Er ist vielmelir der Mcinnng, dafs die Stralen, naclidein sie sicli iii dernbsp;vorderen imd hinteren Seite der Tropfen gebrochennbsp;haben, mit der Farbe, welche sie dnrcli die Brecbnngnbsp;erlangen, dnrch andere dabintcr gelegene Tropfennbsp;reflektirt *), vielleiclit anch nacli dieser Reflexion innbsp;den rorlicgenden Tropfen nocliinals gebrochen wür-den -). Rei der Erklilriiiig des zweiten Regenbogensnbsp;abcr folgt er dein Aristoteles. Erst Harriot aus-sert in einein Briefe an Kepler voin Jalire 1606. ^),nbsp;dafs die Entstelmng des Ilanptregenbogeus in einernbsp;Reflexion anf der konkaven Seite der Tropfen, iindnbsp;in einer Brecbnng in der konvexen zn suchen seinnbsp;diirfte, oline jedocli diesen Gedanken weiter verfolgt,nbsp;vind die Eiitstcbiing aiicb nnr des Haiiptregenbogensnbsp;erkliirt zu liaben.

Dies war der Zustand der Theorie des Regenbogens iin Anfange des siebzehnten Jabrbnnderts, als Marcus Antonins de Dominis anf den glückliebennbsp;Gedanken kam, das Verbalten der Sonnenstralen beimnbsp;Dnrcbgange dnreb eine mit Wasser gefüllte gliisernenbsp;Kiigel naber zu beobacliten, nm vielleiclit aiif diesemnbsp;Wege einiges Licht in den so dimkelen Gegenstaiidnbsp;zn bringen. De Dominis war schoii als Jünglingnbsp;in den Orden der Jesuiten getreten, imd batte sichnbsp;bier dnrch seine Kenntnisse so aiisgezeicbnet, dafsnbsp;ibm das Bistlimn Segiii, in der Folge sogar das Erz-bisthum Spalatro übertragen wnrde. Die sorgenfreie

Pag. 81.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 86.

3) nbsp;nbsp;nbsp;lu der Ausgabe von Hansch Epist* 233. /£oc de iridenbsp;nunc dico^ quod causa demo'nstranda est in una guttnla pernbsp;7'efle.i'io7tem in concava superficie^ et refractioneni in convewa,nbsp;ISUiil tnnten dixi oh mesteria^ (juae latent*

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Antonius de Domiiiis.

Lage und das hohe Ansehn, dessen er in dieser Stel-lung genofs, waren aber nicht im Stande, seine Hin-neigung zuin protestantischen Lehrbegriffe zn unter-drücken. Bei der Inquisition der Ketzerei angeklagt, mufste er zweimal eine Reise nach Rom machen, wonbsp;er das letzte Mal nur unter strengen Drohungen ausnbsp;dein Kerker entlassen wurde. Er verkaufte liieraufnbsp;seine Güter, ging nach England, wurde Dekan zunbsp;Windsor, nnd predigte und schrieb gegen die katbo-lische Religion. Er blieb in England bis ziim Aprilnbsp;des Jahres 1622., worauf er, überredet von dem Spa-nischen Gesandten Gondomar, der ihn einen Kardi-nalshut boffen liefs, wenn er die protestantische Religion abschwören würde, nach Rom zurückkehrte.nbsp;Hier verleugnete er zwar anfiinglich die Religion, zunbsp;welcher er sich in England öffentlicb bekannt batte,nbsp;erregte jedoch bald bernach nenen Verdacht, undnbsp;wurde in den Inquisitionskerker geworfen, in welcbemnbsp;er, 64 Jahre alt, umkam. Sein Leichnam wurde zu-gleich mit seinen Schriften verbrannt, und die Ascbenbsp;in die Tiber geworfen.

Der von de D o min is über die Dioptrik geschrie-bene Traktat *) ist nicht von ihm selbst, sondern von seinem Freunde Joannes Bartolus heransgegeben.nbsp;Als dieser von der Erfiudung der Fernröhre hörte,nbsp;w'andte er sich, so erzahlt er in der Vorrede, an denbsp;D ominis mit der Bitte, ihm über die Einrichtung desnbsp;neuen Instrumentes Aufschlufs zu verschaffen. D enbsp;D ominis übergab ihm hieranf jenen Traktat, dessennbsp;gröfseren Theil er sehon vor zwanzig Jahren, als ernbsp;an den Jesuitergyninasieu in Padua und Brixen lehrte,

1) De radiis visits et lucis in vitris perspectivis et iride. Venetiis, 1611. 4to. 78 Seitcu.


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Antonius de Oominis.

geschrieben hatte, fügtc ilemselben die Kapitel, welche die Fernröbre betreffen, binzu, und gestattete seinenbsp;Bekanntinacbung in dieser verbesserten Gestalt. Sonbsp;wenig aber aucb alles, was de Do min is über dienbsp;Glaslinsen und das Hollündiscbe Fernrobr beizubrin-gen weifs, init der gleicbzeitigen Dioptrik Kepler’snbsp;den Vergleich anshillt, so verdient docb die Erklii-rung, die er von dem Entstehn des inneren Regen-bogens giebt, scbon defsbalb eine vorzügliche Beach-tnng, weil er zuerst ihre Ricbtigkeit anf dein Experimental-Wege bestatigte. Sein Verdienst würde geringer zn scbiitzen sein, wenn er des Theodoricns,nbsp;oder ancb nur Fleischer’s Schrift gekannt hiitte.nbsp;Er nennt letzteren jedocb nicht, wabrend er die Mci-nnngcn aller seiner Vorgilnger über eben diesen Ge-genstand priift; dafs ibin aber des Theodoricnsnbsp;Bnch nnbekanut war, kann lUtan scbon ans der unge-reimten Erklarung, die er über die Entstehung desnbsp;üufseren Regenbogens giebt, folgern.

De Dominis gründet seine Theorie anf einen Versneb, den er mit glilsernen soliden, oder aucb initnbsp;Wasser gefüllten Kiigeln, die er zn diesem Zweckenbsp;hatte einrichten lassen, angestellt, nnd der ihin fol-gendes Resultat gegeben hatte '): Halt man eine

1) Cap. 4. Da Montucla den fraktat des de Dominis nicht gehorig wiirdigt, Priestley denselhen nicht grUndlich stu-dirt hatte, indem er sogar die Hauptsache, den Versuch mit dernbsp;gliiscrnen Kugcl, iibersieht, und Kldgel ihn nicht ans eigenernbsp;Ansicht kannte, so will ich die betreffende Stelle hersetzen, zumalnbsp;da dies Kuch, auf dessen Bedeutsamkcit erst (ïöthe wieder be-sonders aufmerksam gemacht hat, zn den sehr seltenen gehort:

^^Corpus glohosum sive sphdericuiH difiphanMin^ pleTtuiu sive solidum, praeterquam qmd reflectit ex sna superficie convexanbsp;radios, facit aliani reflexionem Ivcis cum aliqtia refractione.nbsp;Nam radius lucis ex centra corporis hicidi (Fig. 3.) B pene-

I. nbsp;nbsp;nbsp;12

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Antonius de Dominis.

solche Kugel (Fig. 5.) A gegen die Sonne so er-leidcn die Stralen Aenderungen manclierlei Art, Ein trat irrefractus recta ttsque ad V fer centrum A, cum sit per-pendicularis; radii vero BC et BD franguntiir in C ef D adnbsp;perpendicularem , et penetrant similiter fundum G ulteriusnbsp;in V, eoque multam lucem congregant simul cum radiis in-terioribus BR et BO, qui et ipsi fracti in punctis K et 0 per-veniunt circa punctum G in fundo globi A, quod et facinntnbsp;reliqui radii ex B, quicunque incidunt in superficiem con-vexam totam a C usque ad D. Sed interim omnes radiinbsp;fracti, congregati circa fundum G, non modo partim penetrant et uniuntur ad punctum V, ubi et ignem possunt accen-dere, sed etiam hona ex parte cum eadem lucis intensione ohnbsp;dictam aggregationem reftectuntw' a fundo G. Qpii fundus Gnbsp;varias facit huius lucis multiplicatae reflexiones, servata legenbsp;reflexionum ex sphaerico concavo, sed tarnen nonnihil variata,nbsp;quia est reflexio post jam dictas refractiones, et quia nonnbsp;modo reflectuntur radii incidentes in globum A ex centra corporis lucidi B, sed etiam inflniti alii ex reliquo corpore lu-cido. Quarn varietatetn nunc explicare demonstrationibus,nbsp;non est operae pretium. Satis est, me experimentis clarissi-mis comperisse, in pbiala aqua plena, et globulis vitreis, aquanbsp;similiter plenis, a me ad hunc tantum effectum perfci cura-tis: ex fundo G, opposito soli directê, praeter refractionem,nbsp;quae fit in V, duplices fieri reflexiones, alias statim per lateranbsp;versus F et E circulariter, alias vero versus solem prope perpendicular em BA ad partem anterioretn, versus H I similiter circulariter; et non per unam solam lineatn indivisibilern,nbsp;sed per plures utrobique, cum aliqua latitudine, ut sunt innbsp;priori reflexione GF, GN, GM, in altera vero GI, GK, GL.nbsp;tiuae latitudo oritur partim ex refractionibus, quae intranbsp;glohum fiunt, cum aggregatione plurium radiorum, partim exnbsp;magna latitudine corporis luminosi, ut paulo ante dicebamus.quot;

Ueber die Brecliiing aiif der hinteren Seite der Tropten spricht sich de Dominis ziie so bestimmt .nis, wie iiber die auf der vorderen. Aueb liier deutet er jene Brcelmiig mir durch die AVortenbsp;an: praeter refractionem, quae fit in V. Von einer abermaligennbsp;Breclmng der vom Hintergrumle der Kugel reflektirten Stralen istnbsp;bier iibrigens gar nicht die Rede. Erst in cinem der folgendennbsp;Kapitel (cap. 15., pag. 65.) halt er anch eine solche Brechiing fiirnbsp;möglich: „partim fortasse ex aliqua fractione in egressu exnbsp;globulo.quot;

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Antonius de Dominis.

Theil derselben wird bei dem Eintritte in die Kugel sowohl, als aucb bei dem Ausgange aas derselben ge-brochen, nnd vereinigt sicb in einem Punkte V’, einnbsp;anderer Tbeil wird von ihrer vorderen konvexen Ober-flache CD reflektirt; ein dritter endlich wird vonnbsp;ihrein Hintergrunde G zurückgeworfen, nnd nach zweinbsp;verscbiedenen Ricbtungen bin, die beide kreisfonnignbsp;sind, verbreitet: die eine inelir seitwarts nach dennbsp;Linien GF, GD, die andere der Sonne nülier nachnbsp;den Linien GI, GH. Diese beiden Reflexionen er-folgen aber nicht in untheilbaren Linien, sondern sienbsp;zeigen eine gCAvisse Breite, Die eine namlich dehntnbsp;sich in den Stralenbüschel GF, GN, GM rings urnnbsp;die Kugel kreisfonnig aus, die andere, gleichfallsnbsp;kreisfonnig, in den Stralenbüschel GD, GK, GI.nbsp;Der Stral GF, der am wenigsten in die Kugel ein-dringt, ist defshalb der lebhafteste, von hochrothernbsp;Farbe {pwniceus oder rubetts), der Stral GN ist einnbsp;wenig dunkeler, namlich griin {viridis), der am tief-sten eindringende GM ist blau {purpureus oder pa-vonaceus) '). Anders verkalt es sich mit den Stralennbsp;GL, GK, Gr, unter denen GL der lebhafteste, alsonbsp;hochroth ist, weil er sich dem auf dem Hintergrundenbsp;der Kugel winkelrecht stekenden liG am meisten nii-hert; der Stral GK aber, der sich weiter von diesemnbsp;Lothe entfernt, ist grün, und GI blau ^).

Man sieht nun schon, wie de Dominis die Ent-stehuug des Hauptregenbogens und seiner Farben er-klaren werde. Die Körperchen, deren Hintergrund die Stralen reflektirt, nennt er Dunstblaschen (biildnbsp;tulae, bald corpuscula roridd). Solche sein (Fig. 6.)

1) nbsp;nbsp;nbsp;Cap. 13., pag. 56.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Cap. 15., pag. 63.

12^

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AntoniuB de Dominis.

/f, 67, D\ die Sonne sei in A‘^ BH, BO^ BF der vintere Stralenliüscliel von B\, CG^ CF^ Cl der vonnbsp;C u. s. w,, so sieht das Auge in F das Blëschen Bnbsp;durcli den liochrotlien Stral FB, C durch den grlincunbsp;FC, li durch den blauen FD. Wird es nach G ver-setzt, so erhiilt es von C Manes, von B grimes, nndnbsp;von dein über B betindlichen Dimstblaschen das rothenbsp;Liebt 11. s. w. *).

De D o mi nis erklart also die Vcrschiedenhelt der Farben auf dieselbe AVeise, die wir scbon beinbsp;Aristoteles kennen gelernt habcn, dnrch die Bei-inischung von mehr oder -«eniger Dunkelein zu deinnbsp;Hellen. In einem der vorhcrgehenden Kapitel spricbtnbsp;er avisführlicher über seine Farbentheorie, ans der icbnbsp;folgende Stelle heraiishebe: „Anfser den in den Kör-pern bebarrenden, nnd ihnen eigenthümlichen Farben,nbsp;aus -welcber Ursache sie aiicb entsteben mogen, giebtnbsp;es in der Natnr einige veriinderliche imd imbestiin-dige, die man eniphatische oder apparente nennt,nbsp;die icb aber glanzende zn ncnnen pflegc. Es istnbsp;mir nicht zweifelhaft, dafs diese Farben aus deinnbsp;Lichte entsteben, Ja icb halte sie für nichts ande-res, als das Licht selbst. Denn ist in einem Körpernbsp;reines Licht, -wie in den Sternen und dein Fener, nndnbsp;verliert es ans irgend einem Grimde das Funkeln, sonbsp;zeigt sich ein soldier Korper weil's. Wird dem Lichtenbsp;einige Dunkelheit beigemischt, die ihin aber noch dennbsp;Durchgang gestattet, nnd es nicht völlig anslöscht, sonbsp;entsteben die Mittelfarbcn {colores intermedit), Defs-halb ist unser Feuer röthlich, weil ihm Ranch beigemischt ist, der es verdunkelt; defshalb sind auch die

1) nbsp;nbsp;nbsp;C.ip. 13., pag. 57.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Cap. 3., pag. 9.

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Antonias de Dominis.

Gestlrne in der Niihe des Horizontes von röthlicher Farbe, well die dazwischen gelegenen Diinste sic tru-ben. Wir können eigentlich drei Mittelfarben nnter-scheiden. Die erste Bciinischnng des Diinkelen, welchenbsp;den Glanz des A¥eifsen nur wenig triibt, maclit dasnbsp;Licht rotli, denn die rothe ist die gliinzendste dernbsp;Mittelfarben zwischen den Grenzen der Aveifsen undnbsp;schwarzen, wie wir dies auch bei den dreiseitigennbsp;Glasprisinen sehen, wo der Sonnenstral, der zimachstnbsp;dem brecbenden Winkel durch dasselbe gebt, wo alsonbsp;die geringste Dicke nnd folglich die geringste Dnn-kelbeit ist, rotb gefiirbt ans deinselben heranstritt.nbsp;Dann folgt das griine Licht, das cine bedentenderenbsp;Dicke des Prisma durcbdrnngen hat; endlicb das blauenbsp;bei eincr noch gröfseren Starke des Glases. Dennnbsp;iiacb dein Verbaltnil’s der bedciitenderen oder ge-riugeren Dicke des Prisma iiimmt die Dimkelbeitnbsp;zii oder ah. Ein wenig mebr Dimkelbeit macht dienbsp;Farbe griin; kommt nock inehr binzu, sq Avird sicnbsp;blau, AA'elcbe die duukelste nnter den mittleren ist.nbsp;Wird cndlieh das Licht noch mebr getrübt, so trittnbsp;Finsternifs ein, obgleich diese vielmebr eine PrHa-tion des Licbtes, als eine positive Farbe zu nennennbsp;ist, wefshalb ancb das Gesiclit sebr schwarze Körpcrnbsp;imd völlige Finsternifs auf dieselbe AVeise benrtheilt.nbsp;Die iibrigen Farben sind ans diesen gemiscbt.”

Den iiufseren Regenbogen erklart de Dominis anf dieselbe AVeise, Avie den inneren, durch die zAveitenbsp;Reflexion vom Hiutergrnnde der Tropfen in den Ricb-tuugcn (Fig. 5.) GI, OK, GL.

In dem letzten, dem acbtzehnten Kapitel, Avird Einiges über die Höfe, Nebensonnen und Wettergal-len (yirgae) beigebracht, De Dominis ist der Mei-nuiig, dafs alien diesen Erscbeinungen eine Ziiriick-

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Kepler.

werfung des Lichtes, wie schon Aristoteles behaiip-tet Latte, zum Grimde liege, nicht aher, wie Vitello vermiithete, eine Brecliung desselben.

Das wesentlichste Verdienst, welches dc Do minis sich mil die Optik erworben hat, besteht also darin, dafs er zuerst eine Reflexion des Lichtes aufnbsp;dem Hintergnmde der Tropfen aufser Zweifel setzte.

«foliann Hepler.

Geb. 1571., gest. 1050.

Er beslimmt den Ort der durch Spiegel und Glaser bewirkten Bil-der genauer, als Euklid und Alhazen — Mittelst einer zweckmafsigen Vorricktung, die Brechnng aus Luft in Glas zunbsp;messen, findet er, dafs der grofste Winkel im Glase, wenn dernbsp;AVinkel in der Luft ein redder ist, 42“ betrage, woraus er fol-gert, dafs die Brecliung beini Uebergange aus einem dichterennbsp;in ein dünneres Mittel zuweilen in eine Zuriickwerfiing desnbsp;Lichtes iibergehen konne — Er nahert sich dem wahren Bre-chungsgesetze, entdeckt die Brennweiten der gleichseitigen dop-pelt-konvexen und der plan - konvexen Linse, ist der Erfindernbsp;der Teleskope mit zwei und drei Sammelglasern, und stellt dienbsp;erste Theorie der Fernröhre aiif — Begriindung der richtigennbsp;Theorie des Sehens — Die Lichtstarken divergirender Stralennbsp;nehmen im umgekehrten Verhiiltnisse der auffangenden Ebe-nen ab.

Die Lehensumstande dieses ansgezeiclincten Mannes sind zu hekannt, als dafs ich hei der Beschrei-bung derselben verweilen dürfte; tibcr seine optisclien Schriften aber will icli eine ausfiihrliche NacbricUtnbsp;geben.

Zwei Werke sind es besonders, die Kepler’n, aucb als Optiker, eiiien unverganglicben Namen er-balten werden, seine „Supplemente zum Vitello”,

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Kepler.

und seine „Dioptrik”. In dein ersteren liatte er frei-licli den Kainpf gegen die scholastische Schule noch nicht völlig bestanden; Weitschweifigkeit, Unvcrstilnd-lichkeit, ja selbst Irrthum ziehen sich durch das ganzenbsp;Werk hindurch, von so grofsem Scharfsinne es auchnbsp;sonst zengen mag. Die spafere Dioptrik dagegen istnbsp;dnrch Klarkeit und Bündigkeit ausgezeichnet; Eigenschaften, die dies an so vielen Eutdeckungen reichenbsp;Büchelchen uin so schiltzbarer machen, je mehr mannbsp;sich durch die Breite und Verworrenheit der Vorgan-ger Kepler’s ermiulet fühlt.

Die Supplemente ') sind in fünf Kapitel ahge-theilt, von denen das erste von der Natur des Lich-tes, und hesonders von den Farben; das zweite von der runden Gestalt des durch eine eckige OelFnungnbsp;ciufallenden Sonnenlichtes; das dritte von dein Ortenbsp;der Bilder; das vierte von dein Maafse der Brechim-gen, und das fünfte von den Funktionen der Bestand-theile des Auges handelt.

lm ersten Kapitel erklart er die Verscliiedenheit der Farben durch die verschicdeiien Grade der Durch-sichtigkeit und Dichtigkeit der hreclienden Mittel; dienbsp;Farben des Regenbogens aber, die nur an der Grenzenbsp;des Liclitcs und Scliatlcns entstehen sollen, aus einernbsp;Verringerung des Licbtes, und einer Uebertünchuugnbsp;desselben mit einem wasserigen Stoffe “). SchAvarz

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ad Vitellonem Paralipomena, quihus astronomiaeparsnbsp;mica tradiUir. Franco/., 1004. 4to. 424 Seiten. Das Bucb istnbsp;dein Kaiscr Rudolph II. geuidmet.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Color est lux in potentta, lux sepulta in pellucidt ma-te9'ia, si jam extra visionem considtretur; et diver si p,radusnbsp;in dispositions materiae, causa raritatis et densitatis, seu pel-lucïdi et tsneljrarum, diver si item ^radus luculae, quae mate-riae est concreta, efficiunt discrimina colorum .... Et qni-dem in conflnio lucis et umbrae omnes (iridis color es) resul-

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Kepler,

nennt er die Farbe, die kein Licht aussendet; sie sei defshalh auch die wiinnste, weil das meiste Licht iunbsp;ihr verzehrt werde.

In dieseiti Kapitel flnden wir auch zum ersten Male den Hauptsatz der Photoinetrle: „die Lichtstiir-ken divergirender Stralen nehinen iin mngekehrtennbsp;Verhiiltnisse der aiiffangenden Eheuen ah”, in eineinnbsp;klaren Beweise entwickclt.

Das Bemerkenswertheste von dem, was er iin zweiten Kapitel üher die runde Gestalt des durehnbsp;eine eckige Oeffnung einfallenden Sonnenlichtes sagt,nbsp;hahe ich schon hei Maurolyeus augefuhrt.

In dem dritten Kapitel uiiternimmt Kepler die schwicrige Untersuchung iihcr den Ort dcr Bilder.nbsp;Euklid und seine Nachfolger hatten das Bild in dasnbsp;Loth versetzt, das von dem Gegenstande auf die spic-gclnde oder hrechende Fliiche gefallt wird, ohne ir-gend elnen Grund anzugehen. Diese Lücke will nunnbsp;Kepler erganzen. „Der Ort des Bildes”, sagt er,nbsp;„ist der Punkt, in welchem die aus heiden Aiigennbsp;dureh den Zuriickwerfungs- oder Brechungspunkt ge-zogenen Gesichtsstralen *) zusammentreffeu. Jedernbsp;Gesichtsstral aher liegt in der Zuriickwerfiings- odernbsp;Brechungsehene, die winkelrecht auf der spicgelndennbsp;oder hreehenden Fliiche steht, und jedes Auge hatnbsp;seine eigene Zuriickwerfungs- oder Brechungsehene.nbsp;Der Durchschnittspunkt der Gesichtsstralen, d. h, dasnbsp;Bild des leuchtenden Punktes, liegt daher in dernbsp;Durchschnittslinie dieser heiden Ebenen, die 'vvinkel-

tantf ut certum sit, ex attenuatione tuns et snperinjeetione materiae aqueae existere.

J) Radii visorli i- e, lineae lucidae ex oculo per punctutn vepercvssus vel rtfractiouis in continuum per imaginationemnbsp;eduetae.

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Kepler.

echt auf der epiegelnden oder hrechenden Flilche stcht, iind in der sich zugleich der leuchtende Punktnbsp;selhst hefindet. Aus diesem Grunde also liegt dernbsp;Gegenstand und sein Bild in demselhen Lotlie, dasnbsp;von jenem auf die spiegelnde oder brechende Flachenbsp;gefiillt wird. Da aber Ebenen, die winkelreoht aufnbsp;eincr Kugeltlacbe stebu, durcb den Mittelpunkt der-selben geben iniissen, so wird auch der Durchschnittnbsp;zweier solcben Ebenen, d, h. die Linie, in welchernbsp;der Gegenstand und sein Bild liegen, durcb den Mittelpunkt der Kugel gebn. Fallen aber die Gesjcbts-stralen beider Augen in dieselbe Zuriickstralungs-oder Brecliungsebene, ein Fall, der freilicb gegen dienbsp;Gewohnbeit der Augen ist, aber bei ejner schragennbsp;Stellung dcrselben vorkoinmt: so treten die Bilder innbsp;konvexen Spiegeln und iu dichteren Mitteln aus dcinnbsp;Einfallslotbe beraus, nacb der Seite der Augen bin,nbsp;in koukaven Spiegeln aber auf die entgcgengesetztenbsp;Seite.”

Die letzte Bebauptung Kepler’s, dafs das Bild nicht jcdesinal in dein Einfallslotbe liege, ist zu wichtig, als dafs icb seinen Beweis, wenigstens fiir kon-vexe Spiegel, nicht inittbeilen sollte. Der Mittelpunktnbsp;des konvexen Spiegels (Fig. 7.) EO sei X, und LDnbsp;ein Loth gegen die Erweiterung desselben. In die-sein Lotlie nehiiie man den Gegenstand D an, vonnbsp;Avelchein die Stralen DE und DG ausgeben, und dernbsp;erstere nacb dein einen Auge C, der andere nacbnbsp;dem anderen H reflektirt Averden, so dafs C und Hnbsp;in derselben Reflexlons-Ebene DEC befindlicb sind.nbsp;Das Bild von D ist alsdann iS, der Durcbschnittspunktnbsp;der beiden Gesicbtsstralen CE und HG. Verlilngertnbsp;man ES bis zum Einfallslotbe in T, ziebt aus Lnbsp;durcb E die Linie XX, aus D die mit TE parallelc

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Kepler.

jÖX, imd diirch E eine Tangente EK bis zuin Ein-fallslothe, so ist, weil die Winkel DEX, TEL und DXL gleich sind,

DE = DX^ daher LD :LT= ED: ET,

und, weil der Wliikel DET diirch EK halbirt isf, DK\KT—ED:ET,

folglich.

LD.LT— DK'.KT.

Gesetzt nun, es könnte das Bild von D iin Einfalls-lotlie liegen, der Gesiclitsstral GH den Steal EC also in T schneidcn, so zielie man auf dieselbe Weise,nbsp;wie vorliin, eine Linie XL durch L nnd G ^ DY parallel mit TG, nnd dnrch G eine Tangcnte GV bisnbsp;zinn Einfallslothe. Man batte alsdann, wie fiir dennbsp;Punkt E^

LD \LT=z DV\ FT,

DK'.DV = KT \ FT.

Da aber diese Proportion nngereimt ist, so kann sieh die Stralen-Pyramide CSH nicht bis znm Einfallslothe LD bin erstrecken, der in diesem Lotlie gelegene Pimkt T kann nicht das Bild von D sein.

Dafs in konvexen Spicgeln das Bild zuweilen aus dem Einfallslothe heraustreten könne, batte Keplernbsp;bierdurch allcrdings bewiesen, nicht aber, dafs es immer anf der Seite der Angen liegen müsse. Diesenbsp;Liicke in dem Keplerscben Beweise liilst sicb je-docb, mit Zuziebung der obigen Proportionen, leichtnbsp;erganzen. Der Punkt S wird namlicb nicht anf dernbsp;linken Seite des Einfallslotbes LD liegen können,nbsp;wenn der verlangerte Gesicbtsstral HG dieses Lothnbsp;nicht unterhalb T*, etwa in ilf, schneiden kann. Gesetzt, es ware dies moglich, so hiitte man, wie obeii,nbsp;zuerst fiir den Punkt E’.

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Kepler. nbsp;nbsp;nbsp;jgy

LD :LT=z DK'.KT, und fur den Punkt G\

LD \LT — DV \ VM,

folglich

DK.DV — KT\ VM, welche Proportion aber nicht Statt finden kann,

Siebzig Jahre spater nahm Isaak Barrow *) diese Untersuchung über den Ort der Bilder vonnbsp;neuem auf. Auch er bestritt init Recht die seitnbsp;Euklides gangbare Ansicht, dafs der Ort des Rildes jedesnial in den Durchschnittspimkt des Einfalls-lothes, und des reflektirten oder gebrochenen Stralesnbsp;zu setzen sei. Die Theorie und Erfahrung hattennbsp;diesen Satz allerdings bei ebenen Spiegeln gelehrt;nbsp;zu vorcilig aber hatte man ihn auch auf sphiirischenbsp;Spiegel, und auf gebrochene Stralen, fur jede Lagenbsp;des Auges ausgedebnt. Denn stellt man einen diin-nen Gegenstand senkrecht ins Wasser, so wird man,nbsp;bei einer aufmerksameren Beobachtung, das von dernbsp;Seite betrachtete Bild nicht als die Verlangerung desnbsp;aufserhalb des Wassers hefindlichen Stückes sehen,nbsp;wie dies doch nach dem Euklideischen Principenbsp;gcschehen nuifste, sondern man sieht es ein wenignbsp;aus dem Eiufallslothe berausgerückt, und zwar nachnbsp;der Seite der Augen hin. Eben so wird man dasnbsp;von der Seite betrachtete Bild eines gegen einennbsp;konvexen oder konkaven Spiegel senkrecht gehalte-nen diinnen Stakes nicht als die Verlangerung dessel-ben W'ahmehmen, sondern es w'ird sich entweder dis-seits nach den Augen hin, oder jenseits ein wenignbsp;von dem Einfallslothe eutfernen. Doch ist die Ab-

Liondini, 1674. Lectio Xll.

1) Lectiones opticae et geoni. et sqq.

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Kepler.

wcichung dea nach dein Eiiklideischen Principe bestiminten Eildes von dein, Avelches die Erfalirungnbsp;giebt, nur schr vinbedeutend. Diese Ersclieinungennbsp;sind cs, deren, Erklilrimg BarroAv von neuem nnter-iiahin, ohaie, ivie es scbeint, die Untersuchungennbsp;Kepler’s, der eben dasselbe gefimden batte, ziinbsp;kennen. Die Beweise BarroAv’s erinangeln aber sonbsp;sehr der Prbcision, dafs ich sie nicht AAciter verfol-gen mag, zninal da ich schon Kepler’s BcAreis init-getheilt babe ’).

In diesem Kapitel giebt Kepler anch die Uin-stilnde an, Aon denen unser Urtheil fiber die Entfer-jiung eines Gegeustandes abbangt. Uns selbst unbe-Aviii'st, neliinen Avir den Abstain! der beiden Aiigen zu Ililfe, AA^enn anders diese geringe Entferniing and dienbsp;des Gegenstandes noch vergleichbar sind, nnd bcstiin-inen den Ort des letzteren durch ein Dreieck, dessennbsp;Grimdlinie der Abstand der beiden Angen ist, nndnbsp;dessen Seitenlinien die ans jedem der beiden Angennbsp;nach dein Gegenstande gerichtetcn Gesichtslinien sind.nbsp;Je nach Verschicdenhcit der Winkel an der Grnnd-linie dieses Dreieckes benrtheilen Avir die verscliiede-nen Eutfernimgen der Gegenstande. Dieses, die Ent-fernungen inessende, Dreieck {trianguhim êütuntinenbsp;mensoriiini) kann bci kleineren Entfernnngen selbstnbsp;fiir ein Auge konstruirt Averden, indem alsdaun dernbsp;Durchinesser der Pupille die Grimdlinie Avird.

1) Isaak BarroAV hcstimmt auch di® nbsp;nbsp;nbsp;Bildern der

spharisclicn Spiegel bcschriebencn KurAen, wenu der (Tegenstand seiikrecht gegen die Achse, oder aiieli in anderen Lagen gehalten AA’ird. Was iiber die Gestalt des Bildes, Aieim der Gegenstandnbsp;AA'inkelrecht auf der Aelise steht, in AA'enigen Zeilen in der An-nierkung zum 23sten Theoreme der Katoptrik des Euklides ge-sagt ist, AA'ird bei Barrow zAvei I'orlesuugen hiiulurch auf eiuenbsp;höchst ermiidende Weise vorgetrageu.

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Das vicrte Kapltel, welclies von tlem Messen der Brechiuigen handelt, eröffnet Kepler init der Scliliclv-tniig eines Streites, der zwisclien Tyclio imd Rothman ii, einem Matheinatiker des Landgraf en von Hessen, darüber gefiihrt war, oh die Dichtigkeit der oberen Luftregionen, nnd die der imteren verschiedennbsp;sein, und oh die astronomische Stralenbrechung fiirnbsp;jede Hühe, mit Ansnahmc des Zeiiithes, Statt finde.nbsp;Bcides war von Tj^cho hehanptet worden. Keplernbsp;entscheidet diesen Streit dahin, dafs, wenn Tychonbsp;nnd Rothinann das richtige Maals der lirechungennbsp;angewandt hiitten, der erstere nicht eine stiitige Ah-nahme in der Dichtigkeit der Lnft hehanptet, der andere aher die Brechung des Lichtes in jeder Höhenbsp;nicht gcleugnet hahen würde. Tycho würde dannnbsp;viclmehr die Grcnze der Atinosphare scharf ahge-schnitten gefnnden hahen; ehen so, wie einem Ange innbsp;der Lnft die Oherfliiche des Wassers erscheint. Mannbsp;wird hei so falschen Resnltaten aiich ohne meine Er-innerimg voranssetzen, dafs Kepler in der ganzennbsp;weitschwcifigeu üntersuchnng, worin er, znr Bcstim-miing der Brechuugen, sogar die Kegelsclmitte znnbsp;Ililfe nimmt, vielen Irrthüinern untcrliegt.

Das Beinerkenswerthestc dieses Kapitcls ist ohne Zweifel die Berichtignng der seit Ptolemans gangbaren Meinung, dafs das Verhiiltnifs zwisclien deinnbsp;Einfalls- und dein gehrochenen Winkel koiistant sei.nbsp;Das Verhiiltnifs dieser Winkel bei Lnft nnd Glasnbsp;batte Kepler, doch nnr innerhalb der erstcn 30“nbsp;des Einfallswinkels, ungefahr 3 ï 1 gefnnden, bei grosseren Einfallswiiikeln aher batten seine Beohachtun-geii den gehrochenen Winkel gröfser, nnd nm sonbsp;iiiehr wachseiid gegehen, je schiefer die Stralen ein-fielen, so dafs hei dein grofsten Einfallswinkel von

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90® der gebrochene Winkel nicht, -wie es nach jenem Verhaltnisse sein mlifste, 30®, sondern 48® liatte. Diesnbsp;brachte ibn auf den Gedanken, das Brechimgsverhiilt-nifs mit einer trigonometrischen Linie, die im An-fange des Quadranten unmerklich, daim aber bei glei-chen Aenderungen des zugeliörigen Winkels um sonbsp;schneller wiichst, je mehr sich dieser einem rechtennbsp;nilhert, in Verbindung zu setzen. Er wahlte die Se-kante, hei der diese Eigenschaft freilich am meistennbsp;in die Augen fiillt, mid sahe den gehrochenen Winkelnbsp;als aus zweien zusammengesetzt an, aus einem, Avel-cher der Neigung des einfallenden Strales proportional ist, und aus einem anderen, der von der Sekantenbsp;des Brechungswinkels abhangt. Kepler selbst fiihlte,nbsp;wie diese Theorie zu gekünstelt sei, mn als ein Na-turgesetz geiten zu können; er hoffte aber mit Recht,nbsp;einen Schritt niiher zur endlichen Entdeckung desnbsp;wahren Brechimgsgesetzes gethan zu haben.

Die Ursache der Brechung sucht Kepler in dem Widerstande der dichteren Mittel, welche Hypothesenbsp;aber schon von Harriot widerlegt wurde '), der ge-funden batte, dafs Oliven-, Terpentin- und Steinölnbsp;eine starkere Brechungskraft haben, als Wasser, de-stillirter Essig, Wein, Weingeist und Salzwasser, un-geachtet jene Körper specifisch leichter, also wenigernbsp;dicht sind, als diese.

Genauere und ausführlichere Untersuchungen üher die brechende Kraft der Korper wurden erst gegennbsp;das Elide des siebzehntcn Jalirliunderts angestellt.nbsp;Sie bestatigten Harriot’s Behauptung; zugleich abernbsp;schien aus ihnen hervorzugehen, dafs die brechendenbsp;Kraft gleichartiger Körper allerdings im Verhaltnisse

1) In der Ausgabe von Hansch Epist. 233. vom J. 1606.

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Kepler.

ihrer Dichtigkeit stehe. Besontlers war es Low-thorp, der die Aufincrksamkeit aiif diese Unter-siicliiingen von nenem lenkte. Diircli einen vor der Königliclien Societat in London im Jahre 1698. an-gestellten Versncli zeigte cr namlich, wie man dasnbsp;Brechungsverhaltnifs aus der Torri cellischen Leerenbsp;in die gewöhnliche Lnft messen könne, und dafs diesnbsp;Verhilltnifs 1 : 0,999640 sei '). Auf Veranlassimg desnbsp;jiingeren Cassini, der hei diesem Versnche zugegennbsp;gewesen war, liefs die Pariser Akademie denselhennbsp;wiederholen, j edoch ohne den erwarteten Erfolg. Dienbsp;Societat triig dalier die nochmalige Untersuchung dernbsp;Sadie Hankshee’n anf, der mit den nöthigen, nachnbsp;den Anordnungen Halley’s eingericliteten, Instrumenten versehen wurde. Diese bestanden in einemnbsp;zehn Fiifs langen Fernrohre, in dessen Brennpunktnbsp;ein horizontaler Faden ausgespannt war, und in einemnbsp;Prisma, dessen zwei Seiten aus Glasplatten mit paral-lelen Oherflachen, die in die Nuthen metallener Kanten eingelassen waren, bestanden; die dritte Seite abernbsp;hatte eine Röhre mit einem Hahne, um dnrch einenbsp;Pumpe die Lnft im Prisma verdunnen oder verdichten zu können. Dies war so grofs, dafs es ein kleines Heherbarometer, die Dichtigkeit der Liift zu messen, aufnelinien konnte. Es liefs sich nm zwei Stiftc,nbsp;wie nm eine Achse, drehen, und hatte einen brechen-den Winkel von 64“-

]Man sieht, welche Idee dieser Gerathschaft znm Grimde liegt. Da sich namlich die Brechungen annbsp;der iiufseren nnd inueren Seite einer jedcn Glasplattenbsp;anfheben, so wird man dnrch das Prisma einen Ge-genstand an derselben SteUe sehen, an der er sich

1) Philos. Tran^actions.1:^o.'2S7. Smith’s Optik, pag.438.sqq.

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Kepler.

•wirklicli befindet, ¦wcnn die Luft im Inneren des Prisma gleiche Dichtigkeit mit der iiiifseren hat; bemerkt mannbsp;dagegen, wenn die innere Luft verdicbtet oder ver-diinnt ist, eine Aenderimg in der Lage des Gegen-standes, so wird sich eben hieraus das Brecbungsver-lialtnifs aus der gewöhnlichen in die dichtere odernbsp;diimiere Luft herleiten lassen.

Den 15. Juni a. St. 1708. steilte Hauksbce, ¦wiihrend das Barometer auf 29,74-? und das Thermometer auf 60 ° stand, in einer Entfernimg Tonnbsp;2588 Englischen Fufs von dem Fernrohre eine Stangenbsp;auf, die, ihrer Liinge nach, mit verschiedenen Zei-chen versehen war. Aus dem Prisma wurdc dienbsp;Luft ausgepumpt, und dasselbe vor das Fernrohrnbsp;so gestellt, dafs die Brechungen auf beiden Sei-ten gleich Avaren, und das horizontale Haar ein be*nbsp;stimmtes Zcichen der Stange bedeckte. Liefs ernbsp;hierauf die Luft dutch den alhnahlig geölfneten Hahnnbsp;in das Prisma trcten, so erhoh sich das bemerktenbsp;Zeichen nach und nach iiber das Haar, welches,nbsp;sobald die Luft im Prisma und aufserhalb dcssel-ben gleiche Dichtigkeit hatte, ein anderes Zeichen,nbsp;104 Zoll unter dem vorigen, bedeckte. Man verdop-pelte hierauf die Dichtigkeit der im Prisma befind-lichen Luft, und brachte dasselbe wieder so vor dasnbsp;Fernrohr, dafs ein bcstimmtes Zeichen von dem Haarcnbsp;bedeckt wurde. Steilte man dann das Gleichgewichtnbsp;der inneren und iiufsercn Luft wieder her, so sanknbsp;jetzt das Zeichen lun 104 Zoll. Pumpte man so vie!nbsp;Luft ins Prisma, dafs sich ihre Dichtigkeit zu dernbsp;der tlufseren Luft, wie 3 : 1 verhielt, und liefs dannnbsp;alhnahlig die so verdichtete Luft durch den Hahnnbsp;entweichen, so sank das Zeichen, bis die Luft imnbsp;Prisma gleiche Dichtigkeit mit der aufseren hatte.

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mn beinate 21 Zoll, Die Wande des Prisma dem Drucke von noch mehr Atmospliilren auszusetzen,nbsp;hielt man nicht fiir rathsam. Das Resultat diesesnbsp;Versuches war also dies, dafs das Licht flir gleichnbsp;Starke Aenderungen in der Dichtigkeit der im Prismanbsp;eingeschlossenen Luft gleich starke Ablenkungen er-litten hatte.

Das Brechungsverhiiltnifs aus dem leeren Raume in die atmospharische Luft, bei der vorher angege-benen Temperatiir und Dichtigkeit, oder aus dieser innbsp;eine doppelt so dichte Luft, lilfst sicli hiernach leichtnbsp;hestimmen. Der auf das Prisma (Fig. 8.) ABC ein-fallende Stral sei DG^ und EF das Einfallsloth desnbsp;Punktes G. 1st nun die Luft inncrhalb des Prismanbsp;doppelt so dicht, als die aufsere, so iiahert sich dernbsp;Stral in der Richtung GK diesem Einfallslothe, ent-fernt sich aber bei dem Austritte aus dem Prisma innbsp;der Richtung KL von dem Einfallslothe des Punktes K. Der Pimkt, in welchem der einfallende undnbsp;ausfahrende Stral sich schneiden, sei il/, und mannbsp;hat, wenn das Brechungsverhiiltnifs aus der gewohn-lichen Luft in eine doppelt so dichte mit n bezeich-net wird,

cos DGA = n . cos BGK^

cos CKL = n . cos GKB,

I.


folglich ist, da die Brechungen auf beiden Seiten des Prisma, nainlich die Winkel DGA und CKL gleichnbsp;waren, auch Winkel BGK = GKB^ und Winkelnbsp;MGK= GKM, wcil die Winkel BGM und MKBnbsp;gleich sind. Es ist also, da B = 64®, Winkel BGKnbsp;= 58®5 und Winkel FGK = 32®. Der Winkel KMI^nbsp;aber hat, wenn sich die Höhe des Zeichens fiir dienbsp;Entfernung von 2588 Fufs urn 101 Zoll andcrt, 68 Se-

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kunden, der Winkel MGK folglich 34 Seknnden. Dalier verkalt sick der Sinus des Einfallswinkelsnbsp;DGE in der gewöknlicken, zum Sinus des Bre-ckungswinkels FGK in der doppelt so dickten Luft,nbsp;wie sin 32“ 34'^: sin 32“ = 1 : 0,999736; ein Resul-tat, das nickt kedeutend von dein von Lowtkorp ge-fundenen akweickt.

Mittelst eines eken solcken koklen Prisma, dessen Seiten Glasplatten mit parallelen Oberflilcken waren,nbsp;und in welckes versckiedene Fliissigkeiten gekracktnbsp;warden, setzte Haukskee zugleick die von Harriot,nbsp;Lowtkorp und Anderen geaufserte Verinutkung, dafsnbsp;die kreckende Kraft der Körper nicht von ihrer Dick-tigkeit allein akkange, aiifser Zweifel; fand aker, dafsnbsp;im Allgemeinen die leickt krennkaren Körper einenbsp;starkere kreckende Kraft kesitzen, als die schwerernbsp;krennkaren von derselken Dichte.

Anf Tycho’s Beokacktungen gestiitzt, entwirft Kepler in diesein Kapitel auck eine Takellc fiir dienbsp;astronomische Stralenkrechung, in welckcr die Hori-zontal-Refraktion der Sonne 34^, die des Mondes 33^nbsp;xind die der Fixsterne 30^ angegeben wird. Die iibri-gen Refraktionen sind von Grad zu Grad kei dernbsp;Sonne kis zum 45“, wo sie 5” ist, kei dein Monde bisnbsp;zum 44“, wo sie gleickfalls 5^^, und kei den Fixster-nen kis zum 20“, wo sie 0quot; ist, in dieser Takelle ent-halten. Nichtsdestoweniger kehauptet er, dais dienbsp;Entfernung eines Gestirnes keinen Einflufs auf dienbsp;Gröfse der Stralenkrechung haken könne, indem die-selke nur in den untersten Luftscliickten erfolge.nbsp;Kepler sucht selbst die Hoke der Atinosphare ausnbsp;der Refraktion herzuleiten. Wie sehr er aker keinbsp;der ganzen, durck dieses Kapitel fortgesetztcn, Unter-suckung im Irrthume ist, kann man auck kier aus ent-

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Kepler.

nelimen, dafs er die Höhe der Atinosphare nicht gröfser, als 0,48 Deutsche Meilen findet *).

Gegen das Ende dieses Kapitels spricht Kepler von der Vergröfserung der Gestirne iin Horizonte,nbsp;und tritt Alhazen’s Erklarung bei. Auch erwahntnbsp;er, uin ein Beispiel für die hedeutende Grofse dernbsp;Horizontal-Refraktion zu gehen, jener hekannten Expedition mehrerer Hollilndischen Seeleute im Jahrenbsp;1596., um hei Sihirien eine Durchfahrt nach deinnbsp;Ostmeere zu finden. Sie 'wurden nach Nowaja-Seinljanbsp;verschlagen, und sahen dort, in einer Breite von 76°,nbsp;die Sonne zum letzten Male am 3. November. Ihrenbsp;Wiederkehr batten sie frühestens auf den 11. Febr.nbsp;1597. bcrcchnet; sie trat aber schon am 24. Januar,nbsp;siebzehn Tage vor der berechnetcn Zeit, in den Horizont.

Das fünfte Kapitel, in welchem die richtige Theorie des Sehens entwickelt wird, ist das wichtigste, und, weil Kepler sich selbst hierin völlig verstand, mitnbsp;viel gröfserer Klarheit, als die vorhergehenden, ge-schrieben.

Zuerst werden die verschiedenen Haute und Flüs-sigkeiten des Auges, besonders auf die Autoritat der Anatomen Jessenius und Platter, mit ibren Namennbsp;angegeben. Die aufsere undurebsiebtige und weifsenbsp;Haut wird sclerodes tunica^ der verdere, starker ge-krüuimte und durchsichtige Theil derselben corneanbsp;genannt. Die vordere Seite der sclerodes und sdbst

1) lm Widerspruchc liiermit giebt er, der bei AlhaZen er-w’ahnten Methode folgend, freilich in einer viel spateren Schrilt, in der Hpitonte ustrononiiae Copemicaucte» Lentiis ad Da*nbsp;nuhium, 1618., Ub i, pag. 75.^ ,jie Hühe der Atmosphare zwischennbsp;10 und 11 Meilen an.

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Kepler.

die cornea ¦werden von einem durchsiclitigen und sehr diinnen Hiiutchen, tunica adnata oder adhaerens^ vonnbsp;anfsen unigeben. Die hintere, durch viele Aderii undnbsp;Blutgefili’se dunkelfarbige Seite der zweiten Hautnbsp;heifst bier choroides tunica^ die vordere, imter dernbsp;cornea befindlicbe, nacb anfsen bin iris^ in derennbsp;Mitte die Pupille ist, nacb innen uvea. Die drittcnbsp;Haut ist die retina. Unter den drei Fliissigkciten,nbsp;humor aqueus^ crystallinus und vitreus, wird dienbsp;inittlere, die Krystall-Linse, von einem durchsiclitigennbsp;Hiiutcben, aranea {(iraclmoides) tunica, uingeben, sonbsp;wie die letzte, die glaserne Feucbtigkeit, von dernbsp;hyaloides tunica. Die wasserigc Fliissigkeit aber hatnbsp;kein besonderes Hautchen, sondern sie wird vorn vonnbsp;der cornea, und hinten von der aranea und den processus ciliares, die von der tivea ausgehen, und eincnnbsp;gcstreiften Bing uin die Krystall-Linse bilden, ein-gescblossen,

Nacb dieser Einleitung erklart nun Kepler, wie die Bilder iin Auge entstehen, und auf welchen Be-standtheil desselben sie entworfen werden. Da ernbsp;bierbei mit alien bisherigen Theorieen im Wider-sprucbe ist, so sieht er sicb genöthigt, die seinigenbsp;ausfuhrlich aus einander zu setzen, deren wescnt-lichste Resultate diese sind; „Die Stralenkegcl, dienbsp;von alien Pimkten des Gegenstandes ausgehen, undnbsp;deren geineinscbaftliche Grundfliicbe die Pupille ist,nbsp;werden in der Krystall-Linse so gebrocben, dafs sienbsp;hinter derselben gleicbfalls Kegel bilden, deren Spiz-zen auf der Netzhaut liegen. Da die Acbsen der zunbsp;den Endpunkten dcs Gegenstandes gebörigen Kegelnbsp;sicb in der Mitte der Krystall-Linse nacb den Ge-setzen der Brechung durcbschneiden, so wird das

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Kepler.

Bild ujngekelirt, und ist überhaupt dcjn Gcgenstande nicht kongriieiit-, sondcru mir syimnetriscli - gleich.nbsp;Anch lehrt die Erfahrung, dafs der einem geftirhtennbsp;Punkte iin Gegenstande entsprechende Punkt im Bildenbsp;dieselbe Farbe hat.” Kepler ist von der Wahrheitnbsp;seiner Theorie so fest überzeugt, dal’s er kein Bedenken triigt, zu behanpten, man inüsse auf der Netz-haut, wenn es anders möglich wilre, naeh Wegnahmenbsp;der übrigen Haute des Auges, eiii Bild hier festzu-halteu, die gröfsten Gcgenstande in einem sehr kleinen und unigekehrten Bilde sehen; cin Gedanke, dernbsp;bald hernach von Scheiner und Descartes ausge-fiihrt wurde.

Dieselbe fehlerhafte Beschaffcnheit des Auges, in der schon Maurolycus die Ursache der Weit- undnbsp;Kurzsichtigkeit gefunden hatte, wird aiich von Kepler als solche angegeben, der jedoch des ersterennbsp;Schrift nicht anführt, und sle überhaupt nicht ge-kanut zu haben scheint, •\vie sich dies schon ans demnbsp;Inhalte des zweiten Kapitels verinuthen liefs. Beinbsp;der mangelhaften Vorstellung, die Maurolycus übernbsp;die Verbreitung des Lichtcs durch die Linsen hatte,nbsp;konnte er die Undeutlichkeit der Bilder in beidennbsp;Fallen nicht erkliircn; Kepler aher giebt hieriihernbsp;eine sehr befriedigende Auskunft. „Bei cinem kiirz-sichtigen Auge dnrclischneiden sicli die zu jedeinnbsp;Punkte des Gegenstandcs gehörigcn Stralen schonnbsp;innerhalb der glasernen Feuchtigkeit, sie brciten sichnbsp;binter ihren Durchschnittspunkten Avicdcr kegelförinignbsp;ans, umi geüen daher auf der Nctzhaut eincn Licht-krcls stalt eincs Lichtpunktes, Dasselbc gcschielitnbsp;bei cinem weitsichtigen Auge, Avclclies die Stralennbsp;nicht stark geuug bricht, so dafs ihre Spitzen hiutcr

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Kepler.

der Netzhaut liegen” *). Kepler 1st übrigens der Meinung, dafs beide Febler bei einem sonst gesun-den Auge durch Lebensweise imd Gewöhnung ent-stelien, nicht aber durch die Schuld der Natur. Dafsnbsp;man Greise gewöhnlich weitsichtig linde, liege darin,nbsp;dafs es leichter und der Natur angeinessener ist, dienbsp;Achsen der Angen parallel zn halten, als sie zuinnbsp;deiitlichen Erkennen naher Gegenstiinde gegen einan-der zu kehren. Iin Alter aber sei das Auge schwii-cher, so dafs es lieber die natürliche Richtung dernbsp;Achsen beibehalt, und gegen das stuinpf wird, wasnbsp;nur init Mühe gesehen werden kann. Ein vollkom-inen gesundes Ange könne in der Nahe und Femenbsp;gleich gut sehen. In einem solchen Ange mufstenbsp;entweder^ damit die Bilder in beiden Fallen dentlichnbsp;sein, die Netzhaut gegen die Krystall-Linse, odernbsp;diese gegen jene ihren Ort iindern. Kepler liifst esnbsp;unentschieden, ob die Netzhaut auf ahnliche Weise,nbsp;wie die Iris, die Eigenschaft habe, sich auszudebnen,nbsp;und sich so der Krjstall-Linse zu nahem, wenn mannbsp;entfernte, sich aber zusammen zu ziehen, und sich vonnbsp;der Krj'stall-Linse zu entfernen, wenn man nahe Ge-genstiinde deutlich sehen will; oder ob die Stralcn-fasern {^processus ciliares)^ welcbe die Krystall-Linsenbsp;init der Traubenbaut {uved) verbinden, sich wie Mus-keln zusammenziehen und ausdehnen kdnnen, um dienbsp;Krystall-Linse in die erforderliche Entfernung gegennbsp;die Netzhaut zu bringen ^).

Tycho zuerst batte die Bemerkung gemacht, dafs sich der Durchmcsser des Mondes bei eiuernbsp;Sonncnlinsternifs kleiner zeige, als heim Volhnoude,

t) Pag. 200.

2) Oioptrice, prop. 04.

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Kepler.

Kepler fiiidet aucli In diesein Philnomene einen Be-weis fiir die Wahrlieit seiner Theorie. Fiir einen so entfernten Körper, wie der Mond, fallen die Spitzennbsp;der Stralenkegel vor die Netzhant, so dafs sich aufnbsp;dieser, statt hlofser Piinkte, Ldchtkreise ahbilden. Danbsp;nun die Augen verschiedener Beohacliter verschiedennbsp;organisirt sind, so wird nicht allein der erleuchtetenbsp;Mond gröfser erscheinen, sondern seine Gröfse wirdnbsp;auch von verschiedenen Beohachtern verschieden an-gegeben werden inüssen. Der Mond erscheint alsonbsp;defshalb nicht kleiner, weil er uns die dunkele Seitenbsp;ziikebrt, sondern vielmehr defshalb gröfser, well wirnbsp;ihn erleuchtet sehen ^).

Auch die Frage über die Einhelt der Bllder in beiden Augen wurde durcli Kepler erledigt, indeinnbsp;er ibre Lösung darin findet, dafs die völlig gleichennbsp;Bilder den Eindruck eines einzigen auf die Vorstel-lung luachen müfsten ^).

Weniger befriedigend heantwortet er die Frage, wefshalh ivir, ungeachtet der uingekehrten Bilder aufnbsp;der Netzbaut, die Gegenstiinde aufrecht sehen. „Dasnbsp;Bild mufs umgekehrt sein”, sagt er, „weil das Leidende dem Mirkenden gegenüber liegen mufs; dasnbsp;Obeu und Unten der Gegenstiinde lemen wir schonnbsp;aus der Bewegung der Augen unterscheiden, da wirnbsp;dieselbeii in die Höh’e richten, wenn wir einen hohennbsp;Gegenstaud, und sie nach unten seuken, wenn wirnbsp;einen niedrigen sehen wollen” ^). In der That hatnbsp;aber auch die Beantwortung dieser Frage ihre eigen-thüudicheii Schwierigkeiteu, über die wir nur dadurch,nbsp;dafs wir das wirklich Einpfundene beim Sehen von

1) nbsp;nbsp;nbsp;Pmalip.^ pag. 28S.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Dioptr., prop. 62.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Paralip.^ pag. 206.

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Kepler.

dein, was die Phantasie liinzuthut, genau trennen, einen einigennaafsen befriedigenden Aufschlufs gebennbsp;können. Wir empfinden nichts, als die Farbe dernbsp;Stralen, und die lliclitung, in welcher sie die Netz-liaut treffen. Sache der Phantasie ist es also, Avennnbsp;sie einen Punkt im Bilde in der Riclitung, in dernbsp;seine Stralen auf die Netzliaut fallen, aus dein Augenbsp;hinaus versetzt. Dieses Spiel, welches die Phantasienbsp;ohne unser Bewufstsein init unseren Einpfindungeanbsp;treiht, mag freilich, unter inehreren anderen Umstan-den, auch hesonders durch deu von Kepler ange-fiihrten veranlafst werden.

Um die Bestimmung, welche Kepler der Kry-stall-Linse angewiesen hatte, theoretisch zu erliiutern, untersucht er die Brechung des Lichtes in einer gla-sernen und Wasserkugel. Es gelingt ihm zwar nicht,nbsp;ihren Brennpunkt zu linden, doch deutet auch er, vienbsp;schon Maurolycus, ihre Brennlinien an *). Passender vergleicht er in „der Dioptrik” die Krs^stall-Linsenbsp;init einein doppelt-konvexen Glase, das auf der hin-teren Seite eine hj^perholische Gestalt hat, und dienbsp;Netzhaut mit dem auffangcnden Papiere -). Wie un-erweislich diese Gestalt der Krystall-Linse, welchenbsp;die Anatomen entdeckt hahen wollten, auch sein mag,

1) nbsp;nbsp;nbsp;Paralip., pag. 194. In eiiiem Bfiefe an Brcngger, dmnbsp;ISGsteii nacli der Ausgabe von Hanscli, nennt er diese Liuieunbsp;metatrices.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 60. Crystallinus humor oculi est lens convexa,nbsp;forma hrjperholae, et retiformis tunica, spiritus plena, postnbsp;crt/stallinwn, est papyri vice, et pin^unhir in ea visihilianbsp;pictura reali. Esse crystallinum humorem lentem convexamnbsp;pelhwidissiniatn, constat experientia anatomico^'um. Fipurauinbsp;etiam posteriore parte esse hyperholicam, et retiformem innbsp;circulum seu orhem cavuni explicari vndique circa crystalli-mim in distantia certa a crystallino, et praeterea album suh-rufam esse, ut papyrum, testantur iidem.

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Kepler.

so uiiterl5efs*Kepler’s Scharfsinn nicht, den Wink, den die Natur hier gcgehen hahen soUte, zu einernbsp;zweckmafsigeren Einrichtnng der Glaser zu benutzen,nbsp;da es ihm nicht entgangen war, dafs die spharischennbsp;Linsen derselben Abweichung wegen der Kugel-gestalt unterworfen sind, die Roger Baco bei sphil-rischen Spiegeln, mid Maurolycus bei gliisernennbsp;Kugeln gefunden batten. Um nun diesein Fehler dernbsp;spharischen Linsen abzuhelfen, will Kepler der Natur bei der Bildung der Krystall-Linse, deren Bildernbsp;scharf sind, nachahinen, und hringt dcfshalh die hyperbolische Gestalt fiir die Linsen in Vorschlag. Dernbsp;Gedanke also, den Linsen eine andere Gestalt, alsnbsp;die sphilrlscbe, zu geben, ist nicht znerst von Descartes, sondern schon von Kepler ausgcgangen.

Die zweite Schrift Kepler’s, seine „Dioptrik” ^), die nur wenige Bogen cuthalt, und nichtsdcstowenigernbsp;eine der inhaltreiclisten ist, die bis anf Newton iibernbsp;diese Wissenschaft geschrieben wurden, beginilt mitnbsp;dem Vorschlage zu einer Vorrichtnng, die Gröfse dernbsp;Brechung aus der Lnft in einen dichteren festen Kör-per zu messen, die zwar nicht die grofste Genauigkeitnbsp;gewahrt, aber die Wirkung der Stralenbrechuug an-schaulicher macht, als jede andere. Es sein (Fig. 9.)nbsp;AD und AC zwei, rechtwinkelig an einander gefiigtenbsp;Brettchen, AE ein Würfel von dein dichteren Kör-per, z. B. von Glas, der zwar so hoch ist, als AD^nbsp;aber kürzer, als AC^ und nicht so breit, als beidenbsp;Brettchen. Halt man diese Gerathschaft gegen dienbsp;Sonne, so gehen Stralen, wienbsp;nbsp;nbsp;nbsp;aufserhalb des

Würfels geradlinig fort, und begrenzen den Schatten

1) Joannis Keplert, Sae. Cae. Mtis. mathematici^ Diop-trice. Augustae Vind., 1611. kl. 4to. 79 Seiten.

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Kepler.

jlG des Brettchens AD’, innerhalL des Würfels aber nelinien sie die Richtung Df' an, imd begrenzennbsp;einen kürzeren Schatten AF desselben Brettclieiisnbsp;AD. Nachdem man die Linien AD, AG und AFnbsp;geinessen bat, findet man den Winkel ADF aus der

AF

Gleichung tang ADF'= 'AA)'’ nbsp;nbsp;nbsp;W inkel ADG

AG

aus der Gleichung tang ADG = nbsp;nbsp;nbsp;folglich auch

die DifPerenz beider, den W^inkel FDG, welcher die Abweichung des gebrochenen Strales von der Rich-tung des eiiifallcnden angiebt.

Kepler bemerkt hierauf, dafs bel dem Ueber-gangc des Lichtes aus einem dicliteren in ein dünne-res Mittel die Brechung sich in eine Reflexion ver-wandeln könne. Er geht von den beiden Voraussez-zungen aus, dafs das Licht vor- und riickwiirts den-selbeii W'^eg nehme, und dafs der grofste Winkel, unter welchem ein im Glase gebrochener Stral vonnbsp;dem Eiufallslothe abweicben kann, wie scbon in dennbsp;„Supplementen” bemerkt ist, 42® betrage. Ein Stralnbsp;(Fig. 10.) DC, der im Glase mit dem Lothe BCnbsp;einen Winkel von 42® bildet, fiillt also bei dem Ein-tritte in die Luft in die brechende Flaehe CF selbst,nbsp;well umgekehrt der eiufallende Stral FC nach CDnbsp;im Glase gebroehen wlrd. ïst aber der Einfallswln-kel gröfser, als 42®, wie bei dem Strale AC, so kanunbsp;dieser nach der Brechung weder die Richtung CFnbsp;annehmen, welche DC angeliört, noch in die Luftnbsp;nach CG übergehen, weil der eiufallende Stral GCnbsp;sich nach der Brechung dem Lothe CB noch mehrnbsp;nahert, als CD', folglich mufs AC, und jeder anderenbsp;Stral, der aus Glas in Luft übergeht, und einen W’in-kel von mehr, als 42® mit dem Eiufallslothe bildet.

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Kepler.

von der brechenden Flilche, wie von einein Spiegel, nach innen reflektirt werden *).

Aus diesem Satze folgert Kepler, dafs man den Schatten eines kleinen Gegenstandes inittelst einesnbsp;gliisernen Wïirfels der Sonne naher bringen könne,nbsp;als ihr der Gegenstand selbst ist. Die parallelennbsp;Sonnenstralen (Fig. 11.) SA, SB fallen avif einennbsp;kleinen Gegenstand AB, der anf der Oberflaclie NOnbsp;des Wiirfels MNOP liege. Der Steal SA werdenbsp;nach AC gebrochen, in A das Loth AI, mid in Cnbsp;das Loth Cl errichtet. Der Winkel CAI ist jeden-falls kleiner, als 42“5 der Winkel ACI also gröfser,nbsp;als 48®. Der Stral AC wird daher naeh CE reflektirt, und geht in E, in der Richtung EG, in die Liiftnbsp;über. Denselben Weg nimmt SB, so dafs der Schatten HG, wenn man die ihn auffangende Ebene weitnbsp;geimg vou dein Würfel entfernt, iiiiher an der Sonne,nbsp;als der Gegenstand AB selbst liegen wird. — Mannbsp;sieht, dafs eine ilhiiliehe Betracbtuiig der, erst in dernbsp;neuesten Zeit von Brewster erfuiidenen. Camera lu-cida znm Grimde liegt.

Von dem fiiiif und zwanzigsten Theoreme an ent-wickelt Kepler die Brechung des Liehtes in den

1) Bekanntlicli feldt hier Kepler in der Bestimmung des Winkels BVB um etwa l|n. Das Brechungsverhaltnifs aus Luftnbsp;in gevvöhnliches Glas = 17 : 11 gesetzt, ist der Sinus des gröfs-ten Einfallswinkels in der Luft, des rechten namlich, = 1, imdnbsp;daher der Sinus des grijlsten Brechuugswinkels im Glase =

= sin 40“ 19'. Es werden also nur solche Stralen beim Ueber-gange aus Glas in Luft reflektirt, die um mehr, als 40“ 19' von dem Eiufallslothe, oder upi iveniger, als 49“ 41' von der brechenden Glasfl'aclxe abweichen.

Enter den Wiiikeln in der Luft, im Glase werde ich in der holge immer die AVinkel verstellen, die von einem eiufallendennbsp;oder gebrochenen Strale, und dem Eiufallslotlie in diesen Mitteliinbsp;gebildet werden.

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204

Kepler.

spliiirisclien Olasera, imd gcht ilaliei luich eincr so reiflich crwogcnen Methode zu Werke, dafs er dasnbsp;Ziel, welches er sich zimachst setzte, den Brennpuuktnbsp;einer gleichseitigen doppelt - konvcxcn Liiise zu fiii-den, nicht verfehlen konnte. Aus jcdein lenchtendeiinbsp;Piiiikte lafst er nicht, wie seine Vorganger, eineunbsp;einzigen Steal, sondern unzahlig viele anf das Glasnbsp;fallen; auch nnterniiinnt er nicht sogleich die Bestim-inung des Brcnnpunktes der ganzen Linse, sondernnbsp;cr sucht zuerst die Vereinignngsweite soldier paralle-len Stralen, die hlofs in der vorderen konvexen Glas-fliiche gehrochen werden, olme legend eine anderenbsp;Aendernng zn erlcidcn; liifst sie hierauf parallel aufnbsp;cine konkave Glasflilche einfalleu, hestiinint aher-inals ihren Vereinigungspnnkt, indem er die halhenbsp;Apertur aller hrechenden gekriiminten Glasflachen,nbsp;ans dem schon hekannten Grnnde, hochstens 15® an-ninnnt, raid niihert sich so Schritt fiir Schritt dernbsp;Lösung einer Aiifgahe, die man his dahin fiir imlös-har gehalten hatte.

Die Vereinignngsweite der Stralen, die aus einein entfernten Punkte (einein solchen, gegen dessen Ent-fernung der Durchmesser der Glaslinse verschwindet)nbsp;kommen, daher als parallel angesehen werden können,nbsp;und hlofs in der konvexen Oberflache eines Glasesnbsp;gehrochen werden, findet er folgendcrinaafsen: Esnbsp;sei (Fig. 12.) BAH ein solches konvexes Glas, in Cnbsp;der geometrische, in A der ojitische Mittelpunkt, HAGnbsp;die Achsc, SB ein der Achsc parallel einfallendernbsp;Stral, der nach dem Punkte F derselben gehrochennbsp;werde, CBM das Einfallsloth des Piniktes B^ dernbsp;Winkel SBM—ACB — w, der Winkel CBF=x^nbsp;und der Winkel CFB-=-v. Da w, die Siimme vonnbsp;X und hochstens 15® hat, jeder der beiden Winkel

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205

Kepler.

jF nnd V filso kleiner ist, als IS®, bo verliillt sick ilcr Winkel w in der Luft ziiin Winkel xf iin CJlase, wie

In

3:2, und es ist = ;r -J- » = und v —

dem Dreiecke BCF verliillt sick daker CF\ CH = .r:^ = 2:l, also ist CF-=1^ . CB^ und die Ver-

ciuignngsweite jlP=. 3 . CA^ gleick aiidcrtkalli Diirck-inessern der Konvexitilt.

Es falie ferner das Lickt in parallelen Stralen auf die koukavc Glasflacke (Fig. 13.) BAB^ in C scinbsp;der geometrische, in A der optische Mittelpnnkt, SBnbsp;der cinfallcnde Stral, der sich in B hei dem Ueher-gauge aus Glas in Lnft, in dem Brechimgsverlialtnissenbsp;2 :3 der Aclise niiliert, iind dicsclhe in /' schneidet,nbsp;das Eiiifallsloth fiir den Piinkt B sei CBAl^ der AVin-kel FBM=w^ der Winkel FCB — der Winkel

CFB = F, so ist wieder w ¦=. x v ¦=. —, und v ^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;SC 3*?^

= Es verkiilt sich also C3 : CF = sin —: sin

= 1:3, folglich ist die Vereinigiingsweite AF ¦=¦ 2 . CA, gleicii dem Dnrchmesser der Konvexitilt.

Erst nach der Vorausschickung dieser Siitze zeigt Kepler, dafs die Brennweite ciiier gleichscitigennbsp;doppelt - koiivexen Linse uiigefilhr dem Halbmessernbsp;der Konvexitilt gleick sei, ohne irgend ein Gewichtnbsp;auf diese Entdeckung zu legen, die dock das Fundament der ganzen Dioptrik geworden ist. Er filhrtnbsp;ungefalir diesen Beweis: Die Linse sei (Fig. 14.)nbsp;BB, der geometrische Mittelpnnkt der vorderen (demnbsp;Lichte zugekehrteu) Flilche in Zl, der hiiiteren in C,nbsp;der optische Mittelpnnkt der ersteren in //, der anderen in Zt; der parallel mit der Aclise einfalleiidenbsp;Stral GB werde his M verlilngert; die Eiiifallslothe

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206

Kepler.

fiir den Punkt B sein CBE und DBF. Der Stral GB niihert sich nach der Brechung in der vorderennbsp;Flache dem Einfallslothe DF in einer Richtung BH.,nbsp;welche durch die Proportion GBF x DBH z= ^'.2nbsp;bestimmt -wird, folglich ist

DBH= ^GBF = nbsp;nbsp;nbsp;und

HBM=z\DBM.

Da aber die Halbmesser CB und DB gleicb sind, und OM parallel init CD angenoinmen wurde, so istnbsp;DBM = MBE, daher aucb

HBM=:^MBE, und HBE — %MBE.

Beim Uebergange ans Glas in Luft erleidet der Stral BH eine aberinalige Brechung, und entfernt sich vonnbsp;dem Einfallslothe CE nach einer Richtung, welchenbsp;durch die Proportion angegeben wird: Der Winkelnbsp;HBE : Winkel in der Luft = 2:3, worausnbsp;der Winkel in der Luft = \HBE =nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;. \MBE

= 2 . MBE = DBE.

Dcr Stral GB., und alle anderen der Achse parallelen nehmen also nach der Brechung in der ganzen Linsenbsp;eine auf den Punkt D gehende Richtung an, so dafsnbsp;die Brennweite KD dem Halbmesser LD beinahenbsp;gleich ist *).

Eben so richtig entdeckt Kepler, unter mehre-ren anderen Eigenschaften der gleichseitigen doppelt-konvexen Linse, aucli diese, dafs die Vereinigungs-W'eite dem Durchinesser gleich sei, sobald sich der Icuchtende Gegenstand in eben dieser Entfernung vor

1) Diesen und die beiden vorhergehenden Beweise habe ieh nur iu der Absicht aufgenommen, damit man die Keplersclienbsp;Theorie hiernach beurtheilen moge.

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Kepler.

der Linse befindet’), imd leltet hierans ein meclia-nlscbes Verfaliren, den Durcliinesser der Konvexitiit zu linden, her. Man solle nainlich die Linse in dernbsp;Mitte zwischen dein Gegenstande, und dern von eineinnbsp;Papiere aufgefangenen Bilde halten, und die Lagenbsp;beider so lange gleichmafsig gegen die Linse iindern,nbsp;his das Bild am deiitlichsten werde; seine Entfernungnbsp;von derselhen sei alsdaim der Durcliinesser der Kon-vexitat. Ueher die Vereinigungsweite der aus einemnbsp;Punkte dcr Achse kommenden, und divergirend aufnbsp;die Linse fallenden Stralen weifs aher Kepler imnbsp;Allgemeinen nur dies zu ermitteln, dafs sie mn sonbsp;grölser sei, je uaher der leuchtende Pimkt ist.

Aus dem Satze, dafs sich Stralen, die parallel init dcr Achse auf eine konkave Glasflache fallen, innbsp;der Entfernung des Durchme'sers dieser Fliiche ver-einigcn, zieht Kepler noch die Folgerung, dafs dienbsp;Brennweite einer plan - konvexen Linse dem Durch-messer der gekriunmten Fliiche gleich sei, wcil dienbsp;Stralen, sohald sich die Sonne in der Achse desnbsp;Glases befindet, in der ihr zugekehrten plauen Seitenbsp;keine Brecbung erleiden, sonderii parallel auf die hin-tere konkave Fliiche fallen.

Die gleichseitige doppelt-komcxe, und die plan-konvexe Linse sind es allein, deren Brennweiten Kepler hestimmt angeben konnte; bei der ungleich-seitigen doppelt-konvexen Linse findet cr nur die Grenzen, zwischen denen die Brennweite liegen miisse ®).

1) nbsp;nbsp;nbsp;Es ist iiamlicli, weiin p die Brennweite eines SainmelgLises,

a die Eutfeniung des Gegenstandes von demselben, a die Vereinigungsweite bedeutet, nbsp;nbsp;nbsp;-f- -i, folglich bier, wo p dem

p a a

Halbmesser ƒ gleich ist, nbsp;nbsp;nbsp;= — -4- —, und « — ~f^

2) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 38.

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Eepler.

Was er aber über die Lage und Gröfse der Bilder sagt, übertrift't die Leistungen seiner Vorganger scbonnbsp;defshalb bei weitem, weil er die Glaslinse als dienbsp;Grimdflache unzablig vieler Doppelkegel ansiebt, vonnbsp;denen jedesmal der eine seine Spitze im Gegenstande,nbsp;und der andere in dem entsprecbenden Punkte desnbsp;Bildes bat ').

Diese Schrift ist besonders auch defshalb inerk-¦würdig, quot;weil sie nicht allein die erste Theorie des HoUiindischen Fernrobres ®), sondern auch Vorscblagenbsp;zur Einricbtnng zweier anderen Teleskope mit zweinbsp;und drei doppelt - konvexen Gliisern enthalt ®), aufnbsp;welche Kepler durch die planinafsige Anlage seinesnbsp;AVerkes, in welchcin er die Linsen so oft koinbinirt,nbsp;als er die Resnltate dieser Kombinationen zu ermit-teln im Stande ist, geleitet wurde. Es unterliegt kei-nem Zweifel, dafs er diese beiden Teleskope nichtnbsp;aus eigener Erfahrung gekannt habe, weil seine un-inittelbaren Nachfolger dies bestatigen, weil er selbstnbsp;von etwa angestellten Versucben nirgends spricht,nbsp;sondern jene so wichtigen Erfindungen in der Formnbsp;zweier dioptriscben Aufgaben kurz ahhandelt, weil ernbsp;endlich die Erkliining eines Teleskopes erst spiiter,nbsp;gegen das Ende der Schrift, giebt, da wo er dienbsp;Theorie des HoUiindischen entwickelt. Um so auffal-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 44. et sqq.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Was de Dominis im achten Kapitel des schon mehnnalsnbsp;erwaiinten Traktates über die Brechung des Lichtes in eiiieui plan-konvexen Objektive und plan-koiikaven Okulare sagt, ist viel un-genUgender, indein er nur die beiden von den Endpunkten des Ge-gcnstaiides ausgehenden Stralen beriicksichtigt, und auch spiiternbsp;bekaiuit geworden, da die Vorrede zu jenem Traktate vom 1. Oktober 1611., und die zu Kepler’s Dioptrik vom 1. Januar dessel-ben Jahres datirt ist.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 86. und 89.

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20.9

Kepler.

lender ist es, wie er, von der Erfiilirnng niclit unter-stiitzt, die Wirknngen inehrerer hinter einander auf-gestellten Saminelglaser, selbst in dem hernach von Sclieiner benntzten Ilelioskope *), so richtig ange-ben konnte, da docli seine Theorie der Fernrölirenbsp;liüclist mangelhaft ist. So erkliirt er die Eiitstehungnbsp;der Bilder in dem Teleskope mit zwei Sammelgla-sern, welches jetzt vorzngsweise das Keplerschenbsp;genannt wird, in folgender Art: „Das Objektivglasnbsp;sei in soldier Entfernnng, dafs das von demselbennbsp;bewirkte umgekclirte liild entfernter Gegenstïinde, wegen der zn grofsen Divergenz der aus jedem Pnnktenbsp;desselben kommenden Stralen, nndentlicli sein wiirde.nbsp;Wird mm zwischeii dieses Bild nnd das Ange einnbsp;zweites Sammelglas, nnd zwar nahe dahinter gcstellt,nbsp;so wird jene zn grofse Divergenz durch die grofsenbsp;Konvergeuz, in welcher die Stralen dnreh die Okular-Liuse ins Aiige kommen, anfgehoben, nnd das Bildnbsp;daher deutlicli. Die dem Beobachter nahere Linsenbsp;macht es gröfser, als sie es von der entfernteren em-pfiingt, oblie seine mngekelirtc Lage zii iuiderii.” Innbsp;alinlichcr Weise ist die Theorie der beiden anderennbsp;Fernröbre, des mit drei Sammelglasern, welches elunbsp;aufrechtes Bild giebt, uml des Ilolltlndisclien gehalten. Doch entdeckt er hier den für den damaligennbsp;Zustand der Optik nicht leichten Satz, dafs die vonnbsp;einem leuchteiideii Piniktc herkommenden, iind durchnbsp;eiii Sammelglas gebrochenen Stralen, vor ihrer Ver-einigiing durch ein Zerstreiiiiiigsglas aufgefangeii, sichnbsp;entweder in einem Pnnkte, der entfernter vom Ob-jektive liegt, schiieideii, oder parallel, odcr divergi-

1) Prop. 88.


I.


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Kepler.

rend werden können ^); ein Satz, auf dem bekanntlich die riclitige Theorie des Holltlndischen Fernrohresnbsp;beruht, und auf den ich in der Folge zuruckkommennbsp;werde.

Wie vielfacb Kepler die Linsen zu kombiniren versuchte, mag man auch daraus beiirtheilen, dafs er,nbsp;ohne von der Erfahrung unterstiitzt zu sein, nicht beinbsp;einer einzigen Linse, als Objektiv oder Okular desnbsp;HoUiindischen Fernrohres, stehen bleibt, sondern deren zwei in Vorschlag bringt. Nehme man zweinbsp;gleiche Sammelglaser, die möglichst nahe hinter ein-ander stehen, zum Ohjektive, so werde das Fernrohrnbsp;um die Halfte kiirzer, verkleinere aber die Bilder^);nbsp;nehme man dagegen zwei, nahe hei einandcr stehendenbsp;Zerstreuungsglaser zum Okulare, so werde das Fernrohr zwar etwas langer, zeige aber deutliche und ver-gröfserte Bilder ^).

Ueberblicken wir die Menge wichtiger Entdeckun-gen, mit denen Kepler die Dioptrik bereicherte, so werden wir ihn nicht hlofs den Erneuerer und Förde-rer dieser Wissenschaft, sondern mit Recht den eigent-lichen Begründer derselben nennen miissen.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 104.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 125.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 127.

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Aguilonius. nbsp;nbsp;nbsp;211

X'ranciscus Aguilonius.

Geb. 1567., gest. 1617.

Die Farben lassen Sich in permanente, apparente und intentionale eintheilen.

Aguilonius, ein Jesuit aus Briissel, hat uns cine Optik *) in einein starken Folianten, in welcheinnbsp;nichtsdestoweniger nur die geradlinige Fortpflanzungnbsp;des Lichtes ahgehandelt wird, hinterlassen. Der grofsenbsp;Uinfang dieses Werkes wird erklarlich, wenn wir se-hen, dafs dcr Aerfasser, ohne Kenntnifs der wichti-gen Entdeckungen, die Kepler hereits gemacht hatte,nbsp;sich mit einer Weitschweifigkeit, die an die Zeitennbsp;Alhazen’s und Vitello’s crinnert, entweder nur innbsp;leere Spekulationen einlafst, oder eine Menge folgen-loser Siltze aus der Matheinatik in die Optik herüher-zieht. Die Ahsicht desselhen, die Katoptrik undnbsp;Dioptrik in ahnlicher AVeise zu hehandeln, wurdenbsp;durch seinen Tod, getvifs ohne Verlust fur unserenbsp;Wissenschaft, vereitclf.

Man wird sich erinnern, dafs von den hisherigen Optikern hesonders zweierlei Farben unterschiedennbsp;w'urden, die wahren oder körperlichen, die mannbsp;auch permanente, inaterielle, fixe oder eigen-thiiinliche {proprit) nannte, und die scheinharen,nbsp;die aueh apparente, emphatische, phantasti-sche, veranderliche, oder glanzende heifsen;nbsp;je nachdem sie entweder init der Substanz der Kör-per so innig verhunden sind, dafs man sie nicht anders, als durch die Zerstörung der Körper selhst ver-nichten kann, -vrie die w'eifse Farbe der Kreide, die

1) Francisci Aguilonii, e societate Jesu, opticortim libri F/. Antverpiae, 1615. Fol. 684 Seiteu.

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212

Aguilonius.

Farben an den Federn der Vogel ii. s, w.; oder sich nur innerbalb des Durchsiclitigen iinter gewissen Be-dinguiigen zeigen, olinc dafs man einen gefilrbtennbsp;Körper als ihre Quelle angeben könnte, tv ie die Farben des Prisma, des Regeubogens imd anderer Luft-erscheinungen. Aguilonius verinifst bier aber nochnbsp;eine Benennung fiir jene farbigen Bilder, die zwarnbsp;aucb nicbt an die Materie eines Körpers gebundennbsp;sind, deren Quelle aber etwas gefiirbtes Körperlichesnbsp;ist, die also in der Mitte steben zwischen den tv alnennbsp;und apparenten. Diese Farben nun, die von viel fei-nerer Bescbalfenbeit, als die körperlicben sind, undnbsp;deren Daucr von der Gegemvart des Lichtes, vonnbsp;Tvelchem sie ausfliefsen, abhiingig ist, nennt er in-tentionale oder notionale '). Zu diesen rechnetnbsp;cr unter anderen die von eiuein gefiirbten Gegenstandenbsp;durch ein Sammelglas in ein verfinstertes Zimmer ein-fallenden, und von einer vveifsen Wand aufgefangenennbsp;Bilder. Sie baben, von den Farben des Gegenstandesnbsp;sich gleichsam ablösend, überall auf ibrem Wege das

1) A colorilms corporeis alii velut exuviae decidunt, ac luininis ope feruntur. Sunt vero longe tenuioris essentiae,nbsp;(]uam cotporei, a quUms proveniunt, neque diutius in perspi-cuo corpore persevera?it, quam lumen adsit, cuius praesidionbsp;lahilis illnrum natura fulciatur. Vocantur autem intentiona-les, quod sint velut imagines ^ relms visu dignoscendis idoneae,nbsp;Pag. 45.

Auf den schon bei Roger Baco erörterten BcgriiF des In-tentioiiellen stöfst man haufig iu den optischen Sclirifteii des sicb-zelinten Jahrhuiiderts. Bei Descartes (Bioptr. pag. 5.) werden die jiitentionellen Bilder petites images voltigeantes par Vair ce-nannt. — Giithe (zur Farbenlehre, Bd. It, pag. 271.) Ubersielit,nbsp;bei seiner Entwickeliiug des Begriflfes der intentionellen Farben,nbsp;die bier von Aguilonius geinaclite Bedingung, dafs ihre Quellenbsp;etwas gefarbtes Körperliches sei. Xaeli Gothe’s Erld'a-rung Tviirde alien apparenten F'arben zugleicli die Eigenscltaft desnbsp;Intentionellen zukommen.

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Scheiner.

Bestreben, sicli zu offenbareii, können abcp diese ihre Iiiteiitiou nicht eher aiisfüliren, als bis sie auf einennbsp;imilurclisiclitigen Körper gefallen sind.

Das secbste Bucb, „von den Projektionen”, dürfte das ineiste Interesse gewahren. Es werden hier dienbsp;orthographischen, scenographischen und stereographi-sclien Projektionen eincs Kreises, einer Ellipse, einernbsp;Kngel nnd inehrerer anderen Körper bestiinint. Dienbsp;Benennnng der stereograph!schen Projektion willnbsp;Agnilonius zuerst iii die Perspektiv eingeführtnbsp;haben.

Cliristopli Nclieiiier.

Geb. 1580., gest. 1050.

Wir kennen scbon die Verdienste dieses, dem Jesiiiter-Orden angehörigen Mannes, der Lehrer dernbsp;Slathematik an der Universitiit zu Freiburg war, umnbsp;die Verbessernng der Teleskope, von denen er in dernbsp;Rosa Ursina handelt. In einer anderen Schrift, Ocu~nbsp;lus sive Fundamentum opticum ‘), theilt er mehrere,nbsp;sich auf das Auge und das Sehen beziehende, Beob-achtungen init.

Hier zeigt er nnter anderen “), dafs man keiner künstlichen V^orrichtung bediirfe, uin sich von einernbsp;Durchkrenzuug der Lichtstralen in einer kleinen Oeff-nung zu überzengen. Man diirfe nnr durch ein kleines, init einer Nadel in ein Stuck Papier gemachtes,nbsp;Loch eine Licbtllaininc betrachten, und gegcn dennbsp;nutcren Rand dessclben die Scharfe eiues Messers

1) nbsp;nbsp;nbsp;Sie ist in mchrercn Auflagen erschieueii, die alteste ininbsp;.labre 1619.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 32.

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Scheiner.

schieben. Halte man dann das Messer zwischen dem Auge und dem Papiere, so sehe man zuerst die oberen Theile der Flamme verscbwinden; bringe man esnbsp;aber binter das Papier, so Tvürden zuerst die unterennbsp;Tbeile unsicbtbar.

Aucb ist Scheiner der erste Optiker, der dar-auf aufmerksam machte, dafs sicb, wenn man in einem Umfange von der Gröfse der Pupille mehrere kleinenbsp;Oeffnungen in ein Stuck Papier sticht, eben so vielenbsp;Bilder eines Gegenstandes, als Oeffnungen verhandennbsp;sind, zeigen, ohne dies freilich erklaren zu können,nbsp;oder aucb nur zu bemerken, dafs diese Erscheinungnbsp;nicht bei einem jeden Auge unter übrigens gleiebennbsp;Umstiinden eintrete '). Eiu kurzsicbtiges Auge, welches mehrere Bilder sieht, wird deren nur eins ge-wahr, wenn man eine Lorgnette; ein weitsiebtiges,nbsp;wenn man ein Sammelglas vor dasselbe bringt. Ilier-aus aber ergiebt sicb sogleich der Grund jener Er-sebeinung. Sie kann nainlicb nur daim eintreten,nbsp;wenn sicb die Stralen entweder vor, oder binter dernbsp;Netzhaut durebkreuzen. 1st z. B. der leuchtende Punktnbsp;(Fig. 15.) A von einem kurzsichtigen Auge GCD sonbsp;weit entfernt, dafs die durch die Oeffnungen M undnbsp;N geilenden Stralen sicb vor der Netzhaut in Bnbsp;schueiden, und der dureb die untere Oeffnung JV ein-gefallene Stral die Netzhaut oberbalb in C, der durchnbsp;die obere M eingefallene unterbalb in D trifft, sonbsp;wird man zwei Bilder von A in zwei verscliiedenennbsp;Richtuugen, die durch C luid /?, und durch deii Mit-telpuiikt der Krystall-Linse gehen, in F mul E sebeu,nbsp;und es ivird das untere Bild t versebwinden, sobaldnbsp;man die untere Oeffnung , das obere wenn man

t) Pag. 37.

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215

Descartes.

die oberc M vcrdeckt. Bei einem weitsiclitigen Auge aber, wo sich die Stralen erst hiiiter der Netzbautnbsp;durclikreuzen, inufs der umgekebrte Fall eintreten.nbsp;Ziigleich ersieht man hieraus, dafs anch ein kurzsicbJnbsp;tiges Auge niir ein Bild bemerken werde, wenn dernbsp;Gegeiistand sehr nabe ist, so dafs alle Stralen aufnbsp;der Netzbaut selbst vereinigt werden; und ein weit-sichtiges Auge, wenn sich der Gegeiistand in der er-forderlicben Entfernung befindet ‘),

Reiié Descartes.

Geb. 1596., gest. 1650.

Theoretische Begriindiing des Reflexions- und Brechungsgesetzes — Andenveitige Herleitung dicser Gesetze durch Maignan, De-chales, Leibnitz, Maupertuis, Huygens und Newton — Mifslungener Versuch Descartes’s, die Geschwindig’nbsp;keit des Lichtes zu messen — Scheiner und Descartesnbsp;hestatigen die Behauptung Kepler’s, dafs die Netzhaut dernbsp;cin-entliche Sitz des Sehens sei, durch einen unmittelbaren Ver-such — Zweifel dagegen, besonders von Mariotte erhoben —nbsp;Andere beachtenswerthe Beraerkungen Descartes’s Uber dasnbsp;Auge — Er glebt den spharisch-elliptischen und plan-hyperbo-lischen Glasern den Vorzug vor den spharischen — Angabe dernbsp;Ursaclie, wefshalb sich beide Regenbogen unter den Winkelnnbsp;zeigen, unter denen wir sie sehen.

René Descartes ist zu La Haye, in dem ebe-maligen Departement Touraine, den 31. Miirz 1596. geboren *). Seine Eltern, angesebn und vermogend,

1) nbsp;nbsp;nbsp;Jakob de la Motte, ein Arzt in Danzig, gab zuerst diesenbsp;richtige Erklilrung in den „ Abhandlungen der uaturforschendennbsp;Gesellschaft in Danzig” vom Jalire 1754. Tlicil II, pag. 209., undnbsp;iiach ihm Peter van Musschenbroek in der Introductio adnbsp;¦philosnjihiam naturalem. Lugd. Bat., 1762., tom. II, pag. 769.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Eine austuhrliclie Gescliichte seines Lebens findet man in

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Descartes.

wendeten grofse Sorgfalt auf seine Erziehung, da er Bclion in friilier Jngeiid ungewöhnliclie Geistesanlagennbsp;zeigtc. Bei heranwaclisendcm Alter Lezog er dasnbsp;Jesniter-Collegium zu La Fleche, in der Hoffnnng,nbsp;die Kcnntnisse, welche er sicli hier erwerben wiirde,nbsp;im praktischen Leben anwenden zu konneu. Die klas-sische Litteratiir, die Matheinatik und Pliilosopbie stu-dirte er init besondercin Eifer. Das planlose, viel-leicht aucli zu fruhzeitige Lesen pbilosopliisclier Werke,nbsp;die cinander widerstreitenden Systetne batten ibn abcr,nbsp;trotz des lieilenden Einfliisses, den man von der Grain-inatik und Matheinatik biitte erwarten sollen, am Endenbsp;seiner Sclmlstndien so sebr von dein gebofften Zielenbsp;entfernt, dafs er nichts, als Zweifel an seiiiem Wissen, niclits, als Ekel an den Wissenschaften ins Le-beu initnalim. Die Matheinatik allein scbien ibm nochnbsp;einigc Bürgscliaft fiir die Wabrbcit dessen, was sienbsp;ibn erkennen gelehrt batte, zu stellen; doch hielt ernbsp;iliren Wirkungskreis für zu beschrankt, da sie sicb innbsp;der Anwendung nur iin Gebiete inecbaniscber Kraftenbsp;geltend inachen könne. Naclidem er die Schule verlassen batte, wollte er daher die Bescliaftigung initnbsp;deii Wissenschaften ganz aufgeben, und keine anderen Kenntuisse fernerhin suchen, als solche, die ernbsp;in sich selbst, oder in dein grol’sen Buche der Natiirnbsp;finden künne. Er beschlofs daher, den Rest seinernbsp;Jagend auf Reisen hinznbringen, Deere zn sehen,nbsp;Leute von verschiedenen Standen und Verhaltuisseunbsp;kennen zu lemen, vor allcin abcr fiber die Diuge, dienbsp;sich ihiu darbieten wlirdeii, solche Betrachtungcn an-

seinem Discours de la methode, povr chercher la verité dans les sciences, iii der Scliritt I^a vie de Mr, Des-Cartes pnrnbsp;Baillet. Paris, 1090., und iii Teiuieuianu’s (ieschichte dernbsp;Pliilosophie, Bd. 10, pag. 200. sijq,

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Desccirtes.

zustellen, tlafs er davon Nutzen zielien könne *). Nach-dein er sicli einige Zeit in Paris einein zerstreuemlen SinnenleLen hingegeben batte, vor dessen gewübnli-cben Folgen ibn sein besserer Geist und seine Freund-scbaft zu dem edelen Mersenne scbützten, ging er,nbsp;seinem Vorsatze getreu, ia Hollandiscbe Dienste.nbsp;Wiibrend seines Anfentbalts in Breda ersebienen seinenbsp;ersten scbriftstellerischen Versuebe über die Mnsiknbsp;und die Pbilosopbie. lm Jabre 1619. verliefs er Holland, um, nacb eincr Reise durcb Deutsebland, innbsp;Baierische Dienste zu treten. Als er bier an einemnbsp;kleinen Orte obne Gelegenbeit zu einein, seiner Bil-dung zusagenden, Uingange einen Winter zubraebte,nbsp;legte er sicb Rechenscliaft ab von dem Gewinne, dennbsp;ilun die Gesellschaft der versebiedenartigsten Personen bisber gebraebt biltte, und er fand, dafs es desnbsp;W iderstreitenden und Ungewissen im 'praktiscbcn Le-ben nicbt Avcniger, als in den Wissensebaften gebe.nbsp;Er bescblols daber, sicb diesen wieder zuwenden,nbsp;durcb eine neue Methode aber den Trug von dernbsp;Wabrbeit scbeiden zu wollen. Die Scbwierigkeit dernbsp;Aufgabe, die er sicb gestellt batte, blieb ibm nicbtnbsp;verborgen; seine eigenen Kriifte scbiencn nicht aus-zureicben, er flebete die heilige Jungfrau in Loretto,nbsp;unter dem Gelubde ciner dortbin zu machcnden Pil-gerreise, inn iljren Bcistaud, um Erleucbtung seinernbsp;Seele an. Im Jabre 1621. verliefs er den Kricgs-dienst, reiscte durcb Deutsebland und Holland, undnbsp;ging 1623. abermals nacb Paris, Docb überzeugte ernbsp;sicb bald, dafs dies nicbt der Ort sci, an Avelcbem ernbsp;seinen Lebensplan ausfübren könuc, da er dort unver-ineidlicb in viele zerstreuende Vcrbiiulungen gekom-

1) Discours de la methode, p.ig. 11.

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Descartes.

men war. Nacli Vollbringiing seines Geliilnles begab er sicli tlalier im Jahre 1629. wieiler nacli Holland,nbsp;wo er die ersehnte Unabliilngigkeit mehr, als in je-dein anderen Lande, zu finden lioffte. Acht Jahrenbsp;daraiif erscliien seine Abliandliing „Ueher die Methode, die Wahrheit in den Wissenschaften zn finden, nnd die Dioptrik, die Meteore nnd die Geometric, nach dicser Methode dargestellt” *). Unter seinennbsp;spiltcren W erken sind „Die Metaphysik” ^), „Dienbsp;Principien der Philosophic”^), nnd „Der Traktat fibernbsp;den Mensclien” die hekanntesteu. Schnell verbreite-ten dicse Schriften seinen Rnhin dnrch alle Volker,nbsp;denen damals die Wissenschaften nicht fremd waren;nbsp;die Achtiing gegen ilin war so grofs, dafs die aiisge-zeichnetsten Personen der damaligen Zeit seine nii-liere Bekanntschaft snchten. Die Königinn Christinenbsp;vou Scliweden zog ihn im Jalire 164.9. sogar an ihrennbsp;Hof, WO jcdoch sein ohnedies schwiichlicher Körpernbsp;sclion im folgenden Jahre detn rauhen Klima nnterlag.

Die Werke Descartes’s, die tins hier inshe-sondere heschaftigen mussen, sind seine Dioptrik und seine Abliandlimg fiber die Meteore.

Die Dioptrik ist eben nicht durcli vielc glanzende Entdecknngen aiisgezeichnet, wohl aber diircli cinen cigentbfimlichen Ideengang. Descartes bicibtnbsp;nicht bei den durch die Erfahrnng gegebenen opti-schen Grnndgcsetzeu stehen, er will sic aus allgemei-

]) Discours de la methode, imur hien conduire sa raison, et chercher la verité dans les sciences. Plus la diojitrique, lesnbsp;vieteores et la geometrie, qui sont des essais de cete methode.nbsp;A J^yde, 1037.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Renati Des-Cartes meditatinnes de 'prima philoso-phia, in quihus Dei existentia et animae humanaé immortali-tas demonstrantur. Amstel., 1641.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Renati Cartesii principia pkilosophiae. Amstel., 1644.

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Descartes.

nen mechanischen Principien herleiten. Neu war die-ser Gedanke freilich nicht, da schon Heron die Ur-sache des Reflexionsgesetzes in der Eigenschaft der Stralen, iiberall den kürzesten Weg zu nehinen, undnbsp;Kepler die der Brechung in dcm Widerstande desnbsp;dichteren Mittels gesncht hattenj doch Avar er hishernbsp;von keinem Optiker. so systematisch ausgehildet worden. Mag man auch bis aof den heiitigen Tag ver-gehens hemüht gewesen sein, die imiere Natur desnbsp;Lichtes vollkommen zu erforschen, so ist doch dieses,nbsp;des menschlichen Geistes so würdige, Bestreken dienbsp;Veranlassimg zu vielen folgereichen Entdeckungen geworden.

Die Dioptrik Descartes’s ist auch ausgezeich-net durch die Art ihres Vortrages. Die schwersten Prohleme werden durch Beispiele aus der alltilglichennbsp;Erfahrung erlilutert, freilich oft auf Kosten der Gründ-lichkeit, oft aher auch so treffend, dafs man die Analogie nicht leugnen kann. Ueberall finden Avir hiernbsp;schon Andeutungen seiner hekannten, erst spater aus-gefïihrten. Hypothese üher die Elemente der Materie,nbsp;die er theils iinendlich fein, von unhestimmbarer Gestalt und schr heAveglich (bei der Sonne und den Fix-sternen), theils von runder Gestalt (bei dcm Ilimincl),nbsp;theils groher und wenigcr bcAveglich (bei den Planeten und Kometen) aiinahm‘), und die sich in Wir-

1) Primum {materiae gemis) est illivs, quae tantam vim hahet agitationis, ut, aliis corporilms occurrendo, in minutiasnbsp;indefinitae parvitatis dividatur, et figuras stias ad omnes annbsp;gulnrum ah iis relictorum angustias implendas accommodet.nbsp;Alterum est ejus, quae divisa est in particulas sphuericas,nbsp;valde quidem minutas, si cum iis corporihus, quae nculis cer-nere pnssimus, comparentur; sed tarnen certae ac determina-tae quantitalis, et divisihiles in alias mvUo niinnres- Pertiumnbsp;constat partihus vel magia crassis, vel Jiguras minus ad mo-

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Descartes.

belli iiiii gewisse feste Achscn drelien sollen *), so dafs jedcr Planet in der Scliiclit des grol’sen Sonnen-wirbcls (des zwar selir feinen, aber zugleich selir dichten, inn die Sonne krelsenden Stoffes), die init ihinnbsp;gleiche Diclitigkcit bat, auf abnliclie Weise scbwimint,nbsp;wie ein in der Luft scbwcbender Körper vom AVindenbsp;fortgetragcn wird, nnd dafs die wn Monden begleite-ten Planeten eben so ihre eigenen AVirbel in deninbsp;grofscn AAArbel der Sonne baben, wie ein in einennbsp;AVasscrstrndcl geworfencr Strobhalin zwar an der Be-wegnng des Strudels Theil niinint, zugleich aber ninnbsp;seinen eigenen Mittelpunkt wirbelt: eine Hypothesenbsp;nbrigens, die, wie Leibnitz bemerkt nicht vonnbsp;Descartes ansgegangeii ist, indem schon Giordanonbsp;Bruno an eine den AVasserwirbeln zu verglciclicnde

turn aptas hahentihvs. Et ex Ms trihus omnia huius nmndi aspectahilis corpora componi ostendemvs, nempe solem et stellas Jixas ex primo, coelos ex secundo, et terrain cum planetisnbsp;et cometis ex tertio. Principia pMlos. pars tertia, §. S2. iunbsp;der Frankfurter Ausgabe der Opera omnia, 1692.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Putemus, totani materiam coeli, in (jua planetae per-santur, in modum cuiusdam vorticis, in cuius centro est sol,nbsp;assidue gyrare, ac ej'us partes, soli viciniores, celerius moveri,nbsp;quam remotiores, planetasque omnes inter easdem ist ins coe-lestis materiae partes semper versari. Ex quo solo, sine ullisnbsp;machinamentis, omnia ipsorum phaenomena facillime intelli-gentur, Ut enim in Us fluminum locis, in quilms aqua in senbsp;ipsnm. contorta vorticem facit, si variae festucae illi aquae in-cumhant, videhimus ipsas simul cum ea dejerri, et nonnullasnbsp;etiam circa propria centra converti, et eo celerius integrumnbsp;gyrum ahsolvere, quo centro vorticis erunt viciniores, et deni-que, quamvis semper motus circulares affectent, vix tarnen un-qnam ciretdos omnino perfectos describere, sed nonnihil in Ion-gitudinem et latitudinem aherrare: ita eadem omnia de planetis absque ulla difficultale piossimus imaginari, et per hocnbsp;vnum cuncta eorum pihaenomena explicantur. Principia phi-los. pars tertia, §. 30.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Acta eruditorum, 1082. pag. 187.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Bckanutlich wurde er, weil er die Aristotelische Philo-

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Descartes.

Bcwegnng der Sterne um ilire Central-Korper gedacht hatte. So viel als Eiiileltnng zu dieser Schrift, zunbsp;deren naherer Benrtheilnng ich jetzt ühergchen Avill.

Ill der Erklariing, ivie das Licht sich fortpflanze, ¦welche den Anfaiig der Bioptrik macht, liiiden Avirnbsp;die Platonische Sjnangie Avieder. So Avie sich einnbsp;Blinder mittelst eincs Stahes nicht nnr znrecht zu fin-den, sondern aiich die einzeluen (Jegenstande zu un-terscheiden Aveil's, und so Avie sich seiner Hand dienbsp;Bcaa egung oder der W iderstand der Körper, die er an-trifft, diirch das Mittel des Stahes mitthcilt, so köiiiienbsp;man sich auch das, Avas AA'ir Licht neniicn, als cinenbsp;gcAAisse, von den leuchtenden Körpern ausgehende,nbsp;und sich der Luft und anderen durchsichtigen Körpern inittheilende, sehr schnelle und Ichhafte Bcavc-gnng {iin certain mouvement^ ou une action fortnbsp;pronite et fort vivc) vorstellen. Der Blinde iinter-scheidet Biimne, Steiuc, Wasser und andere Körpernbsp;hlofs durch die Art und AVeisc, vie sic sich mittelstnbsp;des Stahes dem Gcfiihle kund gehen; ehen so diirfenbsp;man anch die Farhcn in den Körpern, die man ge-fiirbt nennt, fiir iiichts andercs, als die verschiedenennbsp;Arten halten, Avie diese Körper das Licht empfangen,nbsp;mid es gegen die Augen znrücksenden. So Avie abernbsp;von den Körpern, die dcr Blinde imtcrschcidct, nichtsnbsp;Körperliches ausgeht, das liliigs des Stahes his zurnbsp;Hand gelaiigt, sondern vielmehr hlofs die Art desnbsp;AAlderstandcs oder der BeAvegung dieser Körper dienbsp;Ursachc der A'orstellung ist, Avelche sie in ihm erre-gen, ohne dafs ZAA’ischen dicscii A^orstellungen und

Sophie atigriflF, und sich überhaupt revolutionarer Bestrebungen im Gebiete der AA jsseuscliafteii A erdachtig luaehte, iui .iahre 1000. innbsp;Rom A’crbraimt. Man vergleit-he Kepler in einem Briefe annbsp;Brengger, dem IbSsten in der Ausgabe von Hansch.

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Descartes.

dem Widerstando oder der Bewegung der KSrper ir-gend einc Aelmliclikeit Statt fande: eken so diirfe man nicht annehmen, dafs irgend etwas Materiellesnbsp;von den leiichtenden Körpern ins Auge gelange, nochnbsp;dafs zwisclien diesen Gegenstanden, und den Vorstel-lungcn, die von ihrein Lichte oder ihren Farhen er-regt Averden, irgend eine Aelmliclikeit Statt linde. Sonbsp;Aierdc man nicht allein von jenen intentionellen Bil-dern hefreit, die sich von den Korperii trennen undnbsp;zn rms gclangen sollen, sondern man könne nun auchnbsp;leicht den Streit entscheiden, der iiher den Ort, avo-hcr die Empfindimg dcs Scliens koinme, gefiihrt Avor-den ist. Der Blinde geAvalirt die Körper, die um ihnnbsp;sind, nicht allein durch diese selbst, Avenn sie sichnbsp;gegen den Stab bcAvegen, sondern auch durch dienbsp;Hand, Avenn sie ihr AViderstand leisten; eben so Aver-den auch die leiichtenden Gegenstande nicht alleinnbsp;durch etAvas, das sich von ihiien gegen die Augen er-streckt, sondern auch durch etwas, das in den Augennbsp;ist, und sich bis zu den Körpern fortpflanzt, wahrge-nommen. Die bekannte Erfahrung, dafs einige Men-schen und Thiere in der Finsternifs der Nacht sehennbsp;köiinen, verliere demnach das Befremdende, das sienbsp;zu haben scheint.

Desc artes selbst aber sieht die Angriffe voraus, denen er sich aussetzt, wenn er die Luft und die iibri-gen durchsichtigen Körper, durch deren Mittel Avirnbsp;sehen, init dem Stake des Blinden vergleicht; er fiihrtnbsp;daher die BeAvegung des Lichtes noch aiif einen anderen Fall, der ihr analog sein soil, zuriick. Mannbsp;stelle sich eine Kufe vor, ganz angeflillt mit Tran-ben, auf deren Boden sich eine oder ZAvei Oeffiiungennbsp;¦d und B betinden, durch Avelche der AVein ausfliefsennbsp;kann. Da es nun keinen absolut leeren Baum in der

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Descartes.

Natur gebe, nichtsdestoweniger aber alle uns uinge-Jjeiiden Korper poros siiid, so iniifsten ibre Zwi-scbenrauine init einein ilufserst feinen and fliissigea Stoffe erfiillt scin, der sicb von den Sternen durcb dasnbsp;gauze Weltall verbreitet. Vergleicbe man diesen feinen Stoff mit dein Wcinc, nnd die grobercn undnbsp;weniger fliissigen Theile der Liift und der anderennbsp;durcbsicbtigen Körpcr init den Trauben selbst, sonbsp;werde man zugeben, dafs, so wio die Theile desnbsp;Weines, die sicb an einer Stelle C der Obertliicbenbsp;befiuden, in gerader llicbtung durcb A. in dcmsclbennbsp;Augcnblickc, wo es geöffnet wird, und zugleicb durcbnbsp;B auszuströmen sucben, obne sicb cinander zu bin-dern, und durcb die Trauben gebindcrt zu werden,nbsp;sicb eben so alle Tbeile jenes feinen Stoffes in geraden Linien gegen unsere Augen bewegen können,nbsp;obne sicb einander zu bindern, oder durcb die gröbè-ren Tbeile der durcbsicbtigen Korper gebindert zunbsp;werden. Docb miisse man zwiscben der Bewegungnbsp;selbst, und dem Bestreben, sicb zu bewegen, unter-scbeiden. Denii obgleicb die Tbeile des Weines innbsp;C zugleicb gegen A und gegen B in geraden Ricb-tungen auszuströmen sucben, so können sie sicb dochnbsp;in der That nicht zu gleicber Zeit nach zwei Seitennbsp;bin bewegen, wozu nocb komme, dafs ibre geradlinigenbsp;Bewegung dureb die biirteren Substanzen der Trauben unterbroeben werde. So diirfe man aucb urtbei-len, dafs das Licbt niebt sowobl cine gewisse Bewe-gnng, sondern viebnebr ein gewisses Bestreben, sicbnbsp;zu bewegen, sei, und dafs die Stralen des Liebtesnbsp;niebts anderes sind, als die Linien, in deren Riebtungnbsp;sicb dies Bestreben aufsere ').

1) Schon Isaak Vossius machte in seiner, besonders gegen

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DeBcartes.

D esc art es vergleicht encllich ilrittens die Bewe-giing des Liclites init der eines mit dein Rackette ge-quot;worfenen Balles.

1st die Bewegung des Liclites keine andere, als die eines festen Körpers, so bot freilicb der Beweisnbsp;für die Notbwendigkeit des Reflexionsgesetzes keinenbsp;Scliwierigkeit dar. Descartes zerlegt die scliiefcnbsp;Richtung (Fig. 16-) AB^ in der eiii Ball gegen einenbsp;vollkoinincn ebcne und harte Fliiclie CE geworfennbsp;wird, in die auf derselben winkelrecbte AC^ und dienbsp;ibr parallele CB. Die erstere lilfst er durcb die Zu-rückwerfnugsfliicbe CE vernlclitet werden, wabrendnbsp;die Geschwiiidigkeit der letzteren keine Aenderungnbsp;erlcidct. Macht man dalier BE — BC^ besclireibtnbsp;mit BA eineu Kreis, und ziebt durcb E die Sehnenbsp;FD^ parallel mit AC^ so kann der Ball in derselbennbsp;Zeit, in welcber er von A nacb B ging, nicht zu-gleicb auf der Linie F!/gt;, und in dem Uuifauge desnbsp;Kreises anlangen, anfser in den Punkten F und D.nbsp;In der Richtung BD fortzugeben, hindert ihn dienbsp;Zurückwerfnngsflache, imd so ist er genöthigt, dienbsp;Richtung BF auzunebmen. Aus der Gleichheit dernbsp;AVinkel CBA und EBF folgt danu die Nothwendig-keit des katoptrischen Grnndgesetzes.

So gcwagt aber aucb der Verglcicli, den Descartes bier anstellt, sein mag, so leitet er ihn den-

Descartes gerichteten, Schrift De lucis natura et proprietate. Amstelod., 1002. auf die vielen uiihegrUu'leteu ^ oraussetzuiigpiinbsp;imd Folgerimgen, die letzterer sicli in seiner Erklaruiig des Lich-tcs zu Scliuldeii kommen liifst, aufmerksam, iiidem er unter anderen erinuerte, dafs die Fliissigkeit nicht in jeder Richtung, son-dern nur in der vertikalen ausznstriimen suche, und dafs die Theilenbsp;derselben, vvelehe das Ausgeströinte ersetzen, nicht hlofs in geraden Linien, sondern, gegenseitig an einandcr stofsend, in den ver-schiedensten Richtuugen zufliefsen.

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Descartes.

noch nicht hlofs aiif das wahre Brechungsgesetz, son-dern auch aiif die einfachste, vor ihm noch nicht he-kannte Form desselhen. Er nimmt an, dafs der Ball in (Fig. 17.) B nicht mehr eine harte Oberflache, son*nbsp;dern einen Stoff CO treffe, der so fein ist, dafs jenernbsp;ihn zerreifsen, imd durch ihn hindurclidringen kann,nbsp;indem er hlofs einen Theil seiner Geschwindigkeit,nbsp;etwa die Hillfte, verliert. Er zerlegt wieder die schiefenbsp;Richtung AB in eine anf dein hrechenden Mittel win-kelrechte yiC, imd eine demselben parallele jBC, imdnbsp;nimmt auch hier an, dafs die Geschwindigkeit desnbsp;Balles durch den Stoff CO nur in der Richtung vonnbsp;ohen nach unten, nicht aher in der mit dem hrechenden Mittel parallelen vermindert werde, da er in dernbsp;letzteren dem Balie nicht entgegenwirkt. Dieser wirdnbsp;also jetzt, hei seiner um die Halfte verminderten Geschwindigkeit, doppelt so viel Zeit gehrauchen, um innbsp;der Richtung nach unten hin einen ehen so grofsennbsp;Weg zurückzulegen, als es der von A bis B ist, andnbsp;wahrend dieser doppelten Zeit, weil seine parallelenbsp;Geschwindigkeit nicht geandert ist, von der Linkennbsp;zur Rechten einen Weg BO — 2 . BC heschreihen.nbsp;Da nun der Ball zugleich in einein Pimkte des Kreis-umfanges, und der durch O winkelrechten Seline MNnbsp;anlaugcn soil, so kann dieser Punkt kein anderer, alsnbsp;N sein, und der Ball wird jenseits des Stoffes COnbsp;in der Richtung BN fortgehen.

Descartes nimmt ferner an, dafs der in (Fig. 17.) B mit einer gewissen Geschwindigkeit anlangende Ballnbsp;von neuem durch das Rackett getroffen werde. Wirdnbsp;seine Geschwindigkeit dadurch etwa um eiu Drittelnbsp;vermehrt, so wird er von B aus denselben Weg innbsp;zwei Zeittheilen znrücklegen, den er von A bis B innbsp;drei machte, und sieb, wie aus dem Vorigen erhellt,nbsp;I.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;15

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Descartes.

dein durch B gczogenen Einfallslothe nilhern, so niim-lich, dafs cr, wenn BE — \BC gemacht wird, in der Richtung BD fortgelit. Eben dies wiirde alier aucbnbsp;geschehen, wenn er in B eiiien Körper trafe, durchnbsp;dessen Oberflache er urn ein Drittel leichter, als durchnbsp;die Luft ginge; oder allgeinein, wenn die Leichtig-keit, mit welcher er in das Mittel CED eindringt,nbsp;sich verhalt zu der, init welcher er aus dein Mittelnbsp;CEA austritt, wie BC: BE^ d. h. wie der Sinus desnbsp;Einfallswinkels zum Sinus des Winkels in dem Mittel, welches dem BaUe einen leichteren Durchgangnbsp;gestattet.

Alles, was hier über die Bewegiing des Balles gesagt ist, Avendet nun Descartes auch auf die Be-wegung der Lichtstralen an, die sich nach der Bre-chung dem Einfallslothe nilhern, oder von demselbennbsp;entfernen sollen, je nachdem ihnen das brechendenbsp;Mittel leichter oder sclnverer den Durchgang gestattet. Da aber das Verhaltnifs der Leichtigkeit desnbsp;Durchganges durch zwei verschiedenc Mittel so langenbsp;konstant bleibt, als die Mittel selbst dieselben sind,nbsp;und dies Verhaltnifs mit dem der Sinus des Einfalls-und Brechungswinkels einerlei ist, so glaubt Descartes hierdurch das wahre Brcchungsgesetz auf demnbsp;Wege der Theorie gefimden zu habcn. In dem Re-sultate derselben, dafs das Licht durch hiirtere' undnbsp;dichtere Mittel einen leichteren Durchgang Unde, alsnbsp;durch dunnere, sieht er nichts Befreindendes, da die-ser feine Stoff durch die Lufttheilclien, die gleichsainnbsp;weich und unzusammenhangend sind, auf dieselbenbsp;Weise mehr, als durch die dichteren Wasser- odernbsp;Glastheilchen, in seiner Bewegung gehindert werdennbsp;ïuüsse, wie ein Ball von seiner Geschwindigkeit mehrnbsp;verliert, wenn er gegen einen weichen Körper ge-

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Descartes.

worfen -wird, als wenn er von eincm festen zu-riickprallt.

Wir finden liier also zum ersten Male das Bre-chungsgesetz richtig angegeben. Gleichwohl ist man allgemein daliin iibereingekominen, diese so wichtigenbsp;Entdeckimg nicht dem Descartes, sondern dem Hollander Wilehrord Snellius zuzuschreiben, gestiitztnbsp;aiif die Nachrichten, die von Huygens und Isaaknbsp;Vos sins mitgetheilt werden.

Huygens versichert, ein optisches Werk des Snellius, das ungedruckt hlieh, gesehcn zu hahen,nbsp;worin das Brechungsgesetz zAvar in einer anderen,nbsp;nicht so einfachen Form, aber nichtsdestowenigernbsp;richtig dargestellt war. 1st (Fig. 18.) ACB die bre-chende Ebene, HE das Einfallsloth fiir den Punkt C',nbsp;AD cin Loth fiir einen anderen Punkt A der brecheu-den Ebene, CG die Verliingerimg des einfallendennbsp;Strales FC bis zu dem Lothe AD^ und CD der ge-brochene Stral, so fand namlich Snellius nach einernbsp;iniihsamen Experimental-Arbeit, dafs zwischen dennbsp;Linien CG und CD fiir jede zwei brechenden Mittelnbsp;ein konstantes Verhiiltnifs Statt finde, welches Gesetznbsp;allerdings mit dem Cartesianischen iibereinstimmt,nbsp;indem sich CD zu CG verhalt, wie sin CGD zunbsp;siji CDG^ oder wie sin FCH zu sin DCE, d. h. wienbsp;der Sinus des Einfallswinkels zu dem des Winkels innbsp;dem brechenden Mittel *).

1) Haec autem refractionum mensura, non sinuum, sed angnlorum ipsorum proportione, ah Alhaseno Arahe et Vi-tellione olim definita fuerat, et experimentis quihusdam ut-cunque confirmata. Sed cum in majorilms radiorum inclina~nbsp;tinnihus a vero discrepare proportio ilia reperiretur ¦, dUigeU'nbsp;tius sihi recentiores investigandam existimarunt. In-quUnisnbsp;Keplerus, plurimis frustra tentatis, ipsam quidem rei veri~nbsp;tatem non est assecutus; conjecluris tarnen suis variisq’ue mo-

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Descartes.

Ebcn «lies bestatigt Isaak Vossins, dcm dt^r Sobn des Snellius die Scbrift seines Vaters gezeigtnbsp;hatte')• Vossiiis zweifclt nicbt, dafs Descartes,

Utionilms rum parum sequentium studia adjwvit. Post eum vero Wilehrordus Snellius, cum jam majus operne pre-tium appareret, quippe exorto telescopii invento, nmlto lahorenbsp;mulUsque experimentis eo pervenit, ut vegt;-as quidem refractio-num mensuras teneret, net- tarnen, quod invenerat, satis intel-ligeret. Nam pnsita, exempli gratia, aquae superficie (Fijr. 18.)nbsp;AB, visihili vero suit aqua in D, quod oculo in F posito appa-reat quasi in recta FC, donee in G puncto occurreret rectaenbsp;AD, ad superficiem aquae perpendiculari, liisque ita descriptisnbsp;statuehat, imaginem rei visae apparere in G, rectaeque CD adnbsp;CG certam esse rationem, veluti in aqua sesquitertiam. Quaenbsp;rectarum inter se ratio vera est, ac convenit prorsus cum ea,nbsp;quam panlo ante explicuimus, refractionis lege; quia CD estnbsp;ad CG, ex doctrina triangulorum, ut sinus anguli DGC vclnbsp;AGC seu HCF ad sinum anguli CDG sive DCE. Ferum adnbsp;lianc sinuum proportionem nequaquam attendit Snellius,nbsp;et usque adeo ah apparente imagine rem omnem penderenbsp;existimmrit, ut etiam in radio perpendiculari, qualis HC, ef-fnetum refractionis, seu, ut falso opinalur, decurtationem radii visorii agnosceret, deceptus eo, qiiod etiam recta desupernbsp;in vas aqua plenum inspicienti fundus omni parte attolli vide-tur. Cuius rei vera causa ex radiis ad utrumque oculumnbsp;tendentibus petenda est. Ilaec autem omnia, quae de refractionis inquisitione volumine integro Snellius exposuerat,nbsp;inedita mansere; quae et nos vidimus aliquando, et Carte-sium quoqtie vidisse accepimus, ut hinc fortasse mensuramnbsp;illam, quae in sinilms consistit, elicuerit, qua in explicandanbsp;iride et vitrorum figuris investigandis felicissime est usus.nbsp;Christiani Zuilichemii opera reliqua. Amstel, 1T28. vol.nbsp;dioptr. pag. 2.

AVilebrord Snellius, Sohii des Rudolph Snellius^ Professors der 3r.athematik in Leyden, ist im Jalire 1591. geboren, uiid war Lehrer bei derselben Ciiiversitat. Man verdankt ihmnbsp;aufser der Schrift, von welcher hier die Rede ist, die erste ge-nauere Messuiig der Erde. Er starb im Jahre 1626. im 35. Jahrenbsp;seines Alters.

1) Porro, priusquam ad alia refractionis pergam phaeno-mena, praeterire non possum insignem IFilehrordi Snel-lii ohservationem. Inter alia praeclara, quae reliquit, menu-

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Descartes.

bei seiuem Aiifenthalte in Holland, von der Entdek-kinig des Snelliiis, die imter Anderen yon Horten-si us öffentlick initgetlieilt war, gehort babe, und Huygens fiigt binzu, es sei ihm versichert Avorden, dais Des cartes des Snellins Schrift selbst gesehennbsp;babe. Man köniite daber den Verdacht scböpfen,nbsp;und hat ilm oft ausgesprochen, als babe Descartesnbsp;jeue so gekiinstelte Theorie blofs in der Absicht er-soniien, mn das Plagiat, das er beging, desto mebrnbsp;zu verhiillen, wenn es nicht unbillig scbiene, einennbsp;Mann von so grofsem Verdienste nm die Wissenschaften einer so kleinlicben Eitelkeit anklageu znnbsp;wollen. Nacb einer freilich nicht zu entscbuldigendennbsp;menta, super sunt qmque tres lihri optici, quorum usuram su-periori hyeme concessit mihi filius ejus. Qyiia illi necdutti pro-dierunt in lucem, dh^nissimi tarnen, qui prodeant, adponaninbsp;hie theorema, quo nullum in tota optica nobilius et utiliusnbsp;exstat* Sic vero se hahet: Radius incidentiae verusnbsp;ad adparentem in ejusdem generis medio rationemnbsp;semper hahet eandem. Jsaacus Vossius de lucis na-tura et proprietate, pag. 36.

Priestley beruft sich auf das Zeiignifs des Isaak Vossius in derselben Schrift, dafs .auch Hortensius sclioii vor Descartes das wabre Brechuugsgesetz gelebrt babe. Die hierauf beziig-liclie Stelle findet man alter nicht dort, sondern in des Isaacinbsp;Vossii responsio ad ohjecta Joannis de Bruin et Petrinbsp;Petit de luce. Hague Com, 1663., pag. 32. Sie lautet dort also:nbsp;Mensura porro Cartesii non differt a comtnuni opticorumnbsp;mensura, sed demonstrationis ratio diversa est. Postquamnbsp;quippe in Hollandiam venit, satis liquet, et ipsum quoque non-nihil intellexisse de Snellii methodo ad mensurandas refra-ctiones, utpote quam multi satis nor ant, quamque Ilorten-sius et puhlice et privatim exposuerat. (luod itaque {Car-tesius) hahet, refractionmn momenta non exigenda esse adnbsp;angulos, sed ad lineas, istud Snellio acceptum ferre dehuis-set, cuius nomen more solito dissimulavit. Tpsam tarnennbsp;Snellii demonstrationem non vidisse lubenter admiserim,nbsp;utpote cum omissa faciUori demonstratione operosiorem secta-tus sit etc.

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Descartes.

Sitte nennt Descartes nie die Qiiellen, aus denen er schöpfte. So verscliweigt er auch hier, wenu ihinnbsp;¦wirklich das Brechungsgesetz mitgetheilt war, dennbsp;Namen des Entdeckers, ohne dafs man ihm defshalbnbsp;die bestiminte Absicht, eine freinde Entdeckung sichnbsp;zueignen zu wollen, unterlegen darf,

Isaak Vossius bemerkt zugleich, dafs Snellius in jener ungedruckt gebliebenen Schrift auch die Kurvenbsp;bestimmt habe, nach welcher sich der Boden eines mitnbsp;Wasser gefullten Gefilfses kriimmt. Er fand, dafs diesenbsp;Brechungslinie von einer geraden in drei Pimkten ge-schnitten werden köimc, dafs sie also eine Conchoidenbsp;sei, zwar nicht die Nicomedische oder Antinico-me disc he, aber nichtsdestoweniger eine Kurve, dienbsp;zum Geschleclite der Conchoiden gehort ').

Was aber die auch von Vossius vertheidigte Behauptung des Snellius betrifft, dafs das Lichtnbsp;selbst in der vertikalen Richtung eine Brechung er-leide, weil man z. B. den Boden eines mit Wassernbsp;angefiillten Gefilfses iiberall erhoben sieht, so ist die-ser Irrthum, wie so eben bemerkt wurde, schon vonnbsp;Huygens berichtigt worden. Denn ist das eine Augenbsp;in der iiber dem Punkte (Fig. 18.) D des Bodens loth-rechten Linie in Fquot;, so können die Stralen nur in schiefer Richtung in das andere Auge F gelangen, so dafsnbsp;dieses den Punkt D holier in O sehen nnifs. Selbstnbsp;dann, wenn man nur mit einem Auge F' den Punktnbsp;betrachten wollte, wiirde man ihn hoher liegend sehen,nbsp;weil das Licht nicht hlofs aus diesern einzigen Punktenbsp;/?, sondern auch aus den unmittelbar daueben gele-genen nach Fquot; gelangt.

1) Dies best'atigte de Mairan in einer der Königl. Akademie der Wissenschaften im Jahre 1740. iihergebenen Abhandlung. Ernbsp;fand in jener Kurve eine sogenaniite elliptische Conchoide.

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Descarteü,

Doch um auf Descartes zurückzukommen, so Uatteii seine Erörterungen über die Natur des Liclitesnbsp;denselben Erfolg, den neue Gedanken, in dein Kopfenbsp;tiefer Denker entstanden, auch wenn sie in sicb selbstnbsp;nicbt vöilige Haltbarkeit haben sollten, von jeber batten; sie riefen andere, besser begründete Theorieennbsp;bervor, unter denen namentlicb die von Huygensnbsp;aufgestellte einen groi'sen Einflufs auf die Erweite-ruug nnserer Wissenschaft gebabt bat.

Gleicb nachdem die Dioptrik erschienen war, ent-spanii sicb ein Streit zAviscben Descartes und seiner Scbule auf der einen, und zwischen Fermat, Hobbes und Anderen auf der anderen Scite, der bis nachnbsp;Descartes’s Tode fortgesetzt wurde. Man griff dennbsp;oben entwickelten Beweis des Brechungsgesetzes aufnbsp;allen Puiikten an; man fand das Resultat der Carte-sianiseben Theorie nicbt zu reebtfertigen, dafs dasnbsp;Licht um so weniger Widerstand linde, je dichter dasnbsp;Mittel ist, dureb welches es sicb fortpflanzt; man hieltnbsp;den Vergleich mit einem bcAvegten festen Körper schonnbsp;defshalb für völlig unstattbaft — gewifs der triftigstenbsp;Eiuwand, tien man machte — weil das Licht nachnbsp;dem Austritte aus einem breebenden Mittel, dessennbsp;Oberflaeben parallel siiul, denselben Zustand, den esnbsp;früher batte, wieder annimmt, und in einer mit dernbsp;vorigen parallelen Riebtung fortgebt, wiihrend diesnbsp;bei einem festen Körper, wenn seine Gesebwindigkeitnbsp;einmal geiindert ist, keinesweges der Fall sci. Janbsp;selbst die Reflexions-Theorie blieb nicbt unangefoeb-ten, indem man tbeils die Annabme der Elasticitatnbsp;bei den Licbttbeilchcn vermifste, tbeils die Vernich-tung der perpendikuliiren Gesebwindigkeit dureb die

Reflexions-Ebene bestritt.

Der Streit ging you Fermat aus, der sicb, noch

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Descartes.

ehe die DIoptrik veröffentliclit war, ein Exemplar der-selben zu verscliaffen gewalst katte, and schouangslos gegen Descartes auftrat, Dieser Umstaud war esnbsp;kesonders, der in letzterem den Verdacht erregte, alsnbsp;sei es seinein Gegner Aveniger uni Erinittelung dernbsp;Wahrlieit, als am Rechthakerei zu than, and in Descartes ein Gefiihl des Uuwillens zaruckliefs, dasnbsp;sick, selbst nack ikrer gegenseitigea Yerstiindigung,nbsp;nie ganz verloren zu habeii sekeiut. Ungeacktet Fermat spiiter von versckiedeiien Seiten erfukr, dafs dienbsp;Erfakrung mit dem Cartesianiseken Breckangs-gesetze vollkominen iibereinstiimne, so fand er sicknbsp;nichtsdestoAveniger in alien Punkten jener Theorie sonbsp;anbefriedigt, dafs er die Miike nicht sekeuete, aufnbsp;einem weitlilafigen Wege eine andere wissenschaft-liche Entwickelang des Brechangsgesetzes zu geben,nbsp;indem er dabei von einem Principe ausging, das iihn-lich ist jenem, durch welches Heron die NotkAvendig-keit des Reflexions-Gesetzes gezeigt katte, dafs nam-lick die Natur ihre ZAvecke auf dem leiebtesten Wegenbsp;zu erreicken sache. Fermat aber nahm nicht, wienbsp;Her on, den Weg des Licktes als ein Minimum an,nbsp;sondern vielmekr die Zeit, in der es sick von einemnbsp;Punkte im Raame zu einem anderen bewegt. Da ihnnbsp;auck dies Princip auf das von Descartes angege-kene Brechungsgesetz fukrte, er aber den Widerstandnbsp;im dickteren Mittel grofser fand, so zweifelle er zwarnbsp;nicht mekr an der Richtigkeit jenes Gesetzes, docknbsp;sekien ikm die Theorie dieses Philosophen am sonbsp;mekr fehlerhaft, da er dieselbe Wakrheit auf einemnbsp;naturgemafseren Wege gefanden zu haken glaubte.

8o fanden also Descartes and Fermat die Be-stilndigkeit des Brcckungsverhaltnisses füp jede Gröfse dps Einfallswiukels bei einem gerade entgegengesetz-

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Descartes.

ten Resultate fur die Geschwindigkeit des Liclites im ilichteren Mittel; wie sich in der That diese Geshwin-digkeit gröfscr oder kleiner, als iin dunneren Mittel,nbsp;ergiebt, je nachdem man entweder init Newton dasnbsp;Licht für einen materiellea Ansflnfs aus den leuchten-den Körpern, der durch die Anziehungskraft des dich-teren Mittels afllcirt werden kann, ansicht, oder es mitnbsp;Huygens für eine hlofse Erzitterung des Aethers halt.

Ehe ich zur Entwickelung der von Ilnygens und Newton aufgestellten Theorieen ühergehe, will ichnbsp;einige andere Versuche, die Bestiindigkeit des Bre-chungsverhaltnisses zu erklaren, nicht imerwahnt lassen.

Am wenigsten dürftc die Erklarung des Emanuel Maignan ‘), dein Isaak Barrow und Millietnbsp;Dechales “) folgen, hefriedigen, weil er den Licht-stral in zu materiellem Sinne niinmt. Er setzt nilm-lich vorans, dafs jeder Stral (Fig. H.) SB aus zusam-menhangenden Theilen vou parallelepipedischer Gestalt, deren Durchschnitte Bmnp, mqrn u. s. w. sein,nbsp;hestehe, so dafs die Lichtpunkte, die in einer auf dernbsp;Lilnge des Strales Avinkelrechten Richtung liegen, immer parallel unter einander fortgehen; woraus freilichnbsp;folgen würde, dafs die zusammengehörigen, und stetsnbsp;parallel hleibenden Lichtpunkte li und p cines schiefnbsp;einfallenden Strales SB^ weil der erstere den Wider-stand des dichtcren Mittels NO früher erleidet, kon-ccntrische Bogen, die sich wie die Geschwiudigkeit

1) nbsp;nbsp;nbsp;In der Perspectivd horaria. Romae., 1048., Fol., einemnbsp;Werke, das besonders von der Gnomonik handelt.

2) nbsp;nbsp;nbsp;L.ectiones opticae. Londini, 1674., lect. II, §• 4.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Mundus mathematicus. Lugdtmi, 1690., toin. UI, pag. 648.nbsp;Dies Werk, das aus vier starken Folio-Banden hesteht, umfafstnbsp;alle Theile der reiuen nnd angewandten Matiiematik, und ist initnbsp;einer für die damalige Zeit seltenen Klarheit und Bündigkeit ge-schriebeu.

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des Liclites in beiden Mittcln verhalten, beschreiben, sich also dein Einfallslothe nahern mussen, bis end-lich aucb p das brecliende Mittel errelcht bat, undnbsp;der Lichtstral wieder geradlinig fortgehen kann. De-cbales geht so weit, diese Hypothese — aus der,nbsp;w'ie man leicht siebt, zugleicb folgt, dafs der Lichtstral, bei dem Austritte aus dem dicbteren Mittel, sichnbsp;in einer, gegen das Einfallslotb konvexen, Kurve innbsp;eben der Weise von diesem entfernen miisse, Avie ernbsp;sich, bei dem Eintritte in das dichtere Mittel, demscl-ben naherte — durch die BeAvegimg eines Wagensnbsp;versinnlichen zu wollen. So lange sich alle vier Ra-der mit gleichcr Geschwindigkeit beAvegeu, kaïm dernbsp;Wagen nicht aus der geraden Richtung herauskom-mcn; sobald aber eins derselben laugsamcr zu roUcunbsp;anfangt, nöthigt es das zugehörige Rad, einen koii-ceutrischen Bogen mit seiner Bahn zu beschreiben,nbsp;ünd lenkt den Wagen nach der Seite ab, auf welchernbsp;CS sich selbst befindet,

Leibnitz und Maupertuis hielten zwar das Princip des Fermat, dafs die Natur ihre Endzweckenbsp;auf dem unter allen leichtesten Wege zu erreichennbsp;suche ’), fest; jeder von ihnen knüpfte aber anderenbsp;Bedingungen an dasselbe. Der erstere glaubte, dasnbsp;Produkt des Widerstandes beider Mittel iii die Wegenbsp;des Lichtes, der andere das Produkt der GeschAvin-digkeit in beiden Mitteln in die W'^ege des Lichtesnbsp;für ein Minimum halten zu müssen, Avenn das ge-nannte Princip erfiillt sein soil. Nach Leibnitznbsp;würde also, Atenn (Fig. 17.) A der leuchtende, D dernbsp;erleuchlete Punkt ist, und wenn m den Widerstand

1) Lumen a jmneto radiante ad punctum ülustrandum per-venit via omnium facillima. Leibnitz in Am Actis erud. 1682., pag. 185.

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des oberen dunneren Mittels, und n den des dietteren bedeutet, der Weg des Licbtes von A nach D der unter allen leicliteste sein, wenn die Suinine dernbsp;Reehtecke m , AB und n , BD unter allen, auf die-selbe Weise auszudrückeuden, Gröfsen die kleinste ist.nbsp;Das erste Differential dieser Suinine gleicb Null ge-setzt, erbillt man;

m . dAB = — nbsp;nbsp;nbsp;. dBD.

Niinmt man in dein brechenden Mittel LO unendlick nahc an B den Punkt P an, verbindet ihn mit A undnbsp;/gt;, fallt aus P das Loth PR auf AB, und aus Bnbsp;das Loth BQ auf PJ), so istnbsp;dAB = BR = PB . cos PBR = PB . sin ABH,nbsp;und

dBD z=P(l — PB . cos BPa = PB . sin GBD, daher

n \ m=:. sin ABH : sin GBD, woraus nicht allein die Bestiindigkeit des Brechiings-verhaltnisses für jeden Einfallswinkel folgt, sondernnbsp;auch, dafs das dichtere Mittel dein Lichte einen grosseren AViderstand entgegenstellt, weil, der Erfahrungnbsp;gemafs, der AVinkel ABH grofser ist, als der Winkel GBD.

Aus der Hypothese des Maupertuis ergiebt sich auf dieselbe AVcise, dafs der Sinus des Einfalls- undnbsp;der des Brechungswinkels im uingekehrten Verhalt-nisse der Geschwindigkeit des Licbtes in beiden Mit-teln steken, dafs also heide Sinus zwar ein konstautesnbsp;Verhaltnifs haken, die Geschwindigkeit iin dichterennbsp;Blittel aber gröfser ist, als iin dunneren ').

Ganz verschicden hiervon ist der Weg, den Huygens niinmt, uin die Nothwendigkeit der geradlinigen

1) Memoires de iacad. de Prusse, 1746

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Bewegimg des Lichtes, so wie des katoptrischen imd dioptrisclien Gnindgesetzcs zu zeigen. Er geht nichtnbsp;von hypothetischen Bedingungeii aus, die an die Be-wegung des Lichtes gekniipft sein sollen, nicht vonnbsp;einem Minimum der Zeit oder des Weges, sondeninbsp;er findet jene Gesctze immittelhar durch die Art nndnbsp;Weise, wie man sich die Bewegimg des Lichtes vorstellen müsse, gegehen. Schon Aristoteles hatte,nbsp;wie wir gesehen hahen, die Emanations - Hypothesenbsp;bezweifelt, nnd die Verbreitnng des Lichtes liebernbsp;dnrch eine Bewegimg des Mittels zwischen dem Angenbsp;nnd dem Geseheuen, als dnrch das Ansströmcu eiiiesnbsp;Lichtstoffes erklaren wollen. Audi Ilnj^gcns haltnbsp;die Emanations-Hypothese fnr sehr unwahrscheinlich.nbsp;Denn erwiige man, wie schncll sich das Licht nachnbsp;alien Seiten hin verbreitet, wie Stralen, die aiis ver-schiedeneu, ja eiitgegengesetzten Stellen des leuchten-den Körpers kommen, sich schneiden, ohne sich innbsp;ihrer Bahn zu hindern, wie einige Korper in aliennbsp;Richtimgen durchsichtig sind, so dal’s, weiin man ih-nen in alien dicsen Richtimgen Zwischenraiime beile-gen wollte, dainit das materielle Licht hiiulnrchströ-men kann, nichts fiir ihre nndurchdringliche Massenbsp;iihrig bleihen wiirde, so konne man kanm zweifeln,nbsp;dafs sich nicht etwa von den leuchtenden Korpern einnbsp;gewisser Stoff ablöse, der bis zu uns gelangt, sondernnbsp;dafs sich das Licht anf cine andere Weise fortpflan-zen niiisse. So wie sich der Schalt dnrch das Mittelnbsp;der Luft urn den Ort hernin, wo er entstand, durchnbsp;eine gewisse Bewegimg verbreitet, die snccessiv vonnbsp;einem Theile der Lnft znm anderen fortgeht, so dafsnbsp;diese Bewegimg iiherall mit derselben Geschwindig-keit erfolgt, nnd gleichsam gewisse sphiirische Flii-chen, die statig gröfser werden, uiid endlich zu uuse-

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ren Ohren gelangen, gebildet werden, oline dafs der Scliall selbst in etwas Korperlichem, das von deinnbsp;Schallenden ansgelit, bestimde: cben so könnte siclinbsp;viclleiclit aucli das Licbt in sphilriscben Wellen umnbsp;den lencbtenden Korper iieruin verbreiten, obue dafsnbsp;clwas Korperlicbes von diesem aiisstromt. liny gensnbsp;priift diesc Hypothese mit vieleni Scbarfsinne *), nndnbsp;findet in der Uebereinstiininnng tier ans derselbcn ge-zogenen Folgerungcn init der Erfabrung eiuen Heweisnbsp;fiir ihre AVahrbeit.

Schon Grimaldi in seiner Physico-mathesis^ H ooke in seiner „Mikrograpbie”, mid Pardies innbsp;ciner Abbandbmg, an deren Vollendung ihn der Todnbsp;binderte, batten vor Huygens eine almlicbe Vorstel-lungsweise über die Bewegnng des Liebtes anfge-fafst ^), docb obne die optiseben Grundgesetste mitnbsp;strenger Folgericbtigkeit damns bcrleiten zn können.

liny ge us, der also als der cigentlicbe Begriin-der der Vibrations-Hjpotbese auznsebcn ist, scheint in dieser Ansicht iiber die Natnr ties Liebtes beson-ders durcb die kurz vorber von Olans Homer ge-inachte Entdeckmig, dafs die Gescbwindigkeit des Liebtes inefsbar sei, dafs es also, eben so wie der Scliall,nbsp;cine successive Bewegnng babe, bcstiirkt Avorden zunbsp;sein. Die Bemiihnngen Galilei’s, diese Gesebwin-digkeit durcb Signale, die er in der Entfernung einernbsp;Oder einiger Mcilen geben liefs, zii messen, battennbsp;ibren Zweck ebeii so verfeblcn miissen, wie das Ver-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Tractatus de lumine, den Huj'gens, wie er selbstnbsp;in der Vorrede {Ilagae, 1090.) sagt, selion ini J.ahre 1678. der Aka-demie der Wissenschaften in Paris in rranzösisclicr Sprache niit-getheilt liatte.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Tract, de lumine, pag. 15. in der Amsterdamer Ausgabenbsp;der Opera reliq-ua, 1728.

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fahren Descartes’s, der ans der StelluDg des Mondes beiin Anfange einer Mondfinsternifs dies so vielfach an-geregte Problem losen zu könneii bofFte. Brauclit dasnbsp;Licht, so folgerte Descartes, vielleicht eine Stimde,nbsp;mn den Weg von der Erde bis znm Monde zurückzu-legen, so konnte eine Verfinsterung auf demselbennbsp;nicht eh er beginnen, als bis eine Stunde, seitdem ernbsp;in dieselbe Richtung mit der Erde nnd Sonne kam,nbsp;verdossen ist. Da diese Folgerung aber den Beob-achtungen widerspricht, nnd Descartes fur die weitenbsp;Entfernung des Mondes von der Erde nicht eine vielnbsp;kürzere Zeit annehmen zvi miVssen glanhte, so wnrdenbsp;er diirch diese Betrachtung in dem Wahne, dafs dienbsp;Geschwindigkeit des Lichtes augenblicklich sei, nurnbsp;noch mehr bestarkt.

Doch hatte Descartes auch bier ziicrst den Weg gezcigt, auf dem allein es gelingen konnte, einenbsp;so aufserordentlich grofse Geschwindigkeit zu messen,nbsp;01 ans R ömer *) verfolgte denselben weiter, indemnbsp;er nicht beim Monde stehen blieb, sondern zu dennbsp;Jupiterstrabanten iiberging, nnd unter ihnen den dem

I) Olaus Romer, geboren zu Kopenhagen im Jahre 1644., hatte sich den astronomisclien Studiën mit so gliicklicliem Erfolgenbsp;gewidmet, dafs Picard, bei seinem Aufentlialte in Kopenhagen,nbsp;ilin znm Gelulfen wahite. Romer folgte der Einladurig Picard’snbsp;nach Paris, wurde dort Mitglied der Akademie, kehrte aber imnbsp;Jahre 1681. in sein Vaterland zuriick, nm eine Professor der Ma-theinatik in Kopenhagen zu iibernehmen. Diirch mehrere ausge-zeichnete Aemter stieg er im Jahre 1706. bis zur quot;W iirde eiuesnbsp;Staatsraths, oline sich defshalb den Obliegenheiten der Professnrnbsp;bis zu seinem Tode, der 1710. erfoigte, zu entziehen. Von seinennbsp;Schriften ist weiiig auf uiis gekommeiij weil sein Nachlafs durchnbsp;eineii Brand im Jahre 1728. vernichtet wurde. H orrebow h.atnbsp;in der Basis astronomiae. Hafniae'i 1735. Römer’s astronomische Instrumente beschrieben. Wcidleri historia astron. Vi-temhergae, 1741, pag. 541.

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Jupiter nachsten, tier seine Balm sclion in 42 Stun-den 27 Minuten 33 Sekunden vollendct, wahlte. In-dein er die berechnete Zeit des Eintrittcs dieses Tra-banten in den Schatten des Jupiter, und des Austrit-tes aus deniselben init der Ubr vcrglicb, und diese Beobacbtung bei verscbiedenen Stellungen der Erdenbsp;gegen die Sonne und den Jupiter zebn Jahre hindurchnbsp;fortsetzte, fand or, dafs das Licht ungcfalir H Minuten gebraucbe, um den Halbmesser der Erdbahn ziinbsp;durcblaufen *), welche Zeit man bekanntlicb bei voll-koinineneren Messungen auf 8 Minuten 7 Sekunden be-richtigt hat. Der Pariser Akadcmie tlieilte Romernbsp;in einer den 22- November 1675. gehaltenen Vorle-sung seine Entdeckung mit, deren Wahrheit indefsnbsp;anfiinglich, bei dem festgewurzelten Glauben an dienbsp;momentane Bewegung des Lichtes, von namhaftennbsp;Astronomen bestritten -wurde ^).

Hu ygens mufs bei seiner Hypothese über die Entstehung des Lichtes einen unendlich feincn, höchstnbsp;bewegliclien, und diirch das ganze Weltall verbreite-ten Stoif, den er Aether nennt, voraussetzen. Dienbsp;Annahme aber, dafs der diirch das Licht erregbarenbsp;Stoff unendlich feincr, als die Luft sei, scbcint ihinnbsp;schon defshalb zulafsig, weil sich das Licht selbst imnbsp;luftv'erdunnten Ranine mit ungcschwiichter Wirksam-kcit fortpflanzt, wiihrend die Entstehung eines -wirk-samen Schalies nur an einen lufterffillten Raum gebonden ist. Wird nun dieser Aether irgendwo erregt,nbsp;so theilt sich die Bewegung eines jeden Theilchensnbsp;nicht blofs dem nachsten mit, das in der geraden,nbsp;von dem erregenden Punkte ausgehenden, Linie liegt,

1) nbsp;nbsp;nbsp;Tract, de lumine, pag. 7.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Weidleri Hist, astron., pag. 540.

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sondern auch alien iibrigen, die es bcrüliren, und sich seiner Bewegung cntgegenstellen. So entstelit nin je-des Aethertheilclien gieiclisam eine Welle, deren Mit-telpnnkt eben dies Tlieilchen ist. Setzen sich abernbsp;alle diese partiknlaren Lichtwellen {undue particula-res) in deinselben Augenblicke zu einer einzigennbsp;zusaimnen, oder vereinigen sie ihre Wirksamkeit initnbsp;einer uninittelbar von dem leucbtenden Punkte ausge-gangenen Lichtwellc, so mufs in einer solchen Hanpt-welle {unda principalis) ein grofseres Maafs von Be-wegung, als anderwilrts in dem erregten Aether sein.nbsp;Huygens findet es hiernach weniger imbegreiflich,nbsp;wie sich das Licht anf so grofse Entfernungen fort-pflaiizcn könne, da die Anzahl der erregten Aether-thcilchen iim so gröfser wird, je veiter es sich aus-hreitetj wahrend man sich hei der Emanations- Hypothese fiber die Frage, woher den lenchtenden Korpernnbsp;die nnermefslich grofse Kraft kommen solle, den fei-nen Lichtstoff mit so grofser Geschwindigkeit anfnbsp;Millionen Meilen fortznschleudern, aiif keine Weisenbsp;llechenschaft ablegen könne.

Man sieht, wie Huygens, der unter einem Licht-strale die Richtiing versteht, in der jedes Aethertheil-chen seine Bewegung fortpflanzt, die gcradlinige Be-Avegung des Lichtes erkliiren werde. 1st (Fig. 19 ) -4 ein leuchtender Pimkt, BG eine Oeffmmg, durch dienbsp;dunkelen, undurchsichtigen Körpcr BH and Gl be-grenzt, DF eine Hanptwelle, gebildct durch die par-tikularen Wellen «/S’/, dsL, u. s. w., deren voa A ent-fernteste Punkte in deinselben Augenblicke in DFnbsp;eiutreffen, und zieht man durch A und if, und A andnbsp;G die geraden Linien A^ and A^^ so findet die Er-regung des Aethers zwar auch jenseits dieser Grenzen nach F und Q, hin Statt, doch in desto schwilche-

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rem Grade, je mehr hier die Aethertheilchen dem Quelle der Errcgung entriickt sind, so dafs die Fort-pflanzung des Liclites, iiisofern es den wirksamstennbsp;Eindruck aufs Auge zii maclien im Stande ist, au£nbsp;die Grenzen nnd keschriinkt wird.

I.

Eben so nngezwungen erkliirt Huygens die Gleich-lieit des Einfalls- nnd Reflexionswinkels. 1st (Fig. 20.) AB eine ebene iiiul vollkommen polirte Fliiche, nndnbsp;die gegen dieselbe schrilge Linie AC ein Theil einernbsp;Liclitwelle, deren Mittelpimkt so weit entfernt ist,nbsp;dafs diese Linie als eine gerade angeselien werdennbsp;kann, so wird in deinselben Augenblieke, in welcheinnbsp;der Theil C der Welle AC in der geraden Linienbsp;CB, die ans dem leucliteiiden Pimkte kommt, nndnbsp;defshalb Avinkelrecht auf AC stebt, in B angelangtnbsp;ist, der Theil A derselben Welle, der verhindertnbsp;wird, seine Bewegung nnterlialb AB fortzusetzen, sienbsp;der Luft, die iiber AB ist, mitgetheilt liaben, nnd innbsp;^ angelangt sein, indem er eine Partikular-Wellenbsp;bildet, deren Mittelpimkt A, nnd deren Halbmessernbsp;A^ = CB ist. Dasselbe gilt von den iibrigen Tliei-len H der Welle AC^ die in den geraden Liniennbsp;HK^ die mit CB parallel sind, zur Ebene AB kommen, nnd die partiknliiren Wellen u. s. w. bilden,nbsp;deren Mittelpnnkte in K liegen, nnd deren Halbines-ser die Linien KM sind, namlieli die Verliingernn-gen der geraden HK bis zur Linie BG, die parallelnbsp;Juit AC gezogen ist. So wie aber alle diese kleineren Licbtwellen, wenn sie ilire Bewegung nnterlialbnbsp;AB fortsetzen könnten, zu gleicber Zeit in der gera-den Linie BG ankommen wiirden, so ist aiicli ober-lialb AB die ans B gezogene Tangente B^ des er-sten Bogens a^y jijg gemeinschaftliche Tangente allernbsp;anderen Bogennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;g, w.; defshalb aber ist B^ als

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die Fortsctzung der Welle AC va. demselben Augen-blicke, in welcbem C nach B gek ommen ist, an-zusehen, und in ihr ist cin gröfseres Maafs ron Be-Avegung, als anderwarts. Aus der Kongruenz der Dreiecke ABC und AB§ folgt alsdann die Gleicb-heit der Winkel CBA und ^AB. So wie aber dienbsp;auf AC winkelrechte Linie CB die Richtung der ein-fallenden Stralen angiebt, eben so stellt die auf B^nbsp;wiukelrecbte A^ die Richtung der reflektirten Stralennbsp;vor. Beide, die einfallenden und reflektirten Stralen,nbsp;sind also auf gleiche Wcise gegcn die Ebene ABnbsp;geneigt.

Dafs die durcli die Pimkte AB^C gelegte Ebene winkelrcclit auf AB stelten müsse, folgert Huygensnbsp;auf eine weniger übcrzeugende Wcise daraus, dafs ernbsp;der Welle AC eine gewisse Breite, etwa die Gestaltnbsp;eines Kreises, beilegt, der nur damt dnrch gleiclizeitignbsp;eintreffende Partikular-Wellen in den ilim gleichennbsp;Kreis B^ übergehen könne, wenn beide von dersel-ben auf AB wiiikelrechten Ebene lialbirt werden.

Auf ahnlicbe Weise leitet Huygens aucb die Bestandigkeit des Brecbungsverbaltnisses aus seinernbsp;Vibrations-Hypothese her. 1st (Fig. 21.) AB die bre-chende Ebene, und AC ein Theil einer Lichtwellc, sonbsp;ziehe inan aus B die Linie BC wiiikelrccht auf AC^nbsp;beschreibe mit AC und CB das Rechteck ACBG^nbsp;und ziehe aus den Punkten tf von AC die mit CBnbsp;parallelen Linien HM, welche die brechende Ebenenbsp;in den Punkten K treffen, bis BO. In derselbennbsp;Zcit, in welcher C in der Linie CB bis zur brechen*nbsp;den Ebene gekoinmen ist, würdcn A tmd alle Punktenbsp;H in BG aulangen, wenn das dichtere Mittel unternbsp;AB der Betvegung der Welle AC einen eben so ge-schwinden öurchgang gestattete, wie der atherische

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Stoif. 1st dies aber nicht der Fall, sondern bewegt sich das Licbt unterhalb AB nur nocli init ctwa | seiner vorigen Geschwindigkeit, so bildet die von A aus-gehende Partikular-Welle in derselben Zeit, in wel-cher C nacli B komint, einen Bogen a/?/, dessen Mit-telpunkt A, und dessen Halbinesser A§ ~\BC ist.nbsp;Eben so beschreiben alsdann die von den Punkten Knbsp;ausgebenden W'ellen die Bogen Se^ u. s. w., derennbsp;Halbinesser Kamp; u. s. w. der Linien KM betragen.nbsp;AUe diese Bogen aber haben keine andere geniein-same Tangente, als die Linie B^, niimlich die ausnbsp;B gezogene Tangente des Bogens a§y. Diese Linienbsp;ist daher als die Fortsetzung der Lichtwelle AC innbsp;demselben Augenblicke, in welebem C nach B gekom-inen ist, anzuseben.

Wird in A das Einfallsloth EF errichtet, QA bis D verlangert, der Winkel CAB =: EAD niit undnbsp;der Winkel AB^ — ^AF init y bezeichnet, so istnbsp;BC ~ AB . sin und = AB . sin y. Die Sinusnbsp;eines beliebigen Winkels x in der Luft, und des zu-gebörigen Winkels y in dem dicbteren Mittel verbal-ten sich also, wie CB : A^, d. h. wie die konstantennbsp;Gescbwindigkeiten des Licbtes in den beiden Mitteln.

Eben dies konstante Ferhaltuifs der Sinus des Einfails- und Brecbungswinkels lindet man, wenn dasnbsp;Mittel unter AB diinner sein, und dem Lichte einenbsp;gröfsere Geschwindigkeit gestatten sollte. Zugleiclinbsp;leucbtet ein, bei welcher Neigmig des in ein diinne-res Mittel einfallenden Strales keine Brecbung Statt-fin den, dieselbe vielinehr in eine Reflexion iibergehennbsp;werde. Dies mufs niiinlich gescbehen, sobald dernbsp;W inkel CB_/l gQ J^tein augenommen wird, dafs CBnbsp;gleicb ist \AB^ oder grofser, well alsdann A^ AB^

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oiler gröfser, als AB wiire, folglich nicht inelir die Selte eines rechtwinkeligen Dreieckes AB^ sein könnte.

Fermat hatte aus dem Principe, dafs die Zeit, in welcher das Licht von einem Piinkte in dem einen Mit-tel zu einem Punkte in dem anderen gelangt, ein Minimum ist, nur durch elne miihsame und weitschwei-fige Deduktion das Cartesianische Brechungsgesetznbsp;ahleiten können, indem er dabei den Widerstand desnbsp;dichteren Mittels gröfser, als den des dunneren fand;nbsp;Huy gens dagegen, der den entgegengesetzten Wegnbsp;wahlt, gelangt zu dem ohigcn Principe anf eine vielnbsp;kürzere Weise. Indem er namlich die vorige Vor-aussetznng, dafs sich der gehrochene Stral (Fig. 22.)nbsp;BC in dein dichteren Mittel nnterhalh KB F langsa-iner, als der einfallende AB hewege, heihehalt, findetnbsp;er, dafs die Zeit, in welcher das Licht durch dennbsp;Punkt B von A nach C gelangt, kürzer sei, als die,nbsp;in -welcher es durch jcden anderen Punkt F der hre-chenden Fliiche, der entfernter von A ist, oder durchnbsp;K, der nahcr an A liegt, von A nach C kommennbsp;würde. Denn man ziehc ans F die Linie FD parallel mit BA, falie aus A und B die Lothe AD undnbsp;BH auf dieselhe, verhinde F mit C, ziehe aus F dienbsp;Linie FG vrinkelrecht auf BC, und durch B das Ein-fallsloth PBQ, so stehen die Sinus der Winkel HBFnbsp;^PBA und BFG= CBQ,, namlich die Linien Hpnbsp;und BG, im Verhilltnisse der Geschwindigkeiten desnbsp;Lichtes in den heiden Mitteln üher und unter KBF.nbsp;Die Zeit also, die das Licht gehraiicht, HF zurück-zulegen, ist gleich der Zeit, in der es durch BGnbsp;geht. Da aher die Zeiten durch AB und DH auchnbsp;gleich sind, und die durch FC offenhar langer ist,nbsp;als die durch GC^ so folgt, dafs die Zeit durch DFnbsp;und FC, urn so mehr also die Zeit durch AF und

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FC langer ist, als die durch AB und BC. Niinint inan aber zweitens den Punkt K in der brechendennbsp;Flache so, dafs er naber, al^ der Punkt B, an Anbsp;liegt, so ziebe man KNquot; parallel mit BC^ CN undnbsp;BM winkelreclit auf ÜTiP, und KLt winkelrecht ge-gen BA. Hier siud mm die Linien BTj und KMnbsp;die Sinus der Winkel PB A und CBQ., die Zeit durchnbsp;BTj also gleich der durch KM., und die Zeit durchnbsp;LBC gleich der durch KN. Aber die Zeit durchnbsp;AK ist liinger, als die durch AL., und die Zeitnbsp;durch KC langer, als die durch KN, also auch dienbsp;Zeit durch AK und KC langer, als die durch ABnbsp;und BC.

Wiihrend Hujgens dem Lichte im dicht eren Mit-tel eine langsamere Bewegung beilegen mufs, wenn er die Bestiindigkeit des Brechungsverbaltnisses aus dernbsp;Vibrations - Hypothese erklaren will, lafst Newton,nbsp;von dem Gedanken an die allgemeiue Gravitation ge-leitet, die beiden durchsichtigen 3Iittel mit ihrer An-ziehungskraft auf den Licbtstral éinwirken, und dannnbsp;freilich mufs da, wo bei demselben Volumen mchrnbsp;Massentheilchen vorbanden sind, in dem dichtereiinbsp;Mittel also, die Geschwindigkeit des Lichtes gröfsernbsp;sein. Er leitet aus dieser Hypothese die Bestiindig-keit des Brechmigsverhaltuisses durch einen sjmtheti-schen Beweis her‘); die analytische Methode führtnbsp;aber auch hier kürzer zum Ziele.

Eine beschleunigende Kraft mag unveranderlich oder veranderlich sein, so ist bekanntlich, wenn s dennbsp;^®^eguugsraum, t die Zeit, und v die Geschwindigkeit bedeutet;

\) Philosophiae naturalis principia malhemalica, Genevae 1739. lib. 1, prop,

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(1) (is — vdt. mid V ^ ^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dt

Verbindet man liiennit das Newtonscbe Princip, dafs sicli zwei beschleimigende Krafte P und wienbsp;die in gleichen Zeiten durch dieselben erzeugten Ge-schwindigkeiten verlialten, so folgt hieraus, wenn Pnbsp;die Anzieliimgskraft der Erde bedentet, welche in dernbsp;Nahe ibrer Oberflilcbc jeder beliebigen Masse in dernbsp;Zeit 'bt die Gescbwiudigkeit mittbeilt, nnd bv dienbsp;von der Kraft p in derselben Zeit bt bewirkte Ge-schwindigkeit ist;

P , bv

nnd, wenn man die Schwei’kraft P der Erde, so wie die Geschwindigkeit Ig am Ende der ersten Sekunde,nbsp;der Kiirze wegen, = 1 setzt:

b^s

Soil dieser Ausdrnck auf die Anziebungskraft des dichteren breclienden Mittels angewandt werden, sonbsp;ist zu erwiigen, dafs diese Kraft sich nur in nnmerk-licher Entfernimg anfsern könne, weil die Erfabrimgnbsp;lebrt, dafs ein Lichtstral nnr in unmittelbarer Beriih-rnng mit dein brechenden Mittel seine Ricbtnng iin-dert. Eine solcbe Entfernimg von der brecbendennbsp;Ebene (Fig. 23.) sei demnacb LN ¦=¦¦}/¦, P alsonbsp;die aufserste Grenze des Wirkiingskreiscs von AB^nbsp;so dafs ein Licbttbeilchen, in diesem Pimkte selbst,nbsp;noph die konstantc Geschwindigkeit c hat, mit der esnbsp;sich durch das gleichartige dunnere Mittel fortpflanzte,nbsp;nnd die sich, wennnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;die Richtung des einfallen-

den Strales, und der Einfallswinkel LMC=zl ist, in die der Ebene AB parallele Geschwindigkeit c.sin^,nbsp;und in die aiif dprselben lothrechte c,cos § zerlegen

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Descartes.

lafst. Man erwage ferner, dafs die anziehende Kraft aufser der Entfernuiig y, auch noch von der kon-stanten Dichtigkeit des Mittels unter AB, vielleichtnbsp;auch von anderen unveranderlichen Bedingungen ah-hiingig sein werde. Fassen wir diese konstanten Bedingungen in den Ausdruck K zusammen, und ver-stehen unter ƒ{y) eine Funktion der Entfernuiig y, sonbsp;ist aus (3):

der Ausdruck fiir die in lothrechter Richtung wirkende Kraft, der das Minuszeichen vorgesetzt werden mufste,nbsp;weil sie um so gröfser wird, je niehr y abniinmt. Dienbsp;in paralleler Richtung anziehende Kraft ist aher gleichnbsp;Null zu setzen, da, wenn ein Massentheilchen M dasnbsp;Lichttheilchen L in der schiefen Richtung LM an-ziehen soUte, ein ehen solches Massentheilchen M' innbsp;derselhen Entfernung auf der anderen Seite von IjNnbsp;angenommen werden kann, welches die Einwirkungnbsp;des ersteren aufhebt. Es ist daher, wenn MN =nbsp;gesetzt wird;

0.

Multiplicirt man die Gleichung (4)j uin sie iiitegriren zu können, init 22y, so folgt aus (4) und (5):

— 2.ff^^(y)?y 4- Const. = const,.,

dt~ dx^

w

(f) hcrvorgelit, die auf dein hrcchen-

den Mittel lothrechte, und ^ die deinselben parallele ’ dt

Geschwindigkeit hedeutet. Um die Konstanten be-stimmcn zu können, nehme man die Gröfse dicser

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248

Descartes,

beiden Gescbwindigkeiteii in //, und es ist, wenn man den unveriiiiderlichen Werth,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;an dieser

Stelle hat, mit k bezeichnet,

c'^cos^^ = — nbsp;nbsp;nbsp; Const,

c^sin^i — const.,,

daher


= c^cos^t 4- 2,Kk —: 2.K^[/(y)?y,

Beim Eintritte in das dichtere Mittel AB selbst, wo y =s 0 ist, hat man dcmnach:

^ = c^cos^~l 2/a,

2 • 2fc = c^stn^i.

Da also die parallele Geschwindigkeit in M dieselbe, ¦wie in L ist, die lothrechte aber einen Zuwachs er-balten hat, so ist hiermit schon der Grand angegeben,nbsp;wefshalb sich das Liclittheilchen in einer, gegen dasnbsp;Einfallsloth konkaven, Kurve demselben nahern mufs.

Im dichteren Mittel wird die lothrechte GeschAvin-digkeit so lange zunehmen, bis das Lichttheilchen nach U in eine Schicht A'B\ die in der Entfernnngnbsp;UN' ::=.y von AB liegt, gekommen ist; jenseits dieser Grenze aher his zum Austritte aus dein dichterennbsp;Mittel — wo sie eben so vermindert wird, wie sie heinbsp;dem Eintritte in dasselbe zunahm, und dadurch he-wirkt, dafs das Lichttheilchen in einer, gegen dasnbsp;Einfallsloth konvexen, Kurve sich von deinselhen ent-fcrnt — konstant hleiben, weil an jeder tiefer liegenden Stelle eine in cntgegengesetztcr Richtung in dcrnbsp;Entfernnng LN wirkende Kraft vorhanden ist. Um

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249

Descartes.

nun auch diesn Zunahme der Gesctwindigkeit durch eine Formel auszudriicken, hat man nach (3):

a#*

= 0.


Es mufs namlich dem ersten Ausdriicke das positive Zeicheu gegchen werden, weil hier y zugleich init dernbsp;Anziehimgskraft wachst. Integrirt man diese Glei-chungen, so ist:

^ = nbsp;nbsp;nbsp; Comt.

= const.

Zur Bestimmung der Konstanten nehine man die Ge-schwindigkeit hei dem Eintritte in das dichtere Mittel in üf, wo y = 0 ist, imd man hat;

daher

Hh ‘HUc =. Const, und c'^sin'^% — const.^

2Aquot;

= c^cos^l %Kk .

Ct-^

= c^sin^§.

Da aher, wenn y den Werth L'N' erreicht, das Licht-theilchen also his zur Schicht A'B' gekonimen ist, die

GeschAvindigkeit konstant hleiht, so erhiVlt jy{y)dy

in L' einen unveranderlichen Werth, der vorhin mit ^ hezeichnet wurde. Es ist daher von L' an dasnbsp;Quadrat der lothrechten Geschwindigkeit;

und das Quadrat der parallelen:

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Descartes.

Bezeichnet man den BrechungsTviukel FMCr niit I', uud die Geschwindigkeit des Lichtes von dem Punktenbsp;jL' an mit v, so ist auch;

M.

250

1;

dalier endlich

— c^ 4-K^,

die Geschwindigkeit v im dichteren Mittel also grosser, als die Geschwindigkeit c in dem diinneren, weil h.Kk immer positiv sein mufs. Zugleich folgt hieraus;

c.sinï = v.sinl' = sint' (c*

oder

Sins V c^J

also die Bestandigkeit des Brechungsverhaltnisses,

Dafs man eben so das Reflexionsgesetz herleiten könne, wenn man den reflektirenden Körpern, derennbsp;Aggregatzustand ein ganz anderer ist, als bei dennbsp;durchsichtigen, eine abstofsende Kraft beilegt, leucb-tet von selbst ein.

So kann man also aus den Eigenschaften des Lichtes, reflektirt und gebrocben werden zu können,nbsp;nicht entscheiden, oh die Vibrations- oder Emanations-Hypothese eine grofsere Wahrscheinlichkeit furnbsp;sich babe; erst andere Eigenthümlichkeiten des Lichtes, die in einer spilteren Periode entdeckt wurden,nbsp;werden diese Entscheidung zuverlafsiger inachen.

Nach dieser langen Abschweifung, die nothig wurde, um die Unzulangliehkeit der von Descartesnbsp;gegehenen Erklarung des Brechungsgesetzes zu zei-gen, kehre ich zu den übrigen Kapitein seiner Diop-trik zuriick.

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251

Descartes.

lm dritten und den beiden folgenden Kapitein handelt er vom Auge, und der Art, wie wir durehnbsp;dasselbe selien. Schon Kepler hatte behauptet, dafsnbsp;sicb auf der Netzhaut, Avenn man den Hintergrundnbsp;des Aiiges bis auf dieselbe entblöfse, ein kleines undnbsp;umgekebrtes Bild der vorliegenden Gegenstiiiide zei-gen müsse. Diese Behauptung, versichert Descartes, werde man bestiltigt linden, wenn man das aufnbsp;die angegebeue Weise entblofste Auge eines ebennbsp;gestorbenen Menscben oder eines grofsen Thieres innbsp;eine genau anpassende Oeffnung eines Fensterladensnbsp;in einem verfinsterten Zimmer setzt, und die entblofstenbsp;Stelle mit einem feinen, durcbsicbtigen Papiere be-deckt. Man sebe aber nur die Bilder solcber Gegen-stiinde, deren Entfernung der Gestalt des Auges an-gemessen ist, deutlicb; driicke man dasselbe, undnbsp;mache es ein wenig lilnger, so bemerke man auchnbsp;die Bilder sebr naber Gegenstilnde scharf begrenzt.nbsp;Dock hat Descartes diesen, fiir die Theorie desnbsp;Sehens so höcbst Avichtigen, Versuch Arahrscheinlichnbsp;nicht zuerst angestellt, sondern ihn, Avie aus einernbsp;Stelle bei Schott *) hervorgeht, von Scheiner ent-lehnt.

1) Magia universalis nat. et artis. Herhipoli, 1637. pag. 87. Radios visttales decussari intra oculum, et ohjectorum itnagi-nem pingi in retina, utrumque expertus fuit saepms Chri-stophorus Scheinerws in oculis diversorum anirnalimn, etnbsp;anno 1025. Romae in oculo humano. Idem audivit prius anbsp;^ngacissimo quodam optico, ac deinde per semetipsum expertusnbsp;'ithanasius Kircherus, qui in „Arte sua lucis et urn-Inae experimentvm proponit, quod quidem facile quilibet pernbsp;se facet e potest. Si enim accipias oculum tauri, aut alteriusnbsp;animahs grandioris, aut etiam hominis, et a parte posteriore,nbsp;quae cornxae opponitur, resecto nervo optico cum suis involu-cris, tunicaque adnata cum oliis partilms crassiorUms, eo usque denudes ibidem oculum., donee humor es per retinam per-

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Descartes.

Diirch diese Experimental - Untersuchung schien zwar die K.ep Ierse he Theorie aufs vollkoininenstenbsp;hestatigt zu sein, nichtsdestoweniger erhoh man innbsp;der Folge wenigstens dagegen, dafs die Netzhaut dernbsp;cigentliche Sitz des Sehens sei, Zweifel, die zuniichstnbsp;dnrch eine Entdecknng Mariotte’s veranlafst wur-den ^). Indent er nanilich imtersuchen wollte, oh dienbsp;Netzhaut iiherall gleich einpfindlich gegen das Lichtnbsp;sei, hefestigte er zwei weifse Korperchen, etwa zweinbsp;Stücke weilsen Papieres, in einer Entfernung von un-gefahr zwei Fufs, in der Höhc seiner Angen an einernbsp;dunkelen Wand. Nachdem er hierauf das linke Augenbsp;geschlossen hatte, steilte er sich init dein rechten ge-rade vor das links gelegene Papier, und ging dannnbsp;cinige Schritte zuriick, his die von dem rechts gcle-genen Papiere ansgehenden Stralenkegel den, seit-wiirts nach der Nasenwurzel hin befindlichen, Sehner-ven trafen. Da aher nun das Bild dieses Papieresnbsp;giinzlich verschwand, so schlofs er hierans, dafs dienbsp;Netzhaut in der Gegeud des Sehnerven keine Em-pfindlichkeit fiir das Licht habe.

lucere incipiant, oculumque hene lotum foramini, in fenestra cuhicvli obscurati facto, imponas ita, ut pars anterior extranbsp;cuhiculnm., posterior vero intra vergat, et extra cvbiculum lumen admoveas oculo: videhis radios luminis, per corneam etnbsp;pupillam ingressos, aijueumque et crystallinum humorem pene-trantes, in vitreo post crystallinum decussari, et ulterius adnbsp;retinam usque extendi. Si vero eidem oculo extra cuhiculumnbsp;admoveas alia q^Mecunque objecta illuminata, videbis eorumnbsp;imagines in oculi fundo depingi ita exacte cum omnibus suisnbsp;coloribus, motibus et signis propriis (innerso tarnen situ), utnbsp;penicillo depictae videantur. Kjusdeni experimenti ineminitnbsp;etiam Nicolaus Zucchius in „Pbilosophia opUca''quot;', pars I,nbsp;rap. 2., a quo etiam oretenus ita percepi.

1) Oeuvres de Mariottc. Itcide, 1717.; pag. ADO. iu eiuein Briefe au Pecquet.

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Descartes.

Dieser Versucli wird noch überzengender, wenn man drei Streifen Papier niinmt. Richtet man dann,nbsp;wahrend das linke Auge gesclilossen ist, das rechtenbsp;unverwandt auf das links gelegene Papier, so siehtnbsp;man, wenn man von dem mittleren Papiere aus einigenbsp;Schrittc zuriickgetreten ist, zuerst dieses verschwin-den, and -wcmi man noch weiter znriickgeht, das mitt-lerc viedcr sichtbar, aber nun das rechts liegendenbsp;unsichtbar Averden.

Diese verschiedene Einpfindlichkeit der Netzhaut gegen das Licht, dazu ihre Dnrchsiclitigkeit, schienennbsp;Mariotte nicht Eigenschaften zu sein, Avelche sienbsp;zur Anfnahme der Lichtkegel, und znr Vollendungnbsp;der Bilder geeignet inachen. Er glanbtc viehnehr,nbsp;die Adernhaut, Atelche hinter dcr Netzhaut liegt, alsnbsp;den eigentliclien Sitz der Empfindung des Lichtes an-sehen zu miissen, theils, Aveil sie eine grofse Empfind-lichkeit gegen das Licht habe, Atie man dies an dernbsp;Iris, einer Fortsetznng der Adernhaut, sche, theilsnbsp;auch, Aveil sie durch ihre duiikele Farbe besondersnbsp;cmpfanglich fiir das Licht sein müsse. Le Cat, dernbsp;die Adernhaut fiir eine Fortsetznng der diinnen Hirn-haut {pia mater) hielt »), trat dieser Ansicht Ma-riotte’s bei, Avtihrend Porterfield, Zina, v. Haller und andere namhafte Physiologeu Griinde genugnbsp;zu haben glaubten, urn Kepler’s Behauptung auf-recht zu erhalten. Die Netzhaut müsse man schounbsp;defshalb fiir den eigentliclien Sitz des Sehens halten,nbsp;weil sie, nicht aber die Adernhaut, cin GeAtebe vonnbsp;Nerven sei, die in dem ganzen thierischen Organismusnbsp;der Sitz der Empfindung sind; avozu komme, dafs die

1) Traité des sensations et des passions en géné-al., et des sens en particulier. Paris, 1707., pag. 390.

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Descartes.

Adernhaut nicht eine Fortsetzung der pia mater '), und dafs sie hei Menschen und Thieren, hesondersnbsp;aher bei Fischen, inwendig mit einem schwarzennbsp;Schleiine bedeckt sei, der nicht fiiglich von den Stralen durchdrungen werden könne/^). Dafs die Netzhautnbsp;an der Stelle, wo sich der Sehnerv hefindet, unem-pfindlich gegen das Licht ist, dies komme wahrschein-lich daher, weil dieser hier nicht so weich und zartnbsp;sei, wie zu beiden Seiten, wo er sich iiher die Adernhaut aushreitet; doch inache dies das Sehen defshalbnbsp;nicht weniger deutlich, weil die seitwarts einfallendennbsp;Stralen, die fiir das eine Auge verloren gehen, jedes-mal durch das andere zu einem Bible vereinigt werden.

Ungeachtet aller dieser Griindc, die fiir die Netzhaut sprechen, denen man noch den krankhaften Zustand, in welchem man hei dem schwarzen Staare {amaurosis) gerade die Netzhaut und den Sehnenennbsp;findet, hinzufiigen könnte, ist dennoch his auf dennbsp;heutigen Tag der Streit iiber den eigentlichen Sitznbsp;des Sehens, der iihrigcns nicht in die Optik, sondernnbsp;in die Physiologie gehort, keinesweges als entschie-den anzusehen ®); dafs sich indefs die meisten Anatomen fiir die Netzhaut erklilren, ist hekannt.

Was die Fiihigkeit des Auges, in verschiede-nen Entfernungen deutlich zu sehen, betrifft, so tritt Descartes der Ansicht Kepler’s bei, dafs die Krj-stall-Linse durch die Muskelkraft der sie umgebendennbsp;Stralenfasern {processus ciliares) bald mehr, baldnbsp;weniger gekriimmt werde, je nachdem man nahe oder

1) nbsp;nbsp;nbsp;Descriptio anatomica ocnli humant^ awtore Joannenbsp;Gottefried Zinn. Gottingae, 1755., pag. 39.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Halleri Physiologia, vol. V, pag. 474.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Man vergleiche Brewster in seiiiem „Handbuche der Optik”, ubersetzt von J. Hartmann, Bd. II, pag. 70.

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Descartes.

entfernte Gegenstande selien wolle ’). Aiich halt er es fiir wahrscheinlich, dafs die Muskeln, die sich aus-wiirts an der hinteren Seite des Auges hefinden, undnbsp;es hewegen, die Gestalt desselben iindern helfen, in-dem sie es inehr oder weniger zusammendriicken.

Die so oft angeregte Frage iiber die Umkehrung der Bilder im Auge, iroriiber Kepler iiicbts Befrie-digendes sagen koniite, glaubt Descartes griindli-cher zu erledigen, wenn er wieder den Sinn des Ge-sichtes mit dem Geflihle eines Blinden vergleiclit.nbsp;„So wie, Avenn cin Blinder cinen Stab in seiner rechten Hand A gegen cinen Punkt C', iind einen anderennbsp;Stab in der linken Hand B gegen denselbcn Punkt Cnbsp;richtet, die Nert en einer jeden Hand einen gewissennbsp;Eindruck auf das Gebirn inachen, Avelcber die Seelenbsp;nicht allein den Ort A oder jB, sondern auch alle anderen erkennen lafst, die in den geraden Linicn ACnbsp;und BC^ selbst über C hinaus, in D und E liegen,nbsp;so Avic also dieser Blinde den Gegenstand E, der zurnbsp;Rechten liegt, durch die Verinittelung der linken Hand,nbsp;und den links gelegenen Gegenstand D durch die Verinittelung der rechten Hand Arahrnehmen kann, und sonbsp;Avie er nicht urtbeilt, dafs ein Körper doppelt sei, un-geachtet er ihn init beiden Handen berührt: so dür-fen uur es auch nicht befremdend finden, dafs Aiir,nbsp;ungeachtet des umgekehrten Bildes auf der Netzhaut,nbsp;die Gegenstande aufrecht, und ungeachtet zweier Bilder, die Arir von jedem Körper in beiden Augen ha-ben, denselben nur einfach sehen.”

Befriedigcnder ist die Erkliirung, die Descartes über das doppelte Bild eines eiuzigen Gegenstandes

1) Auch im Tractafms de homine, pag. 64. in der Frankfurter Ausgahe der Opera omnia.

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Descartes.

glebt, das man zuweilen mit belden Aiigen siebt. Wird das eine Aiige durch seine natürliclie Stellimgnbsp;auf einen rechts gelegenen Gegenstand A, durcb ir-gend einen Drvick aber auf einen links gelegenen Bnbsp;gerichtet, so mufs es eine mittlere Richtung zwiscbennbsp;diesen beiden auf einen Punkt C nehmen, und so wirdnbsp;B in der Richtung von C gesehen werden. Da mannbsp;nun den Gegenstand B zugleicb an seiner wahren Stellenbsp;durch das andere Auge walirnimmt, so erscheint ernbsp;doppelt, auf übnliche Weise, wie man statt elner, mitnbsp;zwei über Kreuz gelegten Fingerir gehaltenen, Kugelnbsp;zwei zu fühlen glaubt ’).

Dafs die Empfindung dessen, was wir Licht nen-nen, in nichts Anderem, als in der Empfindung einer gewissen Rewegung, in welche jedcs Faserchen desnbsp;Sehnerven versetzt wird, bestehc, schliefst Descartes auch aus dein Lichtschiminer, der sich vor einem,nbsp;durch einen Schlag verletzten, Auge, selbst wenn esnbsp;geschlossen, oder an einem durchaus finsteren Ortenbsp;ist, zeigt. Ein heftiger Druck gogen das Auge mufsnbsp;namlich den Fasern des Sehnerven eine eben so leb-hafte Bewegung, wie das Licht, mittheilen, und dahernbsp;mit diesem eine gleiche Wirkung hervorbringen.

Vou besonderem Interesse ist das achte Kapitel, welches von der vortheilhaftesten Gestalt der Gliisernbsp;handelt, nicht für die Praxis, welche Descartes’snbsp;Forschlage schon langst verworfen hat, wohl aber fürnbsp;die Theorie. Er giebt den elliptischcn, und nochnbsp;mehr den hyperbolischen Glasern, den Vorzug vornbsp;den spharischen, die der Abweichnng wegen dernbsp;Kugelgestalt unterworfen sind, ohne die Nachtheilc,nbsp;die auch jene Gliiser bcgleiten, zu verkennen, und

1) Tract, de honiine, pag. 69.

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Descartes.

stützt seine Theorie aiif eine Eigenschaft jener Kur* ven, die ich zunilchst fur die Ellipse anflihren will.

An einen heliebigen Punkt (Fig. 24.) K einer Ellipse ziehe man die Linie NK parallel init dernbsp;Hauptachse AB, aus den Brennpunkten C und D dienbsp;Stralen CK und DK, halbire den Winkel CKDnbsp;durch die Linie PE^ errichte in K eine Winkelrechtenbsp;00.^ die Tangente des Punktes K der Ellipse, gegennbsp;PE^ mache die Verlilngerung KM des Strales DKnbsp;gleich dem anderen Strale KC^ ziehe die Linie MCynbsp;die in ihrer Mitte 0 von der Tangente geschnittennbsp;wird, mache NKKI}, falie aus N das Loth NPynbsp;aus D das Loth DE auf PEy ziehe KH winkelrechtnbsp;auf die Hauptachse, und aus Fy dem Punkte, in wel-cbem PE diese Achse schneidet, ein Loth FG aufnbsp;den Steal KD. Man erhiilt hierdurch vier Paarenbsp;alinlicher Dreiecke, HKF und NKPy KFG undnbsp;KEDy FGU und HKDy KDF und MDCy aus de-nen sich ergiebt, dafs das Verbiiltnifs der Liuien NPnbsp;und EEy Avelche die Sinus der Winkel NKP undnbsp;EKIJ sind, gleich ist dem Verhaltnisse der Hauptachse AB zur Eccentricitat CD. Aus den beidennbsp;ersteren Paaren der Dreiecke hat man namlich dienbsp;Proportionen:

HK: NP = KF: NK = KF: KD == FG : DEy

Oder nbsp;nbsp;nbsp;„

HK\FG—NP\DE.

Aus den beiden anderen Paaren erhiilt man:

: FG = KD ; FD = MD : CD =zAB '. CD,

daher

NP : DEz=z AB x CD.

Da also die Linien NP und DEy die Sinus der Winkel NKP mid EKD, fiir jeden Punkt K iin Ver-hiiltnisse von AB zu CD stehen, so folgt aus diesem

!• nbsp;nbsp;nbsp;17

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Descartes.

Satze, dafs, wenn die Figur einen ellipsenförmigen glasernen Körper vorstellt, fiir welchen das Verhalt-nifs der Hauptachse zur Eccentricitat gleich demnbsp;Brechungsverhaltnisse aus Luft in Glas genommennbsp;ist, jeder mit der Hauptachse parallele Lichtstralnbsp;NK nach dem hinteren Brennpimkte D gehrochennbsp;werde. Ein elliptisches Sammelglas, das alle mit dernbsp;Hauptachse parallelen Stralen in einem Piinkte ver-einigt, wird man demnach erhalten, wenn man den el-liptischen Bogen (Fig. 25.) BAB, fiir Avelchen dasnbsp;Verhaltnifs der Hauptachse zur Eccentricitat demnbsp;Brechungsverhaltnisse aus Luft in Glas gleich ist,nbsp;mit einem Kreisbogen BB durchschneidet, dessennbsp;Mittelpunkt der hintere Brennpunkt D ist, und dessen Halhmesser DB zwar heliehig, jedoch so genom-men wird, dafs dieser Bogen zwischen den Punktennbsp;D und A liegt. Die parallelen, durch die elliptischenbsp;Oberfliiche BAB nach D hin gehrochenen, Stralennbsp;werden alsdann bei dem Austritte aus der sphiiri-schen Fliiche BB keine neue Brechung erleiden, in-dem sie alle unter rechten Neigungswinkeln auf diesenbsp;Flache fallen. Ein elliptisches Zerstreuungsglas ahernbsp;miifste so geschliffen werden, dafs es auf der hohlennbsp;Seite (Fig. 26-) EAF elliptisch, auf der erhabenennbsp;BB spharisch ist, und dafs dieser sphiirische Bogennbsp;wieder aus dem hinteren Brennpunkte D mit dem be-liebigen Halbmesser DB beschrieben wird. Da niiin-lich das Licht vor- und riickwiirts denselben Wegnbsp;nimmt, so werden die, auf die hohle Seite parallelnbsp;einfallenden. Stralen nach ihrer Brechung so zerstreutnbsp;werden, als kamen sie alle aus dem Punkte D, indemnbsp;sie durch die sphiirische Flache keine Aeuderung innbsp;ihrer Richtung erleiden. Liifst man das Licht durchnbsp;zwei Sammelglilser dieser Art, oder durch ein Sam-

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Descartes.

mei- und ein Zerstreimngsglas, oder durch zwei Zer-streuungsglaser hinilurchgehen, bo kann man bewir-ken, dafs Stralen, die von einein Punkte ausgehen, oder auf einen Punkt gerichtet, oder parallel sind,nbsp;auf jede gewiinschte Art diese Richtungen ilndern.

Auch. die Hyperbel bat dieselbe merkwiirdige Eigenschaft, die so eben bei der Ellipse nachgewie-sen ist. Ein hyperbolisches Saininelglas, dessen einenbsp;Seite (Fig. 27.) BB plan, die andere BAB hyperbolisch ist, vereinigt daher alle, parallel init der Haupt-achse auf die plane Seite einfaUenden, Stralen in demnbsp;Brennpunkte D des anderen Hyperbelzweiges, wennnbsp;man auch hier das Verhaltnifs zwischen der Eccentri-citat CD und der Achse AE dem Brechungsverhalt-nisse aus Luft in Glas gleich setzt. Gieht man abernbsp;dem Glase die Gestalt (Fig. 28.) BEAPB^ worin dienbsp;plane Seite BB in angemessener Entfernung vonnbsp;dem Hyperbelbogen EAP, winkelrecht gegen dienbsp;Achse DA^ gezogen ist, so werden idle, auf dienbsp;plane Seite des Glases parallel mit der Achse ein-fallenden. Stralen durch die Brechung in der hyper-bolischen Oberflache EAF so zerstreut wérden, alsnbsp;kamen sie aus dem Brennpunkte D des anderen Hyperbelzweiges.

Descartes raumt aus diesem Grunde den sphii-risch - elliptischen und plan - hyperbolischen Glasern, und besonders den letzteren, well sie sich leichter,nbsp;als jene, schleifen lassen, einen entschiedenen Vorzugnbsp;vor den spharischen ein, wegen der bei diesen unver-meidlichen Abweichung der Stralen. Doch entgehennbsp;ihm auch nicht die Mangel, denen selhst die eUip-tischen und hyperbolischen Glaser unterworfen seinnbsp;wiirden. Denn je weniger ein Glas gekriimmt, odernbsp;je weniger es tmgleich gekriimmt ist, desto weniger

17*

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Descartes.

verursache es iingleiche Brechungen der von mehre-ren Seiten parallel einfallenden, oder aus melireren Piinkten kommenden Stralen, so dafs freilich in die-ser Beziehimg die Plangliiser imd die sphariscliennbsp;den Vorziig vor jenen verdienen würden ’). Nichts-destoweniger erwartet Descartes von dem Hollandi-schen Fernrohre, von dem allein er in dem neuntennbsp;Kapitel liandelt, wenn man es mit plan-hypcrbolisckennbsp;Glasern versclien konnte, nichts Geringeres, als dafsnbsp;man alsdann selbst kleine Gegenstaiide auf den Sternen deiitlich durcb dasselbe seben wiirde. Mit leb-baftem Interesse sann er daher dariiber nacb, -wienbsp;man, durcb die zweckmafsigste Einricbtimg der Ma-scbinen, von denen er inehrere im zebnten Kapitelnbsp;beschreibt, den Kimstlern beim Scbleifen solcber Glaser zu Hilfe kommen könntc. Als er im Jabre 1628.nbsp;in Paris war, faiid er dort eincn gewissen Ferrier,nbsp;dein es wirklicb gelang, ein konvexes hyperbolischesnbsp;Glas zu Stande zu bringen; da aber alle Bemübimgennbsp;dieses Küiistlers, aucb ein konkaves hj^perbolischesnbsp;Glas zu scbleifen, vergeblicb Avaren, so verlor er dienbsp;Lust, sicb weitcr einem so imdankbaren Gcscbiiftenbsp;binzugeben ^). Huygens von Zuilicbein, der Va-ter des berübmteren Sobnes, mit dem Descartes innbsp;freundscbaftlicber Verbindung stand, vermochte selbstnbsp;Hollandiscbe Glasscbleifer, die Ideen seines Freundes

1) nbsp;nbsp;nbsp;Entre phtsimrs, (jni changent tons en mesme fw^on lanbsp;disposition des rayons., gui se rapportent n un sent point., ounbsp;vienent paralleles d'un sent cosié, cenx, dont les superficiesnbsp;sont Ie moins com-hces, ou bien Ie moins inegalement, en sortenbsp;gu'elles causent les moins inegales refractions, changent tons-Jonrs un peu plus exdctement, gne les autres, la dispositionnbsp;des rayons, gui se rajyportent aux aaltres points, ou guinbsp;vienent des autres costés. Pag- lH*

2) nbsp;nbsp;nbsp;Montucla Hist, des mathém., tom. II, pag. 262.

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Descartes.

aiisfiilircn zn wollen; ilire Bemiihungen batten aber keinen besseren Erfolg, als die niehrerer iiachfolgen-den Kiinstler. Da indefs die sphilrischen Glaser nichtnbsp;allein fiir allc Stralen, die eiiien inerklichen Winkelnbsp;init der Achse machen, eineii eutscliiedenen Vorzugnbsp;vor den elliptischen und byperboliscbeu verdienen,nbsp;wie Descartes richtig bemerkt, sondern aiich dienbsp;Abweichung wegen der Kngelgestalt, von welcber dienbsp;sphiirischen Glaser stets begleitet sind, gegen die vielnbsp;gröfsere Abweichung wegen der Farbcnzer-streuung so unbedeutend ist, dafs sie, im Ver-gleiche mit dieser, kanm beriicksichtigt werden darf,nbsp;so hat man schon liingst die Ausfuhnmg des vonnbsp;Des cartes gemachten Forschlages aufgegeben.

Die Abhandluug „Ueber die Meteore”, zu wel-cher ich jetzt iibergehe, verdient schon defshalb eine ansgezeichnete Stelle in der Geschichte der Optik,nbsp;weil hierin die Theorie des Regenbogens ihrer Voll-endnng nahe gebracht wird '). Indem Descartesnbsp;die Entstehung dieses Phanomens anf eine so imge-zwungene und leicht iiberzeugende W eise erkliirt, dafsnbsp;gleich anfangs Niemand an ihrer Richtigkeit zweifelto,nbsp;so vielen Widerspmch auch sonst seine Behanptungennbsp;im Gebiete der Optik gefimden batten, erzilhlt or zii-gleich die Umstiinde, die ihn anf jene Bntdeckimgnbsp;leiteten, aiif eine zu lehrreiche Weise, als dafs ichnbsp;seine eigenen Worte nicht anfuhren sollte. „Da ichnbsp;den Regenbogen”, sagt er, „nicht blofs am Himmelnbsp;hatte erscheinen sehen, sondern auch in meiner Niihe,nbsp;weun ich mit dem Riicken gegen die Sonne gekehrt,nbsp;den Bliek auf eine Fontaine richtete, so schlofs ichnbsp;hieraus, dafs seine Entstehung nur davon, wie die

1) Discours de la methode, pag. 250—271.,

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Descartes.

Sonnenstralen auf die Wassertropfen, imd von dieseu ins Auge gelangen, aldiangig sein niüsse. Da ich nunnbsp;wnfste, dafs die Regentropfen kugelförmig sind, undnbsp;dafs ihre Grofse auf die quot;Entstehung eines Regenbo-gens keinen Einflufs hat, so liefs ich eine glilserne,nbsp;init Wasser gefiilite, Kugel die Stelle eines Regen-tropfens vertreten. Ich nahm dieselbe zieinlich grofs,nbsp;um bei ineinein Versuche uin so sicherer zuWerke zunbsp;gehen. So fand ich, dafs, wenn die Sonnenstralennbsp;aus der Gegend (Fig. 29.) AF auf die Kugel BCDnbsp;fielen, und mein Auge in E war, der Theil D mirnbsp;roth erschien, und ohne Vergleich heller, als dernbsp;iibrige Theil der Kugel, und dafs, ich mogte sie nii-hern oder entfernen, sie mehr zur Linken oder Rechten stellen, dieser Theil D mir immer auf gleichenbsp;Weise roth erschien, wenn nur die Linie DE einennbsp;Winkel von ungefiihr 42® mit der Linie EM. machte,nbsp;die man vom Mittelpunkte des Auges gegen den dernbsp;Sonne gezogen denken mufs. Vergröfserte ich abernbsp;den Winkel DEM^ und war es auch noch so wenig,nbsp;so verschwand diese Röthe sogleich; machte ich ihnnbsp;aber ein wenig kleiner, so verschwand sie nicht sogleich, aber sie theilte sich vorher gleichsam in zweinbsp;Theile, in denen man Gelb, Blau und andere Farbennbsp;imterschied. Sahe ich hieraiif gegen die Stelle Knbsp;der Kugel, so dafs der Winkel KEM ungefiihr 52®nbsp;betrug, so sahe ich auch diese Stelle roth, wennnbsp;gleich nicht so glanzend wie D. Machte ich diesennbsp;Winkel ein wenig gröfser, so zeigten sich andere,nbsp;schwachere Farben; machte ich ihn aber nur ein wenig kleiner, odcr viel gröfser, so bemerkte ich keinenbsp;Farbe. Hieraus erkannte ich deutlich, dafs, wenn dienbsp;Luft in der Gegend von M mit solchen Kugeln, odernbsp;an ihrer Stelle mit Regentropfen angefüllt ware, in

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263

Descartes,

jedeni derselben ein rother und stark leuchtender Punkt 2?, der so gegea das Aiige E liegt, dafs dienbsp;von ihm nach E gezogene Linie init EM einen Winkel von iingefahr 42“ bildet, entstehen miisse, dafsnbsp;alle diese rothen Punkte, wenn man ihren Ort durchnbsp;kein anderes Mitt el, als den fiir alle gleichen Winkelnbsp;DEM benrtbeilen kaiin, wie ein zusainmenhangendernbsp;rother kreisfönniger Streifen erscheinen, und dafs dienbsp;iibrigen gelben, blauen und anders gefarhten Punkte,nbsp;von denen die nach E gezogenen Litiien ein we-nig spitzere Wiukel uiit EM inachen, auf ahnlichenbsp;Weise gelbe, blaue kreisförmige Streifen bilden, dafsnbsp;aber alle anderen Tropfen, von denen die nach E gezogenen Linieii mit EM nicht Winkel von ungefilhrnbsp;42“ inachen, keine Farben zeigen miifsten, Indeuinbsp;ich hiciauf genauer untersuchte, was die Kugel annbsp;der Stelle D roth erscheinen liefse, fand ich, dafs esnbsp;die Sonnenstralen waren, die, von A nach B kom-mend, beiin Eintritte in das Wasser in B gehrochennbsp;wurden, hierauf nach C gingen, und von dort reflek-tirt, und beim Austritte aus der Kugel in D zuinnbsp;zweiten Male gehrochen, in das Auge E kamen.nbsp;Denn sohald ich die Kugel in B oder D mit eiuemnbsp;iindurchsichtigen Körper bedeckte, verschwand dienbsp;rothe Farbe; bedeckte ich aher die ganze Kugel, mitnbsp;Ausnahme der Punkte B und D-, so zeigte sich dienbsp;rothe Farbe sogleich wieder. Indeni ich auf dicselbenbsp;Weise untersuchte, was die Ursache der Rothe innbsp;der Gegend von K sei, fand ich, dafs es die Sonnenstralen Waren, die von F nach G kommend, in Gnbsp;nach H hin gehrochen, in H nach I hin reflektirt,nbsp;hier abermals nach K zuriickgeworfen wurden, und innbsp;K gehrochen in das Auge E gclangten. So zweifeltenbsp;ich nicht mehr, dafs der Hauptregenbogeu durch zwei

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264

D es cartes.

Brechnngen uiid elne Reflexion, der aufsere Regenbogen aber diircb zwei Brechnngen und zwei Reflexio-nen des Sonnenlichtes entstehen, und dafs eben hierin der Grimd liege, wefshalb der letztere nicht so deut-lich, wie der erstere erscheint.” Eine solche Bestim-iming des Weges, den das Licht in den einzelnennbsp;Regentropfen niinint, konnte freilich kein Bedenkennbsp;weiter iibrig lassen.

Descartes zweifelte anfanglich an der Identitiit der Farben iin Prisma und in den Regentropfen, danbsp;er in den letzteren keine dunkeleren, die Farben be-grenzenden Stellen, die ihm zur Erzeugung der pris-inatischen Farben nothwendig schienen, annehmen zunbsp;dürfen glaubte. Denn steilte er ein Prisma (Fig. 30.)nbsp;NPM, bei welchem die Seiten NM and NP um eincnnbsp;Winkel xon 30'^ bis 40“ geneigt waren, so gegen dienbsp;Sonne ABC, dafs ihre Stralen möglicbst senkrecbtnbsp;auf die Seite JVM fielen, so dafs sic in dieser keinenbsp;inerkliche Brecbiing erlitten, aber eine binlanglicbnbsp;starke in der Seite JVP, so zeigten zwar, wenn ernbsp;dieselbe mit einem iindurchsichtigen Körper bedechte,nbsp;in welchem eine kleine Oeffnung DE war, die durchnbsp;dicse Oeffnung bindurchgehenden Stralen auf einemnbsp;weifsen Papiere VGlt alle Farben des Regenbogens,nbsp;die rothe in der Gegend II, und die violette an dernbsp;hoheren Stelle V'. nahm er aber den undurchsichtigennbsp;Körper von der Seite NP weg, so verscbwanden so-gleich die Farben, und machte er die Oeffnung be-deutend gröfser, so brcitetcn sicb deisbalb die rothe,nbsp;orange und gclbe Farbe in der Gegend von It, undnbsp;die griine, blaue und violette in der Gegend von Vnbsp;nicht mehr aus, sondern es entstand in der Mitte desnbsp;Rildes bei G eine weifse Stelle. Descartes glaubte

I

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265

Descartes.

sich dalier zu der Folgerung bereclitigt, dafs, falls die Farljeii des Regenbogens dieselben sind mit de-nen des Prisma, zu ihrer Eutsteliung Aveder die Kriim-mung der Wassertropfeii iiotbweiidig sei, noch einenbsp;Reflexion, da im Prisma keiiie Statt findet, noch end-lich mebrere Refraktionen, da bier niir eine einzigenbsp;ist; aber diese eine Rcfraktion bielt er flir notbwen-dig, so Avie eine dimkele Begrenzimg des gebrocbe-nen Licbtes, Avenn sich Farben zeigen sollen.

Von solchen ZAveifeln liber die Entstehimg der Regenbogen-Farben befangen, untersuclite er, nnternbsp;AA-elchen Winkeln Stralen, die auf einen Wassertropfennbsp;fallen, nach z\A'ei Rrechimgen und ciner odor ZAveinbsp;Reflexionen ins Auge kommen miissen, imd fand, dafsnbsp;nach einer Reflexion und ZAvei Rrechimgen bei Avei-tem mehr Stralen unter einem Winkel von 41 bisnbsp;42 Graden zum Auge gelangen, als unter jedem anderen kleineren, dais man aber keinen Stral unternbsp;einem gröfseren Winkel sehe; dafs ferner nach zv^einbsp;Reflexionen und zAvei Brechungen viel mehr Stralennbsp;unter einem Winkel von 51 bis 52 Graden das Augenbsp;errcichen, als unter jedem anderen gröfseren, keinnbsp;Stral jedoch unter einem kleineren Winkel zum Augenbsp;komme. Da aber Schatten selien nicbts anderes heilst,nbsp;als keine Lichtstralen, oder deren merklich venigernbsp;A on einem Gegenstaude, als von einem anderen aii-grenzenden bekommcn, so glaubte Descartes hierinnbsp;die gesuchte dunkele Begrenzung des in den Regen-tropfcn gebroclienen Lichtes entdeckt zu haben. Ernbsp;gab daher seine ZAveifel an der Identitiit dor prisma-tischen und Regenbogen-Farben auf, und iiberzengtenbsp;sich zugleich, dafs der Halbmcsser des Hauptregen-^ogens nie gröfser, als 42®, der des iiufseren nie klei-

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266

Descartes.

ner, als 51® sein könne, and dafs der Haiiptregen-bogen an seiner anfseren Seite scharfer begrenzt, als an der inneren sein inüsse, wabrend das Gegentheilnbsp;bei dein anfseren Regenbogen Statt findet. Ich fürchtenbsp;aber, dafs alles, was ich hier anführte, weniger ver-stiindlich sein dürfte, wenn ich nicht die Rechnnngnbsp;selbst hersetze.

Es stelle der Kreis urn (Fig. 31.) C einen Was-sertropfen vor, dessen Halbniesser CD etwa in 10000 gleiche Theile getheilt sei. In senkrechter Richtungnbsp;gegen denselben falie auf den Tropfen ein Lichtstralnbsp;EF, der in F, statt in gerader Richtung nach G fort-zugehen, nach gebrochen, hier reflektirt nach iV,nbsp;in N zum zweiten Male nach dein Auge P hin gebrochen, oder in noch eininal reflektirt, und in Qnbsp;nach dein Auge It hin gebrochen wird. Sind auchnbsp;NO und QS parallel init FF, so koinint es daraufnbsp;an, die Wirikel ONP und ROS zii bestiininen. Mannbsp;ziehe aus F die Linie FH winkelrecht auf den mitnbsp;EF parallelen Halbinesser CA^ und aus C die Linienbsp;Cl winkelrecht auf FK. Die erstere ist der Sinusnbsp;des Winkels BFE in der Liift, die andere der Sinusnbsp;des Winkels CFI iin Wasser. Wird nun das Bre-chungsverhaltiiifs aus Luft in Wasser =«;1 gesetzt,nbsp;80 ist, wenn noch aus C durch N eine Linie CMnbsp;gezogen, und GC bis zum Punkte V in NO verlan-gert wird:

sinGFC ; sinKFC = » : 1,

und

sinMNP: sinKNC = » : j.

Da aber Winkel KFC = KNC, so ist also auch Winkel GFC:=MNP. Feriier hat man:

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Descartes. nbsp;nbsp;nbsp;267

LNCF=180°~GC]V

= 1800 — CJVF— CFJV —180“ — CJVF— CGFnbsp;— \8{i'^~CNF—GFCnbsp;= 180“ — CNF— MNPnbsp;= ONP,

daher

L ONP= NCF= 180“ FCG — 2. FCK.

Auf ahnliche Weise findet man den anderen gesuchten

LSQR = KCF-ONP.

Enthielte mm FH 8000 soldier Theile, wie deren CD 10000 tat, so kommen auf Cl 5984 solcher Theile, wenn man das Brechungsverhiiltnifs aus Luftnbsp;in Wasser, wie dies Descartes thut, =250'.187 setzt.nbsp;Fiir dies Verhaltnifs von FC und FAf findet man ahernbsp;den Winkelnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;= 73“ 44', und den Winkel FCK

106“ 30'. Der Winkel ONP hat also nach der obi-gen Gleichung 40“ 44', und der Winkel SQ.R 65“ 46'. Indem Descartes diese Rechnung fiir sechs undnbsp;zwanzig Werthe von FH wiederholt, entwirft er fol-gende Tahelle:

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268

Descartes.

Sinus FH lt;Ies A\Hu-kels in dcrnbsp;Luft.

Sinus Cl des Winkels imnbsp;Regcn-tropf'eii.

Winkel

ONP.

W'inkel

S(tR.

1000

748

5quot; 40'

165“ 45’

2000

1490

11“ 19’

151quot; 59’

3000

2244

17“ 56'

130“ 8’

4000

2992

22“ 30'

122“ 4’

5000

3740

27“ 52'

108“ 12’

6000

4488

32“ 56'

93quot; 44'

7000 .

5236

37“ 26’

79quot; 25’

8000

5984

40“ 44’

65“ 46'

81C0

6058

40“ 58’

64quot; 37’

8200

6133

41“ 10’

63quot; 10’

8300

6208

41“ 20'

62“ 54'

8400

6283

41“ 26'

61quot; 43'

8500

6358

41“ 30’

60quot; 32’

8600

6432

41“ 30'

58“ 26'

8700

6507

41“ 28’

57“ 20'

8800

6582

41“ 22’

56“ 18’

8900

6657

41“ 12'

55quot; 20'

9000

6732

40“ 57’

54quot; 25’

9100

6806

40“ 36'

53“ 36’

9200

0881

40“ 4'

52“ 58'

9300

6956

39“ 26'

52quot; 25'

9400

7031

38“ 38'

52quot; 0'

9500

7106

37quot; 32’

51“ 54’

9000

7180

36“ 6’

52“ 6’

9700

7255

34“ 12’

52“ 46’

9800

7330

31quot; 31'

54quot; 12’

woraus man crsieht, clafs 41® 30' (las Maximum des Winkels ONI*, mid 51® 54' das Minimum des Winkelsnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;ist, und dal’s sick die Menge der einfaUen-

deu Stralen bedeiitend andern koniie, ohne dafs diese Winkel, imtcr denen sie entweder nach zwei Refrak-

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269

Descartes.

tionen iind einer Reflexion, otler nach zwei Refraktio-nen iind zwei Reflexionen ins Auge kommen, eine merkliche Aenderung erleiden. Descartes bestimmtnbsp;daher, indem er den Halbmesser der Sonne von un-gefiibr n' addirt oder snbtrabirt, den grofsten Halbmesser des Hauptregenbogens auf 41” 47', und dennbsp;kleinsten des iuifseren Regenbogens anf 51® 37'.

Durcli diese Recbniing glaubte Descartes alle Scbwierigkeiten, Melchc die Theorie des Regenbogensnbsp;bis dabin dargeboten batte, beseitigt zu haben. Betrachten wir aber das Ergcbnifs derselben genauer,nbsp;so folgt darans nicbts welter, als dais von jedemnbsp;Punkte der Sonne unter den Winkelu von 41” bisnbsp;42”, oder 51” bis 52®, mebr Stralen ins Auge kommen, als unter anderen, unter denen sie zn selir zer-streut werden, urn noch einen wirksamen Eindruck aiifnbsp;das Auge machen zu köniien; dafs man also unternbsp;diesen A^'inkelu zwei helle kreisformigc Streifen vonnbsp;der Breite der Sonnenscheibe sehen miisse. Waruinnbsp;aber diese Streifen gefilrbt sind, und jeder farbigenbsp;Sti-eifen seine bcstimmte Breite hat, warum endlichnbsp;die Ordnnng der Farbeu in beiden Regenbogen uin-gekehrt ist, dies ergab sicb, aus der Rechnimg we-nigstens, keinesweges. Erst die von Newton ent-dcckte verschiedene Brechbarkeit des Lichtes gabnbsp;iiber dies alles einen vollig geniigenden Aufschhifs.

Da Des cartes das Licht fiir die Bewegung cines feinen, aus unelastischen und die Fasern dernbsp;Netzhaut afficirenden Kügelchen bestellenden. Stoffesnbsp;halt, so glanbt er die Ursache der Farben in einernbsp;versebiedenen Beweirnna: dieser Liditkiigelchen suchennbsp;zu können, zumal da wir auch die versebiedenen Tonenbsp;in der Musik durch nichts Andcrcs, als durch dienbsp;Verschiedenheit der Bewegnngen, in welche die Ge-

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270

Descartes.

hörsnerven versetzt werden, untersclieiden. Solche Lichtkügelchen, die mit viel gröfserer Kraft sich uinnbsp;ihre Aclise zu drehen, als in gerader Richtung fort-zugehen streben, sollen die rothe Farbe; die aber,nbsp;bei denen jene Kraft ein wenig geringer ist, dienbsp;gelbe u. s. w,; diejenigen endlicb, die sick nicht sonbsp;scbnell drehen, wie sie es than wiirden, wenn sienbsp;nicht daran gehindert waren, die violette herv'orbrin-gen. Die griine Farbe, welcbe die Mitte hiilt zwi-schen der rothen und violetten, und das Aiige nienbsp;ermiidet, sondern demselben immer angenehm bleibt,nbsp;sei defshalb der Oktave unter den konsonirenden To-nen, oder dem Brode unter den Speisen vergleich-bar *). Schwarz sein solche Korper, die den Lichtstralen ihre ganze Kraft nehmen; weifs aber diejenigen, die das Licht zurückwerfen, ohne irgend cinenbsp;Aenderung in seiner Wirksamkeit zu veraulassen.

Die Ursache der farbigen Ringe, die man zu-weilen uin eine Lichtflamme bemerkt, sucht endlich Descartes nicht in einer Rrechung des Lichtes innbsp;der Luft, sondern im Auge selbst, indem er sich dabei auf eine Erfahrung beruft, die er kurz zuvor ge-macht hatte. Auf einer Seereise hatte er, den Kopfnbsp;auf die rechte Hand gestiitzt, das rechte Auge langenbsp;geschlossen gehabt, wahrend er mit dem linken dennbsp;Himmel betrachtete. Als man ein Licht brachte, undnbsp;er das rechte Auge öffnete, sake er zwei Ringe vonnbsp;den lebhaftesten Farben um die Lichtflamme. Dernbsp;gröfsere war an der iiufseren, von der Flamine abge-wandten, Seite roth, an der inneren blau; der kleinere

1) Tract, de homine, pag. 66. Viridis color., qtti consistit in actione maxime moderata, instar est octavae inter sonosnbsp;musicae consonantes, vel instar panis inter cibos, hoc est ta-Us, qwi magis omnilms universatiter gratus est.

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271

Descartes,

war an der üufseren Seite zwar aiich roth, aber an der innern bis zur Flainme bin weifs. Schlofs cr dasnbsp;recbte Ange, so verschwanden beide Ringe; sie er-scbienen aber wieder, sobald das recbte geöffnet, undnbsp;das linke gescblossen wurde. Hieraus folgert nunnbsp;Des cartes, dafs das recbte Ange dadurcb, dafs esnbsp;langere Zeit von der Hand gedriickt worden war,nbsp;disponirt wurde, die Stralen verschieden zu brechen,nbsp;so dafs ein Theil derselben, auf gewohnliche Weisenbsp;gebrocben, den kleineren Ring, ein anderer Theil,nbsp;nocb mebr seitwiirts gebrocben, den gröfseren be-wirkte. Wober die kreisförmige Brecbung koinine,nbsp;bierüber gestebt er, einen geniigenden Aufscblufs nichtnbsp;geben zu können. Dafs aber die rothe Farbe an dernbsp;aufseren Seite erscheint, werde erklarlicb, wenn mannbsp;die Krystall-Linse init dein Prisma, und die Netz-baut mit der, das Spektruin auffangenden, Ebene ver-gleiche.

Wenn gleich aus allem Bisherigen erhellt, dafs im Gebiete der Optik nur die Theorie des Regen-bogens durcb Descartes wesentlich erweitert wurde,nbsp;so geht er liierbei dock nacb einem so musterbaftennbsp;Plane zu Werke, dafs man ibn mit Recht dem grossen Newton zur Seite gestellt hat.

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272 Eutdeckung der Brenn* und Vereinigungsweitcn.

Ton tier Entdecknng der Breuii- iiiid Tereinigungsweiten dep siiliarisclieunbsp;i^piegel und Glaser.

Bonaventura Cavaleri giebt im Jahre 1647. eine Regel zur Berechming der Brennweiten aller spharischen Glaser— Isaaknbsp;Barrow bestimmt im Jahre 1674. die Vereinigungsweiten einesnbsp;jeden Glases besonders — Edmund Halley entdeckt imnbsp;Jahre 1693. die fiir die Vereinigungsweiten aller spharischennbsp;Spiegel und Glaser gillige Formel,

Erst in der Mitte des siebzehnten Jahrhunderts war die Analysis, besonders durch die nicht genugnbsp;anzuerkenncnden Verdienste Descartes’s inn diesennbsp;Theil der Mathematik, so weit gediehen, dafs mannbsp;die Siitze, durch welche Kepler die Brennweitennbsp;einiger Linsen berechnet hatte, nnter eine allgeineinenbsp;Regel, nnter eine Formel bringen konnte.

So viel ich linden kann, war der erste, der diesen Gedanken fafste, Bonaventura Cavaleri, je-ner bekannte Geometer, dem die Methode der Mathematik viele wichtige Verbessernngen zu verdanken hat. Er giebt, inn die Brennweiten aller Linsen zu berech-nen, folgende Regel'): „/w omnibus lentibus convexisnbsp;vel cavis, in contrarias partes vergentibus: ut aggre-gatum ex semidiametris convexitatum vel cavitatumnbsp;{sed in convexis vel cavis, in eandem partem vergentibus, ut earumdem semidiametrorum differentia) ad semidiametrum convexitatis vel cavitatis, radios parallelos adspicientis, ita duplum reliquae

1) Pag. 462. ill den Exercitatioves geometricae sex, avctore F. Bonaventura Cavalerio, Mediolanensi, ordinis Jesua-torum S. Uieronymi yriore, et in alnio Bononiensi archi-gymnasio jrrimario mathematicarxim frofessore. Bononiae,nbsp;1647. 4to. 543 Sciteii.

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Entdeckung der Brenn- und Vereinigungsweiten. 273

semidiametri est ad disfantiam foci ab ipsa lenteJquot; Sind also die beiden Oberfliichen einer konvexen odernbsp;konkaven Linse nacli entgegengesetzten Seiten ge-kriimmt, so soli sick die Suinme ƒ-J-gquot; der Halbmes-ser der Konvexitiiten oder Konkavitiiten ziiin Halb-messer f der, den parallelen Lichtstralen ziigewand-ten, Seite verhalten, wie das Doppelte 2g des anderennbsp;Halbmessers g zur Brenmveite /gt;, woraus sick

p = 7; nbsp;nbsp;nbsp;”

ergiebt. Sind aber die beiden Oberflaehen des Gla-ses, wie bei den Mcnisken, nack derselben Seite ge-kriiinmt, so soil die Differenz der beiden Halbinesser statt ikrer Smmne genoinmen Teerden. Einige Seitennbsp;nackber *) driickt Cavaleri die Regel auck durchnbsp;die Durckmesser, und zwar so aus; convexis velnbsp;cavis, in contrarias partes vergentibus: ut aggrega-tum {sed Us, ad eundem partem constitutis, ut differentia^ d'lametrorum utriusque faciei ad alter-utram ex iisdem diametris, ita reli(]ua diameter adnbsp;disfantiam foci a lente” Man wird nickt erwarten,nbsp;dafs Cavaleri, nack der Sitte der jetzigen Mathe-inatiker, einen bestimmen Fall zum Grnnde gelegt,nbsp;und, unter Anwendung des Begriftes vom Gegensatzenbsp;der Grofsen, aus diesein alle iibrigen hergeleitet babe,nbsp;sondern er beweist vielmekr auf ahnlicbe Weise, uienbsp;es Kepler gethan katte, die Richtigkeit der Regelnbsp;fur alle Arten von Linsen besonders. Eben dahernbsp;koinmt es auch, dafs seine Fonnel, die, '«venn z. B.nbsp;ein doppelt-konvexes Glas zum Grnnde gelegt ware,nbsp;fur ein doppelt-konkaves negativ werden iniifste, blofsnbsp;als eine absolute Gröfse genommen ist. Unter dieser

1) Pag. 490.

18

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274 Entdeckung der Brenn- uud VereinigungsTTeiten.

Voraussetzung ist sie richtig, wenn man das Bre-chungsverhaltnifs aiis Luft in Glas =3:2 setzt, vie dies Cavaleri iiberall that.

Die Entdeckung der Vereinigungsweiten der Glaser, wenn die Lichtstralen nicht parallel mit dernbsp;Achse einfallen, ist vie! spater. Ich darf aher, umnbsp;hierinit die Bestiininnng der Brenn- nnd Vereinigungs-punkte endlich zn heseitigen, der Zeitfolge um sonbsp;mehr vorgreifen, da ich hisher der vergeblichen Be-miihungen, diese Punkte zu finden, schon so oft hahenbsp;gedenken miissen.

Isaak Barrow *), der Lehrer Newton’s, ist der erste Optiker, welcher die Berechiumg der Ver-einigungsweiten, fiir jedes Glas besonders, auf einemnbsp;sebr miihsainen Wege unternahm, Avie dies der vier-zehnte Ahschnitt seiner „ Vquot;orlesungen iiher die Optik” *) zeigt. Eine fiir die Vereinigungsweiteii allernbsp;spharischen Spiegel nnd Glaser giltige Formel fandnbsp;Edmund Halley erst ini Jahre 1693.

Obgleich hierdurch eine Veranlassung, ein neues, lichh'olleres System der Optik zu hegriinden, gegehennbsp;war, so folgte D avid Gregory in seinen „Elementen der Katoptrik nnd Dioptrik” ^), die er zwei Jahre

1) nbsp;nbsp;nbsp;Er ist 1630. in London geboren, studirte in Cambridge,nbsp;wurde, nachdem er von einer Reise nach der Levante zuriick-gekehrt war, im Jahre 1660. Professor der Griechischen Litteraturnbsp;in Cambridge, und einige Jahre nachher Professor der Mathema-tik. Im Jahre 1672. Avurde er Rektor des Triiiitats-Kollegimns,nbsp;nnd bald hernach Vice-Kanzler der Universitat. Er starb 1677.,nbsp;nnd wurde in der Westminster-Abtei beerdigt, wo ihm ein Denkmal errichtet ist.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Lectiones opticae et geometricae, auctore Isaaco Bar-row, collegii S. Trinitatis in academia Cantab, praefecto, etnbsp;societatis Regiae sodale. Londim, 1674. 4to. 21 Bogen.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Catoptricae et dioptricae sphaericae elementa. Oxon.,nbsp;1695. 8to. Auch hat man eine Englische Uebersetzung dieses

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Entdeckung der Brenn- und Vereinigungswelten, 275

spiiter, als die Halleysche Formel bekannt wurde, heraiisgab, nichtsdestoweniger der weitschweifigen Methode Barrow’s. Die „Optik”*) Jakoh Gregory’s, die schon im Jahre 1663. erschien, ist nicht so-wohl wegen der Untcrsnchnngen, die dort üher dennbsp;Ort und die Lage der durch spharische Spiegel undnbsp;Glaser hewirkten Bilder angestellt sind, hemerkens-werth, als viehnehr wegen der Beschreibung einernbsp;verbesserten Einrichtung des Spiegel-Teleskopes, dienbsp;ich in einer der folgenden Ahhandlungen mittheilcnnbsp;werde.

Da es ohne Zweifel von Interesse ist, den ur-spriinglich gefuhrten Beweis fiir die Formel der Ver-einigungsweiten zu kennen, so will ich denselben hier inittheilen. Es sei die Entfernung des leuchtendennbsp;Pimktes (Fig. 32.) E von der vorderen (dem Lichtenbsp;zugekehrten) Seite einer doppelt-konvexen Linsenbsp;die Linie EA — «, die Dicke AD des Glasesnbsp;der Halbinesser CA der Vorderflache =;ƒ, der dernbsp;Hinterfliiche FD—g, die Entfernung des Punktes ilf.

W erkes: Dr. Gregory's elements of catoptrics and dioptrics, translated from the L^tin original, with a large supplement,nbsp;hij William Browne. In der zweiten Ausgabe London, 1733.nbsp;derselben ist éin Anhang Uber die reflektirenden Teleskope vonnbsp;Desaguliers hiiizugefiigt. Gegcn das Ende des Buches er*nbsp;walmt David Gregory der Halleyschen Formel mit folgenden Worten: ,A determined to Imve subjoined a generalnbsp;Calculation, for finding the Foci of any Speculum or Lensnbsp;teniversally: Imt that is abundantly done already for Lensesnbsp;hy that excellent Analyst Edm. Halley, in the Philosophicalnbsp;T'l ansactions for Sovemher lC93.j and elegantly applied to particular Vases.quot; Die Formel mit dem Beweise giebt Browne innbsp;den Zus’atzen.

1) Optica promota, seu ahdita radioruni reflexorum et re-fractorum myster-ia, geofiietrice enueleata, auctore JacohO Gregorio, Aln-edonensi Scoto. Londini, 1603. 4to. 134 Seiten.

18*

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276 Eutdeckung der Breiin- und VereiHigungsweiten.

in welchein der Stral EG nach der ersten Brecliung die Achse schneiden wiirde, von der Vorderflache desnbsp;Glases in namlicli AM — x^ und die Entfernungnbsp;des Punktes T, in welchem der Stral nach der zwei-teii Breclinng die Achse schneidet, von der liinterennbsp;Fliiche, die Linie DT-=.y^ ferner der Winkel AEGnbsp;= so ist, wenn das Verhtiltnifs der Sinus kleinernbsp;Winkel dem Verhaltnisse der Winkel selbst gleichnbsp;gesetzt, und der Halbmesser CG beliebig bis K ver-liingert wird:

LEGK.L CGM=n .\,

ECx CG — a-i-f.f=LEGKx(p,

daher


r—^ f


L EGK


/

nf


und


L CGM


cp.


Es ist ferner


L ECG — LEGK— 9=^9,

folglich

(1) CM:GM=:x-f:x=:LCGM'.LECG=J^:a, und

(2)

afn

¦«(« — !) — ƒ¦

Die unter (1) gefundene Proportion wird nun noeh einmal so angewendet, dafs der Punkt y, in welcbemnbsp;der Stral, nach der zweiten Brecbung in der Hinter-fltlche, die Achse schneidet, die Stelle des Punktesnbsp;il/, und dieser die. Stelle des Punktes E einniinmt,nbsp;so dafs also

B'lF z=x g —(I statt EC = a-i-f,

EE:x:zy nbsp;nbsp;nbsp;g statt C3J^^x

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Eutdeckung der Brenu- uad Vereiuigungsweiten. 277

MD = ;r — d statt EA = or,

TDr=.y statt GMz=.x^ und

— statt n n

genoinmen wird. Hierdurch entsteht fiir den Punkt T* die Proportion

y A-g '.y = n{.vg — d) \ X~~ woraiis, wenn fiir x der Werth aus (2) genoinmennbsp;wird, folgt:

g(afn(ii — l) nbsp;nbsp;nbsp; lt;//¦)

^ nbsp;nbsp;nbsp;(« — l) [af n{n — i) ad -\-fd agii)nfg^

Oder, wenn

(3) y = :


• = iV gesetzt wird:

g{afnN—- ad dfN)


' afu(a — ]) ad -f- fd ¦ - agn ¦— fgnN'

In dieser Gestalt erscheint die Formel fiir die Vereinigungsweite der Linsen Lei Halley, nur istnbsp;darin das Brechungsverliiiltnifs nicht durch n:l, son-dern durch /:Jt ansgedriickt, Setzt man die Dickenbsp;d des Glases =0, so wird

(4) y =

^ nbsp;nbsp;nbsp;aj i


¦m


¦ag-


Diese Formel wiirde sich Lekanntlich kiirzer aus der Gleichung (2) liaben herleiten lassen, wenn mannbsp;hieria

DM —{xd) statt 0,

—g statt ƒ, und

i statt n 11

genoinmen hiitte. Es wai’e alsdann fiirlt;/=0 die Vereinigungsweite

(5) «:

gx

afg

x[?i1) ng a{u —l)i/’-trg) ~fg'' so wie der obige Halleysche Werth, Fiir ein iiu-

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278 Eutdeckung der Brenn- uud Vereiniguiigsweiten.

endlich grofses a erhalt man hieraus zugleich die Brennweite

fg


(6) /» =

und, wenn man p statt 7--r in den Werth

von « setzt, eine zweite Forinel fiir die Vereinigungs-weite, namlich


{n-


fg


ap


folglich auch

(8) ;P =

Beide Werthe von p geben endlich die dioptrische Fundamental r Form el

(9)^

n-

f ' g

Diese Gleichung ist iinabhangig von der Apertur BB der Linse, Es liaben dalier alle von E ausge-henden, und in derselben gebroclienen, Stralen ihrennbsp;Yereinigimgspunkt in T, und dieser Punkt ist dasnbsp;Bild von E.

Zugleich liegt in (2) der BeAveis der katoptrischen Formel, die eben diese Gestalt:

erhalt, Avenn man dort a negativ, 2p statt ƒ, ufid n = — 1 setzt, indem sich die Reflexion als cine Brechungnbsp;anselien lafst, bei Avelcber der BrcchungsAvinkel demnbsp;Einfallswinkel gleich und entgegcngesctzt ist.

Diese Formel fijr die VereinigmigsAveite der Spie, gel, die blofs aus der Theorie hergeleitet Averdennbsp;konnte, und der nicht, Avie der dioptrischen, einenbsp;Menge der feinsten Beobachtungen zur Ermittelung

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279

Entdeckung der Brenu- uad Vereinigungsweiten.

des wahren Brecliungsgesetzes vorangehen durfte, scheint indefs auch erst um dieselbe Zeit, wie dienbsp;letztere, entdeckt worden zu sein. David Gregorynbsp;fiihrt sie in seinen „Elementen” noch nicht an, son-dern er zeigt hlofs *), dal’s (Fig. 2.) E der Vereini-gimgspunkt sein inüsse, wenn sich verhalt EC \ CDnbsp;¦=. EM: DM^ ohne hieraus die Forinel selbst, dienbsp;sich sogleich ergiebt, wenn man CA = ^p^ AD — a^nbsp;und AE — a setzt, herzuleiten. Dafs sie damals we-nigstens noch nicht in allgemeinem Gebrauche gewesennbsp;sei, geilt aus den Worten hervor, init denen Brownenbsp;in den Znsatzen ihre Entwickelung beginnt. „Wirnbsp;können”, sagt er, „das katoptrische Problem, dienbsp;Vereinignngsweite eines Spiegels zn linden, auf allge-meine Weise lösen; welches zn thun, wie Gregorynbsp;am Elide seines Werkes berichtet, einst seine Ab-sicht war.”

Durch die Eiitdeckimg der Formeln (9) mid (10) war die Lage iind Gröfse der Bilder bei allen Artennbsp;von Spiegeln und Gliisem mathematisch bestimmt, danbsp;man in denselben nnter a auch die Eiitfermmg einesnbsp;leuchteiideii Pmiktes aiilserhalb der Achse von einemnbsp;Spiegel Oder Glase, und unter « seine Vereinigungs-weite verstehen kann. Demi schneiden sich der ausnbsp;einem solchen Punkte (Fig. 2.) H nach einem belie-bigen Punkte M eines Ilohlspiegels BB gezogenenbsp;Stral HM^ und der im optischen Mittelpunkte A ein-fallende sogenaiinte Hauptstral HA nach der Re-flexion in /*, so ist, wenn man HM rückivilrts bis zurnbsp;Achse in D verliingert, und den Punkt, in welchemnbsp;dieser Stral nach der Reflexion die Achse schneidet,nbsp;init E bezeichnet, aus (10):

1) Prop. IV.

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280 Entdeckung der Breun- und Vereinigungswelten.

'^~An'^AË-

Zicht man noch die Lothe HG und hg auf die Achse, so hat man ferner, da der Bogen AM nurnbsp;¦wenige Grade haben darf, und sich daher als einenbsp;gerade, auf der Achse senkrechte Linie ansehen lafst,nbsp;in den ahnlichen Dreiecken AMD und GHD\

AM\ GH—AD \ GD,

oder

AM— GH\ AM = AG : AD,

woraus

1 _ 1 nbsp;nbsp;nbsp;GH

ADAG AM . AG'

Ferner ist in den ahnlichen Dreiecken AME miA. ghE’. AM: gh = AE: Eg,

oder

AM gh : AM — Ag : AE,

¦woraus

__1 ,

AE Ag'*'AM. Ag

AD aë;

Glcichung (11), und heriicksichtigt man, dafs wegen

der ahnlichen Dreiecke HAG und hAg die Quotien-

GH nbsp;nbsp;nbsp;,

und gleich smd, so ergieht sich;


Setzt man diese Werthe von


in die


ten


AG


p ' AG Ag

wenn man auch hier die auf der Achse genommenen Entfernungen der Punkte H und h von deni Spiegelnbsp;mit a und a bezeiclinet. Wird GH = ™lt;1 gh = §nbsp;gesetzt, so ist zugleich

öa in der Gleichtnig (12) die Apertur des Spiegels nicht vorkomint, so hahen alle, von H ausgehenden,

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Entdeckung der Brenn- und Vereinigungswelten. 281

und vom Spiegel reflektirten Stralen ihren Vereini-gungspunkt in und da auch die Gleichung (13) von GH nicht ahhangig ist, so hat jeder Piinkt in GHnbsp;sein Bild in einem Punkte von gh. Jede zwei zusam-mengehörigen Theile in b und haben also das un-veranderliche Verhaltnifs a; «, d. h. es ist das Spie-gelbild § dem Gegenstande b ahnlich.

Schon bei der Gleichung (lO) wurde die nur na-herungsweise richtige Voraussetzung geinacht, dafs EM z=.EA sei; hier koinmt aher noch die gleichfalls nurnbsp;niiherungsweise richtige Voraussetzung hinzu, dafs dernbsp;Bogen AM als eine gerade Linie angesehen werdennbsp;könne. Es wird daher das Bild uin so inehr an Aehn-lichkeit mit dem Gegenstande vertieren, je weiter esnbsp;von der Achse entfernt liegt.

Alles, Avas hier von den Bildern spharischer Spiegel gesagt ist, gilt auch von den Bildern spharischer Glaser. Wird ein doppelt-konvexes Glas hei seiner,nbsp;gegen die Entfernung des Gegenstandes immer nurnbsp;unhedeutenden, Dicke durch die gerade Linie (Fig. 33.)nbsp;BB vorgestellt, und ist H ein leuchtender Punkt aus-serhalb der Achse desselhen, so hahe der nach einemnbsp;heliebigen Punkte E des Glases gezogene Stral HEnbsp;cine solche Lage, dafs er riickAvarts verlilngert dienbsp;Achse in nach der Brechimg in G, und den Haupt-stral HA^ der, weil die Oberflilchen des Glases imnbsp;optischen Mittelpunkte heinahe parallel sind, als un-gebrochen angesehen werden kann, in h trifft. Es istnbsp;alsdann aus (9) I

1 _ 1 , 1

p ~DA'^ CA'

Verlangert man den Stral CE beliebig his F, fiillt die Lothe HG und hg auf die Achse, und sieht dennbsp;Winkel HAE als einen rechten an, so hat man fernert

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282 Entdeckung der Brenn- und VereiuiguBgsweiten.

L HEF^ EDC-\-DCE=z EHh HhE, LDOE=^,

EA

AA'


EA

HA^


LHhE =


LEHh-.


dahei*

(14)

=--1--.

a a

Es gilt also auch fiir spliiirisclie Gliisef, wenii der Ge-genstand GH mit A, imd sein Bild gh init § bezeich-net quot;wird, die Gleichungi

Da die Gleichung (7), wenn a—p^ der Gegen-stand also in den Brennpunkt gestellt wird, fiir k einen unendlich grofsen Werth giebt, die von jedeinnbsp;Punkte des Gegenstandes auf einen Spiegel oder einnbsp;Glas einfallenden Stralen folglicli so retlektirt odernbsp;gebrocben werden, dafs sie nach der Reflexion odernbsp;Brechnng parallel sind, nnd sich nicht zu einein Bildenbsp;vereinigen können, so bleiben nur die beiden Falie zunbsp;betrachten übrig, wenn der Gegenstand entweder in-nerhalb oder aufserhalb der Brennweite stebt.

Es sei deinnacb fiir einen Holilspiegel, dessen

Brennweite als die positive angesehen werde, ö =

und gt; 1, der Gegenstand also innerhalb der Brennweite, so ist aus (7):

P-:

__ P__/-i

m—i nbsp;nbsp;nbsp;Vquot;*

worin das Minuszeichen andentet, dafs in diesein Falie

1—¦ nbsp;nbsp;nbsp;Vquot;*

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Entdeckuiig der Brenn* und Vereinigungsweiten. 283

die Vereinigungsweite auf der Seite des optischen Mittelpunktes, welche der, bei der Entwickelung dernbsp;Formel in Fig. 2., angenommenen entgegengesetzt ist,nbsp;also hinter dem Spiegel liegt; und aus (13):

-- nbsp;nbsp;nbsp;\ f,

m — 1 nbsp;nbsp;nbsp;\ mnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;J '

woraus folgt, dals das Bild jedesmal grölser ist, als der Gegenstand, und überhaupt um so gröfser, je kleiner je gröfser also a genoininen wird; endlicb dafsnbsp;es aufrecht ist, weil es in Fig. 2. unterhalb der Aehsenbsp;liegt.

Steht zweitens der Gegenstand aufserhalb der Brennweite, ist also a=-mp^ undnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;so bat man

m —¦ 1'

und

Das Bild liegt folglicb vor dem Spiegel, es ist uinge-kelirt, wie in Fig. 2., und wird um so kleiner, je grosser m ist, je entfernter yom Brennpunkte sicb also der Gegenstand befindet.

Dais eben diese Formeln in beiden Fallen aucb für das doppelt-konvexe, plan-konrexe und konkav-konvexe Glas, durcb welclie, wie durch einen Hohl-spiegel, parallele Stralen koncentrirt werden, derennbsp;Brennweite folglicb positiv ist, giltig sind, leucbtetnbsp;¦vun selbst ein.

Durcb konvexe Spiegel werden Stralen, die der Acbse parallel sind, so zerstreut, als kamen sie ausnbsp;einem Punkte, der ungefiihr in der Mitte des Halb-messers hinter der polirten Flilche liegt. Wahrendnbsp;daber die Brennweite solcher Spiegel negativ ist,nbsp;bleibt u positiv, weil der Gegenstand aucb hier vor

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284 Eiitdeckung der Brenn- und Vereinigungsweiten.

der spiegelnden Fliiche stehen mufs. Mau hat folg-lich für « = »*ƒgt;:

m

« = —•Z-TT/'’

/9 = -


d. li. WO auch der Gegenstand vor einem konvexeii Spiegel stehen mag, so ist doch sein aufrechtes Bildnbsp;jedesmal kleiner, als er selhst, und hinter dein Spiegel innerhalh der Brennvveite gelegen.

Dieselhen Forineln geiten aucli für das doppelt-konkave, plan-konkave und konvex-konkavc Glas.

Zugleich war hierdnrch die Entstehung der Bil-der in den Fernröhren erklart, da das diirch jede Linse hewirkte Bild die Stelle eines Gegenstandesnbsp;für die niichste vertritt, und sich selhst in dein Falie,nbsp;wenn das Bild eines Sammelglases eher, als es zunbsp;Stande gekommen ist, durch eine andere Linse aufge-fangen wird, die Lage und Gröfse des so entstehen-den Bildes nach denselben Formcln leicht angebennbsp;liifst. Denn es sei (Fig. 34-) GH-=.§ ein Bild, welches durch das Sammelglas AA entstehen würde,nbsp;wenn man es nicht vorher durch ein zweites Saimnel-glas BB auffinge, so ist hier CG, die Entfernung dernbsp;Linse BB von GH^ welches die Stelle eines Gegenstandes für dieselbe vertritt, negativ zu setzen, weilnbsp;GH hinter diesem Glase liegt. Es ist daher, wennnbsp;man CG mit die Vereinignngsweite der in BBnbsp;gehrochenen Stralen mit a\ und die Brennweite dieses Glases mit p' hezeichnet:nbsp;und, wenn §' das Bild ist von

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Entdeckung der Brenn- imd Vereinigungsweiten. 285

/5':

7i5 = -

a'

a' nbsp;nbsp;nbsp;a' -\-p'

d. h. das zwelte Bild /9' liegt oberlialb der Achse, hat also dieselbe Lage init dein ersten Bilde ist wegen

des Faktors -y-—kleiner, als /?, und, wegen des

Of ”i“ p

in dein Werthe von a', innerhalb

Faktors

a

der Brennweitc p' befindlich.

AViire endlich BB ein Zerstreiiungsglas, wahrend AA ein Sainmelglas bleibt, so wiirde man die so ebennbsp;gefiihrte Recbnung nur dahin abzuandern haben, dafsnbsp;man in dem Werthe von d die Brennweite p' nega-tiv setzk Es ist alsdannnbsp;folglich, wenn / gt; das erste Blld also innerhalbnbsp;der Brennweite des Zerstreuungsglases steht:

¦d

und, wenn

dp '

a ~p’'‘

Im ersten Falie liegt also P' hinter dem Zerstreuungs-glasc auf der von dem Lichte abgewandten Seite, cs hat dieselbe Lage mit /?, und ist \un so grofser, jenbsp;gröfser jg^. ;,j, anderen, der bei dem Hollandischeunbsp;Fermohre seine Anwendiing findct, liegt es vor demnbsp;Zerstremingsglase, hat cine im Vergleiche mit p um.nbsp;gekehrte Lage, und ist um so gröfser, je kleiner o'nbsp;genommen wird.

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286 Entdeckung der Brenn- und Vereinigungsweiten.

Eben diese Formeln sind auch fiir Spiegel giltig, die so gcstellt werden, dafs das Bild des Objektiv-Spiegels, der jedesmal ein konkaver sein mufs, frü-her, als es zu Stande gekommen ist, durcb einennbsp;konkaven oder konvexen Spiegel aufgefangen wird.

Da aus allem Bisherigen hervorgeht, dafs das von einem leuclitenden Punkte ausgehende, imd von einemnbsp;runden Spiegel reflektirte, oder in einer Linse ge-brochene Licht eben so, wie das einfallende, die Gestalt eines Kegels hat, und das Bild eines leuchten-den Punktes nichts anderes, als die Spitze des reflek-tirten oder gebrochenen Lichtkegels ist, so lassen sichnbsp;alle jene Formeln auf eine einfache Weise geometrischnbsp;konstruiren, wenn man erwagt, dafs die Lage diesernbsp;Kegclspitze schon durch den Durchschnittspunkt zweiernbsp;reflektirten oder gebrochenen Stralen bestimmt ist, undnbsp;hierzu den der Achse parallelen, und den Hauptstralnbsp;wiihlt. Wilre z. B. (Fig. 35.) BB ein Hohlspiegel, Anbsp;sein optisch er Mittelpunkt, F sein Brennpunkt, dasnbsp;Objekt OH winkelrecht auf der Achse, und innerhalbnbsp;der Brennweite, so wird der von H parallel mit dernbsp;Achse gezogene Stral HB nach dem Brennpunkte P,nbsp;der Hauptstral HA aber nach der Richtung AO un-ter demselben Winkel gegen die Achse, unter wel-chem er einfallt, reflektirt. Beide Stralen, BF undnbsp;AO^ divergiren vor dem Spiegel, Aveil der Winkelnbsp;HAF =z FAO gröfser ist, als sein Wechselwinkelnbsp;BFA, wie man sich iiberzeugt, wenn man im Brenn-pimkte F ein Loth FK = OH auf der Achse errich-tet, und die halbe Apertur AB als eine gerade Linienbsp;betrachte!. Sie kommen daher so ins Auge ö, alsnbsp;schnitten sie sich hinter dem Spiegel in h, und danbsp;alle übrigen, von H ausgehenden, und auf dem Spiegel reflektirten. Stralen auf eben diesen Punkt h ge-

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Entdeckung der Brenn* Ulid Vereinigungsweiten. 287

richtet sind, so ist er das Bild von jET, und die win-kelrecht aiif der Achse stekende Linie gh das auf-rechte und vergröfserte Bild von GH\ alles in Ueber-einstimmvmg mit den obigen Resultaten.

Auf iibnliebe Weise lassen sicb aucb die iibrigen Forineln konstruiren. 1st der Gegenstand (Fig. 36.)nbsp;GH aiifserbalb der Brennweite AF eines Hoblspie-gels BB befiiidlich, und man wiederbolt die vorigenbsp;Konstruktion, so konvergiren die reflektirten Stralennbsp;BF und Ah vor dem Spiegel auf den Punkt h bin.nbsp;Das Bild gh ist daher in diesem Falie ningekehrt, esnbsp;kommt diircb wirkliche Vereinigung der Lichtstralennbsp;zu Stande, und lafst sicb mit einein undurcbsicbtigennbsp;Körper auffangen.

1st aber die konvexe Seite von BB polirt, und das Objekt G'H' in beliebiger Entfernung vor diesemnbsp;konvexen Spiegel, so wird der mit der Achse paral-lele Stral so reflektirt, als kame er aus dem hinternbsp;dem Spiegel befindlichen Brennpunkte F, wodurcbnbsp;das aufrechte, verkleinerte, und innerhalb der Brenn-¦weite gelegene Bild g'h' entstebt.

Durcb dieselbe Konstruktionsiuetbode findet man aucb die Bilder der Sammel- und Zerstreuungsgliiscr,nbsp;wenn man die durcb den optiscben Mittelpunkt, wonbsp;die beiden Glasflilchen als parallel anzuseben sind,nbsp;hindurchgehenden Stralen als ungebrocben betrachtet.

Diese Konstruktionsmethode, deren sicb zuerst Bobert Smith in seinem schon angetuhrten Werkenbsp;System of Optiks, Cambridge, 1738. bedient, ist selbstnbsp;in dem Palle anwendbar, wcnn das Bild (Fig. 34.) GH^nbsp;welches eiu Sammelglas bewirken wtvrde, vor seinemnbsp;Entstehen durcb ein zweites Glas aufgefaugen wird.nbsp;1st z. B. diese z^eite Linse, wic in der Figur, aucbnbsp;ein Sammelglas BB, so wird unter den aus A A aus-

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Kircher.

tretenden, und auf den Punkt H gerichteten, Stralen der mit der Achse parallele AB nach dem Brenn-punkte F des Glases BB gebrochen, und von demnbsp;durch den optischen Mittelpunkt C dieses Glases un-gebrochen hindurchgebenden Strale in h gescbnitten,nbsp;wefshalb, wo aucb GH steben mag, jedesmal ein klei-neres, aufrechtes, und innerhalb der hinteren Brenn-•weite von BB gelegenes Bild gh entstebt. Ob übri-gens solche Stralen, wie sie die Konstruktion voraus-setzt, fiir das zweite Glas wirklich verhanden sind,nbsp;oder nicht, hierauf koinmt es effenbar nicht an, weil,nbsp;falls sie nicht verhanden sind, alle übrigen zu H ge-hërigen Stralen denselben Vereinigungspunkt h haben,nbsp;den jene beiden, wenn sie verhanden waren, habennbsp;würden.

Athanasius Kircher.

Geb. 1601., gest. 1680.

Er erwalint des zuerst von La Gall a beschriebenen Bononischen Steines, des nephritischen Holzes, macht auf die sogenaontennbsp;physiologischen Farben aufmerksam, beschreibt die Laternanbsp;magica, und zeigt, wie man in der Luft schwebende Bildernbsp;darstellen könne.

Wir nahem uns immer mehr der Zeit, in welcher die Litteratur der Optik fast jahrlich durch Disserta-tionen und selbst grëfsere Schriften vermehrt wird,nbsp;die weder in einer Beziehung zur Geschichte diesernbsp;Wissenschaft stehen, noch selbst das untergeordnetenbsp;Verdienst haben, das bereits Gewonneue in einer bün-digen und lichtvoUen Auffassung zusammengestellt zunbsp;haben.

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Kircher.

Bine Schrift dieser Art aus dein Anfange des siebzehntcn Jahrhunderts ist „Die Optik” Friedrichnbsp;B isner’s *), den wir schon als Uebcrsetzer Alha-zens kennen; ein so unbedeutendes Buch, dafs ichnbsp;es überhaupt nicht nennen Tvürde, wenn es nicht einernbsp;Zeit angebörte, in der die Optik, sich als Wissen».nbsp;schaft zu gestalten, erst anfing. Nach dein To de Ris-ner’s wurde es durch Nicolaus Crugius, auf Ver-anlassung des Landgrafen Moritz von Hessen, her-ausgcgeben.

Eben so werthlos ist des Ismael Bullialdus*) Traktat „Ueber die Natur des Lichtes”, in welcheinnbsp;die verschiedenen Hypothesen über dasselbe, nach

1) nbsp;nbsp;nbsp;Opticae liln-i quatuor, ex voto Petri Rami iiovissimo,nbsp;per Frid. Risnerum. Cassellis, 1606.

2) nbsp;nbsp;nbsp;De natur a lucis. Parisüs, 1638. Bullialdus (Bouil-leaud), geboren zu Laon im Jabre 1605., trat in seinem 27stennbsp;Jahre von der reformirten zur katholischen Religion iiber, wurdenbsp;Priester, und starb in Paris 1694.

Einen grofseren Ruf bat er sicb durcb seine Astronomia Phi-lolaica. Parisüs, 1645. Fol. 169 Seiten in 12 Bücbern, erwor» ben. Scbon lange vor iVewton aufsert er bier (lib. I, pag. 23.)nbsp;den Gedaukeu; dafs, wenn die Bebauptung Kepler’s, es erfolgenbsp;die Bewegung der Planeten durcb eiue von der Soiine ausgehendenbsp;Kraft, gegriindet sein sollte, diese Anziebungskraft ira umgekebr-ten Verbaltuisse des Quadrates der Eutfernuugen zwiscben dernbsp;Sonne und den Planeten abnebmen miisse. Seine eigenen Worte,nbsp;die zu denkwiirdig sind, als dafs icb sie bier nicht anfnbren sollte,nbsp;lauten so: „ Virtm illa, qua sol prehendit seu harpagat pla-netas, corporalis quae ipsi {Keplero) pro manibus est, tineisnbsp;rectis in omnem niundi amplitudinem emissa, quasi species soils, curn iiiins corpore rotalur. Cum ergo sit corporalis^ im-minuitur et extenuatur in majori spatio et intervallo, rationbsp;autem huius iniminutionis eadem est, ac luminis, in rationenbsp;netnpe dupia intervallorurn, sed eversa. Hoe non ne-gavit Keplerns, attamen virtutem motricem in simpla tantum rations intervallorum contendit immvmii.quot; Der allgemcinnbsp;verbreitete Glaube, dafs Newton zuerst das obige Naturgesetznbsp;entdeckt babe, ist daher durebaus nicht in der Wahrheit begriindet.

I- nbsp;nbsp;nbsp;19

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Kircher.

denen man es bald für ein Accidens, bald für eine Substanz, bald für etwas Intentionales gehalten batte,nbsp;gesaminelt sind.

Auch des Marinus Mersenne „Sieben Bücher über die Optik” ’) enthalten nichts, als eine höchstnbsp;trockene Zusammenstellung damals langst bekannternbsp;optischer Siitze, meist ohne Beweise.

Um so wichtiger dagegen ist aus der ersten Halfte des siebzehnten Jahrhunderts des Jesuiten Athanasius Kircher jlrs magna lucis et umbrae ^), einnbsp;Buch, das ich früher schon inehrmals angcführt hahe.

Gleich im Anfangc dieses Werkes wird von dem sogenannten Bononischen Steine gehandelt, dernbsp;die Eigenschaft hat, im Diinkeln zu leuchten, wenn ernbsp;einige Zeit hindurch dem Sonnenlichte (nicht ahernbsp;dem Kerzenlichte) ausgesetzt war. Die Geschichtenbsp;dieses Steines heginnt, wie aus einer Nachricht heinbsp;Julius Casar La Galla erhellt, mit Galilei.nbsp;Als dieser niimlich mehrere Naturkundige, unter denen La Galla selbst war, zu astronoinischen Beob-achtungen eingeladen batte, der Himmel aber trübenbsp;wurde, so lenkte Galilei das Gespriieh anf die Na-tur des Lichtes, indem er gegen die Meinung, dafsnbsp;dasselbe eine unkörperliche Qualitilt sei, Zweifel er-

1) nbsp;nbsp;nbsp;IJmversae geometriae miüctaeque mathematicae st/nopsis.nbsp;Paris, 1644. Mersenne, der in einem Alter von 60 Jahren 1648.nbsp;in Paris starb, gehorte dem Minimen - Orden an.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Die erste Ausgabe erschien 1640. in Rom; die Amsterda-mer Ausgabe ist vom Jahre 1671. Kircher, geboren zn Geisa,nbsp;in der Nahe von Fulda, lehrte in 4V urzburg, spater in Avignon nndnbsp;Kom die Philosophic, Mathematik und die orientalischen Sprachen.

3) nbsp;nbsp;nbsp;De p/utenomenis in orhe Itinae, Venetiis, 1612., pag. SS.nbsp;Priestley irrt also, wenn er die tntdeekung des Bononischennbsp;Steines durch einen Schuhmacher, Fiucenz Cascariolo, innbsp;das Jahr 1630. setzt. Geschichte der Optik, pag. 265.

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Kircher.

hob, da er Steine, die man bei Bologna fande, kennen gelernt habe, die das Sonnenlicht theihveise, als ob es ein Körper sei, aufnehmen, und kurze Zeit hin-durch zurückhalten. Bei anbrechender Dammerung,nbsp;als er dergleichen Steine aufserhalb des Fensters gehalten, und sie hierauf in ein dunkeles Zimmer gebracht batte, beseitigte er alle Zweifel seiner Freundenbsp;an der Wahrheit seiner Behauptung. Vor Kirchernbsp;hatte diesen Stein auch Fortunius Licetus‘) be-schrieben, der sogar den Mond zu eiuem Bononischennbsp;Steine machen will, weil er sich das schwache Lichtnbsp;des von der Sonne nicht erleuchteten Theiles dernbsp;Mondoberflache nicht besser zu erklaren weifs. Kircher selbst bemerkt, dafs der Stein, den man nichtnbsp;blofs bei Bologna, sondern auch in den Alaunberg-werken bei Tolpha linde, die Eigenschaft des Leuch-tens in höherein Grade zeige, wenn er zu Pulver ge-rieben, mit Wasser, Eiweifs oder Leinöl durchknetet,nbsp;und in einem Ofen kalcinirt wird. Darin aber, dafsnbsp;einige Körper das Licht gleichsam einsaugen können,nbsp;findet er keinen hinreichenden Grund, dasselbe fürnbsp;etwas Körperliches zu halten, indem man alsdann mitnbsp;demselben Rechte auch daraus, dafs ein Eisen nachnbsp;ausgelöschtem Feuer einige Zeit fortglüht, die Kör-perlichkeit des Lichtes folgern miifste.

Bei den Farben des Regenbogens, deren Entste-hung Kircher eben so, wie seine Vorganger, erklart, führt er ein Holz an, das dem Wasser, je nachdemnbsp;“ïan es im zurückgeworfenen oder gebrochenen Lichtenbsp;sieht, verschiedene Farben mittheilt. Dies Holz seinbsp;weifs, komme aus Mexiko, und werde von den Einge-

1) Litheosphorus, seu de lapide Bomnienii, in tenehris Itir cente. Utimi, 1640.

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Kircher.

borcnen Coatl oder Tlapazatli genannt ’). Er fin-det die Beobachtung Andercr, dafs Wasser durcli dieses Holz nur blau gefilrbt werde, nicbt bestatigt.nbsp;Wasser, das in einem undurcbsicbtigen Gefafse aufnbsp;dasselbe gegossen wurde, nabm eine um so intensi-vere blaue Farbe an, je langer er es steben liefs,nbsp;Tbat er aber dies Wasser in eine glaserne Kugel,nbsp;and setztc es dein Licbte aus, so bemerkte er keinenbsp;Spur der blauen Farbe, sondcrn es erscbien klar undnbsp;farblos, wie Brunnenwasser. An einem scbattigennbsp;Orte aber nabm es die grüne Farbe an, an einemnbsp;noeb dunkeleren eine rötblicbe. Kircber batte diesenbsp;Verscbiedenbcit der Farben znerst an einem Becbernbsp;aus diesein Holzc bemerkt, den er von dem Prokura-tor der Jesuitcn in Mexiko zum Geschenke erhalten,nbsp;und bald hcrnach dem Kaiser überreicht batte. Mannbsp;nannte dieses Holz nephritiscbes, weil es sicb beinbsp;Nieren- und Blasenkrankheiten als ein zuverlafsigesnbsp;Mittel gezeigt batte.

Bei den Farben der Thiere wird auch des Cha-iniileon erwiihnt*), das Kircher gleicbfalls ans eigener Erfahrung beschreibt, da ein Franciskaner-Mönch im Jahre 1639. imter anderen Seltenheiten auch einnbsp;lebendes Chamaleon aus Palastina nach Rom gebrachtnbsp;batte. Man war bis dahin der Mcinimg gewesen, dafsnbsp;dieses Tbier zwar alle übrigen Farben, nicbt aber dienbsp;weifse und rothe, annehmen könne. Kircher abernbsp;überzeugte sicb, indem er es auf weilse mul rotbenbsp;Tücber steilte, dafs es auch diese Farben eben sonbsp;lebhaft, wie jede andere, zeige, so dafs es von jedemnbsp;Gegcnstande, auf dem es sicb bcfindet, kaum uuter-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Amstel., nas:. 50.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 03.

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Kirclier.

scUicdeii -werden kann. Er ist mit der Erklarung die-ser Eigenschaft des Thieres bald im Reinen, indem er den sichersten Schütz eines so langsamen, waffen-losen und furchtsamen Geschöpfes, wie es das Cha-inaleon ist, gegeii die Nachstellungen seiner Feindenbsp;in eben dieser Eigenthüinlichkeit desselben findet.

Kircher ist aiich der erste Optiker, der auf die spiiter sogenannten pbysiologischen Farben auf-inerksain machte. Ein gewisser Joseph Bonacur-sins hatte in die Oeffnung des Fensterladens in einernbsp;optischen Kaïnmer ein mit hunten Farben hemaltesnbsp;Papier gestellt, mul, wenn er die OefFnung schlofs,nbsp;auf einem vor die Augen gehaltenen weifsen Papierenbsp;die verschiedensten Farben entstehen sehen. Kircher, dem diese Entdeekung mitgetheilt war, sprichtnbsp;von derselhen, als einer höchst wunderharen, und ilus-sert die Meiuung, dafs das Auge sich eben so gegennbsp;die Farben, wie der Bononische Stein gegen dasnbsp;Licht, verhalten moge ‘).

Mit grofser Sorgfalt beohachtete Kircher die Brechung des Lichtes nicht hlofs heim Uehergangenbsp;aus Lnft in Glas oder Wasser, sondern auch in Weinnbsp;und Oei, indem er sich bei den Fliissigkeiten derscl-ben Vorrichtung, wie Ptolemans, bediente *). Sienbsp;besteht namlich in einem Gefafse (Fig. 37.)nbsp;im Innereu in Gestalt einer möglichst genauen Halb-kngel, deren Quadrant FD eingetheilt ist, und innbsp;einer um den Mittelpunkt C beweglichen Alhidade,nbsp;die an dem gleichfajls eingetheilten Quadranten AEnbsp;verschoben werden kann. Um die brechende Kraftnbsp;irgend einer Flüssigkeit zu prüfcn, fiillte er dies Ge

il Pag. 118. 2) Pag. 602.

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Kircher.

fafs bis C mit derselben an, nnd bemerkte mit einem dünnen Stabeken unter ihr den Punkt, auf welchennbsp;die Dioptern der Alhidade gerichtet waren. Die Ab-weichung dieses Punktes von der Gröfse des jedes-maligen Einfallswinkels BCE gab sodann den vonnbsp;dein einfallenden nnd gebrochenen Strale gebildetennbsp;Winkel. Auch schlagt er, mit Weglassung der Alhidade, eine dunne Röhre vor, um durch dieselbe dasnbsp;Sonnenlicht zu leiten. Dafs er aber eine nach Kepler’s Hypothese bis auf Sekunden berechnete Tabellenbsp;für die Brechung aus Luft in Wasser mittheilt, un-geachtet Descartes schon das wahre Brechungs-gesetz bekannt gemacht hatte, dies beweist nur, dafsnbsp;dieser wiebtigen Entdeekung anfanglich kelneswegesnbsp;die Aufmerksamkeit gewidmet wurde, welche sie dochnbsp;in so hohem Grade verdient.

Mit Bewunderimg spricht Kircher von der Wir-kung einer Laterna magica *), In einem Baume, der bis auf zwei Oeffnungen geschlossen ist, lafst er dasnbsp;Licht einer Lampe auf einen Hohlspiegel, und vonnbsp;diesem auf ein Sammelglas fallen, das am Ende einernbsp;Böhre, die eine Spanne lang sein, und aufserhalh desnbsp;geschlossenen Baumes sich dein Spiegel gegenühernbsp;hefinden soil, befestigt ist. Werde alsdann am An-fange dieser Böhre, dicht an der aufseren Laternen-wand, die dein Spiegel gegenüher liegt, ein Planglasnbsp;mit durchsichtigen Bildern umgekehrt aufgestellt, so

1) Bekanntlich wird Kircher fiir den Erfinder dieses optischen Instrumentes gehalten. Da aber Dechales berichtet {Mundusnbsp;mathem., vol. III, pag. 696.), dafs ihm ein Dane schon im Jahrenbsp;1663. eine Laterna magica mit zwei konvexen Gliisern gezeigtnbsp;habe, nnd Kircher erst in der Amsterdamer Ausgabe der Arsnbsp;magna vom Jahre 1671., nicht aber in der ersten Ausgabe, Romae,nbsp;1646., von diesem Instrnmente spricht, so halt man ihn vielleichtnbsp;mit Unrecht für den Erfinder desselben.

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Kircher.

sehe man dieselben in einem finsteren Zimmer nuf einer weifsen Wand aufrecht und vergröfsert. Dienbsp;Röhre könne aber anch einwarts angebracbt sein *).

Die Wirkung dieses, freilich nur imter die opti-schen Spielereien geliörigen, Instruinentes wird be-kanntlich viel bedentender, wenn man zwei oder gar drei Sammelglaser nimmt. Bei zwei Glasern wirdnbsp;das Bild innerhalb der Brennweite des der Lampenbsp;nachsten aufgestellt, in welchem das Licht so gebro-chen wird, als kiime es von einem gröfseren und ent-fernteren Bilde. Dies steht aufserhalb der Brennweite des anderen Glases, und giebt daher auf einernbsp;weifscn Wand ein umgekehrtes und vergröfsertes Bild.

Die von Vitello und Porta gegebene Aufgabe, Luftbilder so erscheinen zu lassen, dafs der Zuschauernbsp;ihre Entstehung nicht bemerken kann, wird anch vonnbsp;K ircher wieder aufgenommen “), der die uns schon

1) Fiat ex ligno receptaculum, deinde caminus, ut lucernw per ilium fumum suum emittere possit., hicernAi ver o in medionbsp;ponatur, vel affixa filo ferreo, vel supra fulcrum, e regionenbsp;foraminis, intra quod tulms palmaris committatwr^ in tuhi veronbsp;principio lenticulare vitrurn melioris notae inseratur, in fora-mine vero seu in fine tuhi vitrurn planum ponatur ¦, in quo co-lorihus aqueis et diaphanis^ quidtjuid volueris^ pingaturlt; Hoenbsp;pacto intra cuhiculum obscurum in muro candido lumen lu-cernae,. vitrurn lenticulare transiens, imaginem in vitro planonbsp;depictam, quae ever so situ ponitur, rectam et grandiorem ex-hihebit. Tulndus vero intra vergere potest, vel extra. Amstel.,nbsp;pag. 769.

In den beiden sehr sauberen Zeiehnungen der Zauberlaterne ist die Röhre einwarts befestigt, und der Schieber befiudet sichnbsp;dicht an der aufsereu Seite der Wand, die der Lampe gegenübernbsp;liegt. Es ist aber nicht einznsehen, wie dadurch eine Vergröfse-rung der Bilder möglich W'erden soil, da alsdann das durcli diesenbsp;gefarbte Licht in der Linse nicht gebrochen wird. Kircher irrt,nbsp;wenn er es anch fUr zulafsig halt, den Schieber entfernter von dernbsp;Lampe, als das Sammelglas aufzustellen.

2.) Pag. 779.

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Schott.

bekannten Vorschlage jener beiden Optiker fur ganz unausfübrbar halt. Die eigene Erfahrung batte ibnnbsp;überzengt, dafs man dergleichen Bilder am tauscbend-sten erbalte, wenn man sich entweder blofs eines horizontal liegenden Hoblspiegels bedient, oder den Ge-genstand anf den Boden eines hohlen, an der innerennbsp;Seite spicgelnden, Cylinders legt, an dessen oberernbsp;Oeffnung das Luftbild alsdann bei einer gewissennbsp;SteUung des Auges erscbeint,

dakspar Scliott.

Geb. 1608., gest. 1666.

Er giebt eine ausfülirliche Beschreibung der anamorpliotischen Netze, und erklart die Entstehung der Fata Morgana.

Fast dieselben optischen Gegenstande, über welche K ircher handelt, finden wir in dem ersten Theile dernbsp;Magia universalis naturae et artis ‘) des Jesuitennbsp;Schott “) wieder, nur lichtvoller und in hesseremnbsp;Style vorgetragen, Vergebens -würde man aber auchnbsp;hier, so wie überhaupt in den optischen Werken dernbsp;Jesuiten des siebzehnten Jahrhunderts, eine wissen-schaftliche Entwickelung der Optik, wie sie von Kepler begonnen war, suchen; Schott ist so unsicher innbsp;der Theorie, dafs er den seit Euklid über die Lagenbsp;des Brennpuuktes eines Hoblspiegels geführten Streitnbsp;nicht zu entscheiden wagt ®). Mechanische Regeln

1) nbsp;nbsp;nbsp;Die von mir gelesene Ausgabe ist eine Wiirzburger vomnbsp;Jahre 1657. Sc heibel giebt als die alteste eine Frankfurter vonnbsp;deinselbeii Jahre an.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Er ist in Kiinigshofen bei Wiirzburg geboren, war Professor der Moral-Theologie und der Mathematik in Palermo, und zu-letzt Professor der Mathematik in Wiirzburg,

3) nbsp;nbsp;nbsp;Lib. VII, cap. 2,

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297

Schott.

znr BewerkstelHgiing iiberraschender, auf den ersten Bliek nicht erkliirlicher, optlscher Erscheinungen, mitnbsp;vielen, für die Geschiclite der Optik wichtigen, Be-inerkungen machen den Haiiptinlialt dieses hekanntennbsp;Werkes aus. Da ich mich friiher schon oft aufnbsp;Schott’s Autoritat herufen hahe, so ¦will ich michnbsp;hesonders auf die Zeichming der Anamorphosen,nbsp;die hier vollstilndiger, als in alien friiheren Schriften,nbsp;heschrieben wird, nnd auf die Erklarung der Fatanbsp;Morgana heschriinken.

Wenn auch Maurolycus schon üher die Cylin-der-Spiegel bemerkt*), dafs sie nicht ihrer Lange, sondern nur ihrer Breite nach, die Diinensionen dernbsp;Bilder andern, so fand man doch nicht friiher, als iinnbsp;Anfange des siehzehnten Jahrhunderts, die Regeln,nbsp;nach denen Bilder, die in solchen Spiegeln rcgelinas-sig erscheinen sollen, verzerrt werden miissen Die,nbsp;diesen Gegenstand hetreffenden, Versuclie wiirden erstnbsp;in der Zeit von 1630. his 1646. von Vaulezard®),nbsp;Herigonius ‘‘), Bettinus ®), Kircher ®) und Fran-

1) nbsp;nbsp;nbsp;Theorem. lumine et vmhra, ed. Clavius, pag. 35.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Gewohiilich wird diese Erfindung dem bekannten JVIathe-matiker Simon Stevin, dem Lehrer des Prinzeii Moritz vonnbsp;Nassau, zugeschrieben, ohne dafs ich das Werk, in dem er hier-vou handein soil, irgendwo n'aher angedeutet gefunden h'atte. Wasnbsp;er in der Sciagraphia, einem Theile seiner Optik, die in den Hy-poinnemata mathematica. Lugd. Bat., 1608. enthaltcn ist, sagt,nbsp;diirfte sich hiichsteiis nur auf die sogenannten optischen Anamorphosen beziehen. In den mir bekannten Schriften Stevin’s babenbsp;ich die anamorphotischen Netze vergehens gesucht,

3) nbsp;nbsp;nbsp;Ahrégé ou raccoiirci de la perspective. Paris, 1631.nbsp;Montucla, tom. I, pag. 713.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Cttrsus mathem. Parisiis, 1634

5) nbsp;nbsp;nbsp;Marti Bettini Apiaria universae philosophiae mathem. Bononiae, 1642.

6) nbsp;nbsp;nbsp;In der Ars magna.

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Schott.

ciscus Niceron ») ungestellt, von denen, init Aus-nahme deS ersten, die Regeln, -welche Schott mit-theilt, entlehnt sind.

Zunachst giebt Schott mehrere Methoden an, die sogenannten optischen Anamorphosen zu zeich-nen, unter denen eine der einfachsten folgeude ist^):nbsp;Um das regehniifsige Bild beschreibe man ein Quadrat (Fig. 38.) ABCD, so dafs ersteres von diesemnbsp;ganz eingeschlossen ist, theile jede Seite dieses Quadrates in eine gleiche Anzahl gleicher Theile, etwanbsp;in vier, und verbinde die Tbeilpunkte so, dafs kleinerenbsp;Quadrate entstehen. Hierauf ziehe man in der Ebene,nbsp;in Tvelcher die Anamorphose gezeichnet werden soli,nbsp;eine Linie (Fig. 39.) EF^ durch den Punkt F dienbsp;Winkelrechte GH von beliebiger Lange, auf der mannbsp;zu beiden Seiten von F halb so viele gleiche Theile,nbsp;als jede Seite des Quadrates hat, auftriigt, ntimlichnbsp;oberhalb dieses Punktes die beiden Theile FK undnbsp;KH, unterhalb die diesen gleichen FI und IG, undnbsp;verbinde E mit den Punkten K, I, G. In E er-richte man hierauf, winkelrecht gegen EF,^ die Linienbsp;EO, und ziehe OG, die jede der aus E gezogenennbsp;Linien in den Punkten M, N, P, Q. schneidet. Durchnbsp;diese Punkte beschreibe man die Linien MR u. s. w.nbsp;parallel mit HG, und man wird in der Figur MRGHnbsp;eben so viele Vierecke bekommen, als in ABCD Quadrate enthalten sind. In jedes dieser Vierecke tragenbsp;man endlich den Theil des Bildcs ein, der sich innbsp;dem, mit derselben Zahl bezeichneten, kleinen Quadrate in ABCD befindet, so dafs, was in der Mittenbsp;dieser Quadrate liegt, in den Durchschnittspunkt der

1) nbsp;nbsp;nbsp;Thaumattirgus opticus ad Cardinalem Ma%arinum.nbsp;Paris., 1640.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 108.

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299

Schott.

Diagonalen der Vierecke gesetzt quot;wird. Betrachtet jnan dann die so gezeichnete Anamorphose durcli einenbsp;kleine Oeffnimg bei ö, wahrend dadurch, dafs aUesnbsp;von der Seite einfallende Licht ahgehalten wird, demnbsp;Auge die Mittel genommen sind, die Entfernung einernbsp;jeden Stelle in der Anamorphose zu beurtheilen, sonbsp;ist die Bestimmung dieser Entfernung nicht mehrnbsp;Sache der Empfindung, sondern der Phantasie, dienbsp;geneigter ist, sich statt des Zerrbildes ein regelmafsi-ges Bild vorzustellen, und die in der Ebene MG liegenden Punkte naher an das Auge in eine hieraufnbsp;senkrechte Ebene versetzt.

Unter mehreren von Schott angeführten Methoden, die cylindrischen und konischen Anamor-phosen zu zeichnen, ist die von Bettinus entlehnte eine der kürzesten ’). Er wiU, dafs das regelmafsigenbsp;Bild auf ein um den Cylinder-Spiegel gekrümmtes Papier gemalt, an möglicbst vielen Punkten mit einernbsp;Nadel durchstochen, innerhalb des Papier-Cylindersnbsp;eine Lichtflamme aufgestellt, und der auf einem Blatte,nbsp;auf welchem der Cylinder steht, durch die erleuchte-ten Stellen angedeutete Umrifs nachgezeichnet werde.nbsp;Nehine man statt des Papieres den Spiegel, so sehenbsp;ein Auge an derselben Stelle vor diesem Spiegel, annbsp;welcher die Flamme vorhin hinter dem Papiere stand,nbsp;die Anamorphose als regelmafsiges Bild. Dasselbenbsp;Verfahren bringt Schott auch für die konischennbsp;Spiegel in Vorschlag.

Die auf theoretischen Gründen beruhenden Re-geln, beide Auamorphosen zu zeichnen, findet man in

1) Pag. 160.

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300

Schott.

den Werken von Milliet Dechales, Christian Wolf ') nnd Robert Smith ^).

Die Regel für die konischen Anainorphosen he-darf keines kimstiichen Beweises, indent sic umnittel-har aus dein Reflexionsgesctzc folgt. Deun es sei (Fig. 40.) ABC der Durchschnitt des halben Kegel-Spiegels, nnd sein Halbmesser AB in die gleichennbsp;Stiicke AD, DE, EP, FB u. s. w. getheilt; fernernbsp;sein aus einem Punkte O in der verliingerten Achsenbsp;die Linien OD, OE, OF gezogen, Avclche die reflek-tirende Scite BC in M, N, F treffen, nnd die Winkel OCL, OML u. s. w. den AVinkeln KCB, IMBnbsp;11. s. yi, gleich gemacht: so sieht ein Aiige in O dennbsp;Punkt K in A, den Punkt I 'm D u. s. w. Beschreibtnbsp;man daher init den Halbinesserii (Fig. 41.) AD, AEnbsp;u. s. A¥. bis AK koncentrische Kreise, zieht diirch Anbsp;Linien unter Winkeln von 45®, die alle jene Kreisenbsp;durcbschneiden, bezeichnet die innerhalb der Grund-fltiche des Spiegels in gleichen Abstiinden folgendennbsp;Ringe mit den Zahlen 1, 2, 3, 4, nnd setzt diese Zab-len in iiingekehrter Ordming in die übrigen vier Ringe,nbsp;so ist das anainorphotische Netz volleiidet, indem mannbsp;nur noch die Stücke des regelmilfsigen Bildes, die innbsp;den Kreisen innerhalb der Griindflache liegen, in dienbsp;mit densclben Zahlen bezeicbneten Kreise aui'serhalbnbsp;derselben übertragen darf. Das Quadrat mnop z. B.nbsp;würde als konische Anamorphose die Gestalt m'q'n'o'p'nbsp;crlialteii, indem z. B. q in dem Kreise, der die Ringenbsp;2 und 3 trennt, liegt, iind dabcr q' in eben diesennbsp;Kreis aiifserhalb der Gruiidflacbe des Spiegels eingc-tragen werden mufs.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Elementa mathescos, torn. UI, pag. 205. sqij.

2) nbsp;nbsp;nbsp;In Kiistncr’s Deutschcr TJebcrsetzuug, pag. 93. sqq.

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Schott.

Etwas ki'mstlicher ist die Zeichnung der cylindri-schen Anainorpliosen, indein sic die Kenntnifs inelire-rer Siltze, die ich vorausscliicken will, erfordert. Die Erfakrimgen, dafs das Bild eines geraden, schr diin-nen Stabchens, welches gegen den Cylinder-Spiegelnbsp;seiner Lange nach, also parallel init der Acbsc des-selben, gehalten wird, wieder gerade, nnd der Acbsenbsp;parallel sei; ferner, dal’s eben dassclbe Statt finde,nbsp;wenn man das Stabchen in die erweiterte Grundflachenbsp;des Cjliuders so legt, dafs es verliingert eine Schnenbsp;Oder ein Durclimesser dieser Grundflache wird, nndnbsp;dafs in beiden Fallen das Bild inuerhalb des Spiegels,nbsp;nnd zw'ar der Oberflilche niiher, als der Acbse zunbsp;liegen scheine; endlich, dafs das Bild sich gekri’immtnbsp;zeige, wenn das Stabchen nach der Breite des Cylinders in die erweiterte Grundflache gelegt w'ird: allenbsp;diese Erfahrnngen, die darin ihren Grund haben, dafsnbsp;ein solcher Spiegel seiner Höhe nach als ein ebener,nbsp;seiner Breile nach als ein konvexer anzusehen ist,nbsp;setze ich als hekannt vorans. Unter dein Snboku-lar-Punkte soil der Pnnkt (Fig. 43.) A verstandennbsp;werden, in welchem die erweiterte Grundflache desnbsp;Cylinder-Spiegels PQ von einem ans dem Ange Onbsp;gefalltcn Lothe getroffen wird; eine Linie AC^ innbsp;derselben erweiterten Grundfliiche ans diesem Pnnktenbsp;A nach dcr reflektirenden Seite CO in C gezogen,nbsp;soil die Snbokular-Linie, nnd CF, die Richtung,nbsp;’welche AC, als ein Lichtstral betrachtet, nach dernbsp;Reflexion in C annimmt, die Obj ektiv - Linie heis-sen. Die Siitze, anf welche es hiér besonders an-komint, sind folgcnde;

1. Stellt (Fig. 42.) PQ, einen Cylinder-Spiegel vor, so ist dcr von dem einfallcndcn Strain AS, nnd demnbsp;Stiicke BM der reflektirenden Seite MIS' gebildete

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Schott.

Winkel ABM gleich dem Winkel CBN, der von dem reflektirten Strale BC, und dem anderen Stücke BNnbsp;der reflektirenden Seite gebildet wird,

Man inache AB — BC, BM^BN, und falie aus A und C die Lothe AD und CP auf die Ebene,nbsp;die den Cylinder in MN berührt, und auf welcher dienbsp;durch AB und BC gelegte Einfallsebene lothrechtnbsp;stelxt, so ist PBD, die Durcbschnittslinie beidernbsp;Ebenen, eine Tangente des Cylinders, und es sind innbsp;den kongruenten Dreiecken CBP und ABD die Lothenbsp;CF und AD, so wie die Seiten BF und BD einan-der gleich. Ziebt man ferner die Linien FN, CN,nbsp;AM und DM, so ergieht sich aus der hieraiis fol-genden Kongruenz der Dreiecke /’jffiV^und DBM dienbsp;Gleichheit der Linien FN und DM, hierdurch wiedernbsp;die Kongruenz der Dreiecke ADM und CFN, weilnbsp;die Winkel CFN und ADM rechte sind, und dienbsp;Gleichheit der Linien AM und CN. In den beidennbsp;Dreiecken ABM und CBN sind also alle drei Seiten, und defshalb der Winkel ABM dem Winkelnbsp;CBN gleich. Zugleich folgt bieraus, dafs es

2. nbsp;nbsp;nbsp;fiir den leuchtenden Punkt A und das Auge C,nbsp;dies als ein Punkt betrachtet, nur einen einzigen Re-flexions-Punkt B giebt.

Denn gesetzt, es gebe noch einen anderen Re-flexionspunkt E, so wiirde, wenn man die gleichen Winkel A EM und CEN mit w, und die gleichennbsp;Winkel ABM und CBN mit x bezeichnet, to zugleichnbsp;gröfser und kleiner, als x, sein können,

3. nbsp;nbsp;nbsp;Es verhalt sich die Höhe des Auges zu dernbsp;des Reflexionspunktes, wie die Summe der Subokular-und Objektiv-Linie zur letzteren.

Es sei (Fig. 43.) OA die Höhe des Auges über der erweiterten Grundflache des Cylinders, CG die

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Schott.

reflektirende Seite, CF die Objektiv- imd AC die Subokular-Linie, B der Reflexionspunkt fiir F nachnbsp;2., BC also die Höhe des Reflexionspunktes, so sind,nbsp;wenn man die Linien AC und OB verlangert, bis sienbsp;sich in D schneiden, die rechtwinkeligen Dreieckenbsp;CBF und CBD kongruent, weil der Winkel OBOnbsp;— CBD-=. CBF nach 1., folglich CI}=: CF^ undnbsp;OA.BC — AC-\- CF\ CF.

Die Zeichnung des anamorphotischen Netzes er-fordert nun nichts weiter, als dafs dicse Proportion konstriiirt werde. Man ziehe also aus dem Subokular-Punkte (Fig. 45.) A die Tangenten AB und ADnbsp;an die Grnndflaclie des Cylinder-Spiegels, theile dienbsp;Sehne BD., welche fiir die Seite des Quadrates, dasnbsp;sich im Spiegel darstellen soli, zu nehinen ist, weilnbsp;das Bild im Cylinder-Spiegel zwisehen dem Slittel-punkte und der Oberflache desselben liegt, in die viernbsp;gleicben Tbeile BF.^ FI., IG-t OD., oder aucb innbsp;mehrere, und verbinde A mit den Tlieilpunkten jP, 7quot;,nbsp;und G durch Linien, welche die Peripherie der Grund-flache in ;S und T schneiden. Die Subokular-Linie AR trage man alsdann rechtwinkelig an dienbsp;Höhe (Fig. 44.) oa des Auges nach ar an, errichtenbsp;in r die Winkelrechte rs = B/J, theile rs in ebennbsp;so vielc gleiche Theile, wie BD, namlich in die viernbsp;gleichen Theile rn, np, und qs, und ziehe aus onbsp;durch die Punkte n, p, q und s Liuien, welche dienbsp;verlangerte ar in /t, I und m trelFen. Auf der innbsp;(Fig.

45.) R reflektirten Linie trage man hierauf die Stiicke Rff^j./^ HK=hk, KL — kl, LM=zlmnbsp;ah, wiederhole das ganze Verfahren bei den Suboku-lar-Linien AB, AS, AT, AD, und ziehe durch dienbsp;so erhaltenen Punkte derselben Ordnung Rurven, oder,nbsp;da es hier nicht auf absolute Genauigkeit ankommt,

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Schott.

jedesmal durch drei derselben Kreisbogen, wie dies in der Figur gescheben ist. Aus 3. folgt alsdann,nbsp;dafs die Anamorpbose QAPDS iui Cylinder-Spiegelnbsp;nngefabr die Gestalt eines Quadrates haben werde,nbsp;das in sechszebu gleiche Quadrate getbeilt ist ’).

Jakob Leupold, ein Mechaniker in Leipzig, ist der Erlinder zweier Maschinen von solcher Ein-richtung, dafs, wabrend ein zeichnender Stift dennbsp;Uinrifs des regelmilfsigen Bildes durchlauft, ein ande-rer die koniscbe oder eylindriscbe Anamorpbose be-scbreibt ®). leli übergebe die Beschreibung diesernbsp;Mascbinen, so Tvie aucb die sogenannten dioptri-scben Anamorpboseil, zu deren Zeicbnung Wolf

1) nbsp;nbsp;nbsp;Kircher giebt in der Amsterd.imer Ausgabe der Arsnbsp;magna, pag. 136., folgende Regel: Fiat primo circa imaginemnbsp;datam quadratum bd, diuisum per tineas perpendiculares etnbsp;transversales in quotlihet quadratula, inte?’ se aequalia. Se-cundo ex C centra^ in medio plani assumto, fiat circulus BSD,nbsp;cuius diameter sit aequalis diametro basis speculi cylindrici.nbsp;Tertio semidiametrum CS divide in quatuor partes aequales,nbsp;et, in tertia parte E posito circini pede, describe tot circulos,nbsp;quot tineas transversales continet quadratum, nempe quinquenbsp;in exemplo nostro. Primus circulus UHV distet ea distantianbsp;a centro, quantum refiexio in speculum sufficiens postulat,nbsp;quMe pro varia specularis basis seu sustentaculi altitudinenbsp;varia est; reliqui sequentes circuit crescant proportions, quamnbsp;habent 20 ad 21. Poteris tarnen eosdetn circulos sine scrupulonbsp;efficere aeqtmlis inter se distantiae. (iuarto dividatur circum-ferentia prima UHV in tot partes aequales, in quot divisa estnbsp;basis bd quadrati, neinpe hie in quatuor, relicto tarnen arcunbsp;aliquo ab U in \, tanquam superfluo, cuius niagnitudinemnbsp;usus et experientia deterininabit. Si jam ex centro C pernbsp;puncta divisiomim lineae rectae in ultirnam circumferentiamnbsp;ducantur, habebis figur am, quadrato proportionatam optice,nbsp;divisam in tot spatia, in quot quadratula divisum est dictumnbsp;quadratum. duinto in haec spatia transfer ex imagine proto-typa partes correspondentes, et habebis imaginem dissipatam.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Man fludet cine Zeichnuiig dieser Maschinen und ilirer ein-zehieu Theile in den Actis erudit., 1712., pag. 273. und 307.

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Schott.

glcichfalls Anleitnng giebt *), da ich schon zu viel über die Gescbicbte dieser Spielereien gesagt zu ha-ben befarchte.

Von gröfserem wissenschaftlichen Interesse ist die von Kircher und Schott gegebene Erkliirungnbsp;der miter dein Namen der Fata Morgana bekann-ten Lnftspiegelnng. Als Begleiter des Landgrafennbsp;Friedrich von Hessen auf einer Reise nach Maltanbsp;batte der erst ere nicht mir Syrakus, der A r chi me-dischen Brennspiegel wegen, sondern auch die Kii-sten von Messina und Rhegiiim im Jahre 1636. beslicht, um sich iiber die Entstehimg jener, sich hiernbsp;zmveilen zeigenden, Luftspiegelimg Aufschlufs zu verschaffen “). Schott war sogar zweimal, in den Jah-ren 1633. und 1652., in Messina gewesen, um selbst,nbsp;wo möglich, die Luftspiegelimg zu beobachten. Dochnbsp;beiden glückte es nicht, sich von der Wahrheit dessen, was sie darüber gehort hatten, zu überzeugen,nbsp;so dafs sie sich nur auf die Aussage glaubwürdigernbsp;Milnner, die alle darüber verbreiteten Geruchte bestil-tigten, verlassen miifsten. Man sehe zuweilen einenbsp;Reihe von Gebiluden perspektivisch geordnet, oder,nbsp;wenn diese verschwunden sind, weitausgedehnte Ge-filde mit lieerden und Waldern bedeckt, kurz einenbsp;auf das mannigfaltigste belebte Landschaft, und diesnbsp;alles mit so künstlicher Mischung des Lichtes undnbsp;Schattens, dafs menschliche Kunst kaum etwas ahn-liches hervorhringen könne. Doch zeige sich diesenbsp;Erscheinung nur in den heifsesten Tagen des Jahres,nbsp;und bei ruhigem Wetter.

Beide, Kircher und Schott, fanden die Kuste

I.


1) nbsp;nbsp;nbsp;Elementa math, tom. Ill, pag. 294.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Ars fnagna, pag. 704.


20


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Schott.

bei Messina mit Kies bedeckt, der mit vielen MetalL stückcben und anderen spiegelnden Körpercben ge-mengt war. Hierin, vielleicht aiich in dem schattigennbsp;Zuge der Berge, die in das Vorgebirge Pelorus ans-laufen, nnd besonders in der Gestalt der beidersei-tigen Kiisten, deren Entfernung nicht gröfser, alsnbsp;12000 Schritte gefunden wnrde, verblinden mit demnbsp;Umstande, dafs die Erscheimmg sich nur bei grofsernbsp;Hitze zeige, glaubten beide die Ursache derselben ge-fimden zu haben ^). Bei so hoher Temperatnr vcr-dimste nicht mir das Meerwasser sehr stark, sondernnbsp;es erheben sich zngleich mit diesem Dunste die festennbsp;Körperchen der Küste in die Atmosphiire, da mannbsp;dies defshalb nicht bezweifeln könne, weil sich ziiwei-len in den Hagelkörnern fremdartige Bestandtheilenbsp;vorfanden. Dadurch entstiinden Schichten von ver-schiedener Dichtigkeit in der Luft, die, beschattetnbsp;von dem diinkelen Zuge des Gebirges, einen Lnft-spiegel bilden, der bei verilnderter Lage gegen dasnbsp;Auge bald diesc, bald jene Bilder zeige.

1) Magia univers. nat. et artis, pag. 176.

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Erfindung der Spiegel-Teleskope.

Hie eristen Spiegel-Telesfeoiie.

Der Jesuit Nicolaus Zucchius bringt, sclion sieben Jahre nach der Erfindung des Hollandisclien Fernrolires, das erste Spiegel-Teleskop zu Stande — lm Jahre 1639. sclilagt Mersennenbsp;eine andere Einrichtung Tor, die der ira sogenannten Gre-goryschcn Teleskope ahnlich ist — Jakob Gregorynbsp;kannte das nach ihm benannte Teleskop nicht aus eigener Er-fahrung. Es wurde vielmehr erst im Jahre 1674. durch Hookenbsp;zu Stande gebracht, nachdem Newton schon im Jahre 1668.nbsp;ein Teleskop von einer anderen Einrichtung- verfertigt hatte.

Da ein Sammelglas nnd ein Hohlspiegel bei einer ahnlichen Lage des Objektes ahnliche Bilder henor-bringen, so lag der Gedanke, in dcm Holliindisebennbsp;Fenirolire eiiien Hohlspiegel ziun Objektive zu neh-inen, zu nahe, als dafs man nicht bald nach der Erfindung dieses Fernrohres auf denselben batte verfal-len sollen.

Scbon im Jahre 1616. sucbtc der Jesuit Nicolaus Zuccbius ') ein Teleskop dieser Art zu Stande zu bringen. Da aber die Spiegel, die er be-kominen konnte, nnvollkoininen gearbeitet waren, sonbsp;entspracb anfanglicb die Erfalirung nicht seinen Er-¦wartungcn, so wie er sich auch vergebens bemiihtnbsp;hatte, sobald das Gerucht von der Erfindung des Hol-landischcn Fernrohres zu ihm gedrungen war, mit dennbsp;Konvex - Gliisern, die als Brillen gebraucht wurden,nbsp;®in Teleskop, wclcher Art es auch sein mögte, zu-sammen zu setzen. Als er aber in der Folge einennbsp;sehr genau gcarbeiteten MetaU-Spiegel bekam, diesennbsp;auf Gegenstande am Hinimel und auf der Erde rich-tete, und in einer passenden Entfernung ein Hohlglas

1) Er ist 1586. in Panna geboren, und starb 1670. in Rom.

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Erfindung der Spiegel-Teleskope.

ans Auge hielt, so zeigte sich der Erfolg, den er aus der Theorie erwartet hatte ‘).

Wenn auch Instrumente dieser Art, ihres kleinen Gesichtsfeldes wegen, nicht in allgemeineren Gebrauchnbsp;gekominen sind, so mufs doch Zucchius, der zuerstnbsp;durch die Verhindung eines Spiegels mit einem Glasenbsp;ein Fernrohr zu Stande hrachte, der Erfinder des Spiegel-Teleskopes genannt werden.

Etwa zwanzig Jahre spüter gah Mersenne eine andere Einrichtung des Spiegel-Teleskopes an ^). Ernbsp;hringt zwei parabolische Hohlspiegel, einen gröfserennbsp;und kleineren, in Vorschlag, von den en der letzterenbsp;in der Niihe des Brennpunktes des ersteren stehennbsp;soil, urn Stralen, die vom gröfseren konvergirend auf-fallen, parallel zu reflektiren, und sie durch eine Oeflf-nung in diesem Spiegel ins Auge zu senden. Diesenbsp;Oeffnung aber dürfe die Pupille des Auges, oder dienbsp;Obevflache des kleineren Spiegels nicht übersteigen.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Anno 1616., dwn aliqua de theoria tuhi optici cowmen-tarer, apud me statui, ewndem effectum, qni per refractienemnbsp;in vitro aliquomodo convexo, ad ohjecta converse, olttinetvr,nbsp;obtineri posse per reflexionem a speculo cavo. Tentavi experi-tnentum diu, sed irrito conatu, ex imperfecta etahorationenbsp;huiusmodi speculorum, quos reperire poteram, sicut per vitranbsp;conVexa, quae emendandis oculis senutn adhihentur, frustranbsp;tentavi, tulmm opticum quatemcunque mihi aptare, cumnbsp;primo de ipso atiquid inaudivi; quia inaequalitas configura~nbsp;tionis, quae in usu perspiciliorum consueto minus nocet, innbsp;tulio parit confusionem. Tandem speculum ex aere cavum, enbsp;tnuseo viri clarissimi transmissum ad amicum, ah experto etnbsp;accuratissimo artifice elahoratum, nactus, ejus ope ad terrestrianbsp;et coelestia conversi, adhibito in convenienti situ ad octdumnbsp;vitro cavo propwtionaliter, ut fit ad excipiendam radiationemnbsp;refractam vitri convexi in tuho optica, expertus sum ita eve-nire, ut ratio suadehat eventurum. Nicolai Zucchit Optica philosophia. Lugduni, 1652., pag. 126.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Phaenomena hydraulico-pneumatica. Paris, 1644. pag. 96.

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Erfiudung der Spiegel-Teleskope.

damit nicht fremdes Licht dem Lichte der Objekte, und der Deiitlichkeit des Sehens nachtheilig werde.nbsp;Es müsse vielmehr jedes fremde Licht durch eine inwendig schwarze, und beide Spiegel uingehende Röhre,nbsp;und auf jede andere Weise ahgehalten werden. Bringenbsp;man diese Vorkehrungen in Anwendung, so werde mannbsp;die Bilder, wenn die konkave Oherflache des gröfse-ren Spiegels 16 mal gröfser, als die des kleineren ist,nbsp;256 mal gröfser, oder deutlicher und heller sehen.

Höchst wahrscheinlich hat Mersenne selbst den hier gemachten Vorschlag nicht ausgeführt. Er würdenbsp;sonst den Spiegeln eine richtigere Stellung angewie-sen, er würde sich üherzeugt hahen, dafs zur Errei-chung des gewünschten Zweckes wenigstens noch einnbsp;Glas fehle, er würde selbst die Helligkeit der Bildernbsp;nicht nach derselben Regel, wie ihre Vergröfserung,nbsp;herechnet hahen. Mersenne scheint bcsonders durchnbsp;mehrcre Einwürfe, die Descartes gegen seinen Vorschlag machte '), von der weiteren Verfolgung seinesnbsp;Gedankens ahgehalten zu sein. Weil man das Aiigenbsp;nicht nahe genug an den kleineren Spiegel hringennbsp;könnte, die Lange eines solchen Instrumentes der einesnbsp;dioptrischcn Pernrohres gleich kommen mufste, dienbsp;Verfertigung der paraholiscben Spiegel sehr schwie-rig sein würde, endlich auch nicht Aveniger Lichtnbsp;durch die Reflexion, als durch die Refraktion verloren gehe, so versprach sich Descartes Avenig vonnbsp;dem durch Mersenne gemachten Vorschlage. Danbsp;in dem Briefe, in welchem Descartes diese Ein-w'ürfe macht, das Datum fehlt, so lafst sich die Zeit,nbsp;in welcher Mersenne jenen Gedanken fafste, nichtnbsp;genau angehen; doch geht aus dem Zusammenhange

1) E'iiistolarum pars ÏI, epist. 29. in der Frankfurter Ausgabe.

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Erfindung der Spiegel-Teleskope.

dieses Briefes mit den übrigen hervor, dafs er in den Jahren 1638- oder 1639. gesclirieben sein inöge.

lm Jabre 1663. entwarf Jakob Gregory eine bessere Konstruktion des Spiegel-Telcskopes '), ohne,nbsp;Tvie es scheiut, den bereits von Mersenne geinacb-ten Vorscblag zu kennen. Man babe bis anf ihn nurnbsp;zwei optische Instruinente von aufserordentlicber W ir-kung, das Teleskop für entfernte Gegenstiinde, undnbsp;das Mikroskop für nahe gekannt; er aber finde, dafsnbsp;das Teleskop, abgeseben von der Anzalil nnd Bescbaf-fenbeit der Glilser, dreierlei Art sein, entweder blofsnbsp;Glaser, oder blofs Spiegel, oder beides zngleich. Spiegel imd Glilser, enthalten kunne. Die erste Art babenbsp;die Eigentliüinlichkeit, dafs man beliebig viele Linsennbsp;wablen, und das Bild beliebig vergröfsern könne; sienbsp;babe aber aucb den Nachtbeil, dafs das Instrument,nbsp;bei der Anwendimg vieler Linsen, eine unbequemenbsp;Liinge erbalte, und dafs die Helligkeit durch zu vielenbsp;Glilser zu sebr geschwilcht werde. Bei der zweitennbsp;Art kamen zwar diese Uebelstilnde nicht vor, mannbsp;könne aber kaum mebr, als zwei Spiegel anwenden.nbsp;Die dritte aber und vorzüglicbste Art von Teleskopennbsp;{tertium gemis mireuni) vereiuige alle Vorzüge dernbsp;übrigen Instrumente in sich, ohne einen ihrer Nach-theile zu baben, wenn man nur das letzte und vor-letzte Bild (vom Auge an gerechnet) durch Spiegel,nbsp;die übrigen aber durch Linsen entstehen liefse. Gregory beschreibt nun, des Beispiels wegen, eins diesernbsp;vollkommensten Teleskope. Man solle einem parabo-lischen Spiegel gegenüber einen viel kleineren ellipti-scben Hohlspiegel so aufstellen, dafs beide eine ge-meinscbaftlicbe Achse baben, und der eine Brennpunkt

1) Optica promota, 1663., pag. 92. sqq.

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Erfindung der Spiegel-Teleskope.

des elliptischen mit dein Brennpunkte des paraboli-schen Spiegels zusammen filllt, der andere aker hin-ter dein parabolischen, dein man in der Gegend des Scheitels eine Oeffnung gegeben bat, liegt. An diesenbsp;OefFnung solle man eine Röhre, welcbe dieselbe Acbsenbsp;mit den Spiegeln bat, nnd weit genug ist, urn die vomnbsp;elliptischen reflektirten Stralen aufnelimen zu können,nbsp;befestigeii, imd an dein Ende der Röhre eine plan-konvexe Linse, mit der konvexen Seite gegen dienbsp;Spiegel gekehrt, so anbringen, dafs ihr vorderernbsp;Brennpimkt in den, hinter dein parabolischen Spiegelnbsp;liegenden, Brennpunkt des elliptischen, imd ihre Achsenbsp;in die der Rölire fallt, Ein so eingerichtetes Instrument werdc Weitsichtigen trefïliche Dienste leisten’);nbsp;entfernte Gegenstilnde würden ihnen beinahe im Ver-haltnisse der Entfernungen der Spiegelscheitel vonnbsp;ihrein gemeinschaftlichen Brennpunkte vergröfsert, undnbsp;sehr deutlich erscheinen, die Helligkeit aber werdenbsp;beinabe der des unbewaffneten Auges gleich kommen,nbsp;wenn nur der Durchmesser des parabolischen Spiegels grofs genug ist, um dein Auge die erforderlichenbsp;Lichtstarke zu geben.

Eine Stelle, die bald hernach folgt, wo Gregory sagt, er selbst sei zu imerfaliren in der Mecbanik, umnbsp;Vorkehrungen zum Schleifen solcher parabolischennbsp;Spiegel oder nach Kegelschnitten gekrümmter Glaser,nbsp;wie sie zu diesem reflektirenden Teleskope durchausnbsp;nöthig sein, angeben zu können, versiebere jedocb,nbsp;dafs man vergebens von spharischen Spiegeln undnbsp;Glasern vollkommenere optische Instrumente erwartennbsp;dürfe, so wie der beschrankte Gebrauch, den er dein

]) Erit haec fabrica telescopium opticum, preshytis desti-natum.

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Marcus Marei.

Teleskope niir fiir Weitsiclitige anweiset, zeugen offen-bar, dafs er dassclbe niclit aus der Erfalirung be-sebreibe, and dafs daher aucb bei den Spiegel-Teles-kopen die Theorie der Praxis vorangeeilt sei, ’oie ¦wir dies schon von den beiden, von Kepler angege-benen, dioptrischen Fernröhren wissen.

Oline Zweifel würde Gregory ans Ziel gelangt sein, wenn er nicht von deni AVahne, es sein durehausnbsp;parabolische nnd elliptisehe Spiegel erforderlich, be-fangen gewesen ware. Sein Vorschlag wurde erstnbsp;eilf Jabre spiiter durch Hooke, der sich spharischernbsp;Spiegel bediente, ausgeführt, nachdem Newton, wel-chem die von Gregory angegebene Einrichtung be-kannt war, schon im Jahre 1668. ein kleines, et wasnbsp;anders konstruirtes Teleskop, bei dein statt des el-liptischen Spiegels ein ebener genoininen, nnd dienbsp;Röhre init der Linse an der Seite des Rohres befind-lich war, nnd noch in demselben Jahre ein zweitesnbsp;vollkomineneres nacb derselben Einrichtung zu Standenbsp;gebracht batte. leb werde auf diesen Gegenstand beinbsp;Newton zuriickkomnien.

Joannes Marcus Marei.

Geb, 1395., gest. 1667.

Er deutet die Principien an, auf denen die Newtonsche Farben-theorie berulit.

Bis auf Descartes finden wir die Aristotelische Farbenlehre, welche das Mehr oder Weniger Von Weifs nnd Schwarz, von Licht nnd Schatten, farnbsp;die alleinige Ursache der verschiedenen Farben halt,nbsp;wenig verandert. Höchstens hatte man in eben so

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Marcus Marei,

weitschweifigen, als langweiligen Abhandlungen über die Frage gestritten, ob die Farbe nach der Meinungnbsp;des Empedokles ein materieller Ausflufs (aus deanbsp;Augen), oder ob sie, wle die Peripatetische Schiilenbsp;behaiiptet batte, eine den gefiirbten Körpern iiibari-rende Eigenschaft {^(jualitas inhaerens) sei, die sichnbsp;zwar nur iin Lichte offenbarc, zu. deren Erzeugungnbsp;aber das Licht niebts beitrage. Audi Antoninsnbsp;de Doininis, der urn die Theorie des Regenbogensnbsp;so erhebliche Verdienste hat, weicht in seiner Erklii-rung der Farbcn nicht ¦aesentlich von Aristotelesnbsp;ab. Das rothe Licht soil durch die erste Beimiscliungnbsp;des Dunkelen zum Weifsen, so dafs der Glanz desnbsp;lotzteren nur wenig getriibt wird, das griine durchnbsp;eine stiirkere, das blane durch eine noch stiirkerenbsp;bewirkt werden. Endlich wagt es Descartes, dienbsp;Aristotelische Lebre zu verlassen. Er veruuithetnbsp;eine Aehnlichkeit ZAvischen der Versebiedenheit dernbsp;Farben, und der der Tone, und spricht die Meinungnbsp;aus, dafs die Farben durch eine verschiedene Ge-schwindigkeit der Lichttheilchen, durch einen mehrnbsp;oder weniger starken Anstofs dersclben gegen dienbsp;Netzhaut entsteben mögten, auf iihnliche Weise, Aidenbsp;das Ohr inannigfache Tone blofs durch die verschiedene Geschwindigkeit der Luftschwingungen imter-scheidet. Seine Ansicht findet aber wenig Anklang,nbsp;da es freilich dcr feinsten Beobachtnngen, und desnbsp;A'ollendetsten Kalkuls bedurfte, um diesein, sich dcrnbsp;sinnlichen Wahriiehinung ganz entziehenden, Gedaukennbsp;den Grad von Wahrscheinlichkeit zu geben, den er innbsp;nnseren Tagen erlangt hat.

Diesen Standpunkt nahm die Farbenlehre in der Mitte des siebzehnten Jahrhuiiderts ein, als man an-fing, die bisher gangbaren Ansichten über die Ent-

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Marcus Marei.

stehung der Farben aufzugeben, und jenes System vorzubereiten, das wir bei Newton auf dein Gipfelnbsp;seiner Vollendung finden, wahrend unterdefs die Lehrenbsp;einiger Chemiker jener Zeit, nach welcher der Schwe-fel, oder Salze oder wohl gar Quecksilber, die aliennbsp;Korpern beigeinischt sein sollten, das Priiicip der Farben sind, verdienterweise keiner Beachtung gewiirdigtnbsp;wurde. Finer der ersten, bei denen wir Andeutungennbsp;zur Newtonseben Farbenlelire finden, ist der innbsp;der Uebersebrift genannte Marcus Marei. An ihnnbsp;sebliefsen sick de la Cbainbre, Isaak Vossius,nbsp;Grimaldi und Boyle an.

Joannes Marcus Marei, geboren zu Lands-kron in Bölunen, war Professor der Medicin an der Universitat von Prag, und gehorte zu den gelehrtestennbsp;Mannern seiner Zeit. Nilclist der Medicin widinetenbsp;er seinen Eifer besonders den Naturwissenschaften,nbsp;deren Gebiete ihm durch seine gründlicbe Kenntnifsnbsp;der alten Sprachen, selbst der orientalischen, zugiing-lich waren. Er fand sich aber durch die Leistungennbsp;seiner Vorgiinger so wenig befriedigt, dafs er sich zunbsp;einer Abhandlung von hedeutendein Umfange, die blofsnbsp;von den prisinatischen Farben und vom Regenbogennbsp;handelt ’), veranlafst flihlte.

Schon in dieser Abhandlung finden wir die Prin-cipien, auf welche die Newtonsche Farbentheorie gegriindet 1st, angedeutet, wenn gleich cinige diesernbsp;Andeutungen noch zieinlich unklar und unbestimmtnbsp;sind. Nachdem Marei gegen Kepler geleugnet hat,nbsp;dafs die apparenten Farben nur an der Grenze des

1) Thaumantias. Liher de nrcu coelesti deque colorum apparentium nahira. Authore Joanne Marco Marei. Prague, 1048. 4to. 268 Sciten.

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Marcus Marei.

Lichtes imd Schattens entstelien *), riith er vielmehr, urn zu riclitigeren Begriffen zu gelangen, das prismatische Bild, welches er iris trigonia nennt, in einemnbsp;verfinsterten Zimmer zu heohachten ^). Er Itehauptet,nbsp;dafs das gefarbte Licht hei dem Aïistritte aus demnbsp;Prisma mehr divergire •’); dafs das einmal farhig ge-wordene Licht iiach alien folgenden Brechungen Arie-der dieselhe Farhe zeige*); ja er verfolgt selhst dennbsp;Gedanken an eine verschiedene Brechharkeit des Lichtes durch das ganze Buch: iiherall iiberzeugt man sichnbsp;aher aus seinen BeAveisen, dafs ihm diese Eigenschaftnbsp;der Farhen nicht eine, von der Erfahrung gegehene,nbsp;Thatsache ist. Er glauht sich vielmehr defshalb, weilnbsp;alles, Avas eine adstringireude Kraft hat, Avie Gall-ilpfel, Alaun, zu einem Pigmente gemischt, die Atomenbsp;desselben nilher hringt, und sie intensiver macht, zu

]) Pag. 84.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Braudes sagt in der neuen Ausgabe des Gehlerschennbsp;Worterbuebes unter dem Artikel Prisma, dafs cr, ungeachtet ernbsp;eiiien bedeutendeii Thell des Thaumantias gelcscn babe, die Be-hauptuiig Montucla’s, sebon Marei batte die Versuebe mit demnbsp;Prisma in einem fiiisteren Zimmer angestellt, iiicbt bestatigt ge-funden babe. Von einem schattigen und duiikelcn Orte, an Aiel-cbem man das prismatische Spektrnm beobaebten miisse, sprichtnbsp;Marei (pag. 95.) allerdings, und zAvar mit folgenden AVorten: „Co-lores iridis non nisi in locis umhrosis et opacis apparent^ quonbsp;niniirum lux prhnaria non coincidit, quae huic simidachronbsp;colorato est prorsus inimica. Ah ea enim, seu speculo sen alionbsp;modo in locum iridis rejlexa, colores protinus exsolmmtur.quot;

3) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 21. Radii colorati in egressu trigoni magis diver gunt

4) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 100. Refractio, siiperveniens radio colorato, nonnbsp;niutat speciem coloris. Constitue enim pilam crystallinaninbsp;medio inter visum et trigonum loco, lumenque candelae unanbsp;cum colonbus eversum spectahis, nulla in his facta mutationc-Idem enim color coccineus apicem fiammae, hyacinthinus ra-

dicem tingit----neque per tertium prisma huiusmodi colorum

species translocatae permutantur.

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Marcus Marei.

der Folgerung terechtigt, dafs jede Farbe durch Kou-densation in eine andere verwandelt werden könne. Da er nun das Sonnenlicht fiir eine Farbe halt, dieses aber beim Uebergange aus einem dünneren Mittelnbsp;in ein dichteres anf einen kleineren Brechmigswinkelnbsp;beschriinkt wird, so folgert er eben hierans, dafs ver-schiedene Brechiingen des Lichtes verschiedene Far-ben bew'irken inüfsten (^diversae lucis refractionesnbsp;causant diversos colores').

Wenn aber auch wirklich schon vor Newton alle Griindsatze seiner Farbenlehre ansgesproeben waren,nbsp;wie sich dies bei Grimaldi imd Boyle noch deut-licher zeigen wird, so blieb «doch gerade der Haupt-satz jener Lehre, der von der verschiedenen Brech-barkeit des Lichtes, ein Resnltat der Spekulation, mitnbsp;welchem man keinen klaren Bcgriff verband; wefshalbnbsp;denn auch keine, die apparenten Farben betreffende,nbsp;Erscheinung vor Newton befriedigend erkliirt werdennbsp;konnte.

Auch die subjektive') prismatische Farbenerschei-nung beschreibt Marei, besonders daran erinnernd, dafs etwws Helleres auf einem dunkeleren Grande be-trachtet, oben einen gelbrothen, unteu einen blauen,nbsp;umgekebrt aber etwas Dunkeleres auf einem helleren Grimde oben einen blauen, unten einen gelbrothennbsp;Saum zeige.

Marei bemerkt auch ^), dafs man zugleich mehr, als zwei Regenbogen sehen könne; er ist aber in der

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ich iiclimc dies Wort in der von Göthe in die Optik ein-geführten Bedeutung. Unter der subjektiven prismatischen Farbeii-erscheinung sind die Farben zu verstehen, die sich, wenn dasnbsp;Prisma vor die Augen gebracht wird, zeigen; unter der objekti-ven, Wenn man das Spektrum auf eine W'eifse Ebeue fallen lafst.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Pag. 2ie.

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Isaak Vossius.

Aiiseinandersetzung dieser Behauptung sehr unklar, so wie iin AUgemeinen die ganze Schrift, in welchernbsp;oft der Leser selbst, die Ansichten des Verfassersnbsp;nnd frliherer Optiker widerlegend, eingefiihrt wird,nbsp;durch ihre Weitschweifigkeit abschreckt. Unter vielen angeführten Autoritiiten koinmt, so viel ich finde,nbsp;Des cartes nicht vor, dessen Abhandliing iiher dienbsp;Meteore, in der die Theorie des Regenbogens hereitsnbsp;zu einer viel gröfseren Klarheit erhoben war, Mareinbsp;gar nicht gekannt zu hahen scheint.

Isaak Tosshis.

Geb. 1618., gest. 1689.

Isaak Vossius, zu der heruhmten Hollandischen Gelehrten-Familie gehorig, verdankte die Auszeich-nnngen, die ihin zu Theil warden, inehr seinen Lei-stungen auf dem Gcbiete der theologischen und phi-lologischen Kritik, als auf deni der Naturwissenschaf-ten. Sein Aufenthalt an dem Hofc der Königinnnbsp;Christine von Schweden war nnr von kurzer Dauerjnbsp;er ging, auch von Ludwig XIV. durch ein huldvol-les Sendschreiben und durch Geschenke geehrt, nachnbsp;England, wo er in Windsor bis zur Wiirde eines Ka-nonikus stieg.

Wir kennen schon seine Abhandlung De lucis natura et proprietate^') im Betreff der Aufschliisse,nbsp;welche sie über die Entdeckung des Brechungsgesez-zes giebt. Vossius tritt hierin aber auch als Be-griinder einer neuen Farbenlehre auf, deren Werthnbsp;man indefs schon daraus beurtheilen kann, dafs ernbsp;den Schwefel, der alien Körpern beigemischt sein

1) Amstel., 1662. kl. 4to. 83 Seiten.

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Isaak Vossius.

soil, als den Stoff der Farben, und als die Ursache ihrer Verschiedenheit das verschiedene Verbrennennbsp;dieses Stoffes ansiebt Der einzige, der Beachtungnbsp;wertbe Gedanke, den er bier aufsert, ist der, dafs dienbsp;Farben Bestandtheile des Licbtes scin diirften *). Ernbsp;¦wird aber zu dieser Bebaiiptung nicbt etwa durcb einenbsp;Experimental - Untersiicbung, wie Newton, geleitet,nbsp;sondern viebnehr durcb folgende Scbliisse: „So wienbsp;die Farbe des Scbwefels in der brennbaren Materienbsp;ist, so ist ancb die Farbe der Flamme. Wie aber dienbsp;Flamme ist, so ist ancb das Licbt, welcbes sie ver-breitet. Da aber die Flamme alle Farben entblilt, sonbsp;mufs dies aucb dem Licbte eigen sein” *).

1) nbsp;nbsp;nbsp;De la Chambre batte scbon fdnf Jabre friiber in dernbsp;Schrift La lumière, Paris, 1657. dasselhe hehauptet.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Eiiien anderen Beitrag zur Beurtheiluiig des Zustandes, innbsp;welcbem sich die Farbenlehre knrz vor Newton befand, liefertnbsp;aucb Isaak Barrow, den wir scbon als den ersten Berecbnernbsp;der Vereiniguiigsweiten der Linsen kennen, in seinen Lectionihusnbsp;opticis. Londini, 1674., pag. 85. Es heifst bier:

AI hum est, quod lucem copiosam, par iter uhique spissam, circumfundit. Talia ferme sunt corpora, rariorihus poris in-terpuncta; praesertim, quae multas superficieculas, in omnenbsp;talus ohversas, hahent.

Nigrum est, quod lucem minime net parcissime refundit. Talia plerumque sunt corpora valde pellucida, nec 7ion quaenbsp;crehros meatus et cavernulas, lucem ahsorhentes, hahent.

Ruhrum est, quod lucem effundit hinc inde confertam, ac solito magis constipatam, ast interstitiis umhrosis interruptam.nbsp;Talia concipi possunt corpora, multas inter se quasi fornacu-las et focos Imhentia. Ad ruhri naturam fortasse pertinet,nbsp;quod compyressa luce languidius emicat.

Coeruleum est, quod lucem raram, aut impetu segniore concitatam emittit. Talia videntur esse corpora, quae parti-culis constant alhis ac atris, alternatim dispositis ,* sed et huncnbsp;suhinde colorem ostentant Candida, malignius illustrata,

Viride coeruleo perquam agnatum est.

Caeterum reliqua colorala ex istis varie conmiixtis et con-temperatis emergunt.

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Isaak Vossius.

Die genannte Abhandlung ist meist polemisclien Inhaltes, besonders gegcn Descartes’s Hypothesennbsp;über die Elemente der Körper and ihre Wirbcl, undnbsp;iiber die Natar des Liclites gericlitet. Sie verwickeltenbsp;den Vossins in einen Streit init der Cartesiani-sclien Schale, der öffenllich gefiihrt warde, and ineh-rere Gcgenscbriften veranlafste. Aach die von Al-hazen entlehiite Erkliirang, die Descartes iiber dienbsp;Vergrofserang der Gestirnc am Horizonte giebt, wirdnbsp;ebcn so, Avie die freilicli ganz imhaltbare Hypothesenbsp;Gassendi’s, bestritten. Iin Betreff der ersteren hiiltnbsp;es Vossins fiir angereimt, anzanehmen, dafs jedcsnbsp;Aage aaf gleiche Weise, blofs darch den Einflnfs dernbsp;Phantasie, des Morgens und Abends die Gestirne grosser, als des Mittags, sehen solle; die Erkliirang Gassendi’s aber, dafs sich dcfshalb das Bild der Sonnenbsp;und der librigen Sterne beiin Aaf- vaid Untergangenbsp;gröfser zei ge, weil die Pnpille bei dcm schwiicherennbsp;Lichte der Diimmerang oder der Nacht erwcitert ist *),nbsp;findet er darch die Versuche in der Camera, obscuranbsp;keinesAveges bestiitigt. Vossins ist vielinehr dernbsp;Meinung, dafs die Gestirne defshalb, weil man sienbsp;am Horizcnte darch cine gröfsere Luftmasse sieht,nbsp;grofser erscheinen; ein Grund, der, in dieser Weisenbsp;hingestellt, nicht geeignet ist, die Frage zu erledigen,nbsp;wie dies schon Alhazen gezeigt hat.

So unbedeutend Gassendi’s Verdienste am die Fortschritte der Optik aach sein mogen, so machtenbsp;er zuerst doch aaf eirie Erscheinung aufmerksam, dienbsp;nur einem sehr vorsichtigen Beobachter nicht entge-hen komite, deren wahren Grund er aber nicht ent-

1) Gassendi opera. Florentiae., 1658., tom. III, pag. 386. Eben diese Ansicht theilt auch Dechales, Cursus mathem.,nbsp;vol. Ill, pag. 702.

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Isaak Vossius.

deckte *). Beim Messen des Sonnendurchmessers l)e-diente er sich auch einer Vorrichtung, die aus einein langeren Brette (Fig. 46.) AB, imd zwei an dessennbsp;Enden senkrecht stekenden kürzeren bestand. Deinnbsp;Brette AB katte er die Liinge von 24 Pariser Fiifs,nbsp;jedem der beiden kürzeren die voii einein halben Fufsenbsp;gegeben. Wenn er nun diese Vorricbtung so gegennbsp;die Sonne hielt, dafs die Erweiterung von AB dennbsp;unteren Rand der Sonne in E berübrte, so fand ernbsp;den Schatten BH des Brettes AC auf BH nicht fürnbsp;jede Höhe der Sonne von gleicher Liinge. Bei dernbsp;Höhe von und der von 15“ zeigte sich ein Unter-schied von 1.2 Linien. Der Grund diescr richtigennbsp;Bemerknng liegt aber, wie man sieht, in der bei ver-schiedenen Höhen der Sonne verschiedenen atinosphil-rischen Refraktion. Setzt man die Lange des unteren Brettes =/», die des Brettes AC=zti, die Höhenbsp;BH des Schattens = nnd den sichtbaren Durch-messer BGH der Sonne = so ist:

x — nm. tmig (f.

Da nun der Durchmesser der Sonne von 32^ in der Höhe von 3“ nin l'42^^ in der von 15“ aber mn 6'^nbsp;nach Bradley’s Tafeln durch die atinospharischenbsp;Refraktion verkürzt wird, so ergiebt sich für jenenbsp;Höhe: .r==:3 Zoll, 5.5 Linien, und für diese:

3 Zoll, 3.9 Linien, also beinahe dieselbe Dififerenz, welche Gassendi gemessen hatte.

1) Gassendi opera, torn. III, pag. 386. et 388. Gassendi starb als Professor der Mathematik an dem Collége royal iu Parisnbsp;im Jahre 165S. Die Philosophie Descartes’s, nnd besoudersnbsp;seine Lehre iiber die Natur und 1 ortpflanzung des Lichtes, grift'nbsp;er init solchem Erfolge an, dafs man damals die streitenden Par-teien in Cartesiauer und Gassendisten theilte.

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Grimaldi. nbsp;nbsp;nbsp;321

I^rancisciis Maria Cirimaldi.

Gel). 1G13., gest. 1063.

Er macht auf die unter dem Namen der Beugung bekannfe Eigenschaft des Lichtes aufmerksam, die er aus einer 'wellenformigen Bewegung desselben erklareu zu können giaubt — Die Farbennbsp;halt er fiir Bestandtheile des farblosen Lichtes, nicht aber fiirnbsp;eine, den Kiirpern selbst von Natur inwohnende Eigenschaftnbsp;— Die Ursache der permanenten Farben sucht er in einer, dennbsp;Oberfliichen der Kiirper eigenthiimliclien, Beschaffenheit, geradenbsp;den Bestandtheil des Lichtes, in welchera sie sich uns zeigen,nbsp;zura Auge zu reflektiren.

Grimaldi, Professor der Mathematik in Bologna, dem Jesuiten-Orden angehörig, wird von seinen Zeit-genossen eben so seiner Gelehrsamkeit, Avie seinernbsp;Charaktcrmildc imd Bescheidenheit wegen gerühmt.

inter nos sine (luerela'quot; war das knrze, aber vielsagende Zengnifs, das seine OrdensbrUder bei sei-nem Sarge aussprachen. Von dieser Bescbeidenheitnbsp;zeiigt aucb das Werk '), das allein seinen Namen dernbsp;Nachwelt überliefert hat. Er selbst konnte sich zurnbsp;Veröffentlichimg desselben nicht entschliefsen, unge-achtet er das Bewufstsein in sich tragen mufste, sorg-faltigere Beobachtungen über das Licht, als irgendnbsp;einer seiner Vorgiinger, gemacht zu haben. Erst zweinbsp;Jahre naeh seinem Tode Avurde das völlig ausgearbei-tete Manuscript gedruckt. Leider lindet man abernbsp;auch hier dieselbe Unklarheit, Breite und Weitschwei-figkeit wieder, dnrch welche das Lesen aller von dennbsp;Jesuiten A'erfafsten optischen Werke verkiiinmert wird_nbsp;Grimaldi offenbart eigentlich nicht die Absicht,nbsp;den über die Frage, ob das Licht eine Substauz oder

1) Physico-mathesis de lumine, colortbus et iride, Bono-niuei 16ti5. ¦4to. 335 Seiten.

I. nbsp;nbsp;nbsp;21

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Grimaldi.

eia Accidens sei, so lange schon gefiihrten Streit be-stimmt’zu entscbeiden; er stellt vielmehr alles, was sicli fiir die eine, oder die andere Ansicht sagen liefse,nbsp;zusaminen, und liifst uns über sein eigenes Urtheil innbsp;Ungewifsheit’), Sechszig Propositionen, die im erstennbsp;Buche vorgetragen werden, sollen inehr für die Sub-stantialitat des Licbtes sprechen; diesen werden imnbsp;zweiten Bucbe nur scchs Propositionen entgegenge-stellt, die der Accidentalitat des Licbtes gunstigernbsp;sein sollen.

Das Bemerkenswertheste des ganzen Werkes, die Bescbreibung der Versuche, aus denen Grimaldinbsp;schliefst, dafs das Licbt nicht blofs geradlinig, reflek-tirt und gebrochen ins Auge kommen, sondern dafs esnbsp;auch noch eine vierte Art der Bewegung annehmennbsp;konne, die er Diffraktion nennt, koimnt im An-fange des ersten Buches vor. Bei der Wiclitigkeitnbsp;des Gegenstandes will ich die eigenen Worte desnbsp;Verfassers anfiihren:

„Wenn man durch eine sebr kleine Oeffnung (Fig. 47.) Alt in ein sonst dunkeles Zimmer das Son-ncnlicht bei heiterem Hiinmel einfallen lafst, in dennbsp;Kegel, in den es sich ausbreitet, einen undurchsichti-gen Gegenstand EF bringt, und das Licht zugleichnbsp;mit dein Schatten GH dieses Gegenstandes mit einernbsp;weifsen, auf dem Fufsboden ausgebreiteten Ebene auf-fiingt, so wird man finden, dafs, wenn auch der Schatten GH zu beiden Seitcn einen Haibschatten Gl un^nbsp;JIL neben sich haben mufs, der ganze Schatten den-noch bedeiitend gröfser ist, als er es unter der An.gt;nbsp;nahme, dafs sich das Licht durch die Oefifnung gerad-

1) In der Vorrede wird das Licht ein accidens suhjectabile in corpnrihus diapluinis genamit. In anderen Stellen neigt ernbsp;sich mehr zu der Ansicht, dafs das Licht eine Substanz sei.

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Grimaldi.

linig fortpflanzt, sein sollte, wie ich mich hiervon (lurch wiederholte Beobachtungen iind Rechnungen überzeugtnbsp;babe. Statt des, aus den Durcbinessern von jUS iindnbsp;den Entfernungen BE undnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;nnd den iibri-

gen Bcstiininungssriicken berechneten, Schattens IE sieht man den gröfseren MNquot;

„Anf den Tbeilen MC und ND der stark erleuch-teten Grnndflache lassen sich überdies gewisse Strei-fen (tractus seu scf'ies) eines gefiirbten Licbtes untcr^ scheiden, so dafs in der Mitte eines joden Streifennbsp;zwar ein sebr reines Licht, an den Randern aber einenbsp;Farbe sichtbar wird, nainlich die blaue nach M undnbsp;iF, die rothe nach C nnd D hin. Die brcitesten un-ter diesen Streifen sind die an M und N zuniichstnbsp;gelegenen; scbmaler ist der zweite, und noch schina-ler der dritte (nie aber gelang es, inehr als drei zunbsp;sehen), indem zugleich die Intension des Licbtes undnbsp;der Farben in derselben Ordnung in ibnen abnimmt,nbsp;in welcher sie sich mebr von dein Schatten entfernen.nbsp;Doch werden die einzelnen Streifen desto breiter, jenbsp;entfernter sie liinter dein diinkelen Körper, welchernbsp;den Schatten wirft, aufgefangen Averden, und je schrii-ger man die auffangende Ebene gegen das einfallendenbsp;Licht halt.”

„Die erwahnten Streifen sind mit dem Schatten des dunkelen Körpers parallel, also gerade, wenn dienbsp;Grenze des in den hellen Kegel hineingeschobenennbsp;Körpers gerade ist, und krumm, wenn sie krumm ist.nbsp;Wenn aber der Körper Winkel bat, und daher dernbsp;A^on der weifsen Ebene aufgefangene Schatten anfnbsp;gleiche Weise winkelig ist: dann sind jene Streifennbsp;zwar gerade, so Aveit die geraden Seiten des Schattens fortlaufen, aber um den Schattenwinkel selbst,nbsp;den das Licht auf beiden Seiten von anfsen umgiebt,

21’

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.!/


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Grimaldi.

krümmen sie sicli in slhnlichen Bogen. Stellt z. B. (Fig. 48.) ABC den Schatten vor, der hei B nnd Cnbsp;¦winkelig ist, so sind zwar die farhigen nnd weifsennbsp;Streifeii, so weit sie sich von A imd G his B nnd Enbsp;erstrecken, der Seite AB des Schattens parallel, nndnbsp;ehen so die Streifen, die von C iind H anfangen, undnbsp;sich his B und F hinziehen, der Seite CB des Schattens parallel; aher uin den schattigen Winkel ABCnbsp;herum gehen sie nicht geradlinig fort, sondern sienbsp;krümmen sich in unter einander iihnlicher Kriimmung.nbsp;Bei dem Winkel BCH jedoch, in dessen Flache sichnbsp;Licht hefindet, durchschneiden sich jene Streifen geradlinig, so dafs die Intension der Farhen heim Zn-sammentreifen entwedcr erhöht wird, oder dafs sienbsp;sich unter einander vermischen, wie dies alles in dernbsp;Figur angedentet 1st.”

„Bei sehr lehhaftem Sonnenllchte sake ich die farhigen Streifen in dem Schatten selbst ') hald innbsp;gröfserer, hald in geringerer Zahl entstehen. Hierzunbsp;aher, so wie überhaupt zu diesen Versiichen, darf dernbsp;Gegenstand (Fig. 47.) EF zwar lang, aher nur milfsignbsp;breit, jedoch nicht von zu kleiner Breite sein. Dennnbsp;wollte man ein Haar, oder einen Faden von der Dlckenbsp;einer Nadel anwenden, so würde sich in den Schattennbsp;eines solchen Gegenstandes zu viel Licht mischen, undnbsp;denselben in der Entfernung, in welcher er, wenn far-bige Streifen entstehen sollen, aufgefangen werdennbsp;mufs, unkenntlich machen. Man wende daher liehernbsp;Platten von verschiedener Breite an, nnd wahle unternbsp;ihnen diejenige, deren Schatten, in der erforderlichennbsp;Entfernung aufgefangen, die farhigen Streifen erkennen lafst,”

1) Also durch Licht, das hinter dem dunkelen Körper einwarts gebogen wird.

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Grimaldi.

„Die Zahl der in dem Schatten erscheinenden Streifen wird, unter sonst gleichen Uinstilnden, uin sonbsp;gröfser sein, je hreiter die Platte ist; es werden ihrernbsp;wenigstens zwei, und, wenn eine stiirkere Platte ange-wendet wird, vier sein. Und so werden, nach Ver-hiiltnifs der Dicke und Breite des Gegenstandes EP^nbsp;der aber an beiden Seiten erlenchtet sein mvifs, ineh-rere Streifen, niiinlich sechs, entstehen; immer abernbsp;in gerader Zahl, weil das eine Ende der Platte ebennbsp;so vide Streifen, wie das andere, erzengt. Aber selbstnbsp;bei einer und derselben Platte können mehr oder Ave-niger Streifen sicbtbar Averden, je nachdem sie ent-fernter oder uilber binter derselben aufgefangen Aver-den. Sie sind inn so breiter, je kleiner ihre Anzahlnbsp;ist, und um so scbmaler, je mehrere verhanden sind.”

„Die im Schatten sichtbaren Streifen bebalten ZAvar anch den Parallelismus mit den Randern desnbsp;Schattens bei, und sind gerade, Avenn jene es sind,nbsp;und gckriimmt da, wo der Schatten einen Winkelnbsp;bat; aber es ersebeinen überdies bei einem solchennbsp;Winkel andere kürzere glanzende Streifen über demnbsp;Schatten, die gleicbfalls gekrnmmt sind, und Feder-büschen ahnlich, die, nacbdem sie sich gerade erho-ben baben, zu beiden Seiten hcrabhiingen ’).”

Grimaldi fiihrt noch einen anderen Versucb an, um es aufser Zweifel zu setzen, dafs jeiie farbigennbsp;Streifen Aveder dureb Reflexion, noch durch Refrak-tion entstehen:

„In die Oeffnung eines Fensterladens bringe man eine uudurchsiebtige Platte (Fig. 49.) AB, und lassonbsp;durch eine sehr kleine Oeffnung CD in derselben innbsp;das sonst völlig dunkele Zimmer Sonnenlicht fallen,

1) Sed instar cristarum, quae. in galera past aliquam ipsarum elevationem pendent ad utramque partem.

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Grimaldi.

das sich in Gestalt eines Kegels ausbrelten wird. Die-sen durclischneide man, rechtwinkelig gegen die Achse, mit einer anderen Platte EF^ die gleiclifalls eine kleinenbsp;Oeffnung G'^hat, an einer Stelle, wo der Durchschnittnbsp;des Kegels gröfser ist, als diese Oeffnung, so dafs sienbsp;ganz mit Licht erfüllt wird. Dieses Licht nun, welches durch die zweite Oeffnung hindurcUgegangen ist,nbsp;nnd gleichfalls die Gestalt eines Kegels anniinint, zeigtnbsp;mit einer weifsen, auf der Achse des Kegels winkel-recht stehenden, Ehene aufgefangen, nicht etwa dienbsp;Grundfliiche NO,, wie es die geradlinige Bewegungnbsp;des Liclites erfordert, sondern eine merklich gröfserenbsp;MK, wie ich mich öfter hiervon iiherzeugt hahe.”

Diese Versuche sind es, die den Grimaldi he-stimmen, dem Lichte eine wellenformige Bewegung beizulegen, „So wie sich”, sagt er, „wenn man einennbsp;Stein ins Wasser wirft, um diesen, wie um einen Mit-telpunkt, kreisförmige Erhöhimgen des Wassers bilden, gerade so entstehen um den Schatten des un-durchsichtigen Gegenstandes (Fig. 47.) EP jene glanzenden (sich in weifsem Lichte zeigenden) Streifen,nbsp;die sich, nach Verschiedenheit der Gestalt des letzte-ren, entweder in die Liinge aushreiten, oder gekrümmtnbsp;erscheinen. Uiid so wie jeiie kreisförmigen Wellennbsp;nichts anderes sind, als angehauftes Wasser, um welches sich auf beiden Seiten eiiie Furclie hinzieht, sonbsp;sind auch die glanzenden Streifen nichts anderes, alsnbsp;das Licht selbst, das durch eine heftige Zerstreuungnbsp;ungleichmafsig verthcilt, und durch schattige Intervallenbsp;getrennt wird *). So wie endlich die kreisförmigennbsp;Wasserwellen breiter werden, wenn sie sich inehr von

1) Series lucidae sunt ipsum lumen, violenta diffusione in-aequaliter distrilmtum, et umbrosis intervallis distinctum. Pag. 18.

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Grimaldi

dein Quelle ihrer Erregung entfernen; eben so bemerken wir dasselbe an den glanzenden Streifen, je welter sie von dem Anfange ihrer Erregung abstehen. Dieser Anfang aber ist die DifPraktion und das An-stofsen des Lichtstoffes sowohl bei dem Eintritte innbsp;die kleine Oeflfnung des Fensterladens, als auch be-sonders an den Enden des undurchsichtigen Gegen-standes, der in den Llchtkegel gebracht wlrd.”

Als die Ursaclie der Farben sieht Grimaldi eine gewisse innere Modifikation des Lichtes an, die wahr-scheinlicb in einer Aenderung der Art nnd Geschwin-digkeit der Bewegung bestebe, so dafs die Verscliie-denheit der Farben eben so dutch Erzitterungen desnbsp;Lichtstoffes, die mit ungleicher Geschwindigkeit dennbsp;Sinn des Gesichtes afficiren, bewirkt wird, wie dienbsp;der Tone durch Luftschwingiingen von ungleicher Geschwindigkeit. So zeigeii fein gestreifte Fliichen, dienbsp;Fiiden der Spinnengewebe, die Federn gewisser Vogel, aus viclfarbigen Faden gewebte Kleider, verschie-dene Farben, je nachdem sich bald diese, bald jenenbsp;Seite dieser feinen Streifen dem Auge darbietet, undnbsp;das Licht in einer solchen Undulation zuriickwirft, wienbsp;sie zu jeder Farhe erfordert wird '), Die Ursachenbsp;der permanenten Farben liege wahrscheiiilich in demnbsp;inneren Gefiige farbiger Stoffe, in der Lage der Foren, damit gerade die Farbe, welche der Korper zeigt,nbsp;reflektirt werde -).

Ungeachtet schon aus allem diesen hervorgeht, dafs Grimaldi die Farben fiir Bestandtheile des farb-losen Lichtes angesehen wissen wolle, so spricht ernbsp;sich hieriiber doch noch bestimmter im zweiteu Buche

1) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 29.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Prop. 42.

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Boyle.

aus, wo er wiederholentlich erkliirt, dafs, wenn auch das Licht ein Accidens sein sollte, die Farhen dochnbsp;nicht ctwas vom Lichte Verschiedenes sind, das innbsp;den gefiirhten Körpern, nach Anslöschung desselhen,nbsp;zuriickhleibe, dafs vielinehr alle Farhen, die apparen-ten sowohl, als auch permanenten, nicht fur etwasnbsp;aufserhalh des Lichtes, oder von der Wesenheit desselhen reell Verschiedenes gehalten werden dürfen*).

Robert Boyle.

Geb. 1627., gest. 1691.

Die Farbe ist nicht eine den Körpern, die man gcfïirbt nennt, von Natiir inwolmende Qualiliit, sie ist vielmelir das Licht selbst,nbsp;das an der Oberflache jener Korper dahin modificirt vvird, iinnbsp;Auge die Empfindung, welclie eine Farbe heifst, hervorzubrin-gen, sie ist eine ftnalitat dcs Lichtes.

Robert Boyle, Sohn des Grafen Richard von Kork, war durch das von seinem Vater ererhte Vermogen in den Stand gesetzt, seiner Neigung zu dennbsp;Naturwisseuschaften, und hesonders ziir Chemie, sichnbsp;ungehemmt hingehen zu kunnen. Sein wissenschaft-licher Eifer fand um so mehr Aufmunterung, da imnbsp;Jahre 1662., also gerade in der Rluthe seines Lehens,nbsp;die Societiit der Wissenschaften in London ihre Statuten, und den Namen eincr Koniglichen von Karl II.nbsp;erhielt, und sich der hesonderen Gunst dieses Fürstennbsp;erfreuete. BojAe ist eins der ersten Mitglieder die-ser Societiit, deren Ruhm durch ihn, so wie durchnbsp;Hooke und Newton, hegrlindet wurde. Von Naturnbsp;zum Schwennuthe geneigt, suchte er Trost in den

1) Non sunt aliquid extra lumen ^ seu realiter distinctum a luminis entitategt;

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B oyle.

heiligen Schriften, die er in den Ursprachen studirte. Mehrere theologische Werke, und die Gründung an-sehnlicher Stiftungen znr Befestigung und Verhreitungnbsp;des Christenthinns, waren die Frucht dieser Studiën.nbsp;Die von seinen Zeitgenossen gerühinte grofse Be-scheidenheit seines Charakters im geselligen Uin-gange spricht sich auch in jeder Zeile seiner Schriften aus.

Das Werk, von dem allein hier die Rede sein kann, sind seine Experimenta et considerationes denbsp;coloribiis^ die zuerst in Englischer Sprache iin Jahrenbsp;1663. erschienen, also drei Jahre früher, als Newtonnbsp;seine Analyse des Lichtes der Societal hekannt machte.nbsp;Die Abhandlungen sind in der Form von Briefen annbsp;einen Freund, dem der Name Pyrophilus gegehennbsp;wird, geschrieben, mn ilmen desto hesser das Gewandnbsp;von freundschaftlichen 3Iittheiluugen anpassen zu kön-nen, da Boyle’n die Farbenlehre viel zu wenig er-forscht schien, als dafs er sie in wissenschaftlichernbsp;Form vertragen dürfte.

Dafs eine Verschiedenheit der Farhe hei einem und demselben Körper mit einem verschiedenen Ge-füge der Atome zusammenliange, und dafs das Lichtnbsp;hesonders an der Oherflache der Körper, wclclie wirnbsp;gefiirht nennen, disponirt werde, den Eindruck dieser oder jener Farbe auf das Auge zu machen, diesnbsp;scheint Boyle’n aus mehreren Thatsachen hervor-zugchcn. Wenn man eine dunne Stange Stalil innbsp;gUihenden Koblen erhitzt hat, ihn aher nicht sogleich,nbsp;Avenn man ihn aus dem Feuer nimmt, iii kalles Wasser steekt, sondern ihn erst fiber einem Wasserhcckennbsp;his zu dem Augenblicke halt, wo er zum Rothglühennbsp;ühergeht, und ihn dann in kaltem Wasser löscht, sonbsp;zcigt der so gehartete Stahl eine ins Weifse spie-

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Boyle.

lende Farbe. Polirt man ihn hieratif au dein einen Ende, nnd balt dies zum Theil in die Flainine einernbsp;Leuchte, so sieht man bald nachber den aufserbalbnbsp;der Flamme liegenden Theil, der einen halben Zollnbsp;nnd noch mehr betragen kann, sehr schnell von einernbsp;Farbe zur anderen übergeben, voin Hellgelben zumnbsp;mehr gesüttigten Gelben nnd Rothen, nnd dann vomnbsp;Hellblauen zu einem tieferen Blau. Löscht man dennbsp;Stahl, wenn er die gelbe Farbe zeigt, sogleich in Un-schlitt, so bat er einen solchen Grad der Harte, dafsnbsp;er zu Bohrern, Meil’seln nnd ahnlichen Instrumentennbsp;gebruncht werden kann. Lafst man ihn aber wenigenbsp;Minuten langer in der Flamme, bis er die hellblauenbsp;Farbe zeigt, so wird er viel weicher, nnd ist niirnbsp;noch zu Uhrfedern iind ahnlichen Dingen brauchbar,nbsp;woher auch jene gewöbnlicb blau sind. Bleibt end-lich der Stahl so lange in der Flamme, bis die dun-kelblaue Farbe hervortritt, so wird er so weich, dafsnbsp;er von nenem gehartet werden mufs, ehe er zu Bohrern nnd Messerklingen gebruncht werden kann. Allenbsp;jene Farben zeigt aber der Stahl, wenn er zerbrochennbsp;wird, nur an der aufsersten Oberflaclie. Dasselbe bemerkte Boyle ancb an anderen Metallen. Wenn ernbsp;geschmolzenes Blei in ein eisernes Gefafs gofs, nndnbsp;inöglicbst schnell das Oxyd der Oberflilche abnahin,nbsp;so folgten die lebbaftesten Farben, ohne eine be-stimmte Ordnung bei ihrer Wiederkehr zu beobach-ten, so schnell nach einander, dafs er kanin Zeitnbsp;batte, ihre Folge zu bemerken; die Farbe aber, welchenbsp;das Blei, wenn es fest wurde, gezeigt hatte, behieltnbsp;es gleichfalls nur an der aufsersten Oberflache.

Boyle halt es nicht für unwahrscheinlich, dafs die TJrsache der Modifikation des Lichtes, vermögenbsp;deren es an der Oberflache der Körper farbig wird.

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Boyle

theils in den unzahligen Erhöhungen und Vertiefun-gen liege, die man mit einein Mikroskope selbst an den Korpern, welche sich dem unbewaffneten Augenbsp;als vollkoinmen glatt darstellen, wahrniinmt, theils innbsp;der Gestalt der Körpertheilchen an der Oberflache,nbsp;theils in ihrer Lage sowolil gegen einander, als aiichnbsp;in Beziebung auf das Licht und das Auge. Er findetnbsp;diese Ansicht schon defshalb nicht unwahrscheinlich,nbsp;weil es Blinde gebe, die blofs durchs Gefuhl die Far-ben unterscbeiden können, wie Joannes Verniaa-sen, aus der Gegend von Maastricht, der in einemnbsp;Alter von zwei Jaliren durcb die Pocken das Gesichtnbsp;verloren batte. Der Anatom Finch, der anfangsnbsp;zweifeite, oh dabei nicht ein Betrug obwalten mögte,nbsp;begab sich selbst nach Maastricht. Der Blinde, demnbsp;die Augen verbunden, und Biinder von verschiedenennbsp;Farben vorgelegt waren, fehlte, nachdem er diesenbsp;vier- oder flinfmal angegeben hatte, nur zweimal; ernbsp;hatte die weifse mit der schwarzen, und die rothe mitnbsp;der blauen Farbe verwechselt. Er erkliirte sich dahin,nbsp;dafs die schwarze und weifse Farbe die rauhesten sein,nbsp;und sich einander so iihnlich, dafs es schwer sei, sienbsp;zu unterschciden; die rauhere aber sei die schwarze.nbsp;Griin sei an Rauheit dem Weifsen am nilchsten, Graunbsp;{^caesius color) dem Griinen. Dann folge die gelbenbsp;Farbe. Roth und Blau aber sein einander so iilinlich,nbsp;dafs man sie leicht verwechseln könne, doch sei erste-res ein wenig rauher, als das letztere.

Aus vielen Experimental - Untersuchungen, die Boyle angestellt hatte, folgert er, dafs die weifsennbsp;Körper diejenigen sein, die unter alien am meistennbsp;das Licht, welches sie empfingen, zurlickwerfen, dafsnbsp;folglich die permanente weifse Farbe nicht eine Qua-litat, eine solchen Korpern von Natur inwohnende

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Boyle.

Eigenschaft, die ihnen selbst hei der Ahwesenheit des Lichtes hleihe, genannt werden könne. Er schliefstnbsp;dies unter anderen daratis, dafs er hei dem reinstennbsp;Schnee, den er in ein völlig dnnkeles Ziininer gebracht hatte, dnrchans nichts Weifses bemerken konnte.nbsp;In einem eben solchen Zimmer steilte er nicht weitnbsp;von einer OefFnnng, durch welcbe Licht einfiel, einnbsp;Blatt weifsen Papieres auf, liefs von diesein die Sou-nenstralen auf eine weifse Wand fallen, und fand, dafsnbsp;ein solches weifses Blatt hei weitem mehr Licht zu-rückwarf, als wenn er es von einer anderen Farbenbsp;wilhlte. Wenn er Brennspiegel ‘) gcgcn ein Stucknbsp;weifsen Papieres richtete, so verging langere Zeit,nbsp;ehe das Papier entzündet, oder selbst nur entfarhtnbsp;warde; nahin er aber schwarzes Papier, so wurde esnbsp;augenblicklich entzündet. Dabei zeigte sich das Son-nenbild auf dein weifsen Papiere nicht so scharf be-grenzt, wie auf dem schwarzen. Zog er auf die Handnbsp;einen schwarzen Handschuh, so wurde sie sehr schnell,nbsp;und viel starker erwarint, als wenn er die hlofsc Handnbsp;gegen die Sonne hielt, oder einen weifsen Handschuhnbsp;anzog.

Aus diesen und mehreren anderen Versuchen schliefst mm Boyle, dafs die Körper, welcbe wirnbsp;weifs nennen, die Eigenschaft hahen, die Lichtstralennbsp;nicht nach sich, sondern von sich zu reflektiren, undnbsp;dafs die Theilchen an der Oberflache soldier Körpernbsp;gröfstenthcils koiivex sein mögten. Doch will er diesenbsp;Behauptung, so wüe überhaupt alles, was er über dienbsp;Farben sagt, als eine hlofse Konjektur, bei welchernbsp;er wenigstens die ineiste Befriedigung finde, angese-

1) Vulgaria specula caustica^ lualia solent adliiheri ad Nicotianam accendendam.

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Boyle.

hen wissen. Auf die konvexe Gestalt der Theilchen an der Oberflilche weifser Körper wird er besondersnbsp;dadurch geleitet, dafs der aus konvexen Blaschen be-stehende Schanm beliebig gefilrbter Körper sick je-desinal weifs zeige.

Die Entstebbng des Scbwarzen erklart Boyle aus Ursachen, die denen, durch welche das Weifsenbsp;bewirkt wird, entgegengesetzt sind.

Was aber die iibrigen Pigniente betrifft, so fand er, dafs unter ibnen von dem rothen das ineiste Licht,nbsp;weniger von dem gelben, noch weniger von dem grli-nen mid blauen reflektirt wird. Ein marmorirtes undnbsp;gegliittetes Stiick Papier warf sein Licht mit unglei-cher Zerstreuung zuriick.

Die von Kircher iiber die Tinktur des nepliriti-schen Holzes angestellten Beobachtungen berichtigte Boyle. Er konnte nur zwei Farben imterscbeidcn,nbsp;wenn er die Tinktur in ein glasernes Gefiifs gofs.nbsp;Bei durchgehendem Lichte zeigte sie sich goldfarben,nbsp;init Aiisnahme des obersten Bandes, der zuweilen insnbsp;Hiinmelblaue spielte; bei zuriickgeworfenem Lichtenbsp;aber war sie dunkelblaii, Auch die Tropfen, dienbsp;etwa an dem Gefiifse hangen blieben, zeigten ebennbsp;diese Farbe. War sie aber stark gesattigt init demnbsp;Farbestoffe des Holzes, so ging die gelbe Farbe desnbsp;durchgelassenen Lichtes ins Böthliche über. Wennnbsp;er etwas von dieser Tinktur auf weifses Papier gofs,nbsp;wnd, den Riicken der Sonne zugekehrt, den Schattennbsp;einer Feder auf dieselbe fallen liefs, so bemerkte ernbsp;ihn nicht dunkel, sondern farbig, an den Randernnbsp;goldgelb, und im Inneren blau. Gofs er ein wenignbsp;destillirten AVeinessigs in die Tinktur, so zeigte sienbsp;bei jeder Lage gegen das Licht nur die Goldfarbe.nbsp;Ihre friihere Eigenschaft erhielt sie dann erst wieder.

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Verbesserung der Feruröhre und Mikroskope.

wenn er den Weinessi g durch einige Tropfen flüssi-gen Weinsteinsalzes neutralisirte.

Man sieht aiis allem diesen, dafs sich die ersten Andeutungen zu der von Newton gegebenen Erkla-rung der permanenten Farben scbon bei Boyle fin-den. Dieser scheint aucb der erste Optiker zu sein,nbsp;der auf die bekannte Verschiedenbeit der Farbe, welchenbsp;dunne Goldblattchen bei durcbgelassenein und reflek-tirtem Lichte zeigen, aufinerksain inacbte, aucb dienbsp;Farben anderer dunnen Lamellen, namentlich der Sei-fenblasen, als eine Erscbeinung hinstellte, die einernbsp;gröfseren Beachtung werth sei.

Von der Verliesserung der Vemrolire imd Jflikroisfeope in der Mitte undnbsp;gegeu das Ende des siekzelinteunbsp;«fahrlmnderts.

Divinij Campani, Neille, Reive, Cox, Borel, Auzout und Hartsoeker schleifen Objektiv-Glaser von sehr grofsennbsp;Brennweiten — Gascoigne erfindet die Mikrometer — Dienbsp;Mikroskope werden verbessert von Divini, Hartsoeker,nbsp;Adams, Gray und Leeuwenhoek,

Ebe icb zu der neuen Epocbe, die mit Newton fiir die Optik begann, übergehe, babe icb noch einigenbsp;Werke, meist von bedeutendem Umfange, zu nennen,nbsp;die sich mehr durch Anleitungen zu einer vollkomme-neren Technik, als durch die Mittheilung wichtigernbsp;Entdeckungen, oder durch eine zweckmafsigere Methode auszeichnen.

Zu diesen Werken gehort die Dioptrique ocu-

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Verbesserung der Fernröhre und Mikroskope.

laire ') des Chérubin d’Orleans, und desselben Verfassers La vision farfaite ^), des Jesuiten Za-cbarias Traber Nervus opticus^)^ des Jobannesnbsp;Zabn Ocwlus artijicialis teledioptricusMebr aufnbsp;die Theorie bescbranken sicb Andreas Tacquet ®)nbsp;und William 3Iolyneux «).

In Folge aller dieser Bemübungen macbte die Tecbnik in der Mitte des siebzebnten Jahrhundertsnbsp;sehr bedeutende Fortscbritte. Die Objektiv-Glaser,nbsp;die aus den Werkstatten des Eustachio Divini innbsp;Rom, und des Matthilus Campani in Bolognanbsp;bervorgingen, zeicbneten sicb eben so durcb die Langenbsp;ibrer Brennweiten, wie durcb die Güte der Glasmasse,nbsp;imd durcb die Genauigkeit, mit der sie gescbliffennbsp;waren, aus. Bei seinen kostspieligen Unternehinimgennbsp;von Ludwig XIV. unterstützt, brachte Campaninbsp;Gliiser von secbs und acbtzig, bundert, und bundertnbsp;secbs und dreifsig Pariser Fufs Brennweite zii Stande®).nbsp;Mit Gliisern dieses Künstlers, denen man den Vorzugnbsp;selbst vor den Diviniscben gab, entdeckte Cassininbsp;die beiden nacbsten Trabanten des Saturn.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Paris, 1671. Fol. Chérubin d’Orleans gehorte demnbsp;Capuciiier - Orden an.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Paris, 1678. Fol.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Wieu, 1673. Fol. Eine zweite Ausgabe erschien AVien, 1690.

4) nbsp;nbsp;nbsp;AViirzburg, 1683. Fol. Eine zweite Ausgabe erschien Nürnberg, 1702. Zalm gehorte zum Orden der Pramonstratenser.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Opera mathematica. Antverpiae, 1669. Fol. Eine zweitenbsp;Ausgabe ist vom Jalire 1707.

0) Treatise of dioptricks. hond. 1692. 4to.

7) nbsp;nbsp;nbsp;Er ist A'erfasser der Schrift: Horologium, solo naturaenbsp;motu atque ingenio dimetiens et numerans momenta temporis,nbsp;constantissime aequalia. Accedit circinus sphaericus pro ten-tilnts telescopiorum tornandis ac poliendis. Ad L/udovicum X.IV,nbsp;Amstel. 1678.

8) nbsp;nbsp;nbsp;Montncla, tom. II, pag. 309.

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Verbesserung der Fernröhre und 3Iikroskope.

In England geboren zu den berühintesten prakti-scben Optikern jener Zeit Paul Neille, Reive und Cox, von denen der letztere ein Objektiv-Glas vonnbsp;hundert Fufs Brennweite scbliff ‘).

In Frankreicb zeicbneten sicb bierin Peter Bo-rel und Au zo ut aus, dem sogar ein Objektiv von secbsbundert Fufs Brennweite gelang, das er aber,nbsp;aus Mangel an einer scbicklicben Vorricbtimg, nicbtnbsp;gebraucben konnte ^). Nicolaus Hartsoeker, dernbsp;Objektiv-Gliiser von noch gröfseren Brennweiten ge-scbliffen haben soil, befestigte sie an der Spitze bo-her Gegenstiinde, da auch er nicht Röhren von sol-cher Liince anwenden konnte, welcbes Verfabren vonnbsp;Huygens verhessert wurde, der das Objektiv in einenbsp;kurze Röhre fafste, und diese inittelst einer Nufs annbsp;der Spitze einer hohen Stange befestigte, so dafs ernbsp;durch eine dunne Schuur, die über eine, an dernbsp;Stange befindlicbe RoIIe lief, dem Glase die erfor-derliche Stellung geben konnte. Aucb das Okularnbsp;war in eine solche Röbre gefafst, und an der Stangenbsp;zugleicb eine Vorricbtimg getroffen, um das Objektivnbsp;höber oder niedriger stellen zu kennen. De la Hirenbsp;aber fand es zweckmiifsiger, die Röhre des Objektivsnbsp;fortzulassen, und dieses blofs in ein Brett zu fassen ^).

Die Ursache, aus welcher man damals, als die achromatischen Objektive noch nicht erfunden waren,nbsp;den Gliisern so grofse Brennweiten zu geben suchte,nbsp;liegt bekanntlicb in der Farbenzerstreuung, die zur

1) nbsp;nbsp;nbsp;Ho ohe's Experiments, pag. 261.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Montucla, toin. II, pag. 509.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Eiiie ausfiihrliche Besclireibung dieser ganzen, jetzt vüllignbsp;unbrauchbar gewordenen, Vorrichtung findet man in der Deutschennbsp;Febersetzung von Smith’s Optik, pag. 328. sqq. aus Hugeniinbsp;astroscopia compendiaria, ttdti optici molimine liberata, Hague, 1684.

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Verbesserung der Fernröhre uud Mikroskope.

Folge hat, dafs bei einem gleichen Grade der durch sie bewirkten Uiideutliclikeit die Vergröfserungszah-len sich wie die Quadrat-Wurzeln aus den Brennwei-ten der Objektive verbalteii, wie dies schon Huygens fand ‘).

Eine wesentlicbe Verbesserung erfubren die astro-nomiscben Fernröhre auch durch die Erfindung der Jlikroineter, die zuerst von William Gascoignenbsp;gebraucbt wurden. Enter den Vertbeidigern Karl’s I.nbsp;fiel er bei Marstomnoor früber, als er diese seinenbsp;Erfindung veröffentlicht batte; doch kam sein Instrument in die Hiinde Townley’s, der in dennbsp;„Pliilosopbiscben Traiisaktionen” eine Beschreibimgnbsp;desselben gegeben hat ^). Die Papicre Gascoigne’s,nbsp;die seine mit dein Mikrometer angestellten Beobach-tungen entbalten, sind vom Jahre 1640. Em die Durcb-inesser der Planeten, oder anderer sehr kleiner Ge-genstiinde, zu messen, brachte er sie zwiscben dienbsp;scharfen Kanten zweier metallcnen Platten, die annbsp;dein Ortc des Bildes aufgestellt waren, und derennbsp;Entfernmig geandert werden konnte. Weil aber einnbsp;helles Bild anf einem dunkelen Grunde immer gröfsernbsp;gesehen wird, als es wirklich ist, so zog Hooke die-sen Platten lieber ZAvei parallel gespannte Haare A'or.nbsp;Hes aus vier Kreuzfaden, die sich uiiter 45° schnei-den, besteken den Mikrometers bediente sich zuerstnbsp;Cassini.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Dioptr., prop. 36. Huygens, der bei einer gleichen Un-deutlichkeit wegen der Farbenzerstreuung auch eine gleiche Hel-ligkeit der Bilder in den Fernröhren voraussetzt, und defshalb dasnbsp;Verlialtnifs der Vergröfserungen dem der Objektiv-Aperturen gleichnbsp;nimint, findet cigentlich, dafs sich unter diesen Voraussetzungennbsp;die Aperturen der Objektive wie die QuadratWurzéln aUs deil Brenn-weiten derselben verhalteii.

2) nbsp;nbsp;nbsp;No. 25. pag. 457.

I. nbsp;nbsp;nbsp;22

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Verbesserung der Fernröhre und Mikroskope.

AucL bei den Mikroskopen wurden in der Mltte und gegen das Ende des siebzelinten Jalirhundertsnbsp;wesentliche Verbesserungen geinacht. Der schon frü-her genannte Divini snchte eine geringere Farben-zerstrcuung nnd eine starkere Vergrölserung des Ob-jektes und des Gesichtsfeldes dadurch zu erreichen,nbsp;dafs er das Objektiv ans zwei doppelt-, nnd das Okn-lar aus zwei plan-konvexen Linsen zusammensetzte,nbsp;die sich init ihren erbabenen Seitcn berübrten. Hart-soeker nahm zu jnikroskopiscben Linsen glasernenbsp;Kügelcben, die er dadurch erbielt, dafs er diinnenbsp;Glasfaden in einer Alkoholflamme kugelförinig zusam-menrollte, und sic darin schmclzen liefs. Adams be-reitete sicb noch kleinere Kugeln, indem er blofs dienbsp;Enden sebr dunner Glasfaden in einer Alkoliolflaininenbsp;schmolz. Diese Kugelmikroskope lassen zwar iin Be-treff der Vergröfserung nichts zu wünscben übrig, sienbsp;geben aber ein zu kleines Gesichtsfeld, auch stellennbsp;sie hinsichts der Helligkeit den mikroskopischen Linsen nach, weil bei ilmen das Objekt fast uninittelbarnbsp;an der Glasflache, nainlich in der Eutfernuiig desnbsp;Brennpunktes, aufgestellt werden mufs, die Brenn-weite glaserner Kugeln aber der Halfte des Halbnies-sers gleich ist.

Stephan Gray nahm Wassertröpfchen, die er in runde Löchcr brachte, zu mikroskopischen Linsen.nbsp;Da sie noch kleiner, als die glasernen Kügelchen, ge-macht werden können, so wird die geringere Brechungs-kraft des Wassers dadurch ausgeglichcn. Brachte ernbsp;die mikroskopischen Gegenstande in diese Wasser-tropfchen seibst, so erhielt er eine Vergröfserung,nbsp;welche die bei der gewöhnlichen Stellung der Ob-jekte lm Brennpunkte der Wasserkügelchen mehr,nbsp;als dreimal übertraf, indein daim die dem Aiige ge-

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Verbesserung der Feniröhre uud Mikroskope.

genüber liegende konkave Seite des Tröpfchens wie ein Hohlspiegel wirkte *). Stellt nainlich (Fig. 50.)nbsp;ADB den Durchsclinitt des halben Wassertropfensnbsp;vor, und ist sein Halbinesser CA — r, so mufs sichnbsp;das Objekt au einer solcheii Stelle F zwischen A undnbsp;C befinden, dafs der Stral FE nach seiner Reflexionnbsp;in E, und seiner Brecbung in /?, der Achse AB parallel quot;wird. Uin mm diese Stelle zu ermitteln, be-stimme man zuerst den Punkt 6r, in welchem die Ver-langeruug des Strales DE die Achse schneidet, nachnbsp;der Halleyschen Formel;

afn

a{n—i) —f

iiidem man hierin ar=GD, ƒ— — weil der Stral GD auf die konkave Seite des Bogens BD fallt, undnbsp;weil er aus Wasser in Luft übergeht, n = \ setzt. Esnbsp;ist alsdann a^zBG — lo'^ daher AG — 'ir^ und nach

der Gleichung — = — -t- —, wenn die Brennweite des

reflektircnden Bogens AE, niimlich p'=—^ und a; — AGz=2r geuommen wird:

AF-. CF=%,


Für die Weite des deutlichen Sehens = 8Zoll ist folg-

40


und die im

lich die Vergröfsernng in P-= nbsp;nbsp;nbsp;= -

Brennpimkte, der bei einem Wassertropfen in der Ent-feriiung 2r von C liegt, beide verhalten sich also

wie 10:3. Gray fand bei Mikroskopen dieser Art die Bilder am deiitlichsten, weiin er sic in einem dun-kelcu Zimmer bcim Kerzenlicbt beobachtete.

1) Smith’s Optik, pag. 347. sqq.

22*

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Von den Brennlinien.

Sehr berühmt waren in jener Zeit auch die ein-fachen Mikroskope von Leeuwenhoek, weniger ihrer Vergröfseriing, als der Deutlichkeit der Bilder wegen,nbsp;die durch die Reinlieit des zu den Linsen gewiihltennbsp;Glases erreicht wurde '). Leeuwenhoek kain auchnbsp;zuerst auf den Gedanken, undurchsichtige Ohjektenbsp;mittelst einer kleinen inessingenen Schiisscl zu he-leuchten, den in der Folge Lieberkiihn zweckinafsi-ger ausfiihrte.

Toil den Breuiilliiieii.

Wenn die Lichtstralen nach ihrer Zuriickwerfiuig Oder Brechung nicht auf denselhen Punkt der Achsenbsp;gerichtet sind, so werden sie Tangenten einer Kurve,nbsp;die aus einer stiitigen Folge von Durchschnittspunk-ten unendlich naher zuriickgeworfener oder gehroche-ner Stralen hesteht, Diese Kurve heifst Brennlinienbsp;durch Zuriickwerfung oder Katakaustika, wennnbsp;sie durch Spiegel entsteht, Brennlinie durch Brechung oder Diakaustika, wenn sie durch hrechendenbsp;Mittel erzeugt wird. In dein sogenannten Brennpunktenbsp;spharischer Spiegel und Glaser koncentriren sich alsonbsp;nur defshalh die meisten Stralen, well sich hier dienbsp;Zweige jener Kurven vcreinigen, wahrend es cigent-lich unendlich vide soldier Vereinigungspunkte dernbsp;Stralen gieht, die man, wenn z. B. ein Hohlspiegelnbsp;iin Rauche, oder in einer mit vielem Stauhe erfiilltennbsp;Luft, gegen die Sonne gehalten wird, selbst sichtbarnbsp;machen kann.

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341

Voii den Brennliiiien.

Schon Maiirolycus hatte, wie ich dort bemerkt babe, auf die Eiitstehung der Brennlinien aufmerksamnbsp;gemacbt. Die Theorie dieser Linien aber ist zunbsp;schwer, als dafs man sie früber, als gegen das Endenbsp;des siebzehnten Jalirhunderts, eiiier Zeit, die so reichnbsp;war an treiflicheii Geoinetern, batte feststellen können.

Zuerst bat Huygens die Breimlinie eines Hobl-spiegels für parallel einfallende Stralen ricbtig be-stiinmt *). Von der Brennlinie, welcbe durcb die Brecbung paralleler Stralen in einer sphilriscbennbsp;Flacbe entstebt, bemerkt er nur, dafs sie nacb einemnbsp;von Barrow in der zwölften optiscben Voriesung bewiesenen Tbeoreme gefimden, und dafs sie rektificirtnbsp;werden könne. Jene Abbandlung des Huygens istnbsp;zwar erst im Jabre 1690. gedruckt, aber scbon imnbsp;Jabre 1678. gescbrieben worden.

Früber wurde daber die Konstruktion eben dieser Katakanstika von Tscbirnhansen bekannt ge-inacbt. Man solle nainlicb über dem Halbmesser (Fig. 51.) CB des reflektirenden Halbkreises ADBnbsp;einen zweiten Halbkreis CLB bescbreiben, und dienbsp;Stücke LdE^ MH u. s. w. der Ordinaten, welcbe zwi-scben beiden Halbkreisen liegen, halbiren, um dienbsp;Punkte dieser Brennlinie zu erbuiten^). De la Hirenbsp;wies jedocb die Unricbtigkeit dieser Konstruktionnbsp;nacb, worauf Tscbirnhansen gestand, dafs er sicbnbsp;in den weitlaufigen Rechnungcn geirrt babe, dafsnbsp;diese Brennlinie viebnebr von solcher Bescbaffenheitnbsp;sei, dafs sicb ihre Lange zu der des Spicgelhalbmes-sers, wie 3 :2 verbalte ®). Obgleicb diese Bebauptungnbsp;ricbtig ist, so bleibt es docb wahrscbeinlich, dafs

1) nbsp;nbsp;nbsp;Be lumine, cap. C.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Acta erudit. 1682.

3) nbsp;nbsp;nbsp;Ihid. 1690.

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342

Von den Brenniinien.

Tschirnhausen jene fclilerhafte Gestalt der Brenn-linie Llofs daraus gefolgert liabe, weil der Mittelpunkt F der Ordinate CU eiii Punkt der Breimlinie ist, zu-inal da er der Pariser Akadenile die Einsiclit in seinenbsp;Rechnungen standhaft verweigerte.

Johann und Jakob Bernoulli*), der die Be-nennuugen Ratakaustika und Diakaustika einfiihrte, und der Marquis de 1’Hospital erweiterten dienbsp;Theorie dieser Linien hetrachtlich. Der letztere he-sonders tragt sie in einer ausfiihrliclien, und niit sonbsp;grofser Klarheit geschriebenen Abhaudlung vor, dal’snbsp;die ncuere Zeit hier wohl Manches hinzufiigen, seinenbsp;Methode aber nicht ühertreffen konnte ^). Ich werdenbsp;diesclbe daher in der hier folgenden Entwickelungnbsp;der Brenniinien zuin Grunde legen, inich aber nurnbsp;auf die Brenniinien des Kreises, die vorzugsweise flirnbsp;die Optik von Interesse siud, beschranken.

Brenniinien durch Reflexion.

1. Den Puiikt (Fig. 52.) F zu fin den, in wel-chein zwei von dem leuchtenden Puiikte Ji ausgehende, und in nnendlich kleinernbsp;Eutferuung Mm auf die beliebige re-flektircnde Kurve AMD fallende Stralen BM und Bm nach ihrer Reflexionnbsp;sich schneiden.

Werden aus C, deni Mittelpunkte des Kriiinmungs-kreises fiir den Punkt M^ auf die einfallendeii Stralen BM und Bm die Lothe CE und Ce^ auf die retlek-tirten MF und mF die Lothe CG und Cg gefaUt, so

V) Acta crudity 161)2. und 1693.

2) In der Analyse des injiniment petits, Heconde edit. Paris, 1716. pag. 104 bis 130.

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343

Von den Brenniinien.

sind nicht allein die Dreieckc CEM nnd CGM^ son-dern auch die Dreiecke Ccm nnd Cgm kongruent, nnd man hat daher, Avenn der Dnrchschnittspnnkt vonnbsp;CE nnd Bm mit Q,^ nnd der von CG nnd mF mitnbsp;S hezeichnet wird:

CE—Ce = EQ=zCG— Cg = SG.

Ferner ist, Avenn man aus B mit BM den Kreishogen MB zAvischen den einfallenden, nnd ans F mit FMnbsp;den Kreishogen MO ZAvdschen den reflektirten Stralen beschreibt:

BM:BE=MB:EO,

nnd, da anch die Dreiecke mMB nnd mMO kon-grnent, die Linien MO nnd MR also gleich sind: BM-^BE.BMz= MR-^EQ-.MR = MO SG.MO.nbsp;Eben so ist

mO'.SG — MF.FG, nnd

MO H- SG\MO = MF FG:MF= MG.MF, folglich

BM-\- BE\BMz= MG\MF, nnd, Avenn man BM mit v, nnd ME mit w hezeichnet:nbsp;2w — w\v •=¦ w\MF,

Avoraus die Entfernung des Durchschnittspunktes F ZAveier nnendlich nahen, reflektirten Stralen von dernbsp;spiegehiden Kurve, nilmlich:

(1) MFt= ——,

‘i.v

und, Avenn v nnendlich grofs ist, die Stralen also un-ter sich parallel auf die Kurve fallen;

(2) MF=:.Uv,

Arenn aher die Kurve AMD dem leuchtenden Pnnkte B ihre konvexe Seite zukehrt, /f folglich anf der an-*nbsp;deren Seite A'on M liegt, nnd v daher negativ ist;

(3) MF--g^~.

’ nbsp;nbsp;nbsp;2V W

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344

Von den Brenniinien.

Da die Katakaustika durch eine statige Folge solcher Punkte, wie F, entsteht, so ist man sckonnbsp;durch diese Gleichungen in den Stand gesetzt, dienbsp;Gestalt jener Brenniinien fiir eine jede Kurve zu be-stiminen.

2. Die Katakaustika zu rektiflciren.

Auf die reflektirende Kurve (Fig. 53.) AMD fallen die unendlich nahen Stralen BM und Bm, die sicli nach der Reflexion in K schneiden; ihre Katakaustika sei AFK, AT eine Tangente des Puiiktesnbsp;A derselben, und TLl die evolviremle Linie der Evo-lute AFK^ so dafs TA -t- AK=LK fiir jeden Puiiktnbsp;M in AMD. Beschreibt man aiis B init BM dennbsp;Kreisbogen MR., und aus K mit KM den Kruisbogen MO., so sind die Dreiecke MmO und MmR kon-gruent, und mB=.mO. Da also mR., die Dilferenznbsp;zwisclien den unendlicli nahen einfallenden Stralen,nbsp;gleich mO., der Dift'erenz zwischen Im und LM., sonbsp;sind auch die Suminen aller dieser Ditferenzen fiirnbsp;jeden endlichen Tlieil AM der reflektirenden Kurvenbsp;einauder gleich, folglich:

LM— TA = LK— MK— TA = BM— BA.

Da ferner

LK= TA AK,

so ist auch

AK— MK=: BM— BA,

und

AK= BM MK— BA.

Liegt der leuchtende Punkt B in unendlicher Entfernung, ist also der aus B mit BA heschriehenenbsp;Kreishogen AP als eiiie gerade Linie anzusehen, dienbsp;zugleich auf BA und BM winkelrecht steht, so hatnbsp;man:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;AK = PM -4- MK,

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345

Von den Brennlinien.

3. Die Katakaustika eines Halbkreises (Fig. 54.) AMD zu finden, wenn die einfal-lenden Stralen BM winkelrecht auf demnbsp;Dnrclimcsser AD sind,

Man besclireibe iiber der Hillfte ML des Halb-messers CM einen Kreis, so ist der Punkt F, in wel-chem der reflektirte Stral MP denselben schneidet, ein Punkt der gesuchten Katakaustika. Bezeichnetnbsp;man namlich den Durchscbnittspunkt des einfallendennbsp;Strales BM luid des Kreises ML init Ö, so sind dienbsp;recbtwinkeligen Dreiecke LMF und LMO kongruent,nbsp;folglich da BM die Linie ist, die in 1. mit w bezeichnet wurde, MO =nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;= MF^ Avie es der dortige

Werth von MF fiir ein unendlich grofses v verlangt. Liegt der einfallende Stral in der Richtung des Sinusnbsp;totus CH, so ist CH=zta, und der Mittelpunkt Knbsp;dieses Halbmessers ein Punkt der Brennlinie; fiilltnbsp;aber der Stral in dem Endpunkte A des Durchines-sers ein, so ist ««' = 0, und die Brennlinie gebt durchnbsp;diesen Punkt selbst. Auch sielit man, dafs der reflektirte Stral den höchsten Punkt der Brennlinie be-riihren werde, wenn der Einfallswinkel BMC — ib'*-,nbsp;weil alsdann der reflektirte Stral dem Diirchmessernbsp;parallel ist.

Beschreibt man mit CK den Quadranten KLG^ so sind die Bogen LK und LF einander gleich. Danbsp;niimlicb der Winkel FMC — CMB = MCH, so hatnbsp;die Halfte des Bogens LF eben so viele Grade, wienbsp;der Bogen LK. Weil sieh aber die Bogen LF undnbsp;LK wie ihre Halbinesser, also quot;wie 1:2 verhalten, sonbsp;ist die Halfte cles Bogens LF nur halb so lang, wienbsp;LK., der ganze Bogen LF also dem Bogen LKnbsp;gleich. Die Brennlinie AFK ist daher eine Epicy-kloide, entstanden durch die Umwalzung des beweg-I-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;23

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346

Von den Brennlinien.

lichen Kreises MLt auf dem unbewegten Quadran-ten KIM.

Zur Rektification dieser Brennlinie hat man aus 2.:

die ganze Katakaiistika aber ist:

AFK— CH-vHK—\CH, imd es verhalt sich die Liinge dieser ganzen Linienbsp;zum Halbmesser des reflektirenden Halbkreises, wienbsp;3:2, so wie dies Huygens gefunden hatte.

4. Die Katakaiistika eines Halbkreises (Fig. 55.) HMD zu finden, wenn der leuch-tende Punkt B, von dem die einfallen-den Stralenaiisgehen, einEndpunktnbsp;des Durchmessers ist.

Zieht man von dem Mittelpunkte C anf den ein-fallenden Stral BM=. V die Linie CE winkelrecht, so ist ME-=.BE~\v die in 1. mit w hezeiehnete

Linie. Es ist daher MF =z

= iv = \BM.

viv

‘Ivw

Fiir den einfallenden Steal BD., fiir welchen das Loth CE in den Punkt C fiillt, ist v=.%.CDto—CD,nbsp;folglich der reflektirte Stral DK=\BD, und CKnbsp;= \BD. Das Stiick BP der Brennlinie ist dahernbsp;nach 2. gleich BM-\-MF—^^BM, und die Liingenbsp;der ganzen Brennlinie BFK = BD DK = ½.nbsp;1st BM = BC, so wird der reflektirte Stral demnbsp;Durclimesser BD parallel, und ist derjenige, der dienbsp;Brennlinie in dem höchsten Punkte heriihrt.

Nimmt man CH=\CM, und fiillt aus H ein Loth auf MF, so liegt der Durcbschnittspunkt F beider Linien in der Katakaiistika. Denn zieht mannbsp;auch HG -winkelrecht gegen BM, so ist MF—MO-,nbsp;folglich, da HM=ICM:

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347

Von den Breunlioien.

derselbe Werth, der vorhin dafur gefunden wurde. Bill Halbkreis mit dem Durcbinesser MH geht alsonbsp;diirch den Pimkt F der Brennlinie. Besclireibt mannbsp;mit dem Halbmesser CH¦=¦ ^ CM einen anderen Halbkreis LHK, so sind nicbt allein beide ibrer gleichennbsp;Halbmesser wegen, sondern anch die Bogen HK undnbsp;HF einander gleich. Die Brennlinie BFK ist dahernbsp;gleichfalls eine Epicykloide, die durcb die Umwalzungnbsp;des beweglichen Kreises MH auf dem unbewegtennbsp;Halbkreise KHL erzeugt wird.

Brennlinien durcb Brechnng.

5. Den Punkt (Fig. 56.) F zn finden, in wel-chem zwei, von dem leuchtenden Punkte B ausgehende, und in unendlich kleinernbsp;Entfernung Mm auf die beliebige bre-chende Knrve AMD fallende Stralennbsp;BM und Bm nacb ibrer Brecbung sicbnbsp;scbneiden.

Da bier das brecbende Mittel binter AMD als das dichtere voransgesetzt werden soil, so sei, wennnbsp;CM der Kriimmungsbalbinesser fiir den Punkt M ist,nbsp;CE der Sinus des Einfalls-, nnd CG der des Bre-cbungswinkels fiir den Stral BÈI, Ce der Sinus desnbsp;Einfalls-, und Cg der des Breclinngswinkels fiir dennbsp;Stral Bm, Es werde ferner aus B mit BM dernbsp;Kreisbogen MB zwischen den beiden einfallendeu,nbsp;aus F mit FM der Kreisbogen MO zwischen dennbsp;beiden gebrochenen Stralen bescbrieben; der Durcb-scbnittspunkt von ME und Ce sei Ö, der von 3IFnbsp;nnd Cg sei S.

Ans der Aebnlicbkeit der Dreiecke FMO und FSg ergiebt sicb zunacbst:

23^

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348

Von den Brennlinien.

MOSg’.MO = MF— SF'.MF.

Es sind aber auch die Dreiecke MOm and MGC, so wie die Dreiecke MRm and MFC abnlich, dahernbsp;ist aach:

Mm\MO = MC\MO,

Mm\MR = MC.ME,

folglich

MO\MRz=zMG:ME,

and, wenn ME init w, and MG init % bezeichnet wird:

MO=z- MR.

w

Aas der Aebnlicbkeit der Dreiecke RMR and RQ.e ergiebt sicb ferner:

BM.BQ Oder BE=:MR\Qe, and, wenn BM-=.v gesetzt wird:

Qe — 'quot;-±J£. MR.

V

Da aber das Brechangsverbtlltnifs m\n fiir alle Pankte M dasselbe bleibt, so ist aach:

Ce', Cg = CE'. CG = m'.n,

daber

CeCE'.CgCG = Qe\Sg = m'.n,

and

Setzt man endlich die so gefandenen Werthe von MO and Sg in die erste Proportion, so erbiilt man:

(1) MF—

mv%'‘

mvx, -— nvwnw'^

quot;wenn aber die Karve ibre konkave Seite dein leacb-tenden Pankte zakehrt, v also negativ ist:

, nbsp;nbsp;nbsp;, „nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;7nv%-

(21 MF=----

' •' nbsp;nbsp;nbsp;mv%nvw nw^''

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349

Von den Brennlinien.

und in beiden Fallen, wenn die Stralen parallel ein-fallen, v folglich unendlich grofs ist:

(3) MF=---;

wenn iiberdies in eben diesem Falie der Stral BM in M winkelrecbt auf der breclienden Kurve steht,nbsp;die Linien tv und s; also, die beide alsdann init demnbsp;Kriiininungsbalbinesser zusammenfaUen, einander gleicbnbsp;sind:

(4) MF—

mw

wenn aber BM. die Kurve in iüf berlibrt, und w~Q ist, aus (1) und (2):

(5) nbsp;nbsp;nbsp;MF^x-,

wenn endlicb die Kurve von dem gebrocbenen Strale in ilf beriihrt -wird, und 2: = 0 ist, aus (1) und (2):

(6) nbsp;nbsp;nbsp;MF—Q.

Da man die Reflexion als eine Brechung ansehen kann, bei welcher der Einfalls- dem Brecbungswinkelnbsp;gleicb und eutgegengesetzt ist, so miissen sich dienbsp;Wertbe (1) und (2) von MF in die unter 1, für einenbsp;Katakaustika gefundenen verwandeln, wenn man darinnbsp;tv negativ, und m=zn, folglich w=.x setzt, wie diesnbsp;der Fall ist. Denn man erhiilt alsdann, iibereinstim-mend mit 1.;

MF=

vw

2V

6. Die Diakaustika zu rektificiren.

Durch Involviruiig der Diakaustika (Fig. 56.) HFN mit der Linie HA wird eine Kurve AK innbsp;der Art entstchen, dafs, wenn die unendlich nahennbsp;Stralen FM und Fm diese Kurve in h und I treffen, die Summe der Tangente LF und des Theiles

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350

Von den Brenuliiiien.

FH der Brennlinie ütieraU derselben geraden Linie AH gleicb ist. Da sich nun in den ahnlichen Drei-ecken MmR und CME^ MmO und CMG\

CM. CE, Mm\mO—CM\CO

verkalt, so ist

mR'.mO r=z CE\CG — m\n, in ¦welcliem Verlialtnisse m’.n also aiich die Suinmenbsp;aller Differenzen mR von A bis M, d. i. BMBA,nbsp;und die Summe aller Differenzen mO von A bis M,nbsp;d. i. EM-=.AHMF—FH steben. Es ist dahernbsp;BM— BA. AH— MF— FH—m\n,

und

BM.

FH— AH— nbsp;nbsp;nbsp;BA

7. Die Diakaustika eines Kreis - Quadranten (Fig. 57.) AMD, auf dessen konvexeSeitenbsp;die parallelen Stralen BA, BM, BDnbsp;fallen, zu finden.

Man beschreibe über MC einen Halbkreis, inache, wenn das Brechungsverhaltnii’s m'.n, wie bei dem Ueber-gange aus Luft in Glas, =3:2 ist, nachdem BM bisnbsp;zuin Punkte E dieses Haibkreises verlangert worden,nbsp;die Cliorde CG desselben = |C^, und es isi MG Aienbsp;Bichtung des gebrocbenen Strales, der die Diakaustikanbsp;in I' treffe. Die Lange MF dieses Strales findet mannbsp;nacb 5. (3) aus der Gleichung:

-~^mg—¥7Me:'

worin der Werth der Linien ME und MG von der Gröfse des Einfallswinkels abhangt. Die Entfernungnbsp;des Punktes H, in welcliem die Diakaustika den ver-langerten horizontalen Halbmesser AC schneidet, von

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351

Von den Brennlinieo.

¦AC.


dein Puiikte A ergiebt sich nach 5. (4) z=i3.AC. Fiir den beriihrenden Stral BjD ist der Halbinessernbsp;CD selbst der Sinus des Einfallswinkels. Besclireibtnbsp;man daher iiber CD einen Halbkreis CND, undnbsp;macht CN'=:.\CD^ so geht MF fiir den Punkt Dnbsp;nach 5. (5) in den Werth DN iiber, und N istnbsp;der Anfangspunkt der Diakaustika. Der Theil HFnbsp;derselben ist =. AHMF-\-^{BABM), undnbsp;die ganze Diakaustika NH= AH—/?iV—^ACs=:nbsp;7—f/y

8.

Die Diak austika eines Kreis - Quadranten (Fig. 58.) AMD., auf dessen konkave Seitenbsp;die parallelen Stralen Byl., BM., BNnbsp;fallen, zu finden.

Macht man, nachdem iiber MC ein Halbkreis, der von BM in E geschnitten nird, beschrieben ist,nbsp;die Sehne CG~\CE., so ist GM die Ilichtung desnbsp;gebrochenen Strales, der verliingert die Diakaustikanbsp;in F beriihre. Aus 5. (4) ergiebt sich hier, wo dasnbsp;Licht aus Glas in Luft iibergeht, also »2:^ = 2:3 ist,nbsp;AH'^.‘i.AC, ein negativer Werth, weil die bre-chende Kurve der Diakaustika ihre konvexe Seitenbsp;zukehrt. Der Anfangspunkt N der Brennlinie hangtnbsp;von dem gröfsten Werthe, den CE erhalten kann,nbsp;also von dem Werthe CE'=\CD ab, da CG keinennbsp;gröfseren Werth, als CN = CD annehinen kann. Allenbsp;Stralen, die auf den Theil ND des Quadranten ADnbsp;fallen, können daher nicht gebroehen werden, weilnbsp;sich das Brechungsverhaltnifs fiir dieselben nicht kon-struiren lafst, sondern sie werden nach dem katoptri-schen Gesetze reflektirt. Die Lange der ganzen Dia-

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kaustika NH ist, da der in N gebrochene Stral den Quadranten in N berührt, und defshalb nach 5. (6)nbsp;gleich Null ist, = AH-\-^{BA — -öiV), und, wennnbsp;man aus JV das Loth NL auf den horizontalen Halh-


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K/de 's Gesch. der Optik.


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