-ocr page 1-

'' I. -


H W -^' nbsp;nbsp;nbsp;.quot;v-

1 nbsp;nbsp;nbsp;'r1gt;^ Vgt;, -nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1

i - nbsp;nbsp;nbsp;t - ' ' ^ inbsp;nbsp;nbsp;nbsp;. '* J ^ 1

, j i ' '-'Vquot; t '* V^ I

te ' ^ -^v-quot;'

- .7iw-]v:-%^ I's'

Jf nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^.gt; -nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-- '

v nbsp;nbsp;nbsp;1.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;

V^^'- Vi .Vvquot;r nbsp;nbsp;nbsp;^

^ nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;: t gt;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-.i* .^--t


sf

v ^ -


-- nbsp;nbsp;nbsp;*nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*\nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^Jh,'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^--5 ! ^ I ''nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*quot;'lt;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;S

X* lt; '

gt; ^/v.quot; i


^ j?'I' r-^^ nbsp;nbsp;nbsp;^A, ' :-/'.

^ gt;.^ * -*^-' .

C' nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^

^-' nbsp;nbsp;nbsp;:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;X . ' X -W'lt;-,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*^ - . M.,



:,:4-'^te*x nbsp;nbsp;nbsp;-- i


n nbsp;nbsp;nbsp;i-

T

V

m

RH

H|||||S|

|H9

jHHHU

MSH

BIm!

m

Ml


gt;c ^ V


', j nbsp;nbsp;nbsp;?.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.* lt;/nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-'

* H ^

l1.j^




-ocr page 2- -ocr page 3- -ocr page 4-

m

r


-ocr page 5- -ocr page 6-

BIBLIOTHEK

INDOGEEMANISCHEE 6RAMMATIKEN

BEAKBEITET VON

B. DELBRCK, K. lOY, H. HUBSCHMANET, A, LESKIEN,

6, METEE, E. SIEVEES, W. STEEITBEE, E. THENEYSEN, H. WEBEE, W. D. WHITHNEY, E. WINDISCH.

BAND I.

GRUNDZGE DER PHONETIK ZUR EINFDHRDNG IN DAS STDDIDM DER DADTLEHRE DER INDOGERMANISCHEN SPRACHEN.

FNFTE YERBESSERTE AEPLAGE.

LEIPZIG,

DRUCK UND VERLAG VON BREITKOPF amp; BARTEL. 1901.

-ocr page 7-

lil


GRUNDZUGE

DER

PHONETIK

ZE

EIWHRNG m DAS STDIM DER LADTLEHRE DER mDOGERMANISCHEN SPRACHEN.

TON

EDUARD SIEVERS.

FNFTE YERBESSEETE AFLAE.

LEIPZIG,

DRUCK UND VERLAG VON BREITKOPF amp; KARTEL. 1901.

-ocr page 8-

Alle Rechte vorbehalten.



RIJKSUNIVERSITEIT UTRECHT


0884 7679


-ocr page 9-

Vorwort zur dritten Auflage.

^Is im Jahre 1875 der Plan fiir die Bibliothek i^doger-manischer G-rammatiken aufgestellt wurde, erschien es zweckmassig, der Beibe der eigentlichen Grammatiken einnbsp;einleitendes Bandeken phonetischen Inhaltes vorauszuschicken.nbsp;Dasselbe sollte, wie auch der Prospect der Sammlung aus-drcklicli hervorhob, zur Orientirung ber die zum Ver-standniss der Lautlehre der indogermanischen Spraebennbsp;nothwendigen allgemeinen Fragen sowie zur Feststellungnbsp;einer einheitlichen Terminologie fr die folgenden Gram-matiken dienen. Dieser doppelten Aufgabe suchte dann dienbsp;erste Auflage des vorliegenden Werkchens gerecht zunbsp;werden, die im Jabre 1876 erschien. Plan und Anlagenbsp;war ihm durch die angefhrte Bestimmung vorgezeichnet.nbsp;Zur Erreichung des ersten Theiles seiner Aufgabe gengtenbsp;es, die in Betracht kommenden Erscheinungen an einernbsp;Sprache zu exemphficiren, ohne dieselben zugleich statistischnbsp;durch ein engeres oder weiteres Gebiet hin zu ver-folgen. Dass ich dabei, soweit es irgend anging, bei Bei-spielen aus der deutschen Sprache und ihren Mundartennbsp;stehen blieb, war nur natrlich. Denn einerseits wurdenbsp;das Buch doch zunachst fr deutsche Leser geschrieben,nbsp;von denen die meisten doch kaum in der Lage gewesennbsp;sein wrden, ausserdeutsches Material einer gengendennbsp;Controle zu unterziehen; andererseits war und bin ich der

-ocr page 10-

VI

Vorwort.

Ueberzeugung, dass man nur fr Angelirige der eigenen Sprachgenossenschaft phonetische Dinge verstandlich erlau-tern knne, wenn man von den wenigen Lesern absieht,nbsp;welche die Phonetik streng fachwissenschaftlich betreibennbsp;oder ber ein grosses empirisches Sprachmaterial verscliie-denster Herkunft verfgen. Wenn icli in der zweiten Aus-gabe von diesem Gesicbtspunkte durcli Einflechtung etwasnbsp;zahlreicherer Belege aus fremden Sprachen abgewichen binnbsp;(das machte sich namentlich bei der Besprechung des BelF-schen Vocalsystems nothwendig), so geschah das haupt-sachlich auf den Rath von Storm, welcher glaubte, dassnbsp;das Buch dadurch den specielleren Interessen der Phone-tiker von Each ntzlicher gemacht werden wrde. In dernbsp;neuen Auf lage bin ich in dieser Beziehung sehr conservativnbsp;verfahren. Nur wenig neues Einzelmaterial, das besondersnbsp;auf klarend wirken konnte, hat Aufnahme gefunden. lmnbsp;Uebrigen habe ich auch diesmal wieder streng an demnbsp;Grundsatze festhalten zu mssen geglaubt, nur Selbstgehr-tes zu beschreiben. Die im Ganzen nicht zahlreichen Ab-weichungen von diesem Grundsatz sind stets im Context aus-drcklich angegeben.

Was sodann die innere Gestaltung des Buches anlangt, so musste es mir im Hinblick auf den zweiten Theil meinernbsp;Aufgabe mehr auf eine Definition dessen ankommen, wasnbsp;unter den zur Zeit in der Sprachwissenschaft blichennbsp;Namen zu versteken sei, als auf eine radicale TJmwalzungnbsp;der gesammten Nomenclatur auf streng phonetischer Grund-lage. Ich hatte, zumal bei dem geringen Interesse, welchesnbsp;noch vor zehn Jahren in sprachwissenschaftlichen Kreisennbsp;fr phonetische Eragen herrschte, bei einer solchen Um-walzung schwerlich auch nur auf eine anitahernde Zustim-mung der brigen Mitarbeiter an der Bibliothek indoger-manischer Grammatiken rechnen drfen, und somit hattenbsp;die Reform keinen andern Zweck gehabt, als mein Buchnbsp;gerade fr die Kreise sprachwissenschaftlicher Leser un-brauchbar zu machen, fr welche dasselbe bestimmt war.

-ocr page 11-

VII

Vorwort.

Auch nach dieser Riclitung hin sind in der neuen Auflage keine principiellen Aeiiderungen vorgenommen worden, undnbsp;ich glaube inir durch diese Enthaltsamkeit den Dank meinernbsp;sprachwissenschaftlichen Leser zu erwerben.

Auch die Bibliographie ist, um das gleich hier zu er-wahnen, dem alten Princip getreu geblieben, nur eine Aus-wahl ans der berreichen phonetischen Literatur zu geben. Das gilt insbesondere auch bezglich der in den letztennbsp;Jahren stark angeschwollenen Literatur der rein praktischennbsp;Phonetik, welche den Bedrfnissen des neusprachlichennbsp;Schulunterrichts entgegenkommen will. Auf der andernnbsp;Seite wird man manche Schrift aufgefhrt finden, welchenbsp;zwar dem Pachphonetiker fenier liegt, aber fr den Sprach-wissenschafter von Interesse ist. Den Stern, welcher in dernbsp;zweiten Auflage die Anhanger der englischen Riclitung dernbsp;Phonetik auszeichnen sollte, habe ich fallen lassen, weilnbsp;inzwischen so viele verschiedene Schattirungen aufgetretennbsp;sind, dass eine derartig kurze Oharakterisirung nicht mehrnbsp;thunlich erscheint.

Starkere Umarbeitungen haben hiernach in dieser neuen Auflage fast nur die einleitenden Paragraphen und der Ab-schnitt ber die Vocale erfahren, beides mit Rcksicht aufnbsp;die eingehenderen Discussionen ber principielle Fragen,nbsp;welche uns die letzten Jahre gebracht haben. Meine Stel-lung zu dem Bellschen Vocalsystem habe ich trotz allernbsp;Angriffe, welche dasselbe erfahren hat, nicht aufgeben kn-nen. Dass ich dasselbe berschatzt habe, vermag ich seinen Gegnern nicht zuzugeben. Ich glaube auch heute nochnbsp;nicht nur, dass Bells System seiner Zeit das relativ voll-kommenste Vocalsystem gewesen ist, das bis dahin aufge-stellt worden war, sondern auch, dass Bell's Princip dernbsp;Classification der Vocale nach den Zungenstellungen ohnenbsp;Rcksicht auf die Klangverwandtschaft die einzige solidenbsp;Basis fr den Weiterbau der Vocallehre abgibt. Fr ab-geschlossen habe ich auch Bells System niemals gehalten.

-ocr page 12-

VIII

Vorvvort.

In der Einleitung babe icb micb bemiibt, die Grnde scbarfer und deutlicber auseinanderzusetzen, welche micbnbsp;zu der Ueberzeugung fiibren, dass ein alien Anforderungennbsp;gleicbmassig gerecbt werdendes allgemeines Lautsystem einnbsp;Ding der Unmglicbkeit ist, und dass man also aucb garnbsp;nicbt darnacb streben solle, ein solcbes aufzustellen. Ob esnbsp;mir freilich gelingen wird, aucb andere von der E.icbtigkeitnbsp;dieser Negation zu iiberzeugen, mit der icb zur Zeit ziem-licb allein zu steben scbeine, muss icb dabin gestellt lassen. Die Hoffnung auf die Zukunft babe icb nocb nicbtnbsp;aufgegeben. Einstweilen aber mocbte icb auf alle Eallenbsp;unsere Systemsucher aucb bier nocb einmal ausdriicklicbnbsp;gebeten baben, die fiir bestimmte spracbwissenscbaftbcbenbsp;Zwecke aufgestellten Specialsysteme dieses Bucbes nicbtnbsp;wieder fur Allgemeinsysteme in ibrem Sinne auszugeben undnbsp;danacb zu beurtbeilen. Icb bitte es ferner nicbt als einennbsp;Eiickzug aus einer verlorenen Position zu betrachten, wennnbsp;icb die beiden Paragrapben, welche sonst der Besprechungnbsp;der Sonoren gewidmet waren, vereinigt und dem neuen Textnbsp;eine andere Stellung gegeben babe als friiher. An dernbsp;Notbwendigkeit einer IJnterscbeidung von Sonoren und Ge-rauschlauten halte icb nicbt minder fest, als an dem Glau-ben, dass es praktisch war, die sen Unterschied an ersternbsp;Stelle zu behandeln, well jeder Anfanger ihn leicht fassennbsp;kann, aucb ehe er einen Einblick in die Erzeugung dernbsp;Sprachlaute gewonnen hat; icb babe aber geglaubt demnbsp;ziemlich allgemein ausgesprochenen Verlangen nach einernbsp;andern Anordnung micb fgen zu sollen und also diesmalnbsp;den genetiscben Theil vorausgestellt, zumal diese Ordnungnbsp;allerdings den Vorzug der grosseren Consequenz besitzt. . .

Zum Schlusse mocbte icb endlicb den Wunscb wieder-bolen, dass man das vorliegende Werkcben nicbt als eine Art Nachscblagebuch betrachten moge, aus dem man hienbsp;und da eine Einzelheit zu beliebigem Gebrauch herausgreifennbsp;kann. Nur systematische Untersuchung der Zusammen-bang zwiscben den einzelnen pbonetiscben Erscbeinungen

-ocr page 13-

IX

Vorwort.

auf Grund der Selbstbeobachtung kann dem Spracb-wissen-schafter bei seiner Thatigkeit ntzen, und zu solcher Selbstbeobachtung eine Anleitung zu geben, ist die Hauptaufgabe dieses Bchleins. Wer aus dem darin niedergelegten Material emstlichen Nutzen ziehen will, dem ist daher vor allemnbsp;zu rathen, dass er bei der Durcharbeitung von Anfang annbsp;jedes gegebene Beispiel sicb so lange vorsprecbe oder vor-sprechen lasse, bis er sicb ein eigenes rtheil ber die Bich-tigkeit der betreffenden Angaben erworben bat. Dabei seinbsp;er sicb stets bewusst, dass er das fremdspracbbcbe Materialnbsp;zunacbst nicht um dessen selbst willen sicb aneignet, son-dern um daran ein erstes Hlfsmittel zum Studium dernbsp;eigenen Sprache zu haben. Nur wer auf diesem Bodennbsp;sicher steht, versuche sicb an weiteren, aber stets zusammen-hangenden Beobacbtungen. Erst wenn er auf diese Weisenbsp;sicb einen Einblick in die Entwickelungsreihen lebendernbsp;Sprachen verschafft bat, gebe er dazu ber, Probleme ausnbsp;der Lautgescbichte frberer Sprachperioden vom phone-tischen Standpunkte aus zu betrachten. Andernfalls drftenbsp;die verfrbte Anwendung phonetischer Satze in der Sprach-wissenschaft mehr Schaden als Nutzen bringen.

Tbingen, 14. October 1885.

E. SieTers.

-ocr page 14-

Vorwort zur fnften Auflage.

Was ber Anlage und Charakter dieses Werkchens im Vorwort zur dritten Auflage gesagt ist, gilt auch noch von der fnften. Obwohl auch in dieser wiederum mehrere Ab-schnitte umgearbeitet sind, beansprucht sie doch auch nichtnbsp;eben mehr zu sein als eine formell revidirte Wiederholungnbsp;der vierten, die schon ihrerseits der dritten gegenber einenbsp;ahnliche Stellung einnahm. Neues fremdsprachliches Be-obachtungsmaterial, das nach dem 8. VI erwahnten Grund-satz allein starkere sachliche Abanderungen hatte veranlassennbsp;knnen, ist mir seit dem Erscheinen der dritten Auflagenbsp;kaum in erheblicherem Masse zugeflossen, und eine Aus-einandersetzung mit der immer machtiger anschwellendennbsp;phonetischen Specialliteratur oder auch nur den neuerennbsp;Gesammtdarstellungen der Disciplin verboten nicht mindernbsp;der Plan des Werkes selbst als auch die Schranken die dernbsp;Leistungsfahigkeit des Einzelnen gesetzt sind, der nicht innbsp;der Lage ist, einen grosseren Theil seiner Zeit und Kraftnbsp;dauernd einer solchen Specialdisciplin zu widmen, wie es dienbsp;Phonetik ist. Wer sich ber die in d phonetischen Literaturnbsp;aufgetretenen Richtungen und Strmungen im Einzelnennbsp;unterrichten will, findet fr die Zeit bis zu Anfang dernbsp;neunziger Jahre einen zuverlassigen Phrer in der zweitennbsp;Auflage von Johan Storms Englischer Philologie (I. Leipzignbsp;1892), anderes auch in den in der Bibliographie citirten

-ocr page 15-

XI

Vorwort.

grosseren Werken von Vietor und Jespersen, bibliographische -Nacbweisungen mit kurzen kritischen Bemerkungen auch beinbsp;Breymann.

Meine Thatigkeit bat sich also anch bei der fnften Auflage im Wesentlicben wieder darauf bescbranken mussen,nbsp;im Einzelnen auszumerzen, was icb als irrig oder unzweck-massig erkannt zu baben glaubte, einigen Partien einen wienbsp;icb boffe priiciseren und klareren Ausdruck zu geben undnbsp;einige neue Beobacbtungen einzuscbalten. Dass icb anderer-seits da, wo icb durcb erbobene Einwiinde nicbt von dernbsp;Unricbtigkeit meiner Anscbauungen berzeugt worden war,nbsp;diese Anscbauungen nocbmals zum Ausdruck gebracht babe,nbsp;wird man mir boffentlicb aucb diesmal nicbt als besonderenbsp;Verstocktbeit auslegen.

In den letzten Jabren ist das Scblagwort Experimental-pbonetik zu einer neuen Macbt geworden. Icb babe micb diesem neuen Zweig der pbonetiscben Disciplin gegenbernbsp;aucb in dieser fnften Auflage wieder im Wesentlicben ab-wartend verballen mussen, scbon aus dem Grunde, weil icbnbsp;eigene Oontrolexperimente nicbt babe anstellen knnen. Aucbnbsp;bekenne icb, dass icb den Entbusiasmus nicbt ganz tbeile,nbsp;mit dem die Experimentalphonetik aucb von pbilologiscbernbsp;Seite begrsst worden ist. Zwar bezweifle icb nicbt, dassnbsp;die vervollkommneten grapbiscben Apparate der Neuzeitnbsp;im Wesentlicben das ricbtig wiedergeben was in sie binein-gesprocben wird, wobl aber bezweifle icb auf Grund lang-jabriger Erfabrung im pbonetiscben Unterricbt, dass es obnenbsp;scbwerste Selbstzucbt jemandem gelinge, in einen Apparatnbsp;dasjenige bineinzusprecben oder mit einem Messapparat imnbsp;Spracborgan dasjenige bervorzubringen was er sonst unternbsp;normalen Bedingungen spricbt. Icb bin also vor der Handnbsp;geneigt zu glauben, dass die Abweicbungen von der Sprecb-norm die durcb die psychische Befangenheit vor dem Apparatenbsp;entstehen im Durchschnitt mindestens ebenso haufig undnbsp;ebenso gross sein werden, als die Eehler die einem gut ge-schulten Phonetiker bei der Beobachtung naiver Sprecher

-ocr page 16-

XII

Vorwort.

ohne Apparate mit unterlaufen, und nicht minder gross sind die Gefahren, welche falsche Dentungen oder falsche Ge-neralisirungen an sich richtiger Dentungen der von dennbsp;Apparaten aufgezeichneten Curven mit sich bringen. Wasnbsp;jene Untersuchungen bisher an hleibend Werthvollem ergebennbsp;haben, scheint mir ausserdem mehr der streng naturwissen-schaftbchen Seite der Phonetik anzugehren und schon des-halb nicht in den Bereich dieses Werkchens zu fallen.

Und so lasse ich denn das immer noch verlangte Bucb, mehr dem Wunsche der Herrn Verleger als eigenem Triebenbsp;folgend, hiermit nochmals ausgehn, ein Vierteljahrhundertnbsp;nach seinem ersten Erscheinen und im vollen Bewusstseinnbsp;von den mancherlei Lcken und Schwachen die ihm noth-gedrungen anhaften, aber doch auch in der trstlichennbsp;Zuversicht, dass es noch das eine oder andre enthalte, dasnbsp;seine Existenz nehen den eingehenderen Specialdarstellungennbsp;der neueren Zeit auch heute noch rechtfertigt.

Leipzig, 21. April 1901.

E. Sievers.

-ocr page 17-

I n li a 11.

Seite

I. nbsp;nbsp;nbsp;Abschnitt. Einleltnng.

Cap. 1. nbsp;nbsp;nbsp;Stellung, Aufgabe und Methodenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dernbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Phonetiknbsp;nbsp;nbsp;nbsp;1

Gap. 2. nbsp;nbsp;nbsp;Allgemeine akustische Satze........ 9

Cap. 3. nbsp;nbsp;nbsp;Das menschliche Spraohorgan........ 12

Gap. 4. Die Functionen der Sprachorgane im Allge-meinen: Ruhelage 21. Der Begriff der Articulation 21. Die Respirationsverhaltnisse 22. Die Thatigkeit des Kehlkopfs 25 (Die Stimme odernbsp;Vollstimme 26; die Flsterstimme 28; die Mur-melstimme 29). Die Thatigkeit des Ansatzrohrsnbsp;(schallbildende und schallmodificirende Articulation) 30. Zusammenfassung (Factoren der

Lautbildung)................ 33

Cap. 5. Die Eintheilung der Sprachlaute: Vorfragen:

Sprachlaute oderSprachelemente? 34. Die Eintheilung der Sprachlaute im Allgemeinen (Vocale und Consonanten, und Sonant und Consonant) 38.

Was sind Einzellaute? 43. Aufstellung eines Sprachlautsystems (Unthunlichkeit allgemeinernbsp;Systeme) 46. Gesichtspunkte der Gruppirung. 50

II. nbsp;nbsp;nbsp;Abschnitt. Die Gruppen der Sprachlaute uud die Einzellaute.

I. Die Gruppen.

Gap. 6. nbsp;nbsp;nbsp;Die Articulationsarten des Ansatzrohrsnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;...nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;51

Gap. 7. Die Articulationsstellen des Ansatzrohrs 55. Lippenlaute 57. Zungengaumenlaute57 (medianenbsp;und laterale, coronale und dorsale Articulationnbsp;59): Vorderes Gebiet 60 (cerebrale 61, alveolarenbsp;postdentale, interdentale Coronallaute 61; dorsale 62). Mittleres Gebiet (Palatale) 63. Hinteresnbsp;Gebiet (Velare) 63. Emphatisohe Laute 64.nbsp;Laterale 64. Eaucallaute.......... 65

-ocr page 18-

XIV nbsp;nbsp;nbsp;Inhalt.

Seite

Cap. 8. Die Articulationen des Kehlkopfs; Allgemeines

67. Laryngallaute............. 69

Cap. 9. Die Sprachlaute nach ihrer Starke und Dauer:

Starke (Fortis und Lenis) 69. Dauer .... nbsp;nbsp;nbsp;72

Cap. 10. Die Sprachlaute nach ihrem akustischen Werth;

Sonore und Gerauschlaute......... 73

II. Die einzelnen Sprachlaute.

A. nbsp;nbsp;nbsp;Die urspriinglichen Sonoren.

Cap. 11. Die Vocale 79: Die Anordnung nach Klang-reihen 80. Die Anordnung nach Eigenton-reihen 88. Die Anordnung nach Articulations-reihen (Bells System) 94. Lauttabelle I (Vocal-tafel) 103. Nasalvocale 109. Gemurmelte Vocale 110. Stimmlose Vocale und h 111. Schluss-

hemerkungen...............113

Cap. 12. nbsp;nbsp;nbsp;Die Liquidae 115;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;r-Laute 116, 7-Laute. . . 122

Cap. 13. nbsp;nbsp;nbsp;Die Nasale................125

B. nbsp;nbsp;nbsp;Die Gerauschlaute.

Cap. 14. Die Spiranten: Labiale und Labiodentale 127.

Zischlaute 128. Palatale und velare a:-Laute

133. Laryngale..............I34

Cap. 15. Die Verschlusslaute: Nach ihren Articulations-stellen; Labiale, Laute der Zungenspitze 135, Palatale 136, Velare, Laterale, Laryngale 137.

Nach denverschiedenen Arten ihrer Bildung 138. Verhaltniss der versohiedeuen Bildungsweisennbsp;zu der alteren Terminologie (Tenuis, Media,

Aspirata u. a.) . nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;. ............143

Lauttabelle II......... 147

III. Abschnitt. Combinationslehre.

Cap. 16. Allgemeineres ...............148

I. Laute und Lautverbindungen.

Cap. 17. Lauteinsatze und-absatze: Bei Vocalen 150, bei Liquiden und Nasalen 155, bei Spiranten 156,

bei Verschlusslauten............I57

Cap. 18. Die Beriihrungen benachbarter Laute im All-

gemeinen.................158

Cap. 19. Die Beriihrungen von Sonoren 159. Verbindung zweier Vocale, die verschiedenen Silben ange-hren 160. Diphthonge 160. Halbvocale 166.nbsp;Triphthonge 167. Verbindungen von Vocalennbsp;mit Liquiden und Nasalen, und von Liquidennbsp;und Nasalen unter einander........168

-ocr page 19-

Inhalt. nbsp;nbsp;nbsp;XV

Seite

Cap. 20. BerilhrungeneinessonorenLautesmitGerausch-lauten; Sonore und Spiranten 168. Sonore und

Versohlusslaute..............170

Cap. 21. BeriihrungenvonGerauschlauten 175. Affricatae 176. Oeffnung von Verschlusslauten ohne Explosion ..................178

Cap. 22. Beriihrungen homorganer Laute (laterale und

nasale Explosion u. a.)...........179

Cap. 23. Mischung verschiedener specifischer Articula-tionen (Einwirkungen von Vocalen auf Consonanten etc.) 181. Palatalisirung 185. Vela-risirung 188. Rundung oder Lahialisirung 189.

Aufnahme anderer Articulationen......190

Cap. 24. Reduction 190. Reduction des Reibungsge-rausches von Spiranten (Gerauschreduction) 191. Reduction von Dauerlauten zu Gleitlauten (Stel-lungsreduction) 193. Reduction stimmhafternbsp;Laute zu stimmlosen (Stimmreduction) ....nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;196

II. nbsp;nbsp;nbsp;Silbenbildung.

Cap. 25. Der Bau der Silbe im Allgemeinen 198. Druck-silben und Schallsilben 202. Die relative Sohall-

fulle der Silbenglieder...........203

Cap. 26. Die relative Druckstarke der Silbenglieder. . nbsp;nbsp;nbsp;206

Cap. 27. Die Silbentrennung 209. Druckgrenze vor und nach einem Consonanten 210; in einem Consonanten (Gemination)...........211

III. nbsp;nbsp;nbsp;Accent und Quantitat.

Cap. 28. Allgemeines................215

1. nbsp;nbsp;nbsp;Silbenaccent.

Cap. 29. Der exspiratorische oder dynamische Silbenaccent 218. Die Exspirationsbewegung der Silbe an sich: Silbengipfel, ein- und zweigipfligenbsp;Silben 218; Stosston 221. Die Druckabstufungnbsp;des Silbenschlusses (stark und schwach ge-

schnittener Accent).............222

Cap. 30. Der musikalische oder tonische Silbenaccent . nbsp;nbsp;nbsp;225

2. nbsp;nbsp;nbsp;Wort- und Satzaccent.

Cap. 31. Allgemeines................228

Cap. 32. Der exspiratorische oder dynamische Satzaccent; Der Satz und seine Glieder 232. Die Pormen der Sprechtakte 235. Die Abstufungnbsp;innerhalb der Sprechtakte 237. Die Abstufungennbsp;der Satztakte unter einander........240

-ocr page 20-

x^t: nbsp;nbsp;nbsp;Inhalt.

Seite

Cap. 33. Der musikalisohe oder tonische Wort- und Satz-acoent; Vorbemerkungen 242. Der tonische Wortacoent 246. Der tonische Satzacoent . . 2lnbsp;3. Quantitat.

Cap. 34. Allgemeines................254

Cap. 35. Lantquantitat...............256

Cap. 36. Silben- und Taktdauer: Silbenquantitat 261.

Taktdauer.................265

IT. Abschnitt. Lautwechsel und Lautwandel.

Cap. 37. Allgemeines (Ursaohen des Lautwechsels 268.

Entstehungsweise269. Springenden Lautwechsel 270. Lautwandel 270. Classification der Artennbsp;des Lautwechsels 273. Assimilationen 275)nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;267

Gap. nbsp;nbsp;nbsp;38.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Lautwechsel durchnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;rtliche Verschiebung .nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;278

Cap. 39. Lautwechsel durch graduelle Verschiebung der

Hemmung.................283

Cap. 40. Lautwechsel durch zeitliohe Verschiebung von Articulationsfactoren 287. Verschiebung dernbsp;Exspiration 288. Verschiebung der Kehlkopf-artioulation gegen die Articulationen des An-satzrohrs 289. Verschiebung von Ansatzrohr-

articulationen 291. nbsp;nbsp;nbsp;Metathesen.......297

Cap. nbsp;nbsp;nbsp;41.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Lautwechsel durchnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dynamische Verschiebungnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;298

Gap. nbsp;nbsp;nbsp;42.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Quantitatswechsel.............300

Literatur.........................305

Register..........................316

-ocr page 21-

I. Abschnitt.

Einleitung.

Cap. 1. Stellnng, Aafgabe und Methode der Phonetik.

1. nbsp;nbsp;nbsp;Unter Phonetik versteken wir die Lehre von dernbsp;Sprachbildung, d. h. von der Erzeugung, dem Wesen undnbsp;der Verwendung der Sprachlaute zur Bildung von Silben,nbsp;Wrtem und Satzen, endlich auch von den allgemeinen Be-dingungen ibres Wandels und Verfalls, Somit bildet dienbsp;Phonetik ein Grenzgebiet zwischen der Physik, insofern sienbsp;sicb mit der akustiscben Analyse der einzelnen Lautmassennbsp;bescbaftigt, der Pbysiologie, insofern sie die Functionen dernbsp;zur Erzeugung und Wabrnebmung der Spracbe thatigen Organenbsp;erforscht, und endlich der Sprachwissenschaft, insofern sienbsp;liber die Natur eines wichtigen Objectes derselben Aufscblussnbsp;ertheilt.

2. nbsp;nbsp;nbsp;Nur fiir die beiden genannten naturwissenschaftlicbennbsp;Disciplinen kann die Erforschung des Werdens und der Naturnbsp;der Einzellaute Selbstzweck sein, aus denen sicb die Spracbenbsp;aufbaut. Fiir den Spracbforscher ist die Phonetik nur einenbsp;Hlfswissenschaft. Demgemass stuft sicb auch das Interessenbsp;der Einzeldisciplinen an den verschiedenen Theilgebieten ver-schieden ah. Aufgabe und wesentlichstes Ziel der naturwissen-schaftlicben Forschung ist es, die allgemeinen grundlegendennbsp;Gesetze liber Natur, Bildung und Verwertbung der Sprachlautenbsp;festzustellen. Dem Spracbforscher fallt dagegen die Aufgabenbsp;zu, diese Grundgesetze in alle die Verzweigungen hinein zunbsp;verfolgen, welche sie in den verschiedenen Spracben und Mund-arten erfahren haben, und die Besultate dieser Specialforscbungnbsp;seinen wissenscbaftbchen Zwecken nutzbar zu machen. Demnbsp;Naturforscher muss es demnach mebr auf das Allgemeine,

SieverB, Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;1

-ocr page 22-

3. 4. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik.

Theoretische ankommen, den Sprachforscher interessirt vor-wiegend das Binzelne in seiner speciellen Yerwendung innerhalb der Objecte, deren Studium er sich widmet.

3. nbsp;nbsp;nbsp;Innerhalb des weiten Gesammtgebietes der Sprach-wissenschaft selbst haben ohne Zweifel die auf die Erfor-scbung der lebenden Sprachen gerichteten Studin dasnbsp;unmittelbarste und praktisch bedeutsamste Interesse an dennbsp;Aufscblssen ber die Natur sprachlicher Erscheinungen,nbsp;welche die Phonetik zu geben vermag; denn nur auf Grandnbsp;phonetischer Erkenntniss lasst sich das Tbatsachliche in dernbsp;Aussprache der verscbiedenen Idiome feststellen. Die Erkenntniss von der Richtigkeit dieses Satzes bat sich immer mebrnbsp;Bahn gebrochen, und in gleichem Masse ist die praktiscb-phonetiscbe Eorschung mebr und mebr bestrebt gewesen, auchnbsp;denZwecken des modernen Spracbstudiums entgegenzukommen.nbsp;Sie bat namentlich ihr Augenmerk darauf gerichtet, unter thun-lichster Beschrankung theoretischer Errterungen zuverlassigesnbsp;Beobachtungsmaterial zu beschaffen und dieses nach prakti-schen Gesichtspunkten unter einfache Regeln zu bringen. Dernbsp;Erfolg, welchen diese Bestrebungen zu verzeichnen gehabtnbsp;haben, brgt hinlanglich dafr, dass der eingeschlagene Wegnbsp;fr die Lsung dieser Aufgabe der richtige war. Um so zweifel-bafter muss es erscheinen, ob das in neuester Zeit auch beinbsp;einstigen Vertretern der praktischen Richtung in Schwang ge-kommene bermassige Betonen der rein mechanisch messendennbsp;und darstellenden sog. Experimentalpbonetik der pbilologi-schen Seite der Discipbn auf die Dauer mebr zum Nutzen alsnbsp;zum Nachtheil gereicben wird, unbeschadet einer Reibe auchnbsp;praktisch verwertbbarer Resultate, welche diese Experimental-phonetik bisber gezeitigt bat.

4. nbsp;nbsp;nbsp;Wiederum anders als fr den Erforscher der lebendennbsp;Sprachen stellt sich das Verhaltniss der Phonetik zu dernbsp;bistoriscb-vergleichenden Sprachwissenschaft. Ernbsp;diese kommt die praktische Seite der Phonetik nur insoweit innbsp;Betracht, als es gilt, die Aussprache der lebenden Vertreternbsp;einer Sprach- oder Mundartengruppe festzustellen, deren Ge-schichte erforscbt werden soil. Solcher Eeststellungen bedarfnbsp;der Sprachforscher insbesondere zur Belebung der mangelhaftennbsp;Abbilder sprachlicher Erscheinungen, welche die unvollkomme-nen Schriftsysteme alter und neuer Zeit gewahren, die nur zunbsp;oft Eigenthmlichkeiten der Aussprache verbllen, welche frnbsp;die Entwickelung der Sprache von Wichtigkeit sind. Aber der

-ocr page 23-

4. 5, Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik. nbsp;nbsp;nbsp;3

Schwerpunkt des Interesses, -welches die Sprachforschung an der Phonetik nimmt, liegt doch auf einer andern Seite. Demnbsp;Sprachhistoriker soil die Phonetik in erster Linie Aufklarungnbsp;verschaffen ber die Natur, den Verlauf und die Zusammen-hange der verschiedenen lanthchen Processe, deren Anfang undnbsp;Endpunkt er durch geschichtliche Petrachtung der Sprachenbsp;festgestellt hat. Sie kann dies thun, indem sie ihm in demnbsp;Neheneinander der lebenden Sprachen und Mundarten Eeihennbsp;von Entwicklungsstufen aufweist, die ihn zu hndigen Analogie-schlssen her den Ent-wicklungsgang der Einzelsprache fhren,nbsp;und indem sie ihm, abermals an der Hand der lebenden Sprache,nbsp;das Verhaltniss zwischen der den sprachlichen Wandel bedingenden Kraft und der daraus im Einzelfalle resultirendennbsp;Veranderung ge-wissermassen paradigmatisch darstellt. Dernbsp;Sprachhistoriker hedarf daher in minderem Masse als der Neu-philologe detaillirter Einzelvorschriften ber die Aussprachenbsp;dieses oder jenes Idioms, und in noch geringerem Masse dernbsp;Aufstellung eines allgemeinen Systems, in dem die Einzellautenbsp;der verschiedenen Sprachen nach einem bestimmten Schemanbsp;ein- fr allemal untergebracht sind. Ja, man kann geradezunbsp;sagen, dass, wahrend fr den phnetischen Theoretiker seinnbsp;System und die daraus fliessende strenge Scheidung der einzel-nen Lautgruppen und Laute im Mittelpunkte des Interessesnbsp;stehen, der den geschichtlich hezeugten Wandlungen und Ver-schiehungen ehen dieser Glebilde nachgehende Sprachhistorikernbsp;am meisten Nutzen ziehen -wird aus einer systematischen Be-trachtung gerade der Berhrungspunkte z-wischen den einzelnennbsp;Unterabtheilungen, -welche der Systematiker aufstellt und nachnbsp;Kraften aus einander zu halten sucht.

5. Den Bedrfnissen aller der vorgenannten Interessen-kreise gleichmassig gerecht zu werden, wird keine Einzel-darstellung der Phonetik im ^tande sein. Dem Phonetiker naturwissenschaftlicher Bichtung wird das sprachliche Einzel-material, dessen der Philologe und Linguist hedarf, kaum je innbsp;vollem Umfange zuganglich sein. Zudem entbehrt es fr ihnnbsp;des Interesses, da auch die grsste Haufung des Materials ihmnbsp;keine wesentliche Untersttzung bei der Ableitung der allgemeinen Satze her Sprachbildung bieten kann, nach der ernbsp;streht. Noch ferner liegen ihm die entwicklungsgeschichtlichennbsp;Pvobleme des Sprachhistorikers. Wiederum werden die wenig-sten Vertreter der philologischen Seite dem Naturwissen-schafter in die Details seiner anatomischen, physiologischen und

1*

-ocr page 24-

6. 7. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik.

physikalischen Forschungen folgen wollen oder knnen. Gesetzt aber anch, es gelange einem Einzelnen, alle die Kenntnisse zunbsp;vereinigen, deren eine allseitige Darstellung der Phonetik be-darf, und diese in einem Lehrbuch der allgemeinen Phonetiknbsp;niederzulegen, so wrde ein solches Werk doch wieder nichtnbsp;den Bedrfnissen des Lernenden entsprechen knnen, der dochnbsp;zunachst wohl stets nur mit einem einseitigen Interesse an dienbsp;Phonetik herantritt und demgemass auch nur der einen odernbsp;anderen Seite derselben, nicht allen, ein Verstandniss ent-gegen bringt.

6. nbsp;nbsp;nbsp;Solchen Erwagungen gegenber erscheint es angezeigt,nbsp;den Gedanken an eine Allgemeindarstellung der Phonetiknbsp;berhaupt fallen zu lassen zu Gunsten von Einzeldarstellungen,nbsp;welche, von dem Allgemeinen nur das Nothwendigste in Krzenbsp;berhrend, den besonderen Bedrfnissen der verschiedenennbsp;Interessenkreise um so grssere Aufmerksamkeit widmen.nbsp;Einem solchen Sonderinteresse will denn auch beispielsweisenbsp;das vorhegende Werk dienen. Es ist zunachst geschrieben zurnbsp;Einfhrung in das Studium der Lautlehre der indogermanischennbsp;Sprachen alterer Zeit, etwa in dem TJmfange, wie sie in dernbsp;sBibliothek indogermanischer Grammatiken vertreten sind;nbsp;und es versucht dieser Aufgabe gerecht zu werden, indem esnbsp;sich bestrebt an der Hand ausgewahlter Beispiele ber einenbsp;Reihe von phonetischen Fragen zu orientiren, welche fr dasnbsp;Verstandniss indogermanischer Lautentwicklung in Betrachtnbsp;kommen. Was sonst zur Yervollstandigung des Materials etwanbsp;beigebracht ist, will und soil also nur als gelegentliche Ergan-zung dienen, die das Buch, soweit das dem Verfasser mglichnbsp;war, auch dem Nichtindogermanisten bei sprachgeschichtlichennbsp;Arbeiten verwerthbar machen hilft. Es ist also bei diesernbsp;Betonung des sprachgeschichtlichen Momentes selbstverstand-lich, dass das Buch sich weder an naturwissenschaftliche Lesernbsp;wendet, noch den Bedrfnissen der neueren Philologie undnbsp;speciell des Unterrichts in den neueren Sprachen anders alsnbsp;gelegentlich insoweit Rechnung tragen kann und wil], als diesenbsp;Bedrfnisse sich mit denen des Sprachhistorikers berbren.

7. nbsp;nbsp;nbsp;Es Hegt in der Natur der Sache begrndet, dass fr allenbsp;phonetische Ausbildung ein gewisses Quantum von mnd-licher Ueberbeferung unerlasslich ist. Eine blosse Beschrei-bung wird nie im Stande sein, diejenigen Feinheiten der Laut-gebung klarzulegen, welche den eigenthmlichen Charakternbsp;einer Sprache oder Mundart und damit auch oft die specielle

-ocr page 25-

8. 9. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik.

Richtung ihrer Weiterentwicklung bestimmen, wahrend das durch miindliche Scbulung vorgebildete Ohr diese Dinge mitnbsp;Leicbtigkeit aufzufassen vermag. Am ehesten mag es nochnbsp;gelingen, die allgemeinen naturwissenschaftlichen Grundgesetzenbsp;der Sprachbildung theoretisch und doch allgemein verstandhchnbsp;vorzutragen. Je mehr aber die Phonetik den praktischennbsp;Zwecken des Sprachunterrichts oder der Sprachforschungnbsp;dienstbar gemacht werden soil, um so mehr muss die eigenenbsp;directe Beobachtung des Lernenden an die Stelle der Unter-weisung durch den Lehrer treten. Ein fr philologische Lesernbsp;berechnetes Lehrbuch der Phonetik kann und darf daher imnbsp;Wesentlichen nichts anderes sein, als eine Anleitung zur Beobachtung, welche dann ihrerseits dem Lernenden die festenbsp;Grundlage fr die praktische Verwerthung der so gewonnenennbsp;phonetischen Satze zu schaffen hat.

8. nbsp;nbsp;nbsp;Verhaltnissmassig einfach gestaltet sich in dieser Be-ziehung noch die Aufgabe des Sprachlehrers, dessen Beob-achtungsfeld sich im Wesentlichen auf die Normalaussprachenbsp;derjenigen Cultursprachen beschranken darf, auf welche sichnbsp;sein Unterricht erstreckt. Der Sprachforscher dagegen darfnbsp;an eine solche Beschrnkung nicht denken. Je mannigfaltigernbsp;die lautgeschichtlichen Probleme sind, an deren Lsung ernbsp;arbeitet, um so umfassender und sicherer muss auch sein Ueber-blick ber die sprachlichen Entwicklungszustande lebendernbsp;Idiome sein, wenn er sich nicht fort und fort der Gefahr aus-setzen will, zu einem falschen Erklarungsmittel zu greifen.

9. nbsp;nbsp;nbsp;Vor allem muss der Sprachforscher, der aus phonetischennbsp;Studin ernstlichen Gewinn fr seine Wissenschaft zu er-arbeiten strebt, sich von vorn herein von einer Masse von Vor-urtheilen zu befreien suchen, zu denen theils die Schule, theilsnbsp;die praktische Uebung des Lebens hintreibt, und von denennbsp;gerade gelehrte Kreise am allerwenigsten frei sind. In ersternbsp;Linie steht unter diesen Vorurtheilen die Meinung, dass alleinnbsp;in den Schrift- oder Cultursprachen das sprachlich Normalenbsp;und Natrliche geboten werde. Die nothwendige Voraus-setzung dieser Lehre, die Einheitlichkeit der Sprachen, bestehtnbsp;ja berall nur auf dem Papier: und so mssen, wenn der Ein-zelne nach alter Unsitte den Lautzeichen der Schrift willkr-lich seine individuelle Aussprache unterlegt und diese zur eindigen Grundlage seiner Beurtheilung fremder Sprachen macht,nbsp;schliesslich eine unzahlbare Masse von Standpunkten in unls-lichen Conflict gerathen. Und bestnde nun auch wirklich in

-ocr page 26-

10. 11. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik.

einer Oultursprache irgendwo eine grssere Einheit (und diese knnte erfahrungsgemass doch nicht anders als durch knst-liche Zchtung auf Grund eines aus einer frheren Sprach-periode herlieferten Schriftsystems entwickelt sein), wienbsp;knnten ans ihr gewonnene Anschanungen zur Anfklarung dernbsp;so oft von der Einheithchkeit zur Yielfachheit hindrangendennbsp;Sprachentwicklung dienen? Dazu kommt, dass die einzelnennbsp;modernen Cultursprachen einander zu fern stehen, als dass mannbsp;aus ihrer Vergleichung allein mit der erforderlichen Sicherheitnbsp;allgemeinere Satze ber Laut- und Sprachentwicklung ahleitennbsp;knnte. Hier mussen die Mundarten erganzend eintreten, weilnbsp;sie allein die dort fehlenden Mittelglieder zu liefern im Standenbsp;sind. Zudem vermogen die Mundarten dem Beohachter in dernbsp;Kegel ein viel deutlicheres Bild von der Oonsequenz der Laut-gehung und Lautentwicklung zu geben als die Schrift- undnbsp;Cultursprachen, die nicht nnr in ihrem jeweiligen Bestande einnbsp;Gemisch von Sprach- und Lautformen verschiedenartigstennbsp;Ursprungs darzuhieten pflegen, sondem auch allzeit viel mehrnbsp;willkrlichen Beeinflussungen seitens des einzelnen Individuumsnbsp;nnterliegen, als die nnr durch die unbewusste und deshalhnbsp;stetigere Tradition des mndlichen Verkehrs fortgepflanztennbsp;Idiome des niederen Volkes.

10. nbsp;nbsp;nbsp;Den Ausgangspunkt fr alle phonetischen Studin mussnbsp;sonach dem Sprachforscher die ihm von Jugend auf gelaufigenbsp;Mundart bilden. 1st ihm eine eigentliche Volksmundart nichtnbsp;zuganghch, so halte er sich zunachst wenigstens an die un-befangene, leichte Umgangssprache der Gebildeten seiner Hei-math, nicht an die meist knsthch gemachte und darum oftnbsp;inconsequente Sprechweise der Schule, der Kanzei, des Theatersnbsp;oder des Salons. Erst wenn man zu vlliger Klarheit ber allenbsp;lautbchen Erscheinungen der eigenen Mundart gekommen ist,nbsp;gehe man zum Studium erst naher liegender, dann allmahlichnbsp;auch zu dem femer stehender Mundarten und Sprachen ber,nbsp;und wenn es irgend angeht, suche man sich eine oder mehrerenbsp;Mundarten vollkommen anzueignen.

11. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber die Art, wie man bei diesem fortschreitendennbsp;Studium insbesondere die Lautsysteme verwandter Mundartennbsp;zu betrachten bat, sind unten namentlich in den Schluss-betrachtungen des Cap. 11 (285 ff.) einige nahere Andeutungennbsp;gegeben. Es sei aber auch hier schon nachdrcklichst daraufnbsp;hingewiesen, dass die Aufgaben der historischen Phonetik nichtnbsp;durch blosse statistische Betrachtung von Einzellauten und

-ocr page 27-

12.13. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik.

deren Veranderungen gelost werden knnen. Denn im All-gemeinen ist es nicht der einzelne Laut, welcher nach gewissen, berall gltigen Gesetzen der Verandemng unterliegt, sondernnbsp;es findet gewhnlich eine correspondirende Entwicklungnbsp;correspondirender Lautreihen in correspondirendernbsp;Stellung statt (vgl. z. B. die gleichmassige Verschiehung dernbsp;Tenues-, Medien- und Aspiratenreihen in der germanischennbsp;LautTerschiebung, oder die Umsetzungen ganzer Vocalsystemenbsp;durch Steigerung oder Minderung der specifischen Articulationnbsp;der Vocale u. dgl.); ja in der Begel werden sicb auch nochnbsp;besondere Gesichtspunkte auffinden lassen, welche die Ver-anderung einer solchen Lautreihe aus dem Gesammthabitus desnbsp;Systems und der besonderen Stellung jener Reihe in ihm er-klaren belten.

13. Vor allen Dingen suche man sicb also einen genauen Einblick in den Bau jedes zu behandelnden Lautsystemsnbsp;zu verschaffen. Man wird gut tbun, dabei stets im Auge zunbsp;behalten, dass dieser nicht so sehr durch die Anzabl der zufallignbsp;in ibm zusammengewrfelten Laute an und fr sicb, als durchnbsp;das Verhaltniss dieser einzelnen Glieder unter einander bedingtnbsp;wird, und dass nicht der akustische Eindruck eines Lautes dasnbsp;Wesentliche bei der Sache ist, sondern die Art, wie er ge-bildet wird. Denn das was wir Lautwandel nennen, ist ja erstnbsp;eine secundare Eolge der Veranderungen eines oder mehrerernbsp;derjenigen Bil dungs factoren, durch deren Zusammenwirkennbsp;ein Laut erzeugt wird.

13. Die Erwerbung einer derartigen phonetischen Vorbil-dung ist, wie hier von vorn herein betont werden soil, keine leicbte Sache. Sie erfordert eine unermdbcbe, ausdauerndenbsp;Schulung der Sprachorgane und, namentlicb mit Beziebung aufnbsp;den zuletzt angefbrten Satz, des Gehrs. Denn einerseitsnbsp;pflegt das Ohr fr ibm fremdartige Laute oder deren Unter-schied von den ihm gelaufigen stets bis zu einem gewissennbsp;Grade taub zu sein, oder wo wirklich ein Unterscbied wahr-genommen wird, pflegen wir oft Mitteldinge zwischen den frem-den und den eigenen Lauten zu boren, die nur dadurch ent-stehen, dass die Vorstellung der eigenen Laute mit der dernbsp;entsprecbenden gehrten fremden Laute zusammenscbmilzt.nbsp;Andererseits laufen wir bei der nun einmal erworbenen Un-empfindbcbkeit des Gehrs fr kleinere Verscbiedenbeiten imnbsp;Klange der Laute oft Gefahr, fremden Lauten, die man nur mitnbsp;dem Gebr erfassen kann, solche Articulationen zuzuschreiben,

-ocr page 28-

14. Stellung, Aufgabe und Methode der Phonetik.

mit denen man bei dem Versnche der Nachbildung dem akusti-schen Eiect derselben einigermassen nahe kommt, obwohl oft genug diese eigenen Articulationen den fremden nicht ent-sprechen. Man wird also erst dann sagen drfen, dass ein vor-laufiger Abschluss in der phonetischen Vorbildung nach diesernbsp;B,ichtung hin erreicht ist, wenn es dem Beobachter gelingt,nbsp;jeden fremden Lant, womglich auch nach dem Gehr allein,nbsp;richtig zu erfassen und nach seiner Stellung im eigenen wienbsp;nach seinem Verhaltniss zu entsprechenden Lauten anderernbsp;Systeme zu charakterisiren. Als eine Vorbereitung fr die Er-reichung dieses Zieles mag auch die Torsichtige Beschaftigungnbsp;mit experimentalphonetischen Studin hie und da ron Nutzennbsp;sein, insofern sie zumal den stumpfhrigen Anfanger ber bis-her bersehene Lcken in seinem Beobachtungsvermgen auf-klaren knnen. Wirkliche Herrschaft ber das Errungene erlangt aber dann doch wieder nur derjenige, dem es gehngtnbsp;seine Sinne so zu scharfen, dass er nicht mehr dem Banne dernbsp;vielfach tauschenden todten Apparate zu unterhegen braucht. nbsp;I. Die landlaufige Grammatik nimmt gewhnlich von dennbsp;Buchstaben oder Lauten ihren Ausgang und steigt von da zunbsp;der Betrachtung der Silben, Wrter und Satze auf. Es istnbsp;aber von selbst einleuchtend, dass eine streng systematisch vor-gehende Phonetik bei der Untersuchung des Satzes beginnennbsp;msste, denn der Satz allein ist ein in der gesprochenen Sprachenbsp;selbst gegebenes, direct zu beobachtendes Object. Das Wort,nbsp;die Silbe, der Einzellaut aber nehmen gar oft im 'Satze (diesnbsp;Wort in dem weiteren Sinne gefasst, in dem es gewhnlichnbsp;gebraucht wird; zur Sache selbst s. 611 ff.) verschiedene Gestalt an, und der Einzellaut existirt in der absoluten Form,nbsp;wie ihn uns die Grammatik vorzufhren gewohnt ist, haufig garnbsp;nicht einmal isolirt in der Sprache. So sollte also zunachst dernbsp;'Satz untersucht werden, mit allen denjenigen Veranderungen,nbsp;die er beim mndhchen Ausdruck erfahren kann (z. B. denjenigen, welche derselbe 'Satz erleidet, wenn er als einfachenbsp;Aussage, alsAusrufs-, als Fragesatz etc. verwandt wird, u. a.m.).nbsp;Erst nachdem man gelernt hat, diesen veranderhchen Eigenschaften des Satzes Bechnung zu tragen, sollte man zur Zer-legung des Satzes selbst fortschreiten, d. h. zur Untersuchungnbsp;der einzelnen Sprechtakte (620 ff.) und der Silben als Glie-der dieser Sprechtakte. Daran erst hatte sich dann die Analysenbsp;der Silben als solcher und die ihrer Einzellaute anzu-schliessen. Was sich dann am Ende als Definition des Einzellautes

-ocr page 29-

15. Allgemeine akustische Satze.

ergibt, ist scbliesslich doch nur eine zum guten Theil Yon will-krlicb gewahlten Gesichtspunkteii abhangige Abstraction von den vielfach veranderlichen Gestalten, unter denen derselbenbsp;sogenannte Einzellaut in der zusammenbangenden menscblichennbsp;B,ede auftreten kann. Ans praktischen Grnden pflegt mannbsp;aber auch beim Studium der Phonetik von den einfachstennbsp;Elementen zu den complicirteren Gebilden fortzuschreiten, undnbsp;diese allgemein angenommene Methode ist auch in dem vor-liegenden Werke festgehalten worden. Will man sie aher be-folgen, so muss man sich stets die wichtige Thatsache ver-gegenwartigen, dass wir mit den wenigen Dingen, die wir vonnbsp;dem knstlich isolirten Einzellaut aussagen knnen, nochnbsp;keineswegs das Wesen desselben in der lebendigen Sprachenbsp;erschpft haben. Jedenfalls ist die Aufstellung eines blossennbsp;Lautsystems, so wichtig sie an sich ist, doch immer nur einenbsp;der elementarsten Thatigkeiten des Phonetikers, in dessennbsp;Bereich die gesammten Erscheinungsformen der gesprochenennbsp;Sprache fallen. Man beruhige sich also nicht bei dem Studiumnbsp;der Laute an sich, sondern prfe, immer zunachst wieder annbsp;der Hand der Muttersprache, ebenso genau die Silben-, Takt-und Satzbildung. Alle so erworbenen Kenntnisse erprobe mannbsp;dann weiter zunachst an der Behandlung lehender Sprachennbsp;und Mundarten, und erst wenn man sich hier vllig gerstetnbsp;findet, gehe man zur Anwendung der phonetischen Kriteriennbsp;zur Erliiuterung alterer Sprachzustande und ihrer allmahlichennbsp;Veranderung bis zu ihren modernen Eeprasentanten ber.

Cap. 2. Allgemeine akustische Satze.

15. Unter dem Namen Schall fassen wir sammtliche ver-mittelst der Gehrorgane und nur vermittelst dieser wahr-genommenen ausseren Eindrcke zusammen. Schall entsteht dadurch, dass ein elastischer Krper in rasche hin- und her-gehende Bewegung (Schwingungen) versetzt wird. Diesenbsp;Bewegung theilt sich zunachst den den Krper umgebendennbsp;elastischen Medien (in weitaus den meisten Pallen der Luft)nbsp;mit und wird von diesen wieder auf gewisse Theile des Gehr-organs bertragen, welche nun ihrerseits durch Reizung dernbsp;Gehrnerven in uns die Empfindung des Schalies hervorrufen.nbsp;Die Portpflanzung der Schallbewegung geschieht in der Formnbsp;von Wellen (Schallwell en).

-ocr page 30-

10

16'19. Allgemeine akustisohe Satze.

16. Der erste und Hauptunterschied verschiedenen Schalies, den unser Ohr auffindet, ist der Unterschied zwischen Gerauschen und musikalischen Klangen. Die Empfin-dung einesKlanges wird durch schnelle periodische Bewegungennbsp;dertnendenKrper hervorgebracht, die eines Gerausches durchnbsp;nicht periodische Bewegungen. Unter einer periodischen Bewe-gung Yerstehn wir dabei eine solche, welche nach genau gleichennbsp;Zeitabschnitten immer in genau derselben Weise wiederkehrt.

11. Gerausche lassen sich nicht weiter akustisch classi-ficiren; dagegen unterscheidet man musikalische Klange nach ilirer Starke, ihrer Tonhhe und ihrer Klangfarbe. Dienbsp;Starke wachst und nimmt ab mit der Weite (Amplitude)nbsp;der Schwingungen des tonenden Krpers, die Tonhhe mit dernbsp;Schnelligkeit, mit der die einzelnen Schwingungen auf ein-ander folgen, oder, was dasselbe ist, mit der Anzahl der inner-halb eines bestimmten Zeitraums (einer Secunde) gemachtennbsp;Schwingungen, der Schwingungszahl. Die Klangfarbenbsp;(das Timbre) endlich hangt ab von der Schwingungsform,nbsp;oder, was auf dasselbe hinauskommt, von der Zusammen-setzung des Klanges.

18. nbsp;nbsp;nbsp;Die durch die einfachste Form periodischer Bewegung,nbsp;d. h. durch einfache Pendelschwingungen hervorgerufene Klang-empfindung nennt man einen (einfachen) Ton. Solche einfache Tone geben von den gebrauchlichen musikalischen Instrumenten fast nur die Stimmgabeln. Die meisten brigennbsp;erzeugen nur akustisch complicirtere Gebilde, die sog. Klangenbsp;im engeren Sinne. Diese Klange haben nicht mehr jene 'einfachen', sondern 'zusammengesetztequot; Schwingungsformen, dienbsp;aber wiederum alle von der Art sind, dass sich eine jede ein-zelne von ihnen, und zwar wieder immer nur in einer ganznbsp;bestimmten Weise, in eine Eeihe einfacher Pendelschwingungennbsp;auflsen lasst. Da nun aber jeder einfachen Pendelschwingungs-form ein sog. einfacher Ton entspricht, so kann man auchnbsp;sagen, dass ein jeder 'Klangquot; sich in ganz bestimmter Weisenbsp;in eine Eeihe 'einfacher Tonequot; auflsen lasst oder aus einernbsp;Eeie bestimmter einfacher Tne zusammengesetzt ist.

19. nbsp;nbsp;nbsp;Die Tne, aus denen sich diesergestalt ein Klang zu-sammensetzt, heissen seine Theiltne (Partialtne). Beson-ders charakteristisch fr die Eeihe der Theiltne, die in einemnbsp;Klange auftreten knnen, ist, dass ilire Schwingungszahlen sichnbsp;wie die einfachen ganzen Zahlen 1, 2, 3, 4 u. s. w. verhalten.

Den tiefsten Theilton des Klanges (also den mit der rela-

-ocr page 31-

11

2025. Allgemeine akustische Satze.

tiven Schwingungszalil 1) nennt man dessen Grundton. Nacli ihm wird die Tonhhe des ganzen Klanges bemessen. Dienbsp;iibrigen Theiltne heissen, weil sie in der musikalischen Scalanbsp;iiber dem Grundton liegen, auch die (barmonischen) Obertne.

Dem ungeiibten Obre verscbmelzen die Tbeiltne eines Klanges leicbt zu einer durcbaus einbeitlicben Empfindung;nbsp;docb kann man ihr gleicbzeitiges Vorhandensein im Klangenbsp;durch Hiilfsapparate (Eesonatoren) leicbt nacbweisen.

20. nbsp;nbsp;nbsp;Die Farbe eines Klanges bangt nacb 17 ff. von der Artnbsp;ab, wie in ibm verscbiedene Tbeiltne gemischt sind, oder mitnbsp;andern Worten von der verscbiedenen Anzabl und Starke seinernbsp;Tbeiltne. Sie kann also durcb Yerstarkung, Schwachung odernbsp;ganzliche Beseitigung eines oder mehrerer Tbeiltne willkrlicbnbsp;verandert werden. Hierzu bietet sicb ein Hauptmittel in dernbsp;Resonanz.

21. nbsp;nbsp;nbsp;Jeder berhaupt zur Klangerzeugung fahige Kipernbsp;bat einen Eigenton (z. B. also eine Saite eines Streich-instruments oder eines Claviers, aber aucb jeder begrenztenbsp;Luftraum).

22. nbsp;nbsp;nbsp;Wird ein Krper von den Scballwellen eines Klangesnbsp;getroffen, in welcben ein dem Eigenton des Krpers gleichernbsp;oder doch nahezu gleicher Theilton enthalten ist, so wird dernbsp;Krper zum Mittnen erregt. Dadurch wird der betreffendenbsp;Theilton verstarkt, und infolge davon auch die Farbe des ge-sammten Klanges verandert.

23. nbsp;nbsp;nbsp;Je elastischer der zum Mittnen bestimmte Krper ist,nbsp;um so besser ist er fr seinen Zweck geeignet. Insonderheitnbsp;sind daber begrenzte Luftraume, Kesonanzraume, dazu an-wendbar. Diese haben aber zugleicb noch die Eigenschaft, dennbsp;Durchgang von Tonen, die nicht mit dem Eigenton des Hohl-raums zusammenfallen, mehr oder weniger verhindern, d. h.nbsp;diese Tne, falls sie durch den Hohlraum durchgeleitet werdennbsp;sollen, dampf en zu knnen.

24. nbsp;nbsp;nbsp;Auch die Gerausche sind Gemische von Tnen, nurnbsp;stehen diese Tne nicht in dem harmonischen Verhaltniss zunbsp;einander wie die Theiltne der Klange (daher die Unregel-lassigkeit der nicht periodischen Schwingungsform).

Es versteht sich aber von selbst, dass auch die unharmoni-schen Tne, aus den en ein Gerausch zusammengesetzt ist, der Yerstarkung durch Resonanz und der Dampfung fahig sind.

25. nbsp;nbsp;nbsp;Kesonanzraume von veranderlicher Gestalt und veran-derlichem Rauminhalt werden bei den meisten Blasinstrumenten

-ocr page 32-

12

2628. Das menschliche Spraohorgan.

verwandt. Man pflegt sie in dieser Anwendung niit dem Namen Ansatzrohr zu bezeichnen, weil sie naeistens mit dernbsp;Scballquelle direct verbunden sind. Eine ebensolche Verbin-dung einer Schallquelle mit einem Ansatzrohr, das der mannig-faltigsten Umgestaltung (d. h. der vielfaltigsten Modificationnbsp;eines bindurchgeleiteten Schalies) fahig ist und innerhalb dessennbsp;zugleich wieder Gerausche verschiedenster Art erzeugt werdennbsp;knnen, bietet das menschliche Sprachorgan dar, dessen Ein-richtung und wesentlichste Functionen die folgenden Capitelnbsp;besprechen werden.

Cap. 3. Das menschliche Sprachorgan.

26. nbsp;nbsp;nbsp;Das menschliche Sprachorgan besteht aus drei wesent-lich verschiedenen Theilen mit wesentlich verschiedener Function: dem Fespirationsapparat, dem Kehlkopf und dem demnbsp;letzteren vorgelagerten Ansatzrohr.

27. nbsp;nbsp;nbsp;DieAufgabe des Fespirationsapparats istdieHer-stellung des zur Erzeugung von Sprachlauten nothwendigen,nbsp;aber noch nicht selbst schallbildenden Luftstroms, Kehlkopfnbsp;und Ansatzrohr dienen entweder gleichzeitig oder unabhangignbsp;von einander zur Bearbeitung dieses Luftstroms; und zwar er-regt der Kehlkopf denselben in der Fegel zum Tonen, nurnbsp;in selteneren Fallen (namentlich bei der Bildung des h und desnbsp;Kehlexplosivs, vgl. Gap. 17, sodann aber regelmassig beimnbsp;Flstem) zur Hervorbringung von blossen Gerauschen; dasnbsp;Ansatzrohr aher wird entweder zur Modification der imnbsp;Kehlkopf erzeugten Klange oder Gerausche, oder aber zurnbsp;Hervorbringung selbstandiger, von der Thatigkeit des Kehlkopf s unabhangiger Gerausche verwandt. Es ist von grossernbsp;Wichtigkeit, von vom herein sich dieses Functionsunterschie-des deuthch bewusst zu werden.

28. nbsp;nbsp;nbsp;Zur Veranschauliohuag des Gesagten achte man auf die ver-schiedene Thatigkeit der einzelnen Organe, wahrend man die Sprachlaute,nbsp;die man von Jugend auf zwanglos zu bilden gelernt hat, in systematischernbsp;Anordnung nach einander ausspricht. Man kann hierbei dem ungebtennbsp;Ohre durch das Gefhl zu Hlfe kommen, indem man einen Finger aufnbsp;den Kehlkopf legt (Kempelen 232). Jedesmal wenn die Stimmbandernbsp;tonen, gerath der Kehlkopf in deutlich fhlbare zittemde Schwingungen.nbsp;Diese wird man z. B. bei allen Vocalen und denNasalen leioht wahrnehmennbsp;(bei diesen Lanten dient das Ansatzrohr nur zur Modification). Dagegennbsp;ist es alsbald einleucbtend, dass z. B. bei p; ch., s, innerhalb desnbsp;Ansatzrohrs selbst ein Gerausoh gebildet wird. Der Kehlkopf hleibtnbsp;wahrend der Bildung dieser Laute ganz ruhig. Er gerath aber sofort

-ocr page 33-

13

2931. Das menschlicke Spradiorgan.

wieder in das charakteristische Zittern, wenn man, die sogenannten tonenden Mediae g, d, b oder sog. weiches g (franz. engl. z) oder franz.nbsp;engl. V ausspriclit. Fr die Selbstbeobachtung ist vielleicht das beste Ver-fahren, sich beide Obren fest zuzubalten oder zu verstopfen. Auch dernbsp;leiseste Klang des Keblkopfs gibt sich dann als ein ganz charakteristi-sches lautes Schmettern im Ohre zu erkennen, wahrend die Gerauschenbsp;der Mundhble keine wesentliche Aenderung erfahren. Fr die Beob-acbtung anderer empfieblt sich die Anwendung eines Kautschukschlauchs,nbsp;dessen eines Ende in den Gehrgang eingepasst wird, wahrend man dasnbsp;andere, zur Auffangung der Schallwellen mit einem kleinen Glastrichternbsp;versehen, vor den Mund (bei Nasalen vor die Nasenffnung) fhrt. Mannbsp;kann dann sehr leicht und deutlich unterscheiden, oh ein beliebiger Lautnbsp;bloss aus Klangen oder aus Gerauschen oder aus beiden zugleich besteht.nbsp;Zur Controle der Kehlkopfthatigkeit kann man auch den Trichter, wienbsp;beim Auscultiren, luftdicht auf den Kehlkopf aufsetzen (vgL Brcke,nbsp;Wiener Sitz.-Ber., mathem.-naturw. Cl. XXVIII, 69 ).

29. nbsp;nbsp;nbsp;Auch das Ansatzrohr kann zur Erzeugung von Klangen benutztnbsp;werden; dies geschieht z. B. beim Pfeif en. Diese Klange kommen abernbsp;in der Sprache nicht zur Verwendung. Fr diese ist also die Beschrankungnbsp;der Thatigkeit des Ansatzrohrs auf die Bildung von eigenen Gerauschennbsp;und die Modification der Kehlkopf klange und -gerausche streng festzuhalten.

30. nbsp;nbsp;nbsp;Was den Bau der einzelnen Theile des Sprach-organs betrifft, so ist ein naheres Eingehen auf den desnbsp;Respirationsapparats fr die Zwecke der Sprachwissen-schaft nicht erforderlich (her seine Function wird 60 ff. dasnbsp;Wesentlichste beibringen). Unerlasslich ist dagegen das Studium des Keblkopfs und insbesondere des Ansatzrohrs. Vollenbsp;Klarheit kann hier freilich nur die Autopsie bringen, und zu-mal beim Kehlkopf ist die Betrachtung eines anatomischennbsp;Praparats oder guten Modells fast unerlasslich. Eine ins Bin-zelne gehende Beschreibung ohne diese Autopsie oder zahl-reiche Abbildungen wrde dagegen eher verwirrend als auf-klarend wirken. Es sollen daher hier nur die hauptsachlichstennbsp;Punkte angegeben werden, die fr das Verstandniss der Laut-bildung in Betracht kommen. Wir beginnen mit dem Kehlkopf.

31. nbsp;nbsp;nbsp;Der Kehlkopf [larynx] besteht der Hauptsache nachnbsp;aus folgenden beweglichen Theilen. Auf der Luftrhre [trachea),nbsp;welche den Zutritt der Luft zu den Lungen vermittelt, ruht alsnbsp;ihr oberstes abschliessendes Glied und als Trager des ganzennbsp;Keblkopfs der Ringknorpel [cartilago cricoidea). Er bat un-gefahr die Gestalt eines Siegelrings, dessen breite, platten-frmige Flache nach hinten gekehrt ist. Ueber ihm ruht dernbsp;Schildknorpel [cartilago thyreoidea, der Adamsapfel nachnbsp;unserer vulgaren Bezeichnung). Dieser besteht aus zwei etwanbsp;viereckigen Platten, die nach vorne unter einem Winkel an

-ocr page 34-

14

32. 33. Das menschliche Sprachorgan,

einander gelehnt sind und so eine auch von aussen leicht fU-bare Kante bilden. Nach hinten zu klaffen diese beiden Flgel soweit anseinander, dass sie die Platte des Kingknorpelsnbsp;zwischen sich aufnehmen knnen. Die hinteren Kanten dernbsp;Flgel laufen nach oben zu je in einen hornfrmigen Fortsatznbsp;aus. Vermittelst dieser Hrner hangt der Schildknorpel zu-sammen mit dem Zungenbein (os hyoidetim), einem Knochennbsp;von der Gestalt eines Hufeisens, dessen Oeffnung wie die desnbsp;Schildknorpels nach hinten zu liegt. Das Zungenbein gehortnbsp;bereits nicht mehr zum Kehlkopf, doch bildet es fr diesen wienbsp;der Ringknorpel eine Hauptsttze.

32. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber die Lage der drei besprochenen festen Theile kann mannbsp;sich leicht durch Betasten des Kehlkopfs unterrichten. Geht man aufnbsp;der vorderen Kante des Schildknorpels (des Adamsapfels also) mit dernbsp;Bingerspitze aufwarts, so gelangt man ber eine naohgiebige Stelle hinwegnbsp;auf den nach vorn zu liegenden Bogen des Zungenbeins, dessen beidenbsp;Arme sich dann ziemlioh weit nach rechts und links verfolgen lassen.nbsp;Geht man umgekehrt auf dem Grat des Schildknorpels abwarts, so stsstnbsp;man auf den vordern schmalen Rand des Ringknorpels, der sich durchnbsp;seine grssere Widerstandsfahigkeit gegen den Druck leicht von dennbsp;Knorpelringen der Luftrhre unterscheiden lasst, die sich nach unten annbsp;ihn anschliessen.

33. nbsp;nbsp;nbsp;Der durch King- und Schildknorpel umschlossenenbsp;Hohlraum ist durch Muskeln und Schleimhaute derartig aus-gekleidet, dass man das Ganze als eine Khre betrachten kann,nbsp;aus deren Hinterwand ein Stuck herausgeschnitten ist. Aufnbsp;der Basis dieses Ausschnitts, also auf dem obern Eande dernbsp;Platte des Ringknorpels, sind zwei kleine Knorpel von drei-eckiger Grundflache verschiehhar und drehbar befestigt, dienbsp;Stellknorpel (auch Giessbeckenknorpel oder Giess-kannenknorpel, cartilagines arytaenoideae). Von den dreinbsp;Ecken ihrer Grundflache springt je eine in den Hohlraum dernbsp;Rhre vor; sie wird hezeichnet als der Stimmfortsatz [processus vocalis). Die beiden andern sind fr uns gleichgltiger.nbsp;Von den beiden Stimmfortsatzen aus ziehen sich von hintennbsp;nach vorn quer durch die Rhre hindurch zwei mit Schleimhautnbsp;herkleidete Muskelhndel, die Stimmhander [chordae voca-les). Kach vorn zu sind dieselben unmittelhar neben einandernbsp;in der Hhlung des Schildknorpels angeheftet, nach rechts undnbsp;links laufen sie in die Seitenwande der Rhre aus. Diese wirdnbsp;also durch die von beiden Seiten ans verspringenden Stimmhander bis auf einen in der Richtung von hinten nach vornnbsp;verlaufenden Spalt von wechselnder Breite verengt, die Stimm-ritze [glottis^ auch glottis vera im Unterschied von der nachher

-ocr page 35-

15

3436. Das mensohliche Sprachorgan.

zu nennenden glottis spuria). Die Glottis zerfallt -wieder in z-wei Absclinitte, die Banderglottis oder die eigentliche Stinun-ritze, d. h. das Stck z-wischen der vordern Insertion im Schild-knorpel und den processus vocales, und die Knorpelglottisnbsp;oder Athemritze, d. b. den Raum zwischen den einander zu-gekehrten Innenflachen der Stellknorpel. Durch Drehung undnbsp;Verschiebung der Stellknorpel kann die Gestalt der Stimm-ritze dergestalt variirt -werden, dass entweder beide Theilenbsp;geffnet oder beide geschlossen oder nur die Banderglottisnbsp;geschlossen ist. Ausserdem knnen die Stinunbander durchnbsp;besondere Muskeln verlangert oder verkrzt und in verscbie-denen Graden gespannt werden.

34. nbsp;nbsp;nbsp;Die Stinimritze bildet die erste Einengung, die sicbnbsp;dem aus den Lungen ausgetriebenen Luftstrom entgegenstellt.nbsp;Unmittelbar ber derselben erweitert sicb der Kehlkopf rechtsnbsp;und links wieder zu zwei hautigen Tascben {ventriculi Morgagni]deren obere Begrenzung abermals durch zwei in dennbsp;innern Eaum verspringende Bander von mehr wulstiger Gestaltnbsp;gegeben wird, die Taschenbander oder falscben Stimm-b an der. Sie unterscheiden sicb von den Stimmbandern beson-ders dadurcb, dass sie keinen eigenen Muskei enthalten undnbsp;dass sie weiter von einander abliegen, also aucb nicht zur Schall-erzeugung verwandt werden. Den spaltfrmigen Zwischenraumnbsp;zwiscben ihnen findet man bisweilen mit dem Namen dernbsp;falscben Stimmritze [glottis spuria) bezeichnet. Aucb ernbsp;ist wie die Stimmritze, nur nicht in demselben Grade, der Ver-engerung und Erweiterung, ja selbst des theilweisen Yer-scblusses fahig.

35. nbsp;nbsp;nbsp;Endlich gehort zum Kehlkopf noch der Kehldeckelnbsp;[epiglottis), ein platter Knorpel von birnfrmiger Gestalt. Mitnbsp;seiner schmalen Spitze ist derselbe unmittelbar ber der vorderen Insertion der Stimmbander am Schildknorpel angeheftet,nbsp;der obere, breite Theil ragt dagegen -wie eine Klappe ber dienbsp;obere Oeffnung des Kehlkopfs hinaus. Durch einen besondernnbsp;Muskelapparat kann diese Klappe mehr oder weniger geneigtnbsp;oder auch vollstandig auf die Oeffnung des Kehlkopfs nieder-gedrckt werden.

36. nbsp;nbsp;nbsp;Die oberen Theile des Kehlkopfs, von den Stimnabandern annbsp;gerechnet, kann man auch am lebenden Individuum vermittelst des K e hl -Kopfspieggjg untersuohen. Derselbe besteht aus einem kleinen rundennbsp;oaer eckigen Spiegelchen, das an einem Stiele unter einem Winkel von

in den ber dem Kehlkopf liegenden Theil des Mundraums eingeiuhrt wird. Zur Selbstbeobaohtung gengt ausser einem solchen

-ocr page 36-

16

3740. Das menschliche Sprachorgan.

Spiegelchen noch ein kleiner Handspiegel, der das Bild des Kehlkopfs nach dem Auge des Beobachters reflectirt, und eine hellbrennende Lampe, derennbsp;Cylinder rings mit einem Schirm umgeben ist, der nur durch eine demnbsp;Munde zugewandte Oeffnnng die Strahlen der Lampe durohdringen lasst.nbsp;Ausfhrliohere Angaben iiber die Handhabnng des Instruments s, u. A. beinbsp;Czermak, Der Kehlkopfspiegel, 2. Aufl., Leipzig 1863 (z. Th. -wiederholtnbsp;aus den Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw. Cl. XXIX (1868), 557584).

37. nbsp;nbsp;nbsp;Unter dem Namen Ansatzrohr fassen wir alle dienbsp;dem Sprachorgan zugehrigen und oberhalb der Stimmritzenbsp;liegenden Hohlraume zusammen. Von diesen gehort dernbsp;kleinste, der Keblraum, noch dem Kehlkopf selbst an; es istnbsp;das nach ohen durch den Kehldeckel, nach unten durch dienbsp;Stimmbander begrenzte Stck desselben. Ueher ihm hefindetnbsp;sich der Eachenraum, welcher seinerseits nach rorn undnbsp;ohen in die heiden wichtigsten Theile des Ansatzrohrs, dennbsp;Mundraum oder die Mundhhle und die N.asenraumenbsp;oder die Nasenhhlen hergeht. Seine Ahgrenzung gegennbsp;den ersteren ergiht sich ungefahr durch die Stellung des weichennbsp;G-aumens (s. unten 48) hei der Aussprache des velaren n (s. 323nbsp;und 163), die gegen die Nasenhhlen durch die Stellung desnbsp;Gaumens hei der Aussprache der nicht nasalirten Vocale.

38. nbsp;nbsp;nbsp;Keblraum und Rachenraum (die man auch wohl unternbsp;dem Namen Keblraum oder Schlundkopf zusammenfasst)nbsp;werden bei der Bildung aller Sprachlaute von dem schallerzeu-genden Luftstrom passirt. Ihre Gestaltveranderungen sindnbsp;nicht allzu erheblicher Art, und knnen hier um so eher her-gangen werden, als sie bei weitem nicht in dem Grade wie dienbsp;hrigen Theile des Ansatzrohrs die Sprachlautbildung heein-flussen. Mund- und Nasenraum knnen dagegen einerseits heimnbsp;Sprechen je nach Willkr entweder einzeln oder gemeinschaft-lich in Anspruch genommen werden, andererseits verlangt dienbsp;bedeutende Einwirkung, welche Combination oder Nichtcom-hination dieser Theile, sowie die Gestaltveranderungen desnbsp;Mundraums auf die Sprachlautbildung ausben, hier ein etwasnbsp;detaillirteres Eingehen.

39. nbsp;nbsp;nbsp;Die Mundhhle ist der complicirteste Theil des ganzen Ansatzrohrs; sie ist aher zugleich auch am leichtesten zunbsp;studiren, da alle ihre Theile mit hlossem Auge, hei Selbst-beohachtung mit Hlfe eines gewhnlichen Spiegels, zu her-schauen sind.

40. nbsp;nbsp;nbsp;lm Allgemeinen ist zunachst daran zu erinnern, dassnbsp;der Mundraum zwischen dem unheweglichen Oberkief er undnbsp;dem beweglichen Unter kief er eingeschlossen Hegt. Den

-ocr page 37-

17

41. 42. Das mensoliliche Sprachorgan.

Winkel, -welcben der Unterkiefer mit dein Oberkiefer macht, pflegt man als Kief erwinkel zu bezeichnen. Sind die beidennbsp;Zahnreihen fest auf einander gepresst, so ist der Kieferwinkelnbsp;gleicliKull; er wachst, je mehr der Unterkiefer gesenkt wirdnbsp;und nimmt ab bei jeder Hebung desselben. Der Grosse desnbsp;Kieferwinkels entsprechen daher die Veranderungen des Raum-inhalts wie der Form der Mundhhle, welche durcb einfacbenbsp;Senkung oder Hebung des Unterkiefers bedingt werden. Dienbsp;Mannigfaltigkeit dieser Veranderungen wird sodann noch ver-mebrt durcb die Bewegungen der an Ober- und Unterkiefernbsp;angehefteten selbstandig beweglichen Weiohtheile, namlich desnbsp;weichen Gaumens, der Zunge und der Lippen.

41. Pr die Praxis ergibt sicli liieraus die Regel, im Einzelfalle jedesmal festzustellen, welcben Antheil an einer Raumveranderung dernbsp;Mundhhle der Kieferwinkel und die Stellung der beweglichen Weich-theile hat, lm Allgemeinen ist j edoch zu bemerken, dass dem Kieferwinkel als solchem eine hesondere Wichtigkeit nicht zukommt. Die er-forderliche Mundstellung wird in der Regel duroh einen Ausgleioh zwisohennbsp;den beiden genannten Factoren hergestellt, und zwar so, dass bei geringerennbsp;Umstellungen meist nur die Weiohtheile thatig sind und nur bei grosserennbsp;Yeranderungen der Stellung auch der Unterkiefer je nach Bequemlichkeitnbsp;oder Gewohnheit mehr oder weniger mit bewegt wird.

43. UeberForm undBewegung der Lippen, mit deren Beschreibung wir aus Rcksichten der Anscbaulichkeit beginnen, lehrt die einfacbe Anschauung alles Kthige. Man unter-scbeide zunachst zwischen passivenund activen Bewegungennbsp;der Lippen. Passiv sind diejenigen Bewegungen, welche alleinnbsp;durcb die Hebung oder Senkung des Unterkiefers bedingt sind.nbsp;Die Oeffnung der Lippen, welche diesergestalt durcb Senkungnbsp;des Unterkiefers herrorgebracht wird, und deren Grosse, wienbsp;sicb aus dem oben Gesagten ergibt, der Grosse des Kieferwinkels proportional ist, kann man als indifferente odernbsp;neutrale Lippenffnung bezeichnen. SolcbeLippenffnungnbsp;haben beispielsweise Vocale wie , , e. An activen Lippen-bewegungen sind drei zu unterscheiden, namlich

a) nbsp;nbsp;nbsp;die spaltf rmige Ausdebnung derLippenspalte durcbnbsp;Auseinanderziehen der Mundwinkel, wie eventuell beimnbsp;hellen i (oder z, B. beim Lacheln oder Lachen).

b) nbsp;nbsp;nbsp;die Rundung, d. h. eine (active) Verkrzung desnbsp;Langendurchmessers der Mundspalte, die zu einernbsp;mehr oder weniger ringfrmigen oder ovalen Ver-engung der Mundffnung fhrt, wie etwa bei m, o, , \nbsp;endlich

Sicvers, Phonetik, 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;2

-ocr page 38-

18

4347. Das menachliche Sprachorgan.

c) die Vorstlpung, die man ebenfalls bei der Bildung der M, o, , oder gewisser Arten von scli beobachten kann.

43. nbsp;nbsp;nbsp;Die Bundung selbst geschieht entweder dadurcli,nbsp;dass man die seitlichen Theile der Lippen auf einander presstnbsp;und demnach nur in der Mitte eine Oeifnung lasst (verticalenbsp;Eundung), oder dadurch, dass man die beiden Mundwinkelnbsp;einzieht (horizontale Eundung). Beide Arten knnen siclinbsp;auch mit einander verbinden, die verticale Eundung auch mitnbsp;spaltfrmiger Ausdehnung der Lippen.

44. nbsp;nbsp;nbsp;Die Vorstlpung ist immer mit einer gewissen Eundung verbunden. Auch bei ihr sind verschiedene Formen zunbsp;unterscheiden, je nachdem der vorgestlpte Lippensaum einenbsp;mehr kreisfrmige oder mehr viereckige Oeffnung bildet. Ersterenbsp;ist den Vocalen wie w, o, , eigen, letztere findet sich nament-lich fter bei ci^-Lauten vertreten.

45. nbsp;nbsp;nbsp;lm Uebrigen versaume man nicht, sein Augenmerknbsp;auch auf die verschiedenen Starkegrade zu richten, innbsp;denen die Lippen sich bei der Sprachlautbildung betheiligen.nbsp;So pflegt z. B. beim u die Eundung starker zu sein als beunnbsp;geschlossenen o, und bei diesem starker als beim offenen o;nbsp;ahnhch bei der Eeihe w, , so zwar, dass die Eundung des nbsp;die des u oft noch bertrifft, wahrend die des geschlossenen nbsp;etwa der des u gleichkommt, u. dgl. mehr.

46. nbsp;nbsp;nbsp;Bei der Beobachtung der Bildung der einzelnen Sprachlautenbsp;pflegt sich unwillkrlioli die Aufmerksamkeit auf die Thatigkeit der Zungenbsp;und des Kehlkopfs zu concentriren, und man gerath dabei leicht in Gefabr,nbsp;die der Lippen zu bersehen. Vor diesem Behler ist aber eindringliohstnbsp;zu wamen, da auch die Lippenthatigkeit insbesondere bei der Vooalbildungnbsp;eine sehr bedeutende Bolle spielt. So beruht, um nur eins gleich hier an-zufiihren, der eigenthmliche Klangcharakter des englischen Vocalismusnbsp;wesentlich mit auf der geringen Theilnahme der Lippen an der Sprachlautbildung (wie es denn in England eine ausgesprochene Anstandsregelnbsp;ist, die Lippen beim Sprechen mglichst wenig zu bewegen). Fr manchenbsp;deutsohe Mundart ist die starke Vorstlpung der Lippen bei der B.undungnbsp;charakteristisoh, so dass ein Deutscher leicht zu der Meinung gefiihrt werden kann, als seien Eundung und Vorstlpung im Wesentlichen eine ein-heitliche Handlung. Aber das Schwedisohe zeigt z. B. sehr starke Ver-engungsgrade bei dichter Anpressung der Lippen an die Zahne, es erscheintnbsp;also dort die Zusammenziehung der Lippenspalte durchaus unabhangignbsp;von der Vorstlpung. Auch dem Englischen geht die Vorstlpung fastnbsp;ganz ab, ohne dass dieser Spraohe deshalb die E.undung fehlte.

47. nbsp;nbsp;nbsp;Hinter den Lippen bilden die Zahne eine abermaligenbsp;Verengung des Ansatzrohrs, welche unter Umstiinden fr dienbsp;der Lippen vicarirend eintreten kann.

-ocr page 39-

19

48 50. Das menschliclie Sprachorgan.

48. Verfolgt man nun, von der Innenseite der Oberzahne beginnend, mit der Eingerspitze die obere Wandung dernbsp;Mundbhle, so gelangt man zuerst an eine kleine nach innen zunbsp;convexe Wlbung, die Alveolen der Oberzahne. An diesenbsp;schbesst sich der nach innen concav gewlbte harte Gaumen,nbsp;der etwa soweit rckwarts reicht wie die beiden Zahnreihen.nbsp;1st man mit dem Finger bis zu dieser Grenze fortgeschritten,nbsp;so fhlt man, wie an die Stelle des bis dahin harten Gaixmen-dachs pltzUch eine weiche, dem Drucke nachgebende Plattenbsp;tritt. Dies ist der weiche Gaumen oder das Gaumensegelnbsp;[velum palat). Ma.n kann dieses in seiner ganzen Ausdehnungnbsp;am bequemsten bersehen, wenn man ein recht breites d aus-spricht und wo mghch die Zungenspitze aus dem Munde her-vorstreckt. Hierbei sieht man, wie das Gaumensegel nach hintennbsp;zu durch einen bogenfrmigen Muskei, den hintern Gaumen-bogen (Schlundgaumenbogen, arcus pharyngopalatinus]nbsp;begrenzt wird, dessen untere Enden nach dem Pharynx zu ver-laufen. Durch die von diesem Bogen freigelassene Oeffnungnbsp;hindurch erblickt man die hintere Bachenwand. Ungefahr innbsp;seiner Mitte ist das Gaumensegel von einem zweiten, nur starker gewlbten Bogenmuskel durchzogen, dem vordern Gau-menbogen (Zungengaumenbogen, arcus glossopalatinus],nbsp;dessen beide senkrechten Pfeiler seitwarts in die Zunge ver-laufen. Zwischen den beiden Gaumenbgen liegen seitlich dienbsp;Mandein [tonsillae), und von der hchstenWlbung des vordernnbsp;Gaumenbogens herab zieht sich nach dem hintern Gaumen-bogen hin und ber diesen noch etwas hinausragend das Zapf-chen [uvula],

4:9. Die Bewegungen des Gaumensegels sind einfach. Es kann entweder nach vom gezogen werden, bis zum Zungen-rcken hin (dies geschieht z. B. bei der Aussprache des velaren

s. unten 323), oder nach rckwarts an die hintere Rachen-wand gepresst werden (z. B. bei der Aussprache der Vocale), wobei es zugleich mehr oder weniger gehoben wird. lm ersterennbsp;Falie sperrt es, wie schon oben bemerkt, den Rachenraum vomnbsp;Mundraum, im letzteren vom Nasenraum ab. Beim ruhigennbsp;Athmen und bei der Aussprache von nasalirten Lauten hangtnbsp;es freischwebend zwischen Zungenrcken und B-achenwand, sonbsp;dass Mund- und Nasenraum ein Continuum, oder doch min-destens zwei communicirende Hohhraume darstellen.

50. Auf der untern Seite des Mundraums begegnen wir von den Lippen nach innen fortschreitend zunachst wieder einer

2*

-ocr page 40-

20

5151. Das menscLliohe Spraohorgan.

Zahnreihe, sodann der Zunge, welche nacli vorn zu in eine freiliegende, -weniger massige Spitze auslauft. An ihren rck-wartsliegenden, absteigenden Theil schliesst sich der Kehl-deckel (s. 35) an, den man leicht fhlen kann, wenn man einenbsp;Fingerspitze auf dem Ecken der Zunge abwarts flirt.

Die verschiedenen Bewegungen der Zunge werden, da sie fast sammtlich zur Untersckeidung von Einzellauten dienen,nbsp;erst spater im Einzelnen besprochen werden.

51. nbsp;nbsp;nbsp;LTm zum Verstandniss der complicirten Bewegungen der Zungenbsp;zu gelangen, ist es sehr rathsam, sioli einige Kenntniss von ihrer Muscu-latur zu verschaffen. Hierbei kommen zunachst die beiden Wurzeln dernbsp;Zunge in Betracht. Die vordere Zungenwurzel {musculus gentoglossus) setztnbsp;an der innem Seite des Unterkiefers an und zieht die Zunge duroh ihrenbsp;Contraction nacli vorn; die hintere Zungenwurzel [musculus hyoglossus)nbsp;ist am Zungenbein (s. 81) angeheftet und zieht die Zunge nach hinten undnbsp;unten. Ausserdem besitzt die Zunge noch einen obem Langsmuskel, dernbsp;die Zungenspitze nach oben gegen den harten Gaumen hebt, und einennbsp;untern Muskei, der sie gegen die untem Sohneidezahne senkt; ferner querenbsp;und senkreohte Muskelfasem, welohe die Zunge ganz oder stellenweisenbsp;verschmalern, verlangern, hgelfrmig aufheben oder umgekehrt verbrei-tem, verkrzen und aushhlen knnen. Endlich besteht noch ein vielfaohnbsp;zusammengesetztes Muskelsystem, welches die Zunge in ihrem vorderen,nbsp;mittleren oder hinteren Theile hebt oder senkt.

52. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber dem Mundraum liegt seiner ganzen Lange nachnbsp;der, abgesehen von dem bewegbchen G-aumensegel, rings vonnbsp;festen Wanden umschlossene, also wesentlich unveranderbcbenbsp;Nasenraum. Vom Mundraum scheiden ihn der harte und dernbsp;weiche Gaumen (das Gaumensegel), welcher letztere je nachnbsp;seiner Stellung die Communication zwischen beiden verhindertnbsp;oder gestattet. Charakteristisch ist fr den Nasenraum, dassnbsp;er in zwei Mndungen, die lasenlcher, endigt und dass diesenbsp;nicht wie die Mundffnung verschlossen werden knnen.

53. nbsp;nbsp;nbsp;Das gesammte Ansatzrohr hesteht hiernach im Wesent-lichen aus drei Theilen, deren Oommunicationen unter einandernbsp;durch zwei klappenartige Verschlsse regulirt werden knnen:nbsp;dem Kehlraum nebst dem zugehrigen Kehldeckel, und Mnnd-und Nasenraum, denen als gemeinschafthche Klappe der weichenbsp;Gaumen dient; denYerkehr mit der aussernLuft reguliren dienbsp;Lippen.

54. nbsp;nbsp;nbsp;Von allen in diesem Capitel besprochenen Theilen des Sprach-organs verlangen die siohtbaren das genaueste Studium. Eine vollstandigenbsp;und sichere Kenntniss der Theile des Mundraums und ihrer Bewegungennbsp;ist ganz unerlasslioh. Man beginne also mit dem Studium des Mundraums. Sodann versuche man mittelst des Kehlkopfspiegels einen Einblicknbsp;in den Kehlkopf zu gewinnen, und endlich orientire man sich ber den

-ocr page 41-

5558. Die Punctionen der Spraoliorgane im Allgemeinen. 21

innem Bau des ganzen Organs womoglich duroh. das Studium anatomi-soher Praparate, sei es vom menschlichen, sei es vom thierisolien Krper.

Von ausfiihrliclieren. Besohreibungen, wie sie siob fast in jedena anato-misohen oder pbysiologischen Handbuoh finden, nenne icb hier nur als fur die Zwecke des Sprachstudiums besonders empfehlenswerth (auolinbsp;wegen der Abbildungen) die von Merkel, Laletik S. 536, auf welche auohnbsp;die hier gegebene Darstellung vielfach zuriiokgeht, und den Atlas vonnbsp;Techmer; weitere Literatur s. bei Griitzner 38 if.

Cap. 4. Die Functioneu der Sprachorgaiie im Allgemeinen.

(Kuhelage. Articulation. Respiration. Die Stimmregister.

Sohallbildende und schallmodificirende Articulationen.)

1. Die Kuhelage des Sprachorgans.

55. nbsp;nbsp;nbsp;Wahrend des ruhigen Ein- und Ausathmens ist dienbsp;Kespiration einer willkiirlichen Einwirkung von Seiten desnbsp;Indi^dduums in der Regel nicht unterworfen. Das Ansatzrohrnbsp;und der Kehlkopf hefinden sich dabei in einer Stellung, welchenbsp;der Athmungsluft gestattet, ungehemmt und gerauschlos hin-durchzustrmen. Die Stimmritze ist zu diesem Zwecke in ihrennbsp;beiden Theilen weit geffnet. Das Gaumensegel hangt schlaftnbsp;herab, so dass der Athmungsstrom sowohl in die Mundhhlenbsp;wie in den Nasenraum eintreten kann. Die Zunge liegt schlaftnbsp;in der Mundhhle, welche sie zum Theil ausfiillt. Die Kiefernbsp;sind massig von einander entfernt, die Lippen normalerweisenbsp;geschlossen. quot;Wir nennen diese Lagerung der Organe die In-differenz- oder Ruhelage. .

56. nbsp;nbsp;nbsp;Genauere Angaben, namentlich iiber die Stellung der Zunge,nbsp;lassen sich nicht machen, weil bier zu viele individuelle Abweiohungen innbsp;Prage kommen. Diese zu bestimmen ist die Saohe des einzelnen Beob-aohters.

57. nbsp;nbsp;nbsp;Die Ruhelage des Sprachorgans ist die natiirliche Basisnbsp;fur die einzelnen Articulationsbewegungen, welche zur Bildungnbsp;von Sprachlauten fiihren (vgl. 58). Es ist daher wichtig, dassnbsp;der Beohachter sich von vorn herein der Lagerung der einzelnennbsp;Theile seines Sprachorgans, namentlich des Ansatzrohrs, klarnbsp;bewusst werde und sein Muskel- und Tastgefiihl beziiglichnbsp;dieser Theile dergestalt be, dass er jede Bewegung alshald bemerkt und nach ihrerRichtung, Starke u. s.w. ahschatzen lernt.

2. Der Begriff der Articulation.

58. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Erzeugung von Sprachlauten findet nicht statt,nbsp;so lange Kehlkopf und Ansatzrohr in der Ruhelage verharren

-ocr page 42-

22 nbsp;nbsp;nbsp;59. Begviff der Articulation. 60. Die Respirationsverhaltnisse.

und die ruhige Athmung ihren Fortgang behalt. Auch durcb blosse Steigerung des Drucks beim gewbnlicben Athmen bringtnbsp;man, auch bei geffnetem Munde, nicht eigentliche Sprachlautenbsp;hervor (auch nicht das s. 391 f.), sondern nur gewisse Ge-rausche, wie Schnaufen, Keuchen, Schnarchen, je nachdemnbsp;Mund und Nase oder bloss die letztere geffnet ist. Zur Bil-dung sog. articulirter Sprachlaute ist erforderlich, dassnbsp;der durch das Sprachorgan gefhrte Luftstrom in bestinunternbsp;Weise wlkrlich geregelt und ihm auf seinem Wege durchnbsp;Kehlkopf und Ansatzrohr irgendwo ein Hemmniss entgegen-gestellt wird, das zur Erzeugung eines Schalies fhrt. Bs geboren demnach zum Begriffe der Articulation streng genommen nicht nur die Bewegungen, durch welche Kehlkopf odernbsp;Ansatzrohr zur Bearbeitung dieses Luftstroms aus ihrer Euhe-lage herausbewegt werden, sondern auch jene wlkrlichenbsp;Kegelung des Luftstroms selbst. Doch ist es vielfach blichnbsp;gewesen, das Wort 'Articulation in dem engeren Sinne etwanbsp;von 'specifischer Einstellung zu gebrauchen, also nur Yon Arti-culationen des Kehlkopfs und des Ansatzrohrs zu sprechen. Innbsp;diesem engeren Sinne soil denn der Ausdruck auch im Folgen-den allein gebraucht werden.

59. Bilr die Ausdehnung des Begrififes der Articulation auck auf die vom normalen Athmungsrhytkmus abweichende, zum Zweck der Spraoh-bildung -willkrlicli geregelte Respiration plaidirt namentlich Techmernbsp;(s. besonders Zeitschr. f. allg. Sprachwissensohaft 1,106 ff.).

3. Die Respirationsverhaltnisse.

60. Beira Athmen wird die Luft unter wesentlich gleichen Druckverhaltnissen und in gleichen Zeitraumen langsam undnbsp;gleichmassig eingezogen und ausgetrieben. Beim Sprechennbsp;wird dagegen zunachst durch einen raschen Hub des Brust-kastens ein grsserer Vorrath von Luft schnell in die Lungennbsp;eingefhrt. Die Austreibung aber geschieht mehr in abgebro-chenen einzelnen Stssen von verschiedener, aber geregelternbsp;Dauer und sehr verschiedenem, aber geregeltem Druck. Trotznbsp;dieser Discontinuitat der einzelnen Luftstsse pflegt man abernbsp;auch hier zusammenfassend von einem Respirations- odernbsp;Athmungsstrom zu sprechen. Um aber diesen arbeitendennbsp;Strom von dem des gewhnlichen Athmens zu unterscheiden,nbsp;kann man ihn, anknpfend an die erwahnte Druckregulirungnbsp;etwa als Druckstrom bezeichnen, die einzelnen Stsse alsnbsp;Druckstsse. Von der jeweiligen Starke des Druckstroms

-ocr page 43-

23

61. Die Respirationsverhaltnisse.

(dem Stromdruck) hangt dann wiederum primar die Starke der einzelnen sprachlichen Gebilde ah, welche in den betreffen-den Momenten hervorgebracht werden (Laute, Silben, Wortenbsp;etc.). Dabei ist indessen nicht zu iibersehen, dass die (primare)nbsp;Druckstarke, mit welcher die Luft aus den Lungen in dasnbsp;Sprachorgan eingetrieben wird, nicht immer allein massgebendnbsp;ist fr die Starke des specifischen Klanges eines Lautes.nbsp;Bei einem Laut wie wirkt z. B. der Druckstrom mit vollernbsp;Starke auf die ihm an den Lippen und Zahnen entgegen-gestellten Hemmnisse ein, und das Beibungsgerausch des istnbsp;daber entsprechend kriiftig. Anders bei . Bei diesem Lautenbsp;wirkt die Stimme mit. Durch den Widerstand, welchen dernbsp;Druckstrom bier bereits im Kehlkopf findet, wird ihm ein Theilnbsp;seiner Kraft geraubt, er arbeitet also an der Hemmungsstellenbsp;des Mundes nur noch mit verminderter Kraft (secundarernbsp;Druckstarke); daber ist dasKeibungsgerauscbdes v verhalt-nissmassig schwacher als das eines f, welches mit gleichemnbsp;primaren Druck von Seiten der Lungen aus gebildet wird (auchnbsp;abgesehn davon, dass bei v die mittnende Stimme das Kei-bungsgerausch noch zum Theil verdeckt). Man muss sich mog-bcbst bald daran gewhnen, diese secundare Druckstarke vonnbsp;der primaren streng zu unterscbeiden. In der Kegel wird esnbsp;geniigen, Lungendruck (= primare Druckstarke) und An-satzrohr- oder Munddruck (je nacbdem primarer odernbsp;secundarer Druckstarke) auseinander zu halten.

61. Directe Messungen der Druckstarke lassen sich nur in verbalt-nissmassig seltenen Fallen ausfiiliren. Am leicMesten sind sie nock bei den Verschlusslauten (besonders den Labialen) und bei Reibelauten mitnbsp;starkerEngenbildung vorzunebmen. Der einfaobste Demonstrationsapparatnbsp;dazu ist eine U-formig gebogene, zu etwa einem Drittel mit Wasser gefiilltenbsp;GHasrSbre, an deren einem Ende ein diinner Kautsobuksohlaucb befestigtnbsp;ist. Das andere Ende dieses Scblaucbes wird in den Mund eingefiihrt,nbsp;bis binter den Verscbluss oder die scballbildende Enge. Man sieht iibri-gens leicbt, dass bei diesem Verfabren nur der Munddruck gemessen werden kann, einerlei, ob er dem primaren Stromdruck gleich oder bereitsnbsp;secundar durch Hemmung im Kehlkopf vermindert ist. Doob empliebltnbsp;sicb dieser Versucb gerade fiir Demonstrationszwecke, well er die Wirkungnbsp;der Kehlkopfhemmnng auf die wirkende Kraft des Druckstroms (z. B. beinbsp;der Vergleichung von und u) sehr gut veranschaulicht. Im Uebrigennbsp;muss fiir die Beobacbtung im Allgemeinen noch die Entscbeidung haupt-sachlicb massgebend sein, welobe das Ohr nach den Starkegraden dernbsp;Schallempfindung gibt. Als Aushiilfe dient dabei vielfach das verschiedenenbsp;Muskelgefuhl, das sich bei der Aussprache von Lauten verschiedenernbsp;Druckstarke in den Articulationsorganen (z. B. bei b und in den Lippen)nbsp;kundgibt.

-ocr page 44-

24

6267. Die Respiiationsverhaltnisse.

63. An und fiir sioli ist die Zahl der Mgliohkeiten versoMedener Druckstarke unbeschrankt; fiir die Sprache kommt es aber nicht so -wesent-lich auf ihr absolutes Mass, als auf das Verhaltniss der iimerlialb einer Sprachenbsp;Oder Sprachgruppe zur Untersoheidung gewisser spraohliclier G-ebilde that-sachlioh verwandten Druckgrade an, Hierdurch wird die Beobachtungnbsp;sehr vereinfaoht, da die Anzahl der verschiedenen Grade selten ber zweinbsp;Oder drei hinausgeht. Es kommt z. B. bei der Untersoheidung von b und p,nbsp;d und t, g und h beziiglioh ihrer Druckverhaltnisse zuniichst nur darauf an,nbsp;dass hier berhaupt zwei Grade von Druckstarke einander gegenubernbsp;stehen. Die Einzelmasse des Druoks bei der Aussprache dieser Lautenbsp;konnen vielfach wechseln und wechseln thatsaohlioh, je nachdem man die-selben z.B. in lauterer oder leisererEede oder im Flustern verwendet, abernbsp;berall bleibt der Gegensatz zwisohen den zwei Graden. Hat man alsonbsp;zunachst die Anzahl der berhaupt unterschiedenen Grade festgestellt, sonbsp;folgt als zweite Aufgabe, den Abstand derselben von einander festzustellennbsp;(in Sd- und Mitteldeutschland liegen z. B. 5 und p u. s. w. einander viel-fach naher als in Norddeutschland, u. dgl,). Ebenso verhalt es sich mitnbsp;den Druokabstufungen der complicirteren sprachlichen Gebilde, wie dernbsp;Silben, Sprechtakte u. s. w. Ueber diese ist Cap. 25 ff. zu vergleichen.

63. nbsp;nbsp;nbsp;Im Vorhergehenden ist stillschweigend vorausgesetzt,nbsp;dass die Sprachbildung nur wahrend des Processes der Aus-treibung oder Exspiration vor sicb gebe. In der That istnbsp;diese Art der Lautbildung durcbaus die gewbnlicbere undnbsp;nacb dem Ban und der relativen Lage der Spracborgane dienbsp;natiirbcbere; denn nur so kommt der arbeitende Luftstromnbsp;(Druckstrom) der fortschreitenden Bewegung der Schallwellennbsp;zu Hiilfe.

64. nbsp;nbsp;nbsp;Spricbt man die einzelnen Sprachlaute inspirirendnbsp;statt exspirirend, so wird die klare und scbarf abgegrenzte Far-bung derselben verwiscbt, die Stimme wird rauber und dumpier.nbsp;Zu einer regelmassigen Verwendung ist denn auch die inspira-toriscbe Lautbildung in den meisten Spracben nicbt gekoinmen.

65. nbsp;nbsp;nbsp;Im Deutschen werden allenfalls in nachlassiger Bede Partikelnnbsp;wi6_/a, juch mit Inspiration gesprochen, seltener auch so (gewhnliohnbsp;dann ho ausgesproohen), beide aber auch nur dann, wenn sie fur sich alleinnbsp;in die Rede eiues andern eingeworfen werden. Ueberhaupt hangt sehrnbsp;vieles dabei lediglioh von persnlioher Angewhnung ab. Sonst kommt esnbsp;wohl vor, dass dies oder jenes Wort wahrend eines Gahnanfalles mit Inspiration hervorgebracht wird. Zuerst beobachtet wurde die inspiratorischenbsp;Sprechweise von Kempelen S. 103 f. bei gesohwatzigen Weibern undnbsp;eifrigen Betern in katholischen KirchenI Aus der Schweiz berichtetnbsp;Winteler S. 5 ihre gelegentliohe Anwendung zur Unkenntliohmaohung dernbsp;Stimme.

66. nbsp;nbsp;nbsp;Ohne eigentliohe Respiration werden ausser den Schnalzlautennbsp;(67) nur noch die Tenues mit Kehlkopfverschluss (365) gebildet,

67. nbsp;nbsp;nbsp;Von den inspiratoriscben Lauten sind wiederum zunbsp;trennen die sog. Scbnalzlaute, die man bistveilen irrig mit

-ocr page 45-

25

6870. Die Thatigkeit des Kehlkopfs.

jenen zusammengeworfen liat. Sie sind in Wirklichkeit vielmelir (wie bereits Ohladni S. 216 richtig erkannte) sog. Sauglaute,nbsp;d. h. Schalie die durcli Abreissen einer angesaugten Druckflacbenbsp;von einer Gegenflache gebildet werden. Meist kommen solcbenbsp;Schnalze (so z. B. im Deutschen) nur als isolirte Interjectionennbsp;oder Lock- und Treibrufe vor; anderwarts, z. B. im Hotten-tottischen, treten sie aber auch als eigentliche Sprachlaute auf.nbsp;Sie erscheinen dann regelmassig in Begleitung von Lautennbsp;exspiratorischer Bildung. Audi dies trennt sie von den obennbsp;gegebenen Beispielen von inspiratorischer Bildung, die sich stetsnbsp;auf ganze Silben, Worter oder Satze erstreckten.

4. Die Thatigkeit des Kehlkopfs.

68. nbsp;nbsp;nbsp;Der erste Tlieil des Sprachorgans, welcher sidi deinnbsp;arbeitenden Druckstrom articulirend entgegenstellen kann, istnbsp;der Kehlkopf. Die Articulation besteht bier in der stufenweisennbsp;Yerengerung der Stimmritze bis zu vlligem Verschluss. Jenbsp;nachdem mit diesen verschiedenen Verengungsgraden dernbsp;Stimmritze verschiedene Grade des Luftdrucks combinirt werden, entstehen im Kehlkopf Gerausclie oder Klange verschie-denster Art. Man bezeichnet die ersteren als Kehlkopf-gerausche, die letzteren mit einemzusammenf assenden Namennbsp;als Stimme (Ohladni 187 f.), engl. voice. 'Stimme' ist dem-nacli jeder durcli periodische Schwingungen der Stimmbandernbsp;hervorgebraclite musikalisclie Klang, einerlei welcher Hhe,nbsp;Starke u. s.w., und ganz abgesehen von seiner Verwendung zurnbsp;Erzeugung verschiedener Sprachlaute.

69. nbsp;nbsp;nbsp;Er das einfache Wort 'Stimmewird vielfach auchnbsp;das zusammengesetzte 'Stimmton gebraucht, ohne dass jedochnbsp;unter dem letzteren irgend etwas anderes zu verstehen ware,nbsp;als was man gemeinhin auch ausserhalb der phonetischen Terminologie unter 'Stimme versteht.

70. nbsp;nbsp;nbsp;Von den Producten des Kehlkopfs schliessen wir hiernbsp;zunachst diejenigen aus, welche als mehr oder weniger selbstan-dige Einzellaute auftreten (die sog. Laryngale, s. darbernbsp;178 etc.) und beschranken uns vorlaufig auf die Besprechungnbsp;derjenigen, welche als Ingredienzien der Schalie ganzer Reihennbsp;von Sprachlauten erscheinen. Unter diesen steht wenigstensnbsp;beim gewhnlichen lauten Sprechen die Stimme an Wichtig-keit voraus. IVir behandeln sie daher zuerst.

-ocr page 46-

26

717. Die Vollstimme.

71. Hierbei ist ailerdinga gleicb darauf aufmerksam zu maohen, dass eine directe Untersucbung der Eigenscbaften der Stimme am lebendennbsp;Sprachorgan nicht mglich, wenigstens bis jetzt nicht erreicht ist. Dennnbsp;die Stimme gelangt vermge des eigenthmlichen Banes des Sprachorgansnbsp;niemals unverandert, sondem bereits nmgestaltet dnrch die Resonanz-wirkungen des Ansatzrohrs, zum Ohre des Horenden, sei es z. B. als Vocalnbsp;oder als Liquida oder als Nasal u. s. w. Nun bleiben aber fiir jeden diesernbsp;Einzellaute die JResonanzverhaltnisse des Ansatzrohrs sich wesentlioh gleich,nbsp;da sie von der Thatigkeit des Kehlkopfs unabhangig sind. Daraus folgtnbsp;aber wieder, dass die verschiedenen Bildungsarten der Stimme sich in ahn-licher Weise auch bei jedem Einzellaut finden mssen, bei dessen Er-zeugung die Stimme betheiligt ist, mit andern Worten, dass sich dienbsp;Eigenschaften der Stimme ohne erheblichen Schaden auch an einem Einzellaut (z. B. jedem beliebigen Vocal) demonstriren lassen.

a. Die Stimme (Vollstimme).

73. Bei der gewhnlichen lauten Stimme (Vollstimme)nbsp;hat man im Allgemeinen zu unterscheiden die Starke odernbsp;Intensitat, die verschiedenen Stimmregister, die Ton-hhen im Einzelnen und die Qualitat (Stimmqualitat).

73. nbsp;nbsp;nbsp;Die Starke hangt wie bei jedem Klang von dernbsp;Energie ah, mit welcher der tonende Krper zu Schwingungennbsp;erregt, d. h. hier von der Energie, mit welcher der arbeitendenbsp;Druckstrom durch die Stimmritze getrieben wird; je starker dernbsp;Stromdruck, um so lanter die erzeugte Stimme bez. der erzeugtenbsp;Vocal etc.

Es versteht sich brigens leicht, dass gegenber dem Wechsel des Stromdrucks der Kehlkopf sich nicht indifferentnbsp;verhalt. Vielmehr wachst, nach einem fr alle Articulationennbsp;geitenden Gresetze, mit der Energie des Stromdrucks auch dienbsp;der Hemmung, also hier die der Kehlkopfarticulation. Dienbsp;articulirenden Kehlkopfmuskeln mssen gegenber einem ge-steigerten Stromdruck starker angespannt werden, um dienbsp;Stimmbander in ihrer Articulationsstellung verharren und nichtnbsp;gewaltsam auseinandertreiben zu lassen. Daher ermdet auchnbsp;bei lauterem Sprechen der Kehlkopf in deraselben Masse wienbsp;die Brust schneller als bei leiserem.

74. nbsp;nbsp;nbsp;In Bezug auf die sog. Stimmregister sind haupt-sachlich zwei Arten von Stimme, die Bruststimme und dienbsp;Kopf- oder Falsetstimme, zu unterscheiden. Physiologischnbsp;ist dieser Unterschied begrndet durch die verschiedene Stel-lung nnd Action der Stimmbander.

75. nbsp;nbsp;nbsp;Bei der Bruststimme werden die Stimmbander festnbsp;schliessend mit ihren Innenrandern an einander gelegt; der

-ocr page 47-

27

7679. Die Vollstimme.

Stimmbandmuskel zieht sich zusammen und gestaltet so den ganzen Stimmbandkrper zu einer festen, elastischen Masse.nbsp;Durch den aus den Lungen kommenden Luftstrom wird der innbsp;dieser Weise gebildete Verschluss des Kehlkopfs derart unter-brochen, dass die Stimmbander fr einen Moment nacb obennbsp;nnd damit zur Seite gedrangt werden, um im nacbsten vermgenbsp;ibrer Elasticitat wieder zusammen- und nacb unten durcbzu-scblagen, worauf deiselbe Vorgang von neuem beginnt. Sonbsp;entstebt eine Reibe discontinuirbcber Luftstsse, welche durcbnbsp;ibre rascbe periodiscbe Aufeinanderfolge im Obre die Empfin-dung des Klanges bervorrufen.

76. nbsp;nbsp;nbsp;Bei der Kopfstimme wird der Stimmbandmuskelnbsp;nicbt contrabirt; die Stimmritze ist in ibrem vorderen Tbeilenbsp;nicbt ganz gescblossen, sondern nur bis auf einen scbmalennbsp;elliptiscben Spalt verengt; die Stimmbander scbwingen (nacbnbsp;den stroboskopiscben Untersucbungen von Carl Muller undnbsp;Oertel, vgl. Grutzner 97) zwar wie bei der Bruststimme in ibrernbsp;ganzen Breite, aber nicbt als ganze Massen, sondern so, dassnbsp;sicb sagittale Knotenlinien darin bilden. Eemer findet Beriib-rung der Innenrander beim jedesmaligen Durcbgang durcb dienbsp;Articulationslage nicbt statt, sondern der erwabnte Spalt wirdnbsp;nur in periodiscber Eolge erweitert und verengt. Die bierdurchnbsp;entstebenden Luftpulsationen verbalten sicb iibrigens beziiglichnbsp;ibrer Einwirkung auf das Obr ebenso wie die der Bruststimme.

77. nbsp;nbsp;nbsp;Genaueres ber diese beiden, sowie die zum Theil nocb danebennbsp;angenommenen anderen Register s. bei Grtzner S. 87 ff.

78. nbsp;nbsp;nbsp;Innerbalb beider Register liegt eine lange Reibe vonnbsp;Klangen verscbiedener Tonbbe. Diese bangt nacb 17 vonnbsp;der Scbnelbgkeit der Stimmbanderscbwingungen ab, und diesenbsp;wird wieder bestimmt durcb das Verbaltniss des jeweiUgennbsp;Stromdrucks zu der Lange und der Spannung der Stimmbander.

79. nbsp;nbsp;nbsp;Die Stimmqualitat endbcb berubt, abgeseben vonnbsp;Verscbiedenbeiten des feineren anatomiscben Baues bei dennbsp;einzelnen Individuen, bauptsacblicb auf der verscbiedenen Artnbsp;der Einstellung der Stimmbander. Bei der gewbnlicbennbsp;Sprecbstimme wirken die Stimmbander meist mebr odernbsp;weniger als aufscblagende Zungen, d. b. ibre Rander scblagennbsp;beim Durcbgang durcb die Mittelstellung auf einander auf;nbsp;bei der Singstimme sind sie praciser als durcbscblagendenbsp;Zungen eingestellt, d. b. ibre Rander berubren sicb eben nurnbsp;beim Durcbgang durcb jene Stellung. Innerbalb beider Stimm-arten, besonders aber in der Sprecbstimme, gibt es wieder

-ocr page 48-

28

80. Die Vollstimme. 81. 82. Die Plsterstimiue.

mannigfache Abstufungen der Qualitat, je nachdem die Stiinm-bander mehr oder weniger gegen einander gepresst, mehr oder weniger straff, mit gi'sserer oder geringererElasticitat gespanntnbsp;werden, u. dgl. Sie dienen insbesondere dem Ausdruck dernbsp;verschiedenen Affecte (vgl. 678). TJeber die intermittirendenbsp;oder Knarrstimme s. 309.

80. Die besondere Stimme, deren sicb die Baucliredner bedienen, besteht theils in einer schwaohen, gedampften Fistelstimme, theils in einemnbsp;Quetschton, der durcb starkes Aufeinanderpressen der Stimmbander ge-bildet wird. Im Uebrigen aber wird die Tauscbung besonders durch dennbsp;Contrast dieser 'Baucbstimme und der natiirlichen Stimme des Bauch-redners bervorgebracht.

b. Die Dliisterstimme.

81. nbsp;nbsp;nbsp;Beim Eliistern (engl. whisper) ist die Stimmritze wienbsp;bei der Kopfstimme nicht vllig verscblossen; zugleicb ist abernbsp;der Stromdruck soweit herabgesetzt, dass der Druckstrom nicbtnbsp;naehr die Kraft hat, die Stimmbander zum Tonen zu bringen,nbsp;sondern nur durcb seine Reibung an ihnen Gferausche, die be-reits oben genannten Kehlkopfgerausche zu erzeugen. Diesenbsp;verhalten sicli, soweit es ihr akustiscber Oharakter zulasst, dernbsp;Stimme analog. Allerdings kommen dabei die Unterschiedenbsp;beziiglich der Tonhhe mehr in Wegfall, so dass man wesent-lich nur verschiedene Grade der Starke und der Rauhigkeitnbsp;unterscheiden kann. Dieselben sind ihrerseits bedingt durchnbsp;die Starke des Drucks auf der einen, und die Energie und dienbsp;Art der Engenbildung auf der andeni Seite. Hinsichtlichnbsp;dieser letzteren sind drei Hauptformen zu unterscheiden.

82. nbsp;nbsp;nbsp;Die erste Eorm kann man die des sanften Eliisternsnbsp;nennen. Hier ist bei ganz geringem Stromdruck die ganzenbsp;Stimmritze spaltfrmig verengt. Verstilrkt man den Stromdruck, um damit zum mittleren Elstern berzugehn, so wirdnbsp;gleichzeitig die Banderglottis geschlossen, so dass nur dienbsp;Knorpelglottis offen bleibt. Dies mag die gewhnlichste Bil-dungsweise sein; nur ausnahmsweise begegnet man der drittennbsp;Eorm, der des heiserenEliisterns (wheeze der Englander). Beinbsp;dieser sind auch die Taschenbander in ihrem vordern Theilenbsp;geschlossen; der Kelildeckel wird gleichzeitig stark gesenkt, sonbsp;dass nur eine kleine Oeffnung fur die Luft bestehn bleibt. Diesenbsp;Eorm verlangt brigens sehr starken Druck und ermlidet dennbsp;Kehlkopf wegen,der energischen Contraction aller seiner Theilenbsp;sehr schnell.

-ocr page 49-

29

83. Die Flsterstiinme. 8487. Die Mumelstimme.

83. Im ausdriicklichen Gegensatz zu Helmholtz (Tonempfindungen S. 170), -welcher imr die mittlere Form anzuerkennen soheint, verweise iohnbsp;auf die -wichtigen Ausfiihrungen von Czermak, Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw. 01. XXIX (1858), 670 ff. (daraus wiederholt in seiner Schrift iibernbsp;den Kehlkopfspiegel S. 69 ff., beidemal mit vorziiglichen Abhildungen dernbsp;versohiedenen Articulationsformen des Kehlkopfs) und besonders LIInbsp;(1865), 623 ff., mit denen meine eigenen laryngoskopischen Beobaohtungennbsp;vollkommen iibereinstimmen.

c. Die Murmelstimme.

84. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Art Mittelstellung zwischen der Vollstimme undnbsp;dem Eliistern nimmt die Murmelstimme (Halbstimme) ein,nbsp;deren man sicli beim Murmeln, d. li. halblauten Sprecben bedient und die auch in verschiedenen Variationen beim Sthnennbsp;erzeugt wird. Beim lauten Sprecben tritt sie nicht selten annbsp;unbetonten Stellen der Rede ein, z. B. im Deutschen ge-whnlich bei der Bildung des sog. geschwachten e (Weiteresnbsp;s. 279 ff.).

85. nbsp;nbsp;nbsp;Von der Vollstimme unterscheidet sich die Murmelstimme insbesondere dadurch, dass die Stimmbander infolge zunbsp;weiter Stellung und zu geringen Stromdrucks nur schwach undnbsp;unvollkommen ansprechen, der Stimme also Fibster- undnbsp;Hauchgerausche beigemischt werden, welche the beim Murmelnnbsp;entweichende Nebenluft hervorbringt. Sie kann vermuthlichnbsp;durch beliebig schlaffe Articulation des Kehlkopfs erzeugt werden, vielleicht aber ist fbr sie typisch die zuerst von Czermak,nbsp;Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw. Cl. LII (1865), 630 beob-achtete Bildungsweise, dass die Knorpelglottis geffnet bleibtnbsp;(vgl. auch Grbtzner S. 224).

86. nbsp;nbsp;nbsp;Das Mischungsverhaltniss von Stimme und Hauch-oder Flbstergerausch kann sehr verschieden sein. Ueberwiegtnbsp;das Stimmelement, so kann die Murmelstimme sich der Vollstimme sehr nahern, so zwar, dass eine ganz bestimmte Grenzenbsp;vielleicht berhaupt nicht festzulegen ist, namentlich nichtnbsp;zwischen sog. 'dumpfer^ Sprechweise und dem eigentlichennbsp;Murmeln. In jedem Falie wird aber hier die Murmelstimme alsnbsp;das Beherrschende, also als eine Parallele zur Vollstimme em-pfunden.

ter

87. nbsp;nbsp;nbsp;Ueberwiegt andrerseits der Hauch, so kann dasnbsp;Stimmelement auch fbr die Empfindung dahinter znrbcktreten:nbsp;man wird dann nicht sowohl von 'gemurmelter^ oder 'gehauch-

genauer gemurmelten) HaucK reden. Solche stimmhafte

Stimme' als vielmehr von einem 'stimmhaften (oder

-ocr page 50-

30 nbsp;nbsp;nbsp;88. Die Murmelstimme. 8991. Thatigkeit des Ansatzrohrs.

Hauche erscheinen z. B, bei der Bildung gewisser Aspiraten im Armenischen (436. 442), aber auch sonst neben echt stimm-losen (283).

88. Wie weit speciell bei der Bildung stinunhafter 'Consonantenquot; auch beim lauten Sprechen die Murmelstimme statt der Vollstimme verwendet wird, ist noch nicht gengend erforscht.

5. Die Thatigkeit des Ansatzrohrs.

89. nbsp;nbsp;nbsp;Im Vorhergehenden wurde gezeigt, dass die Hauptauf-gabe der Kehlkopfarticulationen darin besteht, fiir die Bildungnbsp;ganzer Reihen von Sprachlauten (Vocalen, Liquiden, 'stimm-haftenquot; Medien und Spiranten, also Vertretem durchaus ver-schiedener Lautclassen) ein gemeinschaftliches Element, dienbsp;Stimme (bez. Murmelstimme, Eliisterstimme u. s. w.) zu liefern;nbsp;bei anderen Lautreihen bleibt hinwieder der Kehlkopf ganznbsp;passiv (vgl. 28). Seltener liefert der Kehlkopf eigene Einzel-laute (die sog. Laryngale, 178). In alien diesen Beziehungennbsp;verhalt sich das Ansatzrohr abweichend: es ist niemals ganznbsp;passiv (d. h. ohne merkbaren Einfluss auf den Charakter desnbsp;einzelnen Sprachlauts) und seine Articulationen ergebennbsp;stets nur Prodncte von wesentlich einheitlicheremnbsp;Charakter, innerhalb deren nur noch etwa graduelle Unter-schiede auftreten, die von der wechselnden Starke des Strom-drucks abhangen, oder qualitative, die sich je nach der Betheili-gung Oder Nichtbetheiligung des Kehlkopfs an der Articulationnbsp;ergeben.

90. nbsp;nbsp;nbsp;Hat man z. B. dem Ansatzrohr die zur Bildung eines a nothwen-dige Articnlationsform gegehen, so wird man unveranderlioh immer nurnbsp;wieder ein a hervorbringen, so lange man die gegebene Stellung festhalt,nbsp;mag man nun lanter oder leiser oder fliisternd, boher oder tiefer sprecben.nbsp;Aebnlicbes kann man bei der Bildung eines , s, ch, oder auch eines hpnbsp;dt, gk u. s. f. beobacbten. XJebrigens bedingen die graduellen TJnter-schiede meist aucb zugleicb kleine Aenderungen der Articulation, wie dasnbsp;starkere Zusammenpressen der Lippen beip als bei 5 etc. (vgl. 185).

91. nbsp;nbsp;nbsp;Die Mglichkeit, verschiedene, scharf von einander ab-gegrenzte Sprachlaute hervorzubringen, beruht also in ersternbsp;Linie auf der Mglichkeit, dem Ansatzrohr verschiedene Arti-culationsformen zu geben. Diese werden demnach spater beinbsp;der Besprechung der einzelnen Sprachlaute selbst die Aufmerk-samkeit wesentlich in Anspruch nehmen: hier soli zunachstnbsp;nur ein Fundamentalunterschied in der Form und der Wirkungnbsp;der Articulationen berhaupt klargelegt und festgestellt werden.

-ocr page 51-

31

9295. Die Thatigkeit des Ansatzrohrs.

93. Wenn man die Bildung z. B. eines h oder einesnbsp;, s, ch beobachtet, so findet man leicht, dass dabei der Kehl-kopf keinen Antheil als Schallerzeuger hat (28). Vielmehr er-fahrt ein stimmloser Druckstrom irgendwo im Ansatzrohr, z. B.nbsp;bei p und an den Lippen (bez, Zahnen) eine Hemmung,nbsp;welche znr Erzeugung eines Gerausches an dieser Stelle Ver-anlassung gibt. Wird die Hemmung aufgehoben, so erlischtnbsp;das Gerauscb, auch wenn die Exspiration noch weiter fort-dauert. Wird die Hemmung an einer andern Stelle des Ansatzrohrs hergestellt, so erscheint ein von dem ersten Gerauschnbsp;verschiedenes. In jedem Ealle lasst sich aber innerhalb desnbsp;Ansatzrohrs eine Stelle bestimmen, an welcher das Gerauschnbsp;seine Entstehung findet.

93. nbsp;nbsp;nbsp;Ganz anders bei der Bildung z. B. eines Vocals, sagennbsp;wir a. Wir wissen, dass hier der Kehlkopf als Substrat desnbsp;Lautes die Stimme liefert. Diese liegt aber auch dem i, u u. s. f.nbsp;zu Grunde; man gelangt von a zu i oder zu jedem beliebigennbsp;andern Vocal durch blosse Gestaltveranderungen des Ansatzrohrs, wahrend der Kehlkopf in der alten Articulationsstellungnbsp;beharrt. Der Unterschied zwischen a, i, u beruht also eben sonbsp;gut auf der Articulation des Ansatzrohrs, wie der von/, s, ch\nbsp;aber nirgends kann man innerhalb des Ansatzrohrs eine Stellenbsp;fixiren, an welchem der dem a im Gegensatz zu i und u eigen-thiimliche Klang (als etwas von der Stimme TJnabhangiges) ge-bildet wiirde. Viehnehr wirkt hier das Ansatzrohr als Ganzesnbsp;nach dem Princip der Resonanz (s. 21 ff.) umgestaltend auf dienbsp;im Kehlkopf erzeugte Stimme ein.

94. nbsp;nbsp;nbsp;Im ersteren Ealle bewirkt also die Articulation desnbsp;Ansatzrohrs die Erzeugung eines selbstandigen Schaliesnbsp;oder genauer gesagt Gerausches (, s, c^), im zweiten Ealle nurnbsp;die Modificirung eines bereits anderwarts erzeugtennbsp;Schalies, hier speciell eines Klanges. Wir nennen danachnbsp;eine Articulation der ersteren Art eine schallbildende, einenbsp;der zweiten Art eine schallmodificirende.

95. nbsp;nbsp;nbsp;Man sieht leicht, dass der Kehlkopf, sobald er berhaupt an der Articulation theilnimmt und nicht bloss reinnbsp;passiv die Luft durch die weitgeffnete Stimmritze durchstrmennbsp;lasst, immer nur schallbildend wirkt, und dass auf diesen Schallnbsp;das Ansatzrohr stets modificirend einwirken muss. DieEahig-heit der Schallbildung ist aber nicht auf den Kehlkopf be-schrankt, sondem auch dem Ansatzrohr eigen, wie wir oben

) gesehen haben. Die Producte dieser Schallbildung

-ocr page 52-

32 nbsp;nbsp;nbsp;96. 97, Schallbildende und scliallmodificirende Articulation.

im Ansatzrolir verhalten sich (lenen des Kelilkopfs analog: auch sie gelangen niclit nnverandert zmn Olir des Hrers, son-dern auch sie werden stets (lurch einen Theil des Ansatzrohrsnbsp;resonatorisch modificirt. Bei dein am Gaumen gehildeten chnbsp;wirkt z. B. der Theil der Mundhhle, welcher vor der c/i-Engenbsp;liegt, als Besonanzraum mit. Es sind also ohne Ausnahmenbsp;hei jedem Sprachlaut heide Arten von Articulationnbsp;vorhanden. Dass wir die Wirkung der schallmdificirendennbsp;Articulationen hei den Consonanten nicht so wahrzunehmennbsp;pflegen wie hei den Vocalen, hat seinen Grund theils darin,nbsp;dass wir berhaupt nicht gewohnt sind darauf zu achten, theilsnbsp;darin, dass sie in der That nicht so sehr ins Ohr fallen wie heinbsp;den Vocalen. Man kann sich aher leicht herzeugen, dass sienbsp;thatsachlich jederzeit vorhanden sind. Man spreche z. B. an-haltend ein s oder ch und verandere wahrend dessen die Gestaltnbsp;der Mundffnung heliehig; jede Veranderung der Lippen-stellung wird dann eine andere Farhung des s oder ch zurnbsp;Folge hahen. Denselben Versch kann man heim m hezglichnbsp;der Unterkiefer- und Zungenstellung machen, u. s. w. mit dennbsp;nthigen Modificationen hei allen Consonanten. Ueherall hlei-hen hierhei die schallhildenden Articulationen ungeandert he-stehn, nur ein an diese Articulationsstellen angrenzendernbsp;Besonanzraum wird verschieden umgestaltet. Oh den Einwir-kungen desselhen ein musikalischer Klang, wie hei den Vocalen und einigen Consonanten, oder ein Gerausch, wie bei dennbsp;brigen Consonanten, unterliegt, ist nur insofern nicht gleich-gltig, als die akustisch einfacheren Klange (also auch dienbsp;Stimme) viel empfindlicher gegen resonatorische Einflsse sind,nbsp;als die Gerausche.

96. nbsp;nbsp;nbsp;Aus diesem (und dem gleioh naohher zu nennenden) Grrunde er-scheint uns namlich der Untersohied zwisoben i und u z. B. um so vielnbsp;bedeutender als der ganz analoge zwiscben einem s mit spaltfrmiger odernbsp;gerundeter Mundffnung (s. 469 ff.), dass wir nicbt nur i und u als geson-derte Laute betrachten, sondern zwiscben ihnen noch eine ganze Vooal-scala einschieben, wabrend wir die Yersobiedenheit jener s gar nicht odernbsp;doch uur selten wahrnehmen.

97. nbsp;nbsp;nbsp;Ausserdem ist noch zu beachten, class ein Laut um sonbsp;mannigfacher und deutlicher modificirt werden kann, je grossernbsp;und veranderungsfahiger das zur Besonanz dienende Stck desnbsp;Ansatzrohrs vor der Articulationsstelle ist, d. h. je weiter rck-wiirts im Sprachorgan seine schallbildende Articulation statt-findet. In erster Linie stehenalso hier die Vocale (deren Unter-schiede berhaupt bloss auf schallmodificirender Articulation

-ocr page 53-

33

98100. AUgemeine Factoren der Lautbildung.

beruhen), clann folgen die Velare, Dentale nnd schliesslich die Labiale. Bei diesen ist zwar (wie oben beim m gezeigt wurde)nbsp;das Ansatzrohr selbst sehr veranderungsfahig, aber der Eeso-nanzraum liegt bier hinter der schallbildenden Articulations-stelle und wirkt in Folge dessen weniger stark auf den Klangnbsp;des Lautes ein.

6. Zusammenfassung.

98. nbsp;nbsp;nbsp;Zum Zustandekommen eines Sprachlauts sind demnachnbsp;jederzeit drei Factoren erforderlicb;

1. nbsp;nbsp;nbsp;Ein arbeitender Druckstrom, dessen wechselndenbsp;Starke und Dauer durch die Thatigkeit der Athmungsmuscu-latur regubrt wird.

In selteneren Fallen wird eine der Wirkung des Druckstroms analoge Wirkung durch andere Mittel erzielt; so bei den Schnalzlauten (67) durchnbsp;Saugen, oder bei den Tenues mit Kehlkopfverschluss (365) durch Compression der Luft im Mundraum ohne Zufuhr von Seiten der Lungen.

2. nbsp;nbsp;nbsp;Eine schallbildende Hemmung dieses Stroms, dienbsp;nach dem Or te (tbeils imKehlkopf, tbeils im Ansatzrobr, theilsnbsp;in beiden gleiclizeitig), dem Grade (Verschluss oder Engen-bildung, letztere wieder mebrfach abgestuft), der Dauer undnbsp;der Starke verschieden sein kann. Die Starke der Hemmungnbsp;richtet sich nach derjenigen des Stromdrucks (vgl. 73 und 90),nbsp;braucht also im Allgemeinen nicht weiter besonders betrachte!nbsp;zu werden.

3. nbsp;nbsp;nbsp;Ein Besonanzraum, welcher dem durch das Zusam-menwirken von 1. und 2. erzeugten Schall seine specifischenbsp;Farbung gibt.

99. nbsp;nbsp;nbsp;Alle Veriinderungen von Sprachlauten, welche dienbsp;Sprachgeschichte aufweist, entstehen hiemach entweder durchnbsp;Veranderungen der Starke und Dauer des Stromdrucks, odernbsp;solche des Grades, des Ortes und der Dauer der Hemmung,nbsp;oder solche des Resonanzraums, oder Combinationen derselben.nbsp;Ohne genaue Rcksicht auf diese drei Factoren der Sprach-bildung ist also auch eine systematische Betrachtung des Laut-wandels nicht mglich.

100. nbsp;nbsp;nbsp;Frher hat man die Lautwandlungen oft nur vom Q-esichts-punkt der Veranderungen in der Druckstarke und der schallbildendennbsp;Articulation aus betrachte! (z. B. Uebergang von Tenues zu Medien undnbsp;umgekehrt, oder Wandel von Verschlusslauten zu Spiranten u. dgl.); dasnbsp;weite Gebiet des von den Einwirkungen der modificirenden Articulationennbsp;abhangigen Lautwandels hat erst in geringerem Masse eine zusammen-fassende Behandlung gefunden. Das Verdienst, auf eine strenge Scheidung

Sievers, Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;3

-ocr page 54-

34

101. 102. Die Eintheilung der Spraohlaute.

der beiden verschiedenen Articulationsfactoren naclidrckliob und mil voller Klarheit aufmerksam gemacht zu haben, gebiihrt naoh den erstennbsp;Anregungen von Heyse S. 15 und Merkel Anthrop. 771 namentliob Wintelernbsp;(Ker. Mundart 5 ff.), auf dessen Angaben die hier gegebene Darstellungnbsp;wesentlioh zuriiokgebt; nur habe icb schallbildend und schallmodi-ficirend an die Stelle der Wintelerschen lautbildend und -modifi-cirend treten lassen, well diese zu Missverstandnissen Anlass geben kn-nen; denn ein Laut, d. h. ein Sprachlaut, entsteht ja eben erst durch dasnbsp;Zusammenwirken von Schallbildung und -modification.

Cap. 5. Die Eiatheilung der Spraohlaute.

(Principielle Vorfragen.)

1. Sprachlaute oder Sprachelemente?

101. Als die einfachsten Elemente, aus denen sich die Silben oder Wrter aufbauen, betrachtet man in der Regel das,nbsp;was man Sprachlaute zu nennen pflegt, und man verstehtnbsp;darunter meist Schalie, die erzeugt werden, wahrend der ar-beitende Druckstrom durch eine bestimmte Stellung der dernbsp;Hemmung und Resonanzbildung dienenden Theile des Sprach-organs gefiihrt wird. Diese Auffassung bedarf jedoch der Er-ganzung in mehrfacher Hinsicht. Ein Wort wie ama oder ammanbsp;besteht, wie man leicht sieht und weiter unter unten Cap. 16 ff.nbsp;naher ausgefiihrt werden wird, nicht bloss aus a m a,nbsp;d. h. den Lauten oder Schallen, welche erzeugt werden, wahrend die Sprachorgane fest eingestellt sind, d. h. sichnbsp;ruhend in der a-Stellung, der ?w-Stellung und wieder der a-Stellung befinden. Denn auch wahrend sich die Spraclv-organe aus der a-Stellung in die m-Stellung u. s. w. bewegennbsp;oder gleiten, ertnt die Stimme weiter. Wahrend diesernbsp;Uebergangszeit aber erklingt natiirlich weder der reine a-Laut,nbsp;noch der reine w-Laut, sondern zwischen den Anfangslaut anbsp;und den Endlaut m schiebt sich eine continuirliche Eeihe vonnbsp;Uebergangs- oder Grleitlauten ein; ebenso wieder beimnbsp;Uebergang vom m zum a, und so berhaupt berall, wonbsp;eine Umstellung der Organe wahrend fortdauerndernbsp;Exspiration stattfindet. Die Sprache besteht daher nichtnbsp;nur aus einer Reihe unverknpfter Stellungslaute, wie sienbsp;die obige Definition ansetzt, sondern aus einer Kette, in dernbsp;Stellungs- und Grleitlaute mit einander regelmassig abwechseln.

103. Fur das Verhaltniss dieser beiden Arten von Lauten ist besonders charakteristisch, dass die Stellungslaute selbstandig.

-ocr page 55-

35

103. 104. Die Eintheilung der Sprachlaute.

d. h. unabhangig von ihrer Umgebung sind. Ein jedes einzelne a hat wie jedes einzelne m seine bestimmte Stellung. Dienbsp;Grleitlaute sind dagegen nnselbstandig, sie richten sich nach dernbsp;speciellen Nachharschaft, in der ein Laut erscheint. In am. istnbsp;der Uebergangslaut zum m hin ein anderer als bei em, im, om,nbsp;um, Oder auch als bei al, ar, a/u. s.w., weil im erstenFaUe dernbsp;Ausgangspunkt, im zweiten der Bndpunkt der Bewegung einnbsp;verschiedener ist. Aber gerade wegen dieser Unselbstandigkeitnbsp;der Gleitlaute, die berhaupt nicht isolirt darstellbar sind,nbsp;kann man dieselben bei der ersten vorlaufigen Betrachtung dernbsp;constituirenden Elemente der Sprache bei Seite lassen. Sienbsp;finden dann in dem Abschnitt ber Oombinationslehre ihrenbsp;ausfhrlichere Besprechung.

103. nbsp;nbsp;nbsp;Von grsserer Bedeutung ist ein anderer Einwandnbsp;gegen die Annahme von 'Sprachlauten' als constituirendennbsp;Sprachelementen, den namentlich Flodstrm betont hat. Nichtnbsp;alle Momente der gesprochenen Sprache sind lautend.nbsp;Die Reihe der Sprachschalle wird oft durch Pausen, d. h.nbsp;lautlose Momente von grsserer oder geringerer Dauer unter-brochen. Dies ist der Fall bei alien sog. stimmlosen Yerschluss-lauten, wie i, k. Es kann ja gar keinem Zweifel unterliegen,nbsp;dass in einem Worte wie apa oder appa in der Zeit zwischennbsp;dem Verschluss und der Wiederffnung der Lippen keinenbsp;Schallbildung stattfindet, und dass also die Horbarkeit des pnbsp;bez. des t, k u. s. w. in ahnlichen Fallen auf dem beruht, wasnbsp;vor dem ersten bez. mit oder nach dem zweiten dieser Momentenbsp;producirt wird. Ebenso ist es ohne Weiteres klar, dass in demnbsp;Worte appa die p-Pause genau der Zeit entspricht, in welchernbsp;in dem Worte amma die wz-Stellung eingehalten wird. Dienbsp;/gt;-Pause des einen Wortes ist dem Stellungslaut m des anderen Wortes gleichwerthig. Da man aber Pausen, d.h. Nega-tionen der Schallbildung, nicht als Laute bezeichnen knne,nbsp;so wird gefolgert, dass man den Ausdruck Sprachlaut alsnbsp;allgemeinen Namen der constituirenden Sprachelemente auf-geben und einen andem, noch allgemeineren Ausdruck, wienbsp;Sprachelemente, dafreinfhrenmsse. EinsolchesElementnbsp;ist nach Flodstrm Mas was hervorgebracht wird sei es nunnbsp;laut Oder nicht indem Luft aus den Lungen herausgetriebennbsp;wmdund die Sprachorgane eine gewisse Stellung in Verbindungnbsp;nut einem gewissen Grad von Spannung inne haben.

104. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Auffassung ist ohne Zweifel bis zu einem gewissen Grade correcter als die fruhere Ansicht, welche nur

3*

-ocr page 56-

36

105. 106. Die Eintheilung der SpracUaute.

Sprachlaute anerkannte. Aber die Terminologie, die darauf aufgebaut wird, ist hchst unbequem. Darf man p, ty k nichtnbsp;mehr Laute nennen, so miissen auch Ausdriicke wie 'Laut-gescbichte, Lautlehre, Lautwander verworfen werden; dassnbsp;man sich aber zur Annahme von 'Sprachelementgeschichte,nbsp;Sprachelementlehre, Sprachelementwander je allgemein ent-schliessen werde, ist mindestens hchst zweifelhaft, und so lohntnbsp;es sich wohl zu erwagen, ob die Nenerung in Namen undnbsp;Definition so vollkommen ist, dass man ihr nothwendignbsp;folgen muss.

105. nbsp;nbsp;nbsp;Gi-egen den Namen Sprachelement' statt Sprach-lauf lasst sich ausser der angedeuteten Unbequemlichkeit nichtsnbsp;einwenden. Er ist umfassender und greift weniger einer Definition vor, als das Wort Sprachlautquot;. Aber die Elodstrmschenbsp;Definition ist ohne Zweifel zu eng. Fiir die Laute, die uns innbsp;den indogermanischen Sprachen zu begegnen pflegen, konntenbsp;man sie sich im Ganzen gefallen lassen, aber sie schliesst z. B.nbsp;die Schnalzlaute (s. 67) aus; denn wahrend die Zunge an dienbsp;Zahne oder den Gaumen festgesaugt wird und in dieser Stellungnbsp;verharrt, wird sicherlich keine Luft aus den Lungen heraus-getrieben. Und selbst innerhalb des Gebietes indogermanischernbsp;'Laute' lassen sich begriindete Zweifel an der Allgemeingltig-keit der Definition erheben. Wie in 365 gezeigt ist, werdennbsp;in gewissen Sprachen die sog. Tenues k, t, p mit Kehlkopfver-schluss gebildet; die Compression der Luft im Mundraum ge-geschieht nicht durch Austreiben der Luft aus den Lungen,nbsp;sondern durch Zusammendriicken der Weichtheile des Mundesnbsp;und Hebung des Kehlkopfs. Ob diese letztere stets durch einennbsp;Luftdruck von ixnten her unterstiitzt wird, ist sehr zweifelhaft;nbsp;jedenfalls ist diese Unterstiitzung nicht nothwendig, und aufnbsp;alle Falie kann dieser Subsidiardruck nicht mit dem Druck desnbsp;direct wirkenden Exspirationsstroms auf eine Linie gestellt werden. Bezglich der Eespirations- oder Luftdrucksverhaltnissenbsp;verlangt also auch die Definition Flodstrms eine nicht uner-hebliche Erweiterung.

106. nbsp;nbsp;nbsp;Eine weitere Frage ist diese; Darf man wirkhch de-cretiren, dass nur durch Yerbindung von Stellung (inch dernbsp;Spannung und Exspiration bez. der eventuellen Surrogate frnbsp;diese) ein selbstandiges 'Sprachelement' erzeugt werde? Mitnbsp;andemWorten: Sind es wirklich nur Gleitlaute zu und vonnbsp;der Verschlussstellung, welche die sog. Verschlusslaute (immernbsp;mit Beschrankung auf die stimmlosen) hr- und unterscheidbar

-ocr page 57-

37

107. Die Eintheilung der Sprachlaute.

niachen? Die Frage ist fur die vordere Halfte der Yerschluss-laute zu bejahen. In ap hort man, von der Explosion des p abgeseben (die man ja auch beliebig unterdriicken kann, indemnbsp;man die Lippen geschlossen halt) wirklich weiter nichts als dasnbsp;a und den Gleitlaut zur p-Stellung (vgl. 444 f.). Anders abernbsp;verhalt es sicb mit dieser Explosion selbst. Dieselbe bestebtnbsp;in einem rein momentanen Knall, der in dem Augenblickenbsp;entstebt, wo der Lippenverschluss gelost wird. Dieser reinnbsp;momentane Cbarakter ist besonders deutlicb zu beobacbten beinbsp;den Tenues, die mit verscblossenem Keblkopf gesprocben werden, und bei diesen wiederum am besten, wenn sie im isolirtennbsp;Auslaut steben. Die Explosion der Tenues stebt in diesernbsp;Beziebung vllig auf einer Stufe mit dem Knalle der Scbnalz-laute, der bei Lsung des Saugverscblusses entstebt. Beidenbsp;knnen eben deswegen nicbt als Gleitlaute gefasst werden,nbsp;weil sie momentan sind und nicht wie die wabren Grleitlautenbsp;gebildet werden, wahrend das Sprachorgan eine continuirlichenbsp;Beihe von Gestaltveranderungen durchlauft. Die Explosions-gerauscbe knnen unter Umstanden ganz von alien folgendennbsp;Schallen getrennt sein. So ist es z. B. ganz unmglich, einennbsp;Gleitlaut zwischen einem Schnalzlaut und einem folgenden ex-spiratorisch gebildeten Schall zu statuiren. Auch wird mannbsp;schwerlicb behaupten knnen, ein auslautendes p oder t oder knbsp;(alle stets unaspirirt gedacht) stelle bloss einen Grleitlaut vonnbsp;Pause zu Pause, vom Nichts zum Nichts dar. Dass sicb an dienbsp;Explosion der Verscblusslaute sehr oft, ja gewbnlich, wirk-liche Gleitlaute anscbliessen, verschlagt dabei natrlich nichts,nbsp;ebenso wenig als es fr die Definition der Verscblusslaute innbsp;Betracht kommen kann, dass in gewissen Oombinationen dienbsp;Explosion unterdriickt werden kann (457 ff.), d. h. dass aus-nahmsweise Pausen auch obne nachfolgende Explosion auftretennbsp;knnen.

107. Aus diesen Thatsachen folgt, dass man die 'Ver-schlusslautequot; mit den brigen Sprachlauten berhaupt nicht unter ine Definition bringen kann, es sei denn, dass man sienbsp;bloss als Sprachelemente^ cbarakterisirt, womit aber ihre Naturnbsp;in keiner Weise aufgeklart oder bestimmt wird. Muss man abernbsp;dies zugeben, so kann man sicb weiterhin begngen festzu-stellen, dass zur Spracbbildung dienen 1) Stellungslaute,nbsp;2) Explosionslaute, 3) Gleitlaute und endlich 4) Pausen, die wahrend derDauer gewisser Stellungen eintreten, undnbsp;dadurcb eine gewisse Parallele zu den Stellungslauten bilden.

-ocr page 58-

38 108. Eintheilung der Spraohlaute. 109.110. Vocal u. Consonant.

Auf der andern Seite sind diese Pausen und Explosionen in der Sprache im Allgemeinen derart an einander gebunden, dassnbsp;man sie fr praktische Zwecke getrost unter inem Namennbsp;zusammenfassen kann. Als solcher Name empfiehlt sicb nachnbsp;wie vor die alte Bezeichnung Yerschlusslaute, weil diesernbsp;die Einstellung der Organe riclitig angibt, welche sowohl zurnbsp;Pausenbildung wie fr Explosionen nothwendig ist. Natrlicbnbsp;mussen diesen /stimmlosen Verschlusslauten = 'Folgen vonnbsp;Pause und Explosion noch die stimmhaften Scballgebde zu-gerechnet werden, welcbe entstehen, wenn wabrend derselbennbsp;Articulationsfolge die Stimme ertnt, bei denen also statt dernbsp;Pause als erstes Glied der durch die Verschlussstellung ge-dampfte Stimmton erscheint.

108. Zusammenfassend knnen wir hiernach constatiren,nbsp;dass die Sprache allerdings aus laatenden und nicht laatendennbsp;Elementen besteht, dass aber die letzteren hinter den ersterennbsp;so zurcktreten und derartig an sie gebunden sind, dass mannbsp;unter gebhrenden Oautelen den althergebraohten Namennbsp;Sprachlaute fr die verschiedenen Elemente der Sprache bei-behalten darf.

Nach diesen Vorerrterungen knnen wir uns der Frage nach der Eintheilung und Gruppirung der Terschiedenartigennbsp;Sprachlaute zuwenden.

2. Eintheilung der Sprachlaute im Allgemeinen.

109. nbsp;nbsp;nbsp;Seit den altesten Zeiten zerlegt die Grammatik dienbsp;Masse der Sprachlaute in zwei grosse Halften, Vocale undnbsp;Consonanten. Diese Eintheilung hat einen nicht geringennbsp;praktischenWerth, insofernsie einen wesentlichen Functions-unterschied der Laute bei ihrer Verbindung zu Silben undnbsp;Wrtem im Ganzen richtig bezeichnet. Sie ist ausserdem mitnbsp;unserer gesammten einschlagigen Terminologie, berhaupt mitnbsp;allen Forschungen ber Lautlehre so innig verwachsen, dass esnbsp;wohl fr unmglich geiten muss, sie vollstandig durch eine andere zu ersetzen, obschon sie, namentlich mit Pcksicht aufnbsp;ihre Verwendung auf dem Gebiete wissenschaftlicher Lautlehre,nbsp;an manchen Gebrechen leidet. Von diesen sollen hier nur dienbsp;zwei am meisten in die Augen lallenden erwahnt werden.

110. nbsp;nbsp;nbsp;Der erste, principielle, Fehler ist der, dass bei dernbsp;von den rmischen Grammatikem berkommenen Zerlegungnbsp;der Sprachlaute in vocales und consonantes Beobachtungen

-ocr page 59-

39

111. 112. Vocal und Consonant.

Tiber die Bildungsart von Sprachlanten mit solchen Tiber ihre Verwerthung bei der Silbenbildung unentwirrbar ver-qiuckt sind. Etymologisch betrachte! heisst litterae vocalesnbsp;nichts anderes als 'Stimmlaute', der Name geht also vonnbsp;der Lautbildung axis. Dann ist er aber auf alle Falie zu eng,nbsp;denn auch andere Laute als die 'Vocale' im traditionellennbsp;Sinne haben Stimme. Er ist auch dann noch zu eng, wenn mannbsp;ihn auf die Laute beschrankt, die nur aus resonatorisch modi-ficirter Stimme bestehen (s. 71. 188 ff. etc.), denn zu diesen geboren ausser den 'Vocalen mindestens meist auch noch dienbsp;sog. 'Liquidae und 'Nasale, welche die alte Auffassung dochnbsp;wieder zu den 'Consonanten rechnet. Wiederum wird dernbsp;Name vocales auch wieder mit der Silbenbildung in Verbindungnbsp;gebracht, indem er fiir das Griechische und Lateinischenbsp;auch wirklich ganz zutrefEend fiir jede Silbe einen 'Vocalnbsp;gewissermassen als 'Hauptlaut der Silbe fordert. Der Namenbsp;consonantes aber ist zunachst rein functioneller Natur, denn ernbsp;benennt eine Summe von Lauten nur nach der Eolle, die sie alsnbsp;'Begleiter der Vocale (d. h. eben jener Hauptlaute) bei dernbsp;Silbenbildung spielen, und ohne alle Eiicksicht auf die speci-fische Art ihrer Erzeugung.

111. nbsp;nbsp;nbsp;Trotz dieser Inconsequenz der Bezeichnungsweisenbsp;wiirden sich die nunmehr neu zu definirenden Namennbsp;mcales und consonantes doch vielleicht weiter verwerthennbsp;lassen, wenn sich mit ihnen berhaupt irgend eine be-stimmte Scheidung der Laute sei es nach der gene-tischen, sei es nach der functionellen Seite hin glattnbsp;durchf uhren liesse. Das ist aber nicht der Fall, und darinnbsp;liegt der zweite, praktische, Hauptfehler des alten Systems.nbsp;Fr die UnmgHchkeit einer solchen Scheidung legen schon dienbsp;alten Hlfstermini wie 'Diphthonge, 'Halbvocale, 'Liquidaenbsp;und wie sie alle heissen mogen, ein halb unfreiwilliges Zeugnissnbsp;ah. Genetisch widersinnig ist ferner die alte Scheidung, weilnbsp;sie, wie bemerkt, die 'Vocale, d. h. a, e, *, o, u u. s. w. von dennbsp;ihnen nachstverwandten Lauten, wie den Liquidae /, r undnbsp;Nasalen m, n etc. willkrlich losreisst und so einen Gegensatznbsp;statuirt, der nicht vorhanden ist.

112. nbsp;nbsp;nbsp;Ebenso schlecht steht es aber auch nach der functionellen Seite hin. Silben wie ai, au haben z. B. zweifellos genaunbsp;denselben Typus der Bildung wie al, ar, indem sie sammthchnbsp;aus einem 'Hauptlaut (hier a) und je einem 'Begleiter [i, u\ l,r)nbsp;bestehen, und doch schreibt die alte Auffassung der ersteren

-ocr page 60-

40

112. Vocal und Consonant.

Gruppe je zwei 'Vocale oder einen 'Diphthong zu, der zweiten je einen 'Vocal und einen 'Consonanten. Sind aber die I, rnbsp;des zweiten Falies 'Consonanten, d. h. Begleiter des Haupt-lants a, so miissen auch die u von ai, au als eben solche JBe-gleiter consonantisch fungiren bez. demgemass hier als 'Consonanten hezeichnet werden. Das was man genetisch 'Vocalenbsp;nennt, tritt also, wie man sieht, functionell bald als 'Vocal,nbsp;bald als 'Consonant auf. Ebenso verhalt es sich aber auchnbsp;mit den 'Consonanten des alten Systems. Muss, wie diesesnbsp;System, gestiitzt auf diethatsachlichenVerhaltnisse des Griechi-schen und Lateinischen (110], es verlangt, jede Silbe einennbsp;'Vocal enthalten, so treten in iiberaus vielen Sprachen auchnbsp;Laute, welche jenes System zu den 'Consonanten zahlt, eben-sowohl in der Function von 'Vocalen, wie in der von Consonanten auf, dergestalt dass diese Verschiedenheit dernbsp;Function grossentheils etwas Zufalliges ist, dass sie zum Theilnbsp;von der Stellung des einzelnen Lautes innerhalb der Silbe odernbsp;dem Wort, berhaupt von seiner nachsten Lautumgebung ab-hangt, in andern Fallen aber auch ganz willkiirlich geregeltnbsp;werden kann. Niemand kann z. B. daran zweifeln, dass Wortenbsp;wie ritten, handel in ihrer landlaufigen Aussprache eben so gutnbsp;zweisilbig sind wie ritte, liande, dass also die Silben -ten, -delnbsp;und -te, -de gleichwerthig sind. Untersuchen wir dieselben aufnbsp;ihre Zusammensetzung hin, so finden wir, dass die beiden letz-teren aus den 'Consonanten t, d und dem Vocal e bestehn.nbsp;Wahrend der Bildung des t, d sperrt die Zungenspitze dennbsp;Mundraum luftdicht ab, zur Bildung des e senkt sie sich, dernbsp;Luft freien Austritt aus dem Munde gestattend. Nur unternbsp;dieser Bedingung kann berhaupt ein e hervorgehracht werden.nbsp;In -ten, -del schreiben wir zwar dasselbe Vocalzeichen e wienbsp;in-^e, -de, aber der Aussprache ist es fremd. Spreche ichnbsp;ritten aus, so bleibt die Mundhohle von dem Moment an durchnbsp;die Zungenspitze abgesperrt, wo das erste t articulirt wird; esnbsp;kann also auf das t in Wirklichkeit ein e nicht folgen, vielmehrnbsp;schliesst sich das n direct an das t an. Aehnhch bei -dl\ dienbsp;Zungenspitze bleibt in ihrer absperrenden Stellung bis zu Endenbsp;der Silbe; statt dass sie sich wie bei -de zur Bildung des enbsp;senkt, wird die Zunge weiter hinten so zusammengezogen, dassnbsp;eine oder zwei kleine Seitenffnungen entstehen, aus welchennbsp;das I heraustnt. Man spricht also rit-tn, han-dl, d. h. n und Inbsp;sind dem e in rit-te, hiin-de gleichwerthig, haben vocalischenbsp;Function. Kehrt man die Lautfolge um. so werden n, I zu

-ocr page 61-

41

113. 114. Vocal und Consonant.

Consonanten, wie in hand^ hald. Aber auch ohne dies kann der-selbe Functionswechsel eintreten, z. B. durcli Anschiebung eines Vocals', wie in hamp;rittne, hehandle, sobald diese Wrter drei-sdbig ausgesprochen werden. Der Vocal allein ist aber wiederumnbsp;nicht massgebend, denn man kann eben so gut auch be-rit-tn-fnje,nbsp;ie-han-dl-flje viersilbig aussprechen, ohne zwischen t-n, d-l einnbsp;e einzuschieben, d.h. man kann den w, I auch vor einem Vocalnbsp;vocahsche Function ertheilen. Genauer betrachtet, betrifftnbsp;dies aber wieder nur die erste Halfte der denn ihre zweitenbsp;Halfte wird doch als Anlaut der letzten Silbe -ne, -le und zwarnbsp;als Consonant empfunden. Auch unter einander knnen nnbsp;und I beliebig ihre Functionen vertauschen; in handeln, gespro-chen han-dln^ ist I Vocal, n Consonant, va. schallend, gespro-chen schal-lnd, umgekehrt. Ja, die Spaltung desselben Lautesnbsp;in einen vocalischen und einen consonantischen Theil, dienbsp;wir eben in he-rit-tn-(n}e u. s.w. kennen lernten, kann sogar sonbsp;weit ausgedehnt werden, dass derselbe Laut zwei ganze Silbennbsp;fiir sich allein ausfiillt und dabei abwechselnd als Vocal,nbsp;Consonant, Vocal und wieder Consonant fungirt. Das ge-schieht z. B. in Worten wie herittenen, welche man sehr haufignbsp;als he-rit-tn-nnn aussprechen hort (man spreche rasch und un-

befangen einen Satz wie: die herittenen Offiziere .. .., und man wird fast unwillkiirlich zu dieser Aussprache gieifen; mit n be-

zeichne ich nach Krauter hier das n in vocalischer Function). Ein und derselbe Laut wird also fortwahrend zwischen dennbsp;beiden Kategorien hin- und hergeworfen, und vielfach hangt esnbsp;ganz vom Belieben des Sprechenden ab, ihm die eine oder dienbsp;andere Function zuzutheilen.

quot;VVorin der TJnterschied dieser Functionen besteht, soli gleich hier mit einigen Worten zur weiteren Klarlegung des Gesagtennbsp;angedeutet werden; wir werden dann weiter unten in demnbsp;Abschnitt iiber die Silbenbildung eingehender darauf zuriick-kommen (516 ff.j.

113. nbsp;nbsp;nbsp;Zur Bildung einer Silbe geniigt, wie eine einfachenbsp;Sprechprobe lehrt, schon ein einziger Sprachlaut. So stellennbsp;beispielsweise die isolirt gesprochenen Vocale a, e, i, o, u func-tionell zugleich fiinf isolirte Silben dar. Ein jeder so functioni-rende Laut ist also hinsichthch seiner Function ohne Weiteresnbsp;als silbenbildend oder krzer als silbisch zu bezeichnen.

114. nbsp;nbsp;nbsp;Andrerseits knnen aber auch mehrere Laute zu einernbsp;Silbe zusammentreten, vgl. etwa Silben wie na, la, ha, oder

-ocr page 62-

42

115117. Sonant und Consonant.

an, ar, as, af u. dgl. In diesem Fall dominirt dann fiir das Ohr allemal einer der verbundenen Lante (als ^Hauptlaut') ber dennbsp;oder die andern (in den gegebenen Beispielen ist es jedesmalnbsp;der VocaF, bei Silben wie ai, au der erste 'VocaF). Mit Riick-sicht auf diese dominirende Stellung innerhalb der Silbe wirdnbsp;der betreffende Hauptlaut ebenfalls als an sicb silbenbildendnbsp;oder silbisch empfunden. Die begleitenden brigen Lautenbsp;sind aber dann ihrer Function nach unsilbisch, insofern ihrenbsp;Hinzufiigung nicht neue Silben bervorruft. Die n, I in rit-tn,nbsp;han-dl geiten uns also fiir 'silbiscb', well sie gegenliber dem t, dnbsp;ihre Silbe dominiren, in be-ritt-ne, he-hand-le aber sind sie 'un-silbisctf, weil bier das e ihnen gegeniiber dominirt.

116. Dieser Q-egensatz der Function wird durch die Ad-jectiva silbisch und unsilbiscb hinlangbcb gekennzeichnet, aber diese gestatten nicht zugleich auch die Bildung ent-sprechender und bequemer substantivischer Namen. Als solchenbsp;bat neuerdings W. von Hrschelmann die nach manchen Seitennbsp;bin selm passlichen Ausdriicke Dominant (fiir den Hauptlaut)nbsp;und Dominaten (fiir die etwaigen Begleiter des Hauptlauts)nbsp;vorgescblagen; nur feblen da wieder gleich empfeblenswerthenbsp;adjectivische Parabelen.

116. nbsp;nbsp;nbsp;Unter diesen TJmstanden bebalt auch jetzt noch einnbsp;zuerst von Thausing (Das natiirl. Lautsystem 8.97) vorgeschla-genes Namenpaar seine praktiscben Vorziige. Thausing ge-braucht namlich das Wort Con-sonant ausschliesslich innbsp;seinem urspriinglichen functionellen Sinn als Namen fiir dasnbsp;was wir oben als Begleiter des Hauptlauts der mehrlautigennbsp;Silbe bezeichneten, und stellt ihnen statt des alten nun nichtnbsp;mehr zutreffendenGlegensatzes 'VocaFdenAusdruck SonanFnbsp;als Bezeichnung des Hauptlauts der Silbe entgegen. Diesenbsp;Ausdriicke sind auch insofern bequem, als man von ihnen wieder ohne Weiteres die adjectivischen Parabelen 'sonantisclFnbsp;(= silbisch) und consonantisch (= 'unsilbisch) ab-leiten kann.

117. nbsp;nbsp;nbsp;Demgegeniiber fallt der Heine Uebelstand kaum insnbsp;Gewicht, dass die Wrter Consonant und consonan-tisch nunmehr in einem von der alteren Grammatik abweichen-den Sinne gebraucht werden, wie das ja in der neueren Wissenschaft auch von andern termini technici gilt: man hat sichnbsp;ledigHch zu merken, dass diese Ausdriicke phonetisch nur dernbsp;Functionslehre angehren. Wer daran Anstoss nimmt, wirdnbsp;am besten thun, den Ausdruck Consonant berhaupt zu

-ocr page 63-

118. Sonant und Consonant. 119. Was sind Einzellaute? 43

vermeiden und sich mit dem Substantiv 'Dominant oder 'Sonant und den Adjectivis silbisch und unsilbisch zunbsp;bebelfen.

118. Hiermit ware fiir den functionellen Theil der Laut-forschung, welcher die Yenvendung der Sprachlaute zurSilben-und Satzbildung zu behandeln hat (s. unten Cap. 25 i.) ein erster Grund gelegt. Die Eintheilung nach dem Princip dernbsp;Sonanz und Consonanz ist aber natiirlich nicht geeignet, zurnbsp;Grundlage fiir die Betrachtung des We sens der Laute zunbsp;dienen, welche sich vielmehr auf die Bildung der Laute undnbsp;den daraus resultirenden akustischen Werth derselben zunbsp;richten hat.

3. Was sind Einzellaute?

119. Hier ist nun etwas genauer auf die Erage einzugehen, was denn ein Einzellaut (oder Einzelelement) sei und wasnbsp;fiir dessen Charakteristik in Betracht komme. Streng theoretisch ware wohl zu antworten, dass darunter ein isolirbaresnbsp;Etwas (meist ein Schall) zu verstehen sei, das durch eine be-stimmte Zusanunenwirkung bestimmter Factoren der Sprach-bildung und nur durch diese erzeugt wird. Aher in der Praxisnbsp;hat Niemand daran gedacht, diesen Satz in voller Strengenbsp;durchzufiihren. Um berhaupt eine Uebersicht ber die zahllosenbsp;Menge der Einzellaute, die durch jene Definition gegeben sind,nbsp;zu ermglichen, hat man stets eine Anzahl naheverwandternbsp;Laute zu einer Gruppe oder Kategorie zusammengefasst undnbsp;als 'Einzellaute betrachtet. So fasst man z. B. alle diejenigennbsp;Schalie unter der Kategorie des 'Lautes a zusammen, welchenbsp;bei einer gewissen Mundstellung und tnender Stimme hervor-gebracht werden knnen, ohne Kcksicht auf Tonhhe, Starkenbsp;u. s. w. der einzelnen Lautexemplare, aus deren Gesammtheitnbsp;die Kategorie a abstrahirt ist. Diese Yerallgemeinerung kannnbsp;nur geschehen, wenn man gewisse Factoren der Sprachbildungnbsp;als nebensachlich fr die Definition ignorirt. So ist in demnbsp;gegebenen Beispiel a abgesehen worden von der quahtativennbsp;Art der Hemmung im Kehlkopf, nach der sich Tonhhe, Rein-heit Oder Rauhheit des Klanges u. s. w. reguliren, und von dernbsp;Grosse des Stromdrucks, welche die Starke der verschiedenennbsp;Einzel-a bedingt. Dies Yerfahren ist an sich willkurlich, abernbsp;praktisch berechtigt, weil a von verschiedener Tonhhe, Starkenbsp;u. dgl. thatsachlich von den Sprechern und Hrern nicht als

-ocr page 64-

44

120. Was sind Einzellaute?

verschieden empfunden und demnach nicht in einen Gegensatz zu einander gestellt werden. Wie viel von den IJnterscheidungs-merkmalen der einzelnen Lautexemplare als gegensatzlich undnbsp;demnach als wesentlich empfunden wird, lasst sich natiirlichnbsp;nicht allgemein hestimmen. Bs herrscht da grosses Schwanken.nbsp;Wie wir gesehen haben, werden z. B. bei den Vocalen (hez. heinbsp;den Sonanten berhaupt) Unterschiede der Tonstarke nicht alsnbsp;wesentliche TJnterscheidungsmomente aufgefasst. Wenn ininbsp;Deutschen das a einer 'unbetonten' Silbe regelmassig schwachernbsp;ist als das einer betonten^ Silbe, so trifft diese Unterscbeidungnbsp;ja nicht den Vocal an sich, sondern die Silbe, in der er steht.nbsp;Anders bei den Consonanten. Audi die Consonanten unbeton-ter Silben stehen denen der Tonsilben an Starke nach, wie dienbsp;Vocale in entsprechender Stellung; aber unabhangig von diesernbsp;Abstufung nach der Silbenstarke haben viele Sprachen auchnbsp;noch eine selbstandige Abstufung der Consonanten nach Starkenbsp;und Schwache entwickelt, unterscheiden also z. B. starke undnbsp;schwache , , ch oder starke und schwache stimmlose Ver-schlusslaute (359) u.dgl. Man kann also keineswegs behaupten,nbsp;dass die Druck- hez. Tonstarke bei den Definitionen der 'Einzellaute und ihrer Gruppen als unwesentlich berall bei Seite zunbsp;lassen sei, und so zeigt sich auch von dieser Seite, dass es un-moglicli ist, eine zweckdienliche Eintheilung der Sprachlautenbsp;bloss auf Grund ihrer Articulationsstellung zu geben.

120. Allerdings ist es richtig, dass Unterschiede der Articulationsstellung in der Hegel auffalligere Verschiedenheiten bedingen, als Unterschiede der Tonstarke oder Tonhhe. Einnbsp; und s stehen z. B. sicher einander ferner, als ein starkes undnbsp;schwaches oder ein starkes und schwaches s. Man wird alsonbsp;zugeben drfen, dass die Erage nach der Articulations formnbsp;eines Lautes im Allgemeinen der nach seiner Starke voraus-zugehen hat. Bedingt aber jede Verschiedenheit der Articula-tionsform nun auch die Aufstellung eines besonderen Einzel-lautes (der dann eventuell sogar noch nach Abstufungen dernbsp;Starke zu spalten ware)? Theoretisch gewiss, aber in praxinbsp;lasst sich auch diese Hegel nicht durchfiihren. Die Zahl dernbsp;hiernach zu unterscheidenden Einheiten behalt immer nochnbsp;eine verwirrende Grosse, und so bleibt ahermals nichts anderesnbsp;brig, als von gewissen, weniger wesentlichen Unterschiedennbsp;auch der Articulationsform unter Umstanden fur die Definitionnbsp;des Einzellauts abzusehen, und wieder bietet sich uns biernbsp;das Princip der Unterscbeidung nach gegensatzlicher und nicht

-ocr page 65-

45

121. 122. Was sind Einzellaute?

gegensatzlicher Verwendung als eine Handhabe dar. Ein Bei-spiel mag erlautern, wie auch bier allgemeingltige Bestim-mungen nicbt zu macben sind. Niemand wird bezweifeln, dass die drei Vocale a, e, i als selbstandige Einzellaute aufzufassennbsp;sind. Ibre nterscbiede beruben auf einer Verschiedenbeit dernbsp;Zungenstellung. Bei der Ausspracbe eines m bat die Zungenbsp;an sicb nicbts zu tbun; sie kann in der Bubelage yerbarren.nbsp;In den Silben ma^ we, mi wird aber (vgl. namentlicb untennbsp;469 ff.) die Zunge scbon wabrend der Bildung des m mehr odernbsp;weniger die fiir das a, e, i nthige Stelluug annebmen. Sindnbsp;nun die m dieser drei Silben als diei selbstandige Einzellautenbsp;anzusetzen oder nicbt ? Tbatsacbbcb sind ibre Articulations-formen verschieden, so gut wie die der a, e, i\ aber die Zungenstellung, welcbe bei diesen Vocalen den specifiscben Klang-unterschied bewirkt, verandert nicbt in gleicber Weise stark dennbsp;specifiscben Klang des w, der im Unterscbied zu dem Vocal-klang in alien jenen drei m bervortritt. Was dort specifischnbsp;ist, ist bier nebensacblicb, und kann demgemass bier fiir dienbsp;Definition des m ebenso gut ignorirt werden, wie die Tonstarkenbsp;bei der Definition der Vocale. Aucb bier also lasst sicb einenbsp;Grenzlinie nur auf Grund praktischer Einzelerwagungen zieben,nbsp;nicbt nacb tbeoretiscben Gesicbtspunkten, denn es lasst sicbnbsp;nicbt allgemein tbeoretiscb feststellen, was fiir specifisch zunbsp;geiten bat und was nicbt.

131. Die Zahl der an sicb unterscheidbaren Spracb-laute' ist also, wie die Erfahrung in Uebereinstimmung mit der Tbeorie lehrt, eine unbeschrankte zu nennen. Aber ausnbsp;dieser unendlicben Zahl wahlt die Praxis zunachst nur einenbsp;beschrankte Anzabl von gegensatzlich verwendetenTypen odernbsp;Kategorien aus, um an deren specifische Obarakteristicanbsp;ibre Definitionen anzuknpfen. Eiir jeden einzelnen Sprachlautnbsp;in diesem weiteren Sinne bleibt dabei ein gewisser Spielraumnbsp;iibrig, innerbalb dessen die Unterarten oder Varietaten ihrennbsp;Platz finden, welcbe in der Sprache oder den verschiedenennbsp;Sprachen auftreten, und deren genaue Eeststellung eine dernbsp;Hauptaufgaben der bescbreibenden Pbonetik ist.

122. Bei dieser Betrachtung mussten die Gleitlaute ausgesoblos-sen werden, weil sie nicht einheitliche, isolirbare Theile der Sprache sind und daher auch keine einheitliche Definition gestatten. Sie werden ebennbsp;deswegennicht als selbstandige Sprachlante behandelt (vgl. 102) nnd findennbsp;deshalb erst bei der Combinationslehre ihre Besprechung.

-ocr page 66-

46

123. Aufstellung eines Sprachlautsystems.

4, Aufstellung eines Sprachlautsystems.

133. Mit der angedeuteten B-eduction der Sprachlaute auf em bersehbares Minimum von Typen sind indessen dienbsp;Schwierigkeiten nicht erschpft, welche sich der Aufstellungnbsp;eines Sprachlautsystems hemmend in den Weg stellen,nbsp;wenn man darunter eine Anordnung versteht, in der jedemnbsp;Typus oder Sprachlaut ein fr allemal seine feste Stelle ange-wiesen ist. Wenn, wie wir gesehen haben, jeder Sprachlaut dasnbsp;Product des Zusammenwirkens verschiedener Bildungs-factoren ist, welcher von diesen ist dann nothwendig dernbsp;oberste und wesentlichste, und muss also fr die Anordnungnbsp;des Systems in erster Linie den Ausschlag geben ? In welchernbsp;Reihenfolge mssen die andem beim Aufbau des Systems ilimnbsp;untergeordnet werden ? Und wenn eine Lautgruppe y durchnbsp;einen gemeinsamen Bildungsfactor mit einer Gruppe x, durchnbsp;einen zweiten mit einer Gruppe z zusammenhangt, nach welchennbsp;Gesichtspunkten ist da zu gruppiren, wenn einmal aus diesemnbsp;oder jenem Grunde zwei von diesen drei Gruppen zu einernbsp;hheren Einheit verbunden werden sollen? Eine allgemeinnbsp;guitige Yorschrift fr die Lsung dieser und ahnlicher Fragen,nbsp;wie sie namentlich auch dem Sprachhistoriker auf Schritt undnbsp;Tritt sich darbieten, lasst sich nicht geben, weil man die ein-zelnen Laute haufig von ganz verschiedenen Gesichtspunktennbsp;aus betrachten kann und muss, und sich die Werthverhaltnissenbsp;der einzelnen Bildungsfactoren mit diesem Wechsel des Ge-sichtspunktes verschieben. Versuchen wir z. B. zur Veran-schaulichung des Gesagten die Lautgruppe amba zu analysiren.nbsp;Der Vocal a ist reiner Stimmlaut, d.h. Stimme modificirt durchnbsp;die Resonanz der Mundhhle. Eine Gerauschbildung im An-satzrohr findet nicht statt. Isoliren w das folgende w, so istnbsp;auch dieses ein reiner Stimmlaut, ebenfalls ohne Gerauschbildung im Ansatzrohr, also dem a nahe verwandt, von ihm nurnbsp;geschieden, aber doch in sehr charakteristischer Weise geschieden, durch den Schluss der Lippen und eine andere Stellungnbsp;des Gaumensegels (134 f.). Es folgt das h, das''wir ebenfallsnbsp;isoliren knnen. Mund und Nase sind abgesperrt, in den Hohl-raum des Mundes hinein ertnt die Stimme (357), ebenfallsnbsp;ohne begleitendes Gerausch. Also auch das stimmhafte h kann,nbsp;was die Lautgebung wahrend der Verschlussstellung anlangt,nbsp;als einfacher Stimmlaut charakterisirt werden, und ist ge-legentlich so charakterisirt worden. Mit dem m ist dieser der

-ocr page 67-

47

123. Verschiedene Ausgangspunkte der Lautanalyse.

Articulationsstellung nacli yerwandt durch den gemeinschaft-lichen Verschluss der Lippen. Ja man kann das m ebenso gut als ein nasalirtes stimmhaftes h bezeichnen wie man YOn einemnbsp;nasalirten Vocal spricht, denn m unterscheidet sich von h ebennbsp;wie der nasarte Vocal vom reinen Vocal nur dadurch, dass beinbsp;dem erstern das Glaumensegel frei im Munde schwebt, der Luftnbsp;Eingang in Mund- und Nasenraum verstattend, bei letzteremnbsp;aber der Raclienwand fest anliegt. Msste man danach dienbsp;Nasale als selbstandige Classe nicht ganz aus dem System dernbsp;Sprachlaute eliminiren und sie vielmehr als Unterabtheilung dernbsp;Mediae fassen, wie man die Nasalvocale als Varietat der reinennbsp;Vocale darzustellen pflegt? Wir haben aber weiter oben beimnbsp;h die Acte des Verschlusses und der Oeffnung ignorirt, die imnbsp;Zusammenhang der Eede das Ertnen der Stimme begleitennbsp;und die dergestalt charakteristische Schalie erzeugen, dass sie,nbsp;namentlich bei schwach tnender Stimme, als das JVesent-lichere empfunden und demgemass auch von der Theorie an-gesehen werden knnen. Dadurch tritt das S, das wir eben alsnbsp;nahen Verwandten der 'Stimmlaute^ a und m kennen gelerntnbsp;batten, in nachste Beziehung zu dem stimmlosen das dochnbsp;sonst als vollkommenster Gegensatz zum Vocallaut aufgefasstnbsp;werden muss. Wollen wir nun h und p vergleichen, was istnbsp;denn da das Wichtigere: die Verschlussbildung und Oefiuung,nbsp;oder das Tonen und Nichttnen der Stimme ? Und wenii wirnbsp;uns etwa aus diesem oder jenem Grunde entschliessen, h und pnbsp;in er ster Linie als Vers chlusslaute zu charakterisiren, gehortnbsp;dann das , bei dessen Bildung die Lippen geschlossen, einnbsp;Canal aber, der Nasencanal, geffnet ist, zu diesen Verschluss-lauten, welche beide Luftwege (durch Mund und Nase) ab-sperren, oder zu den Vocalen, welche auch einen Luftweg offennbsp;lassen, namlich den durch den Mund, wahrend der Nasencanalnbsp;abgesperrt wird ? Unterscheiden sich ferner h als stimmhafternbsp;und^ als 'stimmloserVerschlusslaut lediglich durch die Be-theiligung oder Nichtbetheiligung der Stimme an der Hervor-bringung dieser Laute? Eine einfache Messung des Bxspira-tionsdrucks mit dem oben 61 erwahnten Instrument zeigt sofort,nbsp;dass h nicht nur stimmhaft ist, sondern auch einen geringerennbsp;Munddruck (60) bez. Explosionsdruck besitzt. Wenn nun innbsp;einer ganzen Eeihe von Sprachen an die Stelle des 'stimm-haften' h ein Laut getreten ist, welcher zwar nicht selbst stimmhaft, aber vom p doch durch schwacheren Explosionsdrucknbsp;deutlich geschieden ist (359), soil man denselben nun als ein

-ocr page 68-

48

124. Unthunlichkeit eines allgemeinen Systems.

'stimmloses hquot; oder als ein'scliwacheres bezeichnen? oder mit anderen Worten, wenn die alten Ausdrcke Media undnbsp;Tenuis beibehalten werden sollen, welche ursprnglich dennbsp;stimmhaften und schwacben bez. den stimmlosen und starkennbsp;Laut bezeichnen sollten, welcher von ihnen muss denn die Er-weiterung seines Begriffes erfahren ? Es ist doch sehr natrlich,nbsp;dass derjenige, welcher sein h stimmhaft spricht, in diesemnbsp;Mittnen der Stimme das eigentliche Charakteristicum desnbsp;Lautes findet, daher auch geneigt sein wird, jenen schwachen,nbsp;stimmlosen Laut dem p naher zu stellen, wahrend umgekehrtnbsp;derjenige, welcher ein stimmloses h' zu bilden und nur durchnbsp;den Explosionsdruck vom p zu unterscheiden gewhnt ist, einnbsp;feineres Ohr fiir alle Unterschiede der Druckstarke haben undnbsp;also in der Abstufung der Starke das Wesentliche erblickennbsp;wird (vgl. jedoch hierzu 367 ff.). Ihm rangirt dann das Mittnen der Stimme bei Andem, wenn er es berhaupt beachtet,nbsp;erst in zweiter Linie. Der strenge Systematiker wird vielleichtnbsp;sagen, dass solche subjective Bedenken oder Auffassungen nichtnbsp;in Betracht kommen drfen, wo es die Aufstellung eines ab-stracten Systems gilt. Aber es bedarf doch auch wieder nurnbsp;eines geringen Nachdenkens, um zu erkennen, dass dies subjective Empfinden gewisser charakteristischer Eigenheiten gewisser Laute im Vorzug vor anderen Eigenheiten derselbennbsp;Laute fr die geschichtliche Entwicklung derselben, mithinnbsp;auch fr die geschichtliche Entwicklung einer ganzen Sprachenbsp;von bedeutendem Einfluss sein kann. Fr denj enigen, welchernbsp;die Phonetik zu sprachgeschichtlichen TJntersuchungen benutzennbsp;will, ergibt sich geradezu die Nothwendigkeit, auch auf diesenbsp;subjectiven Momente in der Auffassung der Laute durch dienbsp;Sprechenden Bcksicht zu nehmen, selbst auf die Gefahr hin,nbsp;sein abstractes System dadurch zu storen.

124. Aus solchen und ahnlichen Erwagungen ergibt sich, dass ein allgemeines System fr die Eintheilung dernbsp;Sprachlaute, das namentlich auch fr die Bedrfnisse desnbsp;Sprachhistorikers berall ausreichte, nicht aufgestellt werdennbsp;kann. Mehr nebensachlich ist dabei die Schwierigkeit, dassnbsp;Niemand von vorn herein alle berhaupt mglichen Combi-nationen der einzelnen Articulationsformen berschauen kann.nbsp;Das 'allgemeine System^ ware, was diesen Punkt anlangt, ein-fach von Zeit zu Zeit zu modificiren, je nachdem neues Beob-achtungsmaterial neue Combinationen aufweist. Vor allemnbsp;aber ist es, wie bemerkt, unmglich, eine allgemein gltige

-ocr page 69-

49

125.126. Aufstellung von Einzelsystemen.

Rangordnung fr die einzelnen Eintheilungsprinci-pien ausfindig zu machen. Am ehesten lasst sich noch fr eine einzelne sprachliche Einheit (Mundart oder Sprache) ein he-stimmtes System, d. h. eine bestimmte Anordnung der einzelnennbsp;Eintheilungsprincipien aufstellen. Aber ein Princip, das frnbsp;die Grliederung der einen Sprache von hchster Bedeutungnbsp;ist, tritt oft genug in einer andem ganz zurck, wrde also frnbsp;diese erst an einer andem Stelle des Systems zu bercksich-tigen sein.

125. nbsp;nbsp;nbsp;Ich meine also, wenn auch im ausdrcklichen Gegen-satze zu den den grssten Theil der phonetischen Literatiirnbsp;beherrschenden Tendenzen, durchaus an der Meinung fest-halten zu mssen, dass das Streben nach einem allgemeinennbsp;Lautsystem nutzlos sei, zumal fr die historische Phonetik.nbsp;Der Sprachhistoriker bedarf (wie brigens auch der Praktiker)nbsp;zunacbst einer genauen Erforschnng und Oharakterisirung dernbsp;Einzelsysteme derjenigen Idiome, welche den Gegenstandnbsp;seiner sprachgeschichtlichen Untersuchung bilden. Fr dienbsp;historische Verknpfung der Einzelsysteme verwandter Idiome,nbsp;die sich aus gemeinschaftlicher Grundlage entwickelt haben,nbsp;braucht er sodann eine klare Uebersicbt ber die einzelnennbsp;natrlichen Gruppen, in welche die Laute einer Sprachenbsp;zerfallen, je nachdem man ihre Gesammtheit von dem einennbsp;oder andern Gesichtspunkt aus betrachtet. Er wird es bei-spielsweise einmal mit der Geschichte aller Verschlusslaute imnbsp;Gegensatz zu den mit offenem Munde gebildeten zu thun haben,nbsp;ein anderes Mal mit der Geschichte der reinen Stimmlaute imnbsp;Gegensatz zu denLauten, die ganz oder theilweise auf Gerausch-bildung beruhen, oder mit der Geschichte der Labiale, Dentale,nbsp;Palatale, Velare, oder der hfasallaute im Gegensatz zu dennbsp;nichtnasalirten Lauten, u. s. w. Dabei wird er vielfach dieselbennbsp;Laute verschiedenen Gruppen zutheilen mssen: ein m bei-spielsweise bald als reinen Stimmlaut, bald als Labial, bald alsnbsp;Nasal, bald als Haibverschlusslaut betrachten mssen. Allenbsp;diese Betrachtungsweisen sind fr ihn gleich wichtig, und mitnbsp;der Wahl des Standpunkts wechselt auch die Gestalt desnbsp;Systems in entsprechender Weise.

126. nbsp;nbsp;nbsp;Derartige Verschiedenheiten der Betrachtung machen sich ins-besondere auch bei der Classifioirung der verschiedenen Varietaten einesnbsp;Lautes* im weiteren Sinne geltend. Fr die Entsoheidung der Frage,nbsp;welche von diesen Varietaten im einzelnen Falie als die normale zu betrachten sei einer Frage, die ja vom absoluten Standpunkt aus berhaupt nicht zu beantworten ist haben bei der speciellen Aufgabe des

S i e T e r s, Phonetik. 5. Anfl. nbsp;nbsp;nbsp;4

-ocr page 70-

50

127. GesicMspunkte der Gruppirung.

vorliegenden Werkes vorwiegend sprachgesckichtliche Momente herbei-gezogen werden miissen. Insbesondere bat in der Regel diej enige Varietat zur Grundlage der Definition gedient, welohe spracbgeschichtlicb als dienbsp;Mutterform der brigen geiten darf. So gibt es z. B., wie unten 312 ff.nbsp;ausgefhrt ist, zwei Arten von /-Lauten, deren eine bloss aus resonatorischnbsp;modifioirter Stimme bestebt, wabrend die andere ein eigenes Mundgerauscbnbsp;bat. Ebenso zeigt 500 f., dass es neben den spirantisoben, d. b. auf Mund-gerauscbbildung berubenden Lauten wie , j auoh Fomien ohne diesesnbsp;Gerauscb gibt, die also auob nur aus resonatorisob veranderter Stimmenbsp;besteben. Streng systematiscb mssten beide Lautclassen vollkommennbsp;parallelisirt werden; sie werden aber bier absiobtlicb getrennt, weil mannbsp;Grund bat anzunebmen, dass l mit Gerauscbbildung innerbalb der indo-germanisoben Spracben das Secundare sind, wabrend sich fr , j dasnbsp;Umgekebrte walirsobeinlicb machen lasst. Doch ist bin und wieder anmer-kungsweise auf die versohiedenen Mglichkeiten der Auffassung hinge wiesen.

5. G-esichtspunkte der Gruppirung.

137. Was nun endlich die leitenden Gesichtspunkte fr diese gruppenweise Betrachtung der Sprachlaute betrifft, so istnbsp;zuvrderst die These Plodstrms, die Sprache knne theils alsnbsp;vernoiimen oder gehort, theils als hervorgebracht oder ge-sprochen betrachtet'werden, dahin zu berichtigen, dass nachstnbsp;der Art der Heryorbringung der Sprache bez. ihrer Ele-mente auch die Natur der hervorgebrachten Producte zu er-forschen ist. Allerdings hangt die Natur der sprachlichennbsp;Producte von der Art ihrer Erzeugung ab, und ihre Betrachtung hat daher erst an zweiter Stelle zu geschehen. Aber esnbsp;ware mehr als willkrlich, wollte man darauf hin die Errterungnbsp;der Natur der Sprachlaute aus der Phonetik verbannen, odernbsp;ihr gar ein Eecht auf Existenz absprechen. Denn nicht nur istnbsp;die Natur der i^roducirten Sprachlaute oder -Eleinente fr dienbsp;Lehre von der Bildung sprachbcher Complexe hberer Ordnungnbsp;(namentlich die Lehre von der Silbenbildung) von der grsstennbsp;Bedeutung, sondem es spielt auch die Verschiedenheit desnbsp;Schallmaterials in der Entwicklungsgeschichte der Sprache einenbsp;wichtige Bolle. Wir werden also neben der Errterung der ein-zelnen Factoren der Sprachbildung auch den akustischennbsp;Gesammtwerth der fertigen Laute ins Auge zu fassen haben,nbsp;d. h. nicht sowohl die specifische Schallqualitat (Klangfarbe)nbsp;des einzelnen Lautes, als gewisse durchgreifende Verschieden-heiten des zur Sprachbildung verwendeten Schallmaterialsnbsp;namentlich mit Bezug auf die 16 ff. behandelte Unterscheidungnbsp;zwischen musikalischen Klangen und Gerauschen.

-ocr page 71-

II. Abschnitt.

Die Gruppen der Sprachlaute und die Einzellaute.

I. Die Gruppen.

Cap. 6. Die Articulationsarten des Ansatzrohrs.

A. Nasenraum.

128. Die Gestalt des Nasenraums kann, abgesehen vonnbsp;den durch die verschiedenen Stellungen des Gaumensegels be-dingten unwesentlicben Gestaltveranderungen (49. 52), nichtnbsp;willkrlich verandert werden. Nimmt er also berhaupt an dernbsp;Lautbildung Theil, so dient er entweder als blosser Eesonanz-raum, wie bei den stimmhaften Nasalen w, u. s. w. odernbsp;den nasalirten Vocalen, oder die hindurchstreichende Luftnbsp;bringt an den Engen des Canals ein reibendes Gerausch ber-vor, wie z. B. beim Schnaufen durch die Nase, oder schwachernbsp;bei raanchen stimmlosen Nasalen.

B. Mundraum.

129. nbsp;nbsp;nbsp;Er die Articulationsformen des Mundraums istnbsp;cbarakteristisch, dass derselbe zwei veranderliche Ausgangenbsp;bat, namlich durch die eigentliche Mundffnung und durch dienbsp;Nase. Eassen wir zunachst nur die Articulationen des ersterennbsp;Luftwegs ins Auge, so ergeben sich fr diesen folgende dreinbsp;principiell verschiedene Stellungen oder Abstufungen der Articulation :

130. nbsp;nbsp;nbsp;Weitstellung; Der Mundcanal ist durch-gehends so weit geffnet, dass die ausgetriebene Luft un-gehindert hindurchstrmen kann, ohne durch Reibung an dennbsp;Bandem einer entgegenstehenden Enge ein Gerausch zu er-zeugen; hchstens bringt der Anfall des Luftstroms an die

4*

-ocr page 72-

52

131136. Die Articulationsarten des Ansatzrohrs.

Wande des Hohlraums, den die articulirende Mundhhle tildet, ganz schwache Gerausche hervor, die sich indessen (als sog.nbsp;Anfallgerausche) von den Engenreibungsgerauschen deut-lich unterscheiden. Der Mundraum dient in diesem Ealle fastnbsp;nur als B.esonanzraum. Dies ist z. B. gewhnlich der Fall beinbsp;den stimmhaften Vocalen und Nasalen, meist auch den r- nndnbsp;i-Lauten, d. h. derjenigen Gruppe, welche nach denErrterungennbsp;von ] 88 ff. als Sonorlaute zu bezeichnen sind.

131. nbsp;nbsp;nbsp;2. Keibungsstellung: Der Mundcanal ist annbsp;einer bestimmten Stelle so weit verengt, dass der Ex-spirationsstrom an den Eandern der Enge ein reibendes Ge-rausch erzeugt. Dies geschieht z. B. bei Lauten wie , s, chnbsp;oder franz. engl. , u. a.

132. nbsp;nbsp;nbsp;3. Versclilussstellung: Der Mundcanal ist annbsp;einer Stelle vollkommen geschlossen, z.B. an den Lippen beinbsp;5, p, hinter oder an den Zahnen bei t, am Gaumen bei g,nbsp;aber auch z. B. bei den sog. Nasalen m, n, n, s. unten 137, 6.

133. nbsp;nbsp;nbsp;Mit diesen Stellungen combiniren sich nun die ver-schiedenen Stellungen, welche das Gaumensegel als Begu-lator des zweiten Mundausgangs einnimmt. Dieser letzterennbsp;scheint es nur zwei zu geben, da bisher (abgesehn vom Schnar-chen) eine Stellung desselben nicht beobachtet worden ist,nbsp;welche zur Erzeugung eines Eeibungsgerausches durch einennbsp;durch die Nase gefhrten Luftstrom diente. Es kommen alsonbsp;nur folgende Stellungen in Betracht:

134. nbsp;nbsp;nbsp;4. Der Nasenraum ist durch Anpressen des Gau-mensegels an die hintere Bachenwand abgesperrt, also vonnbsp;der Articulation ausgeschlossen. So werden die meisten Sprach-laute gebildet; man kann diese demnach als reine Mundlautenbsp;bezeichnen.

135. nbsp;nbsp;nbsp;5. Der Eingang zum Nasenraum ist durch Sen-hung des Gaumensegels geffnet. Bei dieser Stellungnbsp;entstehen Laute, die man als Mundnasenlaute charakte-risiren kann, weil bei ihrer Erzeugung sowohl Mund- wienbsp;Nasenraum betheiligt sind. Bezglich der verschiedenen Be-theiligungsweisen des Nasenraums s. oben 128.

136. nbsp;nbsp;nbsp;Das-Verhalten des Gaumensegels bei der Bildung der Sprach-laute, insbesondere der Vocale, hat lange den Gegenstand einer Controversenbsp;gebildet, und es sind eine Menge zum Theil sebr mhsamer Experimentenbsp;ausgefhrt worden, um die Erage nacb dem vollstandigen Abschluss dernbsp;Nasenhble speciell bei der Bildung der reinen Vocale objectiv zu ent-scheiden (vgl. z. B. Brcke, Grundzge 28; Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw.

-ocr page 73-

53

137. Die Articulationsarten des Ansatzrohrs.

Cl. xxvni (1858), 90 ff. Czermak, ebenda XXIV (1857), 4ffi XXVin ^858), 575 ff. Merkel 62 ff.). Sehr einfach und iiberzeugend ist Czermaksnbsp;Verfahren. Man bringe wahrend der Bildung des zu untersuchendennbsp;Bautes eine kalte polirte Platte, etwa eine Messerklinge, vorsiobtig unternbsp;die Xasenoffnung. 1st die Gaumenklappe fest gesohlossen, so bleibt dienbsp;Platte rein, bei der geringsten Oeffnung aber bescblagt sie sich mitnbsp;Wasserblascben. Past ebenso empfindlioh und fiir die Demonstration bessernbsp;geeignet ist folgende Modification desBriickescbenVerfahrens (Grundz. 28),nbsp;eine brennende Kerze vor die Xasenoffnung zu bringen. Man befestigt innbsp;die Enden zweier Kautschukschlauche kleine Metall- oder Glasrhren,nbsp;die in eine feine Spitze auslaufen; vor den Miindungen derselben werdennbsp;zwei kleine Kerzenflamnien angebraclit. Die beiden andem Enden fhrtnbsp;man mglichst luftdicht in die eine Nasen-, bez. die Mundffnung ein (beinbsp;der letztem kann man auoh zur bequemem Auffangung des Luftstromsnbsp;einen kleinen Trichter benutzen). Spricht man dann einen reinen Vocalnbsp;aus, so wird nur die vor der Mndung des Mundsoblauobs befindlichenbsp;Plamme umgeblasen, bei einem Nasal nur die andere, bei einem nasalirtennbsp;Vocal, auch bei der geringsten Spur von Nasalirung, gerathen beide innbsp;heftiges Plattem. Um die Saohe aucb durch das Gehr entscbeiden zunbsp;knnen, kann man bei stimmhaften Lauten auch die Enden der Kautschukschlauche (ohne jene Spitzen) in die Ohren einfiihren; man hort dann dasnbsp;charakteristische Schmettern des Stimmtons je nach der Art des unter-suchten Lautes nur in je einem oder gleichzeitig in beiden Ohren. Einnbsp;sehr einfaches Experiment ist auoh das, wahrend der Aussprache des be-treffenden stimmhaften Lautes die Nase plotzlich zuzuhalten. 1st der Lautnbsp;nasalirt, so verandert er sofort merklich seinen Klang, weil sein bishernbsp;offener Resonanzraum in einen gedeckten verwandelt wird. Ganz empfindlioh ist iibrigens dieser Versuch nicht, weil auch bei reinen Vocalen mitnbsp;straff angespanntem Gaumensegel (namentlioh i) die Schallsehwingungennbsp;durch das letztere in den Nasenraum iibertragen werden, so dass auohnbsp;dieser einen geringen Einfluss auf den Gesammtklang des Vocalsnbsp;erhalt.

137. Nennen wir alle diejenigen Gerausche, welche durch Reibung eines Luftstroms an den Riindern einer Enge ent-stehen, Reibelaute oder Spiranten (auch Fricativae wirdnbsp;dafiir gehraucht), alle diejenigen Sprachlaute aber, welche mit-telst eines volligen Yerschlusses des Sprachorgans gebildetnbsp;werden, einstweilen Verschlusslaute, so ergeben sich ausnbsp;den oben angegebenen Factoren folgende verschiedene Laut-gruppen:

1. nbsp;nbsp;nbsp;Aus 1 und 4 die rein sonor gebildeten Arten dernbsp;Vocale und Liquidae (Cap. 10 ff.).

2. nbsp;nbsp;nbsp;Aus 1 und 5 die nasalirten Vocale und Liquidaenbsp;(Cap. 10 ff.).

3. nbsp;nbsp;nbsp;Aus 2 und 4 die Mundspiranten oder Spirantennbsp;im engeren Sinne; z. B. stimmloses , s, ch oder stimmhaftesnbsp;V, z, J (Cap. 14).

-ocr page 74-

54

138. 139. Die Articulationsarten des Ansatzrohrs.

4. nbsp;nbsp;nbsp;Aus 2 und 5 nasalirte Spiranten, wie sie an Stellenbsp;einfacher Mundspiranten in nasalirenden^ Sprachen, z. B. viel-fach im nordamerikanischen Englisch, auftreten. Die Nasali-rung ist meist nur gering, da sich sonst, bei der doppeltennbsp;Ausflussffnung, das spirantische Beibungsgerausch zu leichtnbsp;verlieren wUrde.

5. nbsp;nbsp;nbsp;Aus 3 und 4 die Mundverschlusslaute oder Ver-schlusslaute im engeren Sinne; hierher geboren die sog.nbsp;Tenues k, p und Mediae g, d, b nebst ihren Aspiratennbsp;(Cap. 15).

6. nbsp;nbsp;nbsp;Aus 3 und 5 die sog. Nasale, in., n, b u. s. w. (Cap. 13),nbsp;die, wie bereits oben 123 angefhrt, als nasalirte Mundverschlusslaute aufgefasst werden knnen.

138. nbsp;nbsp;nbsp;Die Praxis hat diese 6 Classen von Lauten, aus denennbsp;ohnehin die vierte meist in Wegfall kommt, noch weiter redu-cirt, indem sie die zweite nur als eine Unterabtheilung dernbsp;ersten betrachtet, wahrend sie o und 6 als getrennte Classennbsp;bestehen lasst. Ein Gesammtname fr die in unserer erstennbsp;Classe vereinigten Laute ist bisher nicht iiblich gewesen, mannbsp;kann dafiir etwa (mit Bezug auf die 188 festgestellte Unter-scheidung vonSonoren und Gerauschlauten) den Namen Mund-sonore gebrauchen. Classe 2 ware demnach als die der nasa-lirten Mundsonoren zu bezeichnen. Classe 3 und 5 pflegennbsp;schlechthin als Spiranten und Verschlusslaute aufgefhrtnbsp;zu werden. Er Classe 6 ist von Alters her der Name Nasalenbsp;iiblich gewesen; seit Biiicke ist dafiir auch der nichtssagendenbsp;Name Resonanten aufgekommen, der besser vermieden wird.

139. nbsp;nbsp;nbsp;Man unterscheide in der Praxis scharf zwisohen einem Nasalnbsp;als einem Laute unserer sechsten, und einem nasalirten Laute alsnbsp;einem unserer zweiten (und vierten) Classe. Namentlioh aber muss vornbsp;einer Vermischung der dritten und fnften Classe, insbesondere vor einernbsp;Verweohselung der Ausdriicke Spirans (zu Cl. 3) und Aspirata (zunbsp;Cl. 5) nachdriicklichst gewarnt werden. Die grosse Verwirrung, an welchernbsp;lange Zeit z. B. die Lehre von der Entwicklung der Medialaspiraten innbsp;den indogermanischen Einzelspraohen litt, ist wesentlich eine Eolge un-klarer Morstellungen auf diesem Gebiete gewesen. Obwohl die bier innbsp;Betracht kommenden Verhaltnisse so ausserordentlicli einfacli sind, hatnbsp;man doch die in sich selbst widerspruchsvollsten Definitionen mit (Ruhenbsp;hingenommen; wie wenn z. B. Corssen das lat. als eine 'labiodentalenbsp;Spirans mit festem Kem bezeichnete. Von einem solchen Kem, unter demnbsp;wohl ein Verschluss verstanden werden soil, kann natiiilich bei einernbsp;Spirans keine Rede sein. Debt der Spirans ein Verschluss vorans, sonbsp;hekommen wir einen Doppellaut, eine Affricata, d. h. Versohlusslaut -f-Spirans (s. 454 ff.(, folgt der Oeflfnung des Verschlusses ein einfacher

-ocr page 75-

140141. Die Articulationsarten und -stellen des Ansatzrolirs. 55

Hauch (statt der Spirans), so entsteht das, was wir Aspirata nennen (s, 401. 434 ff.;. Zu den Verschlusslauten gehren eben nur die sog.nbsp;Tenues und Mediae nebst deren Aspiraten nacb der landlaufigen Terminologie; zu den Spiranten dagegen alle brigen Gerauschlaute (188),nbsp;insbesondere auch die nur in Tolge missverstandlicber Namensbertragungnbsp;so vielfach falscblich als Aspiraten bezeichneten lat. deutsohen und ch,nbsp;engl. th, Oder cp, /, amp; der neugriecliischen Aussprache.

140. Das indische System stellt die Nasale wegen ihrer Mundcanalverschlsse zu den Verschlusslauten, und einigenbsp;Neuere mochten sich dem anschliessen. Es ist in der Thatnbsp;nicht unwichtig, auf diese Verschliisse bei den Nasalen hinzu-weisen: sie spielen bei der Combination der Laute eine wesent-liche Eolle. Aber man darf nicht vergessen, dass doch dernbsp;Nasencanal bei der Hervorbringung der Nasale geffnet ist,nbsp;und dass sie dadurch den Vocalen und Liquiden, berhauptnbsp;allen Lauten nahe stehen, die nicht mit vlhgem Verschlussnbsp;aller Luftwege gebildet werden. Eichtiger wird man die Nasalenbsp;daher als Halbschlusslaute bezeichnen. Zu diesen stelltnbsp;sich dann in gewissem Sinne auch die Liquida I, welche wienbsp;die Dentale t, d, n eine Absperrung des Mundcanals in dernbsp;Mittellinie des Mundes aufweist (313).

Cap. 7. Die Articulationsstellen des Ansatzrohrs.

141. Eine grosse Anzahl von Sprachlauten entsteht, wie wir oben 89 ff. und of ter gesehen haben, dadurch, dass irgendwonbsp;im Ansatzrohr eine Enge oder ein Verschluss gebildet wird,nbsp;welcher den exspirirten Luftstrom in Schallschwingungen ver-setzt. Den Ort dieser Engen- oder Verschlussbildung nennennbsp;wir die Articulationsstelle des betreffenden Lautes. Wirnbsp;sagen also z. B., dass p, b, m (abgesehen von der eventuellnbsp;begleitenden Stimme) ihre Articulationsstelle an den beidennbsp;Lippen, dass die seinige zwischen Unterlippe und Oberzahnennbsp;habe, u. s. f.

Solche Articulationsstellen nun haben alle Sprachlaute, auch diejenigen, bei denen eine Grerauschbildung im Ansatzrohrnbsp;nicht stattfindet; so theilt z. B. das gerauschfreie (stimmhafte)nbsp;w den Lippenverschluss mit p, b, das ebenso gebildete I dienbsp;Stellung der Vorderzunge mit t, d, n. Der Unterschied ist nurnbsp;dieser, dass bei der einen Eeihe von Sprachlauten die Articulationsstelle schallbildend auftritt, bei der andem dagegen nurnbsp;die Gestalt des Eesonanzraums und damit den Charakter dernbsp;Eesonanz bedingt.

-ocr page 76-

56

142144. Die Articulationsstellen des Ansatzrohrs.

143. Die Bestimmung der Articulationsstelle eines Lautes gelingt um so leichter, je pragnanter ausgefuhrt die Einengungnbsp;des Mundcanals (bis zum vlligen Verschluss) ist. Daher bieteiinbsp;die Laute, welche durch Articulation der mittleren Zungen-partien gegen den Gaumen gebildet werden, viel erheblicherenbsp;Schwierigkeiten fiir die Bestimmung dar, als die anderen Laute,nbsp;zumal man meist auf Tastversuche angewiesen ist. Am schwie-rigsten sind im Allgemeinen die Articulationen der Vocale zunbsp;fixiren, weil bei diesen am wenigsten pragnante Verengungennbsp;des Mundcanals auftreten. Es soil daher ihre Beschreibungnbsp;bis zu dem die Einzelvocale behandelnden Abschnitt aufgehobennbsp;und bier nur von den scharfer hervortretenden Articulationsstellen der iibrigen Laute gehandelt werden.

143. nbsp;nbsp;nbsp;Einen selir wesentlichen Portschritt in der genaueren Bestimmung der Articulationsstellen bezeichnet die sehr sinnreiche Earbungs-metliode von Oakley-Coles und Griitzner (S. 204 u. 5., vgl, auchnbsp;Techmer S. 30), die dann spater durch Kingsley durch die Einfiihrungnbsp;des kiinstlichen Gaumens (s. u.) vervollkommnet wurde. Griitzner bestreichtnbsp;die trocken abgewischte Zunge dick mit Carmin- oder chinesisoher Tusche,nbsp;und articulirt dann mglichst deutlich und zwanglos die Laute, Hieraufnbsp;wird der Mund gefihet gehalten und bei passendem Licht mit einemnbsp;grossen Kehlkopfspiegel, der sohrag oben nach dem Gaumen sieht, undnbsp;einem gewhnlichen Toilettenspiegel betraohtet. Kingsley fiihrt stattnbsp;dessen einen kiinstlichen Gaumen in den Mund ein, d. h. eine diinne genaunbsp;nach dem Gaumen des einzelnen Individuums gearbeitete Platte, aufnbsp;welcher sich die Oontactflachen der Zunge markiren, die dann nach Her-ausnahme der Platte direct abgelesen werden knnen. Abbildungen des I,nbsp;Zungen-r, s, s gibt Griitzner S. 204. 207. 219. 221; anderes bei Techmer,nbsp;Atlas tab. IV, B. Lenz, Zs. f. vergl. Spraohf. 29,1 if., 5f. W. Kingsley innbsp;Teohmers Zs. 3, 22 ff. und sonst.

144. nbsp;nbsp;nbsp;Es fragt sicb bier zuerst, wie viele soldier Articulationsstellen wir anzunehmen haben, und wie dieselben zunbsp;einander liegen.

Im Anschluss an die Lautsysteme des Griechischen und Lateinischen pflegte man sonst nur drei verschiedene Articulationsstellen anzunehmen, deren Producte als gutturale,nbsp;dentale und labiale Laute bezeichnet wurden. Nach dernbsp;Kenntnissnahme vom Sanskrit fiigte man hierzu noch die sog.nbsp;palatalen und cerebralen Laute, die man nach dem indi-schen Lautsystem zwischen Gutturalen und Dentalen einschob.nbsp;Das so entstehende System ist indessen physiologisch nichtnbsp;ohne Weiteres verwendbar. Die Ecksicht auf die bei dernbsp;Bildung der einzelnen Laute betheiligten Organe 'wie auf dienbsp;Lautgeschichte fordert vielmehr, wie Winteler gezeigt hat,

-ocr page 77-

57

14o. Articulationsstellen. 146. 147. Die Lippenlaute.

zunachst eine Zweitheilung, in Lippenlaute oder Labiale, die nur vermittelst der Lippen unter gelegentlicher Zuhlfe-nahme der Zahne, und Zungengaumenlaute oder Linguo-palatale, die vermittelst der Articulation irgend einesZungen-theils gegen irgend einen Tlieil des innern Mundraums, speciellnbsp;des Aveichen oder harten Gaumens, eventuell auch der Zahnenbsp;hervorgehracht werden. Als dritte Gruppe schliessen sich diesennbsp;die faucalen Laute an, die durch Articulation des weichennbsp;Gaumens gegen die hintere Rachenwand erzeugt werden.

145. nbsp;nbsp;nbsp;Es versteht sich brigens aus der Unabhangigkeit dernbsp;Lippen- und Zungenarticulationen von einander von selbst,nbsp;dass beide auch gleichzeitig bei der Bildung eines Lautesnbsp;mitwirken knnen. Das Weitere hierber wird die Combinations-lehre bringen.

An Einzelheiten ist folgendes zu bemerken:

1. Die Lippenlaute.

146. nbsp;nbsp;nbsp;Die Lippenlaute zerfallen je nach der Nichtbethei-ligung oder Betheiligung der Zahne an der Articulation innbsp;bilabiale (rein labiale, labiolabiale) und labiodentale.nbsp;Zu den ersteren gehren unsere gewhnlichen b, p, m und dasnbsp;mitteldeutsche w. Hier sind die beiden Lippen entweder bisnbsp;zum vlhgen Verschluss zusammengebracht (wie bei , p, m)nbsp;oder einander bis auf einen kleinen Spalt genahert (wiebeim w).nbsp;Die Labiodentalen entstehen dagegen durch leichtes Anpressennbsp;der Unterlippe an die Oberzahne; die Oberlippe bleibt zwarnbsp;wesentlich in der Ruhelage, doch nimmt sie in den meistennbsp;Eallen ebenfalls an der Lautbildung Antheil.

147. nbsp;nbsp;nbsp;Die Variationsfahigkeit der Labiale ist (abgesehen vonnbsp;ihren Modificationen durch gleichzeitige Zungenarticulationen)nbsp;im Ganzen keine sehr grosse. Alles in dieser Richtung zu Beob-achtende ergiebt sich leicht durch das 42 ff. fiber die verschie-denen Eormen der Lippenarticulation Bemerkte.

2. Die Zungengaumenlaute.

148. Viel grssere Mannigfaltigkeit und damit erhhtenbsp;Schwierigkeiten fr die Classificirung bieten die Linguopalatale.nbsp;Die articulirenden Theile sind hier die obere und hintere Innen-flache des Mundraums (das Munddach), speciell der Gaumennbsp;in seiner ganzen Ausdehnung, und die Zunge. Die letztere

-ocr page 78-

58

148. 149. Die Zungengaumenlaute.

allein aber ist eigentlich das bewegliche Instrument der Articulation. Durch ihre Formveranderungen (untersttzt durch die Hebung und Senkung des Unterkiefers) werden liauptsachlichnbsp;die betrffenden Engen oder Verschliisse zu Wege gebracht.nbsp;Das Munddach verhalt sich dabei mehr passiv, namentlich dernbsp;ganze harte GJ-aumen. An dem festen Dache des Mundraumsnbsp;werden daher am besten die Orte zu markiren sein, an denennbsp;die Articulation stattfindet. Ein zweiter Gesichtspunkt fiir dienbsp;Oharakteristik der Linguopalatale ist gegeben in der Fragenbsp;nach der Form der Theile, mit welchen die Zunge articulirt.

149. G-ehen wir, nm die Frage nach den Orten der Articulation zu beantworten, von den sog. 'Gutturalen^ der alten Terminologie aus, so ist der ausserste Verschlusslaut diesernbsp;Reihe nach riickwarts zu ein tiefes das durch Beriihrung desnbsp;hinteren Zungenriickens mit einem mglichst weit nach hintennbsp;und unten gelegenen Theil des Munddachs gebildet wird (mannbsp;kann dabei selbst bis unter die Region des Zapfchens hinab-steigenj. Es ist nun ohne Weiteres klar, dass man von hier ausnbsp;nach vom fortschreitend nach einander jeden Theil der Zungenbsp;mit einem entsprechend gelegenen Theile des Munddachs innbsp;Beriihrung bringen, dass man die Beriihrungsstelle ganz all-mahlich und unmerklich von hinten nach vom verschieben kann.nbsp;Jeder der verschiedenen Beriihrungsstellen muss ein eigenernbsp;Laut entsprechen, und ganz analog verhalten sich die nebennbsp;den Verschlssen einhergehenden Engenbildungen und ihrenbsp;Lautproducte. Man bekommt also eine continuirlich abgestuftenbsp;Reihe von Lauten, deren Anzahl der Theorie nach unendlichnbsp;ist. In der Praxis aber werden jedesmal eine ganze Reihenbsp;solcher Laute, die sich durch einen wesentlich gleichen Klang-charakter auszeichnen, zu einer Einheit zusammengefasst, sonbsp;dass fiir die Articulation eines jeden Lautes ein gewisser Spiel-raum innerhalb bestimmter Grenzen gelassen wird. Unserenbsp;Ausdriicke Palatale, Dentale, Gutturale u. s. w. weisen also,nbsp;wie die meisten Namen fiir Sprachlaute oder deren Gruppen,nbsp;nicht auf eine absolut feststehende Articulation oder einen un-abanderlich fixirten Sprachlaut, sondern sie bezeichnen nurnbsp;ganze Lautkategorien, deren Anordnung sich nach der Ver-wandtschaft ihrer Articulationsweisen und deren Anzahl sichnbsp;nach ihrem Vorkommen in gegensatzlicher Verwendung be-stimmt (s. 119). Im Allgemeinen aber wird es geniigen, zu-nachst drei grosse Gebiete, ein vorderes, mittleres und hinder es aufzustellen, je nachdem die Laute mit der Zungenspitze,

-ocr page 79-

59

150. 151. Die Zungengaumenlaute.

dem mittleren oder hinteren Theile des Zungenriickens articulirt werden. Das erstere umfasst, wie man sieht, die Dentale desnbsp;alten griechischen Systems (einscHiesslich der sanskritischennbsp;Cerebrale), das zweite die sog. Palatale, das dritte die Gutturale der alteren Terminologie, die man aber deutlicher undnbsp;besser als Velare bezeichnet.

150. nbsp;nbsp;nbsp;Was den zweiten Punkt anlangt, so sind zu unter-scheiden:

A. nbsp;nbsp;nbsp;Mediane Articulation: die Articulationsstelle liegtnbsp;in der Mittellinie des Mundes, und zwar:

1. nbsp;nbsp;nbsp;Coronale Articulation: die Articulation wird durchnbsp;den vorderen Zungensaum bewirkt, welcher sich als einenbsp;mehr oder weniger scharfe Kante dem Gaumen entgegenstelltnbsp;(z. B. beim Zungenspitzen-r und verschiedenen der sog. Dental-laute).

2. nbsp;nbsp;nbsp;Dorsale Articulation: die notbwendigen Engen bez.nbsp;Verschliisse werden durch Emporheben eines Theiles desnbsp;Zungenriickens (z. B. beim j des vordern, bei h, ch des bin-tern) zum Gaumen gebildet.

Ueber besondere Modificationen dieser beiden Articulations-weisen bei den sog. emphatischen Lauten s. unten 166.

B. nbsp;nbsp;nbsp;Laterale Articulation: bier liegen die charakteristi-schen Engen oder Verschliisse zwischen den Seitenrandernnbsp;der Zunge und den Backenzahnen (bei den ^-Lauten).

151. nbsp;nbsp;nbsp;Die Articulationen des hinteren und mittleren Theilsnbsp;der Zunge sind aus leicht ersichtlichen Griinden sammtlichnbsp;dorsal, was die Gestalt der Zungenoberflache anlangt (wodurclinbsp;laterale Articulation natiirlich nicht ausgeschlossen ist). Dienbsp;Zungenspitze aher vermag wegen ihrer grosseren Beweglichkeitnbsp;sowohl coronal als dorsal zu articuliren. So hilden denn dienbsp;sog. Dentale im herkommlichen Sinne des Wortes eine Ver-mittelung zwischen den Gruppen coronaler und dentaler Bil-dung, indem man zu ihnen sowohl coronal als dorsal gehildetenbsp;Laute rechnet. Eine ArtUebergangsstufe scheinen die gewhn-lichen s-Laute zu hilden. Bei diesen ist niimlich der ausserstenbsp;Zungenrand ein wenig nach unten umgeknickt, so dass dienbsp;eigentliche Enge mit einem dicht hinter dem Zungensaumenbsp;gelegenen Theile des Zungenriickens gebildet wird. Fiirnbsp;diesen Theil der Zungenspitze hat Sweet den Ausdruck bladenbsp;Zungenblatt eingefiihrt.

-ocr page 80-

60

152154. Die Zungeiigaumenlaute.

152. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber die Nothwendigkeit der Unterscbeidung coronaler undnbsp;dorsaler Articulation s. Michaelis, TJeber die Physiologie und Orthograpbienbsp;der s-Laute, Berlin 1862, und Kubns Zeitschr. XXIH, 518 ff. Nur fasstnbsp;Michaelis den Begriff 'dorsal enger, indem er ihn nur fiir die zwisohennbsp;dem Zungenriicken und dem vorderen Theile des Gaumens Oder den oberennbsp;Sohneidezahnen gebildeten Laute anwendet. Statt 'coronal sagt Michaelisnbsp;apical, was mir weniger passend erscheint, da man dahei unwillkiirlichnbsp;zu sehr bloss an die vordere Spitze denkt: jedenfalls aber hatte Michaelisnbsp;Recht, den frher von mir gebrauchten missverstandlichen Ausdruck oralnbsp;statt coronal zu verwerfen. Die laterale Articulation ist, wenn mannbsp;will, nur eine Unterabtheilung der allgemeinen Kategorie der Rand-artioulationen der Zunge; die andere Abtheilung derselben bilden dienbsp;coronalen.

Hiernach gewinnen wir folgende Gruppen von Zungen-gauinenlauten;

A. Mediane Articulationen.

1. Vorderes Gebiet.

153. nbsp;nbsp;nbsp;In der Indifferenzlage ruht die Zungenspitze hinternbsp;den XJnterzahnen. Sie kann von dort ausgehend stufenweisenbsp;gehoben und mit entsprechenden Theilen der beiden Zahn-reiben, der Alveolen der Oberziihne und des harten Gaumensnbsp;in Beriibrung gebracht oder diesen genahert werden. Hat sienbsp;so die obere Grenze der Alveolen berschritten, so kann sienbsp;selbst etwas nach hinten iibergebogen werden. Die TJnter-flache der Zunge wird dabei nach vorn zu convex und beriihrtnbsp;theilweise den harten Gaumen (Briicke S. 36 f.). Die Articulation selbst kann dabei entweder coronal oder dorsal sein, vgl.nbsp;oben 150.

154. nbsp;nbsp;nbsp;Dies ganze Articulationsgebiet pflegt die vergleicliendenbsp;Grammatik im Anschluss an das Indische Lautsystem gewhn-lich nur in zwei Unterabtheilungen zu zerlegen, die der Cerebrale undDentale. Briicketheiltesodanndieletztere Gruppenbsp;wieder in Alveolare, Dorsale und (eigentliche) Dentale ein,nbsp;fasste aber selbst innerhalb seiner Dentale Laute von ganz ver-schiedenem Mechanismus zusammen, indem er z. B. lehrte, dassnbsp;ein dentalest gebildet werden knne, 'indem man die Zahn-reihen ein wenig von einander entfernt und den Spalt mit demnbsp;Zungenrande verstopft, oder indem man den Rand der flachnbsp;liegenden Zunge ringsum an die obere Zahnreihe anpresst, odernbsp;endlich indem man die Spitze der flach liegenden Zunge nachnbsp;abwarts biegt und hart iiber derselben durch festes Aufdriickennbsp;der Oberzahne den Yerschluss bildet (Grundz.i 37). Nach ihm

-ocr page 81-

61

155158. Vordere Zungengaumenlaute.

hat dann namentlich zuerst Michaelis strenger die Orte und Arten der Articulation (oh dorsal oder coronal gehildet) zunbsp;unterscheiden gelehrt, da diese namentlich hei der Bildung vonnbsp;Spiranten (-Lauten) sehr wesentlich sind. So erhalten wir vonnbsp;oben beginnend:

a. Laute coronaler Articulation.

155. nbsp;nbsp;nbsp;1. Cerebrale (dies die bliche, wenn auch falschenbsp;Uebersetzung des sanskr. mrdhanya, des indischen Namensnbsp;dieser Lautclasse) oder cacuminale (M. Miiller), auch hchstnbsp;unpassend von einigen als linguale hezeichnet; deutlichernbsp;ist der englische Name 'inverted^ Die Zungenspitze ist hiernbsp;nach dem Gaumendache auf- und zurckgehogen. Dorsal ge-hildete Nebenformen dieser Olasse gibt es meines Wissens nicht,nbsp;die angegebene Zungenstellung lasst ihre Bildung nicht wohlnbsp;als mglich erscheinen. Es fallen hierher die bekanntennbsp;Cerebrallaute der dravidischen Sprachen und des Sanskrit (if, th,nbsp;d, dh, w, f, Brckes u. s. w., Sweets (lt; ), dV] u. s. w.),nbsp;auch im Schwedischen sind sie haufig; im Englischen kommtnbsp;cerebrales r dialektisch vor.

156. nbsp;nbsp;nbsp;2. Alveolare, Briickes P, d' u. s.w., Sweets pointnbsp;consonants, Lundells Supradentale. Der Zungensaumnbsp;wird durch Hebung der Vorderzunge nach den Alveolen dernbsp;Oberzahne hingefhrt, ohne die Oberziihne selbst zu berhren,nbsp;aber auch ohne ersichtliche Bckbiegung der Zunge, die zunbsp;cerebraler Articulation fhren wrde. Bei der raumlichen Aus-dehnung der Alveolen sind eine ziemliche Anzahl vonYarietatennbsp;mglich: man kann etwa vordere und hintere Alveolare unterscheiden, je nachdem die eigentliche Articulationsstelle mehrnbsp;an der Unterliache oder der nach innen gewendeten Seite dernbsp;Alveolen stattfindet. Alveolare t, d, n u. s. w. sind in Deutschland sehr verbreitet.

157. nbsp;nbsp;nbsp;3. Postdentale (Lundell), Sweets point-teethnbsp;consonants, von Michaelis noch unterschieden in Super-ficiale (nach der superficies interna dentis) und Marginale,nbsp;je nachdem die Articulation zwischen Zungensaum und dernbsp;Hinterflache oder dem untern Bande der Oberzahne stattfindet.nbsp;Hierher gehren die d mancher Sprachen, auch z. Th. dasnbsp;engl. th. Brckes d^ u. s. w. umfassen auch noch die folgendenbsp;Gruppe, die

158. nbsp;nbsp;nbsp;4. Interdentale (Brcke, Sweet, Lundell). Wirnbsp;verstehen hierunter nur diejenigen Laute, bei welchen der

-ocr page 82-

62

169. 160. Vordere Zungengaumenlaute.

Zungensaum selbst den Spalt zwischen den beiden Zabnreihen verstopft. Hierber geboren z. B. die d des Armenischennbsp;(doch nicht ausnahmslos) und anderer orientabscher Sprachen,nbsp;neugriech. d, i9-, auch oft engl. th.

Diese Interdentalen halten die neutrale Mitte zwischen coronaler und dorsaler Articulation, indem die Vorderzungenbsp;flach und ohne Knickung ausgebreitet dahegt. Sobald einenbsp;Hebung der Zunge stattfindet, gelangen wir zu der Articula-tionsweise der Postdentalen, Alveolaren und Oerebralen. Wirdnbsp;aber die Zungenspitze nach unten gedrckt und ein weiternbsp;rckwarts gelegener heil der Zunge gehoben, so bekommennbsp;wir die specifische Articulationsfonn der

b. Laute dorsaler Articulation.

159. nbsp;nbsp;nbsp;Brcke beschreibt nur eine Art dorsaler Laute dernbsp;Vorderzunge, die er schlechthin Dorsale nennt (Lundellsnbsp;Dentipalatale). Sein dorsales t wird z. B. gebildet, indemnbsp;man mit dem vorderen convex gemachten Theile des Zungen-rckens gegen den vorderen Theil des Gaumens schliesst,nbsp;wahrend die Zungenspitze nach abwarts gebogen und gegen dienbsp;untern Schneidezahne gestemmt wird. Man kann aber auchnbsp;z. B. ein s bilden, dessen Enge zwischen dem Zungenrckennbsp;und den Oberzahnen liegt, wahrend der eigentliche Zungensaum noch immer hinter den Unterzahnen ruht (so wird z. B.nbsp;das franz. s, z articulirt). Manche Personen, die mit der Zungenbsp;anstossen^, bilden ein s zwischen dem Zungenblatt und dernbsp;Kante der oberen Schneidezahne. Man kann also fast alle dienbsp;Articulationen auch dorsal bilden, die oben bei den coronalennbsp;Lauten aufgefhrt wurden. Eine praktische Einschrankung er-falirt dieser Satz aber dadurch, dass die dorsale Wlbung desnbsp;Zungenblatts die Bildung rein postdentaler Verschlusslautenbsp;fast unmglich macht, da gar leicht bei dem Versuche dazunbsp;auch die obern Alveolen mit berhrt werden. Jedenfalls abernbsp;ist das dorsal-dentale franz. s von den dorsal-alveolarennbsp;^-Lauten Brckes zu trennen.

160. nbsp;nbsp;nbsp;Die Soheidung der Laute dorsaler Bildung rbrt wieder zu-n'acbst von Miohaelis her. Uebrigens lasst sioh der Unterschied dernbsp;beiden zuletzt genannten Gruppen deutlich fast nur bei den Spirantennbsp;beobaohten. Bei den Verschlusslauten ist die Berhrungsflache von Zungen-roken und Gaumen nieist so breit, dass es schwer ist, deren Begrenzungnbsp;gengend zu ermitteln.

-ocr page 83-

163 Mittlere und hintere Zungengaumenlaute. nbsp;nbsp;nbsp;03nbsp;2. Mittleres Gebiet (Palatale).

161* Unter Palatalen (Praepalatale Lundell) verstellen wir die durch Articulation des mittlern Zungenrckens gegen den harten Gaumen gebildeten X-ahnlichen Verschluss-laute und die diesen entsprechenden Spiranten. Dieser Artnbsp;sind z. B. diejenigen A-Laute, welche die Slaven, aber auch vielenbsp;deutsche Mundarten vor den sog. 'weichen' oder 'palatalennbsp;Vocalen (, e, i u. ahnl.) bilden, von Spiranten der deutschenbsp;ic/i-Laut, u. dgl. Man sieht, dass bei der Ausdehnung desnbsp;Articulationsgebiets, das sich von der hintern Grenze dernbsp;Alveolen bis zum weichen Gaumen erstreckt, wieder eine grossenbsp;Mannigfaltigkeit von Lauten inglich ist. Man kann dies leichtnbsp;verfolgen, wenn man der Beihe nach die Verbindungen k,nbsp;(offenes e), ke^ (geschlossenes e), (olenes i), ki^ (geschlosse-nes i) spricht. Je weiter man sich dem Ende dieser Eeihennbsp;nahert, urn so mehr wird auch die Articulationsstelle des knbsp;nach vorn verschoben. Man kann die einzelnen Laute diesernbsp;Palatalgrupjie nach Massgabe von Caji. 23 etwa durch einennbsp;bergesetzten Vocalexponenten bezeichnen (c*, c u. dgl.), odernbsp;auch zu genauerer Scheidung noch zunachst die Unterabthei-lungen der hinteren und vorderen Palatale (c^, u. s. w.)nbsp;verwenden.

162. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist besonders darauf zu achten, dass wir unter dem Namennbsp;Palatalen nicht auch die zusammengesetzten !lse/-Laute begreifen, dienbsp;man vielfach mit diesem Namen bezeiohnet. Diese werden erst im folgen-den Absohnitte Gap. 21, 1 ihre genauere Bespreohung finden.

3. Hinteres Gebiet (Velare).

163. nbsp;nbsp;nbsp;Als Velare (frher meist als Gutturale bezeichnet)

bleiben hiernach nur diejenigen Zungengaumenlaute brig, bei den en der hintere Zungenrcken gegen den weichen Gaumennbsp;bez. die weitere Fortsetzung des Munddachs nach hinten undnbsp;nnten (IIO) articulirt. Viele Sprachen unterscheiden hier aber-mals zwei Gebiete, das der vorderen und der hinterennbsp;Velarenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;und k\ u. s. w.; Mediopalatale und Post-

palatale Lundell). Zu der hinteren Keihe gehren z. B. die tiefen Gutturale der semitischen und mancher kaukasischennbsp;Sprachen (sem. koph, georgisch y), von Spiranten z. B. das tiefenbsp;schweizerische ch und die diesem entsprechenden stimmhaftennbsp;Laute, die man vielfach als Ausartungen des uvularen r findetnbsp;(zu ihnen gehort auch das armenische ^at). Hier articulirt

-ocr page 84-

64

164167. Die Zungenffaumenlaute.

berall die Zunge mit dem unteren Eande des weichen Gaumens. Zur vorderen Reihe geboren die gewbnlicben europ. A-, g vornbsp;a, 0, u und ahnlichen Vocalen, der deutsche ach-hamp;vA, u. a. m.

164. nbsp;nbsp;nbsp;Ueberdie bier dem Worte Velare gegebene Bedeutung s.171.

165. nbsp;nbsp;nbsp;Fiir die Spracbgeschichte ergibt sich aus dem Gesag-ten der Satz, dass eine continuirlicbe Lautreibe und also einenbsp;entsprechende Lautentwicklung von den hinteren Velaren bisnbsp;zu den dorsalen Lauten der Vorderzunge bestebt. Von diesennbsp;gelangen wir zu den alveolaren und cerebralen Lauten nurnbsp;durch einen Sprung, insofern nicbt etwa im einzelnen Falienbsp;interdentale Laute den Uebergang vermittelt haben. Zu dennbsp;Labialen gelangen wir abermals nur durch einen Sprung in dernbsp;Articulation.

4. Anhang.

Die Articulation der sog. emphatischen Laute.

166. nbsp;nbsp;nbsp;Neben den gewbnlicben medianen Zungengaumen-lauten besitzen die semitischen Sprachen nocb eine Reihe ab-weichend gebildeter Laute, die man als emphatische Lautenbsp;und in den blichen Transcriptionssystemen durch einen unter-gesetzten Punkt zu bezeichnen pflegt. So stehen im Arabischennbsp;den gewbnlicben Tenues e) /I*, o lt; die empbatiscben ^ k, Jo f,nbsp;der Media o d die empbatiscbe tjc d, der stimmlosen undnbsp;stimmbaften Spirans ^ und j die empbatiscben Parallelennbsp;(JO s und Jp z gegeniiber. Das Aetbiopiscbe bat aucb ein em-pbatiscbes g. Die Articulation dieser Laute im Einzelnen istnbsp;noch nicht mit hinlanglicher Sicherheit erforscht. Ihren Namennbsp;tragen sie deshalb, weil sie mit kraftigerer Anspannung dernbsp;articulirenden Theile gebildet werden. Diese erstreckt sich ins-besondere aucb auf die Zunge, welche namentlich in ihrennbsp;hinteren Partien stark gewlbt, sozusagen klossfrmig verdicktnbsp;wird. Bei den Tenues kommt ausserdem vielleicht Kehlkopf-verschluss binzu (vgl. 365), bei den stimmbaften Lauten wabr-scheinlich aucb Pressstimme statt der gewbnlicben Stimmenbsp;(vgl. 172, 7. 175).

B. Laterale Articulationen.

167. nbsp;nbsp;nbsp;Oben 150, B wurde bereits ausgefiihrt, dass dienbsp;specifiscbe Articulation der Laterallaute darin bestehe, dassnbsp;ihre Articulationsstelle zwischen den Seitenrandern der Zungenbsp;und den Backenzahnen liege. Das bekannteste Beispiel

-ocr page 85-

65

168170. Die Faucallaute.

derselben sind die /-Laute. Laterale Verschlusslaute finden sich, soweit bekannt, in den indog. Sprachen nur vor oder nachnbsp;^'Lanten alsVertreter von medianen Verschlusslauten, nament-lich Dentalen und Palatalen.

3. Die Faucallaute.

168. nbsp;nbsp;nbsp;Paucale Laute werden, wie bereits 144 angegebennbsp;wurde, durch Articulation des weicben Gaumens gegen die hin-tere Rachenwand gebildet. Da nun, wie ebenfalls bereits friihernbsp;133) angedeutet wurde, zwischen Gaumensegel und Rachenwand ein eigenes Reibungsgerausch, das zur Sprachlautbildungnbsp;diente, nicht erzeugt wird, wenn das Gaumensegel gesenkt ist,nbsp;so ergibt sich, dass faucale Reibelaute einstweilen nicht zunbsp;statuiren sind. Dagegen wirkt die Schliessung und Oeffnungnbsp;der Gaumenklappe ganz ebenso wie z. B. die Schliessung undnbsp;Oeffnung der Lippen von/)- oder amp;-Lauten u. dgl., d. h. durchnbsp;die Schliessung und Oeffnung (sammt der Verschlussstellung)nbsp;der Gaumenklappe entstehen faucale Verschlusslaute innbsp;demselben Sinne wie labiale Verschlusslaute bei ahnlichernbsp;Action der Lippen u. s. w. (vgl. oben 107).

169. nbsp;nbsp;nbsp;Ein Durchgang durch die Verschlussstellung dernbsp;Gaumenklappe ist natrhch berall da verhanden, wo ein reinernbsp;Mundlaut neben einem Mundnasenlaut oder einem Nasenlautnbsp;gebildet wird (vgl. 133 ff.), aber die Wirkung des Eaucal-schlusses bez. der Paucalffnung kommt fast nur dann deut-licher zur Geltung, wenn der Mundcanal gleichzeitig abgesperrtnbsp;und die Schliessung und Oeffnung der Gaumenklappe demnachnbsp;der einzige schallbildende Articulationsact des Ansatzrohrs ist.nbsp;So hort man z, B. den Knall bei der Oeffnung der Gaumenklappe leicht beim Uebergang vom lt; zu w oder 6 zu w in Wor-tern wie Aetna, ahmachen, viel schwieriger (fast nur beimnbsp;Fliistern) den schwacheren Knall, der durch die Oeffnung desnbsp;Halbverschlusses (vgl. 140) bei der Verbindung von Spirantennbsp;mit Nasalen, wie sna, sma entsteht, und bei der Verbindungnbsp;von beUebigen Mundlauten mit Nasalvocalen erfassen wir berhaupt wohl nur die Mundlaute, in Verbindungen wie pa, fanbsp;also nur die Lippenlaute p, f. Die Gleitlaute, die durchnbsp;Schliessung der Gaumenklappe entstehen, sind ebenfalls imnbsp;Ganzen wenig deuthch ausgepragt.

170. nbsp;nbsp;nbsp;Die eigenthche Articulationsstelle der Faucallaute istnbsp;nur wenig variabel, insofem das Gaumensegel hchstens etwas

Sievers Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;5

-ocr page 86-

66

171. Die Faucallaute.

mehr gesenkt oder mehr in die Hhe gezogen sein kann. Es ist daher streng genommen auch nur eine Gruppe von Faucallautennbsp;anzusetzen (innerhalb deren nach Massgabe der folgendennbsp;Capitel stimmlose und stimmhafte, Fortes und Lenes u. dgl. zunbsp;unterscheiden sind). Dagegen wird der Klang der Faucalennbsp;stark beeinflusst durch die durch gleicbzeitigen Mundverschlussnbsp;Oder -halbverscbluss bedingte verschiedene Resonanz: mannbsp;glaubt also z. B. beim Uebergang von p zum (faucale Explosionnbsp;nach labiofaucalem Schluss) einen jp-ahnlichen, beim Uebergangnbsp;von t zun (faucale Explosion nach dentifaucalem Schluss) einennbsp;lt;-ahnhchen Explosivlaut zu horen, u. s. w. Bei den stimm-haften Verschlusslauten b, d, g wirkt ausserdem der verschiedene Klang des Blahlauts (357) in derselben Richtung. Innbsp;unseren Schriftsystemen haben daher die Faucallaute keinenbsp;gesonderte Bezeichnung empfangen, und da sie, wie wir gesehennbsp;haben, thatsachhch an Mundschliisse oder -halbschliisse gebun-den sind, so kann man sie wohl als Unterabtheilungen dernbsp;Mundverschlusslaute betrachten, die aus ihnen durch den assi-milatorischen Einfluss nasaler oder nasalirter Laute hervor-gehen. Sie werden also wie die lateralen Verschlusslautenbsp;hauptsachlich erst in der Combinationslehre weiter behandeltnbsp;werden.

171. In den ersten Auflagen dieses Buches sind die Faucale als Velar e bezeichnet worden, well sie durch Action des Graumensegels, refomnbsp;palati, erzeugt werden. Da indessen bei den Zungengaumenlauten dienbsp;verschiedenen Unterarten in der Hauptsaohe nicht nach den versohiedenennbsp;Theilen der articulirenden beweglichen Zunge, sondern nach den versohiedenen Theilen des festen Munddachs unterschieden werden, gegen welchesnbsp;die Zunge articulirt, so empfiehlt es sich auch hier den Namen nicht vonnbsp;dem articulirenden beweglichen Velum, sondem von der festen Wand dernbsp;Fauces abzuleiten, zumal der Name Velare jetzt fast allgemein zur Be-zeiohnung der 'Gutturalen im alten Sinne, d. h. der durch Articulationnbsp;der Hinterzunge gegen das Velum palati gebildeten Laute, verwendet wirdnbsp;(vgl. oben 163). Ganz einwandfrei ist freilich auch der Name 'Faucalenbsp;nicht, da er die Beziehungen der betr. Laute zu den Nasenlauten nichtnbsp;scharf hervortreten lasst und auch eine Articulation der Zunge gegen dienbsp;Rachenwand mglich ist (149), deren Producte aber praktisch doch dennbsp;Velaren zugerechnet werden mussen. Man muss eben auch hier desnbsp;Satzes eingedenk sein, dass eine Benennung nur a potiori geschehen kann.

-ocr page 87-

67

172. Die Articulationen des Kehlkopfs.

Cap. 8. Die Articulationen des Kehlkopfs. a. Allgemeines.

172. Der Kehlkopf besitzt im Gegensatz zum Ansatzrohr nur ine Articulations stelle, die Stimmritze. Dagegenweistnbsp;er gegeniiber den drei Articulationsstufen des Ansatzrohrsnbsp;(Weitstellung, Beibestellung, Verschlussstellung, 130 ft.) einnbsp;entschiedenes Mehr von Stufen auf. Es sind namlicb mindestensnbsp;folgende, zum Theil wieder in sich abgestufte Stellungen zunbsp;unterscbeiden (vgl. dazu 68 f.):

1) nbsp;nbsp;nbsp;Weitstellung: die Stimmritze ist so weit geffnet, dassnbsp;die ausgetriebene Luft ohne gerausch- oder klangbildende Hem-mung hindurchstreichen kann. Der Kehlkopf nimmt in diesemnbsp;Falie an der Schallbildung keinen Antheil. Er wirkt hch-stens insofern activ oder positiv mit, als die Stimmritze gegeniiber der ganz weiten Stellung beim freien Athmen beimnbsp;Sprechen mehr oder weniger verengt sein kann, um den Luft-druck besser reguliren bez. ein iibermassiges Ausstrmen vonnbsp;Sprechluft vermeiden zu konnen. Diese relative Engenstellungnbsp;der Stimnaritze kann natiirlich dem Grade und der Form nachnbsp;verschieden sein.

2) nbsp;nbsp;nbsp;Die Reibestellung, genauer die Hauclireibestel-lung; die Stimmritze ist soweit verengt, dass die ausgetriebenenbsp;Luft an ihren Kandern ein mehr oder weniger deutlich hauch-artiges bez. von einem Hauche begleitetes Eeibungsgerauschnbsp;erzeugt. Dies ist z. B. der Fall bei den deutlicher geriebenennbsp;Formen der stimmlosen h (392).

3) nbsp;nbsp;nbsp;Die Fliisterstellung, genauer gesagt die Gruppe dernbsp;Fliisterstellungen (81 f.): die Stimmritze ist so weit verengt,nbsp;dass eines der specifischen Fliistergerausche entsteht. Von dennbsp;Producten der Hauchreibestellung unterscbeiden sich diese durchnbsp;das Fehlen des hauchartigen Oharakters.

4) nbsp;nbsp;nbsp;Die Stimmstellung, genauer gesagt die Gruppe dernbsp;Stimmstellungen (72 ff.): die Stimmritze ist so weit verengtnbsp;und die Stimmbander sind derart elastisch gespannt, dass sienbsp;durch die ausgetriebene Luft in Klangschwingungen versetztnbsp;werden.

5) nbsp;nbsp;nbsp;Die Murmelstellung (841), eine Art Mittelstufenbsp;zwischen Stimm- und Fliister- oder Beibestellung, bei der zu-gleich Klang und Eeibegerausch erzeugt wird. Eine Unterartnbsp;hiervon ist die Hauchmurmelstellung (87), bei der die

-ocr page 88-

68

173175. Die Articulationen des KeHkopfs.

Stiminritze so weit geffnet ist, dass sich neben dem Murmel-klang auch ein Hauchelement bemerkbar macht.

6) nbsp;nbsp;nbsp;Die einfache Verschlussstellung: die Stimmritze istnbsp;unter massigem Druck verschlossen. Bei der Durchbrechungnbsp;des Verschlusses entsteht ein ganz momentaner, stimmlosernbsp;Knall, der stimmlose Kehlkopfexplosivlaut (vgl. 353 etc.).

7) nbsp;nbsp;nbsp;Die Pressstellung: die Stimmbander sind so test aufnbsp;einander gepresst, dass nur mit forcirtem Druck Luft durch-getrieben werden kann, diese aber doch die Stimmbander zunbsp;(unreinen) Klangschwingungen erregt. Eine schwachere Pressstellung findet sich statt der gewhnhchen Stimmstellung beinbsp;der Quetsch- oder Pressstimme der Bauchredner (80), abernbsp;auch sonst als Charakteristicum mancher Sprachen berhauptnbsp;(z. B. sehr deutlich im Somali). Eine forcirtePressstellung zeigtnbsp;wie es scheint das arah. ^ (354).

173. nbsp;nbsp;nbsp;Was die Benennung der einzelnen Lautclassen mitnbsp;Rcksicht auf diese verschiedenen Stellungen und Leistungennbsp;des Kehlkopfs anlangt, so hat man sich jetzt ziemlich allgemeinnbsp;dahin geeinigt, mitTrautmann allediejenigenLaute als stimm-haft zu bezeichnen, welche mit irgendwie tnender Stimme ge-bildet werden. Alle brigen Laute der gewhnhchen 'lauten'nbsp;Sprache heissen dem entsprechend stimmlose Laute. Alsnbsp;dritte Hauptgruppe gesellen sichhierzu die Elsterlaute odernbsp;geflsterten Laute; diese finden aber gewhnlich nur in dernbsp;Flstersprache ihre Verwendung, und stehen da den stimmhaftennbsp;Lauten der lauten Sprache parallel: beim lauten Sprechen werden eigentliche Elsterlaute verhaltnissmassig selten eingemischt.nbsp;Er die laute Sprache besteht also im Allgemeinen nur dernbsp;Hauptgegensatz von stimmhaft und stimmlos.

174. nbsp;nbsp;nbsp;Statt stimmhaft und stimmlos pflegte man frher meistnbsp;tonend und t onlos zu sagen mit Beziehung auf das Tonen oder Nicht-tnen der Stimme. Doch ist der Ausdruok t o n 1 o s missverstandlich, weilnbsp;er auch im Sinne von unhetont gebrauoht wird. Es ist daher besser,nbsp;die alte Terminologie ganz zu vermeiden, obwohl sie auch jetzt noch nichtnbsp;ganz ausgestorhen ist.

175. nbsp;nbsp;nbsp;Die stimmhaften Laute zerlegen sich nach dennbsp;Ausfhrungen von 172 wieder in mehrere Unterabtheilungen,nbsp;die gegebenen Ealles auch terminologisch auseinanderzuhaltennbsp;sind. Vor allen Dingen ist der Gegensatz von vollstimmigennbsp;Lauten mit der Stellung 4 und von gemurmelten oder halb-stimmigen Lauten mit der Stellung 5 im Auge zu behalten,nbsp;zumal auch beim lauten Sprechen namentlich in unbetonten

-ocr page 89-

178. Kehlkopfarticulationen. 179. Starke der Sprachlaute. 69

Silben die Vollstimme oft zur blossen Mumelstimme herabsinkt. I'r die Producte der Haucbmurmelstellung (173, 5) knntenbsp;man etwa den Ausdruck hauchstimmig verwenden, fr dienbsp;Producte der scbwacheren Fonnen der Pressstellung (173, 7)nbsp;den Ausdruck pressstimmig, fr die der forcirten Pressstellung (s. ebenda) den Ausdruck Kehlpresslaute (vgl. 354:).

176. nbsp;nbsp;nbsp;Die Articulationen des Kehlkopfs sind von denen desnbsp;Ansatzrohrs im Princip unabhangig, d. h. jede der genannten'nbsp;Stellungen der Stimmritze kann mit jeder Stellung des Ansatzrohrs combinirt werden. Namentlich knnen also bei jedernbsp;Mundstellung sowohl die verschiedenen Arten von stimmhaftennbsp;wie von stinunlosen Lauten erzeugt werden. Nur verstekt esnbsp;sich von selbst, dass der Kehlkopfverschluss auch die Schall-bildung im Ansatzrohr unterbricht. Die Schallbildung beginntnbsp;beim Kehlkopfverschluss ebenso wie bei den Verschlssen desnbsp;Ansatzrohrs erst mit dem Moment, wo der Verschluss ge-sprengt wird.

177. nbsp;nbsp;nbsp;eber den Einfluss der Kehlkopfarticulationen auf den akusti-schen Werth der Sprachlaute s. Cap. 10.

b. Die Laryngallaute.

178. nbsp;nbsp;nbsp;Unter Laryngallauten verstekt man im Gegensatznbsp;zu denjenigen Producten des Kehlkopfs, welche ganzen Reihennbsp;oder Gruppen von Sprachlauten als Ingrediens dienen (Vollstimme, Murmelstimme, Msterstimme u. s. w.), diejenigen imnbsp;Kehlkopf gebildeten Schalie, welche als besondere Sprachlautenbsp;fr sich fungiren. Sie sind wie die Mundlaute (137) entwedernbsp;laryngale Reibelaute (wie die h mit deutlichem Reibungs-gerausch, z. B. das arab. ^), oder laryngale Verschluss-bez. Explosivlaute, wie das semit. Aleph, arab. Hamza odernbsp;das arak. Weiteres ber sie s. 353 f.; ber ihreVerwerthungnbsp;als Einsatze^ s. 383 ff.

Cap. 9. Die Sprachlaute nach ihrer Starke uiid Dauer.

1. Starke.

179. Die Starke der Sprachlaute ist fr diese selbst nicht von so durchgreifender Bedeutung wie die bisher errtertennbsp;Factoren der Lautbildung. Zu einem gten Theile dient dienbsp;Unterscheidung von Lauten grsserer oder geringerer Starkenbsp;bloss den Zwecken der Silben- und Wortbdung, insofem

-ocr page 90-

70

180.181. Die Sprachlaute nach ihrer Starke.

z. B. alle Laute einer dynamiscli betonten Silbe (637 ff.) durch-gehends starker sind als die einer dynamisch unbetonten. Diese XJnterschiede dienen also nicht zur Charakteristik der Sprachlaute an sich. Wohl aber treten in einigen Fallen auch Starke-abstufungen auf, welche vom Accent durchaus unabhangig undnbsp;demnach als integrirende Oharakteristica der Sprachlaute zunbsp;betrachten sind. Priift man z.B. mittelst des obenGl beschrie-benen kleinen Apparats den Luftdruck stimmloser und stimm-hafter Parallellaute wie p und oder und (indem man Ver-bindungen wie paha^ oder hapa^ fava, vafa mit mglichstnbsp;gleicher Starke aller Silben spricht], so findet man, dass er beinbsp;alien stimmlosen grosser ist als bei den entsprechenden stimm-haften. Es thut nichts zur Sache, dass man ein leises p mitnbsp;absolut geringerem Luftdruck aussprechen kann als ein lautes,nbsp;nachdriicklich tnendes b: es kommt nur darauf an, dass beinbsp;sonst gleicher Sprechstarke die erwahnte Abstufung verhandennbsp;ist. In Beziehung auf das relative Mass des Luftdrucks beinbsp;der Erzeugung ihres Glerausches sind daher p und stimmhaftesnbsp;h, f und stimmhaftes v einander als Fortis und Lenis ent-gegenzustellen.

180. nbsp;nbsp;nbsp;Zweierlei ist hierbei zu beobachten: einmal ist dernbsp;geringere Luftdruck imMunde bei den stimmhaften 5, gegen-iiber mindestens zum Theil nur die Folge der Hemmungnbsp;des Exspirationsstroms, welche dieser im Kehlkopf durch dasnbsp;Einsetzen der Stimmbander zum Tonen erfahrt (s. 60), undnbsp;zweitens liegt es auf der Hand, dass die geringere Starke, mitnbsp;welcher die specifischen Gerausche der b, v erzeugt werden,nbsp;nicht nothwendig als der wesentlichste Unterschied diesernbsp;Laute von p, f betrachtet werden muss. Im Gegentheil, dasnbsp;Mittnen der Stimme bei b, v wird immer das am ersten in dienbsp;Ohren fallende Merkmal sein. Aber alles dies stsst die That-sache nicht um, dass die specifischen Schalie der b, v, soweitnbsp;sie im Munde erzeugt werden, mit weniger starkem Druck (ge-nauer Munddruck) gebildet werden als die von p, , denn frnbsp;diese Frage ist es vllig gleichgltig, ob der schwache Luft-strom direct als solcher aus den Lungen kommt, oder ob er erstnbsp;unterwegs aus einem starkeren abgeschwacht worden ist.

181. nbsp;nbsp;nbsp;1st also anzuerkennen, dass in Sprachen, welche solchenbsp;Parallellaute wie p und b etc. durch Hichttnen und Tonen dernbsp;Stimme unterscheiden, die geringere Starke des b etc. nicht alsnbsp;wichtigstes Unterscheidungsmerkmal aufgefasst zu werdennbsp;braucht, so muss auf der anderen Seite doch auch wieder

-ocr page 91-

71

182. 183. Die Sprachlaute nach ihrer Starke.

zugestanden werden, dass es Sprachen gibt, welche stimmlose Laute verschiedener Starke einander gegenuberstellen.nbsp;Der Schweizer z. B. unterscheidet die Silben^a und ia, ta undnbsp;da durch starkeren Druck beim p, t, scbwacheren beini 5, d,nbsp;aber stimmlos sind beide Laute. Ebenso unterscheidet er z. B.nbsp;genau ein starkes und ein scbwacbes stinunloses s, , ch u.s. w.nbsp;(z. B. in hafe: gaffe, jese: esse, tseche\ tsechche, Winteler 20)nbsp;unabhangig vom Accent oder der Stellung in der Silbe. Hiernbsp;bleibt eben der Starkeunterscbied das einzige greifbare Unter-scheidungsmerkmal, bier mussen die Ausdrcke Fortis undnbsp;Lenis angewandt werden, wenn man den tactisch bestehendennbsp;Unterschied der Laute charakterisiren will. Der Unterschiednbsp;erweist sich aber auch sonst niitzlich. So ist z. B. das deutschenbsp;anlautende s (wo es stimmlos gesproclien wird) meist eine Lenisnbsp;im Vergleich zu dem gleichstehenden englischen s.

182. nbsp;nbsp;nbsp;Auch auf die Laute, bei denen eine Schallbildungnbsp;nur im Kehlkopf stattfindet (die Sonorlaute, 188 f.) kann natiir-lich das Princip der Scheidung nach der Starke der Stimmenbsp;ausgedehnt werden. Die Stimme erfahrt aber durch blossenbsp;Steigerung nicht eine wesentliche qualitative Veranderung,nbsp;walirend die Veranderung des Klanges bei den Gerauschlautennbsp;eine sehr wesentliche sein kann. Daher werden 'sonore Fortesnbsp;und Lenes wohl kaum in gegensatzlicher Yerwendung ge-braucht, ihr Wechsel hangt hauptsachlich von den verschiede-nen Arten der Silbenbildung und des Accents ah. Vergleichtnbsp;man Falie wie alle', ahle, Anime: alime. Amt', ahmt in der ge-whnlichen nord-, mittel- und sliddeutschen Aussprache, odernbsp;noch besser etwa schweizerisches mane mahnen, male mahlennbsp;mit deutschem Mamie, falie, so wird man leicht erkennen, dassnbsp;das den kurzen Yocal noch wahrend eines Momentes vollernbsp;Energie abschneidende ll, mm, nn an der Starke des Yocalsnbsp;participirt, also Fortis ist im Yergleich mit dem I, m, n nachnbsp;langem (in den angefhrten mane, male auch kurzem) Yocalnbsp;mit schwachem Ausgang (589 ff.). Selbst bei stimmhaftennbsp;Gerauschlauten (183) lasst sich gelegentlich eine solche Ab-stufung erkennen; wenigstens scheint mir, dass die stimmhaften s in norddeutschem dusseln oder engl. puzzle einnbsp;wenig starker sind, als die von norddeutschem rieseln, engl.nbsp;measles u. a.

183. nbsp;nbsp;nbsp;Man wird hiernach gut thun, auch abgesehen vonnbsp;dem Gegensatz von Lungendruck und Munddruck (s. 60),nbsp;berall den Gegensatz von 'Lautstarke und 'Silbenstarke

-ocr page 92-

72 nbsp;nbsp;nbsp;184186. Die Sprachlaute nach ihrer Starke und Dauer.

im Auge zu behalten. Zum Gebiet der 'Silbenstarke rech-nen wir alle diejenigen Starkeunterschiede, welche nur vom Accent und abnlichen Einflssen abhangen. Sie sind also erstnbsp;in der Silbenbildungslehre zu behandeln. Dagegen gehort dienbsp;Lehre von der Lautstarke schon in die Lehre von den Einzel-lauten, indem sie ber alle diejenigen Starkeunterschiede zunbsp;handeln hat, welche fiir einzelne Laute an sich charakteristischnbsp;sind.

184. nbsp;nbsp;nbsp;Man aolite darauf, dass die schweizerischen Fortes an vielennbsp;Orten als Geminaten gesprochen werden. In den oben angefiilirten Bei-spielen bedeutet aber das Jf, ss, chch in gaffe, esse, fsechche durobaus nurnbsp;einen einfachen, nicht geminirten (565 ff.) -, s-, cA-Laut. Uebrigensnbsp;macht Heusler, Der alem. Consonantismus der Mundart von Baselstadtnbsp;S. 24 mit Becht darauf aufmerksam, dass stimmlose Lenis und Fortis ihrenbsp;gegensatzliche Natur oft (wenigstens in der von ihm behandelten Mundart) nur in sonorer (189) Umgebung bewahren. Treten zwei oder mehrerenbsp;stimmlose Laute zusammen, so erhalten ihre Articulationen eine gewissenbsp;mittlere Starke, kraftiger als die der Lenis, etwas schwacher als die dernbsp;Fortis. Heusler bezeichnet diese Laute als neutrale.

185. nbsp;nbsp;nbsp;Fiir diejenigen, welche gewohnt sind, nur die Qualitatsunter-

schiede zwischen Tenuis und stimmhafter Media oder stimmloser und stimmhafter Spirans zu erfassen, sind einerseits die Explosivlaute, anderer-seits die Liquideu und Nasale zur Veranschauliohung des Gesagten amnbsp;besten geeignet. Man hort in Worten wie Amme im Gegensatz zu ahmenbsp;Oder mahne die grossere Starke des m ganz deutlich, sobald man nurnbsp;gelernt hat sich von der durch das Sohriftbild erzeugten Vorstellung einesnbsp;duroh mm bezeichneten Doppellants zu emancipiren. Beinbsp;nbsp;nbsp;nbsp;g,d,h

achte man auf das Gefiihl in den sich beriihrenden articulirenden Theilen des Mundes; man w'ird dann ohne Miihe die starkere Zusammenpressungnbsp;z. B. der Lippen bei p im Gegensatz zu h erkennen, und von da aus gelangtnbsp;man zu dem sicheren Biiokschluss auf die grossere Starke des Dmcksnbsp;(vgl. 60). Hat man sich an die gesonderte Auffassung der Explosions-gerausche gewohnt, so wird man auch lemen, sich von der geringerennbsp;Starke des Beibungsgerausches der stimmhaften Spiranten gegeniiber dennbsp;stimmlosen zu berzeugen und nun auch dasVerhaltniss der ohne Beihiilfenbsp;des Stimmtons unterschiedenen Fortes und Lenes riohtig zu wiirdigen. nbsp;Auf der anderen Seite empfiehlt sich fiir diejenigen, welche alle Laute mitnbsp;Gerauschbildung im Ansatzrohr (Gerauschlaute, 189) stimmlos sprechennbsp;und also die Beimischung des Stimmtons in stimmhaften Gerauschlautennbsp;schwer mit dem Gehore zu erfassen vermogen, die Anwendung des obennbsp;28 naher beschriebenen Auscultationsschlauchs.

2. Dauer.

186. Die Dauer oder Quantitat eines Lautes hat an sich keinen Einfluss auf dessen Qualitat. Sie kann daher auch nichtnbsp;zu einem eigentlichen Eintheilungsprincip erhohen werden.nbsp;Indessen hat man wohl mit Riicksicht auf die Dehnbarkeit oder

-ocr page 93-

187. 188. Die Sprachlaute nach Dauer und akustischem Werth. 73

Nichtdehnbarkeit der specifischen Schalie der Sprachlaute zwischen Continuae oder Dauerlauten und momentanennbsp;Lauten unterschieden. Zur letzteren Glruppe gehren hlossnbsp;die Explosionen der Verschlusslaute, welche letzteren nur einenbsp;Dehnung der zwischen Verschluss und Oeffnung hegendennbsp;Pause (103) bez. der wahrend dieSer Zeit ertonenden Stimme ge-statten. Im Uebrigen wird liber die Quantitat der Sprachlautenbsp;im dritten Theile (684 ff.) zu handeln sein.

187. Es ist jedoch zu beachten, dass die Fortes haufig gegenber den correspondirenden Lenes desselben Lautsystems zugleich eine etwasnbsp;grssere Zeitdauer beanspruchen. So wird die Verschlussstellung bei dennbsp;schweiz. p, t, k Wintelers z. B. langer eingehalten als bei seinen b,d, g.nbsp;In wie weit dies auf einem natrlichen Zusamnienhang zwischen Starkenbsp;und Dauer der Exspiration oder auf wlkrlicher Grewohnheit beruht, magnbsp;dahin gestellt bleiben.

Cap. 10. Die Sprachlaute nach ihrem akustischen Werth.

Sonore und Gerausohlaute.

188. Wie bereits oben verschiedentlich ausgefiihrt wurde, kommen bei der Sprachbildung sowohl musikahsche Klange alsnbsp;Gerausche zur Verwendung. Die ersteren, die wir als Stimmenbsp;zusammenfassen, haben ihren Ursprung nur im Kehlkopf, dienbsp;letzteren vorwiegend im Ansatzrohr. Nennen wir mit Piick-sicht auf diese Verschiedenheit des akustischen Materials die-j enigen Sprachlaute, bei denen eine Stimmbildung stattfindet,nbsp;Klanglaute oder, da bier Eilang und Stimme identisch sind,nbsp;Stimmlaute (bez. stimmhafte Laute, vgl. 173), diejenigennbsp;aber, welche ein Gerausch enthalten, Gerauschlaute, soer-geben sich folgende Hauptabstufungen der Sprachlaute nachnbsp;ihrem akustischen Werthe:

1. nbsp;nbsp;nbsp;Peine Stimmlaute oder Sonore.

2. nbsp;nbsp;nbsp;Peine (stimmlose) Gerauschlaute.

3. nbsp;nbsp;nbsp;Laute, in denen Stimme und Gerausch verbun-den sind.

Zur dritten Gruppe gehren z. B. das franz. engl. v, z, wie man nach den oben 28 gegebenen Andeutungen leicht er-mitteln kann. Diese Mischlaute sind, je nachdem das eine odernbsp;andere Element in ihnen vorwiegt, als stimmhafte Gerauschlaute Oder als gerauschhafte Stimmlaute zu charakteri-siren. Doch ist gleich hier hinzuzufiigen, dass in der Pegel die

-ocr page 94-

74

189192. Sonore und Gerauschlaute.

Gerauschbildung der wesentlichere Factor ist, man also meist mir von stimmhaften Gerauschlauten zu sprechen bat.

189. nbsp;nbsp;nbsp;Fr die Praxis ordnet man daber diese Miscblautenbsp;besser der Gesammtgruppe der Gerauscblaute unter, und zer-legt demnacb besser so:

I. Sonore.

n. Gerauscblaute, undzwar;

1. nbsp;nbsp;nbsp;Stimmbafte.

2. nbsp;nbsp;nbsp;Stimmlose.

190. nbsp;nbsp;nbsp;Man achte genau auf den Unterschied der Begriffe stimm-haft und sonor. Jeder Sonorlaut ist zwar zunachst auch stimmhaft (dochnbsp;vgl. 197 f.), aher nicht umgekehrt jeder stimmhafte Laut auch ein Sonorlaut. Ebenso hte man sioh vor Verwechselungen zwischen sonor undnbsp;sonantisch. Sonor bezeichnet einen hestimmten akustischen Werth gewisser Laute, sonantisch aber bezieht sich auf die Eunctionen beliebigernbsp;Laute hei der Silbenbildung (116).

191. nbsp;nbsp;nbsp;Die vorstehenden Bestimmungen sind zunachst nur fr das lautenbsp;Sprechen massgebend; sie lassen sich aber auch ohne weiteres auf dienbsp;Murmel- und Elsterspraohe bertragen, wenn man statt der Vollstimmenbsp;die Murmelstimme bez. das Elstergerausch einsetzt. Die Terminologienbsp;braucht dabei nicht besonders abgeandert zu werden.

192. nbsp;nbsp;nbsp;Eine vollkommen feste Grenze zwiscben den Sonor-lauten und den stimmbaften Gerauscblauten kann nicbt gezogen werden. Bei nomaler Sprecbweise besteken die Sonorennbsp;le^gbcb aus resonatoriscb modificirter Stimme, d.b. dernbsp;tonende Luftstrom bringt weder durch seinen Anfall an dienbsp;Wande des Ansatzrobrs nocb durcb Reibung an den Randernnbsp;einer entgegenstebenden Enge ein deutbcbes eigenes Gerauscbnbsp;bervor. Doch ist das bierzu nothwendige Gleichgewichtsver-haltniss zwischen der Druckstarke und der Hemmung im Kehl-kopf einerseits und der Weite der Ausflussffnung ander er seitsnbsp;leicht Strungen ausgesetzt, welche die Bildung von Neben-gerauschen veranlassen. Insbesondere kommen hierbei innbsp;Betracht; 1) Verengerungen der Ausflussffnung;nbsp;2) Steigerung des Exspirationsdrucks ohne gleichzeitigenbsp;Verstarkung des Widerstands imKehlkopf; 3) Erschlaffungnbsp;der Kehlkopfarticulation (eventuell Oeffnung derKnorpel-glottis, 33) bei gleichbleibendem Exspirationsdruck. Im ersterennbsp;Fall gengt bereits die geringe fortschreitende Bewegung desnbsp;tonenden Luftstroms im Mundraum, um an der verengertennbsp;Ausflussffnung ein Gerauscb zu erzeugen; in den beiden an-dern Fallen wird diese fortschreitende Bewegung so gesteigert,

-ocr page 95-

75

193196. Sonore und Gerauschlaute.

dass sie auch bei grsserer Weite der Ausflussffnung noch schallbildend zu wirken vermag.

193. Beim gewhnlichen Sprechen, weniger beim Singen, mogen wirldich derartige Nebengerausche vielfach verhandennbsp;sein, je nach der individuellen Fahigkeit oder Gewohnheit, dennbsp;Einklang zwischen Exspiration und Hemmung mehr odernbsp;weniger vollkommen berzustellen. Sie werden aber meist durchnbsp;die Stimme berdeckt und bchstens bei ganz gesebarfter Auf-merksamkeit wabrgenommen; man vergleiche z. B. den Klangnbsp;eines m,n,l oder nicht gerollten engl. r mit dem eines stimm-baften s (franz. engl. z) oder u. dgl.

194:. lm Allgemeinen knnen sich solcbe Nebengerausebe um so leichter bemerklieb machen, je starkere Engenbdungnbsp;die Articulationsstellung eines Lautes aufweist. Aber aueb innbsp;diesem Falie heben sieb die Gerausebe erst dann als etwas be-stimmt Gesondertes von der Stimme ab, wenn die Starke dernbsp;Exspiration sebr bedeutend die der Kehlkopfarticulation ber-steigt. So bedarf es z. B. schon einer erheblicben Steigerungnbsp;des Luftdrucks, um obne Veranderung der Kehlkopfarticulationnbsp;und der Mundstellung ein sonores i in den Beibelaut odernbsp;ein sonores l in ein spirantisches l berzufbren. Bei Sonor-lauten von grsserer Oeffnung, wie beispielsweise dem Vocal a,nbsp;gelingt es gar nicht, diesergestalt ein Gerauscb zu erzeugen.nbsp;Viel leichter stellt sich Gerausebbildung bei Verengerung dernbsp;Ausflussffnung ein; aber auch dies ist wieder nur mglicb beinbsp;Lauten, die an sich schon eine verbaltnissmassig geringe Oeff-nung besitzen, wie etwa das i oder stark gerundetes u (vgl. 272)nbsp;oder ?, r; bei a und ahnbchen Lauten versagt aber auch diesnbsp;Mittel, weil bei der Verkleinerung der a-Oeffnung zur Eeibungs-enge die specifische a-Stellung ganz verloren gehen wrde.

195. nbsp;nbsp;nbsp;Umgekehrt knnen auch stimmhafte Gerauschlautenbsp;(Reibelaute) durch Erweiterung ihrer Reibeenge oder Minde-rung der fortschreitenden Bewegung ihres tnenden Luftstromsnbsp;in sonore Laute bergefhrt werden. Man kann z. B., wie innbsp;500 des Naheren ausgefhrt ist, auch sonore Formen nebennbsp;den spirantischen stimmhaften s (franz. engl. z), neugriech. d,nbsp;weichem' engl. th, franz. engl. v, deutschem j (wie in nordd.nbsp;tage, logen) u. s. w. bilden.

196. nbsp;nbsp;nbsp;Man knnte geneigt sein, auch die stimmhaften Verschluss-laute wie h, d, g hierher zu stellen, da bei ihnen wahrend der Dauer dernbsp;Verschlussstellung in der That ein reiner Stimmlaut gehildet wird (dernbsp;sog. Blahlaut, 357). Da wir aber Verschlussstellung und Explosion hei

-ocr page 96-

76

197199. Sonore und G-erauschlaute.

denVersohlusslauten als zusammengehrig betrachten (vgl. oben 107), die Explosion aber in einem Grerausch besteht, so mssen wir die stimm-haften b, d, g vielmehr zu den stimmhaften G-erauschlauten rechnen.

197. nbsp;nbsp;nbsp;Weiterhin ist darauf aufmerksam zu machen, dassnbsp;auch bei den stimmlosen Dauerlauten eine ahnliche Abstufungnbsp;stattfindet wie zwischen Sonoren und stimmhaften Spiranten.nbsp;Bei Lauten wie , s wird ein deutliches Beibungsgerausch annbsp;der Articulationsenge gebildet; ebenso z. B. bei dem stimmlosen welschen ll oder island, hl, 317 (in Deutschland hort mannbsp;ein solches deutlich spirantisches stimmloses l als Ersatz fr schnbsp;oft bei Personen, welche mit der Zunge anstossen^). Ebensonbsp;stimmlos wie diese Arten des l ist aber auch z. B. das englischenbsp;l vor und nach stimmlosen Lauten wie in shall, feit oder flat,nbsp;pligt u. dgl., nur fehlt das kraftige Reibungsgerausch. Diesnbsp;beruht darauf, dass der Luftdruck imVerhaltniss zu der Grossenbsp;der Ausflussffnung zu gering (oder umgekehrt die letztere imnbsp;Verhaltniss zur ersteren zu gross) ist, als dass an der Articu-lationsstelle bez. -enge ein deuthches Reibungsgerausch erzeugtnbsp;werden knnte. Das schwache Gerausch, welches man beinbsp;diesem l wahrnehmen kann, wird vielmehr durch den Anfallnbsp;des Exspirationsstroms an die Wande des Ansatzrohrs hervor-gebracht. Man muss also hier stimmlose l mit und ohnenbsp;Reibungsgerausch oder spirantische und nicht spirantischenbsp;stimmlose l unterscheiden. Ebenso ist z. B. das englische r nachnbsp;p und k meist stimmlos und nicht spirantisch, nach t abernbsp;spirantisch (303 f.). Pernere Beispiele fr nicht spirantischenbsp;stimmlose Dauerlaute sind die 'stimmlosen Vocale (282 ff.).

198. nbsp;nbsp;nbsp;Wie man sieht, beruht die Bildung der stimmlosen,nbsp;nicht spirantischen Dauerlaute wie die der Sonoren auf dernbsp;Herstellung eines gewissen Gleichgewichts zwischen Oeffnungnbsp;und Exspirationsstarke. Sie verhalten sich zu den Sonoren wienbsp;die stimmlosen Spiranten zu den stimmhaften, und knnen da-her wohl als stimmlose Sonore bezeichnet werden, wennnbsp;man mit einer Erweiterung des Begriffs unter Sonoren Dauerlaute ohne Engenreibungsgerausch versteht.

199. nbsp;nbsp;nbsp;Nach dieser Erweiterung umfassen die Sonorlaute, wie leichtnbsp;ersichtlioh, alle Laute, welche bei der 130 unter 1 aufgefiihrten Stufe dernbsp;Mundstellung gebildet werden. Das Wort Sonore bezeichnet das freilichnbsp;nicht und sollte es von Hause aus nicht bezeichnen, da es ursprnglichnbsp;bloss als Name fr stimmhafte Laute ohne Engenreibungsgerausch ein-gefhrt wurde, zu einer Zeit, wo die stimmlosen Parallelen dieser Lautenbsp;in Deutschland wenigstens noch nicht gengend bekannt geworden waren.nbsp;Da es aber zur Zeit noch an einem brauchbaren Gesammtnamen fr

-ocr page 97-

77

200. 201. Sonore und Geranschlaute.

stijnmhafte und stimmlose Dauerlaute ohne Reibungsgerausch fehlt, so moge es auch ferner gestattet sein, den eigentlichen, d. h. stimmhaften,nbsp;Sonoren zur Bezeichnung von stimmlosen Lauten, die sonst wie die Sono-ren, d. h. ohne Reibungsgerausch gebildet werden, stimmlose Sonorenbsp;gegenberzustellen. Die an sich gewiss widerspruchsvolle Zusammen-stellung von stimmlos und sonor ist ja nicht schlimmer als z. B. der all-gemein bliche Terminus stimmlose Voc ale, der gerade auch von solchennbsp;Phonetikern mit Vorliebe gebraucht worden ist und gebrauoht wird,nbsp;welche die Zusammenstellung von stimmlos und sonor aufs Heftigstenbsp;bekampfen.

200. nbsp;nbsp;nbsp;Was die Bezeichnung und Classification der bishernbsp;besprochenen Parallelformen anlangt, so ist die Praxis dernbsp;Granunatik und Sprachwissenschaft darin nicht consequentnbsp;gewesen. Man pflegt z. B. ein sonores i einen Vocal zu nennen,nbsp;bei Stimmlosigkeit aber zum Theil unter die h einzurechnennbsp;(vgl. 282); ein stimmhaftes i mit Reibungsgerausch bezeicbnetnbsp;man als die Spirans , die stimmlose Parallele dazu als dienbsp;palatale Spirans ch. Auf der andem Seite fasst man sonore undnbsp;spirantische j etc. im Anschluss an die hengebrachtenbsp;Orthographie (die sich nur je eines Zeichens bedient) in dernbsp;Regel als Varietaten desselben Lautes auf; bei den Liquidennbsp;und Nasalen rechnet man aus demselben Grunde auch dienbsp;stimmlosen Formen meist als Unterarten mit ein, wahrend mannbsp;den stimmhaften 'Spiranten^j die stimmlosen , ch als ge-sonderte Laute gegenberstellt. Bei all diesen Abgrenzungennbsp;ist man von dem verhaltnissmassig einfachen Lautbestande dernbsp;filteren indogermanischen Sprachen ausgegangen, und an diesennbsp;schliessen sich denn in der Regel die blichen Definitionen dernbsp;verschiedenen hierher gehrigen Laute oder Lautgruppen an.nbsp;Mit wachsender Kenntniss des bunteren Lautbestands dernbsp;moderneren Sprabhen bat man das neu hinzutretende Materialnbsp;meist nach seinem historischen Zusammenhang mit dem filterennbsp;betrachtet, und nur in entsprechender Weise die alten Definitionen der einzelnen Gruppen erweitert. So sttzen sich z. B.nbsp;die herkmmlichen Definitionen der Vocale, Liquidae undnbsp;Nasale auf die sonoren Formen dieser Laute, die gerausch-haf ten oder stimmlosen Formen werden als abgeleitete betrachtet,nbsp;wie umgekehrt etwa sonore Nebenformen zu den spirantischennbsp;s, , j als Abkmmlinge dieser aufgefasst.

201. nbsp;nbsp;nbsp;Br die rein phonetische Betrachtung und Gruppi-rung der Sprachlaute ist natrhch eine solche Auffassungsweisenbsp;zu verwerfen; dem Sprachhistoriker aber bietet die historischenbsp;Gruppirung erhebliche Vortheile dar. Insbesondere ist fr die

-ocr page 98-

78

202. 203. Sonore und {erauschlaute.

indogermanische Lautgeschichte die Eintheilung der Sprach-laute in (ursprngliche) Sonore und G-erauschlaute von grsster Wichtigkeit, und ebenso spielt dieser Unterschied in der Lehrenbsp;von der Silbenbildung eine grosse Holle.

203. lm Sanskrit wirken z. B. die Sonorlaute beim Sandhi in ganz anderen Weise ein als die Gerauschlaute (Whitney, Ind. Gramm. 117).nbsp;Femer konnten in der indogermanischen Grundspraohe alle Sonorlaute alsnbsp;Sonanten fungiren, die Gerauschlaute dagegen nur als Consonanten {vgl.nbsp;namentlich K. Brugmann, Nasalis sonans in der indogermanischen Grund-sprache, in Curtius Studin IX, 287 ff., und berhaupt die neueren nter-suchungen ber indogermanischen Vocalismus).

203. Von diesen Erwagungen ausgehend, stellen wir bei der folgenden Besprechung der Einzellaute diejenigen druppennbsp;voraus, welche fr die alteren indogermanischen Sprachen alsnbsp;normaler Weise sonor gebildet anzusetzen sind. Es sind diesnbsp;die sogenannten Vocale einschliesslich ihrer unsilbischen For-men (der sog. Halbvocale, 422), die Liquidae (d. h. die r- undnbsp;Z-Laute) und die Nasale. Die nasahrten Vocale undLiquidae,nbsp;welche im Indogermanischen stets aus nicht nasahrten durchnbsp;den Einfluss benachbarter Nasale hervorgegangen sind, werdennbsp;dabei als Anhange zu den nichtnasahrten Vocalen und Liquidennbsp;behandelt. Auf die Besprechung dieser ursprnglichen indo-germanischen Sonorlaute lassen wir sodann die Errterung dernbsp;ursprnglichen Gerauschlaute, d. h. der Spiranten und dernbsp;Verschlusslaute nach der herkmmhchen Bezeichnungnbsp;folgen. Die Processe, durch welche Laute der einen Gruppe innbsp;die der andem bertreten, also Sonorlaute sich in Gerauschlaute wandeln und umgekehrt, werden dann an einer spaternnbsp;Stelle ihre Besprechung finden (s. namenthch Cap. 24), soweitnbsp;nicht schon bei der Besprechung der Einzellaute darauf E-ck-sicht zu nehmen ist.

-ocr page 99-

II. Die einzelnen Sprachlaute.

A. Die ursprnglichen Sonoren.

Cap. 11. Die Vocale.

201. Unter Vocalen verstehen wir im Allgemeinen eine Gruppe von Sonorlauten, welche mit offenem Munde undnbsp;dorsaler Articulation der Zunge gebildet werden, ein-schHesslich ihrer stimmlosen Parallelen. In diesen beidennbsp;Obarakteristicis liegt der wesentlicbe TJnterscbied der Vocalenbsp;von den Nasalen und Liquiden begriindet, iiber deren Articulation die folgenden Oapitel das Nabere bringen werden. Nicbt-dorsale Articulation von Vocalen findet sich, soweit bekannt,nbsp;nur als Eesultat der Verschmelzung von Vocalarticulationennbsp;mit den nichtdorsalen Articulationen von Nachbarlauten, dienbsp;nach Cap. 23 zu beurtbeilen sind.

205. Um die bunte Mannigfaltigkeit der Laute dieser Bildung besser berschauen zu konnen, hat man dieselben zu-nachst in gewisse R eihen geordnet, und innerbalb dieser Reihennbsp;eine grssere oder geringere Anzahl von Normalvocalen an-genommen, denen dann die brigen Glieder als Varietatennbsp;untergeordnet wurden. Bei diesem Ordnungswerk, wie bei dernbsp;Vergleicbung der einzelnen Reihen unter einander, ist man vonnbsp;verschiedenen Standpunkten ausgegangen, deren jeder in seinernbsp;Art praktische Vortheile hot oder zu bieten schien. Das gtnbsp;insbesondere von den verschiedenen Gesichtspunkten, welche zunbsp;der Aufstellung der Vocalreihen gefhrt haben. Man kannnbsp;wohl sagen, dass auch heutzutage noch drei Principien der An-ordnung sich um den Sieg streiten, und iiber diese soil im Folgenden etwas eingehender, jedoch stets mit Beschrankung aufnbsp;einige hervorragendere Vertreter der verschiedenen Richtungen,nbsp;gehandelt werden.

-ocr page 100-

80

206. 207. Klangreihensysteme.

1. Die Anordnung nach Klangreihen.

206. nbsp;nbsp;nbsp;Die altesten Versuche einer Reihenordnung dernbsp;Vocale gingen nicht sowohl von einer Untersuchung der ver-schiedenen Articulationsstellungen aus, als yon einer Betrach-tung derKlangunterschiede der einzelnenvocalischenLaute.nbsp;Erst in zweiter Linie \vurden dann auch die Articulationsstellungen geprft und ihr Yerhaltniss zu den verschiedenennbsp;Klangqualitaten untersucht. Man nahm diesergestalt an, dassnbsp;die indogermanische Ursprache nur drei bestimmte Yocal-qualitaten' hesessen hahe, a, u (was heilaufig durch dienbsp;neueren TJntersuchungen her indogermanischen Yocalismus alsnbsp;irrig erwiesen ist). Auch innerhalb der comphcirteren Yocal-systeme der modernen Sprachen schienen diese drei Laute, alsnbsp;Mie entschiedensten und starksten Gegensatze Yocalischernbsp;Klangfarbe darstellend, besonders hervorzutreten. Ihr Ver-haltniss und ihre relative Lage musste also zuerst fixirt werden,nbsp;damit auch den zwischenliegenden Vocallauten ihre Stellung imnbsp;'System^ richtig angewiesen werden konnte.

207. nbsp;nbsp;nbsp;Zunachst pflegte man diese Mrei Grundpfeiler' desnbsp;Yocalismus ungefahr in Gestalt einer Pyramide oder einesnbsp;gleichseitigen Dreiecks mit dem a an der (unteren, oberen odernbsp;seitlichen) Spitze zu gruppiren, damit andeutend, dass zwischennbsp;je zweien derselben [iz, am, ui) ein gleicher Abstandnbsp;verhanden sei. Die brigen Vocale wimden zwischen denjenigennbsp;Lauten eingetragen, zwischen welchen sie ihrem Klange nachnbsp;eine Art Mittelstufe zu bilden schienen, also e zwischen a und i,nbsp;o zwischen a und u. Durch weitere Ausbildung dieser zuerstnbsp;von Hellwag (1781) in der Eormnbsp;aufgestellten Pyramide (naheres bei Victor, Phonetik^ 41 ff.)nbsp;gewann zuletzt Brcke folgendes Schema:

a 0 e e o o

.,oe /,a o*

t tquot; nbsp;nbsp;nbsp;M* U

('a bezeichnet hier ein dem a nahestehendes , das gewhn-liche a oder offene e u. s. w.).

-ocr page 101-

81

208211. Die Vocale: 1. Wintelers Reihe uai.

208. nbsp;nbsp;nbsp;Dies Vocaldreieck ist in verschiedenen Modificationennbsp;auch heute noch vielfach in Grebrauch. Eine wesentliche Modification, und zwar eine Yerbesserung, erfuhr es zunacbst durchnbsp;Winteler, welcber, davon ausgebend, dass die Articulations-abstande zwischen a, i, u nicbt iiberall gleich seien, vielmehrnbsp;das a eine Art neutraler Mitte zwischen i und u bilde, vielmehrnbsp;vorschlug, jene dreiLaute in derFolge uai oder umgekehrtnbsp;auf einer geraden Linie zu verzeichnen, und die Laute wie m, nbsp;als Yermittelungsvocale^ auf einer zweiten, zur ersten senkrecbtnbsp;stehenden Geraden einzutragen.

Zur Begriindung dieses Anordnungsprincips und seiner DurcbfiihrungimEinzelnen lasst sicb etwa das Folgende sagen;

209. nbsp;nbsp;nbsp;Beim a ist der Mundcanal durchgebends massig ge-ffnet. Die Zunge entfernt sicb nicht viel aus ihrer Rubelage.nbsp;Bei i und u werden dagegen durch kraftigere Articulationnbsp;bedeutende Engen im Ansatzrohr hervorgebracht, die Articulation nahert sicb also mebr derjenigen der Consonanten imnbsp;alten Sinne des Wortes. Da nun bei starkerer Engenbildungnbsp;kleine Differenzen in der Articulation starkeren Einfluss aufnbsp;den Charakter der entsprechenden Laute haben als beinbsp;geringerer, so sind aucb i und u viel empfindlicber gegen Ver-anderungen der Articulation als a, welches bei sehr verschie-dener Mundweite doch stets mit derselben Klangfarbe hervor-gebracbt werden kann. Aus diesem Grunde fand Winteler esnbsp;ratbsam, nicht, wie man bisber meist zu thun pflegte, von demnbsp;a als dem einfacbsten und reinsten Yocal auszugehn, sondemnbsp;(nach einer schon von du Bois-Eeymond, Kadmus 193 gegebe-nen Yorscbrift) von den beiden mit grsserer Sicherheit zunbsp;bestimmenden Endpunkten der Yocallinie ui und von da ausnbsp;erst nach der Mitte vorzuschreiten.

210. nbsp;nbsp;nbsp;Dies Yerfahren gewahrte zugleich noch den Yortheil,nbsp;dass es von Anfang an die Articulationen der beiden verschiedenen Tbeile, welcbe zur Bildung des vocalischen Kesonanz-raums dienen, die der Zunge und die der Lippen, scbarfernbsp;bervortreten Hess; denn bei u und i articuliren beide viel ener-gischer als beim a und den diesem zunacbst liegenden Yocalen,nbsp;und die Eormen ihrer Articulation sind die moglichst entgegen-gesetzten.

211. nbsp;nbsp;nbsp;Die Zunge wird beim u in ihrer ganzen Masse nachnbsp;hinten gezogen und in ihrem hintern Tbeile zum weichen Gaumennbsp;emporgehoben. Beim i dagegen ist sie nach vorn gedrangt undnbsp;mit ihrem Yordertheile dem harten Gaumen genahert.

Sievers, PUonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;R

-ocr page 102-

82

212217. Die Vocale: 1. Wintelers Reihe uai.

213. Die Lippen ziehen sich bei dem mglichst veil ge-sprochenen u bis auf eine kleine kreisfrmige Oeffnung zusam-men und werden gleichzeitig, das Ansatzrohr verlangernd, etwas vorgescboben; beim mglichst hellen i werden die Mundwinkelnbsp;auseinander gezogen und es entsteht ein breiter Spalt an Stellenbsp;jener kreisrunden Oeffnung beim u (ygl. oben 42).

213. nbsp;nbsp;nbsp;Beim u wird also im vordern Munde ein ziemlichnbsp;grosser, kugelahnlicher Eesonanzraum mit kleiner runder Aus-flussffnunghergestellt; beimUebergangzum i wird dasVolumennbsp;desselben auf ein Minimum reducirt und dabei zugleich dienbsp;Ausflussffnung mglichst vergrssert. Demgemass werden beimnbsp;u die tieferen Theiltne des Stimmklangs verstarkt und dienbsp;hberen gedampft; beim i umgekehrt (vgl. dazu unten 234 ff.).

214. nbsp;nbsp;nbsp;Hierauf beruht es, dass das u auch. beim gewhnlichen Sprechennbsp;tiefer klingt als das 7, auch wenn die Stimmbander beidemal dieselbenbsp;Schwingungszahl haben, uud dass das u auf sehr hohen Tonen, das { umgekehrt auf sehr tiefen nicht mehr anspricht.

315. nbsp;nbsp;nbsp;Ausser den beiden genannten Factoren zog man brigens auchnbsp;noch die Hebung des Kehlkopfs bei i und seine Senkung bei u in Betrachtnbsp;(Chladni 190 f. u. .). Diese Bewegungen sind aber grossentheils nichtnbsp;willkrlich, sondem wesentlich durch das Vorschieben bez. Zurckziehnnbsp;der Zunge bedingt (so richtig Thausing S.15 gegen Broke, der ein umge-kehrtes Verhaltniss annimmt). Man kann sie deshalb bei der BeobacMungnbsp;ohne grossen Schaden ausser Acht lassen, weil sie unwillkrlich eintreten,nbsp;wenn man die Zungenarticulation richtig ausfiihrt.

316. nbsp;nbsp;nbsp;Um nun aus der Menge der mglichen Variationennbsp;von u und i die beiden aussersten Grenzpunkte auswahlen zunbsp;knnen, lehrte Winteler namenthch auf die Engenbildungen beinbsp;der Articulation dieser Laute zu achten. Beim u liegt dienbsp;grsste Enge zwischen den Lippen, beim i zwischen derVorder-zunge und dem harten Gaumen. Beide Engen knnen nach 194nbsp;auch schallbildend auftreten, und zwar um so leichter, jenbsp;starker der Grad der Verengung ist; damit wird aber dienbsp;Existenz des Vocals, welcher doch ein reiner Stimmlaut seinnbsp;soil, beeintrachtigt. Man erhalt also nach Winteler die aussersten Grenzwerthe von u und f, wenn man bei der eben beschrie-benen Articulationsweise bis zu dem aussersten Grade vonnbsp;Verengung fortschreitet, welcher noch erlaubt, jene Vocale beinbsp;normalem Exspirationsdruck ohne Beimischung jener Gerauschenbsp;hervorzubringen.

21'?. Schwieriger als die Bestimmung dieser aussersten u und i ist die der neutralen Mitte^ des a, weil hier die sehrnbsp;einfache Gerauschprobe in Wegfall kommen muss. Man geht

-ocr page 103-

83

218.219. Die Vocale; 1. Wintelers Reihe moi.

hier am besten von der Indifferenziage aus. Bringt man nun abwechselnd ein 'dunkles^ a und ein breites ii hervor, so siehtnbsp;man, wie bei ersterem der Zungenkrper nach hinten, beimnbsp;zweiten etwas nach vom geschoben wird (die gleichzeitig wahr-nehmbare Hebung der Zunge ist wesentlich nur eine Folge dernbsp;Hebung des Gaumensegels, welches bei der Vocalbildung dennbsp;Nasenraum abschliessen muss). Verringert man diese Vorwarts-und Biickwartsbewegung allmahlich, so miisste man schliesslichnbsp;mit der Riickkehr zur Euhelage zu einer ganz neutralen Mittel-stellung gelangen, welche als Articulationsproduct das ganznbsp;reine, neutrale a lieferte. Bei dieser Stellung wird aber einnbsp;breiter -ahnlicher Laut erzeugt, den man nicht mehr zu dennbsp;Arten des a rechnen kann. Ein eigentlicher a-Laut kommtnbsp;erst bei einer merklichen Riickwartsbewegung der Zunge zunbsp;Stande, also durch eine positive Articulation aus der Indifferenziage heraus. Daher setzte Winteler an die Stelle der bishernbsp;angenommenen Einheit eine Zweiheit von Lauten, die er nichtnbsp;unpassend die u- und die e-Basis nannte, insofem durch Stei-gerung ihrer specifischen Articulationen Zurckziehung dernbsp;Zunge aus der Kuhelage bei der -Basis, Vorschiebung dernbsp;Zunge bei der e-Basis die Zwischenlaute zwischen a und e',nbsp;a und u und endlich i und u selbst erreicht werden. Die mg-lichst geringe Biick- oder Vorwartsbewegung der Zunge stelltnbsp;also die aussersten Nahepunkte der beiden Basen dar.

218. nbsp;nbsp;nbsp;Daas man Mernach das o niolit, wie vielfach (seit Kempelennbsp;201) geschehen, als den natrlichen Vocal bezeiohnen darf, leuchtet vonnbsp;selbst ein, da auoh zu seiner Bildnng die einzelnen Theile des Ansatzrobrsnbsp;Articulationsbewegungen ausfhren mssen. Lasst man die Stimme er-tnen, wahrend die Mundorgane sicb in der Ruhelage befinden, so erhaltnbsp;man den seiner Klangfarbe nach zwischen U und liegenden nasalirtennbsp;Laut, den wir unwillkrlich beim Sthnen hervorbringen. Auoh der blossenbsp;Abschluss der Nasenhhle durch Hebung des Gaumensegels gengt nochnbsp;nicht, um ein hervorzubringen, man bekommt vielmehr, wie schon an-gedeutet, bei Ausfhrung dieser Articulation (wobei man behutsam daraufnbsp;achten muss, die Zunge nicht aus Uirer Ruhelage zu bewegen) ein ii, dennbsp;ersten Schreilaut der Einder, den man mit viel mehr Recht als das anbsp;einen Naturlaut nennen knnte, wenn das Ganze nicht doch auf eine blossenbsp;Spielerei hinausliefe.

219. nbsp;nbsp;nbsp;Was nun die weitere GHederung der Reihe ua4nbsp;anlangt, so lassen sich die Zwischenlaute wie o und e nicht sonbsp;sicher bestimmen, wie jene drei Markpunkte. Doch zeigt einenbsp;Betrachtung der Articulationen dieser Laute im Verhaltnissnbsp;zu der von u, a, i wenigstens den Weg zu einer weiteren,nbsp;ziemlich exacten Vocaleintheilung.

6*

-ocr page 104-

84

220223. Die Vocale: 1. Wintelers Reihe ma

230. Geilt man vom aussersten u allmahlich zu einem im Uebrigen beliebigen o-Laute liber, so wird der bintere empor-gebobene Theil der Zunge ebenso stufenweise gesenkt, und dienbsp;ganze Zunge etwas vorgeschoben (in der Richtung zur Indiffe-renzlage); die Mundffnung erweitert sich in entsprechendemnbsp;Verbaltniss, ohne ilire gerundete Gestalt zu verlieren. Verfolgtnbsp;man diese allmahliche Verschiebung unter gleicbzeitiger Sen-kung des Unterkiefers weiter, so gelangt man zur w-Basis desnbsp;fl, bei welcher die Zunge nun bereits der Rubelage ziembchnbsp;nabe flach ausgestrecktimMunde liegt; die willkiirlicheArticulation der Lippen (d. h. ihre kreisfrmige Zusammenziebung)nbsp;hat aufgehort, die Gestalt der Mundffnung ist einfach abhangignbsp;Yon der Senkung des Unterkiefers.

221. Durchlauft man nun vom a ausgehend die Zwischen-stufen zum i hin, so wird die Vorschiebung der Zunge fort-gesetzt und ihr Vordertheil hebt sich stufenweise zum harten Gaumen in die Hohe; der beim Gauge Yon m zu a hin etwasnbsp;gesenkte Unterkiefer steigt ebenso allmahlich wieder mitnbsp;empor, und es kann abermals eine willkiirliche Articulation dernbsp;Lippen beginnen, indem die Mundwinkel auseinander gezogennbsp;werden.

333. Man durchlauft also vom u ausgehend sammtliche mogliche Vocalnliancen der Reihe ui, indem man die 309 ff.nbsp;gegebenen Charakteristica der m-Articulation gradweise ver-ringert, bis sie gleich Oder fast gleich 0 werden, dann aber zunbsp;der ebenda charakterisirten i-Stellung gleichfalls durch gradweise Steigerung der beiden Articulationsfactoren (Zungen-und Lippenthatigkeit) fortschreitet. Zwischen u und i liegtnbsp;also eine lange ganz continuirliche Reihe gleichmassig ab-gestufter und in einander iibergehender Yocalniiancen. Allenbsp;hier zu machenden Unterschiede sind folglich auf der oben 208nbsp;erwahnten Vocallinie ui einzutragen.

223. Da man nun doch nicht fr jeden einzelnen Punkt dieser Linie, d. h. fr jede mogliche Nance, ehi gesondertesnbsp;Zeichen aufstellen kann, so bleibt nichts anderes brig, als dienbsp;Linie in eine gewisse Anzahl Yon Theilen zu zerlegen, d. h. stattnbsp;einzelner Vocalnancen Yielmehr Gruppen oder Kategoriennbsp;(Ygl. schon oben 121) von solchen aufzustellen, deren einzelnenbsp;Varietaten sich einem NormalYocal unterordnen, der alsnbsp;eigentlicher Reprasentant der Kategorie gilt. Als NormalYocalnbsp;ist diejenige Nuance zu bezeichnen, welche den Klangcharakternbsp;der Kategorie am ausgesprochensten wiedergibt.

-ocr page 105-

85

224227. Die Vocale: 1. Wintelers Keihe mat.

224:, Fr die Aufstellung dieser Normalvocale sind nun nach Winteler besonders zwei Gesicbtspunkte massgebend;nbsp;Erstens, dass der Abstand derselben unter einander gleichnbsp;sei, d. b. also, dass wenn z. B. zwischen a und u nur einnbsp;Mittellaut (o) eingeschoben werde, dies Normal-o dann erzeugtnbsp;werde, wenn man die TJebergangsbewegung der Organe von anbsp;zu u genau in der Mitte unterbricht. Bei zwei Mittellautennbsp;batte diese Unterbrecbung zweimal, beim ersten und beimnbsp;zweiten Drittel, stattzufinden. Natiirlicb kann man die so fest-znsetzenden Normalvocale nur durch allmahliches, sorgfaltigesnbsp;Durchprobiren der ganzen Articulationsreihe uai ermitteln.nbsp;Hat man dies aber gethan und sich die Articulationsweisenbsp;und den Klang der gefundenen Normalwerthe genau einge-pragt, so wird es leicht sein, das Verhiiltniss derselben zu einernbsp;jeden abweichenden Vocalniiance zu erkennen und aucb frnbsp;andere zu cbarakterisiren.

225. nbsp;nbsp;nbsp;Was sodann die Anzabl der Kategorien betrifft, sonbsp;glaubte Winteler fr die indogermanischen Spracben mit einernbsp;Verdoppelung der bisber vorgefbrten Vocalkategorien u, o,nbsp;a, e, i auskommen zu knnen (zwei i und u waren jedocb schonnbsp;vor ihm von den Englandern, in Deutschland aucb von Bhmernbsp;aufgestellt worden).

226. nbsp;nbsp;nbsp;Zu den so erhaltenen zehn Normalvocalen der Reihenbsp;uai kommen nun noch die bisber ausser Acht gelassenennbsp;Laute von der Klangfarbe m, , die man als Vermittelungs-vocale bezeichnen knne. Wahrend namlich bei der Bil-dung der Laute uai die beiden die Klangfarbe bedingenden Factoren (die Articulation der Zunge und die der Lippen,nbsp;s. 211 f.) auf dasselbe Resultat hinwirken, treten bei m, diesenbsp;Factoren in Gegenwirkung, d. h. es verbindet sich die Zungen-articulation eines bellen Vocals mit der Lippenarticulationnbsp;eines dunkeln oder umgekehrt. So ist z. B. beim deutscben nbsp;die Zunge vorgestreckt und geboben wie beim i, die Mund-offnung aber rundlich contrahirt wie beim u. Dieser Articulationsweise entsprechend begen denn aucb die Klangfarbennbsp;dieser Vocale in der Mitte zwiscbeir denen der Reihe ua undnbsp;der Reihe ai.

227. nbsp;nbsp;nbsp;Die Eintheilung dieser Vermittelungsvocale ergibtnbsp;sich nach dem Gesagten leicht.

Es sind ebenso viele Vermittelungsvocale aufzustellen, als Stufen zwischen a und u vorhanden sind, bez. zwischen a und i,

-ocr page 106-

86

228230. Die Vocale: 1. Wintelers System.

niir dass eine Vemittelung zwisehen den beiden Basen des a wegfallt, weil beide ohne selbstandige Articulation der Lippennbsp;gebdet werden.

328. Hiemach steilte sich das Wintelersche Schema folgendermassen dar:


Dabei sind nur die Bezeichnungen durch Zahlenexponenten an Stelle anderweitiger typographischerAuszeichnungen Wintelersnbsp;gesetzt. Der Exponent ^ deutet an, dass der Vocal unter dennbsp;beiden dasselbe Glrundzeichen tragenden Lauten die specifischenbsp;Klangfarbe am deutlicbsten babe; in der Praxis kommt ^ mitnbsp;dem iiblichen 'geschlossen, ^ mit 'offen^ zusammen.

229. Zur Vergleichung mogen hierneben die sonst ge-brauchlichsten deutschen Transscriptionssysteme, die von Lepsius, Briicke und Bhmer Platz finden:

0^

o2

a

amp;

e2

*2 D

0^

0^

u

0

0

a

e

e

i

U

Q

0

u

0

0^

a

aquot;

e

i

aquot;quot;

u if

0

0

a q

a

e

i *

V V,

OS

os

c

Lepsius: Briicke:

Bhmer;

230. Es ist unmglich, fur die gegebene Vocalreihe ohne mndliche Erlauterung genau treffende Beispiele aus den lebenden Spraohen undnbsp;Mundarten anzufiihren, da die individuelle Sprechgewohnlieit des Lesersnbsp;fast iiberall zu Missverstandnissen fiihren wiirde. Ungefahr treffen u^, o*,nbsp;e\ P, il\ S' mit den Lauten der deutschen langen u, o, e, i, ii, S iibereinnbsp;Oder mit franz. ou, au, , i, u (eu); die mittel- und norddeutschen kurzennbsp;u, 0, e (a), i, ii, S fallen meist in die Sphare von unseren o^, e^, i^,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;S^.

Das amp; ist der breite a-Laut, welchen die Bewohner der Ostseeprovinzen in Worten wie Sar, Meer bilden und der auoh in sddeutscben undnbsp;schweizerisohen Mundarten als Umlaut von kurzem und langem a mehr-fach auftritt. Unter a ist das sog. reine a des Italienischen und Franzsi-schen zu versteken. Langes ist der auoh in Mittel- und Norddeutsch-land offer gehorte Zwisohenlaut zwisehen a und o im englischen corn,nbsp;fall u. dgl. Auch sein Umlaut kommt als Lange in Norddeutschlandnbsp;offer vor.

-ocr page 107-

87

231. 232. Die Vocale; 1. Wintelers System.

231. In der ersten Ausgabe dieses Buohes war anf Grrund einer von Lepsins iibemommenen falsohen Analyse der Bildung des russischen jerynbsp;nnd einiger ahnlicher Laute das Wintelersche System durcli Annahmenbsp;einer zweiten Reihe von Vermittelnngsvocalen erweitert, die als durcbnbsp;Combination der Zungenarticulation der Reihe ua mit der Lipp en-artioulation der Reihe ia entstanden gedacht warden. Das erweitertenbsp;System bekam dadurch (mit quot;Weglassung der Kreislinien) die Gestalt;

el

e2

w2 0^. a amp; nbsp;nbsp;nbsp;*2 *1

02 oi

w2

Diese Anordnung ist spater in mehr oder weniger modificirter Gestalt von Trautmann und Techmer aufgenommen nnd weiter ausgebildet worden.

232. Dies sogenannte Normalsystem bedarf aber noch verschiedener allgemeiner Modificationen, um den An-forderungen der Praxis gerecht zu werden, denn es beruhtnbsp;anf willkiirlicher Auswahl bestimmter Momente dernbsp;Lautcharakterisirung. Der Satz, dass znr Bildung dernbsp;Laute der Vocalreihe uai die Articulation der Zunge undnbsp;die der Lippen gleichmassig und in mglichster Energie verhanden sein msse, ist wesentlich deswegen aufgestellt, weilnbsp;man doch nun einmal von einer bestimmten Articulationsweisenbsp;ausgehn musste, und gerade die gewahlte die sicherste Bestim-mung der Endpunkte der Vocalreihe zu ermglichen schien.nbsp;Nun lehrt aher die Beohachtung, dass selbstandige Lippen-thatigkeit, namentlich hei den Lauten der i-Reihe, vielfach garnbsp;nicht, vielfach wenigstens nur in sehr geringem Masse verhanden ist. Was hier an der Lippenthatigkeit erspart wird, wirdnbsp;oftmals durch gesteigerte Zungenthatigkeit ersetzt, damit einiger-massen dieselbe Klangfarbe herauskomme, wie bei den Vocalennbsp;mit starkerer Lippenbetheihgung. Gegenher diesen letzterennbsp;hahen die auf die erstere Weise erzeugten Vocale zwar etwasnbsp;weniger scharf ausgepragte Klangfarben als die vorher beschrie-benen, aber man kann doch auch bei ihnen sammtliche Unter-schiede der ganzen Scala durchlaufen (es ist also z. B. ein ohnenbsp;Lippenrundung gesprochenes nicht etwa einem mit Lippen-rundung gesprochenen uP- gleichzusetzen; denn bei letzteremnbsp;findet doch immerhin, wenn auch schwacher als beim b eine

-ocr page 108-

88 233.234. Die Vocale: 1. Wintelers System. 2. Eigentonsystem.

Lippenrundung statt). Beim a hort natrlich der TJnterschied der beiden Bildungen auf, da dieses stets ohne selbstandigenbsp;Lippenarticulation gebildet wird.

233. Man hatte seit Brcke (Grundzge S. 23 ff.) diese ohne energische Lippenbetheiligung hervoi'gebrachten Vocalenbsp;unvollkommene genannt, weil dabei nicht alle Mittel innbsp;Gebrauch gezogen werden, welche die menschlichen Sprach-werkzeuge darbieten, um denVocallaut deutlich unterscheidbarnbsp;und klangYoll hervortreten zu lassetf. Dieser Name ist bequem,nbsp;aher Missdeutungen ausgesetzt, weil man unter unvollkomme-nen Vocalen auch oft die unter dem Einfluss der Accentlosig-keit nur mit mangelhafter Articulation gebildeten gemurmel-ten Vocale (379 ff.) versteht. Man wrde deshalh auch vonnbsp;diesem Standpunkt besser thun, zunachst Vocale mit activernbsp;und passiver Lippenarticulation (vgl. 42) zu unterscheiden.nbsp;Weiterhin wrde man fr jeden Binzelfall genau angebennbsp;mussen, ob Zungen- und Lippenstellung den angenommenennbsp;Normalstellungen dieser Organe entsprechen, oder ob und wienbsp;weit sie sich davon entfemen. Namentlich wrde dabei auchnbsp;auf die verschiedenen Stufen der Energie der Lippenbetheiligungnbsp;Gewicht zu legen sein. Auch die Stellung der Vermittelungs-vocale, welche Wintelers Schema in die Mitte der beiden ver-mittelten Laute gestellt hat, wrde noch jedesmal naher zunbsp;pracisiren sein, je nachdem die charakteristische Articulations-form des einen oder andern dieser Laute herwiegt.

2. Die Anordnung nach Eigentonreihen.

234. Das eben skizzirte Klangfarbensystem leidet von einigen weiter unten zu erhebenden Einwanden abgesehen nbsp;an dem praktischen ebelstande, dass es sehr schwer ist, dienbsp;Gehiete der einzelnen Laute oder Klangfarben scharf von ein-ander ahzugrenzen. Schon die Bestimmung der Endpunkte dernbsp;Linie ui bereitet Schwierigkeiten. Die Gerauschprobe liefertnbsp;allenfalls einen brauchbaren Grenzwerth fr das i, aber schonnbsp;bei dem u lasst sie im Stich. Zwar kann man mit ihr dennbsp;iiussersten Grad der Lippenverengung beim u fesstellen, ahernbsp;die Zunge hat dabei freien Spielraum, und ihre Stellung lasstnbsp;sich demnach nicht ohne Weiteres fixiren. Eemer wird fr dienbsp;einzelnen Normalvocale gleicher Abstand von einander gefor-dert, aher es wird kein Mittel angegeben, das uns in den Standnbsp;setzte, die Bewegungen, die von einem Laute zum andern

-ocr page 109-

89

235. 236. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem.

fhren, genau zu messen, und danach die Abstande der Binzel-laute von einander zu bestimmen. So war es denn natrlich, dass man ein Mittel zu objectiverer Constatirung der Normal-stellungen suchte, und man glaubt vielfach, ein solches Mittelnbsp;in den Eigentnen der Vocale gefunden zu haben.

235. nbsp;nbsp;nbsp;Der Unterschied der vocalischen Klangfarben beruhtnbsp;nacb den Untersucbungen besonders von Grrassmann, Dondersnbsp;und Helmholtz (die Hauptbteratur s. bei Griitzner S. 174 f.)nbsp;auf der verschiedenen Einwirkung, welche das Ansatzrohr aufnbsp;den Stimmklang ausbt, indem es kraft seiner Eigenschaft alsnbsp;hohler Eesonanzraum einzelne Theiltne der Stimme verstarkt,nbsp;andere dampft (vgl. 23). Kann nun auch die akustische Theorienbsp;der Vocalbildung noch nicht als durchaus gesichert und abge-schlossen geiten, so steht doch der Fundamentalsatz fest, dassnbsp;jeder Articulationsform des Ansatzrobrs ein bestimmter Eigen-ton entspricht. Die Hhe dieses Tones kann man auf verschie-dene quot;Weise bestimmen, z. B. durch Percussion der Mundhhlenbsp;bei geschlossenem Kehlkopf, oder durch Beobacbtung dernbsp;Elstergerausche der Vocale, am sichersten endlich durch dienbsp;Stimmgabelprobe. Halt man namlich angeschlagene Stimm-gabeln von verschiedener Hhe vor die Oeffnung des fr einennbsp;bestimmten Vocal eingestellten Ansatzrohrs, so wird nur dernbsp;Ton derjenigen Gabel durch das Mittnen der Luft im Mund-raum eine deutliche Verstarkung erfahren, deren Eigenton demnbsp;des Mundraums gleich ist (22). Man kann hiemach nicht nurnbsp;die Hhe des Eigentons jeder Vocalstellung ermitteln, sondernnbsp;umgekehrt auch das Ansatzrohr mitHlfe der Stimmgabelprobenbsp;jederzeit auf einen geforderten Eigenton einstellen.

236. nbsp;nbsp;nbsp;Bestimmungen der Eigentne von Vocalen sind innbsp;alterer und neuerer Zeit vielfach vorgenommen worden. Einigenbsp;Zusammenstellungen darber s. z. B. bei Merkel, Laletik S. 47,nbsp;Grtzner S. 177 ff., Trautmann, Sprachlaute S. 27 ff., Vietor^nbsp;S. 27 ff., Bremer S. 170. Wenn die Besultate der einzelnennbsp;Beobachter stark von einander abweichen, so hat dies, wienbsp;Trautmann richtig hervorhebt, darin seinen Grund, dass einnbsp;Jeder zunachst die Eigentne seiner eigenen Vocale bestnmte,nbsp;wahrend doch die Aussprache der Vocale bekanntlich in dennbsp;einzelnen Sprachen und Mundarten, ja selbst bei einzelnennbsp;Individuen, sehr erheblich differirt. Dem gegenber bat dannnbsp;Trautmann den Satz aufgestellt, dass man, um zu einemnbsp;brauchbaren System zu gelangen, nicht von beliebigen Einzel-vocasmen ausgehen msse, sondern von einem idealisirten

-ocr page 110-

90

237. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem.

Vocalsystem, welches die Hauptlaute der bekannteren Sprachen enthalte. Ein seiches gewinnt er auf Grund der Vergleichungnbsp;der wichtigsten Vocallaute insbesondere des Deutschen, Eran-zosischen und Italienischen nach ihrer mustergiiltigen Aus-sprache. Diese Sprachen liefern ihm zunachst drei Reihen vonnbsp;je 4 Vocalen, welche ungefahr den drei Halbreihen beiWintelernbsp;entsprechen, nur noch durch eine vierte Reihe erganzt werdennbsp;(vgl. 231). Setzen wir statt der besonderen ZeichenTrautmannsnbsp;die ohen verwandten Typen mit Zahlexponenten, so gewinntnbsp;Trautmanns System die Gestalt:

-i

0^ 0^ a amp;-

Von dem System Wintelers unterscheidet sich dasselbe, ab-gesehen von der Annahme der vierten Reihe, dadurch, dass nur einerlei u, i, (uj angesetzt werden, wahrend Winteler auchnbsp;diese Vocale in je zwei Abtheilungen zerlegt.

237. Charakteristisch ist fiir Trautmanns System die Be-griindung. Auch er findet, dass sein System eine Ordnung der Vocale nach ihrer Articulationsverwandtschaft enthalte. Seinenbsp;Vocalreihen sind ihm aber nicht nur Articulationsreihen, son-dem stellen zugleich harmonische Reihen von Eigentnen dar.nbsp;Die Eigentne der Reihenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;a bilden nach ihm zusammen

den Septimenaccord I12 dg fg, die der Reihe amp; G einen Septimenaccord, der genau eine Octave hoher liegt als der erste,nbsp;also gg hg d4 f4. Die Eigentne von 'i 0 sind dieselben wienbsp;die von amp; e\ die vonnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dieselben, wie die von a 0^ oh

Dies vierzehnvocahge System wird sodann erweitert durch die Annahme von Zwischenvocalen, die sowohl was den Eigen-ton als die Mundstellung betrifft, genau die Mitte zwischen zweinbsp;Grundvocalen halten, ferner durch die Annahme von Nehen-vocalen, die durch Beimischung mehr oder minder gerausch-artiger Oberhalle (Hall = Eigenton) charakterisirt sind, welchenbsp;ihrerseits darauf beruhen, dass das Ansatzrohr an einer ge-wissen Stelle etwas eingeengt wird, und demnach in Vorder-gaumen-, Hintergaumen-, Gaumensegel-, Eachen- und Kehl-Nebenvocale zerfallen.

-ocr page 111-

91

238.239. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem.

238. nbsp;nbsp;nbsp;Trautmann glaubt dieses System nicht als ein knst-lich harmonisch gemachtes, sondern, da die meisten seinernbsp;Glieder die am haufigsten begegnenden Vocale seien, als einnbsp;der Natur abgelauschtes bezeichnen zu knnen (S. 51). Da-gegen ist zunachst einzuwenden, dass es nicht angeht, nur dennbsp;Vocahsmus einiger ausgewahlter Cultursprachen zur Grondlagenbsp;eines Vocalsystems zu machen, das allgemeinen Zwecken dienennbsp;soli, namenthch wenn der Vocahsmus dieser Mustersprachennbsp;ein so einfrmiger ist, wie etwa der des Deutschen, Pranzsi-schen und Itahenischen. Ein Vocahsmus wie der des Enghschennbsp;lasst sich, urn nur ein praktisches Beispiel anzufiihren, nur ver-mittelst so vieler Modificationen dieses Systems ausdrcken,nbsp;dass schliesslich von dem Grundsystem selbst nichts mehr iibrignbsp;bleibt. Es ist femer zu bezweifeln, dass jene harmonischennbsp;Eeihen Trautmanns wirkhch die normalen Sprechvocale dernbsp;genannten Cultursprachen darstellen. Soweit ich nach dennbsp;Einzelangaben Trautmanns (namenthch auch bezglich dernbsp;wechselnden Grosse des Eheferwinkels, welche beim gewhn-lichen Sprechen fast gar keine praktische Bedeutung hat (vgl.nbsp;40 f.), urtheilen kann, sind seine deutschen Normalvocale zumnbsp;grossen Theile Laute, die der gesprochenen Sprache, selbst innbsp;ihrer reinsten, biihnenmassigen Form, fremd sind, und in diesernbsp;Abstufung hchstens hie und da beim Gesang oder beim Vor-und hlachsprechen isolirter Einzelvocale gebildet werden.nbsp;Wenn man aber doch einmal fiir jede einzelne Sprache, auchnbsp;das Deutsche, noch besondere Angaben ber die Hhe dernbsp;Eigentne ihrer Vocale haben muss, so ntzt die Erkenntnissnbsp;nicht viel, dass man sich auch eine Idealsprache denken knim,nbsp;in der die Eigentne gewisser Vocale eine harmonische Reihenbsp;bilden.

Dieselben Bedenken scheinen mir ebenso dem wieder anders gearteten Eigentonsystem Bremers entgegenzustehn.

239. nbsp;nbsp;nbsp;Erwagt man femer, dass die Eigentne der Vocalenbsp;stets von der jeweiligen Stellung des Ansatzrohrs abhangen,nbsp;also etwas Secundares sind, so gelangt man zu dem Resultate,nbsp;dass sie hchstens als Oontrolmittel bei der Feststellung diesesnbsp;Oder jenes Vocals Verwendung linden, nicht aber zu einemnbsp;wesentlichen Factor bei der Anordnung der Vocale gemachtnbsp;werden knnen. Aber auch als Oontrolmittel sind sie nur mitnbsp;Vorsicht zu gebrauchen, schon aus dem Grunde, weil ganz ver-schiedene Organstellungen doch denselben Eigenton besitzennbsp;knnen. Femer ist die Bestimmung der Eigentne an sich, wie

-ocr page 112-

92

240.241. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem.

aucli die Anlianger des Eigentonsystems zugeben, mit erheb-lichen Schwierigkeiten vei'knpft. Ohne genaueste mndliche Anweisung seitens eines erfahrenen Lehrers wird wohl kaumnbsp;ein Anfanger je im Stande sein, die Elsterprobe praktisch zunbsp;verwerthen. Auch die Stimmgabelprobe ist nicht so leicht zunbsp;machen, als man wohl denken mchte. Der Anfanger, der seinnbsp;Sprachorgan noch nicht vllig in der Gewalt hat, ist stets dernbsp;Gefahr ausgesetzt, nur einseitig die Lippenffnung oder dienbsp;Stellung der Zunge zu variiren, um zu einer Stellung von he-stimmtem Eigenton zu gelangen, mag man ihm auch noch sonbsp;deutliche Vorschriften iiber die Bil dung der gesuchten Articu-lationsstellung gehen; ja in den meisten Fallen gelingt demnbsp;Anfanger das ganze Experiment der Einstellung auf einen he-stimmten Ton berhaupt nicht, wenn nicht etwa zufallig ein ihmnbsp;gelaufiger Vocal den geforderten Eigenton hat. In der Regelnbsp;fhrt eine Beohachtung der Klangfarben der gesprochenennbsp;Vocale rascher und sicherer zu dem gewnschten Ziele.

240. nbsp;nbsp;nbsp;Das Eigentonsystem gewahrt daher weder in theoretischer noch in praktischer Beziehung irgendwie erheblichenbsp;Vortheile vor dem Klangfarbensystem, durch dessen Modification es entstanden ist. Dafr hat es an allen wesentlichennbsp;Gebrechen desselben Antheil, und muss also mit ihm stehennbsp;oder fallen.

241. nbsp;nbsp;nbsp;Das Klangfarbensystem wie das Eigentonsystem istnbsp;in letzter Instanz auf der altberlieferten Vocalreihe m, , a, e, inbsp;aufgebaut. Von diesen Vocalen erfordern a, e, i in der Regelnbsp;nur eine selbstandige Zungenarticulation, o und u dagegennbsp;neben dieser auch eine selbstandige Lippenarticulation, dienbsp;Rundung. Das Gleiche gilt Yon Lauten wie , . Wasberech-tigt nun dazu, o und u als Grundlaute zu betrachten, und nbsp;dagegen als 'Vermittelungsvocale^? Wo ist femer in einem sonbsp;aufgebauten System Raum fr die gar nicht seltenen Vocale,nbsp;die mit der Zungenstellung von o, m, aber ohne deren Lippen-rundung gesprochen werden? Sie fehlen auch in dem Vier-reihensystem Trautmanns, denn dessen vierte Reihe umfasst ja,nbsp;wenigstens seiner Definition nach, nicht Laute mit rein passivernbsp;Lippe. So gut man aber , als aus e, i abgeleitet betrachtet,nbsp;so gut msste man consequenter Weise auch das o, u aus dernbsp;Reihe der Grundvocale streichen, denn auch sie verbinden einenbsp;modificirende Lippenarticulation mit der Zungenarticulation.nbsp;Es fehlen ferner in jenen Systemen die Vocale, welche durchnbsp;Articulation der Mittelzunge gegen den Gaumen gebildet werden.

-ocr page 113-

93

242. Die Vocale: 2. Das Eigentonsystem.

Diese Vocale sind nach Klang, Eigenton und Articulation von den Vocalen der Vorderzunge, wie , e ebenso geschieden, wienbsp;von denen der Hinterzunge, wie a, o, u. Was berechtigt also,nbsp;wenn man ihre Existenz anerkennt (wie dies z. B. Trautmannnbsp;thut), dieselben nur als Nebenvocale zu charakterisiren?nbsp;Warum sind sie nicht eben so gut in das Normalsystem auf-zunebmen wie die Vocale der Vorder- und Hinterzunge?

242. Der Hauptfehler beider Systeme indessen liegt darin, dass sie auf irrthmhcben Voraussetzungen ber das Verhalt-niss der Klangreihen bez. Eigentonreihen zu den Arti-culationsreihen aufgebaut sind. Die Vertreter beider Systemenbsp;sind zwar der Meinung, dass ihre Reihen den Abstufungen dernbsp;Articulationen parallel gehen, aber diese Meinung beruht innbsp;vielen Fallen einfach auf einer leicht nachweisbaren Tauschung.nbsp;Man betrachtet z. B. die Reihe a, , e, i (genaueretwaWintelersnbsp;amp;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;6^ i und die entsprechenden Vocale Trautmanns) als eine

gleichmassig abgestufteKlangreihe mit gleichmassig abgestuften Eigentnen (nach Trautmann steigen hier z. B. die Eigentnenbsp;von Vocal zu Vocal je um eine Terz). Aber man gelangt vonnbsp;a oder amp; zum [e^] durch Vorschiebung der Zunge in horizontaler Eichtung, vom (e^) zum und i dagegen durch Hebungnbsp;der Vorderzunge, also eine Articulationsbewegung anderernbsp;Eichtung und anderer Art. Nach dem Verhaltniss der Articu-lationsstellungen bez. der Bewegungen, durch die man von demnbsp;einen Laut zum andern gelangt, msste man jene Vocale etwanbsp;so ordnen:

i

e

aber nicht auf einer geraden Linie. Noch schlagender ist etwa der folgende Fall. Die Folge a, offenes o, geschlossenes o innbsp;engl. fast, fall, foal stellt ohne Zweifel eine gleichmassig ab-gestufte Klangreihe dar; auch die Eigentne fallen in der-selben Eichtung, wie der Klang der Vocale dumpfer wird. Beinbsp;dem effenen o von fall steht aber die Hinterzunge tiefer alsnbsp;bei a und dem geschlossenen o. Der Klangfolge a, o^, ent-spricht also hier die Articulationsfolge o^, a, o\ und so innbsp;vielen anderen Fallen. Fragt man sich aber, was fr die systematische Anordnung der Vocale den Ausschlag gehen muss, dienbsp;Aehnlichkeit der Klangfarben bez. die damit zusammhangendenbsp;Abstufung der Eigentne, oder aber die Articulationsstellungen,

-ocr page 114-

94

243.245. Die Vocale: 3. Bells System.

aus clenen Klangfarbe wie Bigenton resultiren, so kann die Antwort natiirlich nur zu Gunsten der letzteren ausfallen. Frnbsp;die Aufstellung eines Yocalsystems kann nur die Anordnungnbsp;nach Articulationsverwandtsckaft massgebend sein. Die Klang-farben und Eigentne sind zwar scbatzbare, ja unentbehrlichenbsp;Hiilfsmittel fr die Controle der Einstellung im Einzelfall,nbsp;aber auch nichts mehr.

3. Die Anordnung nach Articulationsreihen.

243. nbsp;nbsp;nbsp;Das Yerdienst, ein Yocalsystem eingefhrt zu haben,nbsp;welches das subjective Moment der Abschatzung der Articu-lationsverwandtschaft nach der akustischen Aehnlichkeit aus-schliesst, gebiihrt dem Schotten A. Melville Bell. Sein Yocalsystem baut sich ebenso ausschliesslich wie das System dernbsp;brigen Laute auf einer Analyse der Articulationsweisenbsp;auf, ohne Eucksicht auf grssere oder geringere Klangverwandt-schaft der einzelnen Yocale, und hierin liegt ein grosser prin-cipieller Fortschritt, den auch diej enigen nicht wegleugnennbsp;knnen, welche mit Yorliebe betonen, dass Bell bei der Durch-fhrung des Systems im Einzelnen Fehler begangen hat (wienbsp;sie brigens einem jeden Phonetiker ohne Ausnahme mit unter-gelaufen sind). Jedenfalls darf das System Bells nach dennbsp;Yerbesserungen, welche es durch Sweet und Storm erfahrennbsp;hat, als das relativ vollkommenste aller bisher aufgestelltennbsp;Yocalsysteme geiten. Natiiidich soil mit dieser Anerkennungnbsp;des Systems nicht gesagt sein, dass es nicht fr weitere Durch-bildung und Yerbesserung im Einzelnen noch hinlanglichnbsp;Baum bote.

244. nbsp;nbsp;nbsp;Die Besohreibung des Systems gebe ioh im Polgenden in mog-lichst engem Anschluss an die Darstellungen von Sweet, Handbook 8 ff.,nbsp;und Storm, Englische Philologiei 66 ff. (vgl. 1^, 111 ff.), aus denen ich dasnbsp;System zuerst kennen gelemt babe. Spater babe ioh dann Gelegenheitnbsp;gehabt, die einzelnen Aufstellungen mit Sweet miindlioh durohzupriifen.

245. nbsp;nbsp;nbsp;In dem alten Yocaldreieck wie in der Yocallinienbsp;uai werden, wie gelegentlich schon bemerkt wurde, Yocalenbsp;mit einfacher Zungenarticulation mit solchen zusammengewor-fen, welche Zungen- und Lippenarticulation haben. Demnbsp;gegenuber halt Bells System die Articulationen der Zungenbsp;und der Lippen streng auseinander, und classificirt die Yocalenbsp;zunachst nur nach den Stellungen der Zunge: heides mitnbsp;Kecht, da ja im Princip zu jeder beliebigen Zungenstellungnbsp;jede beliebige Lippenstellung modificirend hinzutreten kann.

-ocr page 115-

95

246. Die Vocale: 3. Bells System.

Ausserdem wild, was in keinem der alteren Systeme der Pall war, anf die verschiedenen Spannungsverhaltnisse dernbsp;articulirenden Weichtheile Riicksicht genommen, durch welchenbsp;die E.esonanzverhaltnisse und demnach auch die Klangfarbennbsp;der einzelnen Vocale sehr wesentlicli mit bestimmt werden, in-sofem B.esonanzraunie mit gespannt-elastiscben Wanden andersnbsp;resoniren als solche mit schlaffen Wanden (vgl. Helmholtz,nbsp;Tonempfindungen'* 185 f.).

246. Zungenlage. Die Zungenstellungen der Vocale sind besonders ausgezeicbnet durch mehr oder minder starkenbsp;dorsale (204) Erhebungen bestimmter Theile des Zungen-riickens, welche zur Bildung einer mehr oder weniger ausge-pragten charakteristischen Enge zwischen Zunge und Mund-dach ftihren. Fiir jeden Vocal ist also zunachst festzustellen,nbsp;wo diese charakteristische Enge liegt und wie gross dabei dernbsp;Abstand zwischen Zunge und Munddach ist. Um hier systema-tisiren zu knnen, muss man vorerst lernen, die verschiedenennbsp;und zum Theil recht complicirten Bewegungen des Zungen-krpers, durch die man von der Stellung eines Vocals zu dernbsp;eines andem gelangt, in ihre einfachsten Factoren zu zerlegen.nbsp;Wie dies zu geschehen hat, knnen ein paar einfache Tastver-suche zeigen, bei denen man einen Finger mglichst weit in dennbsp;Mund einfiihrt und auf die Zunge auflegt. Spricht man nunnbsp;eine Vocalfolge wie iu oder ea, so findet man, dass sichnbsp;jedesmal die Gesammtmasse der Zunge von vorn nach hintennbsp;bewegt, um zu der Stellung des zu zweit genannten Vocals zunbsp;kommen, und umgekehrt; legt man den Finger fest auf dienbsp;Zunge, so folgt er einfach ihrem Zug nach hinten bez. demVor-schieben nach vom, legt man ihn lockerer auf, so gleitet dienbsp;Zunge unter ihm fort. Anders bei einer Vocalfolge wie ienbsp;Oder ua. Hier braucht keinerlei Verschiebung der Zungen-masse nach hinten (oder bei umgekehrter Folge nach vom) ein-zutreten, wohl aber senkt sich der Zungenkrper, und zwar vonnbsp;* zu e in seinem vordem, von m zu in seinem hintem Theil,nbsp;und entsprechend steigt er von e zu von a zu m, u. s. w. Mitnbsp;andern Worten, man gelangt von i zu m, von e zu a und umgekehrt durch Horizontalbewegungen, von i zu e, von unbsp;zua und umgekehrt durch Verticalbewegungen der Zunge,nbsp;und auf diese beiden Grundformen der Bewegung lassen sichnbsp;auch alle anderen Bewegungsformen zurckfhren, die mannbsp;ausfhren muss, um von einer Vocalstellung zu einer andernnbsp;zu kommen. Man fiihlt z. B. wie bei einer Folge wie ai die

-ocr page 116-

96

247. 248. Die Vocale: 3. Bells System.

Zunge nicht nur vorgeschoben, sondern auch in ihrem vordern Theil gehoben wird, u. dgl. mehr. Man kann aber diese beidennbsp;Theile der Bewegung auch von einander isolieren, indent mannbsp;z. B. zunacbst die Zunge von der a-Stellung aus einfach vor-warts scbiebt bis zur tf-Stellung, und dann den vordern Theilnbsp;der Zunge hebt bis zur -Stellung. Man vergleiche etwa dienbsp;beiden Diagramme

und

24-7. Die (relative) Zungenstellung eines jeden einzelnen Vocals (genauer gesagt, die relative Lage der charakteristischennbsp;Enge) wird also durch zwei Stellungselemente bestimmt, dienbsp;man kurzweg als Horizontal- und Yerticalstellung be-zeichnen kann. Docb darf man diese beiden Ausdriicke nichtnbsp;allzu buchstablicb nehmen, weil der Mundraum nicht eine ge-rade, horizontal liegende Bhre bildet, sondern eine gekriimmtenbsp;Gestalt hat, bei der sich ein vorderer, mehr horizontal liegen-der Theil (zwischen Vorder- und Mittelzunge und dem hartennbsp;Gaumen sowie demAnfang des Gaumensegels), und ein hinterer,nbsp;mehr absteigender Theil (zwischen dem hintern Zungenriickennbsp;und dem hintern Theil des Gaumensegels und der Eachenwand)nbsp;unterscheiden lasst. Auch ist zubeachten, dass der vordere Theilnbsp;infolge der Wlbung des Gaumendachs in der Mitte an sichnbsp;weiter ist als an seinem vordern und hintern Ende. Von aliennbsp;diesen Unregelmassigkeiten der Gestalt des Mundraums ist beinbsp;jener Nomenclatur und der Ausgestaltung der entsprechendennbsp;Vocaltabelle (s. 266) abgesehn, indem der Mundraum schematisch als eine gerade horizontale Ehre gedacht wurde. Diesnbsp;Verfahren ist durchans zweckmassig und entspricht nur dernbsp;allgemein bei der Aufstellung orientirender Schemata b-lichen Praxis. Es ist daher kaum mehr als Selbsttauschung,nbsp;wenn einigePhonetiker geglaubt haben, Bells System dadurchnbsp;im Wesen zu verbessem, dass sie die geradlinig-rechtwinkligenbsp;Anordnung Bells (s. die Diagramme in 246 und die Vocaltabelle in 266) durch eine andere typographische Anordnungnbsp;der Vocalzeichen ersetzten, die den Kriimmungsverhaltnissennbsp;des Mundraums genauer angepasst sein soli.

248. Die Zahl der mglichen Abstufungen der Zungenstellung in horizontaler wie in verticaler Eichtung ist an sich wieder unendlich gross. Doch gengt es, fr praktische

-ocr page 117-

97

249251. Die Vocale: 3. Bells System.

Zwecke, zunachst in jeder Richtung drei Abstufungen auf-zustellen.

249. nbsp;nbsp;nbsp;Horizontale Zungenstellungen. Die Vocale sindnbsp;in dieser Beziehung entweder hintere {back^ velare), wenn dienbsp;Zunge zu ihrer Bildung aus der Ruhelage nach hinten gezogennbsp;wird und demnach die charakteristische Enge zwischen BQnter-zunge und weichem Gaumen hez. hinterer Rachenwand liegt,nbsp;wie heim sog. reinen a; oder vordere [front, palatale), wennnbsp;die Zunge vorgeschoben wird und demnacb gegen den hartennbsp;Gaumen articulirt, wie etwa beim *; oder endlich gemischtenbsp;{mixed\ palatovelare), wenn die Zunge auf ihrer Basis einenbsp;mittlere Stellung einnimmt, wie etwa bei engl. err oder deut-schem e in Gabe (es ist nur das '-ahnlich klingende unbetonte enbsp;zu verstehn, wie es etwa im Biihnendeutschen gesprochen wird;nbsp;die Dialekte haben vielfach auch e- oder a- oder a-ahnlichenbsp;Varietaten, auf die dann das oben Gesagte nicht mehr passt).

250. nbsp;nbsp;nbsp;Neben diesen Hauptstellungen sind eventuell nochnbsp;Zwischenstufen zu unterscheiden, die man als innere undnbsp;aussere [inner und outer) bezeichnen kann. So ware z. B. einnbsp;e, bei dem die Zunge gegen die i-Stellung nicht nur gesenkt,nbsp;sondern zugleich auch ein wenig zuriickgezogen wrde, als einnbsp;'inneres e zu bezeichnen, u. dgl. mehr, oder ein Laut der nachnbsp;der horizontalen Lage der Zunge zwischen dem front e^ undnbsp;dem mixed (s. unten) liegt, entweder als 'inneres oder alsnbsp;^ausseres zu bezeichnen, je nachdem er dem einen der beiden genannten Normalvocale naher liegt. In der Praxis wirdnbsp;aber kaum je mehr als ine Mittelstufe anzusetzen sein.

251. nbsp;nbsp;nbsp;Verticale Zungenstellungen. Je nach der grosseren oder geringeren Erhebung des articulirenden (horizontalen)nbsp;Zungentheils gegen das Munddach hin sind die Vocale entweder hohe (kiff/i) wie etwa das i, mittlere (mid) wie etwa dasnbsp;e, oder niedrige (low) wie etwa der Vocal in engl. air. Hohenbsp;Vocale sind also die mit geringstem Abstand der dorsalennbsp;Zungenwolbung vom Munddach, mittlere die mit mittlerem,nbsp;niedrige die mit grsstem Abstand. Als Zwischenstufen

Der Ausdruck mixed far Vocale mit horizontaler Mittelstellung der Zunge beruht auf einer irrthiimliohen Analyse Bells, weloher urspriingliohnbsp;glauhte, dass bei diesen Vocalen Vorder- und Hinterzunge gleiohzeitignbsp;articulirten. Er empfiehlt sicb aber durch seine Krze und wird schwernbsp;durch einen andem, ganz sachentsprechenden zu ersetzen sein, da der Ausdruck mittlere Vocale' ftir die Scheidung nach Verticalstellungen vor-behalten bleiben muss (s. 261).

Sievers, Phonetik. 5.Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;7

-ocr page 118-

98

252255. Die Vocale: 3. Bells System.

kann man atisserdem nock gesenkte {lowered) und erhlite [raised] unterscheiden, z. B. zwischen dem high-front~Vocsl inbsp;und dem mid-front-Yocal e nock einen lowered high-front undnbsp;einen raised mid-front-YocaX einsckieken. In der Praxis wirdnbsp;man aker auck kier meist mit einer einzigen Mittelstufe aus-kommen.

352. Spannung. Vocale wie keispielsweise deutsckes Oder englisckes langes i und sind, wie im Yorkergekendennbsp;ausgefiikrt ist, durck fprimar, vgl. 255) versckiedene Zungen-stellung Oder Zungenlage ckarakterisirt. Man muss also, umnbsp;vom i zum zu gelangen, entweder den Kieferwinkel vergrssernnbsp;(d. k. kei eventuell vollstandig innerkalk des Kiefers fixirternbsp;Zunge den ganzen Unterkiefer senken) oder den articulirendennbsp;Vordertkeil derZunge innerkalk desUnterkiefers kerakdrUcken.nbsp;Wesentlick anders ist aker der Meckanismus, wenn man z. B.nbsp;vom deutscken oder engliscken langen t zum kurzen ?, von enbsp;zu u. dgl. iibergekt. Beim langen i, fiiklt man bei einigernbsp;Aufmerksamkeit leickt, wie die Zunge zumal in dem articukren-den Vordertkeil straff angespannt ist; gekt man dann zu , nbsp;liber, so wird sie scklaffer und sinkt gewissermassen in sick zu-sammen.

253. Man kann den Spannungsuntersoliied bei den vorderen Vocalen wie , :, e auoh von Aussen her leioht durchBetasten feststellen, indemnbsp;man einen oder besser zwei Finger von unten her gegen die vorn zwischennbsp;den beiden nterkieferknochen eingebetteten 'Weiohtheile presst; bei i, nbsp;ist dann die ganze Unterwand starker angespannt, bei , e aber ersohlafftnbsp;sie. Bei den hintern Vocalen wie : oder : o muss man dagegen weiternbsp;rckwarts gelegene Theile betasten, etwa so dass man Daumen und Zeige-finger zu beiden Seiten des Kehlkopfs einsetzt und sie dann entsprechendnbsp;in die Hhe sohiebt.

254-. Bei genauerem Aufmerken findet man brigens leicht, dass der hier geschilderte Spannungsuntersohied sich nicht auf die Zunge alleinnbsp;beschrankt, sondern in analoger Weise bei allen an der Lautbil-dung activ betheiligten Organen wiederkehrt, welohe berhaupt verschiedene Spannungsgrade gestatten. Dies gilt bei der Vooal-bildung einmal von den Lippen, bei deutlioher Bundung (2C1 ff.) odernbsp;spaltfrmiger Brweiterung (264), sodann aber namentlich auoh von dennbsp;Stimmbandern. Beim Nachlassen der Mundspannung nimmt auoh dienbsp;Stimmbandspannung ab, und umgekehrt. Dies macht sich praktisch innbsp;einer entsprechenden 'Verdumpfung bez. Brhellung des betreffendennbsp;Vooalklangs bemerkbar (vgl. noch 256); insbesondere ist dabei charakte-ristisch, dass auch die Tonhhen der 'ungespannten Vocale (256) etwasnbsp;tiefer liegen als die der jeweilen correspondirenden 'gespannten Vocale.

355. Solcke Spaimungsuntersckiede zieken sick nun durck das ganze Vocalsystem kindurck. Man kat daker auck berall

-ocr page 119-

99

256. 257. Die Vocale: 3. Bells System.

zwischen gespannten und ungespannten Vocalen zu unter-scheiden. Doch ist dahei darauf zu achten, dass der Unter-schied der Spannungs- und Entspannungsgrade in den einzelnen Sprachen sehr verschieden sein kann, dass es sich also ahermalsnbsp;nm einen relativen Gegensatz handelt. Auch die Yertheilungnbsp;der heiden Arten von Vocalen kann sehr verschieden sein. Dienbsp;Beohachtung wird da wesentlich erleichtert, wo sich der Gegensatz zwischen Spannung und Mchtspannung mit einem andern,nbsp;z. B. quantitativen, Gegensatz verbindet. Dies ist z. B. imnbsp;Deutschen und Englischen der Fall, indena hier die langennbsp;Vocale wie i, , , o meist gespannt, die kurzen wie , , , nbsp;meist ungespannt sind.

356. nbsp;nbsp;nbsp;Die ungespannten Vocale klingen tiefer und dumpfer,nbsp;weniger 'metallischquot; als die gespannten. Dies heruht einerseitsnbsp;auf der Verschiedenheit der Besonanz von Luftraumen mitnbsp;schlaffen und elastischen Wanden (345), andrerseits auf dernbsp;Verschiedenheitder Stimmhanderspannung (354), endlichspielennbsp;auch Verschiedenheiten der Zungenform mit ein. Doch sindnbsp;diese letzteren, wenn sie natrlich auch eine Verschiedenheitnbsp;der Gesammtstellung der Zunge involviren, als secundar zu be-zeichnen, da sie durchaus von Spannung und Nichtspannungnbsp;der Zunge abhangen. Wie jeder angespannte Muskei wlbtnbsp;sich namlich auch die gespannte Zunge in dem articulirendennbsp;Theil starker convex nach oben, als wenn sie entspannt wirdnbsp;und damit zusammensinkt. Die starker gespannte Zunge trittnbsp;daher auch bei gleicher Hhenstellung (351) dem Munddachnbsp;naher als die ungespannte, daher ist denn auch die Mundweitenbsp;der ungespannten Vocale etwas grosser als die der entsprechen-den gespannten, aber der Gegensatz ist wesentlich andrer Artnbsp;als etwa der zwischen hohen und mittleren oder mittleren undnbsp;tiefen Vocalen. Man vergleiche etwa den Gegensatz zwischennbsp;* und , und einerseits, und den zwischen * und , und nbsp;andrerseits; der erstere heruht auf der Verschiedenheit dernbsp;Zungenhhe, der letztere auf der Spannungs verschiedenheit der articulirenden Weichtheile.

357. nbsp;nbsp;nbsp;Den hier geschilderten Gegensatz zwischen 'gespannt undnbsp;ungespannt hezeichnete Bell mit den 'Namenprimary und wide; dafiirnbsp;hat Sweet seinerseits narrow und wide eingefhrt, was man dann abermalsnbsp;mit eng und weit bersetzt hat. Diese (auch noch in der 4. Auflagenbsp;dieses Buches gebrauohte) Bezeichnungsweise ist an sich nicht unriohtig,nbsp;da sie an die thatsaohlich bestehenden Unterschiede der Mundweite (256)nbsp;anknpft, aber doch nicht ganz empfehlenswerth, insofern sie Ver-wechslungen mit den durch verschiedene Hhenstellungen der Zunge

7*

-ocr page 120-

100

258261. Die Vocale; 3. Bells System.

hervorgerufenen Verschiedenheiten der Vooalbildung nicht ganz aus-schliesst. Diese Gefahr vermeidet man bei consequenter Anwendung der Namen gespannt und ungespannt, welche die entsprechende Be-sonderheit der Articulation ganz unmissverstandlich zum Ausdruck bringen.

258. nbsp;nbsp;nbsp;Manhiite sich auch davor, die Begrifie gespannt (oder eng)nbsp;und ungespannt (oder weit) mit denen zu verweohseln, welche dienbsp;althergebrachten Ausdriicke geschlossen und often bezeichnennbsp;sollen. Diese letzteren wollen nur aussagen, dass ein Vocal geringere odernbsp;grssere Mundweite habe als ein anderer, aber ohne alle Rcksicht auf dienbsp;Verschiedenheit der Articulationsweise, welche die Differenzen der Mundweite im einzelnen Pall hervorruft, speciell also ohne Rcksicht darauf ohnbsp;die speoifischeMundweite auf grosserer oder geriiigerer Erhebung {261)nbsp;oder auf grosserer oder geringerer Spannung der Zunge beruht, odernbsp;auf einem Gemisch von beiden. Ein Vocal kann also offener sein als einnbsp;anderer, weil er geringere Zungenhohe hat, oder aber weil er geringerenbsp;Spannung hat, und umgekehrt bei den geschlossenen Vocalen. Im einzelnen Pall kann sich also wohl einmal gespannt mit geschlossen decken,nbsp;aber es muss nicht so sein. So nennen wir z. B. das kurze deutsohe *nbsp;offen im Gegensatz zum geschlossenen langen % (oder offener als dasnbsp;lange i), und das deckt sich hier auch wirklich mit dem Unterschied vonnbsp;ungespannt und gespannt. Wir sagen aber z. B. auch das engl. ai, e innbsp;Wrtern wie air, there sei offener als das deutsche lange in See u. dgl.:nbsp;hier sind aber beideVocale gespannt, aber sie haben verschiedene Zungenhohe (das deutsohe als mittlerer, der englisohe Laut als tiefer Vocal).nbsp;Nicht minder nennen war auch z. B. das engl. a in man, hat offener alsnbsp;das deutsohe e, a in helfen, Miichte, da dooh beide trotz verschiedenernbsp;Zungenhohe in gleioher Weise ungespannt sind. Da wo die Grammatiknbsp;mit geschlossenen oder geschlosseneren und ofifenen oder offenerennbsp;Vocalen operirt, muss also die Phonetik jedesmal erst des Genaueren con-statiren, was mit dem mehrdeutigen Ausdruck gemeint ist.

259. nbsp;nbsp;nbsp;Lippenarticulation derVocale. Zu jederZungen-stellung und -spannung kann eventuell eine besondere, selb-standige Articulation der Lippen binzutreten. Diese Articu-lationen besteken nacb dem, was in 42 erortert worden ist,nbsp;entweder in einer Rundung [rounding^ Labialisirung), dienbsp;mit oder ohne Vorstiilpung der Lippen ausgefiihrt werden kann,nbsp;oder in einer spaltfrmigen Ausdehnung der Lippen-lnung.

260. nbsp;nbsp;nbsp;Zu beachten ist dabei, dass nach 254 Vocale mit gespannternbsp;Zunge die Spannung bis zu einem gewissen Grade auch auf die Lippennbsp;ausdehnen, sofem diese bei der Articulation activ betheiligt sind. Mannbsp;beachte etwa den Spannungsunterschied der Lippen bei deutsohem langemnbsp;(gespanntem) und kurzem (ungespanntem) u oder entsprechendem o : onbsp;u. dgl. Je grosser die Activitat der Lippen, um so deutlicher ist auch dernbsp;Spannungsunterschied, d. h. er ist deutjicher bei stark als bei schwachnbsp;gerundeten Vocalen (vgl. 261), u. dgl.

261. nbsp;nbsp;nbsp;Run dung. Innerhalb dieser sind im Einzelnen wieder Abstufungen nach dem Grade der Verengung der

-ocr page 121-

101

262. 263. Die Vocale: 3. Bells System.

Lippenffnung und nach ihrer Form zu unterscheiden. Was die ersteren anlangt, so unterscheidet Sweet drei natiirlichenbsp;Hauptabstufungen, welche baufig den Abstufimgen der Zungen-hohe entsprechen, indem gerundete bohe Yocale sebr gewhn-lich die engste, niedrige Yocale die weiteste, mittlere Yocalenbsp;eine mittlere Lippenffnung haben. Man vergleiche z. B. dienbsp;Yocale in engl. who, no, saw, dentsch du, so, dialektiscb ja.nbsp;Bei dem u sind die Lippen bis auf eine ganz enge Oeffnung zu-sammengezogen, bei o ist die Oeffnung weiter und breiter, undnbsp;beim d sind nur die Mundwinkel etwas zusammengezogen.nbsp;Dock ist dieser Parallelismus zwischen Zungenbobe und Bun-dungsgrad meist nur ein babitueller, und nur insofern durcbnbsp;natiirbcbe Yerbaltnisse geboten, alsYocale mit niedriger Zungen-stellung und dem entsprecbender starkerer Senkung des Unter-kiefers kaum eine sebr starke Yerengung der Lippenffnungnbsp;gestatten. Sonst kann sicb auch eine Rundung ersten Grades,nbsp;wie wir sie etwabei dem 'geschlossenen' (d.b. bier quot;gespanntenjnbsp;u baben, auch mit einer niedrigeren Zungenstellung yerbinden,nbsp;u. s. w. Als Beispiel kann das deutsche gescblossene wie innbsp;her dienen; dasselbe hat die starke Rundung des u, aber dienbsp;Zungenstellung des geschlossenen e, welches ein Yocal vonnbsp;mittlerer Zungenbobe ist.

363. Was sodann die Formunterschie de in der Rundung betrifft, so unterscheide man im Einzelnen, ob die Rundungnbsp;bloss durcb Yerticalbewegung der Lippen gegeneinander erzeugtnbsp;wird (verticale Rundung), oder durcb Einziehung der Mund-mnkel (horizontale Rundung), oder durcb beides zugleichnbsp;(gemischte Rundung); ferner ob die Lippen ihren natiirlichennbsp;Abstand von den Zabnen behalten oder an diese starker an-gepresst oder aber vorgestiilpt und dadurch von den Zabnennbsp;abgeboben werden (43 ff.).

363. Sweet definirt Rundung als 'a contraction of the mouth cavity by lateral compression of the cheek passage and narrowing of the lipnbsp;aperture. Er unterscheidet daher mit Bell neben der Lippenrundungnbsp;auch noch eine innere oder quot;VVangenrundung [inner rounding, cheek-rounding, cheek-narrowing), und bemerkt, dass die Rundung immer aufnbsp;den Theil des Mundes concentrirt sei, wo der betreffende Vocal gebildetnbsp;werde (vgl. auch Primer S.lf.). Bei der Rundung von vorderen Vocalen,nbsp;wie des franz. u, sei die quot;Wangencompression hauptsachlich auf die Mundwinkel und die unmittelbar daran grenzenden Partien der Wangen be-schrankt, wahrend bei hinteren Vocalen, wie dem (deutsohen) u, die Haupt-compression in den hinteren Theilen der Wangen stattfinde. Wenn hinterenbsp;Vocale bloss mit Lippenverengung, ohne gleichzeitige innere Rundungnbsp;ausgesprochen werden, erhalt man naoh ihm nicht die entsprechenden

-ocr page 122-

102

264266. Die Vocale; 3. Bells System.

gerundeten Vocale, sondern nur dumpfe (muffled) Varietaten der gewohn-lichen Laute. Ebenso ist, wenn ein vorderer Vocal nur mit iimerer Run-dung ausgesproohen wird, das Resultat nur ein dumpfer 'gutturalisirter Vordervooal, nicht ein gerundeter Vordervocal (Sweet S. 13fif.). Es istnbsp;ricMig, dass bei der Rundung duroh Anpressung der Lipjien an die Zahnenbsp;auch die Wangen z. Th. eine straffere Spannung annehmen, aber ich vermag nicht dieser eine derartig besondere Bedeutung beizulegen wie Bellnbsp;und Sweet es thun, da doch die Wangen auch in schlaffem Zustande an dennbsp;Zahnreihen anzuliegen pflegen, also wenigstens die Gestalt des Resonanz-raums auf diese Weise nicht wesentlich verandert werden kann. Einennbsp;Einfluss der Spannung auf die Resonanzwirkung des Mundraums wird mannbsp;allerdings nach dem in 245 Bemerkten auch hier nicht principiell leugnennbsp;diirfen. Doch bedarf die Sache noch naherer Aufklarung, namentlich auchnbsp;nach der Seite der Erage hin, welche Rolle die in 254 erwahnte Versohie-denheit der Stimmbanderspannung im einzelnen Ealle spielt.

264. nbsp;nbsp;nbsp;Spaltfrmige Ausdehnung der Lippenffnungnbsp;(42) findet sicli namentlicli oft bei den vorderen Vocalen, dienbsp;dadurch einen helleren Klang erhalten, kann aber auch, wienbsp;Sweet hemerkt, anf andere Vocale ausgedehnt werden. Auchnbsp;eine Verbindung von verticaler Rundung und Auseinander-ziehen der Mundwinkel ist mglich und scheint sich hie und danbsp;thatsachlich zu finden.

265. nbsp;nbsp;nbsp;Von diesen Gesichtspunkten ausgehend stellt dasnbsp;enghsche System zunachst 18 (=9gespannte undOungespannte)nbsp;Normalvocale ohne active Betheiligung der Lippen auf, undnbsp;stellt diesen weitere 18 entsprechende gerundete Normalvocalenbsp;gegeniiher, indem es die spaltfrmige Ausdehnung der Lippenffnung als weniger wesentlich hei Seite lasst und von den ver-schiedenen Arten und Formen der Rundung fiir jede Zungen-hhe je nur eine correspondirende Stufe in Rechnung zieht. Dienbsp;so gebildete Vocaltafel umfasst danach 36 Grundvocale, s. dienbsp;Tabelle S. 103.

266. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Tabelle ist die vou Sweet aufgestellte Vocaltafel mit dennbsp;Verbesserungen und Zusatzen von Storm. Nur weioht die Anordnung innbsp;so weit ah, als Sweet die gespannten und ungespannten Vocale von ein-ander trennt; bei ihm lautet die oberste Vooalreihe f, Ih, i; A, ih, i,nbsp;wahrend ich vorgezogen habe, die gespannten und ungespannten Eormennbsp;der Vocale sonst gleicher Zungenstellung neben einander zu geben.

-ocr page 123-

Lauttabelle I. Vocale.

Velare

Gespannt (narrow)

(back)

Ungespannt (wide)

Palato-vel Gespannt (narrow)

ire (mixed) Ungespannt (wide)

Palatale

Gespannt (narrow)

(front)

Ungespannt (wide)

K

o

o

p*

g

cw

V

A* if high-back) Gael. loogh

A2 (A high-back)

* (ih high-mixed) nordwelsch. tag,nbsp;russ. syn

'2 (/h high-mixed) geleg. engl. pretty

11 (i high-front) frz. fin, d. ilm,nbsp;sie

12 (i high-front) engl. bit, pity,nbsp;nordd. Fisch

g

(

?

amp;l

?1

lt;w

o*

5

ai (b mid-back) engl. but

a2 (a mid-back) engl. father, it.nbsp;padre, nordd.nbsp;Voter

el (eh mid-mixed) d.Gabe, dan.norw.nbsp;Gave, schw. gosse

e^ (eh mid-mixed) engl. eye

el (e mid-front) frz. e'te', d. See

e2 (c mid-front) diin. trlt;, d. Manner, ^ehre,nbsp;engl. men

B* ( low-back) geleg. schott. but

B^ (a low-back) schott. father,nbsp;sdostd. Voter

6' (seh low-mixed) engl. bird

(eeh low-mixed) engl. how

86i (ae low-front) engl. air, schwed.nbsp;lara

(eg low-front) engl. man

Gerundet (round)

^23

o

o

ts

5*.

n' (u high-back) frz. sou, d. du

u2 (tt high-back) engl. Ml

ni (nh high-mixed) norw. hus

u'2 (mIi high-mixed) norw. huska

yi (y high-front) frz. lune [d. ber]nbsp;dan. Lj/s

y2 {y high-front)

[d. SchiVtzen], diin. Lyst

g

ei

'l

0* (0 mid-back) d. so, frz. seau,nbsp;it. dolore

0'2 (o mid-back) nordd. Stock, voll

o (oh mid-mixed)

0^ (oh mid-mixed) frz. homme, norw.nbsp;schwed. dial, godt

flfi (a mid-front) frz. pea, [d. schn,nbsp;Tne]

e2 {9 mid-front) frz.pewple [d. Viil-ker(niederd. sn=nbsp;Sohn?)]

*

0lt;

o5

*

3' (o low-back) engl. saio

ofi {o low-back) engl. not, folly

3* (dIi low-mixed)

(oh low-mixed)

eel (oe low-front) schwed. for

ee2 (08 low-front)

to

05

05

lt;1

O

Oi

W

CO

o

OJ

-ocr page 124-

104

267270. Die Vocale: 3. Bells System.

267. nbsp;nbsp;nbsp;In dieser Tabelle sind die Transscriptionen, welchenbsp;Sweet im Handbook gebraucht, an zweiter Stelle in Klammeninbsp;beigefiigt. Abweichend von ihm sind bei unserer Transscriptionnbsp;im Anschluss an das oben bei der Darstellung der alterennbsp;deutschen Systeme befolgte Verfahren die gespannten Vocalenbsp;dnrch den Exponenten h die ungespannten durch den Exponenten 2 bezeichnet, wahrend Sweet die ersteren unbezeichnetnbsp;lasst, die letzteren durch Oursivdruck unterscheidet. Die 'ge-mischten' Vocale bezeichnet Sweet im Handbook durch bei-gesetzte 7, spater durch Uebersetzen eines Doppelpunkts, alsonbsp;a, etc. Unsere Transscription folgtdemVorschlage von Storm,nbsp;welcher nur einenPunkt zur Bezeichnung dieser Vocalreihe an-wendet (einen Doppelpunkt erhalt danach nur das i neben i).

268. nbsp;nbsp;nbsp;Um dieses System zu studiren beginnt man nachnbsp;Storm am besten mit deni langen 'geschlossenen^, genauer 'ge-spannten%' inihn, sie (U, high-front-narrow). Wenn man ausnbsp;dieser Stellung den Zungenrucken (oder aber den ganzen Unter-kiefer, 252) allmahlich senkt, sonst aber dieselbe Spannungnbsp;und Form der Zunge behalt, erhalt man erst das gespanntenbsp;fgeschlossene') e in See mid-front-narrow), dann das breitenbsp;d im schwed. Uira (ee\ low-front-narrow), welches Storm imnbsp;Wesentlichen mit dem ital. e in dello, spavento identificirt.

269. nbsp;nbsp;nbsp;Doch gibt Sweet naohtraglich S. 211 zu, dass beim TJebergaiignbsp;von engl. D zu und nicht nur die Zunge gesenkt, sondern der Ortnbsp;der grossten Enge weiter riickwarts verlegt wird, so dass die Grosse desnbsp;Resonanzraums nach beiden Richtungen hin wachst. Bbenso bemerktnbsp;Sweet riohtig, dass man dem 1 denselben Grad der Enge geben kann wienbsp;dem G, ohne die beiden Laute zu vermischen. Solche Specialitaten sindnbsp;bei der Lautbeschreibung im Einzelnen natiirlich jedesmal genau zu vermerken. Auf jeden Fall aber ist zu beachten, dass cine Zuriickziehungnbsp;der Zunge bei tieferem Stand keinesf'alls nothwendig ist, wenn sie auch annbsp;sich nahe liegt (um die erforderliche Grosse und Gestalt des Resonanzraums im Vordermund bequemer herzustellen).

270. nbsp;nbsp;nbsp;Dannspreche mandas'ofl:ene(d.h. hier 'ungespannte^inbsp;i in Fisch (t 2, high-front-wide, man hiite sich aber dabei in dennbsp;M-ahnlichen Laut zu verf alien, mit dem man in ISforddeutsch-land oft das kurze i spricht). Dabei wird die Vorderzunge losernbsp;und schlaffer als beim geschlossenen i\ Wenn man von diesernbsp;Stellung aus die Zunge senkt, so erhalt man zuerst das 'offenenbsp;biihnendeutsche e in Mensoh, helfen mid-front-wide), welchesnbsp;mit d in Manner identisch ist, engl. e in men^ pen, dannnbsp;durch noch tiefere Senkung das engl. a in man (2^ low-front-wide].

-ocr page 125-

105

271.272. Die Vocale: 3. Bells System.

271. Zur Veranschaulichung der entspreclienden gerun-deten Vocale ist der deutsche Yocalismus nicht geeignet. Es wird zwar meist (anch noch von Sweet und Storm) angenommen,nbsp;dass dem als Rundungsvocal high-front-narrow-round)nbsp;das deutsche in Uber, Siihne entspreche, dem e als dasnbsp;'geschlossene in Sohne (mid-front-narrow-round), ferner demnbsp;*2 als das offene^ in Snde, schutzen (high-front-wide-round),nbsp;und dem als (j^s 'offene in Gtter, Stcke (mid-frontwide-round), doch beruht diese Annahme auf einer falschennbsp;Analyse der Stellungen dieser Laute (weswegen die hetreffen-den Beispiele in der Tahelle eingeklammert sind). Abgesehennbsp;Yon individuellen Schwankungen hat das 'geschlossenequot; deut-scher Wrter die Zungenstellung des 'geschlossenen e, dasnbsp;'offenequot; die eines etwas 'offenerenquot; e; das 'geschlossene' o dienbsp;des (7, das ^offene etwa die des engl. a in man, hat, d. h. innbsp;den deutschen , o steht die Zunge je urn eine Stufe tiefer alsnbsp;in den i, e (dafiir ist die Run dung sehr stark: heim werdennbsp;oft die Lippen an die Zahne gepresst, auch wo sie heim u vor-gestlilpt werden). Das deutsche ist also sozusagen nicht so-wohl als als vielmehr als quot;eju zu charakteiasiren, wennnbsp;man die beiden Eactoren der Zungenstellung und des G-e-sammtklangs hezeichnen will. Wirkliche ijU sprechen wir da-gegen (mindestens oft) in Eremdwrtern, zumal fr griechischesnbsp;y, also z.B. in Lyrik, Physik, Myrte u. dgl. Andere Sprachen,nbsp;wie das Franzsische und die skandinavischen Sprachen, hesitzennbsp;dagegen ganz allgemein - und o-Laute, welche den ungerun-deten Vordervocalen i, e, lt;b fast ganz genau entsprechen. Dasnbsp;u von franz. lune, das y von dan. Lys hat wirklich die Zungenstellung des P, das franz. eu you pen die des ei; durch noch-malige Senkung der Vorderzunge gelangt man von da zu demnbsp;breiten schwed. und ostnorw. o in for (i, low-front-narrow-round), welches auch in dem franz. nasalirten un die vocalischenbsp;Grundlage bildet. Ebenso ist das dan. y in Lyst ein dernbsp;Stellung in der Tabelle entsprechendes y^ (high-front-wide-round), das franz. eu in peuple, gedehnt in peur, beurre einnbsp;ebensolches (mid-front-wide-round) u. s. w.

372. Genau parallel der Beihe der Palatalvocale lauft, soweit berhaupt vertreten, auch im Deutschen die Beihe dernbsp;gerundeten Velarvocale. Wir gelangen durch einfachenbsp;Zungensenkung vom deutschen gespannten langen u in du [unbsp;high-back-narrow-round) zu langem gespanntem o in so (o^, mid-back-narrow-round) und zum gespannten englischen aw in saw

-ocr page 126-

106

273. Die Vocale: 3. Bells System.

{o\ low-back-narrow-round) und vom ungespannten ('offenen) kurzen z. B. in deutschem und, engl. full [u^, high-back-wide-round) zu deutschem ungespanntem o in S'loc/e {o^, mid-back-wide-round) und dem engl. ungespannten kurzen o in not {d^,nbsp;low-back-wide-round).

273. Schwieriger ist fiir den Deutschen die Beihe der nicht gerundeten Velarvocale, d.h. des a und seiner nach-sten Verwandtschaft. Hier ist das (mid-back-wide) das sog.nbsp;reine a des Italienischen und der deutschen Biihnenaussprachenbsp;(nicht aber das franz. kurze a in madame, patte, welches, wienbsp;Storm zeigt, etwas palatalisirt ist, Storm bezeichnet es als ci];nbsp;von ihm ist das englische u in but {a\ mid-back-narrow) nurnbsp;durch starkere Wlbung der Hinterzunge nach dem Gaumen-segel zu unterschieden, die sich aus der starkeren Spannung dernbsp;Zunge ergibt. Storm betont mit Becht nachdriicklich, dassnbsp;dieser Laut mit dem deutschen gar nichts zu thun hat, ob-schon er ein deutsches, skandinavisches oder franzsisches Ohrnbsp;daran gemahnt (namentlich miissen die Lippen durchaus geffnetnbsp;gehalten werden); vielmehr geht das u (a^) im Englischen selbstnbsp;nahezu in a (d. h. a^) ber. Den Laut findet Bell in demnbsp;gael. laogh, das ich nicht von Eingebornen gehort habe, undnbsp;Sweet in dem armen, e (Lepsius), z.B. in dem Artikel ez (diesernbsp;letztere Laut klingt uns auch sehr -ahnlich). In Deutschlandnbsp;scheint sich das a nur in Diphthongen zu finden. So bildetnbsp;ein oder 'oienes' das Anfangsglied des Diphthongs einbsp;(= mhd. i) wie in sei, weil, Zeit in vielen schwabischen Mund-arten, ein 'offenes das Endglied des Diphthongs au, wie innbsp;Haus in thiiringisch-sachsischen Dialekten, u. s.w. Der Laut a^nbsp;erscheint nach Bell auch in der Cockney-Aussprache des langennbsp;0, z. B. in no gesprochennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;nach Sweet auch vielleicht

manchmal im diphthongischen i, z. B. dem Pronomen I, gesprochen A^^ (gewhnlicher soweit ich urtheilen kann, ist a2 der regelrechte Anfangslaut des englischen diphthongischen inbsp;in der Irish brogue). Das erscheint nach Sweet haufig in dernbsp;schottischen und provinciell auch in der englischen Aussprachenbsp;in but, cut 11. s. w.; Sweet findet es auch als gewohnlichen Lautnbsp;des kurzen a im Mittel- und Siiddeutschen(?), z.B. in Kaffee-kanne. Das igt nach Sweet das schottische a in man, hatnbsp;und das schwedische lange a in fader, far a, nach Storm auchnbsp;das sd(ost)deutsche etwas dumpfe a in Vater u.s.w., auch dasnbsp;franz. a in lache,pdte.

-ocr page 127-

107

274.275. Die Vocale: 3. Bells System.

274. nbsp;nbsp;nbsp;Am wenigsten leicht verstandlich fiir den Deutschennbsp;sind die Articulationen der gemischten Vocale. An dernbsp;Spitze steht das gespannte russ. jery (f^), aus diesein entstehtnbsp;durch Senkung der Zunge das deutsche -hnliche unbetonte enbsp;in Gabe u. s. w. (vgl. 249; doch ist die Spannung dieses Lautesnbsp;fast mehr als fraglich, vgl. auch Storm^ S. 137), aus diesemnbsp;durch abermahge Senkung das in engl. bird. Den unge-spannten Laut, welcher dem russ. jery entspricht, findet Sweetnbsp;oft gebraucht va. pretty und just und einigen andern englischennbsp;Wortern; nach Bell ist der zweite Vocal in Worten fishesnbsp;dieses *2; mir scheint sehr oft unbetontes langes u im Englischen zu zu werden (wenn der Vocal nicht ganz verdrangtnbsp;wird), z. B. in regtdar, natural^ betontes u auch oft in curiousnbsp;(gesprochen kj/ih-ies oder kQ)i^ruh]. Die beiden m kommennbsp;nach Sweet oft in nachlassiger Aussprache fiir engl. oo vor,nbsp;z. B. in tu'^w Oder tu^w fiir two', 6^ in der sogenannten 'ajffectir-ten^ Aussprache des engl. no u. s. w., ist nach Ellis das langenbsp;sterreichische a in quot;Euer Gnaden, 5^ nach Bell die Cockney-Aussprache des a in ask u. s. w.

275. nbsp;nbsp;nbsp;Dies System bezeichnet, wie man sieht, einen Fort-schritt insbesondere in zwei Richtungen. Einmal weil es sichnbsp;von der alten irrigen Vorstellung von dem Parallelismusnbsp;zwischen Klangreihen und Articulationsreihen emancipirt hat,nbsp;sodann weil es die constituirenden Zungenstellungen und -span-nungen von den modificirenden Lippenarticulationen nach Ge-biihr trennt. Gleichwohl darf auch dies System noch nicht fiirnbsp;abgeschlossen geiten. Abgesehen davon, dass im Einzelnen,nbsp;wie gelegentlich des deutschen u und bemerkt wurde, dennbsp;Bearbeitern desselben falsche Analysen der Stellung dieses odernbsp;jenes Vocals untergelaufen sein knnen (was aber natiirlichnbsp;kein Argument gegen die Richtigkeit der Eintheilungsprinci-pien ist), so sind einige der angefiihrten Kriterien z. Th. nochnbsp;etwas zweifelhafter Natur und erfordern noch genauere Unter-suchung. Namentlich gilt dies wohl auch heute noch von dernbsp;Enterscheidung der gespannten und ungespannten Vocale, insbesondere auch, wenn man zugleich das in 254 Errterte mitnbsp;beizieht. Der Unterschied in der Spannung der articulirendennbsp;Organtheile ist zweifellos vorhanden, aber ob er das einzigenbsp;bedingende Moment fiir die Scheidung der beiden Gruppen ist,nbsp;muss einstweilen noch dahingestellt bleiben (s. hierzu besondersnbsp;die Ausfiihrungen von Storm ^ S. 136 ff.). Ferner liegt es aufnbsp;der Hand, dass die Tabelle iiber den Bestand der gerundeten

-ocr page 128-

108

276. Die Vocale: 3. Bells System.

Vocale keinen Anspruch auf allgemeine Giiltigkeit haben kann, weil das Verhaltniss von Rundung und Zungenarticulation nichtnbsp;iiberall das gleiche ist. Das deutsche ii findet so, nm bei diesemnbsp;Beispiel stehen zu bleiben, in der Tabelle keinen Platz. An dienbsp;Stelle des y gehort es nicht, weil es andere Zungenstellung hat,nbsp;und die ihm nach der Zungenstellung gebhrende Stellung istnbsp;bereits durch das 0 der Tabelle occupirt, und wollte man esnbsp;dahin versetzen, so fiele wiederum das 0 aus. Unanfechtbar istnbsp;dagegen, wie mir scheint, das Anordnungsprincip fr die Vocalenbsp;ohne active Lippenthatigkeit. An die Stelle der inen Tabellenbsp;fr 'gerundete' Vocale mssen dagegen ohne Zweifel Special-tabellen treten, die sich nicht nur auf die gerundeten Vocale,nbsp;sondern eventuell auch auf die Vocale mit spaltfrmiger Er-weiterung der Lippen zu erstrecken haben (soweit man die letz-tere nicht etwa durch Hlfszeichen hervorheben will, die mannbsp;an den Zeichen fr die Vocale ohne Lippenmodification an-bringt). Fr die Anordnung der Vocale in diesen Special-tabellen muss natrlich wieder die Zungenstellung massgebendnbsp;sein. So wrden z. B. die und des Franzsischen, Danischennbsp;und Deutschen in den Specialtabellen in folgender Ordnungnbsp;einzutragen sein:

franz. dan. deutsch

Zu jeder Specialtabelle wrde dann ein besonderer Vermerk ber Grad und Form der Lippenmodification hinzuzufgen sein.nbsp;Mit diesen Modificationen wird das System allen billigerweisenbsp;zu machenden Anforderungen entsprechen, insofern es eine ob-jectiv richtige und praktisch durchfhrbare Classification dernbsp;Glieder jedes Einzelvocalismus gestattet.

2'76. Gegen diesen Satz darf nicht der Einwand erhoben werden (der thatsachhch erhoben worden ist), dass Niemand imnbsp;Stande sei, 36 und mehr Vocale durch das blosse Muskelgefhlnbsp;aus einander zu halten. Das ist auch niemals so verlangt worden. Fr die Einbung jeder einzelnen Stellung sind natrlichnbsp;die Controlmittel, welche das Gehr bez. die akustische Be-stimmung der Bigentne etc. bieten, hier ebenso anwendbarnbsp;wie bei jedem andern System, und darnit fallt jener Einwandnbsp;zu Boden. Wie weit der Einzelne in der Sicherheit der

-ocr page 129-

109

277. 278. Nasalvocale.

Nachbildung fremder Laute gelangt, ist Sache seiner Technik, und nicht jedem wird es gelingen, in dieser Beziehung idealennbsp;Anforderungen zu gengen. Dagegen kann man verlangen nbsp;und dies Ziel ist erreichbar , dass jeder Beobachter sich bernbsp;die relative Zungenlage und -spannung sowie die relativenbsp;Lippenstellung seiner Vocale und deren Yerbaltniss zu dennbsp;Articulationen fremder Vocale klar werde. Zu diesem Zielenbsp;fhrt, wie bereits in 246 angefhrt wurde, am sichersten undnbsp;leichtesten ein genaues Studium derjenigen Bewegungen desnbsp;ganzen Zungenkrpers oder einzelner Theile desselben, welchenbsp;von der Stellung eines Vocals zu der eines andem fbren, undnbsp;gerade zu dem Studium dieser Bewegungen gibt die Anordnungnbsp;der Vocale in dem englischen System die beste Anleitung.

Nasalvocale.

277. nbsp;nbsp;nbsp;Streng genommen kann jede Vocalnance mit demnbsp;Nasenton gebildet werden. Dabei sind verschiedene Starke-grade der Nasalirung zu beobacbten, je nachdem sicb dasnbsp;Gaumensegel mehr oder weniger von der hinteren Eachenwandnbsp;abhebt und sicb der Zunge nahert. Je mehr dies geschieht, umnbsp;so starker wird der nasale Klang des Vocals. Da aber, sovielnbsp;wir wissen, keine Mundart mehr als ine Stufe der Nasalirungnbsp;entwickelt bat, so braucht aucb nur ein allgemeines Zeichen frnbsp;ihr Vorhandensein festgesetzt zu werden; wir walden dazu ein ,nbsp;an dem Vocal [q, e, {, o, ti u. s. w.). Die Stufe der Nasalirungnbsp;ist fr die Einzelmundart jedesmal genauer zu bestimmen undnbsp;eventuell durcb ein Hlfszeicben auszudrcken.

278. nbsp;nbsp;nbsp;Man darf nicht ohne Weiteres die franzsischennbsp;Nasalvocale als Reprasentanten dieser Gattung auffassen. Dienbsp;Nasalirung derselben ist auf jeden Ball starker als die dernbsp;meisten deutschen Mundarten, welche die Nasalirung berhauptnbsp;kennen. Es ist aber noch zweifelbaft, ob diese starkere Nasa-lirung bloss durcb starkere Senkung des Gaumensegels odernbsp;aucb durcb eine besondere velare Engenbildung zwischennbsp;Zungenrcken und Gaumensegel bedingt wird, wie Bell undnbsp;nacb ibm Sweet (doch zweifelnd, vgl. Handb. 211) und Stormnbsp;annebmen. In einem Falie babe icb sicher eine starkere Wl-bung der Hinterzunge zum Gaumensegel bin beim ebergangnbsp;von zu q beobachtet. Die franzsischen Nasale sollten also,nbsp;wie Storm^ g. 59 bemerkt, eigentlich Velarnasalvocalenbsp;beissen; die deutschen Nasalvocale aber scheinen aucb ibm rein

-ocr page 130-

110

279281. Gemurmelte Vocale.

nasal, d. h. oline velaren Oharakter gebildet zu werden. Da-gegen findet Storm im Polnischen auch noch dentale und labiale Varietaten; Die polnischen Nasalvocale e, q nehmennbsp;vor d, t einen mehr dentalen, vor 5, p einen mehr labialennbsp;Oharakter an, so dass ein unvollkommenes n oder m mit demnbsp;Vocal verschmilzt, indem bei Zahnen und Lippen eine ahnlichenbsp;lose Annaherung stattfindet, wie sonst beim weichen Gaumen,nbsp;p^ta, Dqbrowsku

Gemurmelie Vocale.

279. nbsp;nbsp;nbsp;Zu allen vollstimmigenVocalenknnen, wie geflsterte

(81 f .), so auch gemurmelte Parallelen (84 ff.) gebildet werden. Letztere treten namentlich auf bei durchgehender Anwendungnbsp;der Murmelstimme statt der Vollstimme. Ausserdem findennbsp;sich aber auch beim lauten Sprechen an unbetonten^, d. h. nach-druckslosen Stellen der Eede sehr oft Murmelvocale; es gehrennbsp;dahin z. B. die sog. geschwachten e des Deutschen (deren richtigenbsp;Aussprache solchen Auslandern, welche in ihrer Muttersprachenbsp;keine Murmelvocale kennen, ziemliche Schwierigkeiten zu be-reiten pflegt), das hebr. Schwa mobile () nebst den zugehrigennbsp;Ohatephsnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;, ), vermuthlich auch die sog. Svarabhakti-

vocale des Indischen u. dgl. Wir bezeichnen diese Murmelvocale durch kleine Vocalzeichen ber der Linie, z. B. nhd. hatte, gesprochen aP.

280. nbsp;nbsp;nbsp;Wie das Beispiel des Hebraischen zeigt, knnen auchnbsp;da, WO Murmelvocale infolge blosser Nachdruckslosigkeit annbsp;die Stelle vollstimmiger Vocale in lanter Eede treten, noch ver-schiedene V ocalqualitaten unterschieden werden, aber ihr Klang-unterschied fallt wegen der Schwache der Stimme nicht so insnbsp;Ohr, und meist wird auch wegen der Nachdruckslosigkeit dernbsp;betreffenden Silben die specifische Articulation weniger correctnbsp;ausgefhrt, so dass schliesslich an Stelle aller Vollvocale unter-schiedslos ein einziger Murmelvocal (der sog. unbestimmtenbsp;Vocal, jetzt auch wohl schlechthin Schwa genannt) tretennbsp;kann, bei dem hchstens noch Unterschiede nach der lautlichennbsp;Nachbarschaft gemacht werden (da er oft nur als Gleitlaut auf-tritt, s. 506). Uebrigens ist die Qualitat dieses unbestimmtennbsp;Vocals' [a] in den Sprachen und Mundarten, die ihn berhauptnbsp;kennen, im Einzelnen sehr verschieden.

281. nbsp;nbsp;nbsp;Nicht alle uubetonten Vocale werden zn Murmelvocalen odernbsp;Schwas, auch nicht im Deutschen, vgl. z. B. sohwab. gte Gte mit

-ocr page 131-

111

282. 283. Stimmlose Vocale und h.

Vollvocal e gegen guat^ gute mit Murmelvocal; jedenfalls ist die Stimme im zweiten Falie weit schwacher als im ersten. Ein almliclies Verhaltnissnbsp;besteht z. B. zwiscben engl. father, gesprochen faba und nhd. hatte,nbsp;gesprochen ai*.

Stimmlose Vocale und h.

282. nbsp;nbsp;nbsp;Fhrt man einen nicht tonenden (stinunlosen) Luft-strom durch die Mundstellungen beliehiger Vocale, so erzeugtnbsp;er an den Wanden des Mundraums schwache Anfallgerauschenbsp;(130), die man systematisch als stimmlose Vocale zu hezeich-nen hat (vgl. 198 f.). Solcher stimmloser Vocale kann es annbsp;sich ehenso viele geben als der gewhnlichen stimmhaften, ge-murmelten, geflsterten u. s. w.

283. nbsp;nbsp;nbsp;Dass alle diese stimmlosen Vocale in den herkmm-lichen Alphabeten durch ein gemeinsames Hauch^-Zeichen wienbsp;h oder wiedergegeben werden, hat zuerst Whitney (Orientalnbsp;and Linguistic Studies II, 268) ausgesprochen und nachhernbsp;Hoffory (Kuhns Zeitschr. XXIII, 554 ff.) weiter ausgefiihrt.nbsp;Xach dieser Auffassung wiirde also z. B. ha die Lautfolge vonnbsp;stimmlosem a stimmhaftem a darstellen (vorausgesetzt dassnbsp;die a-Stellung schon vom Anfang des h an eingesetzt ist, wasnbsp;nicht immer der Ball ist). Eriiher pflegte man dagegen die h alsnbsp;selbstandige und zwar stimmlose Hauche' oder entsprechendenbsp;laryngale Reihelaute (178) zu fassen, und zu sagen, in ha babenbsp;dieser Hauch- oder Eeibelaut die modificirende Mundstellungnbsp;des a bez. a-Resonanz, in he die e-Resonanz u.s. w. (vgl. 469ff.).nbsp;Eine weitere Complication erfahrt die Sachlage dadurch, dassnbsp;es nehen den stimmlosen h auch stimmhafte li gibt, ge-nauer gesagt halb- oder hauchstimmige h (vgl 172, 5. 175).nbsp;Solche stimmhafte h sind zuerst von den alten indischen Gram-matikern im Sanskrit beobachtet worden, welche sowohl dienbsp;gewhnlichen h dieser Sprache als die Hauche der stimmhaftennbsp;Aspiraten bh, dh, gh (436 f.) ftir stimmhaft erklarten. Deutlichnbsp;stimmhaft sind auch die 'Hauche der in 436. 442 erwahntennbsp;armenischen Aspiraten im Dialekt von Astarak. Auch einigennbsp;slavischen Sprachen, namentlich dem echischen, sind friihzeitignbsp;stimmhafte h zugeschrieben worden, ohne dass jedoch immernbsp;mit Sicherheit zu entscheiden ware, ob damit ein echtes h undnbsp;nicht vielmehr ein sehr schwacher (iiberweit gebildeter, 499 f.)nbsp;stimmhafter velarer Reibelaut gemeint war (Geschichtlichesnbsp;hierzu s. bei B. A. Meyer, Stimmhaftes /*, Marburg 1900).nbsp;Bei einiger Uebung sind solche stimmhafte h ohne grosse

-ocr page 132-

112

284. Stimmlose Vocale und h.

Schwierigkeit zu bilden; sie gelingen am leichtesten bei li zwischen Vocalen, wenn man mit moglichst tiefer, brummender Stimmenbsp;spricht, lassen sich dann aber, wenn man die Articulationsweisenbsp;einmal richtig erfasst hat, auch bei hherer Stimmlage undnbsp;glatterer Stimme erzeugen. Dem Klange nach sind sie von dennbsp;stimmlosen h deutlich zu unterscheiden.

284. Vennuthlich sind alle die verschiedenen Auffassungen der bier beschriebenen Sachlage bis zu einem gewissen Gradenbsp;berechtigt, nur jede in ihrer Art und innerhalb bestimmternbsp;Grenzen. Zunachst ist es sicher, dass es so gut 'stimmlose Knbsp;wie 'stimmhafte li gibt (um zunachst an dieser Terminologienbsp;festzuhalten). Vollige Stimmlosigkeit ist z.B. fiir das Deutschenbsp;bei den anlautenden h und den li hinter Stimmlosen auch durchnbsp;die experimentellen Untersuchungen von E. A. Meyer (283]nbsp;wieder festgestellt worden. Ebenso haben diese Untersuchungennbsp;wohl festgestellt, dass z. B. beim gewhnlichen h des Deutschennbsp;zwischen Vocalen die Stimmritze nicht (wie beim anlautenden hnbsp;und dem h hinter Stimmlosen) geinet ist, sondern dass dienbsp;Stimmbander hier in einer lockereren Schlussstellung verharren,nbsp;welche schwingungsahnliche Bewegungen der Stimmbander er-mglicht und thatsachlich hervorruft (vgl. dazu auch schon dienbsp;Bemerkungen von Jespersen, Eonetik S. 317 f.). Dagegen istnbsp;noch keineswegs durch jene Untersuchungen erwiesen, dassnbsp;diese Bewegungen echte Schallschwingungen sind. Vielmehrnbsp;weist die Grosse und Gestalt der von Meyer mitgetheiltennbsp;Schwingungscurven deutlich darauf hin, dass es sich mindestensnbsp;zum Theil nur um eine Art von Schlotterhewegung der starknbsp;entspannten Stimmbander handelt, die physikalisch nicht ge-eignet ist, einen musikalischen Klang hervorzurufen. Es beruhtnbsp;daher sichtlich auf falscher Ausdeutung der betreffenden Curven, wenn Meyer nun alle z. B. deutschen h fiir 'stimmhaft^nbsp;erklart, welche solche Schlottercurven aufweisen. Dieser Namenbsp;ist vielmehr strengstens fiir diejenigen h zu reserviren, welchenbsp;wirkliche und damit auch fiir das geschulte Ohr wahrnehmbarenbsp;Schallschwingungen besitzen. Dass es im Deutschen nebennbsp;echt stimmlosen h (auch zwischen Vocalen) auch gelegentlichnbsp;solche wirkhch stimmhafte h gebe, braucht deshalb nicht ge-leugnet zu werden (vgl. 283 Schluss).

-ocr page 133-

113

285287. Die Vocale; ScUussbemerkunffen.

Schlussbemerkungen.

285. nbsp;nbsp;nbsp;Die altere Grammatik, welche berhaupt mehr vonnbsp;den geschriebenen Lautzeichen als von den gesprochenen Lautennbsp;auszugeben pflegte, batte sich im Anschluss an das consequentnbsp;entwickelte Zeichensystem der alten Sprachen die Auffassungnbsp;zu eigen gemacht, dass es nur eine beschrankte Anzahl vonnbsp;Vocalen gabe, deren Unterschiede durch das traditionellenbsp;Zeichenmaterial binlangbch bezeichnet waren. Zwar lehrte dienbsp;Beobachtung, dass fast berall mehr Verscbiedenbeiten existir-ten als durch das Zeichensystem wiedergegeben waren. Allein,nbsp;da man einmal daran gewhnt war, nur die innerhalb desnbsp;engsten Gesichtskreises als 'gebildet bezeichnete Aussprachenbsp;der Vocale (wie berhaupt aller Sprachlaute) als massgebend zunbsp;betrachten und alle Abweichungen davon als ^dialektische Eoh-heiten' oder Provincialismen^ zu brandmarken, bertrug einnbsp;jeder ohne Weiteres die ihm gelaufige Aussprache seiner Lautzeichen auf die Lautzeichen anderer Idiome, unbekmmert, obnbsp;er damit den eigenthmhchen Charakter derselben verwischtenbsp;oder nicht. Dass bei einem solchen Verfahren von einem wirk-lichen Verstandniss irgend eines Lautsystems keine Eede seinnbsp;kann, ist ohne Weiteres klar. Dem gegenber ist folgendesnbsp;festzuhalten.

286. nbsp;nbsp;nbsp;Da die Sprache nicht bloss in den Kreisen dernbsp;Gebildeten', noch weniger auf dem Papier sich bildet und fort-entwickelt, vielmehr im Munde desVolkes ihre eigentliche Ent-wicklungsstatte bat, so ist fr die Sprach- und Lautgeschichtenbsp;(die doch nicht nur Schulzwecken dienen soil) ein jeder Unter-schied zwischen einer Sprache der Gebildeten und den Dialek-tenquot; ein fr allemal aufzuheben. Eine jede factisch bestehendenbsp;Mundart, und ware sie auch auf das allerengste Gebiet ein-geschriinkt, ist auf diesem Pelde den andern vollkommennbsp;gleichberechtigt und vollkommen gleich wichtig. Nur stehen dienbsp;Mundarten der Gebildeten darin hinter denen der Ungebildetennbsp;zurck, dass sie kaum jemals eine ungehinderte und consequentenbsp;Entwicklung aufweisen, sondern meist willkrlichen Eingriffennbsp;von Seiten der Schule und des abschleifenden und nivellirendennbsp;Verkehrslebens ausgesetzt sind.

287. nbsp;nbsp;nbsp;Es gibt nicht bloss eine kleine Anzahl absolut gltigernbsp;Vocale, sondem eine fr den Einzelnen unbersehbare Eeihenbsp;von solchen, die durch unmerkbare und ganz continuirhchenbsp;Uebergange unter einander verbunden sind.

Siev era, Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;g

-ocr page 134-

114

288291. Die Vocale: ScUussbemerkungen.

288. nbsp;nbsp;nbsp;Hiernacli ist es unmogMch, ein Vocalsystem aufzu-stellen, das alle wirklichen und moglichen Vocalunterschiedenbsp;entliielte. Ein solches System entspricht ausserdem nicM ein-mal den praktischen Bediirfnissen. Wir brauchen nicht zunbsp;wissen, wie viel Vocalnancen es berhaupt gibt, sondem innbsp;welcher W eise das V ocalsystem einer jeden einheitlichen Spr ach-genossenscbaft zusammengesetzt ist (d. h. wie viele Vocale diesenbsp;unterscheidet und wie dieselben zu einander liegen), und wienbsp;dieses System sich zu andern ebensolcben Systemen verhalt.

289. nbsp;nbsp;nbsp;Zur Veranscbaulichung dieser Verhaltnisse dient einnbsp;mit Rcksicht auf die wirklich innerhalb einzelner Sprach-genossenschaften vorkommenden Unterscbiede entworfenesnbsp;Normalzeicbensystem. Die Abweicbungen der einzelnen Mund-arten von dieser Articulationsweise sind genau anzugeben, undnbsp;eventuell durch Hlfszeichen zu bezeichnen.

290. nbsp;nbsp;nbsp;Hierbei kommt es wiederum nicht sowohl auf dasnbsp;Verhaltniss des einzelnen Lautes zum einzelnen Laute an, alsnbsp;auf das Verhaltniss der Systeme. Man unterlasse also nie zunbsp;untersuchen, oh sich die Abweichungen der Einzelvocale zweiernbsp;oder mehrerer Systeme nicht auf ein gemeinsames, die Stellungnbsp;der Systeme ohne Weiteres charakterisirendes Princip zurck-fhren lassen.

291. nbsp;nbsp;nbsp;Solche Principien sind beispielsweise die starkere odernbsp;geringere Spannung der articulirenden Weichtheile (252 ff.) undnbsp;deren Eolgeerscheinungen, die starkere oder geringere Bethei-^nbsp;ligung der Lippen (233 u. .), verschiedene Stufen der Nasa-lirung (278) u. dgl. Pemer gehort hierher namentlich auchnbsp;eine durchgehends bei allen Vocalen des Systems abweichendenbsp;Lagerung der Zunge, die von Differenzen in der Buhelage dernbsp;Organe herrhrt und die man jetzt meist mit F. Franke als dienbsp;specifische Articulationsbasis der betreffenden Idiome znbsp;bezeichnen pflegt (frher hatte ich den Namen quot;Operations-basis' vorgeschlagen). Versuche ich als Mitteldeutscher z. B.nbsp;eine pragnant norddeutsche Mundart wie etwa die holsteinischenbsp;zu sprechen, so muss ein fr allemal die Zunge etwas zurck-gezogen und verbreitert werden; hat man diese Basis einmalnbsp;gefunden und versteht man sie beim Wechsel verschiedenernbsp;Laute festzuhalten, so folgen die charakteristischen Laut-nancen der Mundart alle von selbst. Fge ich zu dieser Articulationsweise noch die Neigung der Zunge zu supradentalernbsp;Articulation (156) bei passiver Lippenlage, so gewinne ich die

-ocr page 135-

292, Die Vocale: Schlussbemerkungen. 293. Die Liquidae. 115

Basis zur Aussprache des Englischen. Manche Sprachen zeich-nen sich durch tiefen Kehlkopfstand und im Zusammenhang damit durch die Neigung aus, die Gesammtmasse der Zungenbsp;nach hinten zu ziehen, also alle Laute etwas zu velarisiren,nbsp;wahrend andere (darunter namenthch wieder solche mit hohemnbsp;Kehlkopfstand) 'vom im Munde gesprochen werden, u. dgl.nbsp;Aber auch geringere TJnterschiede hahen noch sehr merklichennbsp;Einfluss auf den Oharakter der Sprache. In der mir gelaufigennbsp;niederhessischen Mundart articulirt die Zunge schlaff und mitnbsp;mglichst geringer Anspannung aller ihrer Theile, auch dienbsp;Kehlkopfarticulation ist wenig energisch. Um dagegen den rich-tigen Klangcharakter mancher sachsischen Mundarten (natiir-lich abgesehn von den Verschiedenheiten des Lautsystems) zunbsp;treffen, muss die ganze Zunge angestrafft werden und der Kehl-kopf bei starkerem Exspirationsdruck energischer articuhren.nbsp;Daher machen auch diese Mundarten einen harten, etwasnbsp;schreienden Eindruck gegenber dem dumpfen, fast verdrossennbsp;und theilnamlos zu nennenden Oharakter der hessischen Mundart. Derartige Yergleichungen sind hchst lehrreich; wernbsp;irgendwie in der Lage ist, mehrere Mundarten sich aneignen zunbsp;konnen, versaume ja nicht dies zu thun und die Abweichungennbsp;derselben systematisch zu studiren. Dabei leistet die obennbsp;erwahnte Articulationsbasis die besten Dienste.

293. Was hier an dem Beispiel der Vocale, namentlich in Beziehung auf den Mangel objectiver Grenzen und die Koth-wendigkeit systematischer Gliederung, erlautert worden ist,nbsp;gilt mehr oder weniger von alien Sprachlauten und wird dahernbsp;im Folgenden stets stlschweigend vorausgesetzt werden.

Cap. 12. Die Liquidae.

293. Unter Liquiden sind nach der alten Terminologie der Grammatik streng genommen nur die son or gebildetennbsp;Arten der r- und /-Laute zu verstehen. Doch hat sich dernbsp;Sprachgebrauch allmahhch dahin geeinigt, dass man alle r-und /-Laute schlechthin als Liquidae bezeichnet. Keben dennbsp;stimmhaften Sonoren r, l sind danach zunachst ihre stimm-losen Parallelen ohne Engenreibungsgerausch aufzufhrennbsp;(197), weiterhin die spirantischen r, /, die zu den sonorennbsp;Formen in einem ahnlichenVerhaltniss stehen wie die Spiransy'nbsp;(der stimmhafte /c^-Laut) zu dem Vocal /. Da namlich auch beinbsp;den r, / bedeutende Engen im Ansatzrohr hergesteUt werden,

8*

-ocr page 136-

116

294297. Die Liquidae: 1, a. Cerebrales r.

SO knnen sich unter den oben 192 geschilderten Bedingungen auch bei ihnen leicht Engenreibungsgerausche einstellen. Auchnbsp;die spirantischen r, I knnen sowohl stimmhaft wie stimmlosnbsp;gebildet werden.

294. Die Laute, welcbe wir in hergebrachter Weise mit rnbsp;und I bezeicbnen, werden also entweder als Sonore oder alsnbsp;Gerauschlaute gebildet. Doch scheint es ziemlich sicher zu sein,nbsp;dass die indogermanischen Sprachen urspriinglich nur sonorenbsp;Formen kannten. Wir stellen daher diese bei der Betrachtungnbsp;wieder voran.

295. Wie bei den Vocalen, so haben wir auch bei dennbsp;Liquiden Zungen- und Lippenarticulation zu scheiden; nurnbsp;tritt die letztere gegen die erstere noch mehr zuriick. Sienbsp;richtet sich gewhnlich nach der betreffenden Lautumgebung.nbsp;Der specifische r- oder /-Klang, auf den allein es zunachstnbsp;bei der allgemeinen Oharakteristik dieser Laute ankommt, wirdnbsp;durch die diesen Lauten im Gegensatz zu den Vocalen eigen-thiimhche Articulationsweise der Zunge bedingt.

296. Die Articulation der Vocale ist, wie wir gesehen habennbsp;(204), an sich durchaus dorsal, der liquide r-Laut entstehtnbsp;(soweit er allein durch Zungenarticulation gebildet wird, vgl.nbsp;306 ff.) durch coronale, der /-Laut durch laterale Articulation der Zunge, d. h. fiir die r-Laute ist die Articulation desnbsp;vordern Zungensaums, fiir die /-Laute die der beidennbsp;Seitenrander charakteristisch. Das Bollen derZungenspitzenbsp;beim r ist, wenigstens wenn wir den historischen Entwicklungs-verlauf der indogermanischen Sprachen ins Auge fassen, alsnbsp;unwesentlich und mindestens zum Theil als secundar zu betrachten; desgleichen sind das sog. gutturale^ oder Wulare^nbsp;und das Kehlkopf-r offenbar erst spatere Substitutionen fiirnbsp;das urspriinglichere Zungenspitzen-r. Diese letzteren Lautenbsp;werden daher unten (306 ff.) gesondert betrachtet.

1. Die -Laute.

a. Cerebrales r.

297. Die am wenigsten leicht der Beimischung von Ge-rauschen ausgesetzte Art des liquiden r ist die cerebrale odernbsp;cacuminale. Sie ist haufig in den neuindischen Sprachen,nbsp;kommt aber auch in Europa vor, z. B. dialektisch im Englischennbsp;(nach Sweet in den westlichen Grafschaften und in Kent, aber

-ocr page 137-

298301. Die Liquidae: 1, a. Cerebrales r. b. Alveolare r. 117

auch im amerikanisclien Engliscli). Von den im Deutschen iiblictien r-Arten unterscheidet sie sich besonders durch dennbsp;ganzlichen Mangel des Eollens. Ein stimmloses gerolltes Cerebral-r babe icb in der Spracbe der Somali beobacbtet.

298. Der vordere Zungensaum ist bei der Bildung dieses rnbsp;nngs berum aufgebogen, so dass die Zunge lffelartig ausgehbltnbsp;erscheint, und dem harten Gaumen hinter den Alveolen dernbsp;Oberzahne genabert. In dieser Stellung verbarrt der Zungensaum, wenigstens bei den angefiihrten germaniscben Lauten,nbsp;wahrend der ganzen Dauer des r obne Schwingungen, einerleinbsp;ob dasselbe als Consonant, wie etwa in der erwahnten dialek-tiscben Aussprache des Englischen bei Wortern wie row, morrow, amerikanisch hard, far, oder als Sonant gebraucht wird,nbsp;was z. B. in Amerika nicht selten der Eall ist bei Wrtem wienbsp;sir, bird, heard (gesprochen sr, brd, hrd', auch engl. prettynbsp;lautet oft prte'^, doch vgl. auch 495).

b. Alveolare r.

299. nbsp;nbsp;nbsp;Die Bildung des cerebralen r erfordert eine ziemlichnbsp;Starke Zuriickbiegung der Zungenspitze, damit der Zungensaumnbsp;hinter den Alveolen die Enge bilde. Durch einfache Hebungnbsp;der Vorderzunge aus derRuhelage gelangtmanzu einerEngen-bildung zwischen dem Zungenrand und den Alveolen. Dies istnbsp;die Stellung aus der im Deutschen und den meisten andernnbsp;Sprachen in der Kegel die sog. alveolaren r articulirt werden.

300. nbsp;nbsp;nbsp;Der Spielraum der alveolaren r ist ziemlich bedeutend.nbsp;Er erstreckt sich von der Hinterflache der Alveolen bis annbsp;deren vorderste Grenze am Eande der Oberzahne. Man kannnbsp;danach ein vorderes, mittleres und hinteres Alveolar-rnbsp;unterscheiden (Sweets outer r, medium r und inner r; Hofforynbsp;nennt das vordere r^ alveolar, das mittlere und hinterenbsp;gingival, Kuhns Zeitschr. XXIII, 531 f.).

301. nbsp;nbsp;nbsp;In diesem Gebiete stehen sich nun zunachst gerolltenbsp;und nicht gerollte Varietaten gegeniiber. Das Eollennbsp;[trilling] entsteht dadurch, dass der diinn emporgewlbte Saumnbsp;der Zunge durch den Exspirationsstrom nach aussen geworfennbsp;wird, um im nachsten Moment vermge seiner Elasticitat wieder in seine alte Lage zurckzukehren. Die Anzahl der so gege-benen Schlage ist im Einzelnen verschieden. Charakteristischnbsp;ist fiir den Klang dieser r, dass bei jedem Zungenscblag dernbsp;Klang der Stimme geschwacht wird, da bei jedem Schlage eine

-ocr page 138-

118

302. Die Liquidae; 1, b. Alveolare r.

Verengung der Ausflussffnung stattfindet. Keibungsgerausche brauchen dabei nicht erzeugt zu werden. Man kann daher auchnbsp;die gerollten Alveolar-r in den meisten Fallen noch zu dennbsp;reinen Sonoren rechnen. Die Bildung von Beibungsgerauschennbsp;hangt zum guten Theile von der G-rsse der Ausflussffnung ab.nbsp;So lange, wie beim stark gerollten deutschen Biihnen--, nichtnbsp;nur der vordere Saum der Zunge, sondern auch ein nicht un-hetrachtlicher Theil der Seitenrander mitschwingt, stehn dienbsp;Gerausche hinter der Stimme durchaus zuriick. Erst dann,nbsp;wenn die Seitenrander der Vorderzunge bis fast ganz nach vornnbsp;hin an die Zahne angepresst werden, so dass nur der vorderstenbsp;Theil des Zungensaums in einer sehr verkleinerten Enge hin-und herschwingen kann, bekommen die Eeibungsgerausche einennbsp;deutlicheren s- oder scA-ahnlichen Klang, namenthch beimnbsp;Pliistern (so z. B. in dem vordem armenischen ri). Je starkernbsp;der Exspirationsdruck und je kleiner die Oeffnung, um so deut-hcher werden sie; ja es kann sich schliesslich an das r ein voll-standiges stimmhaftes scA anschliessen (wie im Czech, r, abernbsp;poln. rz ist schon reines z geworden). So entstehen spiran-tische gerollte Alveolar-r. Auch stimmlose gerolltenbsp;Alveolar-r kommen oft vor, namentlich nach stimmlosen Ge-rauschlauten; als selbstandige Consonanten auch z. B. im isl.nbsp;hr (Hoffory, Kuhns Zeitschr. XXni, 533) etc., als Sonantennbsp;oft in der Aussprache der Bewohner der baltischen Provinzennbsp;in Wrtern wie Vater, Mutter, Messer etc. Ob das stimmlose rnbsp;ein blosses Flattergerausch ist, oder mehr sibilantischen Oharak-ter annimmt, hangt dabei wieder von der speciellen Form dernbsp;Articulation ab.

303. Das ungerollte Alveolar-r ist im EngHschen haufig; es ist die normale Aussprache des anlautenden r imnbsp;Englischen, wie jetzt wohl alle Phonetiker annehmen. Gelegent-lich kommt es in Xordwestdeutschland vor (ich habe es vonnbsp;Ostfrieslandern gehort). Man kann dieses r mit ziemhcher In-tensitat und lange anhaltend hervorbringen, ohne dass es des-wegen zu einem gerollten wird. Es scheint, dass bei ihm dienbsp;vorderen Partien der Zunge massiger geformt sind, also wenigernbsp;leicht in jene Flatterbewegung versetzt werden knnen. Viel-leicht liegt aber auch der Unterschied mit darin, dass die Oeffnung eine grssere ist als beim gerollten r. Vermuthlich hangtnbsp;das dann weiterhin damit zusammen, dass die Zungenspitzenbsp;beim gerollten r starker gespannt, beim ungerollten abernbsp;schlaffer ist, sodass also hier der Gegensatz von gerolltem und

-ocr page 139-

303305. Die Liquidae; 1, b. Alveolare r. c. Dentale r. 119

ungerolltem r mit dem von gespanntem und ungespanntem r zusammentrafe.

303. nbsp;nbsp;nbsp;Das entsprechende spirantische ungerollte Alveolar-r findet sich ebenfalls im Englischen selir haufig, Bs hatnbsp;seine Hauptstelle in den Lautverbindungen tr und dr wie in

dry u. s. w. Beim t und d sperrt bier namlich die Zunge in der r-Lage die Mundhble vollkommen ab; wennnbsp;sicb nun beim Uebergang zum r die Zunge nicbt scbnell genugnbsp;vom Gaumen entfemt oder der Luftdruck nicht augenblicklichnbsp;auf das fr r gebhrende Mass reducirt wird, so entsteht an dernbsp;Enge zwischen Zungensaum und Gaumen ein dem engl. sh ahn-liches Eeibungsgerausch, das sich mit dem Stimmton zu demnbsp;spirantischen r verbindet. Nach stimmlosen Lauten wie pnbsp;wird das r vielfach stimmlos, wenigstens in seinem Anfang, erstnbsp;beim Uebergang zum Vocal tritt Stimme hinzu.

304. nbsp;nbsp;nbsp;Dies ist die gewhnliche Ausspraohe des engl. ir, und so er-klart es sich, dass Wrter wie tried fr ein ungebtes Ohr nicht immernbsp;leicht von solchen wie chide zu unterscheiden sind; doch hat der Zisohlautnbsp;im ch dorsalen, der in tr deutlioh coronalen Charakter (s. 333). Stimm-loses r ohne deutliches Engenreibungsgerausch hat das Englische nament-lich oft in der Verbindung pr, cr wie in pride, cirow, als Sonanten hortnbsp;man es in Lautfolgen wie Ipropose (gesprochen di prpo^z, wenn nicht dasnbsp;r ganz bergangen und nur p^p mit doppelter Explosion gesprochen wird)nbsp;und ahnlichen. eber r als stimmloses r s. 512.

o. Dentale r.

305. Weit seltener als alveolare r sind dentale r im eigentlichen Sinne des Wortes, bei denen der Zungensaumnbsp;gegen die untere Kante oder die Hinterflache der Oberzahnenbsp;articulirt, ohne sich in specifischer Weise den Alveolen zunbsp;nahem (interdentale und postdentale r). Aus eigenernbsp;Beobachtung kenne ich von dieser Gruppe nur die r des Irisch-Enghschen in den Verbindungen tr, thr, dr, wie in try, street,nbsp;three, dry, die mit rein dentalem t, d einsetzen. Die r sindnbsp;hier leicht gerollt, nach d stimmhaft, nach t und th (das ebenfalls als dentaler Verschlusslaut gesprochen wird) stimmlos.nbsp;Anderes s. bei Storm ^ S. 64 (wo aber zum Theil iiberweitnbsp;gebildete [reduchte, 500] d-Laute mit untergelaufen zu seinnbsp;scheinen).

-ocr page 140-

120 nbsp;nbsp;nbsp;306309. Die Liquidae; 1, d. Uvnlares r. e. Eehlkopf-r.

Die Substitutionszitterlaute.

306. An Stelle der den altesten indogermanischen Sprachennbsp;wahrsclieinlicli allein eigenen r-Laute der Zungenspitze sind innbsp;den modemeren Idiomen vielfacli Laute almlichen Klanges,nbsp;doch verschiedener Bildungsweise getreten. Indem man nam-lich das Rollen als das Oharakteristisclie der deshalb alsnbsp;Zitterlaute bezeicbneten r empfand, substituirte man nbsp;natiirbcb nnbewusst statt des sch-wingenden Zungensaumsnbsp;andere ahnbcher Scbwingungen fahige Theile des Sprach-organs, und gewann auf diese Weise eine Eeihe neuer Laute,nbsp;die wir im Gegensatz zu den alteren Zungenspitzenlauten alsnbsp;Substitutionszitterlaute bezeicbnen knnen. Dieselben sind:

d. Uvulares r.

307. nbsp;nbsp;nbsp;Das sog. gutturale oder besser uvulare r wirdnbsp;durch Scbwingungen des Zapfcbens gebildet. Dies geschiebtnbsp;in der Weise, dass man den Zungenriicken zum weicben Gaumennbsp;emporbebt, wie beim velaren c/, jedocb in der Mittellinie dernbsp;Zunge eine Rinne bildet, in der das Zapfcben frei nacb vomnbsp;und rckwarts scbwingen kann. Je tiefer diese Rinne ist, umnbsp;so leicbter ist das r von auffallenden Reibungsgerauscben frei-zubalten. In den lebenden Spracben wird aber die Rinnen-bildungvielfacb vernacblassigt, so dass das r einen sebr kratzen-den Oharakter bekommt und selbstvollstandig in die stimmbaftenbsp;velare Spirans j iibergebt; daber denn aucb die bis auf Briicke,nbsp;Wiener Sitz.-Ber. 11,202, gangbare Vorstellung, das'GaumenVnbsp;werde durcb Zittern des weicben Gaumens erzeugt; ricbtig ist,nbsp;dass bei energischer Ausspracbe des kratzenden r obne ge-ngende Rinnenbildung der Rand des Gaumensegels etwas innbsp;flatternde Bewegung geratb.

308. nbsp;nbsp;nbsp;Bn Auslaut und neben stimmlosen Gerauscblautennbsp;wird aucb das uvulare r sebr baufig stimmlos gebildet undnbsp;wecbselt demgemass aucb gelegentlicb mit der stimmlosennbsp;velaren Spirans x.

e. Das Kehlkopf-r.

309. nbsp;nbsp;nbsp;Dieser Laut entstebt nacb Briicke, Sitz.-Ber. 11, 207.nbsp;Grundz. 13 f. (vgl. aucb Merkel, Scbmidts Jabrbb. 0, 86.nbsp;Donders, Pbys. 20. Ellis IV, 1099), wenn man zu immer tieferennbsp;Tonen berabsteigend die untere Grenze seines Stimmumfangs

-ocr page 141-

121

309. Die Liquidae: 1, e. Das Kehlkopf-r.

berschreitet, so dass die Stimmbander nicht mehr in der ge-brigen Weise tonen, sondem in einzeln vemehmbaren Stssen zittern. Es ware hiemach das Kehlkopf-r als ein Stuck inter-mittirender Stimme oder etwa Knarrstimme zu charak-terisiren (vgl. auch G-riitzner 209). Wirklicb gelingt es leicbtnbsp;einen solchen intermittirenden Klang zu erzeugen, namentlichnbsp;bei Inspiration, wobei die einzelnen Stsse langsamer und deut-Hcher getrennt vernebmbar einander folgen. Aber seine Bildungnbsp;ist keineswegs an die tiefsten Tone des menschbchen Kehlkopfsnbsp;gebunden, sondern seine Tonhhe kann, wie schon Dondersnbsp;beobachtete, wesentlich erhht werden. Bei einiger Uebungnbsp;kann man das Knarren durch den grssten Theil des Umfangsnbsp;der Bruststimme durchfiibren, jedenfalls ist die Knarrstimmenbsp;innerhalb der Tonlagen des gewohnlichen Sprechens durchausnbsp;leicbt bildbar. Hieraus folgt, dass sie unter Umstanden fiir dienbsp;gewhnliche glatte Stimme vicarirend eintreten knne. So bemerkte Donders, dass Dickhalse die Keigung haben ihn stattnbsp;der glatten Stimme zu gebrauchen (auch wir reden ja oft vonnbsp;knarrenden Stimmen), und dass sicb das Knarren bei Andernnbsp;mit der Stimme verbindet oder mit ihr abwechselt und dennbsp;Eindruck klagender Sentimentalitat hervorbringt (dies brtnbsp;man, wie ich hinzufge, namentlich oft bei Kindern in weiner-licher Stimmung, und vielfach bei recht hoher Tonlage), wah-rend Knarrstimme bei geschlossenem Munde als klaglichesnbsp;Stohnen erscheint. Abgesehen von diesen Fallen durchgehen-der Ersetzung der glatten Stimme durch die Knarrstimme trittnbsp;die letztere dialektisch auch als historischer Yertreter vonnbsp;Vocal r auf. Entweder verschmelzen diese beiden Lautenbsp;ganz zu (intermittirendem) Knarrvocal, oder der Vocal wirdnbsp;glatt eingesetzt und nur der Ausgang wird knarrend gebildet.nbsp;So hort man, wie ebenfalls Donders beobachtete, im Londonernbsp;Dialekt z. B. mit knarrendemVocal fiir horse\ ahnlich habenbsp;ich vonDanen Worte wie kar, har aussprechen horen. Aber innbsp;den von Briicke angefiihrten Beispielen ort Ort, wurt Wort,nbsp;durt Dorothea, habe ich, soweit mir ihre Aussprache berhauptnbsp;bekannt ist, nichts anderes zu horen vermocht als einen demnbsp;0, M, M folgenden, mehr nach der neutralen Mitte des Vocal-systems zu liegenden vocalischen Nachklang von sehr geringernbsp;Starke, obgleich mir die Bildung der Knarrstimme seit meinennbsp;Kinderjahren vollkommen gelaufig ist; vielleicht also dass dienbsp;knarrende Aussprache jener und ahnlicher Wrter nicht sonbsp;allgemein durch Niederdeutschland verbreitet ist. Bs ist

-ocr page 142-

122 310312. Die Liquidae: 1, f. Das Lippen-r. 2. Die LLaute.

brigens zu beachten, dass da, wo knarrender Yocal fiir Vocal 4- r steht, das r oft durch eine mehr oder weniger starke velarenbsp;Einscbniirung markirt wird; dadurch wird der Rest des Vocalsnbsp;gedampft und so wegen seiner geringeren Schallfiille (518) alsnbsp;Consonant gegeniiber dem als sonantisch empfundenen Ein-gange gefiihlt.

f. Das Lippen

310. Audi mit den Lippen kann man einen Zitterlautnbsp;erzeugen. Die Lippen mussen dabei ganz locker auf einandernbsp;gelegt und vorgeschoben werden. Man bildet diesen Laut, innbsp;Deutschland wenigstens, stimmlos oft beim tiefen Ausathmennbsp;bei grosser Hitze als eine Art Interjection, die Erscbpfungnbsp;andeutet. Kiirzer berausgestossenes pr (stimmlos) und hr dientnbsp;als Interjection des Abscheus und der Verachtung, lang ge-dehntes hr findet sich oft bei Kutschern, wenn sie ihren Pferdennbsp;Halt gebieten (Briicke ^ 49) neben hr mit alveolarem oder uvula-rem r. Als eigentlicher Sprachlaut ist das Lippen-r selten.nbsp;Kempelen beobacbtete gelegentbohe Bildung desselben alsnbsp;Sprachfehled einzelner Individuen (S. 331), nach einer Angabenbsp;von Forster bei Chladni S. 213 soli es in der Sprache einernbsp;Insel in der Nahe von Neuguinea vorkommen. In den finnischennbsp;Idiomen findet es sich nach Genetz, Binfiihr. S. 15 in einigennbsp;Interjectionen und daraus abgeleiteten Wrtern, wie pruu^nbsp;prukottelen.

r.

Nasalirte

311. Nasalirter, namentlich nicht-gerollte Arten, sindnbsp;leicht zu bilden, und kommen oft bei Individuen vor, welchenbsp;die Neigung haben zu nasaliren; sonst scheinen sie als beson-dere Spracblaute in lebenden Sprachen wenigstens noch nichtnbsp;nachgewiesen zu sein.

2. Die /-Laute.

312. Das Gemeinsame der /-Laute ist das, dass wie bei d, tnbsp;die Zungenspitze die Mundhhle in ihrer Mittellinie nach vornnbsp;zu absperrt, dagegen die mittlere Zunge sich seitlich von dennbsp;hintem Backenzahnen abhebt und so zwei zur Mittellinie symmetrisch gelegene Ausflussffnungen fr den Schall bildet (dahernbsp;der englische Name divided fr diese Art der Articulation).nbsp;Haufig aber wird nur ine solche Ausflussffnung hergestellt;

-ocr page 143-

123

313315. Die Liquidae: 2. Die Z-Laute.

wir erhalten so asymmetrische oder einseitige I (einrechtes und ein linkes).

313. nbsp;nbsp;nbsp;In der Menge der so erzeugten Laute sind ehensovielenbsp;Species zu unterscheiden als wir ohen 154 ff. Articulationennbsp;der Vorderzunge aufgestellthaben: also cerebrale, palatale,nbsp;alveolare, postdentale und interdentale (mit den Unter-abtbeilungen Ton Lauten coronaler oder dorsaler Articulation).nbsp;Cerebrale I finden sicb wieder im Sanskrit und den neuindischennbsp;Sprachen, palatale in den ital. gl^ span, ll^ port, lli (vgl. 484),nbsp;alveolare im Englischen und Norddeutschen u. s. w.

314. nbsp;nbsp;nbsp;Die Unterschiede der Klangfarbe dieser Species sindnbsp;nicht sehr bedeutend. Allenfalls treten die cerebralen I dennbsp;drei iibrigen Arten gegeniiber. Dagegen wechselt der Klangnbsp;des I sehr stark je nach dem Verhalten des Zungenkrpersnbsp;und der Grosse der dadurch bedingten Ausflussffnungen. Dernbsp;dunkelste /-Laut entsteht, indem man nur die Zungenspitzenbsp;zum Abscblusse verwendet, d. h. den vordern Zungenkrpernbsp;im Uebrigen mglicbst senkt und vom Gaumen entfernt halt,nbsp;und dadurch zugleich jene Oeffnungen zu ziemlich langennbsp;Spalten ausdehnt. So wird im Vordermunde ein grosser Hohl-raum tiefer Eesonanz geschaffen, der dem I seinen eigen-thiimlichen 'dunklen Klang verleiht. Der Klang wird immernbsp;heller, je mehr man den vordern Theil des Zungenkrpers hebtnbsp;und dadurch den Resonanzraum und die Ausflussffnungennbsp;verkleinert. Unser gewhnhches deutsches I steht etwa in dernbsp;Mitte, doch weichen auch die deutschen Mundarten vielfachnbsp;nach der einen oder andern Seite ah; als Beispiel des 'hellen'nbsp;I mag das slavische 'mouilhrte' I genannt werden.

315. nbsp;nbsp;nbsp;Die meisten Phonetiker setzen seit Purkinje auch einnbsp;gutturales, genauer velares I an und finden dies in dem 'harten russ. I [I, m), dem niederland. I nach Vocalen, wie in wel,nbsp;helpen und ahnlich klingenden Lauten. In der Auffassungnbsp;dieses Lautes scheint aber noch keine Uebereinstimmung zu be-stehen. Nach Bell und Sweet (welche den Laut als hack-divided hezeichnen) muss ein 'centraler Verschluss mit dernbsp;ganzen Zungenwurzel ausgefhrt werden, wobei die Zungenbsp;stark zuriickzuziehen ist. Die Luft entweicht zwischen dennbsp;Seiten der Zungenwurzel und den hintem Backenwandennbsp;(Sweet S. 44). Storm gibt dagegen S. 65) an, dass die hinterenbsp;Zunge gehoben und der ganze hintere Mundcanal verengtnbsp;(also nicht gespalten) werde, und dass hierdurch der velarenbsp;Klangcharakter entstehe; diese Articulation erklare auch die

-ocr page 144-

124

316320. Die Liquidae; 2. Die Z-Laute.

haufigen Uebergange des I in o (als velare Vocale; bri-gens spricht auch das armen, fiir griech. z. B. inpav^os IlavXog, fiir eine solche Articulation). Ich kann in dieser Fragenbsp;kein bestimmtes Urtheil abgeben, neige mich aber beziiglicli desnbsp;slaviscben harten I der Auffassung Storms zu; das gal. I innbsp;laogh (gesprochen welches Bell als Beispiel des back-divided I aufstellt, habe ich nicht von Eingeborenen gehort.

316. Zu diesen Unterschieden gesellen sich dann noch die durch die verschiedenen Lippenstellungen bedingten Ab-weichungen: das dunkle I wird durch Rundung der Lippennbsp;noch dumpfer, das helle I durch Zuiiickziehen derselben nochnbsp;heller u. s. w. Die Art des Verschlusses ist hierbei iiberall ziem-lich unwesentlich. Doch begreift man leicht, dass aus Bequem-lichkeitsriicksichten ein cerebrates I vorwiegend mit dunkler,nbsp;ein dorsales, bei dem der Zungenriicken schon ziemlich ge-hoben ist, vorwiegend mit heller Klangfarbe gebildet wird.nbsp;Das palatale I ist selbstverstandlich stets hell.

BIY. Spirantische f entstehen leicht bei starkerer Engen-bildung an der Articulationsstelle. Stimmlose I sind nament-lich im Auslaut und in der Nachbarschaft stimmloser Gerausch-laute haufig. Das welsche ll und islandische hi sind ebenfalls einfach stimmlose I mit deutlichem Reibungsgerausch. Ohnenbsp;solches wird dagegen z. B. das stimmlose engl. I vor und nachnbsp;Stimmlosen wie in Jlat^ play-, clay, slow oder help, felt u. dgl.nbsp;gebildet. Die Starke des Reibungsgerausches der spirantischennbsp;Formen kann natiirlich wieder mannigfach abgestuft sein, jenbsp;nach dem Verhaltniss der Grosse der Ausflussffnung und dernbsp;Starke der Exspiration.

318. nbsp;nbsp;nbsp;hTasalirte I sind leicht zu bilden und kommen fternbsp;in nasalirenden Sprachen vor (im Sanskrit beim Zusammen-treffen von Nasal-p l. yaUoham, mahaUlunati fiir yam lokam,nbsp;mahan luiiati, Hoffory, Kuhns Zeitschr. XXm, 550).

319. nbsp;nbsp;nbsp;Wir haben beim I wegen der Beweglichkeit des ZungenkSrpersnbsp;wie bei den Vocalen eigentlich eine ganze Scala von Lauten. Ein wesent-liober Untersoliied beider Lautgmppen liegt aber darin, dass beim I weitnbsp;weniger Stufen zu gegensatzlicher Geltung entwickelt sind. In der Hegelnbsp;werden namlicb vom I hchstens zwei Stufen, belles und dunkles I, unterschieden. Auch zwisoben cerebralem und nicbt-cerebralem I hat sich nurnbsp;in wenigen Sprachen, wie z. B. im altesten Sanskrit oder im Schwedischen,nbsp;ein Gregensatz herausgebildet; nooh weniger pflegt man sich des Unter-schieds der nicht-cerebralen Species bewusst zu werden.

330. Der specifische 1-Klang ist bedingt durch einen gewissen Grad der Enge der Ausflussfifnungen. Man kann alle Vocale, statt in der

-ocr page 145-

321. Die Liquidae; 2. Die /-Laute. 322. Die Nasale. 125

gewohnlichen Weise, auch so bilden, dass man die Zungenspitze an den Gaumen andriickt, nur muss dann die Zunge ziemlich stark verschmalertnbsp;werden. Verbreitert man sie in dieser Stellung allmablicb bei tonendernbsp;Stimme, so hort man, wie der Vooallaut immer mehr versohwindetnbsp;und dafiir der specifische I - Klang immer klarer hervortritt. Auf diesemnbsp;Verhaltniss beruhen grossentheils die Berhrungen zwisohen Z-Lauten undnbsp;Vocalen.

321. Bei dem cerebralen I kommen oft Berhrungen mit dem cere-bralen r vor, indem der centrale Verschluss des Mundoanals gelockert, aber die seitliche Einziehung der Zunge wie bei den ^-Lauten beibehaltennbsp;wird. Dieser Art ist das sog. dicke I des Ostnorwegischen und Schwedi-schen, dessen Bildung Storm2 8. 42 so beschreibt: 'Die Zungenspitzenbsp;wird gegen den mittleren Gaumen, ohne ihn zu berhren, zurckgezogennbsp;und dann pltzlich, mit einem Sohlage den Vordergaumen entlang wiedernbsp;in ihre normale Lage versetzt. Dabei wird meistens im letzten Momentenbsp;der Vordergaumen von der Zungenspitze flchtig berhrt, aber dies istnbsp;unwesentlich; wird die Berhrung energischer, so entsteht (cerebrates) rd.nbsp;Hierdurch entstehen verschiedene Lautnancen dicht nach einander,nbsp;namentlich lautet im ersten Moment mehr ein spirantisohes cerebrales r,nbsp;im nachsten ein cerebrales l, das bisweilen etwas von d hat. Diese Laute,nbsp;die eigentlich nach einander folgen, verschmelzen dem Gehr zu einem ein-zigen gemischten Laut, der auf uns (Norweger) mehr den Eindruck von lnbsp;macht, auf die Auslander aber mehr den von r. .. Auch ist dieser Lautnbsp;verhaltnissmassig momentan und lasst sich nicht verlangern oder ver-doppeln. Einen andern, aber analogen Mittellaut zwischen ungerolltemnbsp;(alveolarem) r und l (bei dem der Anschlag an den Vordergaumen oder dienbsp;Alveolen fehlt) habe ioh von einem Papua von der Insel Pentecoste (Neu-Hebriden) und einem Kretenser gehort (vgl. auch Ellis IV, 1133 und Sweetnbsp;S.Sber das japan, r), endlich einen dem norwegischen dicken l sonstnbsp;ganz genau entspreohenden, speciell auch mit umgeknickter Zungenspitze,nbsp;nur viel weiter nach vorn, von den Alveolen abwarts, gebildeten Laut innbsp;der Sprache der Somali (wo er aus einem ahnlich artioulirten d hervor-geht, und mit diesem wechselt).

Cap. 13. Die Nasale.

322. Der specifische Nasalklang wird, wie wir oben S. 52 ff. gesehen haben, der Stimme dadurcb mitgetheilt, dass zu einemnbsp;mebr oder weniger grossen Theile der Mundhble die Nasen-hble als Eesonanzraum hinzutritt. Die einzelnen Species dernbsp;Nasale aber beruben auf der Verscbiedenbeit der Orte, annbsp;denen der Mundraum nacb aussen bin abgesperrt wird. So erbuiten wir wieder die Hauptgruppen der labialen (m), dentalen (w, mit allen den Unterabtheilungen die wir 154 ff. kennennbsp;gelernt haben), palatalen [n] und velaren () Nasale. Cerebrale n finden sicb z.B. im Sanskrit, den neuindischen Sprachennbsp;und im Scbwedischen (fr rn), palatales n erscbeint im span. n

-ocr page 146-

126

323. Die Nasale.

z. B. in WO, ital. gn in campagna, aucli in der schweizerischen Aussprache des franz. gn z. B. in compagnon^ champagne, dasnbsp;nordfr. gn ist aber nach Storm ^ S. 77 (vgl. auch 174) vielmehrnbsp;ein mouillirtes halbvelares da seine Articulationsstelle weiternbsp;hinten, an der Grenze des harten und weichen Gaumens liegt.nbsp;Jener vordere Palatallaut wiirde daher als n'-, der nordfranz-sische Laut aher vielleicht als zu bezeichnen sein. Im IJebri-gen muss auch hier wieder darauf aufmerksam gemacht werden,nbsp;dass jede Species zahlreicher Unterabtheilungen fahig ist, jenbsp;nachdem die nicht gerade den Yerschluss bildenden Theile desnbsp;Ansatzrohrs verschiedene Lagerung haben. Am deutlichstennbsp;ist dies beim m, denn bei diesem kann nicht nur die Zungenbsp;ungehemmt dieselbe Reihe von Articulationsstellungen durch-laufen wie bei den Vocalen, sondern auch die verschlussbilden-den Lippen knnen noch durch Yorschiebung oder Zuriick-ziehung u. s. w. auf den Klang des Nasals einwirken (Naheresnbsp;8. Cap. 23). Stimmhafte Nasale mit Gerauschbildung knnennbsp;zwar auch erzeugt werden, aber sie kommen, soweit meine Er-fahrung reicht, nicht vor. Stimmlose Nasale aber sowohl mitnbsp;als ohne Reibungsgerausch begegnen in vielen Sprachen, z. B.nbsp;stimmloses spirantisches n im island, hn und kn, z. B. in kniga,nbsp;knif (Hoffory, Kuhn's Zeitschr. XXm, 546 .), desgleichennbsp;stimmloses m in der Interjection hm (woriiber unten 397 Ge-naueres). Ohne wesentliches Reibungsgerausch erscheint da-gegen z. B. das stimmlose engl. n in snow, lent, mint u. dgl.nbsp;Die Starke des Reibungsgerausches kann auch bier wieder einenbsp;verschiedene sein.

333. Ich habe friiher die Existenz stimmloser Nasale geleuguet, in-dem ich das was oben als stimmloser Nasal bezeichnet wurde, friiher im Anschluss an die alte Definition der Nasale, welche nur stimmhafte Formennbsp;kannte, als einen durch die Nase gefiihrten Hauch betrachtete. Uebernbsp;die Zweckmassigkeit einer Erweiterung jener alten Definition vergleiohenbsp;dagegen die ausfiihrlichen Errterungen von Hoffory a. a. 0. Auch dienbsp;englischen Phonetiker erkennen die Existenz stimmloser Nasale durch-

-ocr page 147-

127

324326. Die Spiranten: 1. Labiale.

B. Die Gerauschlaute.

Cap. 14. Die Spiranten.

1. Labiale und Labiodentale.

324. nbsp;nbsp;nbsp;Eein labiale Spiranten sind im ganzen selten. Dennbsp;bilabialen Verscblusslauten (348) entsprechen grossentheilsnbsp;labiodentale Spiranten, so dem p das , dem stimmhaften l das v,nbsp;wie es in Norddeutschland, ferner in den romanischen Sprachennbsp;und im Engbschen ausgesprochen wird. Bilabiales ist mirnbsp;nur bei vereinzelten Individuen vorgekommen, wahrend bilabiales w (oft, wie auch , reducirt gesprochen, 505) in einemnbsp;grossen Theile von Mittel- und Sddeutschland herrscht. Innbsp;Tirol babe ich auch ein bilabiales w beobachtet, das nach eng-lischer Terminologie divided (312) gebildet wird, d. h. mit Ver-schluss der Lippen in der Mitte und mit zwei seitlichen Aus-flussffnungen. Doch scheint diese Bildungsart nicht fr allenbsp;Individuen gut mglich zu sein. Es kommt bei dem mittlerennbsp;Lippenschluss viel auf die Gestalt der Lippen des einzelnennbsp;Individuums an (leichter geUngt er bei starkerer Ausdehnung dernbsp;Lippenspalte, so z. B. wenn man mitlachelndemMunde spricht).nbsp;Auch das span. b scheint, wenigstens zum Theil, mit Mittel-schluss gebildet zu werden (vgl. dazu Storm^ S.154. i S. 434).

325. nbsp;nbsp;nbsp;Da die meisten modernen und v der indogermani-schen Sprachen aus bilabialen Verscblusslauten hervorgegangennbsp;sind, so mssen wohl bilabiale und w als deren Vorstufen innbsp;grsserem Umfange angesetzt werden. Der Grund fr die fastnbsp;vollstandige Aufgabe des bilabialen mag in dessen geringernbsp;Lautstarke liegen, die es zu leicht unvernehmlich werden liess.nbsp;Beim labiodentalen und v rhrt die grssere Scharfe desnbsp;Lautes von demAnblasen der Oberlippe vermittelst des zwischennbsp;Unterhppe und Oberzahnen hervorgetriebenen Luftstroms hernbsp;(man erkennt das leicht, wenn man wahrend der Bildung einesnbsp;f,v die Oberlippe mit dem Einger in die Hhe hebt). Beim w,nbsp;dessen Stimmhaftigkeit den Laut vor der UnvernehmUchkeitnbsp;etwas schtzt, war eine derartige Verscharfung des Blase-gerausches nicht so nothwendig.

326. nbsp;nbsp;nbsp;Die beiden stimmhaften Spiranten dieser Reihe, vnbsp;und w, sind streng von dem 'HalbvocaL u getrennt zu halten,nbsp;ber den unten 410 ff. 422 zu vergleichen ist. Auch das

-ocr page 148-

128

327329. Die Spiranten: 1. Labiale. 2. Zisohlaute.

stimmlose u in engl. wh ist nicht mit dem hilahialen zu iden-tificiren. Die Scheidung documentirt sich schon ausserlich in der Articulation, indem bei den Spiranten o, w die Lippen-rander mebr oder weniger gradlinig und parallel einandernbsp;genahert sind, wahrend der Halbvocal u die Rundung undnbsp;grssere Mundffnung des Vocals u theilt, ausserdem aher auchnbsp;wie dieser eine Zungenarticulation in Anspruch nimmt.

327. Eine eigenthmliche Abart des findet man bei einzelnen Individuen (namentlicb Juden) als Vertreter fr L Die Unterlippe ist dabei weit hinaufgezogen, sodass die Schneide der Oberzahne etwa in der Mittenbsp;der inneren Lippenflacbe oder nocb tiefer aufsetzt. Die Oberlippe ist eben-falls dem entsprechend gehoben, und beide Lippen sind naoh aussen vor-gestlpt, sodass sie vor den Zahnen einen kesselfrmigen Kaum bildennbsp;(337). lob bin nicht sioher, ob dabei auch die Zunge eine selbstandigenbsp;Articulation vomimmt (namlich die Bildung eines ahnlichen Kessels hinternbsp;den Zahnen), mchte es aber fast glauben.

2. Die Zischlaute.

328. nbsp;nbsp;nbsp;Hiermit betreten wir das fr die Beschreibungnbsp;schwierigste und auch in seiner historischen Entwicklung nochnbsp;am wenigsten aufgeklarte Gebiet unseres Lautsystems. Das-selbe umfasst eine Eeihe von Spiranten, deren Anfang dasnbsp;interdentale , deren Ende das palatale s bildet und in derennbsp;Mitte die verschiedenen s- und s-Laute liegen. Wir stellennbsp;voran die

329. nbsp;nbsp;nbsp;Zischlaute coronaler Bildung. Hier begegnennbsp;zunachst die interdentale oder postdentale stimmlosenbsp;Spirans 0 nebst dem entsprechenden stimmhaften d. Die ersterenbsp;Species wird durch V orschieben des flach ausgebreiteten Zungen-saums zwischen die ein wenig von einander entfernten Zahn-reihen gebildet. Derselbe braucht nicht ber die Kante dernbsp;Oberzahne hervorzuragen. Die Hauptsache ist, dass die Engenbsp;zwischen dem Zungensaum und der Kante der Oberzahne ge-hildet wird (Michaelisquot; marginales s). Dieser Art sind neu-griech. -d- und d und oft englisches 'hartes und 'weiches thnbsp;nach dem Zeugniss von Storm ^ S. 69, dem ich nur beistimmennbsp;kann. Sweet findet dagegen das engl. th gewhnlich post-d en tal gebildet. Er unterscheidet nur zwei Hauptarten. Beinbsp;der einen wird der Zungensaum gegen die Hinterflache dernbsp;Oberzahne gepresst und die Luft entweicht durch die Zwischen-raume der Zahne (interstitielles 0, d); die Berhrungnbsp;zwischen Zungensaum und Zahnen wird aber oft gelockert und

-ocr page 149-

129

330333. Die Spiranten; Coronale Zischlaute.

unter Umstanden der Zwischenraum so erweitert, dass das Reibungsgerauscli ganz verloren geht. Die zweite Art ist einnbsp;inneres bei welchem keine directe Beriibrung der Zabnenbsp;stattfindet, sondern die Zunge bloss den Alveolen unmittelbarnbsp;hinter der obern Grenze der Zabne genahert ist. Natiirlichnbsp;sind aber wieder nocb mehrere Unterabstufungen mglich. Einnbsp;mittleres postdentales d mit sehr weiter Oeffnung ist z. B. dasnbsp;span, d wenigstens in der chilenischen Aussprache. Stimmlosnbsp;erscheint dasselbe fiir s ?, z.B. laOoOientes fiir las dos dientesnbsp;(iiber das span, d s. Storin'^ S. 154. ' S. 426).

330. nbsp;nbsp;nbsp;Man kann das 0 auch 'divided' und einseitignbsp;bilden. Die Engen Uegen dann entweder beidseitig oder einseitig an den Eckzahnen. Dieser Laut scheint als Vertreternbsp;des s in Deutschland nicht ganz selten zn sein. Ich glaube ihnnbsp;otter von Berlinern sowie im Judendeutsch gehort zu haben,nbsp;bin aber nicht sicher, ob er nicht vielmehr mit dem Zungenblattnbsp;gebildet wird. Yom engl. th unterscheidet er sich durch star-keres Zischen, vielleicht weil die Lippen mit angeblasen werdennbsp;Oder doch die Luft sich in dem kleinen Hohlraum zwischennbsp;Zahnen und Lippen fangt.

331. nbsp;nbsp;nbsp;Bei dem interstitiellen 0 welches natiirlich nur von Personennbsp;mit auseinanderstehenden Oberzahnen gebildet werden kann findet auchnbsp;oft ein Anblasen der Oberlippe statt. Ich habe friiher geglaubt, dass dieses Anblasen dem 0 berhaupt erst seine eigentliohe Hrbarkeit verleihenbsp;(wie beim , v), habe mich aber berzeugt, dass dasselbe nur etwas Secun-dares ist.

333. Der Articulation nach stehen diese Spiranten den labiodentalen , V nahe, daher auch der haufige Uebertritt derselhen in die letzterenbsp;Classe. Es bedarf dazu nur eines geringen Helens und Einwartsbiegensnbsp;der Ilnterlippe, um diese mit den Oberzahnen in Berhrung zu bringen,nbsp;d. h. sie an der Bildung der Enge fr das Blasegerausch theilnehmen zunbsp;lassen. Durch Rckkehr der beim 0, artioulirenden Zunge zur Ruhe-lage ist dann der vollstandige Uebergang zu , v vollzogen.

333. Geht man mit dem Zungensaum noch mehr in die Hhe, sodass die Enge an den Alveolen gebildet wird, so ent-steht das stimmlose Alveolar-r des Englischen nebst seinennbsp;stimmhaften Nebenformen mit und ohne Reibungsgerauschnbsp;(stimmhaftem spirantischem und sonorem r), bei noch starkerernbsp;Hebung und Zuriickbiegung der Zunge das stimmlose Oere-bral-r, die man herkommlicher Weise nicht zu den Zischlautennbsp;zu rechnen pflegt. Einen stimmlosen alveolaren Zischlautnbsp;dieser Art, iiber dessen Analyse ich aber nicht vllig sicher bin,nbsp;glaube ich in der irischen Aussprache von t nach Vocalen,

Sievers, Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;9

-ocr page 150-

130

334. 335, Die Spiranten: Die s- und s^-Laute.

namentlich nacli ^ gehort zu hahen, z. B. in meat, eating \ die Enge muss aher ziemlich weit sein, da das Zischen nicht sehrnbsp;stark ist (das Volk suhstituirt gewohnlich postdentales odernbsp;interdentales 0 dafr; den entsprechenden alveolar-coronalennbsp;Laut hahe ich nur bei Gebildeten gefunden, welche noch dienbsp;Irish brogue sprechen, aher doch bestrebt sind das gewohnlichenbsp;alveolare t zu bilden).

331. Die Zischlaute s und s nebst den entsprechenden stimmhaften z und z. Hier gilt es vor alien Dingen den aus dernbsp;Sanskritgrammatik z. Th. auch in die sprachwissenschaftlichenbsp;Literatur eingedrungenen Irrthum zu beseitigen, als sei 'cere-brales squot; ohne Weiteres identisch mit s, oder 'palatales squot; mitnbsp;skr. f, d. h. als verhielten sich die drei Laute I, f, s so zu ein-ander wie die skr. Verschlusslaute c, t. Vielmehr existirennbsp;vollkommen ausgebildete Parallelreihen von s- und s-Lauten,nbsp;d. h. es gibt sowohl cerebrale, palatale als dentale s und

335. Was nun zunachst die eigentlichen s-Laute anlangt, so ist nach den Untersuchungen von Bell und Sweet fr sienbsp;cbarakteristisch, dass die Bngen mit dem Zungenblatt (151)nbsp;gebildet werden. Nicht minder wichtig ist aber, wie es scbeint,nbsp;dass bei ihrer Bildung die Zunge in ihrer Mittellinie zu einernbsp;scbmalen mehr oder weniger tiefen Einne eingekerbt wird,nbsp;durch welche der Luftstrom gegen die obere Zahnreibe odernbsp;die Alveolen geblasen wird. Dies unterscheidet die eigentlichennbsp;s-Laute wesentlich von den rein coronalen Zischlauten. Dienbsp;Enge selbst kann vom untern Eande der Oberzahne an auf-warts bis zu der Articulationsstelle der Cerebralen gebildetnbsp;werden. Engenbildung an der Kante der Zahne bringt einnbsp;lispelndes s hervor, das man als individuelle Eigenthmlich-keit bei einzelnen Personen findet. Beim franz. s, z ruht dienbsp;Zungenspitze ebenfalls noch hinter den Unterzahnen, die Engenbsp;liegt zwischen dem Zungenblatt und der Hinterwand dernbsp;Oberzahne, an welche die Zunge stark angepresst wird.nbsp;Aehnlich sind wohl die meisten mitteldeutschen s gebildet, dochnbsp;liegt da die Enge bereits am untem Eande der Alveolen. Innbsp;Norddeutschland dagegen, namentlich in den Mundarten,nbsp;welche das st, sp am zahesten festhalten, findet man alveolarenbsp;s, bei welchen auch die Zungenspitze bis fiber den untern Eandnbsp;der Oberzahne hinauf gehoben ist. Diesem scheint das gewohnliche englische s nahezukommen; doch hat dies nachnbsp;Sweet weitere Oeffnung als der deutsche und franzsischenbsp;Laut. Ausserdem scheint mir beim norddeutschen s die ganze

-ocr page 151-

131

336.337. Die Spiranten: Dies-Laute.

wahrend das eng-

Vorderzunge mehr convex gewolbt zu sein, lische s eine Art Uebergang zur coronalen Articulation darstellen mag. Das palatale s, das z. B. im Russiscben vornbsp;palatalen Vocalen (e, i u. s. w.) vorkommt, unterscheidet sichnbsp;durch nocb weiter riickwaits liegende Enge und starkerenbsp;Wolbung des gesammten Vorderkrpers der Zunge. Ein wirk-licbes cerebrales s findet Storm^ S. 70 im Ostnorwegischen undnbsp;Schwediscben in der Verbindung rs, z. B. biirse Biichse^, undnbsp;iiu baskischen sosa 'un sou^ (im Dialekt von Bayonne). Em-phatische alveolare s-Laute sind das arab. (j.^ s und z (166).

336. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber die eigentliche Articulation der s-Lautenbsp;gehen die Ansichten der Forscher noch weit auseinander, weilnbsp;diese Laute ausserordentlich viele und stark von einandernbsp;abweichende Specialitaten entwickelt haben, die Articulationnbsp;der Zunge aber sich noch mehr als bei den s-Lauten dernbsp;directen Beobachtung entzieht. Nur so viel steht fest, dass dienbsp;Zungenarticulation der s stets etwas weiter rckwarts liegt alsnbsp;die der s (s. die sehr instructiven Abbildungen und Beschrei-bungen beider Laute bei Griitzner 219 ft.); wahrscheinlich istnbsp;mir auch, dass die Lippen an der Modification des specifischennbsp;Gerausches mehr oder weniger betheiligt sind (vgl. auch 342).nbsp;Diese Mitwirkung kann auf wesentlicli zweifach verschiedenenbsp;Weise herbeigefiihrt werden. Entweder wird die beim s vor-handene Binne in der Zunge dergestalt verbreitert oder ganznbsp;inWegfall gebracht, dass auch bei neutraler Lage die Lippennbsp;noch wenigstens in iliren seithchen Partien von dem Exspira-tionsstrom getroffen werden, oder es werden, bei Beibehaltungnbsp;jener Einne, die Lippen gerundet und oft auch mehr odernbsp;weniger vorgestlpt und bilden dann eine annahernd recht-eckige Oeffnung. Auch einseitige s finden sich; hier stemmtnbsp;sich der linke, seltener der rechte Zungenrand gegen dennbsp;Gaumen an und so wird der Luftstrom nach der entgegen-gesetzten Richtung in den Mundwinkel hinein, gegen die innbsp;der Regel etwas seitlich abgehohenen Lippen gefhrt. Diesenbsp;Art findet sich recht oft in Norddeutschland, namentlich ist sienbsp;bei Berlinern ganz gewhnlich, aber auch von Englandern habenbsp;ich gelegentlich diese einseitigen s gehort.

337. nbsp;nbsp;nbsp;Das Wesentchste ist vielleicht bei allen s-Articu-lationen die Bildung eines grosseren kesself rmigen Raumes imnbsp;Vordermunde, inwelchen der Exspirationsstromhineingetriebennbsp;wird. Wenigstens scheinenmir die S sich von den entsprechenden

9*

-ocr page 152-

132

338. 339. Die Spiranten: Die s'-Laute.

Species der s stets durch eine dumpfere Kesselresonanz zu unterscheiden (mit dieser Eesonanz schwindet daher viel vonnbsp;dem specifischen Klangcharakter des s bei Personen, denen dienbsp;untern Schneidezahne fehlen. Man beachte auch, dass z. B.nbsp;die cerebralen s, bei denen ein ahnlicher Kesselraum gebildetnbsp;wird, einen s-ahnlicheren Klang haben). Die Lippenarticula-tion hilft diese Kesselbildung nur vervollstandigen und modi-ficiren. Aehnlich sagt auch Storm ^ S. 72: quot;Wenn ich nur dienbsp;Zungenspitze hebe, so entsteht nur supradentales s; erst wennnbsp;ich zugleich einen Theil des Zungenriickens ins Niveau bringe,nbsp;entsteht s, indem sich hinter dem Gaumendach ein gewlbternbsp;Baum bildet, der einen tieferen Eigenton und ein mehr zusam-mengesetztes Gerausch hervorbringt.^

338. nbsp;nbsp;nbsp;Briicke erklarte dagegen das ihm gelaufige alveolare s fiir einennbsp;zusammengesetzten Consonanten, weil seine Articulation nicht einfachnbsp;sei, sondern weil das die Engenbildung eines alveolaren s mit der desnbsp;gutturalen verbinde. Abgesehen davon, dass die doppelte Engenbildungnbsp;durch Briicke keineswegs ausser Zweifel gestellt ist (vgl. Merkel, Laletiknbsp;102 ff., Griitzner 222) ist doch der Laut s durchaus einheitlioh und hatnbsp;nicht mehr Anspruoh auf den Namen zusammengesetzt, als z. B. allenbsp;palatalisirten oder gerundeten Laute, welche durch gleichzeitige Wirkungnbsp;verschiedener Articulationen des Ansatzrohrs erzeugt werden. . Sweetnbsp;S. 39 beschreibt im Anschluss an Bell das s folgendermassen; Das s istnbsp;dem s sehr ahnlich, hat aber mehr von dem point-element (d. h. starkerenbsp;Betheiligung des Zungensaums); dies hat seinen Grrund in der An-naherung an stimmloses r ; das s ist in der That ein s, das auf dem Wegenbsp;zu stimmlosem r angehalten ist. Dies geschieht, indem man die Zungenbsp;aus der s-Lage ein wenig zuriiokzieht und mehr nach oben wendet, wasnbsp;den Zungensaum mehr in Action bringt. Ich halte auch diese Beschrei-bung nebst den weiteren Angaben Sweets noch nicht fr hinlanglichnbsp;sioher oder geeignet eine deutliche Vorstellung von dem s-Mechanismusnbsp;zu geben.

339. nbsp;nbsp;nbsp;Varietaten des s ergeben sich namentlich nochnbsp;durch die verschiedenen Stellungen der Zungenspitze und dienbsp;quot;Wolbung verschiedener Theile der Zungenflache. Gewohnlichnbsp;sind die s wohl supradental, d. h. auch die Zungenspitze ist bisnbsp;zu den Alveolen gehoben. Doch kommen auch I mit gesenkternbsp;Zungenspitze vor, z. B. in Mittel- und Siiddeutschland und,nbsp;wie mir scheint, auch wohl in den palatalen oder mouillirtennbsp;s-Lauten der slavischen Sprachen. Beim poln. (auch in russ.nbsp;Hh, poln. 6) und dem damit von Storm ^ S. 72 gleichgesetztennbsp;norw. sk, sj in skilling, sjail ist der mittlere Zungenriicken gehoben. Halbpalatale s sind fast iiberall die deutschen s vornbsp;Consonanten, die aus einfachem altdeutschen s hervorgegangennbsp;sind, wie in slekn, sprechen, schlagen, schneiden, schwer, gespr.

-ocr page 153-

340. Die Spiraijten; Dies-Laute. 341.342. Die a;-Laute. 133

sfen etc., gegeniiber dem deutlich nichtpalatalen s aus alt-deutscbem sk, wie in Schade, schreiben etc. Durch Hebung des hintern Zungenriickens entsteht nach Sweet und Storm dasnbsp;schwedische s in skilling, sjdl, das besonders im Siidschwedi-schen durch labiale Modification und Senkung der Vorderzungenbsp;verstarkt werden kann und das wie ein Zwischenlaut zwiscbennbsp;deutschem sch und ch in ach klingt (Storm ^ S. 72). Auch dienbsp;franz. ch, J sind wobl mit gesenkter Zungenspitze gebildet, dienbsp;norddeutscben und englischen s aber mit gehobener Zungenspitze. Dazu hat, wie Sweet bemerkt, das engl. sh grsserenbsp;Oeffnung als das deutscbe sch und dadurch liegt zugleichnbsp;seine Enge etwas weiter rckwarts. Eigentlich cerebrates ^nbsp;scheint z. B. das Sanskrit besessen zu haben: gehort habe ichnbsp;den Laut nicht.

340. Die palatalen s' nahern sich oft im Klange den Palatalen ch-Lauten (icA-Laut), mit denen sie oft weohseln (wie denn z. B. dem russ. mb mit palatalem ich - Laut oder stimmlosem spirantischem i im Polnischennbsp;c mit palatalem s' entspricht).

3. Die palatalen und velaren a;-Laute.

341. nbsp;nbsp;nbsp;Neben dem palatalen Zischlaut s, z steht der palatalenbsp;Spirant jj, den wir imDeutschen mit dem Namen des icA-Lautsnbsp;zu bezeichnen pflegen, nebst seinem stimmhaften Correspondenten, der Spiransy, wie sie in Nord- und Mitteldeutschlandnbsp;grossentheils gesprochen wird (wohl zu unterscheiden von demnbsp;Halbvocal i, der z. B. in Sddeutschland haufig vorkommt,nbsp;vgl. 422). Der physiologische Spielraum dieses % ist natiirlichnbsp;verhaltnissmassig sehr bedeutend (vgl. 161). Unser deutschesnbsp;ch nach oder vor i und unser j wiirden zu der vorderen palatalen Species [x^) gehren (noch weiter nach vom Hegt das %,nbsp;das z. B. in Thringen und Sachsen fiir j (und g) gesprochennbsp;wird, wie in jeder,jung, liege, gespr. xed^, xuTs[k), u. dgl.),nbsp;wahrend z. B. das hollandische g nach e, i der hinteren Palatal-reihe (x^) zufallt.

342. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Art Zwischenlaut zwisohen s und x ix) findet sich in einemnbsp;westmitteldeutschen Dialektgebiet (Frankfurt, Nassau etc.) als Vertreternbsp;von etymologischem s' und x nehen palatalen Lauten, also z. B. in Verbin-dungen wie grixixd gsxixts griechische Greschichte. Die Zungenarticula-tion scheint bier wesentlich die eines x zu sein, gleichzeitig besteht abernbsp;eine leichte (verticale) B,undung der Lippen, die dem Laut seinen s-ahn-licben Cbarakter verleihen bilft (vgl. 336).

-ocr page 154-

134

343345. Die x - Laute. 346. Laryngale Spiranten.

343. nbsp;nbsp;nbsp;An die palatalen scliliessen sich der Articulation nachnbsp;die velaren an. Das vordere velare ist das gewhnlichenbsp;deutsche ch nach a, o, u (der cA-Laut), das hintere velare x'^nbsp;das tiefe ch der Schweizer und mancher siiddeutscher Mund-arten, das xe der Armenier. Auch russ. x, poln. ch gehrennbsp;wohl grossentheils zu den hinteren Velaren. Sie unterscheidennbsp;sich aher von den deutschen Pormen durch eine auffallendenbsp;Schwache des B,eihungsgerauschs. Anlautendes russisches xnbsp;klingt oft geradezu wie ein recht energisches h. Auch Storm ^nbsp;S. 73 bemerkt, dass es ihm zwischen deutschem ch und h zunbsp;liegen scheme, und dass es ein c/-Laut mit loser Annaherungnbsp;der Organe sei (vgl. dazu 499).

344. nbsp;nbsp;nbsp;Dem x^ entspricht als stimmhafter Correspondentnbsp;das = neugriech. y. Es ist der Laut, den man in Nord-deutschland fiir inlautendes g nach o, w z. B. in Tage^ Bogennbsp;hort (im Auslaut spricht man ganz diesem entsprechendnbsp;stimmlos x^, tax^, box^). Auch als Vertreter des uvularen rnbsp;kommt das vor, obwohl diesem genauer das hinterenbsp;(= armen, ^at) entspricht.

345. nbsp;nbsp;nbsp;Die und -Laute unterscheiden sich von dennbsp;Zischlauten durch eine durchaus dorsale Articulation. Es fehltnbsp;ihnen das scharfe Zischen, das die s-Laute durch den Anfallnbsp;der Luft an die Zahne erhalten, und die Kesselresonanz dernbsp;s-Laute. Ihre Reibungsgerausclie sind daher milder als dienbsp;der Zischlaute und so erfahren sie haufiger als jene einenbsp;Reduction (vgl. 499 ff.).

4. Laryngale Spiranten und Verwandtes.

346. Als laryngale Spiranten im eigentlichen Sinne desnbsp;Worts sind nur diejenigen Eormen der sog. A-Laute zuhezeich-nen, welche mit deutlichem Reibungsgerausch im Kehlkopfnbsp;gebildet werden. Von stimmlosen Eormen gehort hierher vornbsp;allem das sog. heisere h (^) des Arahischen und andrernbsp;Sprachen (ich kenne es z. B. noch aus dem Somali). Hier ist,nbsp;wie Czermak gezeigt hat, die Banderglottis geschlossen, dernbsp;Hauch entstrmt nur durch die geoffnet gehaltene Knorpel-glottis, an deren Random er das specifische Reibungsgerauschnbsp;erzeugt. Nach den Angaben bei EUis IV, 1130 a wird einnbsp;solches Ji auch von Irlandern oft gesprochen, doch diirfte dasnbsp;Reibungsgerausch bereits erheblich schwacher sein als beimnbsp;vollen arab. Schwachere Reibungsgerausche finden sich auch

-ocr page 155-

347. Laryngale Spiranten. 348. 349. Die Verschlusslaute. 135

sonst nicht selten bei den h verschiedener Sprachen. Treten aber solche Eeibungsgerausche nicht auf, oder sind sie sonbsp;schwacb, dass sie nicht gesondert empfunden werden, so sindnbsp;die entsprechenden Pormen der h vielmehr als hlosse Hauch-laute zu charakterisiren, und zwar als laryngale Hauch-laute, sofern hei ihrer Bildung die Stimmritze (hehufs Luft-ersparniss) merklich verengt ist. Peste Grenzen zwischen diesennbsp;verschiedenen Arten von h sind demnach nicht zu ziehen, auchnbsp;fehlt es zur Zeit noch an hinlanghch genauen Einzelermitte-lungen. Hier kann wohl die neuerdings von E. A. Meyer (s. 284)nbsp;wieder aufgenommene Methode der stroboskopischen Unter-suchung des Kehlkopfs (vgl. 76) noch brauchhare Eesultatenbsp;ahwerfen.

347. Als stimmhafte Parallelen sind die stimmhaften hnbsp;anzufiihren, ber die in 283 ff. gehandelt ist. Ueber dasnbsp;arab. ^ s. 354.

Weiteres hierzu s. hei den Vocalein- und -ahsatzen 388 ff.

Cap. 15. Die Verschlusslaute.

A. Die Verschlusslaute nach ihren Articulations-

stellen.

1. Labiale.

348. nbsp;nbsp;nbsp;Die Verschlusslaute dieserEeilie sind im Allgemeinennbsp;nur bilabial. Nur in der Verbindung mit den theilweise homorganen labiodentalen Spiranten [, c, also/, 5, vgl. untennbsp;467) erfahrt auch die Unterlippe in der Eegel die Pressungnbsp;gegen die Oberzahne, welche diesen Spiranten eigenthmlichnbsp;ist. Der Klang der Verschlusslaute wird dadurch wenig odernbsp;gar nicht verandert, die ganze Erscheinung ist offenbar erstnbsp;secundar und ohne besondere Wichtigkeit fr die Lautgeschichte.nbsp;Ueber sog. emphatisches ^ s. 166.

2. Die Laute der Zungenspitze.

349. nbsp;nbsp;nbsp;Cerebrale d nebst den Aspiraten th, dh sind ausnbsp;dem Sanskrit und den neuindischen Sprachen zuerst bekanntnbsp;geworden, wo sie haufig vorkommen. In Europa kennt sie dasnbsp;Schwedische, wo rt, rd als {r)t, [r)d ausgesprochen werden.nbsp;Auch das sicil. d in cavaddu fr cavallo ist nach Storm ^ S.43nbsp;cerebral, aber ohne Beimischung eines r-Lautes, wahrend ihm

-ocr page 156-

136

360. Die VerscHusslaute: Palatale.

das ind. d zunachst gleich dem schwed. rd klingt, aber kaum von dem 'dickenquot; I (s. 321) zu unterscheiden ist. Die englischennbsp;t, d, welcbe von den Indem bekanntlich als cerebral aufgefasstnbsp;werden im Gegensatz zu deren rein interdentalen cT, sindnbsp;in Wirklicbkeit alveolar. Alveolare t, d herrscben auch innbsp;Deutschland, namentlicb im Norden, vor. Sie sind berhauptnbsp;vielleicht die blichste Art der sog. Dentalen. Es gibt mancher-lei Abstufungen derselben, je nachdem die bis zu den Alveolennbsp;heraufgezogene Zungenspitze reiner coronale oder mehr dorsalenbsp;Articulationsform hat (mir scheinen die norddeutschen Alveolarnbsp;-d etwas mehr dorsal gebildet als die englischen, vielleichtnbsp;auch etwas weiter nach vorn). Zu den Alveolaren geboren auchnbsp;die emphatischen Ja (^), ^ {d) des Arabischen (166). Dorsal-alveolar in dem 159 bestimmten Sinne (Brckes Dorsale)nbsp;sind vielfach die t, c? in Mittel-, auch wohl in Suddeutschlandnbsp;(namentlich oft in den Affricaten ts und ts auch da wo das ein-fache t nicht dorsal gebildet wird), mouillirt erscheinen sie imnbsp;russ. wtgt;, dh. Postdentale t, dhabe ich im Spanischen beob-achtet, gelegentlich auch in Deutschland. Pindet der Ver-schluss am untern Rande der Oberzahne statt, so sind dienbsp;Postdentale schwer von den Interdentalen zu unterscheiden.nbsp;In der letzteren Weise werden nach dem Zeugniss von Storm 2nbsp;S. 69 noch heutzutage die indischen Dentale gesprochen.nbsp;Selbst beobachtet babe ich sie in grsserem Umfange im Serbi-schen und Armenischen, wo sie die regelrechten Vertreter dernbsp;Dentalclasse zu sein scheinen. Auch im Englischen erscheinennbsp;dialektisch interdentale t und d fr hartes und weiches z.B.nbsp;in der Aussprache der Irlander. Stimmloses d fr weiches thnbsp;habe ich im Dialekt von Westmoreland gefunden, wie in brudr,nbsp;niudr fr brother^ mother', das r ist gerollt, die Mediae und dasnbsp;Schluss-r sind stimmlos. Im Deutschen findet man die interdentalen G ebenfalls fter, individuell wie dialektisch, letz-teres z. B. in Kamten, sonst namentlich bei Juden. In dennbsp;iilteren indogermanischen Sprachen scheint diese Lautreihenbsp;weiter verbreitet gewesen zu sein als in den modernen, wennnbsp;man aus dem haufigen Uebergang dentaleP Verschlusslautenbsp;in interdentale Spiranten {t, zm. ; d zu d) einen Schlussnbsp;ziehen darf.

3. Palatale.

350. Das Verbreitungsgebiet der echten Palatale c, j ist ziemlich betrachtlichen Umfangs (sehr reichliche Belege aus

-ocr page 157-

351353. Die VerscMusslaute: Velare, laterale, laryngale. 137

den germanisclien Sprachen bringt z. B. H. Mller, Die Palatal-reihe der indogermanischen Grundsprache im Gennanischen, Leipzig 1875); nur pflegen wir die Existenz dieser fiir die Laut-geschichte so wichtigen Classe von Lauten gern deswegen zunbsp;iibersehn, weil ihre deutscben Vertreter mit den entsprechendennbsp;velaren Yerscblusslauten unter denselben Zeichen [k, g) com-binirt werden. Wegen ihrer Articulationsverwandtschaft mitnbsp;den palatalen Vocalen erscbeinen sie besonders haufig vornbsp;diesen (besonders i, e, vgl. auch 482 ff.), aber auch vor andernnbsp;Vocalen fehlen sie nicht (vgl. z. B. lit. kiauU, kiauszis, d. h.nbsp;caule^, causis).

4. Velare.

351. nbsp;nbsp;nbsp;Die zwei Velarreihen (163) sind in den semitischen

Sprachen noch zum Theil unterschieden, z. B. im hebr. kaf und kof (das letztere gehort, wie arab. jj^k, zu den empbati-scben Lauten, 166), ein kquot;^ ist auch das georgische q\ k^x'^ hortnbsp;man oft von Schweizern, auch wohl k!^ allein, wenn dieselbennbsp;Schriftdeutsch sprechen; sonst habe ichnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Deutschen

nur gelegentlich als individuelle Eigenthiimlichkeit einzelner Sprecher beobachtet. Die deutschen k vor a, o, u sind M, vornbsp;den palatalen Vocalen wird die Articulation meist weiter nachnbsp;vorn verschoben, jedoch bestehen dabei starke dialektischenbsp;Unterschiede, ohne dass die Verschiedenheit der Articulationnbsp;zum deutlichen Bewusstsein kame.

5. Laterale.

352. nbsp;nbsp;nbsp;Laterale Verscbluss- oder genauer Explosivlaute sindnbsp;in den indogermanischen Sprachen regelmassig die sog. Dentalenbsp;und Palatale vor 1. Ihr Klang richtet sich natiirlich nach dernbsp;sonstigen Stellung des Zungenkrpers, woriiber die Combina-tionslehre Naheres bringen wmd (Cap. 22). Einen stimmlosennbsp;lateralen Explosivlaut ohne nachfolgendes I kenne ich aus dernbsp;Sprache der Thnkiten nach Mittheilungen des Herrn A. Pinart.

6. Laryngale.

353. Der einfache, stimmlose Kehlkopfexplosivlaut (vgl.nbsp;172, 6), den wir mit ^ bezeichnen, dient namentlich in den semitischen Sprachen (welche berhaupt ein ganzes System vonnbsp;Laryngallauten aufweisen) als besonderer Sprachlaut mit etymo-logischemWerth (hebr. Aleph, arab. Hamza u. s. w.). Anderwarts,

-ocr page 158-

138 354,355. Die Verschlusslaute: Laryngale. 356.357. ArtenihrerBildg.,

z. B. auch im Deutschen, tritt Stimmritzenschluss und -explosion nur als eine der verschiedenen Wechselformen des Ein- bez.nbsp;Absatzes von Vocalen und andern Lauten auf (vgl. 385.365 etc.).nbsp;Wiederum anderwarts dient dieser Vorgang auch accentuellennbsp;Zwecken (bei dem sog. Stosston, 585 ff.). Aus dieser Verschie-denheit der Function erklart sich auch die Verschiedenheit dernbsp;Bewerthung unseres Lautes in der phonetischen Literatur, dienbsp;ihn theils als selbstandigen Sprachlaut, theils als mehr odernbsp;weniger secundare Begleiterscheinung betrachtet, ohne dassnbsp;jedoch die Auffassung des phonetischen Vorgangs selbst da-durch tangirt wrde.

354. nbsp;nbsp;nbsp;Eine stimmhafte Parallele zu und Ji (346) scheintnbsp;das semit. Ajin (arab. ) zu sein. DieserLautbeginnt, wenigstensnbsp;im Anlaut, wohl zweifellos mit Kehlkopfschluss, aber dieser istnbsp;viel starker forcirt als beim ^ (172, 7), und zwischen Explosionnbsp;und Folgelaut schiebt sich daher ein Stck forcirter Press-stimme ein, so dass das ganze als stimmhafter Kehlpresslautnbsp;(175) bezeichnet werden kann. Der Grad der Pressung wech-selt brigens z. B. in den verschiedenen arab. Dialekten ziem-lich stark: je starker und deutlicher das Hamza articulirt wird,nbsp;um so starker gepresst ist auch das und umgekehrt, sodassnbsp;manchmal das kaum etwas anderes ist als ein etwas starkeresnbsp;Hamza. Auch hier ist noch genauere Untersuchung erforderlich,nbsp;zumal im Inlaut kein Verschluss zu bestehen scheint.

355. nbsp;nbsp;nbsp;eber die faucalen Explo sivlaute s. 168 ff. und 466 f.

B. Die Verschlusslaute nach den verschiedenen Arten ihrer Bildung.

356. nbsp;nbsp;nbsp;Bei allen Verschlusslauten wird nach der Bildungnbsp;des Verschlusses die Luft im Mundraum (bez. bei den laryngalen und , 354 f. die Luft im Lungenraum unterhalb dernbsp;Stimmritze) auf irgend eine Weise comprimirt, und diese ver-dichteteLuft erzeugt dann bei der Aufhebung des Verschlussesnbsp;das charakteristische Platzgerausch der Verschlusslaute.

357. nbsp;nbsp;nbsp;Bei den stimmlosen Verschlusslauten wie t, h istnbsp;dieser Knall der einzige Schall, der berhaupt erzeugt wird.nbsp;Bei den stimmhaften, wie rom. slav. 5, d, g, tritt wahrend dernbsp;Dauer des Verschlusses und der Explosion noch der Stimm-ton hinzu. Man bezeichnet diesen hier wohl als Blahlaut,nbsp;weil die zur Stimmbildung durch die Stimmritze getriebene

-ocr page 159-

139

358360. Die Verschlusslaute: Fortes und Lenes.

Luft den als Blindsack vorgelagerten (nach vorn zu abgesperr-ten) Mundraum allmahlich anfblaht.

358. nbsp;nbsp;nbsp;Wegen dieser Absperrung klingt der BlaHaut der Versohluss-laute dumpfer als sonst die Stimme bei Lauten, die eine AusflusslFiiungnbsp;haben; auoh soheint hier besonders oft die Murmelstiinme (84 f.) statt dernbsp;Vollstimme einzutreten. Es ist deshalb nicht immer leicht, das Vorhan-densein von Stimme bei einem Verschlusslaut herauszuhren, und so em-pfiehlt sich hier besonders die Anwendung der in 38 bezeichneten Control-mittel. Ueber die Pressstimme beim ^ s. 854.

359. nbsp;nbsp;nbsp;Je nach dem Grade der Compression und der dazunbsp;im Verhaltniss stehenden Starke des Explosionsknalls sindnbsp;weiterhin Lenes und Fortes zu unterscheiden. So ist dasnbsp;stimmlose g in thiiring.-sacks, geht Lenis im Verhaltniss zu dernbsp;ehenfalls stinunlosen Fortis k in thliring.-sachs. kommt, soweitnbsp;dies k ohne Aspiration (also vulgo wie gommt) gesprochennbsp;wird. Deutlicher ist der Unterschied in den silddeutschen,nbsp;speciell in den schweizerischen Mundarten ausgepragt, wo nehennbsp;den stimmlosen unaspirirten Fortes, die durch;?, k (letzteresnbsp;schweiz. oft gg) ausgedriickt werden, ganz entsprechende stimmlose Lenes h, d, g auftreten (s. besonders Winteler S. 18 ff. undnbsp;Heusler, Der alem. Oonsonantismus der Mundart von Basel-stadt S. 1 ff.). Auch sonst sind im Deutschen diese stimmlosennbsp;Lenes nicht selten, ebenso kennt sie das Danische und auch dasnbsp;Englische hie und da (z. B. regelrecht der Dialekt von Westmoreland). Im Armenischen wechselt die stimmlose Aussprachenbsp;der h, d, g (also die Aussprache als stimmlose Lenis) mit dernbsp;stimmhaften Aussprache promiscue ab, ohne dass deshalb dernbsp;Unterschied von den unaspirirten Fortes p, t, k oder dennbsp;aspirirten FortestJi, kJi verwischt wiirde, und so erscheinennbsp;berhaupt in den Sprachen, welche sonst ihre b, d, g stimmhaftnbsp;sprechen,in derNachbarschaft stimmloserLauteofter auch diesenbsp;stimmlosen Lenes (vgl. z. B. vielfach auftretendes norddeutschesnbsp;ich bin mit stimmlosem b, mit du bist mit stimmhaftem b).

360. nbsp;nbsp;nbsp;Ba ist wohl zu beachten, dass die stimmlosen Lenes in den ein-zelnen Sprachen erhebliche Starkeuntersohiede aufweisen. Am schwachstennbsp;sind sie vielleicht in den Sohweizermundarten, starker bereits in Sud-deutschland. In Mitteldeutschland, ja auoh in einem grossen Theile vonnbsp;Norddeutschland, wo wie in England die anlautenden h, d, g sehr gewohn-lich stimmlos gesprochen werden, haben die betreffenden Laute wohlnbsp;nahezu die Starke einer romanisch-slavischen Tenuis, so dass auoh hiernbsp;eine feste Greuze zwischen den beiden Classen (Lenes und Fortes) nichtnbsp;gezogen werden kann (abgesehen von dem naohher zu errternden Unterschied zwischen Spreng- und Losungslauten). Ueber 'neutralenbsp;Ewischenstufen zwischen Fortes und Lenes s. ausserdem oben 184.

-ocr page 160-

140

361364. Die Versohlusslaute: Dortes und Lenes.

361. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Winteler umterscheiden sich die stimrtilosen Lenes h, d, gnbsp;der Schweizer ausscUiesslicli durcli geringeren Luftdruck von den Lungennbsp;her von den entsprechenden Fortes p, t, k. Sweet fasst dagegen dienbsp;'stimmlosen Lenes b, d, g als half-voiced stops, d. h. naoh ihm befindetnbsp;siob die Glottis wahrend des Verschlusses in der Stellung zum Tonen, abernbsp;ohne dass Luft hindurohgepresst wird; der Glide zum folgenden Vocal seinbsp;deshalb stimmhaft, was bei den Tenues nicht der Fall ist. Wenn diesenbsp;Auffassung richtig ist, so wiirde siob die Sohwache der Explosion bei dennbsp;betreffenden Lauten mindestens zum Theil aus der Hemmung der Exspira-tion duroh die verengte Stimmritze erklaren lassen. Zuzugeben ist jeden-falls, dass bei den englisohen anlautenden stimmlosen b, d, g der Gleitlautnbsp;oft stimmhaft gebildet wird, da das Englisohe in dieser Stellung berhauptnbsp;noch zwischen stimmhafter und stimmloser Aussprache sohwankt, d. h. dennbsp;Stimmeinsatz sogar noch in die Verschlussstellung hineinziehen kann.nbsp;Nach den Beobachtungen von E. A. Meyer S. 22 (vgl. namentlich auch dienbsp;Curventafel S. 20) scheinen aber stimmlose Verschlusslaute naoh Stimm-haften berhaupt (d. h. ohne principiellen Gegensatz von Lenis undnbsp;Fortis) wahrend des ersten Theils der Verschlussdauer noch oft einenbsp;lookere Schlussstellung der Stimmbander aufzuweisen, die zu (stimmlosen)nbsp;Schlotterschwingungen der Stimmbander (vgl. 284) Anlass gibt, wahrendnbsp;das Endstck der Verschlussdauer sohwingungslos ist und daher wohlnbsp;Oeffnung der Stimmritze voraussetzt. Auch hier ist also noch genauerenbsp;Erforschung des ganzen Vorgangs abzuwarten. IJeber stimmlose Ver-schlusslenes als reducirte stimmhafte Mediaes. 513.

362. nbsp;nbsp;nbsp;Bei diesen stimmlosen Parallelen beruht der Unter-schied der Explosionsstarke, wie man sieht, auf der Verschie-denheit des Gesammtdruckes; die Lenis wird mit schwacherem,nbsp;die Fortis mit stiirkerem Drucke gebildet. Etwas anders liegtnbsp;die Sache bei den stimmhaften Verscblusslauten. Bei diesennbsp;wird ein Theil der Kraft des znr Lautbildung verwandten Luft-stroms durch die Erzeugung der Stimme absorbirt; wegen dernbsp;durch die verengte Stimmritze gehemmten Luftzufuhr wird dienbsp;Compression der Luft im Mundraum nicht so weit getriebennbsp;wie bei sonst gleichem Druck und offenem Kehlkopf; der Bx-plosionsknall ist daher auch stets schwacher als bei den stimmlosen Parallelen gleicher Druckstarke (vgl. 170 f.). Sie habennbsp;also ihrem Gesammteffect nach stets etwas von dem Oharakternbsp;der Lenes an sich, auch da, wo sie dem Gesammtdruck nachnbsp;als Fortes zu bezeichnen sind.

363. nbsp;nbsp;nbsp;Eine weitere Scheidung der Verschlusslaute ergibtnbsp;sich je nach der Art, wie die Compression der Luft im Mundraum herbeigefiihrt wird.

364. nbsp;nbsp;nbsp;Gewhnlich erfolgt diese von den Lungen aus, indemnbsp;durch den Druck der Exspirationsmusculatur Luft aus dennbsp;Lungen in den Mund getrieben wird. Bei den stimmlosennbsp;Verscblusslauten dieser Art steht dabei die Stimmritze offen

-ocr page 161-

365, Die Verschlusslaute: Offen. u. geschloss. Kehlkopf. 141

(hchstens ist sie nach Massgabe des zu Schluss von 361 Gre-sagten zu einem lockeren Halbschluss verengt), bei den stimm-haften ist sie zum Tonen eingestellt. So werden einmal alle stimmhaften Verschlusslaute, wie rom. slav. b, d, g (berhauptnbsp;auch wohl alle Lenes) gebildet, ferner die sog. reinen Tenuesnbsp;mit offenem Kehlkopf, welche jetzt z. B. bei den Slavennbsp;und Romanen im An- und Inlaut allgemein bhch, aber auchnbsp;in Deutschland (namenthch im Westen von Norddeutscbland,nbsp;desgl. in Holland) verbreitet sind. Endlich fallen auch dienbsp;Aspiraten hierher, bei denen der Explosion noch ein Hauchnbsp;folgt (vgl. 436 ff.).

365. Seltener werden Verschlusslaute mit Kehlkopf-verschluss gebildet. Bei diesen wird nach der Bildung des Mundverschlusses die Communication des Mundraums mit dennbsp;Lungen durch festen Yerschluss der Stimmritze abgeschnitten.nbsp;Die Compression erfolgt dann durch Hebung des Kehlkopfsnbsp;und Zusammenpressung der Wande des Mundraums. Bei dernbsp;Explosion verpufft somit nur das geringe Quantum Luft, dasnbsp;bisher im Mundraum eingeschlossen war. Deshalb khngennbsp;diese Laute stets sehr kurz und scharf abgestossen; zur Bildungnbsp;eines nachfolgenden Hauches ist nie Gelegenheit geboten. Wirnbsp;bezeichnen sie als k, ^ u. s. w., d. h. als k, t, p mit demnbsp;Zeichen des Kehlkopfverschlusses (353). Die Verbreitungnbsp;dieser Laute scheint gering zu sein. Bisher habe ich sie mitnbsp;Sicberheit selbst nur im Armenischen in der Aussprache vonnbsp;Tiflis und Erzerum und im Georgischen beobachtet, doch geboren vielleicht auch die emphatischen k, t, p der semitischennbsp;Sprachen (arab. ^^k, Jot, aethiop.166) hierher. Bei dennbsp;armenischen Lauten dieser Art erfolgt die Explosion des Mund-und Kehlkopfverschlusses durchaus gleichzeitig, sodass mannbsp;also nur eine Explosion hort; im Georgischen folgt dagegen dienbsp;Kehlkopfexplosion der Mundexplosion nach und wird deutlichnbsp;von dieser gesondert gehort. Uebrigens sind diese Verschlusslaute bisher jedenfalls nur als Fortes beobachtet worden. Dassnbsp;sie bei vollem Kehlkopfverschluss zugleich stimmlos sind, verstekt sich von selbst. Eine Art von stimmhaften Parallelennbsp;bilden j edoch vielleicht die stimmhaften emphatischen Yer-schlusslaute wie arab. {jo [d], 166; auf nahe Berhrung der beiden Classen weist jedenfalls auch der dialektische Uebergangnbsp;von arab. k in (ursprnghch gepresstes?) g bin; auch dasnbsp;georg. Jc wird in dieser Weise offer als gepresstes g gesprochen.

-ocr page 162-

142 nbsp;nbsp;nbsp;366369. Die VerscMusslaute: Spreng-und Lsungslaute.

366. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber das Bestehen oder Behlen eines Kehlkopfversohlussesnbsp;entscheidet leicht ein einfaches, nach meinen Angabeii bereits von Grtznernbsp;S. 211 besohriebenes Experiment, Man stecke ein feines Rlirchen (einenbsp;nicht zu starke, auf beiden Seiten ofene Eederspule geugt) zwischen dienbsp;Dippen und spreche dann mehrmals die Silben p oder^a (mit Aspiration)nbsp;aus. Trotz deni Ansstrmen der Luft durch das Rhrchen kann man deiit-lioh den Eindruck eines p oder p erzielen (ebenso gelingt das Experimentnbsp;bei 5a), zum Beweis, dass fortwahrend von den Lungen ans mehr Luft zu-strmt, als durch das Bhrohen abfliesst; die eingeschlossene Luft bleibtnbsp;also stets starker comprimirt als die aussere imd kann also jederzeit beinbsp;Lippenfifnung noch explodiren. Ein^a aber gelingt nicht, weil bei Kehl-kopfschluss die Luft im Mundraum sioh sofort mit der ausseren Luft insnbsp;Gleiohgewicbt setzt. Man hort also zimachst nur das kurze Zisohen dernbsp;entweichenden Luft, dann den Vocal (mit festem Einsatz, 385): die Tren-nung der Lippen gebt ohne Explosionsgerausch vor sich. Sohliesst mannbsp;die aussere Oefifnung des Bbrcbens mit dem Finger vrahrend man ein ge-whnliches p articulirt, so entweioht die Luft bei Oeffnung des Pinger-sohlnsses in andauerndem Strome, dessen Dauer beim Ansatz zu aspirirtemnbsp;p noch gesteigert wird. Bei wirklichem p aber verpufft das geringenbsp;Quantum comprimirter Luft im Mundraum fast momentan.

367. nbsp;nbsp;nbsp;Endlicli wird noch ein sehr wiohtiger Unterscliiednbsp;bedingt durch die verschiedene Art, wie die Bildung undnbsp;Aufhehung des Mundverschlusses erfolgt. Hiernach sindnbsp;zu unterscheiden:

368. nbsp;nbsp;nbsp;1. Gespannte Verschlusslaute oder Spreng-laute. Die articulirenden Weichtheile sind mindestens in dernbsp;Berhrungszone in sich activ angespannt (vgl. 253 ff.), dienbsp;Berhrungsflachen sind infolge dessen relativ schmal (nament-lich hei den Lippen lasst sich das deutlich beobachten: dienbsp;Spannung markirt sich da auch in einem scharferen Anziehennbsp;der Lippen an die ZahneJ. Der Verschluss wird durch einennbsp;pltzlichen, auf den Moment der Yerschlussaufhebung concen-trirten Luftstoss geradezu gesprengt. Das Platzgerausch hatnbsp;dadurch einen scharf ahgestossenen Charakter. Der Strom-druck sowie der entsprechende Druck der articulirenden Theilenbsp;auf einander braucht deshalb nicht iihermassig stark zu sein.nbsp;Dieser Art sind heutzutage z. B. die js, k der romanischennbsp;Spracheh, des Neugriechischen, des Niederlandischen, auch dienbsp;unaspirirten Tenues von Nordwestdeutschland, ferner alle sog.nbsp;Tenuisaspiraten. Da hrigens die Sprengung, selbst bei geringernbsp;Pressung der verschliessenden Theile, eine gewisse Druckstarkenbsp;voraussetzt, so begreift es sich, dass Sprenglaute nur als Fortesnbsp;und nur stimmlos auftreten.

369. nbsp;nbsp;nbsp;Der Ausdruck 'Sprengung ist nicht so zu verstehen, als ob dienbsp;Oeffnung des Mundes bloss durch die Kraft der comprimirten Luft

-ocr page 163-

370.371. Die Versclilussl.; Spreng-u.Losungsl. 372. Terminologie. 143

erfolgte. Der Verschluss kann vor dem Moment der Explosion selbst bereits etwas gelockert sein; es kommt nur darauf an, dass von der ex-plodirenden Luft ein letztes VerscHusshemmniss durcb Sprengung ber-wunden wird. Die weitere Oeffnung des Mundes fr die Stellung desnbsp;folgenden Lautes erfolgt natrlich ganz durcb eigene Muskelwirkung.

370. nbsp;nbsp;nbsp;2. UngespannteYersclilusslauteoderLsungs-laute. Die articulirenden Weichtheile sind in sicli ungespanntnbsp;und daher weniger elastisch, die Berhrungsfliichen breiter.nbsp;Der Verschluss wird nicht sowohl 'gesprengtquot; als 'gelsf, d. h.nbsp;die unelastischen Massen der articulirenden Weichtheile werden langsamer und ausschliesshcher durch eigene Muskelwirkung von ihren Widerlagen gewissermassen abgewickelt odernbsp;abgezogen, ohne jenes pltzliche elastische Abspringen von dernbsp;Widerlage, das die Sprenglaute auszeichnet. Dieser Art sindnbsp;sowohl die stimmhaften als die stimmlosen Lenes (stimmhaftenbsp;und stimmlose h, d, g oben 359. 363). Eine Art stimmlosernbsp;Fortes dieser Gattung bilden die Laute, welche in vielen Gegen-den Mitteldeutsclilands fi anlautende b, d, g wie anlautendenbsp;p, t, [k] gebildet werden (vgl. namentlich das bereits angefhrtenbsp;k in thring.-sachs. hommt, vulgo gommt, gegenher g in geld,nbsp;oben 359). Der Stromdruck (und entsprechend der gegen-seitige Berhrungsdruck der articulirenden Theile) kann heinbsp;diesen Lsungslauten ebenso stark sein wie hei den Spreng-fortes (ja directe Messungen zeigen, dass er vielfach starker ist),nbsp;aher seine grsste Starke liegt nicht im Momente der Explosion,nbsp;sondern im Innern der Pause, die dieser vorangeht. Audi beinbsp;starkem Druck hat nach allem dem die Explosion bei dennbsp;Lsungslauten einen dumpferen und matteren Klang als beinbsp;den Sprenglauten.

371. nbsp;nbsp;nbsp;Mit Unrecht hat man die Lsungsfortes naoh den Angabennbsp;Merkels ber die sachsischen Laute bisweilen zu den Verscblusslauten mitnbsp;Kehlkopfverschluss gerechnet; das in 366 angegebene Experiment zeigtnbsp;sofort die Unhaltbarkeit dieser Ansicht.

C. Verhaltniss der verschiedenen Bildungsweisen zu der alteren Terminologie.

(Tennis, Media, Aspirata u. a.)

373. Das Consonantensystem der griechisch-rmischen Grammatiker umfasste nur zwei Arten von Verscblusslauten,nbsp;die wir heutzutage mit den lateinischen Namen der Tenuesnbsp;und Mediae zu benennen pflegen. Die sog. Aspiraten des

-ocr page 164-

144

373.374. Die Verschlusslaute; Terminologisches.

Griechischen (p, %, Q- oder lat. ph, th, ch waren aber zu der Zeit, wo jene Systeme aufgestellt warden, bereits Spirantennbsp;oder werden doch von uns als Spiranten gesprocben (ausser innbsp;Deutschland das welches vom % meist nicht unterscbiedennbsp;wird). Die Zeichen fur die 'Tenues' tv, r, x, lat. t, c, k, qnbsp;und die 'Mediae^ , d, /, lat. b, d, g sind in die Schriftennbsp;aller ahendlandischen Nationen bergegangen, und es ist dahernbsp;in Deutschland z.B. iihlich geworden, diejenigen Laute, welchenbsp;durch p, t, k, q bezeichnet werden. Tenues zu nennen, die-jenigen aber, welche durch b, d, g ausgedriickt werden, alsnbsp;Mediae zu bezeichnen. Die^, t, A; werden aber in verschiedenennbsp;Gegenden ganz verschieden ausgesprochen, bald mit starkerem,nbsp;bald mit schwacherem Hauch, bald vollkommen hauchlos, undnbsp;bei b und g ist die Verwirrung erst recht gross geworden, danbsp;diese nicht nur als Verschlusslaute, sondern auch als stimm-hafte oder stimmlose Spiranten gesprochen werden, z. B. innbsp;mitteldeutschem (und norddeutschem) lebe^ Tage, Tag u.s. w.nbsp;(im Auslaut aber wie in Leib horen wir sogar oft aspirirtes p,nbsp;ebenso ein k fur auslautendes p, z.B. im schlesischen und ober-sachsischen Dialekt).

373. nbsp;nbsp;nbsp;Gegeniiber diesem Wirrsal von Aussprachsweisen

musste eine strengere Lautwissenschaft auf eine bestimmtere Definition der alten Ausdriicke Tenuis und Media dringen,nbsp;wenn dieselben berhaupt aufrecht erhalten werden sollten,nbsp;und es schien aus praktischen Grunden unthunlich, ja unmg-lich, dieselben ganzlich zu verdrangen. Nun ist es vollkommennbsp;klar, dass die alten Grammatiker unter ihrer Tenuis einen un-aspirirten stimmlosen Verschlusslaut, unter ihrer Medianbsp;einen unaspirirten stimmhaf ten Verschlusslaut verstanden.nbsp;Auf weitere Unterscheidungsmerkmale der Reihen p^ t, k, q:nbsp;b, d, gnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;haben sieihr Augenmerk nicht gerichtet, und sie

brauchten es nicht, weil ihre Sprachen in der That, so viel wir sehen knnen, nur zwei gegensatzlich verwendete Reihen [p, t,nbsp;k, q stimmlosen unaspirirten Sprengfortes und b, d, g =nbsp;stimmhaften unaspirirten Losungslenes) besassen. Dagegen hatnbsp;die daraus gefolgerte Annahme, dass der Unterschied zwischennbsp;Tenuis und Media im alten Sinne nun auch berhaupt nur innbsp;Stimmlosigkeit und Stimmhaftigkeit bestehe, in neuerer Zeitnbsp;vielfach zu Irrungen gefhrt.

374. nbsp;nbsp;nbsp;Insbesondere ist ber die Namengebung der stimmlosen Verschlusslenes und ihre Einreihung in das Systemnbsp;viel und eifrig gestritten worden. Brcke hielt sie falschlich

-ocr page 165-

145

375. Die Verschlusslaute: Terminologisches.

fr gefliisterte Laute, was ihm anderenachgeschriebenhaben; von der Unrichtigkeit dieser Ansicht kann man sich in jedeinnbsp;Augenblick durch Auscultation des Kehlkopfs (28) und dutchnbsp;die Thatsache berzeugen, dass auch beim Fliistern die stimm-lose Lenis von der wirklich gefliisterten Lenis leicht unter-schieden werden kann. Genaueres iiber die stimmlosen Lenesnbsp;hat erst Winteler gelehrt; nach ihm haben besonders Hofforynbsp;(in Scherers Geschichte der deutschen Sprache^ 602 f. undnbsp;Kuhns Zeitschr. XXV, 419 ff.), Storm, Engl. Phil. 40 f. undnbsp;A.Heusler a.a.0. zurKlarung derSachlage beigetragen, so dassnbsp;ein Zweifel iiber die Bildung dieser Laute wohl nicht mehr be-steht. In der Bezeichnung schwankt man dagegen noch. Dienbsp;einen bezeichnen die stimmlosen Verschlusslenes als stimm-lose Mediae, weil sie den Medien im alten Sinne (d. h. dennbsp;stimmhaften Verschlusslenes) im Klange am nachsten stehennbsp;und sich mit diesen auch geschichtlich am haufigsten beriihren;nbsp;die andern ziehen den Ausdruck schwache Tenues vor, weilnbsp;sie sich mit den Tenues im alten Sinne (d. h. den stimmlosennbsp;Verschluss-, genauer Sprengfortes) in der Stimmlosigkeit beriihren: in beiden Fallen ist der alte Begriff von quot;Media undnbsp;'Tenuis erweitert worden, und so ware es am Ende ziemlichnbsp;gleichgiiltig, ob man den einen oder andern Ausdruck gebrauchte,nbsp;wenn es feststiinde, dass mit den angegebenen Unterscheidungs-merkmalen (stimmhaft und stimmlos, Fortis und Lenis) dernbsp;Unterschied aller vorkommenden Arten von Verschlusslautennbsp;auch wirklich erschpft ist. Das ist aber, nach der oben fest-gestellten Unterscheidung von Sprenglauten und Lsungslautennbsp;nicht der Fall. Mat Eiicksicht auf diesen Unterschied gehrennbsp;die stimmlosen Lenes als Lsungslaute sicher naher mit dennbsp;Medien (d. h. nach der urspriinglichen Bedeutung dieses Namensnbsp;= stimmhaften Losungslenes) zusammen als mit den Tenuesnbsp;(d. h. urspriinglich stimmlosen Sprengfortes). Will man alsonbsp;einen der beiden Ausdriicke Tenuis und Media erweitern, sonbsp;kann es fiiglich nur der Name Media sein, indem man, beinbsp;sonst gleichem Bildungsmechanismus, stimmhafte und s tim m -lose Media ebenso einander gegeniiberstellt, wie man ent-sprechendes bei beliebigen andern Gerauschlauten thut. Dabeinbsp;bleiben freilich die mitteldeutschen Lsungsfortes einstweilennbsp;ohneNamenund uneingereiht in die alteReiheTenuesMediae:nbsp;ein Schade, der nicht allzu bedeutend sein diirfte.

375. In Anknpfung an die alte Terminologie knnte man hiernach etwa folgende Ausdriicke noch verwenden:

Sie vers, Phonetik. 5. Aufl. 10

-ocr page 166-

146

376. Lauttabelle.

1) Echte Tenues, d. h. unaspirirte Sprengfortes, und zwar a) Tenues mit offenem Kehlkopf, wie die Tenues desnbsp;E-omanischen, Slavischen, Neugriechischen etc. (oben 364), undnbsp;b) Tenues mit geschlossenem Kehlkopf, wie zum Theilnbsp;im Armenischen und Georgiscben (oben 365). Ihnen schliessennbsp;sich die Tenuisaspiraten an, ber welche des Weiterennbsp;440 ff. zu vergleicben ist.

[2) Diemitteldeutschen etc. stimmlosenLsungsfortes, fr die nach dem Gesagten ein passlicher Name noch fehlt.]

3) Mediae, d. h. nun (nach der Modificirung der alten Be-deutungdesWortes)Lsungslenes, undzwar a) stimmhafte (Mediae im alten Sinne), und - b) stimmlose (bezeichnet alsnbsp;5, s. 513). Zu den stimmhaften Medien gesellen sich dannnbsp;die (stimmhaften) Mediae aspiratae, s. 436 f.

376. Hiernach erhalt das System der Gerauschlaute mit Anschluss der Nasale und Liquidae etwa folgende Gestalt:

Diese Lautgruppen umschliessen den gesammten Bestand des Indo-germanischen an 'Consonanten mit Tlfusnahme der Halbvooale, die sich nach ihrer Articulationsform nicht ohne Weiteres hier einreihen lassen.nbsp;Von den Nasalen und Liquiden sind der Einfachheit halber im Allgemeinennbsp;nur die sonoren Formen zur Veranschaulichung der Articulationsverwandt-schaft in die Tabelle aufgenommen, da die spirantischen und stimmlosennbsp;Formen derselben nur durch diakritische Zeichen von den sonoren Formennbsp;unterschieden werden (z. B. ^ fr stimmlose Formen gewhnlich stimm-hafter Laute, wie in 6, d, g etc., vgl. darber ausser Cap. 12 f. noch 613'.nbsp;Auch die besonderen Lautarten der semitischen Sprachen wie die em-

phatischen Laute (166) und Laryngale wie arab. ^ und ^ (846. 354) sind nicht mit aufgenommen.

-ocr page 167-

Lauttabelle II.

Lipienlaate

Zungengauineiilaute

Paucallaate

Laryagall.

0)

Coronale

Dorsale

Laterale

agt;

0)

Supradentale

cS

1-3

r

0)

nS

O

c3

O)

-s

s

C3

a

o

H

O

'J-

'o3

-4-

agt;

2

05

1 lt;D

quot;i U

3 5

S3

O O

u lt;o

O gt;

lt;3gt;

M O H agt;nbsp;2gt;

agt;

T

03

Ph

0)

(H

e3

quot;a)

gt;

1

ra

3 ?

o

hH

Pi

W

p.i

O

3

Explosiv-5 laute

stimmlos

p,b

V

ip,b)

V

if,

gt;

Cl, (Cl

V

V

C3, (C3

V

C*,

V

t[l] etc.

p[m], t[n] etc.

(S. 151)

agt; c3

J

[ stimmhat't

b

(6)

d

dl

d3

dlt;

[dl] etc.

b[m], d[n]

*3

etc.

ll

Tfl

stimmlos

tv

8, 8

3, s'

Slt;, 2

3j';

x^,x^

stimmlose

' (S. 152 ff.)

spir. l

Flster-

^Spiranten'

gerausch

(S. 28)

^ stimmhaft

tv

V

?, ?

32; z2

z3,z^l

Z, Z2

z^z :

stimm-

(S.29f.)

tj

agt;

hafte sp. l

3

O

S Nasale

m

(m)

W

wi

rfi

rfi

W*,2

__

_

_

rt ^-Laute

/

P

P

l'i, ^2

((?)

(alle Ir

Th

Laute)

\ g r-Laute

()

r

(r ?)

r',

,.3

r*.

QQ

t-*

-ocr page 168-

III. Abschnitt.

Combinationslehre.

Cap. 16. Allgeiueiaeres.

377. nbsp;nbsp;nbsp;Wir haben bisher die Spracblaute gewissermassen nurnbsp;in abstracte behandelt, d. b. die Bedingungen errtert, unternbsp;denen ein Laut von einer bestimmten Stellung, einem gewissennbsp;Klang, einer bestimmten Starke zu Stande kommt, oder mitnbsp;andern Worten, wir baben uns nur mit der Untersucbung dernbsp;Eigenschaften beschaftigt, welche einem isolirt dastebendennbsp;Laute in der mittleren Zeit seines Bestehens zukommen,nbsp;nachdem alle die einzelnen Articulationsbewegungen ausgefiihrtnbsp;sind, welcbe die Heryorbringung jenes Lautes verlangt. Hier-nach bleibt noch zu erortern, wie sich diese Einzellaute zu dennbsp;complicirteren Gebilden der empirischen Spracbe, d. h. Silbennbsp;und Satzen, vereinigen. Die erste Erage, die uns bier beschaf-tigen muss, ist die, wie ein nach vorwarts oder riickwartsnbsp;isolirter Laut seinen Anfang bez. sein Ende findet, d. h. innbsp;welcberFolgeundWeise die einzelnen Articulationsbewegungen,nbsp;die zu seiner Hervorbringung nothwendig sind, vorgenommennbsp;bez. beendigt werden. Diese Fragen finden ihre Erledigung innbsp;der Lehre von den Lauteinsatzen und -absatzen.

378. nbsp;nbsp;nbsp;Demnachst sind zu behandeln die Lautiibergangenbsp;oder Glides, d. h. diejenigen Laute, welche erzeugt werden,nbsp;wenn der Exspirationsstrom fortdauert, wahrend irgend einnbsp;Theil der Sprachorgane aus der festen Stellung fiir einen Lautnbsp;in die feste Stellung fiir einen andern Laut bergefhrt wirdnbsp;(vgl. 101 ff.). Spricht man z. B. die Silbe al aus, so tont dienbsp;Stimme fort, wahrend man die Zunge aus der a-Lage in dienbsp;^Lage bringt. Wahrend dieses Uebergangs kann natrlichnbsp;weder der reine a-Laut, noch der reine ^-Laut existiren, son-dern zwischen dem anfangs intonirten reinen a und dem den

-ocr page 169-

149

379381. Combinationslehre: Allgemeineres.

Schluss bildenden l schiebt sich eine continuirliche Reihe von Uebergangsschallen an, die wir in ihrer Gresammtheit als dennbsp;Uebergang oder (nach engl. glide) als den (specifischen)nbsp;Gleitlaut zwischen Anfangs- und Endstellung bezeichnen.nbsp;Da aber die Dauer dieses Uebergangs gegenber der der Ein-haltung der Anfangs- und Endstellung nieist eine verschwin-dend geringe ist, so kommen die Gleitlaute in der Regel nichtnbsp;zu gesonderter Wahrnehmung. 1st dies dennoch der Fall (wasnbsp;namentlich eintrifft, wenn die Anfangs- oder Endlaute eine be-deutende Schwachung, Reduction, erleiden, 504ff.), so wirdnbsp;der Gleitlaut entweder als Ausgang des vorangehenden, odernbsp;als Eingang des folgendn Lautes betrachtet. In dem obennbsp;gegebenen Beispiel ist also der Gleitlaut von a zu ^ sowohl dernbsp;Ausgang des a, als der Eingang des l.

379. nbsp;nbsp;nbsp;Auf die Glides und ihre ungemeine Wichtigkeit hat zuerstnbsp;Ellis hingewiesen, vgl. dessen Early English Pronunc. I, 51. Unah-hangig von ihm hat dann Merkel Beobachtungen ber 'Ein- und Ab-satze der Vocale angestellt (dieser Name rhrt von ihm her, s. Schmidtsnbsp;Jahrb. O, 86). Man unterscheide genau die Ausdrcke Einsatz undnbsp;Eingang, Absatz und Ausgang. Einsatz und Absatz, bei den Eng-landem initial und final glide, beziehen sich auf Laute, die nach vorn odernbsp;hinten isolirt sind; Ein- und Ausgang (englisch on-glide und ofif-glide) abernbsp;bilden den Uebergang zweier Nachbarlaute.

380. nbsp;nbsp;nbsp;Hieran haben sich sodann zu schliessen Erwagungennbsp;ber die Veranderungen, welche Laute selbst, nicht nur ihrenbsp;Ein- oder Ausgange, beim Zusammentreffen mit andem erfahrennbsp;(Palatalisirung, Velarisirung, Rundung, laterale und faucalenbsp;Explosion und dergleichen). Anhangsweise sind endlich innbsp;Cap. 24 eine Reihe von Erscheinungen zusammenfasst, die ichnbsp;mit dem Namen der Reductionen belege.

381. nbsp;nbsp;nbsp;Von da aufsteigend wird demnachst die Bildung dernbsp;Silben zu errtern sein. Es gilt dabei, die Bedingungen zunbsp;ermitteln, unter denen berhaupt Sprachlaute zu einer Silbenbsp;zusanunentreten knnen und deren Verhaltniss zu einander zunbsp;untersuchen. Daran wird sich endlich die Lehre von Accentnbsp;und Quantitat (Gap. 28 ff.) zu schliessen haben.

-ocr page 170-

150

382384. Ein- und Absatze der Vocale.

I. Laute und Lautverbindungen.

Cap. 17. Lauteinsatze und -absatze.

1. Vocale.

382. Die drei Hauptfactoren der Yocalbildung sind die Bildung des Druckstroms, die Einstellung der Stimmbandernbsp;zum Tonen und die Einstellung des Ansatzrohrs fr die speci-fische Kesonanz. Von diesen nauss die letztgenannte Bewegungnbsp;mindestens in dem Momente bereits vollendet sein, wo dienbsp;Stinnne ertnt, und die so erreichte Einstellung des Ansatzrobrsnbsp;muss mindestens bis zu dem Momente des Erlschens dernbsp;Stimme angehalten werden, wenn ein einfacher Vocal von be-stimmter Klangfarbe entstehen soil. Sie kann aber auch natr-licb ohne Schaden fr den Vocal bereits vor dem Beginn dernbsp;Exspiration eingefhrt und ber deren Endehinaus festgehaltennbsp;werden, da sie ja allein fr sich keinen Laut erzeugt. Unter-schiede dieser Art sind also weniger bedeutsam. Dagegen er-geben sich wichtigere Differenzen, je nachdem sich zu Eingangnbsp;oder Ausgang eines Vocals die Exspiration und die Kehl-kopfarticulation combiniren. Lediglichdiese Oombinationennbsp;sollen im Volgenden als Vocaleinsatze und -absatze be-zeichnet werden.

^383. Man achte darauf, dass diese beiden Namen wirklioh nichts an-deres ausdroken sollen, als was in der gegebenen Definition gesagt ist. Natrlich knnen die Ein- und Absatze, sofem sie von den Vocalen selbstnbsp;mehr oder weniger deutlicb. getrennte Schallproducte liefern (und das istnbsp;ja meist der Eall), auch als selbstandige Laryngallaute betrachtetnbsp;werden, wie das auch im Vorhergehenden bereits des Oefteren geschehennbsp;ist (vgl. 178. 346. 363 f. und sonst). Aber eine zusammenfassende Er-rterung der betreffenden Articulationsvorgange auch an dieser Stelle istnbsp;doch unentbehrlicb, will man anders ber die veraohiedenen Arten dernbsp;Behandlung des Vocalanlauts und -auslauts zur Klarbeit gelangen. Dienbsp;sachliobe Scbwierigkeit liegt eben darin, dass Laryngale und Vocale annbsp;gleicher Stelle gebildet werden und daber eine feste Grenze zwisobennbsp;Ein- und Absatz einerseits und selbstandigem Laryngallaut andrerseitsnbsp;nicbt zu zieben ist. Aebnlicbes gilt dann mutatis mutandis aucb von dennbsp;Ein- und Absatzen der brigen Laute.

38. Vocaleinsatze. Vor dem Beginn eines Vocals, dem nicht schon ein anderer Mundlaut vorausgeht, ist normalernbsp;Weise die Stimmritze zum Behuf des Athmens geffnet. Esnbsp;wird also zur Vocalbildung jedesmal eine eigene Einstellung der

-ocr page 171-

151

385387. Ein- und Absatze der Vocale.

Stimmbander erforderlich. Nach der Art wie diese bewirkt wird, unterscheiden wir drei Hauptformen:

385. nbsp;nbsp;nbsp;Der feste Einsatz [check glottid Ellis, glottal catchnbsp;Sweet). Die Stimmbander werden zunachst fest gescblossen,nbsp;dann wird bei beginnender Exspiration der Verschluss gesprengt,nbsp;worauf dann die Stimme sofort einsetzt. Hier geht also demnbsp;eigentlichen Yocal, wie scbon E,app I, 54 bemerkte, der stimm-lose Kehlkopfexplosivlaut (oder wie er sich ausdrckt,nbsp;der Kehlkopfschlaglaut), 329, voraus, dessen eigentbmchesnbsp;Knacken man nainentlich beim Flstern gut beobacbten kann.nbsp;Yon der Yerbindung anderer Explosivlaute mit Yocalen unter-scheidet sich der quot;feste Einsatz nur dadurch, dass hier Explosion und Stimme an derselben Stelle gebildet werden, alsonbsp;keine weitere mstellung der Organe fr die Stimme erforderlich ist; dadurch verliert der Bxplosivlaut etwas an Deutlich-keit, namentlich da, wo er nicht sehr energisch gebildet wird.nbsp;In manchen Sprachen, so z. B. namentlich im Deutschen, wech-selt er frei mit dem leisen Einsatz (387), so zwar, dass isolirte,nbsp;namentlich stark betonte Yocale im freien Anlaut ihn bekom-men, wahrend er bei unbetonter Stellung und im Satzinnern zunbsp;verschwinden, d. h. eben durch den leisen Einsatz ersetzt zunbsp;werden pflegt.

386. nbsp;nbsp;nbsp;Man bezeichnet den Kehlkopfexplosivlaut, auch wonbsp;er bloss als Einsatz dient, gewhnlich mit (vgl. 353), d.h. demnbsp;Zeichen des griech. Spiritus lenis, mit dem man diesen Einsatz eine Zeit lang falschlich identificirt hat. In den indogerm.nbsp;Sprachen scheint er berhaupt ziemlich modern zu sein, nachnbsp;den Kriterien zu schliessen, die bei so vielen Sprachen gegennbsp;seine Anwendung sprechen (Elisionen und Oontractionen vonnbsp;Nachbarvocalen, sowie das Herberziehen wortauslautendernbsp;Consonanten zum vocalischen Anlaut des Folgeworts, die sog.nbsp;Liaison).

387. nbsp;nbsp;nbsp;Derl eise Einsatz [clear glottid Ellis, clear beginningnbsp;Sweet). Die Stimmbander werden von vorn herein zum Tonennbsp;eingestellt. Erst nachdem diese Stellung erreicht ist, setzt dienbsp;Exspiration ein. Dieser Einsatz ist bei isolirten Yocalen beimnbsp;gewhnlichen Sprechen (weniger beim Singen) in Deutschlandnbsp;ungewohnlich, wohl aber herrscht er auch bier bei wortanlauten-den Yocalen im Innern des Satzes (vgl. 385). Ln Englischennbsp;ist er nach der Aussage der englischen Phonetiker die iiblichstenbsp;Form des unaspirirten Yocaleinsatzes. Er ist nicht ganz leicht

-ocr page 172-

152

388. 389. Ein- und Absatze der Vocale.

rein anszufiihren, da es unter Umstanden Scliwierigkeit macht, namentlich bei rascher und lebhafterer Sprechweise die Stimm-banderarticulation mit der gerade bei ihrem Beginne nach dernbsp;Seite der Starke hin schwerer controlirbaren Exspiration in dennbsp;richtigen Einklang zu setzen (vgl. auch oben 193 ff.). Sprachen,nbsp;welche es lieben, den Vocal mit einem starkeren Druckstossnbsp;anzuheben (also wohl berhaupt Sprachen mit starkem dynami-schem Accent, wie eben z. B. das Deutsche), lassen daher imnbsp;freien Anlaut gern dafr den festen Einsatz (385) eintreten,nbsp;wahrend anderwarts eine Neigung zum leise gehauchten Einsatz (389) sich findet. Ob dieser letztere oder der leise Einsatznbsp;selbst dem altgriech. Spiritus lenis entspricht, ist unsicher;nbsp;das Neugriechische bedient sich normaler Weise des leisennbsp;Einsatzes.

388. nbsp;nbsp;nbsp;Die gehauchten Einsatze. Die Exspiration beginntnbsp;schon bei noch geffneter Stimmritze, die Stimmbander werdennbsp;erst ein wenig spater zum Tonen eingesetzt. Da die Zeit, welchenbsp;zwischen dem Beginn der Exspiration und dem Einsetzen dernbsp;Stimme hegt, sowie die Starke und die specielle Eorm dernbsp;Exspiration wahrend dieser Zeit, endlich auch die Art desnbsp;Uebergangs der Stimmbander von der Athemstellung zurnbsp;Stimmstellung variabel sind, so ergeben sich eine Eeihe vonnbsp;Verschiedenheiten, deren Haupttypen hier noch hervorgehobennbsp;werden sollen.

389. nbsp;nbsp;nbsp;Purkinje unterschied bereits neben dem gewhnlichennbsp;h einen 'leisen Hauch, welchen er (vielleicht mit Recht) demnbsp;griech. Spiritus lenis gleichsetzte; derselbe ist nach ihm dernbsp;Laut, 'der jedem Vocal vorhergeht, der mit anfangs offenernbsp;Stimmritze gesprochen wird (Brcke 11). Hiemach ist diesernbsp;Laut wohl zu identificiren mit dem, was die englischen Phone-tiker gradual glottid nennen und als die gewhnlichste Art desnbsp;Vocaleinsatzes bezeichnen (Ellis IV, 1129, Sweet 63). Dienbsp;Stimmritze durchlauft dabei die Stellungen fr stimmlosennbsp;Hauch und Elsterstimme, ehe die Stimme einsetzt, der eigent-liche kraftige Impuls der Exspiration aber beginnt erst in demnbsp;Moment, wo die Stimme selbst anhebt. Im Deutschen scheintnbsp;dieser Einsatz kaum vorzukommen (man hort ihn wohl gelegent-lich in Inteijectionen, wie dem bedauernden oh oder dem er-staunten ah u. dgl.), aber man verfallt leicht in denselben, wennnbsp;man versucht, einen Vocal kraftig, aber ohne den festen Einsatz, zu singen (vgl. die Bemerkung von Sweet a. a. O., und dienbsp;Ausfhrungen von Storm ^ S. 93).

-ocr page 173-

153

390392. Ein- und Absatze der Vocale.

390. nbsp;nbsp;nbsp;Beginnt dagegen die Exspiration mit starkerem Drucknbsp;bereits merkliche Zeit vor dem Einsatz der Stimme, so ent-stehen die deutlicheren und kraftigeren Hauchlaute, die gewhn-lich mit h bezeichnet werden. Diese selbst knnen wiedernbsp;wesentlicb verschieden sein je nacb der Art der Luftgebungnbsp;und deren Verbaltniss zu etwaiger Hemmung im Kehlkopf.

391. nbsp;nbsp;nbsp;quot;Was den ersteren Punkt anlangt, soscheint z.B. beimnbsp;gewhnlichen deutschen h der Luftstrom mit schwachem Drucknbsp;einzusetzen und nacb dem folgenden Vocal bin allmahlichnbsp;und continuirlich starker zu werden (vgl. die Curve Ha beinbsp;E. A. Meyer). Dies Orescendo-A ist wohl die Eorm, welchenbsp;EUis iiSs flatus glottid bezeichnet. Ihr stellt Ellis IV, 1130 dennbsp;sog. jerk entgegen, bei dem der Hauch mit voller Starke ein-setzen und nacb dem Vocal zu schwacher werden soil (De-crescendo-Zi). Diese Eorm scheint im Deutschen wohl ge-legentlich bei dem kurz herausgestossenen hd! (als Ausruf desnbsp;Erstaunens) vorzukommen. Davon verschieden ist dann wiederumnbsp;das etwas forcirte h des Enghschen, das zunachst anschwillt undnbsp;dann wieder an Druck abnimmt, ehe die Stimme einsetzt (vgl.nbsp;Meyers Curve lila).

392. nbsp;nbsp;nbsp;Hinsichtlich des zweiten Punktes soil nach den nter-suchungen von Czermak (Wiener Sitz.-Ber., math.-naturw.nbsp;Cl. LH, 2, 623) und Briicke (Grundz. 9) wesentlich sein, dassnbsp;die Stimmritze wahrend der Dauer des h (wenigstens des deutschen) in der Hauptsache auf einem bestimmten Verengungs-grade festgehalten wird, der zwischen Athemhnung undnbsp;Flsterstellung die Mitte halt. Wahrscheinlich aber beruhennbsp;diese Angaben wenigstens zum Theil auf einem leicht erklar-hchen Beobachtungsfehler. Die Stimmbander treten allerdingsnbsp;in die beschriebene Stellung, wenn man das h knstlich auszu-halten sucht, das Ganze dient aber wohl nur der freilich innbsp;diesem Ealle sehr nothwendigen Athemersparung und ist des-halb fr die krzeren h der natrhchen Bede an sich nicht ver-bindlich. Vielmehr setzt z. B. beim gewhnlichen deutschen hnbsp;(wie auch schon Brcke richtig beobachtete) der Hauch bei weitnbsp;geineter Stimmritze ein und die Stimmbander nahem sich ein-ander in continuirlicher Gleitbewegung bis die Stimme einsetzt.nbsp;Charakteristisch ist fr diese Art von h, dass dabei kein irgendnbsp;deutlich wahmehmbaresBeibungsgerausch im Kehlkopf erzeugtnbsp;wird, das h vielmehr als ein einfacher Hauch auftritt. Mannbsp;kann danach diese Art von h genauer als gehauchte h odernbsp;Hauch-^ bezeichnen; als Zeichen fr sie soil im Eolgenden

-ocr page 174-

154

393. 394. Ein- und Absatze der Vocale.

das Zeichen des griech. Spiritus asper ' verwendet wedden. Andrerseits kann aber aucb der Kehlkopf wahrend der auernbsp;des Hauchs mehr oder weniger absicbtlich in eine Stellung gebracht werden, welche ein Eeibungsgerausch erzeugt: dann ent-stehen Eeibe-A (Ellis wheezing glottid]^ die man etwa directnbsp;durcb h graphisch andeuten kann. Solcbe h kommen, nament-lich bei lauterem Sprecben, aucb im Deutschen vor. Sie knnennbsp;an sich wieder nach der Starke des Eeibungsgerausches ver-schieden sein. Vgl. hierzu namentlicli noch 178. 282 ff. 353. nbsp;Endlich kann auch die Stimmritze vor dem Einsetzen der Voll-stimme in eine Stellung gebracht werden, bei der eine leise,nbsp;hauchdurchsetzte Murmelstimme (87) gebildet wird. Dann ent-stehen stimmhafte h oder stimmhaft gehauchte Ein-satze. Ueber sie vgl. noch 283 ff., ber das arab. ^ s. 354.

feinden jd!.

Den hauchenden Absatz, bei dem nach

393. Dieselben Erscheinungen wiederholen sich am Aus-gang der Vocale, und wir haben demnach einen festen, einen leisen und (stimmlos) gehauchte Vocalabsatze zu unter-scheiden. Bei dem leisen Absatz hort entweder dieExspirationnbsp;auf, wahrend die Stimmbander noch ruhig in ihrer Lage ver-harren, oder gleichzeitig mit der Oeffnung der Stimmritze (beinbsp;weniger sorgfaltiger Articulation entsteht aber leicht statt desnbsp;leisen Absatzes der leise gehauchte Absatz, der auch im Deutschen nicht selten ist). Beim festen Absatz dagegen, den wirnbsp;mitquot; am Schlusse des Vocals bezeichnen, wird der nochkraftignbsp;ertnenden Stimme durch pltzlichen, energischen Verschlussnbsp;ein Ende gemacht, an den sich dann eventuell sofort wiedernbsp;eine Explosion anschliesst. Wir gebrauchen diesen Absatz z. B.nbsp;WO wir zwei benachbarte, namentlich gleiche Vocale scharf vonnbsp;einander trennen wollen, ferner in solchen in argerlichem Affectnbsp;gesprochenen Wrtchen wie Ja.', wo.', oft auch in dem zwei-

na.

Oeffnung der Stimmritze die Exspiration noch eine Zeit lang fortdauert (der sanskritische Visarga), wenden wir ebenfalls oftnbsp;bei stark betonten auslautenden kurzen Vocalen an, wie inja,nbsp;dd. Die Starke des Hauchs ist dabei in den einzelnen Pallennbsp;sehr verschieden und bedarf stets der genaueren Specialisirung.

394. Nicht ganz selten ist auch die Verbindung zweier Ein- oder Absatze; so hort man oft statt des eben angefhrtennbsp;da auch ddquot; mit sehr starkem Hauch; gelaufiger aber als imnbsp;Deutschen ist diese Verbindung z. B. im Danischen, welches aus-lautende Vocale mit gestossenem Ton (585ff.) vielfach in diesernbsp;Weise ausgehen lasst (z. B.paquot;^ neiquot; nebenpd\ nei u.dgl.).

-ocr page 175-

395397. Ein- und Absatze der Vocale, Liquidae und Nasale. 155

39o. Auch das Kehlkopf-r, ber welchesbereits 309 dasNthige beigebracht ist, lasst sich unter Umstanden als eine specifische Form desnbsp;Vocalausgangs betrachten, indem sich an die glatte Stimme des Vocalsnbsp;noch ein Stck Knarrstimme ansetzt.

2. Liquidae und Nasale.

396. nbsp;nbsp;nbsp;Auch hei diesen Lauten knnen die verschiedenennbsp;Ein- und Absatze sammtlich gebildet werden, doch herwiegtnbsp;bei ihnen fast berall der leise Einsatz. Dies ist leicht be-greiflich, da sie als Consonanten mit schwacherem Exspirations-druck als der Sonant (Vocal) ihrer Silbe gesprochen werden,nbsp;als Sonanten aber nur in Verbindung mit andern Lauten auf-treten, welche sich auch mit Vocalen durch den leisen Einsatznbsp;zu verbinden pflegen. So pflegen namentlich gehauchte Ein-satze im eigenthchen Sinne des Wortes zu fehlen, d. h. Ver-bindungen einer stimmlosen und stimmhaften Liquida u. s. w.nbsp;Wo ursprnglich ein stimmloser Hauch und eine Liquida odernbsp;Nasal in einer Silbe zusammenstiessen, hat sich in der Regelnbsp;diese Gruppe in eine einheitliche stimmlose Liquida bez. stimmlosen Nasal umgesetzt. 8o werden z. B. die altgermanischennbsp;hl^ hr^ lm im heutigen Islandischen als stimmlose (und zwarnbsp;spirantische) r, /, n gesprochen (Hoffory, Kuhns Zeitschr.nbsp;XXIII, 531 ff.), die Stimme setzt erst mit dem folgenden Vocalnbsp;oder hchstens wahrend der Gleitbewegung zu diesem bin ein.nbsp;Dagegen ist der leise gehauchte Absatz im Wortauslaut innbsp;vielen Sprachen sehr verbreitet, z. B. im Danischen, aber auchnbsp;im Deutschen kommt er vor. Den festen Einsatz hahe ichnbsp;bei isolirt anlautenden consonantischen Liquiden oder Nasalennbsp;nirgends beobachtet, ausser fter etwa bei den ablehnenden,nbsp;namentlich im Affect gesprochenen ^nein, doch ist es nicht un-wahrscheinHch, dass die Vocalvorschlage mancher Sprachennbsp;vor r, l,m, n durch Annahme einer frheren Aussprache V,

zu erklaren sind. Ueber inlautendew, V u. s. w. in Sprachen mit 'gestossenem Ton vgl. 586.

397. nbsp;nbsp;nbsp;Am deutlichsten lassen sich die verschiedenen Ein- und Absatze an den Interjectionen erkennen, die wir durch hm zu umschreibennbsp;pflegen. Dieselben sind namlich offenbar nur durch die quot;Wirkung vonnbsp;Tragheitsgesetzen aus Wrtern wie so, ja, ach u. s. w. hervorgegangen,nbsp;und zwar so, dass das Ansatzrohr durchaus in der 55 ff. beschriebenennbsp;Ruhelage verharrt und nur die Articulationen des Kehlkopfs und dienbsp;nthigen Exspirationsbewegungen ausgefhrt werden. Jeder Vocal einesnbsp;auf diese Weise corrumpirten Wortes muss je nach der Lagerung dernbsp;Vorderzunge zu m oder n werden, jeder begleitende Consonant mit

-ocr page 176-

156

398. 399. Ein- und Absatze der Spiranten.

merklichemDruckstrom zum gehauchtenEin-oder Absatz, nurdass hier der Hauch durch die Nase statt durch den Mund gefbrt (also zum stimmlosennbsp;NasaE) wird. Die nahe Zusammengehrigkeit mit jenen Worten wird innbsp;jedem Falie noch durch die TJebereinstimmung in der oft sehr charakte-ristischen Acoentuirung angedeutet. So entspricht das m? mit langgezo-genem, fragend accentuirtem m deutlich einem ebenso betonten sol, einnbsp;anderes, nur durch den Accent unterschiedenes einem zustimmenden sonbsp;oder auch ja, wahrend das kurz gestossene m oderm aus dem zweifeln-den, gewhnlioh mit musikalisch hohem Ton gesprochenen_/a oder ja' her-vorgeht; 'rti ist ac^ (mit kurzem m), gedehntes 'm oder m entspricht folge-richtig den Formen 'min oder nein. Man kann auch -wieder beide Einsatzenbsp;in der Folge quot; combiniren, indem man den Luftstrom des h mit einer Explosion beginnen lasst; so hort man oft quot;m mit ganz kurz abgestossenemnbsp;Stimmton als Laut halb -weinerlicher argerlicher Ungeduld bei Kindern,nbsp;auch in mit circumflectirter oder einfach gedehnter Betonung 580.601 ff.)nbsp;oder mit offenem Munde a fiir aha (mit IJnterdrckung des ersten Vocals)nbsp;u. dgl. m.

3. Spiranten.

398. nbsp;nbsp;nbsp;Die stimmhaften Spiranten verhalten sicli im An-laut wie die Liquiden und Nasale, nur dass, wie es scheint,nbsp;hier ein gehauchter Einsatz gar nicht Yorkommt. Der festenbsp;Einsatz scheint fter da vorzukommen, wo auf die Spirans nochnbsp;ein Consonant folgt, also in Verbindungen wie zla, zra u. dgl.,nbsp;doch stehn mir hierber keine sichern Erfahrungen zur Ver-fgung. Im Aus laut bekommen die stimmhaften Spirantennbsp;(soweit sie eben nicht ganz stimmlos werden) ebenfalls wohl nurnbsp;den leisen Absatz (d. h. die Exspiration muss mindestens gleich-zeitig mit dem Aussetzen der Stimmbander aufhren) oder dennbsp;leise gehauchten, d. h. die Stimme erlischt, ehe die Exspirationnbsp;ganzlich aufgehrt hat; der Best derselben bildet dann nochnbsp;ein stimmloses Anhangsel zu dem stimmhaften Krper dernbsp;Spirans (so z. B. im engl. auslautenden v, z, d u.s. w.). Auchnbsp;ein starkerer Hauch wrde sich natrlich wieder in die ent-sprechende stimmlose Spirans umsetzen; es wrden also Verbindungen von stimmhafter mit stimmloser Spirans entstehen,nbsp;wie man sie fr die Yelarreihe z. B. in manchen Gegendennbsp;Norddeutschlands bei der Aussprache auslautender rg, rchnbsp;[Burg, durch, mit -yelarer stimmhafter Spirans j statt des r)nbsp;horen kann.

399. nbsp;nbsp;nbsp;Bei den stimmlosen Spiranten kehrt sich das obennbsp;bei Gelegenheit derVocale 382 besprochene Verhaltniss zwischennbsp;Kehlkopf- und Ansatzrohrarticulation urn, insofern die ersterenbsp;ja fr die Bildung der Spirans selbst gar nicht in Betrachtnbsp;kommt. So entsteht hier der leise Einsatz berall da, wo die

-ocr page 177-

157

400. Ein- und Absatze der Versohlusslaute.

Exspiration bei oiEenem Kehlkopf erst nacb der Einstellung des Ansatzrohrs in die specifische Articulationstellung beginnt, dernbsp;leise Absatz, wo sie wahrend der Dauer jener Einstellung er-lischt. Die Herstellung eines gehauchten Einsatzes wrdenbsp;absichtliche Verzgerung, die des gehauchten Absatzes absicht-lich beschleunigte Aufhebung der Mundeinstellung verlangen:nbsp;Grund genug dafr, dass dieselbenin der Regel nicht angewandtnbsp;werden. Bei der Combination mit folgendem Yocal, welchenbsp;Fortdauer des Druckstroms und zugleich Aufgebung der speci-fischen Mundarticulation fordert, kommt jedoch z. B. der Fallnbsp;nicht gerade selten vor, dass man fo'a, pf a, kxa statt des ge-whnlichen fea, pfa, kxa spricht (d. h. zwischen demErlschennbsp;des specifischen Reibungsgerausches des s, , x und demEintrittnbsp;der Stimme liegt noch ein deutlicher Hauch); ahnlich entstehtnbsp;ein s', s , u. dgl. durch Composition in Fallen wie das heisst,nbsp;rasch hin, aufheben. Ebenso scheint der feste Absatz nur beinbsp;der Combination mit Vocalen nait festem Einsatz vorzukommennbsp;(in Verbindungen wie es ist, aufeinem, docK er, mit pronon-cirtem festen Vocaleinsatz). Festen Einsatz im isolirten Anlautnbsp;henne ich nur in dem aus es verkrzten s (s' at es haf) undnbsp;ahnhchen Fallen. Bei rascher Rede fallen brigens, namentlichnbsp;in unaccentuirten Silben, auch diese Unterschiede fast allenbsp;fort; man spricht also die letzten Beispiele wie dasaist, rasin,nbsp;auf(b)m, sat u. s. f.

4. Verschlusslaute.

400. Ueber den Einsatz anlautender Verschlusslaute ist kaum etwas Wesentlicheres zu bemerken. Bei den stimm-losen Verschlusslauten besteht er einfach in der vlligen Ab-sperrung von Mund- und Nasencanal, und zwar geschieht diesenbsp;durchaus, ehe der zur Lautbildung bestimmte Druckstrom beginnt. Bei den stimmhaften Verschlusslauten folgt hieraufnbsp;das Eintreiben des stimmhaften Druckstroms in die Mundhhle,nbsp;also die Bildung des sog. Blahlauts (oben 357), dessen Ein-satze wieder alle die bei den Vocalen auftretenden sein knnen.nbsp;Doch kommt gewhnlich nur der leise, seltener der feste Einsatz vor. Der Act des Verschlusses ist selbst vllig gerausch-los. Es ist also auch z. B. vollkommen gleichgiiltig, oh bei dernbsp;Bildung einer Silbe wie pa, ba die Lippen bereits vorher (wienbsp;gewhnlich beim Athmen durch die Nase) verschlossen sind odernbsp;oh erst zum Behuf desSprechens derVerschluss hergestelltwird.

-ocr page 178-

158 101403. Versohlussl. 404. DieBerhrungenbenachbarterLauteetc.

401. Mannigfaltiger sind die Absatze der Verschluss-laute. Dem festen Absatz vergleichbar ist der Ausgang der Tenues mit geschlossenem Kehlkopf (oben 365]; dennbsp;leisen Absatz haben wir bei alien nichtaspirirten Yerschluss-lauten mit offenem Kehlkopf anzuerkennen, gehauchte Absatze bei auslautenden Aspiraten (naheres ber diese Unter-schiede s. noch 436 ff.).

403. Mediae bez. Lenes werden, ihrer ganzen Stellung im System entsprechend, nur mit leisem Absatz gebildet. Beinbsp;der stimmhaften Media geniigt ja zur Explosion schon dienbsp;geringe Luftmenge, welche wahrend der kurzen Dauer desnbsp;Mundverschlusses durch die zum Tonen verengte Stimmritze innbsp;die Mundhhle eingetrieben wird, und wenig bedeutender istnbsp;der Stromdruck bei der stimmlosen Media mit offenem Kehlkopf. Die Yerschiedenheit von der entsprechenden Tenuis mitnbsp;leisem Absatz ist also namentlich im isolirten Auslaut keinenbsp;grosse, und beide Lautarten knnen daher von ungeiibterennbsp;Beobachtern leicht verwechselt werden.

403. Bezglich des zeitlichen Yerhaltnisses des Stimmtons der stimmhaften Mediae zu Yerschluss und Explosion istnbsp;iibrigens zu bemerken, dass die Stimme mindestens den Yerschluss um einen Moment iiberdauern, d. h. dass berhaupt einnbsp;Blahlaut (357) gebildet werden muss. Wir rechnen also auchnbsp;diejenigen (auslautenden) Mediae noch zu den stimmhaften, beinbsp;denen die Explosion selbst erst nach dem Erlschen des Blah-lauts stattfindet. Nur diejenigen Mediae sind als stimmlos zunbsp;bezeichnen, bei welchen Yerschluss und Explosion ohnenbsp;Stimmbildung erfolgen. Ueber nur scheinbar stimmhaftenbsp;Yerschlusslaute mit lockerer Engstellung der Stimmritze s.nbsp;noch 361.

Cap. 18. Die Beriihrungen henachharter Laute im Allgemeineii.

404. An die Spitze der Betrachtung aller Lautcombina-tionen ist billig der zuerst von Winteler, Kerenzer Mundart S. 131 ff. genauer ausgefhrte und formulirte Satz zu stellen,nbsp;dass bei der Beruhrung zweier Laute die beiden ge-meinschaftlichen Bewegungen thunlichst nur einmalnbsp;ausgefhrt werden. Dies gilt sowohl fr die Articulation imnbsp;engeren Sinne (Kehlkopf- und Mundarticulation, oben 58) wienbsp;fr die Respiration.

-ocr page 179-

405408. Berhrungen benaclibarter Laute spec. d. Sonoren. nbsp;nbsp;nbsp;159

405. nbsp;nbsp;nbsp;Fr die Lehre von den Uebergangen ergibt sichnbsp;daraus der specielle Satz, dass der Regel nach jeder folgendenbsp;Laut mit dem Eingang beginnt, welcher dem Aus-gang des vorhergebenden Lautes entspricht. So be-zeicbnen also Jca^ Ua, %a im Folgenden die Verbindung einernbsp;Tenuis mit leisem, festem, gehauchtem Ausgang mit einemnbsp;Vocale mit leisem, festem, gehauchtem Eingang. Es bedarfnbsp;daher der TJebergang auch nur einer einfachen Bezeichnung.nbsp;Im ersteren Falie schliessen sich die beiden Nachbarlaute sonbsp;innig an einander an, dass nichts Fremdartiges zwischen ihnennbsp;wahrgenommen wird; wir nennen deshalb diesen Uebergangnbsp;den directen. Solche directe Uebergange haben wir z. B. innbsp;den Diphthongen, wie ai, au, oderVerbindungen wie al, ar etc.nbsp;Fr die sonstigenVerbindungen ergeben sich die Bezeichnungennbsp;der festen und gehauchten Uebergange von selbst.

406. nbsp;nbsp;nbsp;Unter den sonstigen Fallen verdienen sodann nament-lich die Berhrungen ganz oder theilweise homorganer Lautenbsp;besondere Bercksichtigung, weil gerade hier jener Satz viel-leicht die weitgreifendste Gltigkeit hat; ausserdem diejenigennbsp;Falie, WO nicht nur die nothwendigen, specifischen Articulations-factoren, sondern accessorische jenem Gesetze sich fgen. Da-hin gehren insbesondere die Vorausnahmen specifischernbsp;Articulationen f olgender Laute bei der Bildung vorausgehendernbsp;Laute, wie das z. B. bei der Palatalisirung und Rundung ge-schieht (Gap. 23).

Cap. 19. Die Berhrungen von Sonoren.

40'7. Allen Sonoren ist als Factor der Articulation die Stimme gemeinsam. Diese tont in der Regel wahrend dernbsp;Bildung der beiden Nachbarlaute ununterbrochen fort, dernbsp;Uebergang von dem einen Laut auf den anderen wird also nurnbsp;durch einfache Umstellung der Ansatzrohrorgane gebildet.

408. Eine Unterbrechung der Stimme findet nur statt, wenn die beiden Laute absichtlich durch einen Hauch (ge-hauchter Uebergang) oder durch Kehlkopfverschluss (festennbsp;Uebergang) geschieden werden.

An Einzelfallen ist noch das Folgende zu bemerken.

-ocr page 180-

160 409. Verbindung zweier Vocale. 410. Diphthonge u. Halbvocale.

1. Verbindung zweier Vocale, die verschiedenen Silben angehren.

409. Vocale, welche zwei verschiedenen Silben angehren, werden dadurch schon hinreichend auseinander gehalten, dassnbsp;der zweite durch einen deuthch getrennten neuen Exspirations-stoss eingefhrt wird. Der Gleitlaut ist dabei kaum vernehm-bar, weil zwischen den beiden Stssen der Stromdruck sehrnbsp;geschwacht ist. Ausserdem kann aber auch noch Kehlkopf-verschluss zur Trennung der beiden Laute verwandt werdennbsp;(also entweder a-o, o-e, oder aV, ao, oe u. s. w.). Ge-hauchter Uebergang {ai, ao etc.) ist in den indogermanischennbsp;Sprachen meist ein Eest eines einst zwischen heiden Lautennbsp;ausgesprochenen Mundlauts (im Deutschen z. B. Rest einernbsp;velaren Spirans, im Griechischen und anderwarts Eest eines snbsp;u. dgl.). Man unterscheide wieder die verschiedenen Stuf en dernbsp;Starke des Hauchs: einen schwachen Hauch (leise gehauchtennbsp;Uebergang) findet man nach Storm und Sweet (bei Storm^ S. 94)nbsp;oft imFranzsischen als Aussprache des aspirirten k, aber auchnbsp;oft zwischen einfachen Nachbarvocalen, wie in Baal,Jlau etc.nbsp;Beim schnelleren Sprechen herrscht indess wohl in den meistennbsp;Sprachen die erstgenannte Art der Aufeinanderfolge mit con-tinuirlicher Stimme vor, und dass das auch in den frherennbsp;Sprachperioden so gewesen ist, zeigen die vielen Contractlonennbsp;von Vocalen an, welche bei Annahme einer Aussprache mitnbsp;Kehlkopfverschluss oder Hauch zwischen beiden Lauten nichtnbsp;erklarlich sein wrden.

2. Diphthonge und Halbvocale. a. Diphthonge.

410. nter einem Diphthong im w'eitesten Sinne des Worts versteht man eine einsilhige Verbindung zweiernbsp;einfacher Vocale, von denen mithin nach den allgemeinennbsp;Gesetzen der Silbenbildung (515 ff.) der eine silbisch odernbsp;Sonant, der andere unsilbisch oder Consonant ist. Wir bezeich-nen solche unsilbisch gebrauchte Vocale durch untergesetztesnbsp;Danach bestehen beispielsweise die Diphthonge ai, au aus demnbsp;hier silbischen Vocal a und den hier unsilbischen Vocalen inbsp;bez. u, oder umgekehrt die Diphthonge ia, ua aus den hier un-silhischen Vocalen i bez. u und dem hier silbischen Vocal a.

-ocr page 181-

161

411413. Diphthonge.

411. nbsp;nbsp;nbsp;Sweet definirt die Diphthonge als Verhindungen von Vocal nbsp;glide, indem er als G-rundform etwa des ai annimmt, dass der Diphthongnbsp;ahgehrochen werde, sobald die Stellung fiir den Endlaut erreicht ist,nbsp;ohne dass dieser selbst eine messbare Zeit hindurch angehalten wird. Ernbsp;gibt aber zu, dass der glide auoh zum vollen Vocal gemaoht werden knne,nbsp;ohne dass der diphthongische Charakter der Verbindung verloren geht.nbsp;Man kann deswegen ebensogut oder besser auoh vom vollen Vocal aus-gehn und Sweets Grundform als durch Reduction (504 ff.) entstandennbsp;betrachten. Eiir alle Ealle geniigt die oben gegebene Definition, welchenbsp;Binsilbigkeit der Gruppe und fiir ihre beiden Glieder den Gegeusatz vonnbsp;Sonant und Consonant fordert.

412. nbsp;nbsp;nbsp;Die beiden Glieder eiues Diphthongs pflegen nichtnbsp;mit gleicher Druckstarke gesprochen zn werden, vielmehr nimmtnbsp;die Druckstarke von dem silbischen Glied zu dem unsilbischennbsp;hin in der Regel ab, und umgekehrt. Diphthonge mit abnehmen-der Druckstarke, wie beispielsweise deutsches ai, au, bezeich-net man als lallende, solche mit zunehmender Druckstarke,nbsp;wie etwa ia, ua, als steigende Diphthonge. Seltener er-scbeinen daneben nach den Beobacbtungen einiger Phonetikernbsp;(s. namentlich Storm ^ S. 851.) auch Diphthonge mit wesentlichnbsp;gleich bleibender Druckstarke, sog. schwebende Diphthonge. Storm findet solche z. B. (nach V. Thomsen) imnbsp;larischen ga, wie in mgavr ^Mann^, lemer in norwegischennbsp;Dialekten und sonst. Auch deutsche Mundarten scheinen Aehn-liches aulzuweisen.

413. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber die eigentliche Natur dieser sog. sohwebenden Diphthonge ist es nicbt ganz leicht ins Reine zu kommen. Nach den vonnbsp;Storm a. a. O. gegebenen Beispielen scheint es sich wesentlich um sog.nbsp;unechte Diphthonge (418) zu handeln, bei denen das unsilbische Gliednbsp;wegen seiner grosseren Sohallflle (518) starker ins Obr fallt und sonbsp;den Eindruck hervorruft, als stehe es dem silbischen Glied auch annbsp;Druckstarke gleich oder doch ganz nahe. Andrerseits ist nicht zu verkennen, dass thatsachlioh hei den Diphthongen der Wechsel der Druckstarke sehr verschieden stark sein kann. Im Deutschen macht sich z. B.nbsp;das starke und rasche Absinken der Druckstarke bei den lallenden Diphthongen unter anderem sehr gewhnlich auch daduroh bemerklich, dassnbsp;das unsilbische Schlussglied nicht mehr mit Vollstimme, sondern nur noohnbsp;mit (kraftigerer oder schwaoherer) Murmelstimme gesprochen wird, wasnbsp;wiederum anderwarts mindestens nicht in gleichem Umfang der Eallnbsp;zu sein scheint. Jedenfalls diirfte es sich bei dem Gegensatz zwischennbsp;sohwebenden Diphthongen einerseits und den gewhnlichen lallenden undnbsp;steigenden Diphthongen andrerseits nur um einen graduellen Untersohiednbsp;und nicht um einen eigentlichen Wesensgegensatz handeln: gibt dochnbsp;selbst Storm zu, dass hei jenen der Naohdruck bald auf den ersten, baldnbsp;auf dem zweiten Vooal zu liegen scheme (ohwohl er in Wirklichkeit nachnbsp;seiner Meinung gleiohmassig fiber beiden schweben soli). Gerade diesnbsp;Schwanken in der Auffassung der sohwebenden Diphthonge scheint eben

Sieveis, Phonetik. 5. Anfl. nbsp;nbsp;nbsp;11

-ocr page 182-

162

414. 415. Diphthonge.

auf Starke Ausgleichung der Contrarwirkungen von Druokstarke und Sohallfiille (bez. Dampfung) hinzuweisen.

4:14. Hinsichtlich der Druckvertheilung bei Diphthongen ist noch Folgendes zu bemerken. Stebt ein unsilbisch verwend-barer Vocal zwischen zwei andern Vocalen, z. B. in den Laut-folgen aia, aua, so hangt es ganz von der Druckvertheilung ab,nbsp;ob diese Folgen als ai-a, ati-a oder als a-ia, a-ua oder endlichnbsp;als ai-ia, ayt-ua^ d. h. als fallender Diphthong -j-Vocal, odernbsp;als Vocal steigender Diphthong, oder als fallender steigen-der Diphthong empfunden werden. Im ersten Fall wird dasnbsp;i, u noch mit demselben Luftstoss hervorgebracht wie das erstenbsp;a und schliesst sich mit diesem zu dem Diphthongen ai zusam-men (vgl. 520]; im zweiten setzt neuer Druck erst mit dem f, unbsp;ein, die demnach zum Folgenden gezogen werden, im drittennbsp;Fall liegt eine Druckgrenze (546) innerhalb der zugleich langernbsp;ausgehaltenen f, m, deren erste Halften also mit dem ersten,nbsp;deren zweite Halften mit dem zweiten Luftstoss gebildet werden. Die Uebergange von einem Vocal zum andern bleibennbsp;aber dabei liberall gleich, und streng genommen wird sich innbsp;jedem Falie die Existenz eines unsilbischen ('halbvocalischen,nbsp;422) Gleitlauts nachweisen lassen, auch an den Stellen wo ernbsp;fiir gewhnlich nicht besonders wahrgenommen wird. Mit dennbsp;spirantischen y und w (vgl. 324 ff. 348) sind diese unsilbischen Vocale bez. Gleitlaute ja nicht zu verwechseln.

415. Um die Mundarticulation eines beliebigen Diphthongs (einerlei ob er fallend, steigend oder schwebend gebildet ist) festzulegen, hat man zunachst seine beiden Componentennbsp;zu ermitteln, d. h. denjenigen Vocallaut mit dem der Diphthong beginnt, und denjenigen mit dem er schliesst: der Gleit-laut zwischen Anfangs- und Endvocal bez. Anfangs- und End-stellung ergibt sich dann ziemlich von selbst, da der Uebergangnbsp;auf dem krzesten Wege erfolgt. Der Ermittelung der Componenten stellen sich aber oft ziemlich grosse subjectivenbsp;Schwierigkeiten entgegen. Einerseits tauscht leicht die Con-trastwirkung der beiden Flachbarlaute ber ihren wahrennbsp;Charakter, andrerseits treten in den Diphthongen oft Vocallautenbsp;auf, die in den betreffenden Sprachen als isolirte Vocale nichtnbsp;vorkommen und daher um so leichter falsch eingeschatzt werden. Endlich geben auch die herkmmlichen Orthographie-systeme leicht Anlass zu Irrungen: die Schrift ist gerade hiernbsp;sehr oft hinter der Entwicklung der gesprochenen Sprachenbsp;zuriickgeblieben, und hat daher Aussprachszustande fixirt, die

-ocr page 183-

163

416. 417. DipMhonge.

langst nicht mehr bestehen. So schreiben wir zwar im Deut-schen z. B. Diphthonge wie ai {ei], au, eu [au], oi noch mit auslautendem i,u, wir sprechen aber alsEndlaute thatsachlichnbsp;meist e-, o-und -Laute, also z. B. ae^ [ae^, ce^), ao^ (ao^, oh^),nbsp;o^gi,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;(yuigo (j etc.) u. dgl., woneben natrlich im

Einzelnen noch vielfache Schattirungen in beiden Componenten zu beobachten sind. Aehnlich auch bei steigenden Diphthongen.nbsp;Auch hier treten keineswegs nur i, u als Anfangslaute auf, wienbsp;es etwa die Schrift vortauscht, sondern ebensogut auch Lautenbsp;\vie e, o {in Verbindungen wie ea, pa), vgl. z. B. den G-egensatznbsp;Yon Schwab, iufs 'jung': ea 'ja u. dgl.

416. nbsp;nbsp;nbsp;Den wahren End- bez. Anfangslaut richtig herauszuhren odernbsp;durch langeres Verharren in seiner specifischen Articulationsstellung deut-bcher zu G-ehr zu bringen erfordert ziemlich viel Uebung, namentlich bisnbsp;man gelernt bat sicb vollstandig von der durch das Sohriftbild erwecktennbsp;und durch die lange Gewohnheit gefestigten Vorstellung zu befreien, alsnbsp;m s s e ein f oder u etc. in jenen Lautmassen enthalten sein. Um so sorg-faltiger muss man also hier prfen. Wem es noch an Uebung gebrioht,nbsp;der kann sioh durch ein einfaches Experiment von der Richtigkeit desnbsp;Gesagten berzeugen. Man lege einen Finger (oder auch zwei berein-ander) auf die Vorderzunge; man kann dann immer noch yollkommennbsp;gnte und deutliche Diphthonge von der Art der deutschen ei, ai in dernbsp;gewhnlichen mitteldeutschen Aussprache oder das erwahnte Schwab, ganbsp;ja, hervorbringen, nicht aber ein i, das also in jenen Diphthongen noth-wendig fehlen muss.

417. nbsp;nbsp;nbsp;Tjlin allgemeineres Abstandsminimum oder -maximum der Componenten lasst sich nicht angeben. Er Deutschland trifft im Grossen und Ganzen wohl der Satz zu, dass die-selben nicht so weit auseinander liegen als die Vocale, welchenbsp;die landlaufige Schrift als Componenten erscheinen lasst. Dochnbsp;fehlen auch keineswegs Verbindungen wie ai, au, iu, ui, welchenbsp;wohl ziemlich auch die Abstandsmaxima darstellen. Nach dernbsp;Minimalseite zu liegen z. B. die sog. langen Vocale des Eng-lischen [he, who, no, say], welche in Wirklichkeit durchausnbsp;diphthongischen Charakter haben, indem bei ihnen gegen dennbsp;Schluss hin starkere Verengungen eintreten. So stellt derLautnbsp;in he einen Diphthong aus etwas offnerem und etwas geschlos-senerem i dar, der in v)ho eine ahnhche Verbindung zweier unbsp;(Sweet bezeichnet das zweite Element inconsequent bier mit jnbsp;und w, schreibt also ij, uw, wahrend er sonst den Endlautennbsp;der Diphthonge die Vocalzeichen belasst), no enthalt ein ou,nbsp;say ein e* etc. Fiir die umgekehrte Eolge konnen engl. Bei-spiele wie ye, wool, wound (gespr. {ii, uuH, i^u^nd) dienen; hiernbsp;wird, wie berhaupt da, wo vor einem silbischen Vocal wie i, u

11*

-ocr page 184-

164

418. Diphthonge.

der correspondirende unsilbische Vocal i, u gebildet werden soil (also bei Grruppen wie/e, wu\ der letztere stets etwas ge-scblossener eingesetzt als der erstere, so dass bier zum Tlieilnbsp;Engen- bez. Rundungsgrade erreicht werden, die bei den silbi-schen Vocalen derselben Sprachen sonst nicht blich sind;nbsp;ausserdem wird auch bier der unsilbische Theil fters nur ge-murmelt.

418. Ebensowenig lassen sich bestimmte theoretische Vor-schriften iiber die Qualitat der beiden Componenten geben. Doch machen sich allerdings gewisse Verschiedenheiten riick-sichtlich des mehr oder weniger glatten akustischen Zusammen-schlusses der heiden Vocale geltend, die mit den Ahstufungennbsp;der natiirlichen Schallfiille (518) zusammenhangen. Danachnbsp;unterscheidet man (wenigstens bei den lallenden Diphthongen)nbsp;wohl sog. echte und sog. unechte Diphthonge. 'Echte Diphthonge' in diesem Sinne sind solche, in denen das silbische undnbsp;dynamisch starkere (412) Grlied zugleich grssere Mundffnungnbsp;und daher auch grssere natrliche Schallfiille besitzt als dasnbsp;unsilbische und dynamisch schwachere, 'unechte Diphthongequot;nbsp;dagegen solche, bei denen das dynamisch schwachere unsilbischenbsp;died infolge grsserer Mundffnung mit grsserer natrlichernbsp;Schallfiille begabt ist. Zu den 'echtenquot; Diphthongen gehrennbsp;danach Formen wie a*, e, m, ou etc., zu den 'unechtenquot; z. B.nbsp;die noch jetzt in verschiedenen Abarten, namenthch in dennbsp;oberdeutschen, zumal schweizerischen Mundarten erhaltenennbsp;mhd. e, mo, e (doch heachte man, dass die siiddeutschennbsp;Vertreter dieser duppe oft zweisilbig, als e, mo, e ge-sprochen werden). Akustisch unterscheiden sich die beidennbsp;Gruppen dadurch von einander, dass das zugleich durch dynamische Schwachung und durch Minderung der Schallfiille (bez.nbsp;starkere Dampfung) in seiner Lautheit herabgesetzte unsilbischenbsp;Glied der 'echtenquot; Diphthonge sich deutlicher dem silbischennbsp;Glied unterordnet, und dass daher beide Theile fiir das Ohrnbsp;mehr zu einer Art glatt verlaufender Einheit zusammen-schmelzen, wahrend bei den 'unechtenquot; Diphthongen die Meh-rung der Schallfiille bei dem unsilbischen Glied die Minderungnbsp;der Lautheit durch Nachlassen des Drucks und damit dienbsp;akustische Unterordnung des unsilbischen Gliedes unter dasnbsp;silbische grossentheils wieder aufhebt, sodass die beiden Gliedernbsp;mehr selbstandig und unvermittelt nehen einander zu stehennbsp;scheinen. Im Ganzen sind diese 'unechten Diphthonge (welchenbsp;historisch meist erst durch Diphthongirung aus urspriinglich

-ocr page 185-

165

419421. Diphthonge.

einfachen Vocalen hervorgelien) seltener als die 'echten^ Diphthonge.

419. Eine Reihe genauerer Bestimmungen fiber wirklich beobacbtete Diphthonge und Halbvocale findet sich namentlich in Ellis viertem Bandnbsp;und den verschiedenen Analysen von Sweet, besonders auoh in dessennbsp;Handb. S. 68 ff., sowie bei Lundell 123 ff. Ungemein reioh an Diphthongennbsp;sind in Deutschland die westfalischen Mundarten; Jellinghaus, Westf.nbsp;Granamatik, Bremen 1877, S. 23ff. zahlt folgende auf; ai, Ui, ai, au, iiu,nbsp;dii, iu, uii, ui, eo, ie, ia, ua, uo, ui), iia, He.

430. Zur Beurtheilung der Diphthonge ist es sehr wesentlioh, den Weg 2U verfolgen, den die Zunge beim Uebergang zurficklegt; ob sie z.B.nbsp;einfach innerhalb einer Yertioalreihe der Yocale aufsteigt, wie bei ei, odernbsp;sich senkt wie bei , oder ob sie sich vorwarts bewegt, wie bei odernbsp;rfickwarts wie bei iu, oder ob die Bewegung eine combinirte ist; z.B. stei-gend und naoh vom bei ai, fallend und nach hinten wie bei ia) auch dienbsp;Engenbildung an den Lippen ist wichtig. Durch diese beiden Bewegungs-momente und die daraus resultirende Yerengung der Ausflussffnung wirdnbsp;namlich die natfirliche Sohallffille der betreffenden Yocale bedingt, undnbsp;von dieser hangt wieder die Leiohtigkeit ab, mit der sie sich zu einer ein-silbigen Yerbindung zusammenschliessen lassen. Diphthonge mit steigen-der Zunge sind am leichtesten einsilbig zu halten, bei horizontaler Bewegung der Zunge bildet Yorsohiebung besser einheitliche Diphthonge alsnbsp;Rfickziehung (vgl. z. B.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;e^a^], am wenigsten eignen sich Yerbin-

dungen, bei denen die Zunge sich senken muss, wie ia u. dgl. Efir un-silbische Yocale vor silbischen drehen sich diese Regeln natfirlich um: ein mi bringt, wie schwach man das m auch nehmen mag, doch immer dennbsp;Eindruck eines mi hervor (Sweet S. 70), vgl. die sohwabische Aussprachenbsp;der ei, ou, bei denen oft das zweite Element stark fiberwiegt. Bei Yer-bindungen wie ia etc. findet leicht eine Yersohiebung des Accentes auf dennbsp;zweiten, sohallvolleren Laut statt, vgl. z. B. die nord. ja, Jo, Jo, Ju ausnbsp;i^, io^, in, iu) Aehnliches findet sich auch im Englischen; so wird z.B.nbsp;ags. a im Dialekt von Westmoreland durch ia aus ia (aus [schott.] m diph-thongirt) vertreten. Im Sfiden hort man nicht selten ffir (geschrie-ben -ere, -ear, -ea etc.), meist mit ganz schwachem, nahezu verschwinden-dem 7-Laut; z.B. i year, here (j tonlos, spirantisch), auch M(i)mnbsp;clear, tsmjl cheerful, aH^d(i)m idea u. dgl. habe ich gehort. Dahin gehfirennbsp;wohl auch die von Storm2 S. 383 besprochenen Formen wie s'- sure, pim^nbsp;pure, mit Ausfall des u (durch hindurch?).

421. Endlich ist aucli die Quantitat beider Componenten frei gegeben, d. h. jeder von ihnen kann alle Stufen vocalischernbsp;Lange bis herab zu Null (= Reduction, 504 ff.) durchlaufen.nbsp;Dipbtbonge mit kurzem ersten Componenten sind z. B. die ge-whnlichen deutschen ai, au, engl. ai, au in high, now, langennbsp;ersten Componenten haben z. B. engl. he, who, desgleichennbsp;altgriech. jj, av, rjv, lov (neben ai, el, oi, av, ev, ov)nbsp;und die sanskr. Vrddhidiphthonge; solche Diphthonge pflegtnbsp;man in der indogermanischen Sprachwissenschaft speciell als

-ocr page 186-

166

422. Halbvocale.

Langdiphthonge zu bezeichnen. Langen zweiten Componenten neben kurzem ersten baben z. B. die schwab. ei, ou mhd. M, u. dgl. Genaueres s. unten unter 'Quantitat, Cap. 34 f.

b. Halbvocale.

422. Unter dem mehr in der sprachwissenschaftlichen als in der phonetischen Literatur blichen Namen Halbvocalenbsp;sind lediglich unsilbisch verwendete Vocale zu versteken;nbsp;man sagt daker auck z. B., die lallenden Dipktkonge wie aj,nbsp;au etc. besteken aus dem 'Yocar a und den ^Halbvocalen^ inbsp;bez. die steigenden Dipktkonge wie ia, ua etc. aus den'Halb-vocalen^ u und dem VocaL a u. s. w. (vgl. 410). Eine festenbsp;Praxis der Nomenclatur kat sick aber nicht herausgebildet.nbsp;Im Anschluss an den Sprachgekrauch der alteren Grammatiknbsp;der Inder, Griechen und Lateiner pflegt man in der indogerm.nbsp;Sprachwissenschaft vielmekr die lallenden Dipktkonge wie ai,nbsp;au als Dipktkonge' scklecktweg zu kezeicknen, und nur da vonnbsp;Halbvocalenquot; zu reden, wo das unsilbische Glied dem silbisckennbsp;vorausgeht, d. k. bei den steigenden Diphthongen, wie {a, ua,nbsp;welche dort traditionell als Yerbindungen von selbstandigennbsp;Consonantenmit Vocalen (als GruppenvonHalbvocal -p YocaP)nbsp;aulgelasst werden, wahrend man die lallenden Dipktkonge, wienbsp;der Name besagt, als eine Art von Doppellauten betrachtet.nbsp;Dieser Gekrauck kniiplt ziemlich willkiirlich an allerlei grammatische und sprachgesckichtlicke Erwagungen an, selbst annbsp;rein Orthographisches (so werden z. B. in der Schrilt desnbsp;Sanskrit Lautlolgen wie ia, mit Consonantzeicken liir dasnbsp;j, M geschrieben, H, =[, nicht mit den sonst blichen Arten vonnbsp;Vocalzeichen). In der romanischen Pkilologie werden dagegennbsp;Folgen wie Iranz. ie, oi (d. h. ie, u^a), ital. uo (d. h. mo^), span.nbsp;ue (d. h. y.e'^) gern als steigende Diphthongequot; benannt, weil sienbsp;aus urspr. einlachenYocalen hervorgehn und in der landlaufigennbsp;Orthographie mit YocaP-zeichen geschrieben werden, u. dgl.nbsp;mehr. Dieser ganze, willkurlich wechselnde Sprackgebrauchnbsp;hat, wie man sieht, mit dem Wesen der Sache nichts zu thun.nbsp;Qualitativ sind die unsilbischenHalbvocale ebensogut Yocalenbsp;wie die silbiscken Yollvocale, nur kaben sie verschiedenenbsp;Function bei der Silbenbildung, und bei dieser kann es natr-lich aul die Eeihenlolge, ob z. B. ai oder ia, ebenso wenig an-kommen wie etwa bei Paaren wie al oder la, ar oder ra u. dgl,nbsp;Immerhin ist der Name HalbvocaP nach mancken Eichtungen

-ocr page 187-

423.424. Halbvocale. 425. Triphthonge. 426. Vocale Liqu. u. Nas. 167

hin beqiiem, zumal fr die i, u, die man damit gut TOn den spirantischen j und v unterscheiden kann. Einiges anderenbsp;dieser Art im Folgenden.

423. nbsp;nbsp;nbsp;Nasalirte Halbvocale ersoheinen haufig in nasalirtennbsp;Diphthongen, z. B. in den sddeutsohen Mundarten. Nasalirtes j nebennbsp;reinem j findet sich. nacb Bbtlingk im Jakutisoben, z. B. in aj Sndenbsp;neben ai Schpfung; naoh Sweet S.47 wird es im Franzsisohen oft beinbsp;naoblassiger Aussprache fr gn (mouillirtes n] gebraucbt.

424. nbsp;nbsp;nbsp;Als stimmlose Halbvocale drfen ihrer unsilbischennbsp;Function nacb die stimmlosen oonsonantisoben Glieder manober Dipb-tbonge bezeicbnet werden, welcbe namentliob unter dem Einfluss stimm-loser Nacbbarlaute aus stimmbaften Halbvocalen entsteben. So finden wirnbsp;stimmloses im engl. tvh in which, what u. s. w., stimmloses i in engl.nbsp;pure, cure, franz. pied, pion, tiens u. s. w. und vielen abnlicben Fallen innbsp;andem Sprachen. Aucb die h ohne Reibungsgerauscb (282 ff. 392) kennen functionell bierber gerechnet werden. Streng genommen sollen allenbsp;diese stimmlosen Halbvocale kein Reibungsgerauscb baben, aber sehrnbsp;leiebt misoben sich bei starkerer Engenbildung und starkerem Hauchnbsp;(namentlicb beim j) solcbe Reibimgsgerausobe bei, und es vollzieht sichnbsp;ein ebergang zum Gerauschlaut [x, s u. dgl.. vgl. z. B. die landlaufigenbsp;englische Aussprache von Wrtern wie nature, creature etc. mit ts oder tx)-

3. Triphthonge.

425. nbsp;nbsp;nbsp;Auch der Name Triphthong, der im weitesten Sinnenbsp;alle einsilhigen Verbindungen dreier Vocale umfasst, wird ver-schieden gebraucht, je nachdem man consonantisch anhebendenbsp;Verbindungen, wie die iei, ieu mancher romanischen Sprachennbsp;(d. h. iei, ieu, soweit sie berhaupt einsilbig sind), mit hinzu-rechnet oder nicht. Solche Triphthonge waren nach Analogienbsp;der Bezeichnung quot;steigendequot; und 'fallendequot; Diphthonge alsnbsp;steigend-fallende Triphthongezucharakterisiren. Beidurch-gehends fallenden Triphthongen beginnt das silbische Grliednbsp;und die beiden anderen Vocale folgen unsilbisch nach. Dernbsp;Art sind z. B. die schweizerischen cei in blceijce blhen etc.nbsp;(Winteler 165, Stickelberger, Schaffhauser Mundart 10).

4. Verbindungen von Vocalen mit Liquiden und Nasalen.

426. Auch hier haben wir es hauptsachlich nur mit den einsilhigen Verbindungen zu thun. Diese sind den Verbindungen zweier Vocale vollkommen analog, nur mit der Ein-schrankung, dass nach den Gesetzen ber die Abstufung dernbsp;Schallflle (518. 528 ff.) die Liquidae und Nasale in fast allen

-ocr page 188-

168 427. 428. Vocale, Liquidae u. Nasale. 429. Sonore u. Spiranten.

Fallen die unsilbischen Glieder der Verbindungen sind. Dass wir Gruppen wie r, dl^ am^ an, aid (genauer geschriebennbsp;ar, al, am, ay,, aid, um die unsilbiscbe Geltung des an zweiternbsp;Stelle stekenden Sonorlants zu bezeicknen) nickt auck alsnbsp;'Dipktkonge^ auffassen, liegt grossentkeils bloss an der Ge-woknkeit, l, r, m, n, n als 'Consonanten^ zu bezeicknen, dienbsp;mit einem 'VocaF nickt eine derartig komogene Verbindnngnbsp;eingeken knnen wie zwei 'Vocale^ unter einander. Eine gewisse praktiscke Berecktigung kat allerdings die Abtrennungnbsp;dieser Verbindungen von den vocaliscken Diphtkongen, weilnbsp;namkch die Liquidae und Nasale ihrer Articulation und ikremnbsp;Klange nach von den Vocalen so weit absteken, dass sie mitnbsp;denselben fr unsere Empfindung nickt zu einer so komogenennbsp;Lautmasse zusammensckmelzen, als das bei reinen Vocalver-bindungen mglich ist. Am besten versckmilzt nock das l,nbsp;namentlick wenn es starke Oeffnung kat (darum geken al, ol sonbsp;kaufig geradezu in au, ou, anderwarts in ai, oi etc. iiber). Aucknbsp;die ungerollten r geben sekr einheitlichklingende Verbindungen,nbsp;bei den gerollten bringt das Bollen, bei den Nasalen der Nasal-klang etwas dem Vocale nicht Homogenes, und deskalb mekrnbsp;als getrennt Empfundenes in die Verbindung. Aber Nasal-vocal -f- Nasal klingen wieder gut einheitlich.

427. nbsp;nbsp;nbsp;Zweisilbige Verbindungen von Vocal Liquidanbsp;oder Nasal bedrfen kier keiner weiteren Errterung.

5. Verbindungen von Liquiden und Nasalen untereinander.

428. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber diese Verbindungen ist an dieser Stelle kauninbsp;etwas zu bemerken, da Errterungen ber ilire relativennbsp;Functionen als Sonanten und Consonanten erst weiter untennbsp;angestellt werden knnen. Ebenso wird ber die sogenanntenbsp;Gemination erst 555 ff. das Nthige zur Sprache gebrachtnbsp;werden.

Cap. 20. Berfikmng eines sonoren Lautes mit Gerauschlanten.

1. Sonore und Spiranten.

429. Stimmkafte Spiranten. Diese verhalten sick be-zglich des ihnen mit den Sonoren geineinsckaftlichen Factors,nbsp;der Stimme, durchaus den 'Halbvocalen (422), Liquiden und

-ocr page 189-

169

430432. Sonore und Spiranten.

Nasalen analog, d. h. die Stimme wird in der Regel continuir-lich durch die Lautverbindung durcbgefhrt, und wahrend ibrer Dauer die Umstellung der Mundorgane vollzogen; also auchnbsp;hier berrsebt der directe Uebergang vor. Der einzige Unter-schied zwischen unserer Gruppe und den Gruppen mit Liquidanbsp;oder Nasal besteht darin, dass bei den Spirantenverbindungennbsp;schallbildende Engen im Ansatzrohr hergestellt werden mussennbsp;an Stelle der nicht schallbildenden Engen bei den erstgenann-ten Lauten. Da brigens manche Sonorlaute, namentlich die rnbsp;und manche Halbvocale mit starker Engenbildung, leicht acces-sorischeNebengerauscheentwickeln, andererseits die specifischennbsp;Gerausche der Spiranten durch Reduction haufig geschwachtnbsp;werden, so ergibt sich leicht, dass die beiden Gruppen sich viel-fach berhren knnen.

430. nbsp;nbsp;nbsp;Stimmlose Spiranten. Bei diesen muss nebennbsp;der Aufhebung bez. Bildung der spirantischen Enge [saas)nbsp;auch noch der Einsatz bez. Absatz der Stimme ausgefhrtnbsp;werden.

431. nbsp;nbsp;nbsp;Im Deutschen ist es bhch, die Stimme pltzlich ein-bez. abzusetzen, und genau gleichzeitig mit der ebenfalls raschnbsp;ausgefhrten Umstellung der Mundorgane, wenn der Sonorlautnbsp;silbisch ist, z. B. also in Yerbindungen wie sa, as. Die Yer-bindung geschieht also mittelst des directen Uebergangs.nbsp;Gehauchter Uebergang ist seltener; abgesehen von Fallen dernbsp;Composition von Grenzlauten ursprnglich getrennter Silben,nbsp;wie sat fr es hat (399), finden sich im Deutschen gelegentlichnbsp;Typen wie a's mit schwachem Hauch zwischen a und s. Sienbsp;entstehen dadurch, dass die spirantische Enge fr das s etwasnbsp;spater gebildet wird, als die Stimme aussetzt. Auch die arme-nischen 'aspirirten Affricatae (455) haben bisweilen einen deut-lichen Hauch zwischen der Spirans und dem folgenden Yocal,nbsp;tsquot; a, ts a etc. Eesten Uebergang, as, finden wir in Sprachennbsp;mit sog. 'Stosston (585 ff.).

432. nbsp;nbsp;nbsp;1st der Sonorlaut aber unsilbisch, so wird er durchnbsp;den stimmlosen Nachbarlaut haufig ebenfalls stimmlos gemacht,nbsp;wenigstens setzt bei Yerbindungen wie sla, sna die Stimme oftnbsp;erst nach der Einstellung des Mundes fr l, n etc. ein, sodassnbsp;der Eingang des l, n noch stimmlos gebildet wird. In Gruppennbsp;wie als, ans findet dann das umgekehrte Yerhaltniss statt; dienbsp;Stimme erlischt, ehe die Einstellung fr l, n aufgehoben wird;nbsp;wir erhalten dann l, n mit stimmlosem Ausgang. Ob diesenbsp;stimmlosen Ein- und Ausgange spirantische Reibegerausche

-ocr page 190-

170 433. Sonore u. Spiranten. 434. 435. Verschlusslaute u. Sonore.

entwickeln, hangt von der Starke des Stromdrucks und dem Grad der Engenbildung ab; nothwendig ist es nicht, und diesnbsp;ist wohl der Grund, warum diese stimmlosen Tbeile der Sono-ren so leicht bersehen werden.

433. nbsp;nbsp;nbsp;TJeber stimmlose (reducirte) Halbvocale an dieser Stelle

vgl. 424.

2. Sonore und Verschlusslaute. a. Verscblusslaut vor sonorem Sonanten.

434. nbsp;nbsp;nbsp;Mit demselben Luftstoss, welcher denVerschluss desnbsp;vorausgehenden Explosivlauts durchbricht, muss auch der fol-gende Sonorlaut erzeugt werden, sobald sich beide Laute voll-kommen einheitlich zu einer Silbe verbinden sollen. Die be-treendenVerbindungenlauten ganz anders bei derVertheilungnbsp;auf verschiedene Silben, und es treten in dem letzteren Falienbsp;Oombinationen verschiedener Ein- und Absatze entgegen dernbsp;404 erwahnten allgemeinen Regel auf. So ist z. B. einsilbigesnbsp;%a (d. \i. k a mit festem Uebergang, 401 u. .) zu unter-scheiden von deutschem k-a oder etwa in hack-ab^ d. h.nbsp;quot;ak-ap oder quot;ali-ap^ in denen das k leisen bez. gehauchtennbsp;Absatz hat (allerdings spricht man gewhnlich bei rascherernbsp;Rede nicht so, sondem a-kap, kaum auch' a-k'^ap). Nicht gleichnbsp;p^a ist deutschesp-a oder p-a in ab-halten, d.h. ^ap-altn odernbsp;'ap'-altn bei deutlicher Markirung der Silben, obwohl man innbsp;schneller Rede auch hier wieder gewhnlich ^a-p^al-tn abtheilt.nbsp;Wir haben es hier wieder nur mit den durch einen einheitlichen,nbsp;continuirlichen Luftstoss hervorgebrachten Verbindungen zunbsp;thun. Hier ist etwa Folgendes zu beachten.

435. nbsp;nbsp;nbsp;Stimmhafte Mediae. Da bei der Verbindungnbsp;stimmhafter Mediae mit nachfolgenden Sonoren die Stimme alsnbsp;gemeinschaftlicher Factor forttnen muss (vgl. 407), so verbietetnbsp;sich die Anwendung des festen Uebergangs meist von selbstnbsp;(ausser im Falie der Composition, z. B. mgib-lm neben viel-leicht ebenso haufigem oder haufigerem gi-bim, sofern nicht,nbsp;wie das im Deutschen am gewhnlichsten ist, gi-pm dafr ein-tritt). Durchaus die gewhnhchste Form ist die des directennbsp;Uebergangs, d. h. der Blahlaut und der folgende sonore Lautnbsp;bilden eine continuirliche Einheit. Doch ist zweierlei hierbeinbsp;zu beachten. Einmal scheinfc es, dass bei der Bildung des Blah-lauts die Stimmbander nicht so fest zum Tonen eingesetzt sindnbsp;wie bei der Bildung von Sonoren (d. h. die stimmhaften Medien

-ocr page 191-

171

436. Yersclilusslaute und Sonore.

enthalten vielleicht nur Murmelstimme, nicht Vollstimme). An-dererseits wird der Blahlaut um so schwacher, je mehr er sich seinem Ende, d. h. der Explosion, nahert, weil mit der zunehmen-den Verdichtung der Luft im Mundraum die Stimmbandernbsp;immer weniger leicht und kraf tig ansprechen. Mit der Explosionnbsp;setzt dann die Stimme voll ein. Der Contrast zwischen demnbsp;Moment vor und dem nach der Explosion fhrt dabei leicht zunbsp;der Annahme, dass der Blahlaut vor der Explosion erlschenbsp;und die Stimme nachher wieder neu einsetze. Die Auscultation des Kehlkopfs zeigt aher, dass in Wirklichkeit nurnbsp;eine Schwachung und nachfolgende Verstarkung der Stimmenbsp;eintritt.

436. Schwierigkeiten hereitet die Analyse der sog. Mediae aspiratae, d. h. der stimmhaften Mediae mit gehauchtemnbsp;Absatz, welche namentlich im Sanskrit und den neuindischennbsp;Mundarten vorliegen und bereits in dem indogermanischennbsp;Lautsystem eine wichtige Stelle einnahmen. Aus der alterennbsp;Literatur her diese vielbesprochenen Laute seien hervorgehobennbsp;die Aufsatze von O. Arendt in Kuhn und Schleichers Beitragennbsp;II, 283 f. und E. Brcke, Sitz.-Ber. der Wiener Akad., phil.-hist. Cl. XXXI, 219 ff. Xach den Angahen von Brcke, dienbsp;ich durch mndliche Mittheilungen von Kielhorn bestatigt lindenbsp;(s. auch Storm 2 S. 75 f.), existiren in neuindischen Idiomen, z.B.nbsp;im Mahrathi, stimmhafte Medien, denen sich ein stimm-loser Hauch, unser h anschliesst, wie etwa in hhau Bruder.nbsp;Diese waren als ' etc. zu transscribiren, also ' au u. s. w. Dochnbsp;kann diese Aussprache schwerlich die der alten Inder gewesennbsp;sein, da diese ihren Medialaspiraten einen stimmhaften Hauchnbsp;zusprechen. Bei einem Hindu glaube ich auch in der That beinbsp;langsamer und deutlicher Aussprache hier in einem Wort wienbsp;V ai Bruder einen leicht stimmhaften Hauch (vgl. 87. 383 etc.)nbsp;gehort zu haben, der freilich bei flchtigerer Bede fast ganznbsp;verschwand (vgl. 437); weit deutlicher stimmhaft sind dienbsp;Hauche einer Art von Aspiraten, die ich in dem armenischennbsp;Dialekt von Astarak habe beobachten knnen, als Vertreter dernbsp;ostarmen. Mediae b, d, g. Hier schliesst sich an die Explosionnbsp;der (stimmhaften) Media zunachst ein Stck gehauchter Murmelstimme an, ehe die Vollstimme einsetzt. Der Hauch istnbsp;dabei so stark, dass zu vermuthen steht, dass bei seiner Erzeu-gung die Knorpelglottis geffnet ist und dass sie sich erst beimnbsp;Einsatz der Vollstimme schliesst. Bezeichnen wir diese Aussprache durch quot;, so lauten also armen. Wrter wie habik^ dadik

-ocr page 192-

172 nbsp;nbsp;nbsp;437. 438. Stimmhafte u. stimmlose Verschlusslaute u. Sonore.

in jenemDialekte nbsp;nbsp;nbsp;d'^'^ad^^ik (ker entsprecliende Tenues

aspiratae mit tonend gehauchtem Uebergang s. 442).

437. nbsp;nbsp;nbsp;Eine dritte Art von Medialaspiraten wird auf Grundnbsp;der Angaben zweier Bengalesen Yon Ellis, Academyl874, Y,68nbsp;und Early Engl. Pron. IV, 1134 ff. beschrieben. ElHs leugnetnbsp;(freilicb unter dem Widerspruch von Sweet bei Storm 2 S. 75 f.)nbsp;das Vorhandensein eines Hauchs, namentlich eines stimmlosen,nbsp;und gibt an, dass seine Gewahrsmanner ihn unabhangig vonnbsp;einander vor der bei den Deutschen blichen Ausspraclie dernbsp;Medialaspiraten als stimmhafter Media stimmlosem Hauchnbsp;warnten. Nacb Ellis hort man nach der Explosion der Medial-aspirata nur eine momentane Verstarkung des folgenden Vocalsnbsp;(a momentary energising of the following vowel). Dies scheintnbsp;ungefahr zu der in 436 erwahnten fliichtigeren Aussprachsformnbsp;des neuind. 5' zu stimmen, hei der ich (freilich unter Umstandennbsp;die fiir die genauere Beobachtung sehr ungiinstig waren) auchnbsp;einen Crescendo-Eingang des Vocals neben etwas deutlichernbsp;stimmhaftem und etwas langer ausgehaltenen b gehort zu habennbsp;glaube. Dann ware also die Murmelstimme hier weniger hauch-artig und die Zeit des Uebergangs von der Explosion zum Voll-vocal zu Gunsten der Dauer der Verschlussstellung stark ver-kiirzt. Eine genauere Untersuchung bleibt also auch hier nochnbsp;unerlasshch, zumal auch wegen der Erage, ob der Hauch dernbsp;deutlicher gehauchten Eormen dieser Aspiraten wirklich stimm-los Oder (mindestens vor stimmhaften Eolgelauten) stimmlraftnbsp;ist, einer Erage bei deren Beantwortung schon deswegen leichtnbsp;Irrthiimer eintreten knnen, weil man niedrigere Grade vonnbsp;Stimmhaftigkeit bier leicht berhrt.

438. nbsp;nbsp;nbsp;Stimmlose Verschlusslaute (Tenues) mit ge-schlossenem Kehlkopf verbinden sich mit folgenden Vocalen dutch den festen Uebergang (also ka^ la, pa], d. h. mitnbsp;der Explosion des Kehlkopfverschlusses setzt zugleich dienbsp;Stimme ein, wiebeim festen Einsatz nachvorn zuisolirter Vocale.nbsp;Die Articulation muss dabei so geregelt sein, dass die beidennbsp;Explosionen, die des Mundverschlusses und die des Kehlkopfverschlusses, gleichzeitig erfolgen. So werden z. B. die betr.nbsp;Tenues im Armenischen gesprochen (365); im Georgischennbsp;(s. ebenda) kommt dagegen die Kehlkopfexplosion regelmassignbsp;etwas verspatet, und so erscheint dort der Vocal durch einenbsp;Pause und den neuen (Kehlkopf-)Explosivlaut getrennt (alsonbsp;georg. k^a, t'a, p'a gegen armen, ka, la, pa).

-ocr page 193-

173

439442. Stimmlose Verschlusslaute und Sonore.

439. nbsp;nbsp;nbsp;Unaspirirte stimmlose Verschlusslaute mitnbsp;offenem Kehlkopf (also Yerbindungen me ha, ta, pa [so-wohl Spreng- als Lsungsfortes] und ga, da, ha) hahen dennbsp;directen Uebergang, d. h. unmittlbar nacb der Mund-explosion schlagen die Stimmbander zur Stimmstellung zusam-men und erfolgt ebenso pltzlicb die Einstellung des Mundesnbsp;fr die specifische Articulationsstellung des Folgelauts. Aufnbsp;die Explosion folgt also nur ein Gleitlaut von minimaler Dauer,nbsp;der jedenfalls ohne hauchartigen Obarakter ist. Er ist dernbsp;Regel nacb stimmlos, allenfalls aber aucb schon stimmhaftnbsp;(namentbch nacb stimmlosen Lenes, die historisch aus stimm-haften hervorgegangen sind und in der betreffenden Sprachenbsp;etwa noch mit solchen wecbseln; vgl. oben 374).

440. nbsp;nbsp;nbsp;Bei den aspirirten Verschlussfortes (den Tenues aspiratae), also bei k'^a, fa, p^a mit gehauchtemnbsp;Uebergang, setzt die Stimme erst eine merkbare Zeit nacbnbsp;der Mundexplosion ein. Die Zwischenzeit wird durch einennbsp;Hauch von verschiedener Starke und Dauer ausgefllt. Solcbenbsp;Aspiraten sind z. B. die bbnendeutscben h, t, p im Anlaut.nbsp;Der Hauch ist hier von mittlerer Starke und Dauer. Weitnbsp;starker ist er z. B. bei den k'^a, fa, pa in der irischen Aus-sprache des Engbschen oder denen des Danischen (von denennbsp;Sweet angibt, dass sie durch einen selbstandigen Hauch nacbnbsp;der Explosion gebildet werden); die Hauche sind bier so stark,nbsp;dass sie oft deutliche Reibegerausche bilden, d. h. die Affricatanbsp;(454) an die Stelle der Aspirata tritt (das dan. f klingt, wienbsp;schon Storm2 g 74 bemerkt, namentbch vor palatalen Vocalennbsp;oft beinahe wie deutscbes z, und annahernd ahnliches lasstnbsp;sich aucb in der Irish brogue beobachten). Als Beispielenbsp;schwacher Aspiraten knnen die k, t, p des Engbschen nacbnbsp;der normalen Ausspracbe dienen (doch babe icb von Schottennbsp;gelegentbcb aucb unaspirirte anlautende Tenues gehort, wie innbsp;time, teil).

441. nbsp;nbsp;nbsp;Aspiri rte stimmlose Yerschlusslenes scheinen nichtnbsp;eben vorzukommen, obwohl sie sich bilden lassen, indem man zunachst mitnbsp;schwachem Druck explodirt und dann die Exspiration fr den Hauch ver-starkt. Doch ist diese Bildung unbequem, und deshalb tritt, wo etymologische stimmlose Verschlusslenis Hauch mit einander verschmelzen,nbsp;wohl stets Verstarkung zur Tenuis aspirata ein, wie in oberd. , kBrtnbsp;aus b-halte, g-hrt u. dgl.

442. nbsp;nbsp;nbsp;EinebesondereMerkivrdigkeit, namlichTenues aspirataenbsp;mit stimmhaftem Hauch weist der armenische Dialekt von Astaraknbsp;als Nebenform der oben (436) beschriebenen Mediae aspiratae auf. Wegen

-ocr page 194-

174

443445. Verschlusslaute und Sonore.

der bereits erwalmten sehr energischen Exspiration setzt dort namlich sogar die gehauohte Murmelstimme sehr oft erst nach der Explosion ein.nbsp;In Wrtern wie p'^ap'^ih, t'atik beginnt also die Aspirata mit einernbsp;stimmlosen Explosivfortis, an die sicb dann, mehr oder weniger durch einnbsp;kurzes Stck stimmlosen Hauohs getrennt, der stimmliafte Hauch an-schliesst.

b. Versohlusslaut vor sonorem Consonanten.

443. Nach stimmliaften VerscMusslauten (einerlei obnbsp;rein oder aspirirt), also in Verbindungen wie bla^ gra^ dna bez.

g^ra, d^na bleibt der Consonant selbstverstandlich berall stimmhaft, wahrend er nach stimmlosen fters die Stimmenbsp;Yerliert, indem diese erst beim folgenden Sonanten einsetzt.nbsp;Kamentlich tritt der Stimmverlust wohl stets nach stimmlosennbsp;Aspiraten ein, also bei Bindungen wiepVa, fna', je nachnbsp;der Starke der Aspiration bekommen dann die stimmlos gewor-denen Consonanten einen mehr oder weniger hauchartigennbsp;Charakter. Nach unaspirirten stimmlosen Verschlusslautennbsp;herrscht Schwanken; im allgemeinen setzt die Stimme durch-schnittlich um so frher ein, je geringer der Druck der stimmlosen Explosiva ist. Dass es auch hier Mittelstufen mit halbnbsp;stimmlosem, halb stimmhaftem Consonanten geben kann, ver-steht sich von selbst.

c. Verschlusslaute nach Sonoren.

444. nbsp;nbsp;nbsp;Bei einer Lautfolge wie apa, aha u. s. f. gehort, wienbsp;ohne Weiteres zugestanden werden wird, die Explosion desnbsp;Verschlusslauts zur zweiten Silbe, und ebenso wird zugegebennbsp;werden, dass auch bei ap, ah das Explosionsgerausch als etwasnbsp;der Silbe Nachklappendes, nicht eigentlich zu ihr Gehrendesnbsp;empfunden wird. Die Silbe findet mit dem Verschluss desnbsp;Explosivlauts ihr Ende (vgl. darber 534).

445. nbsp;nbsp;nbsp;Spricht man nun eine derartige Lautreihe wje apa^nbsp;aha oder auch nur ap, ah so aus, dass man nach dem Verschluss eine langere Pause macht oder dass man die Explosionnbsp;ganz unterdrckt, so gengt schon der blosse Verschluss, umnbsp;jeden Zweifel ber den folgenden Laut zu heben; man wirdnbsp;z. B. ein a mit ^-Verschluss deutlich von einem mit i- oder

-Verschluss gebildeten unterscheiden, und ebenso ist es bei a-h, a-d, a-g. Man hat hieraus geschlossen, dass neben dennbsp;explosiven auch implosive (prohibitive, occlusive) Verschlusslaute existiren, die durch das Gerausch des Zusammen-klappens der Mundorgane erzeugt werden (bei Verbindungen

-ocr page 195-

175

446. 447. Sonore und Verschlusslaute.

wie ampa, anta^ aidTca msste gar der Verschluss der Gaumen-klappe das Gerausch erzeugen). Aber man wird bei einiger Aufmerksamkeit finden, dass ein derartiges Gerauscb beim ge-whnlichen Sprechen durchaus nicht existirt. Vielmehr erleidetnbsp;nur der Vocal eine eigenthmliche Modification am Schlusse,nbsp;dadurch dass sich an den eigentbchen Vocal der specifiscbenbsp;Gleitlaut von der Vocalstellung zur Stellung des folgendenVer-schlusslauts anreiht, und nach diesem Gleitlaut schliessennbsp;wil, falls die Explosion nicht alsbald erfolgt, auf die Articula-tionsstellung des folgenden Explosivlauts (vgl. 103]. Bei dennbsp;stimmhaften Medien kommt dazu noch die Klangfarbe desnbsp;Blahlauts als nterscheidungsmittel in Betracht, da auch diesenbsp;nach der Grosse des durch die Mundabsperrung gebildetennbsp;Blindsacks wechselt. Die grssere oder geringere Deutlich-keit des Gleitlauts richtet sich aber wesentlich nach der Starkenbsp;des Vocals im Uebergangsmoment (man hort den Gleitlaut alsonbsp;z. B. deutlicher in apa als in apa, weil im letztern Ealle dernbsp;Schluss des langen Vocals geringere Starke hat; deutlicher beinbsp;folgender Portis als vor Lenis, weil bei ersterer noch starkerenbsp;Exspiration dem Verschluss vorangehen muss, u. s. w.].

446. nbsp;nbsp;nbsp;In den meisten Sprachen drfte dieser directenbsp;Uebergang mit durchaus stimmhaftem Sonorlaut der haufigstenbsp;sein, wenn der Sonorlaut silbenbildend ist. Die Sprachen mitnbsp;sog. Stosston (im Sinne von 585 ff.] kennen daneben auch dennbsp;festen Uebergang (pa, ifta^ Tiha^ 'ada etc.). Gehauchternbsp;Uebergang nach Vocalen ist selten, findet sich aber z. B. regel-massigimlslandischen vor tt, kk,pp^ z. B. mdttir^ gesprochennbsp;d'tir, nach Sweet S. 76 auch bisweilen im Schottischen, z. B.nbsp;in = what. Er entspricht dem skr. Visarga vor Ver-schlusslauten.

447. nbsp;nbsp;nbsp;Unsilbischer Sonorlaut wird consequenter Weisenbsp;oft mehr oder Aveniger (d. h. ganz oder nur in seinem letztennbsp;Theile] stimmlos; vgl. z. B. engl. huilt mit huild^ feit mitnbsp;felled^ tent mit u. dgl.

Cap. 21. Berhrvragen von Oeransclilanten.

448. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist nicht nthig, hier alle berhaupt mglichennbsp;Combinationen zu besprechen, da nach dem bisher Errtertennbsp;eine Menge derselben ohne Wei teres verstandlich sein wird.

449. nbsp;nbsp;nbsp;Selbstverstandlich gilt auch hier das Gesetz, dassnbsp;stimmhafte Gerauschlaute ohne Aussetzen der Stimme

-ocr page 196-

176 448453. Berhrungeii von Grerausohlauten. 454. Affricatae.

combinirt werden. Fiir die Verbindung eines stimmbaften G-erauscblauts mit einem stimmlosen giebt es keine ab-solut giiltigen Gresetze fiir den Fall, dass beide Laute auf ver-scbiedene Silben vertheilt sind. Sollen beide den Anlaut inernbsp;Silbe bilden, so tritt wohl fast ausnahmslos Assimilation ein,nbsp;d. h. beide werden stimmhaft oder stimmlos. Weniger strengnbsp;wird dies Gesetz im Silbenauslaut gehandhabt. Zur Bildungnbsp;von Ansnahmen ist das als Substitut fiir uvulares r fungirendenbsp;j am meisten geeignet, da es bei geringem Stromdruck undnbsp;geringem Reibungsgerausch den Sonoren noch am nachstennbsp;stebt. Hier ist wenigstens der Anfang des ersten Lauts oftnbsp;noch stimmhaft, der Ausgang aberwird dem stimmlosen Folge-laut assimilirt.

450. nbsp;nbsp;nbsp;Nicht homorgane Spiranten knnen sich ebensonbsp;ohneWeiteresunter einander verbinden wie nicht homorganenbsp;Verschlusslaute; bei letzteren knnen sich also sammtlichenbsp;Ein- und Absatze wiederholen, z. B. abda mit stimmhafter odernbsp;stimmloser Media, apta mit leisem, apia mit festem, apt'^a mitnbsp;gehauchtem Absatz; aber auch aptquot;a mit verschiedenen Ab-satzen; auch apda, selbst abta u. s. w. sind mglich, vgl. z. B.nbsp;Worte wie engl. trap-door^ lap-dog^ oder big-talk^ dog-trotnbsp;u. dgl. Es gilt hier fr jede einzelne Sprache die speciellennbsp;Neigungen genauer zu untersuchen.

451. nbsp;nbsp;nbsp;Als Beispiel seien hier die Untersuchungen von Krauter iibernbsp;nhd. Aspiraten und Tenues, Euhns Zeitsohr. XXI, 30 f., angefiihrt,nbsp;Diese hahen z. B. ergehen, dass auch diej enigen deutsohen Mundarten,nbsp;welohe anlautende Tenues aspiriren (^a, i'o, p'o), dooh beim Zusammen-trefifen zweier Tenues die doppelte Aspiration vermeiden, u. dgl. mehr.nbsp;Ich bemerke aber, dass anderwarts, z. B. im Armenischen, diese Ab-neigung nicht besteht und man wirklich zwei nicht homorgane Aspiratennbsp;neben einander spricht.

452. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber die Verbindungen von Spiranten und Ver-schlusslauten ist nichts zu bemerken, was sich nicht eben-falls von selbst verstiinde.

453. nbsp;nbsp;nbsp;Ausser diesen allgemeinen geiten noch einige speciel-lereBestimmungen iiber Lautfolgen, die bisher nicht zur Sprachenbsp;gebracht worden sind.

1. Affricatae.

454. nbsp;nbsp;nbsp;Bei der Verbindung eines einfachen Verschlusslautsnbsp;mit einem nachfolgenden Sonoren (seltener Gerauschlaut) wirdnbsp;der Mund sofort und mit thunlichster Geschwindigkeit zu der

-ocr page 197-

177

455. Afifricatae.

fr den Sonoren erforderliclien vollen Weite geffnet. Geschieht dies nicht, sondern wird zunachst, wenn auch nur fr einennbsp;kurzen Moment, der Verschluss nur so weit geffnet, dass dienbsp;exspirirte Luft an den Randern der so gehildeten Enge sichnbsp;reibt, so schiebt sich zwischen den Explosivlaut und den Sonoren ein dem ersteren bomorganes Eeibungsgerausch ein. Sonbsp;entstehn Yerbindungen wie die deutschen pfa, tsa^ kxa u. s.w.nbsp;Wir nennen dieselben Affricatae, sobald beide Laute, Explosivlaut und Spirans, im Silbenanlaut stebn, d. h. liier mitnbsp;demselben Luftstoss bervorgebracht werden. Sie drfen durch-aus nicht verwechselt werden mit den auf zwei Silben vertheiltennbsp;/j-/, u. dgl,, die wir bei deutlich accentuirter Ausspracbenbsp;etwa in al-fahren, hat-sich horen (vgl. das oben 434 ber dienbsp;Aspiraten Bemerkte).

455. Je nach der Verschiedenheit des Absatzes der Explosion wird auch die Qualitat und Quantitat bez. Starke der Spirans verschieden sein. Aus den stimmbaften Medien ent-wickeln sich so stimmbafte [dz, dz, u. s. f.), aus den stimm-losen Medien stimmlose Affricaten. Am vollstandigsten ist dienbsp;Reie wieder bei den Eortes (Tenues) entwickelt, weil diesenbsp;die vielfachsten Absatze haben. Den Tenues mit leisem Ab-satz entsprechen also pfa, tsa, tsa, wie sie etwa der Schweizernbsp;oder auch der Mitteldeutsche, vielfach auch der Norddeutschenbsp;spricht, den Aspiraten die Eormenfsa, fsa u.s.w., innbsp;denen das/, s, s mehr oder weniger als Eortis erscheint, jedes-mal entspechend der Energie des Hauchs bei der correspondi-renden Aspirata. Sie kommen fter in Norddeutschland vor,nbsp;aber ohne von den nichtaspirirten principiell geschieden zu sein.nbsp;Besonders deutlich unterschieden werden beide Reihen z. B. imnbsp;Armenischen und andern asiatischen Sprachen mit ahnhchemnbsp;Lautsystem (so ist es mir keinem Zweifel unterworfen, dass dasnbsp;skr. ch, wenn es wirklich bereits als palatale Affricata ge-sprochen wurde, dem armenischen ts [vgl. Hbschmann, Z. D.nbsp;M. G. XXX, 53 f. 57 f., Lepsius c] gleichzustellen ist). Ganznbsp;eigenthtimlich klingen die Affricaten mit festem Absatz,nbsp;von denen das Tifliser Armenisch z. B. die Laute ts und Isnbsp;aufweist (Hbschmanns ts und c, Lepsius t und c). Hier kannnbsp;eben nur das im Munde eingeschlossene Luftquantum zur Bil-dung der Spirans verwendet werden; daherklingt dieselbe ganznbsp;km'z abgestossen, krzer als sonst etwa eine Lenis s oder s,nbsp;aber doch durch die Anlehnung an den vorhergehenden starkennbsp;Verschlusslaut ziemlich energisch.

S i e T e r s, PbonetiV. 5. Aufl. 12

-ocr page 198-

178 456. Affricatae. 457. Oefifnungvon Versohlussl.ohneExspiration.

456. nbsp;nbsp;nbsp;Eine feste Grenze zwischen Affricaten und einfachen Tenuesnbsp;ist vielfach nicht verhanden. Hinteres velares * wird oft mit einem Ansatznbsp;von Reihungsgerausch gesproohen, weil der Verschluss wegen der grossennbsp;zu bewegenden Massen nur relativ langsam in die entsprechende Weit-stellung bergefhrt werden kann (man vgl. das hx der Schweizer). So-dann stellt sich eine Spirans besonders leicht vor Vocalen mit starkernbsp;Verengung des Ansatzrohrs ein, insbesondere vor vgl. z. B. russ. mhnbsp;etwa in nxmh, u. dgl. Daher erklart sich der Uebergang so vieler pala-talisirter Laute in Affricaten (vgl. 489).

2. Oeffnung von Yerschlusslauten ohne Exspiration.

457. nbsp;nbsp;nbsp;Man kann zwei Verschlusslaute so mit einander verbinden, dass der Verscbluss fr den zweiten erst nach der Explosion des ersten hergestellt wird. Die Explosion des erstennbsp;kommt in diesem Ealle deutlich zu Gehr. So spricht man der-artige Druppen beim langsamen Syllabiren wohl im Deutschen,nbsp;aucb in der Bhnensprache bei getragener Declamation: frnbsp;das Scbwedische ist diese Aussprachsweise nach Sweet S. 83nbsp;Regel; akta klingt z. B. deutlich wie ak ta (mit leisem Ab-satz des k). In der gewbnbcben deutschen Verkehrssprachenbsp;aber, imEnglischen und wahrscheinlich in den meisten Sprachennbsp;(Sweet a. a.O.) ist eine andere Bildungsweise gewhnlicher: dernbsp;Verschluss fr den zweiten Laut wird wahrend dernbsp;Dauer des Verschlusses des ersten hergestellt, z. B.nbsp;der ^-Verschluss in lebte, wahrend noch die Lippen fr das bnbsp;geschlossen sind. Die Lippen werden also erst geffnet, nach-dem durch den ^-Verschluss die Communication mit der Lungenbsp;ahgesperrt ist, d. h. die Lippenffnung erfolgt ohne alle Compression der Luft hinter der Articulationsstelle (356). Immer-hin aber erzeugt auch hier die Oeffnung der Lippen ein ganznbsp;leises Gerausch. Noch schwerer wahrnehmbar ist das betreffendenbsp;Oeffnungsgerausch bei der Oeffnung eines ^-Verschlusses vor

z. B. in hat-kein. Liegt die zweite Verschlussstelle aber vor der ersten, wie z. B. in Akte., Deckbett, so verliert sich dasnbsp;Oeffnungsgerausch noch gar in dem Blindsack, der durch dennbsp;vorderen Schluss hergestellt ist. Treten mehr als zwei Verschlusslaute in dieser Weise zusammen, so wird der mittelstenbsp;ganz wirkungslos, auch wenn man die Articulation desselhennbsp;ausfhrt; vgl. z. B. Bdungen wie Hauptkunststck, er trinkt keinnbsp;Wasser; diese werden denn sehr oft geradezu wie haup-k-, trmk-k-(mit gedehntem p, k) gesprochen. Man hort eben hier berall,nbsp;wie Sweet richtig bemerkt, nur den Eingang des ersten und dienbsp;Explosion nebst dem Ausgang des letzten Verschlusslauts.

-ocr page 199-

179

460464. Berhrungen homorganer Laute.

458. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber Verbindungen wiep 5, t d, hg oder umgekebrtnbsp;h p, dt, gTc s. 563; ber pn in engl. open u. a. s. 466.

459. nbsp;nbsp;nbsp;Granz nabe stehen diesen Verbindungen solche von Verschluss-lauten mit beliebigen Consonanten, wenn die Silbengrenze zwischennbsp;beide gelegt wird, also die Oeffnnng in einem Augenblioke stattfindet, wonbsp;hchstens minimaler Stromdrnck verhanden ist; -wir sprechen oft so db-lassen, absagen, auch geradezu vor Vocalen, hat aber etc. (nicht in Sd-deutschland und der Schweiz, wo der Consonant stets zum (Folgendennbsp;gezogen wird); vgl. 561.

Cap. 22. Bertihmiigen homorganer Laute.

460. nbsp;nbsp;nbsp;ir die Verbindung eines Dauerlauts mitnbsp;einem (ganz oder theilweise) homorganen Verschlusslautnbsp;gilt wohl ausnahmslos die Regel, dass die Verschlusshildungnbsp;von der homorganen Engenhildung ausgeht, nicht erst durchnbsp;einen Rckgang der Organe durch die Ruhelage vermitteltnbsp;wird. So schhessen sich fp, st, st, rt, xk unmittelbar an ein-ander; ahnhch ft, indem die Zungenspitze in der Z-Lage bleibtnbsp;undnur dieSeitenffnungengeschlossenwerden; bei mp, nt, lahnbsp;wird nur die Gaumenklappe geschlossen, u. s. w.

461. nbsp;nbsp;nbsp;Geht derVerschlusslaut demDauerlautvoran,nbsp;so gilt dies Gesetz ohne Einschrankung nur dann, wenn dernbsp;Dauerlaut die Explosion in der Richtung der Mittellinie desnbsp;Mundes gestattet, also fr^, ts, ts, tr, kx u.s.w. Liegt abernbsp;die Enge des Dauerlauts nicht in der Mittellinie der Mund-hhle, so ist das Gesetz nur von beschrankter Gltigkeit, effenbar weil durch die veranderte Explosionsweise der Charakternbsp;des Explosivlauts selhst starkeren Veranderungen unterliegt.nbsp;Von solchen kommen hierbei vomehmlich in Betracht:

462. nbsp;nbsp;nbsp;1. Die laterale Explosion der (namentlich vorderen) Zungengaumenlaute vor Z, also lt;ZZ, tl (in allen Arten)nbsp;und kl (namentlich bei palatalem c). Hier bleibt die Zunge innbsp;der Verschlussstellung, die Explosion erfolgt seitwarts, indemnbsp;die Rander der Zunge sich fr das Z von den Zahnen abheben.nbsp;Wegen der Aehnlichkeit der Articulation schliesst sich auchnbsp;nl hier an.

463. nbsp;nbsp;nbsp;Die Verbindung cl mit lateraler Explosion hort man oft innbsp;Sachsen, z. B. glauben, gesprochen clau-m oder cl-m u. dgl. Sie gehtnbsp;brigens sehr oft in tl ber; man spricht also auch geradezu tl-m.

464. nbsp;nbsp;nbsp;Auch bei der Bildung anderer Laute kann die specifischenbsp;/-Articulation vorausgenommen werden (vgl. 495), aber die eigentlichenbsp;Articulation dieser Laute wird dadurch nicht so sehr afficirt. Bei einernbsp;Verbindung wie pl, bl findet zwar bei Vorausnahme der /-Articulation

12*

-ocr page 200-

180

465468. Berhrungen homorganer Laute.

eine Explosion durch die Seitenffnungen zwischen Zunge und Zahnen statt, da der Mittelweg durch die Anpressung der Vorderzunge an Vorder-zahne oder Graumen versperrt ist. Aber die speoifisohe Lippenexplosion dernbsp;Labiale bleibt bestehn. Auch die Velare scheinen im Allgemeinen keinenbsp;wesentliche Umlagerung ihrer ExplosionssteUe zu erfahren, es sei denn,nbsp;dass sie mit dem velaren l (316) verbunden werden.

465. nbsp;nbsp;nbsp;2. Die nasale Explosion der Verschlusslaute vornbsp;homorganen! Nasal, also pm, tn, ktd u.s. w., wie in abmachen,nbsp;Aetna u. dgl. Hier wird der gewhnlichen Explosion die Explosion der Gaumenklappe substituirt, d. h. der gewhnlichenbsp;Mundexplosivlaut durch den entsprechenden faucalen Explosiv-laut (168) ersetzt.

466. nbsp;nbsp;nbsp;In den meisten Sprachen sind sowohl die laterale wie die nasalenbsp;Explosion in den angegebenenFallen Regel, sobald es sich um reine Tenuisnbsp;oder Media handelt. Dagegen kommt die Aspirata der Tennis fter ohnenbsp;diese Assimilation vor; doch auch fr die reine Tenuis sind mir hier undnbsp;da (z. B. im Magyarischen) Falie des Unterbleibens der nasalen Explosion bekannt geworden. lm Deutschen haben beide Arten von Um-legung der ExplosionssteUe sehr stark um sich gegriffen. Namentlichnbsp;haben sich auch die unbetonten Endsilben -el, -en hier angeschlossen; sienbsp;verlieren meist ihren Vocal und ausserdem assimilirt sich das n von -ennbsp;gem an den vorausgehenden Verschlusslaut. So spricht man mit silbi-schem l, n fast berall ta-dl, hi-tl, la-dn, hd-tn, auch hlai-hm, Id-pm,nbsp;hnd-hn (in Sachsen auch mit doppelter Assimilation hnd-kn oder tna-kn)nbsp;fr Tadel, Kittel, laden, halten, bleiben, Lappen, knachen', doch gehennbsp;hierin die verschiedenen Mundarten fter auseinander. Uebrigens tauschtnbsp;man sich ber das Vorkommen oder Fehlen dieser letzteren Art von Assimilation selbst in der eigenen Mundart sehr gewhnlich. Recht schlagendnbsp;tritt aber z. B. der Unterschied zwischen assimilirenden und nichtassimi-lirenden Sprachen hervor, wenn wir etwa unsere heimische Articulations-weise auf das Englische bertragen und tP-kn (e = !), )P-pm fr t'-kn,nbsp;b'-pn [taken, open] aussprechen (im letzteren Falie wird brigens dernbsp;Zungenverschluss des n, wie Sweet S. 213 zuerst bemerkt, schon vor dernbsp;Explosion des p gebildet, sodass das p hier nach 457 zu beurtheilen ist).

467. nbsp;nbsp;nbsp;Ausser den zuletzt geschilderten wesentlicheren Assi-milationen kommen gelegenthch noch andere, weniger helang-reiche vor, namentlich wenn Verschlusslaut und Spiransnbsp;nicht ganz homorgan sind. So pflegen wir hei fp und pfnbsp;das labiodental zu bilden; berm t von ts legt sich die Zungenbsp;oft seitlich starker an den Gaumen an als heim isohrten t, undnbsp;hekommt berhaupt eine starkere dorsale Wlbung, u. dgl. mehr.nbsp;Ueherall zeigt sich dasselhe Bestrehen, mglichst vollkommenenbsp;Homorganitat herzustellen, welches so vielfache Assimilationennbsp;hervorgerufen hat.

468. nbsp;nbsp;nbsp;Auch heim Zusammentreffen zweier Dauerlautenbsp;kommt das Gesetz von der nur einmahgen Ausfhrung

-ocr page 201-

469. 470. Mischung verschiedener specifischer Artieulationen. 181

gemeinschaftlicher Articulationsfactoren wieder zur Greltung; man ygl. also Lautfolgen wie mw, mf, ns, ns, 73x und umgekehrt.nbsp;Die einzelnen Falie bedrfen keiner weiteren Ausfhrung.

Cap. 23. Mischung verschiedener specifischer Artieulationen.

469. nbsp;nbsp;nbsp;Zwei Nachbarlaute knnen im Wesentlichen auf zwie-fach verschiedene Weise mit einander verbonden werden. Ent-weder articubrt man den ersten Laut zunachst unbekmmertnbsp;um den Folgelaut, d. b. man stellt nur diejenigen Theile desnbsp;Spraeborgans ein, welcbe an der Bildung der specifischen Articulation des ersten Lautes nothwendig betbeiHgt sind, o dernbsp;man nimmt von Anfang an dergestalt bereits auf den kommenden zweiten Laut Rcksiebt, dass die bei der specifischen Articulation des ersten Lautes nicht beschaftigten Theile desnbsp;Sprachorgans ganz oder theilweise so eingestellt werden wienbsp;es der Folgelaut verlangt. Einige Beispiele mogen dies er-lautern.

470. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Silbe wie mi wird nach der ersten (z. B. imnbsp;Deutschen meist blichen Art) so begonnen, dass man dienbsp;Lippen schliesst, die Gaumenklappe ffnet und dann die Stimmenbsp;einsetzt. Das Product dieser Articulation ist ein (indifferentes)nbsp;m. Die Zunge befindet sich dabei zunachst unthatig in dernbsp;Buhelage. Um nun von dieser Gesammtstellung zu der des inbsp;zu gelangen, muss man einerseits die Gaumenklappe schliessennbsp;und die Lippen finen, andrerseits die Zunge in die -Stellungnbsp;bringen (um hier von einer etwaigen spaltfrmigen Ausdehnungnbsp;der Lippen u. dgl. abzusehen). Von diesen verschiedenen Be-wegungen mssen Gaumenschluss und Lippenffnung, die zu-sammen das Ende des m herbeifhren, gleichzeitig vollzogennbsp;werden. Dagegen pflegt man (wie das fr bestimmte Einzelfallenbsp;wohl zuerst Bremer S. 56 f. deutlich ausgefhrt hat) die Zungenbsp;schon wahrend der Dauer des m allmahlich in die '-Stellungnbsp;hinein oder wenigstens in der Bichtung auf diese Stellung binnbsp;gleiten zu lassen. Aehnlich auch bei der Bildung von Folgennbsp;wie ku. Hier kann man zunachst bei indilerenter Lippen-stellung bloss den velaren Verscbluss des k bilden und dannnbsp;erst wahrend der Dauer des k die Lippen in die fr das folgendenbsp;u erforderliche Rundungs- bez. Vorstlpungsstellung gleitennbsp;lassen.

-ocr page 202-

182 471474. Mischung versohiedener specifischer Articulationen.

471. nbsp;nbsp;nbsp;Ebenso gut kann man aber auch nacb der zweitennbsp;Art obne Strung der specifiscben Articulation des m (alsnbsp;labialen Nasals) oder des k (als velaren Verschlusslauts) bei minbsp;die Zunge von vom herein in die e-Stellung, bei hu desgleichennbsp;die Lippen in die Eundungsstellung etc. des u bringen und dannnbsp;diese Blemente der Gesammtstellung bis zum Ende des m bez.nbsp;k festhalten, so dass also m und k und u von Anfang annbsp;enger an einander gebunden erscheinen. Wir wollen diese Artnbsp;engerer Bindung erforderlichen Falls durch ein quot; ber der be-treffenden Lautfolge bezeichnen, also mi^ ku im Gegensatz zunbsp;der in 470 beschriebenen ersten Art der lockereren Bindungnbsp;mi, ku, die wir nicht besonders auszeichnen.

472. nbsp;nbsp;nbsp;In derselben Weise wie das m in der 470 beschriebenen Folgenbsp;mi u. a. werden sehr gewhnlich auoh die h in Bindungen wie ha, he, hi,nbsp;ho, hu hervorgebracht, d.h. die Zunge begibt sich erst wahrend der Dauernbsp;des Hauchs durch Gleitbewegung in die Stellung des folgenden Vocals.nbsp;Daneben gibt es aber natrlioh auch Bindungen wie ha, he, hi etc. mitnbsp;fester Zungenstellung wahrend der Dauer des h, nanientlich da wo das hnbsp;zwischen gleichen Vocalen steht, wie in aha, iki, uhu u.s.w.

473. nbsp;nbsp;nbsp;In beiden Fallen ist wahrend der Dauer der m, knbsp;mindestens ein Theil der specifischen Articulation der i, u alsnbsp;unspecifisches Element in die m- und /-Stellung eingemischtnbsp;worden, und zwar hier speciell durch Anticipation. Mit Kck-sicht auf die verschiedene Art dieser Anticipation entwedernbsp;durch allmahhche Gleitbewegung (470) und damit durch fort-schreitende Mischung, oder durch feste Aufnahme von Anfangnbsp;an (471), knnenwir danach genauer einEingleiten oder abernbsp;eine Vorausnahme dieses Mischungselements unterscheiden,nbsp;oder sagen, dass mi, ku mit eingleitendem, mi, ku aber mitnbsp;vorausgenommenem i- bez. w-Element gebildet werden.

474. nbsp;nbsp;nbsp;In analoger Weise knnen aber auch Elemente dernbsp;specifischen Stellung eines vorausgehenden Lautes entweder bisnbsp;zum Schluss des Folgelauts beibehalten, oder aber wahrend dernbsp;Dauer dieses zweiten Lautes durch eine Gleitbewegung allmah-lich entfernt werden. Man kann also z.B. die Folge i-{-m entweder als im sprechen, d. h. so, dass man die /-Stellung dernbsp;Zunge bis zum Schluss des m beibehalt, oder aber als im, d. h.nbsp;so, dass man schon wahrend der Dauer des m die Zunge ausnbsp;der anfanglichen i-Stellung nach der Ruhelage hin zurcksinkennbsp;lasst (das letetere ist die im Deutschen gewhnlichste Art);nbsp;ahnhch bei uk im Gegensatz zu uk bezghch der Einhaltungnbsp;oder allmahlichen Aufgabe der Lippenrundung wahrend der

-ocr page 203-

475477. Misohung verscliiedener specifisoher Artioulationen. 183

Dauer des k. Im ersteren Fall kann man von einem Dnrch-halten, im zweitenFall von einem Abgleiten des eingemisch-ten Articulationselements reden; im bezeiciinet danacb eine Aussprache mit durchgehaltenem, im eine Ausspracbe mitnbsp;abgleitendem e-Element, u. s. w.

475. nbsp;nbsp;nbsp;Die bisher besprochenen Beispiele mi, im und ku, umnbsp;sind insofern besonders einfach, als es sich bei den ersteren umnbsp;die Einmiscbung eines Zungenstellungselements (des ^) in dienbsp;Stellung eines reinen Lippenlauts, bei den letzteren um die Einmiscbung eines Lippenstellungselements (der Eundung etc. desnbsp;?lt;) in die Stellung eines reinen Zungengaumenlauts handelt, alsonbsp;um die gleichzeitige Bildung zweier Stellungselemente die sichnbsp;gegenseitig in keiner Weise storen. Anders da wo sich zweinbsp;specifische Articulationen eines und desselben Organs zunbsp;mischen baben, was namentlich bei der Beruhrung von zweinbsp;Zungengaumenlauten (einscbliesslich der Vocale) in Betrachtnbsp;kommt. Hier ist eine Mischung nur um den Preis eines Com-promisses zwischen den beiden specifischen Articulationen mog-lich. Bei einer Folge wie ki setzt man daher zunachst ein ge-whnliches (etwa vordervelares) k ein, rollt dann die Yerschluss-stelle durch Yorwartswalzen der an den Gaumen angedriicktennbsp;Zunge gewissermassen am Gaumendach ab, bis man zu einernbsp;fill- die Bildung des folgenden i bequemen Yerschlussstellungnbsp;gelangt ist, und lasst dann explodiren; bei der Folge ki wirdnbsp;dagegen der Yerschluss des k von vorn herein an der mehr nachnbsp;vorn gelegenen Stelle gebildet, von der aus ein bequemer Ueber-gang zum ^ mglich ist. Umgekehrt bei ik und ik.

476. nbsp;nbsp;nbsp;Besonders deutlich sind diese verschiedenen Bildungsweisen

bei Consonanten zu untersoheiden, die zwischen zwei verschiedenen Yocalen stehen, also bei Folgen wienbsp;nbsp;nbsp;nbsp;a-m-u, i-m-a, a-k-u, u-k-a einer- und

solchen wie a-k-i, i-k-a, u-k-i, i-k-u andrerseits. Hier wird beispiels-weise bei a-ki das k nach dem velaren Vocal a zunachst velar eingesetzt, dann die Verschlussstelle fiir das folgende palatale i bis zu einer mehrnbsp;Oder weniger ausgepragten Palatalstellung nach vorn geschoben undnbsp;dann explodirt, bei a-ki dagegen gleich nach dem a palatales k eingesetzt, u. s. w.

477. nbsp;nbsp;nbsp;Weiterhin ist zu beachten, dass es sich bei den verschiedenen Articulationsmischungen nicht immer nur um reinenbsp;Beispiele von Yorausnahme bez. Durchhaltung einerseits undnbsp;von Eingleiten bez. Abgleiten andrerseits handelt, sondemnbsp;dass auch hier Oompromissformen auftreten knnen. So wirdnbsp;z. B. beim gewhnlichen deutschen ki zwar nicht die voile

-ocr page 204-

184 478480. Mischung verschiedener specifischer Articulationen.

Palatalstellung der Polge ki vorausgenommen, aber doch das k etwas mebr nach vom eingesetzt als etwain denPolgen X-a, ku^nbsp;und dann gleitet man von dieser vorausgenommenen Mittel-stellung aus in die mehr palatale Stellung ber, von der aus dienbsp;Explosion erfolgt, sodass also partielle Vorausnahme und Ein-gleitbewegung hier mit einander verbunden sind.

478. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist auch nicht nthig, dass das in die Articulationnbsp;des Nachbarlauts eindringende Mischelement wie in den bishernbsp;gegebenen Beispielen allemal oder allein das des Sonanten bez.nbsp;Vocals der betreffenden Silbe sei, vielmehr knnen auch dienbsp;Consonanten die Sonanten ihrer Silben in ganz analoger Weisenbsp;beeinflussen. So bildet man im Deutschen, Englischen etc.nbsp;Vocale wie e nach Labialen (welche der Zungenaction vollenbsp;Freiheit lassen) bez. reinen Dentalen bei sonst gleichen Aus-sprachsbedingungen (hierauf ist bei der Beobachtung besonde-res Gewicht zu legen) normaler Weise etwas hher und weiternbsp;nach vom als nach Alveolaren oder Velaren etc., bei denen dienbsp;Zunge mehr rckwarts articulirt; man vgl. etwa den hellerennbsp;bez. dumpferen Klang der i in deutschem Finder, Binder; Kinder, Binder, engl. thee ; tea u. dgl. (vgl. auch 665).

479. nbsp;nbsp;nbsp;Endlich ist auch nicht zu bersehen, dass dasnbsp;Mischungsverhaltniss der beiden contrastirenden Articulationen graduell sehr verschieden sein kann, und zwar wiederumnbsp;besonders nach zwei Kichtungen hin. Da alle die besprochenennbsp;Erscheinungen auf die Herstellung einer glatteren Bindung dernbsp;beiden Nachbarlaute hinauslaufen, so ist leicht zu verstehn,nbsp;dass zu einer Mischung um so eher und starker Anlass gegebennbsp;ist, je weiter die beiden Articulationsstellungen von einandernbsp;abliegen. Daher wirken z. B. Vocale mit energischer Zungen-und Lippenthatigkeit, wie etwa das hohe palatale i oder dasnbsp;stark gerundete u oft starker als Vocale von mittlerer Zungen-hhe und mit geringeren Graden von Bundung. Andrerseitsnbsp;hangt es sehr von den Gewohnheiten der einzelnen Sprachennbsp;ab, wie weit man etwa im Einzelfall der contrastirenden Stellungnbsp;eines Nachbarlauts entgegen kommt. Es handelt sich dabeinbsp;nicht nur um den allgemeinen Gegensatz von vlliger Vorausnahme bez. Durchhaltung einerseits und die bloss partielle An-gleichung durch Eingleiten und Abgleiten, sondern namentlichnbsp;auch um die verschiedenen Compromissstufen dieser Erscheinungen die in 477 berhrt worden sind.

480. nbsp;nbsp;nbsp;Was schliesslich die Einwirkung der Aufnahme einesnbsp;beliebigen fremden Mischungselements auf den Charakter des

-ocr page 205-

481. Mischung versch. spec. Articulat. 482. 483. Palatalisirung. 185

beeinflussten Lauts anlangt, so ist klar, dass dessen Stellung und demnach sein Klang jedesmal eine grssere oder geringerenbsp;Modification erfahren. Der Klangunterschied tritt nach Mass-gabe von 95 f. bei Stimmhaften, seien sie sonor oder nicht, amnbsp;deutlichsten hervor, aber auch die stimmlosen Spiranten undnbsp;selbst die Explosionsgerausche der Verschlusslaute werdennbsp;mehr oder weniger afficirt, desgleicben natrlich auch die dienbsp;einzelnen Stellungslaute umrahmenden Gleitlaute. Besondersnbsp;deutlich machen sich alle diese Erscheinungen bei den Einwir-kungen von Vocalen auf ihre unsilbischen (consonantischen)nbsp;Jiachbarlaute bemerkbar. Es gibt also auch von den 'Consonantenquot; im alten Sinne des Worts streng genommen ebensovielnbsp;Spielarten als esVocalniiancen in der betreffenden Sprache gibtnbsp;(man spreche sich zur Verdeutlichung amu, me, imi u.s.f. mitnbsp;lang ausgehaltenem m und Beihehaltung des vocalischennbsp;Mischungselementes vor, oder pa, p, pi u. dgl., die letzten amnbsp;besten flstemd). Graphisch kann man diese verschiedenennbsp;'Consonantquot;-Nancen bei isolirtem Consonantzeichen etwa durchnbsp;einen bergesetzten kleinen Vocalexponenten bezeichnen. Da-nach waren also z. B. r, r* Arten von r die mit Einmischungnbsp;der u- bez. -Articulation gebildet, also so gesprochen werdennbsp;wie es in den Verbindungen ru, ri etc. (s. 474] geschieht.

481. Unter den verschiedenen Mischungserscheinungen sind sprachgeschichtlich besonders die durch die Aufnahme vonnbsp;Stellungselementen i- und w-ahnlicher Vocale bewirkten vonnbsp;AVichtigkeit, die man mit dem JSfamen der Palatalisirungnbsp;und Rundung zu bezeichnen pflegt. Ueber diese und einigenbsp;andere Erscheinungen soil im Folgenden noch etwas speciellernbsp;berichtet werden.

1. Palatalisirung.

Unter Palatalisirung (vulgo Mouillirung) ver-

482.

steht man die Veranderung, welche ein beliebiger Laut (oder eine Lautgruppe) durch Anpassung an die Mundarticulation einesnbsp;palatalen Vocals (speciell oft i oder *, s. unten) erfahrt, d. h.nbsp;durch eine dem Palatalvocal entsprechende dorsale Erhebungnbsp;der Vorderzunge (dazu gesellt sich bisweilen eine spaltfrmigenbsp;Erweiterung der Lippen, mogen diese geffnet oder geschlossennbsp;sein, vgl. 264).

483. Im Folgenden sollen nur solche Falie behandelt werden, bei denen es sich um eine durchgehende Palatalisirung

-ocr page 206-

186

484486. Palatalisirung.

handelt, und nicht nur um die blossen Ansatze zu Palatahsi-rungen, die bloss durch Gleithewegungen zur Palatalstellung hin (470] hervorgebracht werden. Aehnliches gilt auch von dernbsp;Rundung (unten 491 ff.).

484. nbsp;nbsp;nbsp;Als Beispiele palatalisirter Consonanten knnennbsp;namentlich die Consonanten vieler slavischen Sprachen vornbsp;(ursprnglichen) e, dienen, z. B. russ. mmh mnmo nikto,nbsp;poln. n, ; aus dem Gehiet der romanischen Sprachen fallennbsp;hierher das franz. gn (322), ital. gl, gn, span. U, w, portug.nbsp;Ik, nh (deren Palatalisirung ich frher falschlich bezweifelte,nbsp;vgl. Storm^ S. 76); unter den deutschenMundarten sind namentlich die siehenbrgischen reich an palatahsirten Lauten.

485. nbsp;nbsp;nbsp;Was die Einwirkung der Palatalisirung aufnbsp;die specifischen Articulationen der hetroffenen Lautenbsp;betrifft, so findet nach 475 bei Labialen eine Strung der-selben nicht statt, da hier die specifische Articulation durch dienbsp;Lippen, die Palatalisirung durch die Zunge ausgefhrt wird;nbsp;ein gleiches gilt Yon denPaucalen. Bei allen Zungengau-menlauten aher muss ein Compromiss zwischen den beidennbsp;sich kreuzenden Articulationen eintreten. Bei Lauten, derennbsp;Zungenarticulation der der palatalen Vocale contrar ist, in-volvirt derselhe oft geradezu eine Verlegung der Articulations-stelle. So sind z. B. die eigentlichen Velare (163) der Palatalisirung nicht direct fahig, weil bei ihnen die Hinterzunge sonbsp;nach hinten und ohen gezogen ist, dass die Vorderzunge dienbsp;erforderliche Palatalstellung nicht mehr einnehmen kann. Soilnbsp;also deutlich und ohne Gleithewegung wahrend der Dauer desnbsp;Lauts (470) palatalisirt werden, so wird die Articulationstellenbsp;selhst vom weichen zum harten Gaumen vorgeschoben, d. h. annbsp;die Stelle des eigentlichen Velars tritt ein Palatal (161). Vonnbsp;den sog. Dentalen widerstreben die Cerebral en und Ooronal-alveolaren einigermassen der Palatalisirung; dagegen sind dienbsp;Dorsalen ganz hesonders dafr geeignet (so namentlich auchnbsp;das dorsale helle l, 314). ehrigens ergeben sich die einzelnennbsp;Abweichungen der Articulation palatalisirter Consonanten vonnbsp;der der indifferenten leicht durch einfaches Probiren.

486. nbsp;nbsp;nbsp;Die Palatalisirung kann verschiedene Grade auf-weisen, je nach der Zungenhhe des die Palatalisirung bewir-kenden Vocals; je liher der Vocal, um so mehr wird auch dienbsp;dorsal gewlbte Zunge dem Gaumen genahert und um so deut-licher wird der Palatalklang. Die Anpassung an die i- odernbsp;GStellung erzeugt daher die starksten Grade von Palatalisirung.

-ocr page 207-

187

487. 488. Palatalisirung.

Nicht selten geht dabei die Palatalisirung ber die Zungenhbe des palatabsirenden Vocals noch hinaus (auch bei i selbst: sonbsp;ist z. B. die Zunge bei der Bildung des n in ung. nyilik, d. h.nbsp;nllih, dem Gaumen noch mehr genahert als fr das i erforder-licb ist).

487. nbsp;nbsp;nbsp;Ein palatalisirter Laut ist an sich ein ebenso ein-heitlicber Laut als jeder beliebige nicht palatalisirte (indifferente) Laut. Palatalisirte Dauerlaute lassen sich alsonbsp;bebebig lange aushalten, obne dass man die Palatalisirung auf-gibt oder in j {i) bergebt. Bei den zahlreichen auslautendennbsp;Hh, M, Ch des Russiscben oder den k, l, des Polnischen istnbsp;denn auch nicht die geringste Veranderung der Articulationnbsp;wahrend der Dauer des Lautes -wahrzunehmen. Ebensowenignbsp;ist etwa bei russ. poln. pi, ti, hi oder ii, di, gi von einem j (i)nbsp;zwischen dem Verschlusslaut und dem i die Bede (doch vgl. 489),nbsp;und doch unterscheiden sich die p, t, k\ b, d, g dieser Verbin-dungen ganz deutlich durch die Farbe ihres Explosionsgerau-sches Yon den indifferenten Parallelen in^a, ta, ha etc. Es istnbsp;also falsch, palatalisirte (oder mouillirte) Laute als Folgen vonnbsp;quot;Consonant-py (i)'zu definiren, wie das frher fters ge-schehen ist (so ist beispielsweise ital. bagno ba-no, nicht =nbsp;ban-io: man achte auch auf die verschiedene Silbentrennung!).

488. nbsp;nbsp;nbsp;Dagegen ist es richtig, dass sich specifische Gleit-laute von der Palatalstellung eines palatalisirten Lautes zu dernbsp;mehr indifferenten Stellung eines weniger oder gar nicht palatalen Vocals fr das Ohr mehr oder weniger bemerkbar machen,nbsp;und zwar um so mehi-, je grosser der Abstand zwischen Palatal-und Vocalstellung ist (aber auch selbst in Fallen wie dem obennbsp;486 erwahnten ung. nyilih). Ebenso kann auch der Uebergangnbsp;von einem weniger palatalen oder nicht palatalen Vocal zunbsp;einem palatalisirten Nachbarlaut den Eindruck hervorrufen,nbsp;als klinge diesem Folgelaut ein leises i vor, das sieh mit demnbsp;vorausgehenden Vocal diphthongisch verbinden kann. Aber dienbsp;genannten Gleitlaute gehren ebensowenig als integrirendenbsp;Bestandtheile zu dem palatalisirten Laute selbst wie beliebigenbsp;andere Gleitlaute zu den Stellungslauten, die sie verbinden. Esnbsp;ist also nochmals zu betonen, dass die eigentliche Palatalisirungnbsp;nur in der veranderten Articulationsstellung der betreffendennbsp;Laute besteht; alles Uebrige sind nur Begleiterscheinungen. nbsp;Dass daneben wirkliche Verbindungen von palatahsirten Consonanten mit folgendem oder vorausgehendem i (also einem

-ocr page 208-

188

489. Palatalisirung. 490. Velarisirung.

unsilbischen Stellungslaut von messbarer Dauer) vorkommen knnen, wird damit natrlich nicht geleugnet.

489. Charakteristisch ist fr alle palatalisirten Laute die Engenbildung zwischen der Vorderzunge und demnbsp;harten Gaumen. Sprachgeschichtlich gewinnt diese dadurchnbsp;eine besondere Bedeutung, dass sie bei Verschlusslautennbsp;auch als Schallerzeugerin aaltreten kann, und zwar geschiehtnbsp;dies um so eher, je grosser die Druckstarke und die exspirirtenbsp;Luftmenge ist. Wenn namlich der Uebergang vom Yerschlussnbsp;zum f eigenden Vocal nicht ganz schnell und mit Tollkommennbsp;genauer Begelung des Stromdrucks vorgenomnien wird, sonbsp;heftet sich an das Explosionsgerausch noch ein entsprechendesnbsp;Keibungsgerausch an, das nach stimmhaften Explosivlautennbsp;stimmhaft, nach stimmlosen stimmlos ist; man vgl. Worte wienbsp;russ. paTB = hrap, nart =p*aP oder lit. reJi fr reikia u. s. w.nbsp;Diese Reibungsgerausche ahneln wohl einem palatalen % (d. h.nbsp;dem stimmlosen Correspondenten unseres spirantischenj'), dochnbsp;sind sie keineswegs ohne Weiteres mit ihm identisch; vielmehrnbsp;richten sie sich nach der speciellen Stellung des betreffendennbsp;palatalisirten Lautes. In den angefhrten Beispielen ist dasnbsp;Gerausch bei k ein ganz anderes, weiter rckwarts gebildetesnbsp;als bei t, ausserdem haben die Gerausche meist starkere Engenbildung als die % und weichen vielfach nach der Seite palatali-sirter s- und s-Laute ab (z. B. im Poln. wird c aus altem undnbsp;russ. TB = lt;*, dz aus ab == d% Es ist hier sehr schwer einenbsp;Grenze zu ziehen, bei der einfacher palatalisirter Explosivlautnbsp;aufhrt und palatalisirte Affricata beginnt.

2. Velarisirung.

490. Der Palatalisirung entgegengesetzt ist die Velarisirung, d. h. die Zurckziehung des Zungenrckens nach dem weichen Gaumen oder der Rachenwand hin. Sie tritt im Ganzen seltener als eine deuthch ausgepragte Spracherscheinungnbsp;auf als die Palatalisirung. Am leichtesten ist sie bei Labialennbsp;durchzufhren. Bei mu kann z. B. die Zunge ohne Strung dernbsp;wArticulation schon wahrend der Dauer des m in der velarennbsp;M-Stellung stehn, oder bei mu wahrend der Dauer des m innbsp;diese hergefhrt werden. Bei Zungengaumenlauten ist da-gegen die Einmischung velarer Zungenstellung wieder nur durchnbsp;Oompromiss mglich (ygl. dazu etwa die Beispiele von 478).

-ocr page 209-

189

491494. Rundung (und Palatalisirung).

3. Rundung.

491. nbsp;nbsp;nbsp;Beim u und anderen gerundeten Vocalen ist die Thatig-keit der Lippen von grsserer Bedeutung als beim i, und dienbsp;Binwirkung soldier Vocale auf benachbarte Laute oder Laut-gruppen bestebt denn auch wesentlich in der Aufnabme dernbsp;Rundung (und Yorstlpung) der Lippen. Man kann dahernbsp;diesen Vorgang a potiori mit dem Namen Rundung bezeich-nen; Andere gebrauchen in gleichem Sinne aucb das Wortnbsp;Labialisirung (vgl. biigens 483).

492. nbsp;nbsp;nbsp;lm Ganzen verkalt sich die Rundung der Palatalisirung analog, auch was ihre Gradabstufungen anlangt. Weilnbsp;aber die Bngenbildungen an den Lippen hier nicht so betracht-lich sind, so kommen auffallendere Reibungsgerausche nichtnbsp;so leicht zu Stande, oder sie werden von uns nicht als besonderenbsp;Laute empfunden, zumal wir keine rein labialen Spirantennbsp;(ausser dem gewhnlich reducirt gesprochenen w) zu kennennbsp;pflegen. Doch vgl. man z. B. dan. liun^ pund, funge\ beinbsp;ihnen erfahrt der Hauch der anlautenden Aspirata deutlichnbsp;eine Modification durch die Reibung an den Lippenrandem.

Auch eine Verbindung von Rundung und Palatalisirung kommt oft vor als Bolge der Binwirkung gerundeter Palatalvocale wie , w, z. B. in dan. tyve^ pynte, kyst\ doch istnbsp;hier die Palatalisirung meist nicht sehr stark, weil solche Vocalenbsp;gerade den Sprachen fehlen, die sich (wie die slavischen) durchnbsp;starke Palatalisirung auszeichnen.

493. nbsp;nbsp;nbsp;Historisch betrachtet ist der Eintritt der Palatalisirung und Rundung in weitaus den meisten Ballen durch dienbsp;Nachfolge palataler und gerundeter Vocale bedingt gewesen,nbsp;weil wirkhch isolirt auslautende Verbindungen von solchennbsp;Vocalen -p Folgelaut nur selten verkamen, bei inlautendennbsp;Verbindungen der Art der unsilbische Folgelaut in der Regelnbsp;als Anlaut zur folgenden Silbe gezogen und damit dem Ein-flusse von deren Vocal unterworfen wurde. So treten dennnbsp;beide Erscheinungen nach einem Vocal erst verhaltnissmassignbsp;spat und vereinzelt auf. Einigermassen verbreitet sind fast nurnbsp;die TTebergange von Velaren nach einem i in Palatale (undnbsp;weiterhm in Affricaten; so z. B. altenglisch ich aus ags. ic, whichnbsp;aus hwylc fr hwi-lic u. dgl.).

494. nbsp;nbsp;nbsp;Bndlich ist, wie bereits angedeutet wurde, die pala-talisirende oder labialisirende Binwirkung eines Vocals nicht

-ocr page 210-

190 nbsp;nbsp;nbsp;495. Aufnahme anderer Articulationen. 496. Reduction.

auf einen einzigen ^achbarlaut beschrankt; vielmebr nebmen in der Regel alle dem betreffenden Vocal silbenanlautend vor-bergebenden (unsilbiscben) Spracblaute an der Palatalisirungnbsp;oder Rundung tbeil, ja selbst Laute, die andern Silben ange-bren, knnen davon ergriffen werden (Naheres fr das Russische s. z. B. bei Bhtbngk in den Mlanges russes 11, 26 ff.).

4. Aufnahme anderer Articulationen.

495. Ausser den Articulationen der Vocale knnen auch die von andern Spracblauten in ahnlicher Weise den Articulationen von Nachbarlauten einverleibt werden, wenn eine Combination der beiden Articulationen mglich ist. Dies geschiehtnbsp;namentlich oft bei der Verbindung von labialen und gutturalennbsp;Verscblusslauten (seltener Spiranten) mit l, wie pl, bl, [Jl], kl,nbsp;gl, ber die bereits 464 gebandelt ist. Die Verschlusslaute dernbsp;Vorderzunge entziehen sich einer solcben Combination natr-lich: an die Stelle derselben tritt die ebenfalls bereits be-sprocbene Verlegung der Explosionsstelle an die Seitenrandernbsp;der Zunge (462). Andere Falie der Art sind die Vorausnahmenbsp;einer r-Articulation (namentlich der eines ungerollten), ebenfalls nach labialen und velaren Verscblusslauten, also innbsp;Fallen wie pr, hr, hr, gr (im Engbschen wie mir scheint ganznbsp;gewbnbch). Vocale knnen in dieser Weise modificirt werdennbsp;durcb Hebung der Zungenspitze zur r-Stellung bin. Nachnbsp;Sweet S. 53 wird so z. B. das kentische ^retracted r in sparrownbsp;etc. dem vorausgehenden Vocal einverleibt, also {spair^} d. h.

V

spa, mit Mischung von a mit cerebralem r. Aucb das engl. re in pretty ist oft ein solcber Vocal mit r-Modification, aucb dienbsp;Verbindungen er, ir, ur in der amerikanischen Aussprache,nbsp;wenn nicht ich irre (vgl. oben 298). Natrlicb ist diese Be-zeichnung quot;a mit r-Modification a potiori gegeben; berwgenbsp;das r-Element, so ware vielmebr von r mit Vorausnahme dernbsp;'a-Stellung^ zu reden. Gleichzeitige Bildung eines n und pnbsp;ist 466 berhrt worden.

Cap. 24. Reduction.

496. Als Reductionen bezeichne ich zusammenfassend eine Reihe geschichtlich eintretender Veranderungen, welchenbsp;gewisse Spracblaute dergestalt erleiden knnen, dass sienbsp;wesentbche Eigenthmlichkeiten, die fr ihre Definition mit

-ocr page 211-

191

496499. Reduction.

massgebend waren, einbssen, nnd dadurch Modificationen erfahren, die in deni Lautsystem selbst noch nicht vorgesehennbsp;waren.

497. nbsp;nbsp;nbsp;Nicht alle Schwachungen, Krzungen etc. von Lauten werdennbsp;als Reduction bezeichnet; z. B. nicht die Kiirzung eines langen l zu kur-zem l, weil dem letzteren immer noch die Eigenschaften eines Dauerlautsnbsp;bleiben. Wir sprechen erst von einem reducirten l, wenn es die Eigenschaften eines Dauerlauts verliert, s. unten unter 2, von einem reducirtennbsp;s, wenn es die Haupteigenschaften eines Spiranten, d. h. das Reibungs-gerausch einbsst, u. dgl. mehr.

498. nbsp;nbsp;nbsp;Da es sich hierbei zunachst um geschichtliche Veran-derungen gegebener Lante handelt, so sollten die Reductionen,nbsp;streng genommen, erst in dem Abschnitt ber Lautwandel be-sprochen werden. Indessen liegen doch in den verschiedenstennbsp;Idiomen Aussprachsweisen vor, die wir bei historischer Betrach-tung zwar als reducirt' zn bezeichnen haben, die aber dochnbsp;immerhin auch ein empirisch gegebenes Material sind, dessennbsp;Verhaltniss zu den frher aufgestellten Normalformen bereitsnbsp;hier erlautert werden muss.

Bs kommen folgende Hauptformen der Reduction in Betracht:

1. Reduction des Reibungsgeranschs von Spiranten (Gerauschr eduction).

499. Diese Gerauschreduction kann auf zweierlei Weise ge-schehen, entweder duroh Erweiterung der Enge bei Beibehal-tung des Stromdrucks, oder durch Herabsetzung des letzteren unter Beibehaltung der Normalenge. Da beide Bormen in praxinbsp;schwer auseinander zu halten sind und das Resultat das gleichenbsp;ist, 80 bezeichnen wir beide durch untergesetztes Am ge-whnlichsten ist aber bei stimmlosen Spiranten die Reductionnbsp;durch Erweiterung der Enge. Aus ihnen entstehen auf diesenbsp;Weise Nebenformen, die einen mehr hauchartigen Charakternbsp;haben, indem das eigentliche spirantische Gerausch so gut wienbsp;ganz wegfallt. Man knnte diese Eormen wohl als modificirtenbsp;h bezeichnen; so ware also ein derart reducirtes s ein h mitnbsp;-Modification. Ein solches labiodentales habe ich von einemnbsp;Papua z. B. in der Aussprache des malaischen Zahlworts fudi 8nbsp;gehort. Ein postdentales O dieser Bildung ist das 329 bespro-chene chilenische d und das englische 6 in der nachlassigennbsp;Aussprache von I thinJc als I hink (Sweet S. 39); ein habe ich

-ocr page 212-

192

500. 601. Q-erausclireduction.

ebenfalls n chilenischen Spanisch gefunden, z. B. in esio, welches fast wie e^to klingt (nach Stormi g. 426 ist dies auchnbsp;die andalusische Aussprache). Bin starker supradentales s istnbsp;manchmal der 333 erwahnte irische Zischlaut fr vocalisches tnbsp;und das stimmlose englische r nach p, z. B. in pride^ crownbsp;(nach t ist das r wegen der starkeren Engenhildung deutlichernbsp;spirantisch, 284 f.). Auch das russ. x (343) gehort vielleichtnbsp;als X hierher.

A

500. nbsp;nbsp;nbsp;Aus stimmhaften Spiranten entwickeln sich innbsp;ahnlicher Weise sonore Nebenformen, da bei Wegfall desnbsp;Reibungsgerausches bloss die Stimme als Schallbildner brignbsp;bleibt. Hier ist noch schwerer zu unterscheiden, oh Brweiterungnbsp;der Enge, oder Herabsetzung des Stromdrucks durch Yollkom-menere Hemmung im Kehlkopf die Ursache der Reduction ist.nbsp;Die Reduction stimmhafter Spiranten ist aber viel haufiger alsnbsp;die stimmloser, vermuthlich weil beiihnen das Reibungsgerauschnbsp;an sich durch die Hemmung im Kehlkopf schwacher ist als dasnbsp;der stimmlosen; denn es lasst sich berhaupt heohachten, dass,nbsp;je schwacher das Reibungsgerausch eines Spiranten ist, um sonbsp;leichter und fter derselbe reducirt wird. So ist das mittel-deutsche labiale w wohl stets gerauschlos, also w, solange mannbsp;es auch aushalt. Ebenso leicht ist labiodentales zu bilden;nbsp;d ist im Englischen gewhnlich statt d (man vergl. des Con-trastes halber z. B. das deutlich spirantische neugriech. d), undnbsp;auch das gehauchte span. d ist wohl sicher als d anzusetzen.nbsp;Sehr verbreitet ist endlich j, z. B. als Yertreter des deutschen

A

uvularen r (307), auch als Sonant, z. B. in Formen wie Diener^ lieferte, Lieferung, oft gesprochen di-n^, ti-fy-P, l-fy-^wm

(das j im letzten Worte halb Sonant, halb Consonant). Selte-

K

ner sind reducirte s, s, offenhar weil diese unter allen Spiranten

die scharfsten Reibungsgerausche haben; ein Beispiel eines

dorsalen z ist das danische 'weiche d^, z. B. lade^ gade.

\

501. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist klar, dass man bei sohematischer Darstellung z. B. auchnbsp;die sonoren r, l, ja selbst Vocale wie i, u, als Reductionen spirantischernbsp;r, l,J, w auffassen kann (vgl. die Ausfhrungen von Hoffory ber dienbsp;sonoren l als unvollkommen gebildete Spiranten^, Zeitschr. f. vgl. Sprachf.nbsp;XXm, 537 ff. und Sweet S. 51). Die reducirte Spirans j fallt selbstver-

standlich mit dem Halbvooal i zusammen, da sie ja im quot;Wesentliohen nur durch den spirantischen Oharakter des j geschieden werden. Man kann

A

ebenso auch d, j etc., sobald sie silbisch gebraucht werden, unter die

-ocr page 213-

502.503. Gerausohreduction. 504. Stellungsreduction. 193

Vocale einrechnen, namentlich kommen die verschiedenen Modificationen der velaren und palatalen Spiranten den Yocalen sehr nahe und konnennbsp;durch nock starkere Erweitemng geradezu in diese iibergehn. Sweet S. 63nbsp;stellt nach Bells und eigenen Beobachtungen folgende Entsprechungs-tabelle auf (durch i bezeiohne ich seine innere, durch 3 die ausserenbsp;Yarietat. durch ^ die mittlere Normalarticulation);

gerundet

ungerundet

ee'- e' nbsp;nbsp;nbsp;|nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;o*nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;os'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;yK

Reducirtes d hat nach Sweet den Klang eines dentalen r-Yocals, z den eines stark vorgeschobenen e*, s den eines eben solchen mit einernbsp;Beimischung von r-Klang, etc.

502. nbsp;nbsp;nbsp;Ware es sicher, dass iiberall nur Engenerweiterung bei demnbsp;Yerlust der Reibegerausche im Spiele ware, so knnte man die reducirtennbsp;Spiranten wohl als iiberweit gebildet bezeichnen. In ahnlicher Weisenbsp;bemerkt Genetz, Einfiihr. 6 ff., dass man an jeder Articulationsstelle er-zeugen knne einen Yerschlusslaut, eine Spirans und einen Halbvocal;nbsp;unter den letzteren versteht er eben das, was wir oben als Spiranten mitnbsp;Gerauschreduction bezeichnet haben. Kach ihm fallen lapp. g?i (odernbsp;durchstrichenes g], it und finn. d hierher.

503. nbsp;nbsp;nbsp;Reduction der Gerausche von Yerschlusslauten im eigent-lichen Sinne konnen nicht stattfinden, da sonst der Charakter dieser Lautenbsp;als Yerschlusslaute verloren ginge. Doch findet sich bei den stimmhaftennbsp;Medien eine Erscheinung, welche der Gerauschreduction stimmhafternbsp;Spiranten durch starke Kehlkopf hemmung analog ist. Es kann namlichnbsp;der Stromdruck der Medien so herabgesetzt werden, dass gegenber dernbsp;gleichzeitig ertnenden Stimme der Einsatz oder Absatz des Yerschlussesnbsp;wenig zur Geltung kommt; man hort hauptsachlich nur den stimmhaftennbsp;Gleitlaut zur Media hin oder von ihr zum folgenden Laute. Dies ist dernbsp;Punkt, wo sich stimmhafte Spirans und stimmhafter Yerschlusslaut beriih-ren. Die Gleitlaute zu oder von ihnen sind ja so gut wie identisch, z. B.nbsp;bei postdentalem d oder d, oder g und g. Es kommt nur auf den kurzennbsp;Moment der Einhaltung der Stellung an. Wird die stimmhafte Spiransnbsp;zum Gleitlaut reduoirt (504 ff.) und kommt der Act des Yerschlusses undnbsp;der Oeffnung der Media nicht zu deutlioher Wahrnehmung, so bleibt esnbsp;oft zweifelhaft, oh in dem Culminationspunkt der Articulation nur einenbsp;starke Engenhildung oder eine vllige Beriihrung stattgefunden hat.

2. Reduction von Stellungslauten zu Gleitlauten (Stellungsreduction).

504. Diese trifft am liaufigsten unsilbische Sonorlaute YOr andern sonoren Lauten. Wir bezeichnen sie durch unter-gesetztes z. B. ua, la, ^-a, ma, na. Sie entsteht dadurch,nbsp;dass die Stimme erst in dem Moment einsetzt, wo der Ueber-gang zum folgenden Laut bereits beginnt, also bei ia, la z. B.

Sievers, Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;13

-ocr page 214-

194

505507. Stellungsreduotion.

erst dann, wenn sich die Zunge aus der specifischen i- oder ^-Stellung zu entfernen beginnt. Es entstehen dann nicht vollenbsp;I etc., sondern nur die Gleitlaute der Uebergangshewegungnbsp;von i, I zum folgenden Vocal, die man bei dauernder Aus-sprache von i, I berhrte, die aber jetzt, wo sie isolirt demnbsp;Vocal vorausgehn, deutlich vernommen werden und den Ein-druck eines dem Anfang der Uebergangslaute entsprechendennbsp;Lautes, also bier *, I hervorrufen.

505. nbsp;nbsp;nbsp;Mit den unsilbiscben Sonoren steben auf einer Stufenbsp;die durch Gerauschreduction entstandenen Nebenformen dernbsp;stimmhaften Spiranten (oben 500 ff.). Wir bezeicbnennbsp;deren zeitliche Reduction durch Verbindung der beiden Zei-chen , und zu So ist z. B. w die in Mitteldeutschland

iiblicbe Aussprache des anlautenden bilabialen w. Entsprechen-des labiodentales findet sich fter in Oberdeutschland und

s

der Schweiz, s. Winteler S. 30 f., auch wohl in Norddeutscb-land, aber z. B. wohl nicht im Anlaut des Englischen. Das japan, v scheint mir ebenfalls hierher zu geboren, es ist beson-ders scbwach und sehr weit gebildet. Als d fasse ich auch die

so oft besprocbene Aussprache des anlautenden engl. weichen f/i, bei deren Auffassung das ungeiibte Ohr leicht zwischennbsp;Spirans und Verschlusslaut schwankt. Das deutsche g fiirnbsp;uvulares r wird im Anlaut auch meist als j gesprochen.

506. nbsp;nbsp;nbsp;Sonore Gleitlaute knnen auch silbisch auftretennbsp;(Stimmgleitlaut, Sweets einfacher voice-glide). Derartignbsp;sind viele der unbetonten deutscben e, namentlich aber auchnbsp;oft die unbetonten englischen Vocale, z. B. das a von against^nbsp;das 0 und er von together. Hier tont die Stimme (bez. Murmel-stimme) wahrend des Uebergangs von der Ruhelage zum g., bez.nbsp;von dem t zum g u. s. w., eine bestimmte Vocalstellung wird garnbsp;nicht eingehalten, daher denn auch das entstehende Lautproductnbsp;keine besondere Verwandtschaft mit einem bestimmten Vocalnbsp;hat, am meisten ahnelt es noch dem oder ce (Sweet S. 66).nbsp;Wir bezeichnen diesen Laut im Anschluss an Sweets a (um-gekehrtes , fiir voice) durch a, d. h. unbestimmter Gleitvocal;nbsp;die specielle Qualitat wird durch die Hachbarschaft bestimmt.

507. nbsp;nbsp;nbsp;Auch Diphthonge knnen in ahnlicher Weisenbsp;reducirt werden, indem nur der Gleitlaut zwischen beidennbsp;Componenten erzeugt wird. Reducirte Diphthonge haben innbsp;Eolge dessen nur die Zeitdauer gewhnlicher kurzer Vocale.

-ocr page 215-

195

508 511. Stellungsreduction.

Sie treten oft in Folge von Accenfschwachungen statt 'langer Diphtlionge auf, aber sie erscheinen auch als 'kurze Diphthongenbsp;oder Brecbnngen an Stelle betonter kurzer Yocale, z. B. innbsp;den westfalischen Mundarten (wahrscheinlich geboren aucb dienbsp;ags. kurzen ea, eo, altn. ia, io hierber).

508. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist im Englisolien oft schwer zu unterscheiden, ob wirklichnbsp;uocb ein voice-glide als selbstandiger Laut gesproohen wird, also ob nichtnbsp;z. B, in together die Stimme erst mit oder naoh dem jf-Verschlnss einsetzt.nbsp;Auch im Deutschen schwankt die Aussprache zwischen Typen wie hatamannbsp;und hatman mit silbenbildendem m {= liatte man],

509. nbsp;nbsp;nbsp;Audi nacli andern Lauten erscheinen die Sonorlautenbsp;(sowohlursprngliche als durcb Gerauscbreduction entstandene)nbsp;oft als blosse Gleitlaute, vgl. z.B. was 411 iiber die Dipbtbongenbsp;bemerkt ist; ja man kann vielleicht geradezu bebaupten, dassnbsp;die gewbnlich als knrz bezeichneten sonoren Consonantennbsp;gewbnlich nur Gleitlaute sind, indem die eigentliche Stellungnbsp;fr den Consonanten gar nicht eine messbare Zeit hindurchnbsp;eingehalten wird. Die Grenze ist bier, wie Sweet S. 62 richtignbsp;bemerkt, sebr scbwer festzustellen.

510. nbsp;nbsp;nbsp;Ob dieBeduction zu Gleitlauten auch bei Gerausch-lauten, namentbch auch bei stimmlosen Spiranten vor-komme, ist scbwer auszumachen. Sweet bemerkt S. 63, dassnbsp;berhaupt anlautende Consonanten dazu neigen zu blossennbsp;Gleitlauten zu werden, z. B. auch sin sa, wo die Stellung frnbsp;den Consonanten auch nur momentan ist. Indessen ist hiernbsp;die Sachlage doch etwas abweichend, da man auf jeden Fallnbsp;ein spirantisches Gerausch von messbarer Lange hort. Ehernbsp;liesse sich von einer deuthchen Eeduction zu blossen Gleitlautennbsp;bei den Spiranten mit Gerauscbreduction reden.

511. nbsp;nbsp;nbsp;Die hier besprochenen Beductionen specifischernbsp;Articulationselemente sind nicht mit den in 470 ff. behandeltennbsp;Erscheinungen zu verwechseln, bei denen es sich im Princip zu-nachst nur um Gleitbewegungen handelt, die fr den betreffen-den Laut nicht specifisch sind. Beim deutschen zum blossennbsp;Gleitlaut reducirten m in ma, rne, rni etc. existirt eben berhaupt nur ein Gleitlaut von der m-Stellung zur Vocalstellungnbsp;hin, in dem 470 besprochenen mi wird dagegen das m alsnbsp;solches lautend ausgehalten und nur die fr das m an sich nichtnbsp;beschaftigte Zunge in Gleitbewegung versetzt. In den Oom-2)romissfallen von 475 etc. lassen sich dagegen eher Analogiennbsp;zu den hier in Bede stehenden Erscheinungen erblicken, in-sofern da durch die Gleitbewegungen auch specifische Elemente

13*

-ocr page 216-

196

512. 513. Stimmreduction.

der Articulationsstellung verandert werden. In der Regel drfte es sich. aber auch. bei diesen nicht um volle Reduction zumnbsp;blossen Gleitlaut handeln, sondem um zusammengesetzte Gebilde, die mit einem Stellungslaut anfangen und enden undnbsp;zwischen diesen beiden (brigens unter sich nahe verwandten)nbsp;Stellungsstcken ein berleitendes Gleitstck besitzen.

3. Reduction stimmhafter Laute zu stimmlosen (Stimmreduction).

512. nbsp;nbsp;nbsp;Da wir in dem oben vorgefhrten Lautsystem bereitsnbsp;eine besondere Gruppe stimmloser Laute neben den stimm-haften aufgestellt haben, so ware hier von einer Reductionnbsp;stimmhafter Laute zu stimmlosen nicht weiter zu reden, viel-mehr handelte es sich dabei um den Ilebergang aus einernbsp;Lautclasse in eine andere bereits im System vorgesehene. In-dessen lasst sich, wenn man die historischen Verhaltnissenbsp;zwischen gewissen stimmhaften und stimmlosen Lauten insnbsp;Auge fasst, doch nicht leugnen, dass der Verlust der Stimmenbsp;auch als eine Art Reduction betrachtet werden kann. Stattnbsp;dass namlich die Stimme wahrend der Einhaltung der specifi-schen Articulation eines Lautes erzeugt wrde, setzt sie erst mitnbsp;dem Moment ein, wo der Rckgang von der Articulationsstellung beginnt, oder sie setzt in dem Moment aus, wo diesenbsp;Stellung erreicht wird. Die Stimme ist dann nur in dem Gleitlaut verhanden, der entweder dem stimmlos gewordenen Consonanten folgt, oder ihm vorausgeht, oder heides. Steht garnbsp;kein stimmhafter Laut in der Nachbarschaft, so kann die Stimmenbsp;sogar ganz fortfallen. So ist z. B. der Uebergang von demnbsp;stimmlosen n in isl. hniga^ vatna stimmhaft, ebenso der Uebergang von e zu stimmlosen l in engl.felt, dagegen entbehrt dasnbsp;isl. stimmlose n in vatn ganzlich der Stimme. Wir wollen diesenbsp;Art der Reduction durch untergesetztes ^ bezeichnen. Sonbsp;vraren die stimmlosen Nasale, falls sie als Entwicklungspro-ducte stimmhafter Nasale gefasst werden, als m, w, ^ zu bezeichnen, stimmlose r als L r u. s. w.

513. nbsp;nbsp;nbsp;Wahrscheinlich sind, wenn wir den historischen Ver-lauf der Entwicklung betonen wollen, unter anderm auch dienbsp;stimmlosen Mediae durch Stimmreduction aus stimmhaftennbsp;hervorgegangen, wie unabhangig von einander Storm i S. 40 f.nbsp;und Hoffory, Zs. f. vgl. Sprachf. XXV, 419 i. erkannt haben

-ocr page 217-

197

514. Reduction der Druckstarke.

(doch hatte Hoffory, der sonst historischen Erwagungen keinen Einfluss auf die G-estaltung des Lautsystems einraumen wollte,nbsp;gerade den Ausdruck reducirte Medien' vermeiden miissen;nbsp;gerade von seinem absoluten Standpunkte aus diirfte er, da ernbsp;die stimmlosen Medien' als Nebenart der Medien, nicht dernbsp;Tenues anerkennt, die erstgenannten eben nur mit dem Namennbsp;stimmloser Medien' belegen). Diese Auffassung stimmt gutnbsp;zu der von Sweet, welcher die stimmlosen Mediae als Mediaenbsp;mit stimmbaftem Absatz (half-voiced stops, d. h. stops mitnbsp;voiced glide) bezeicbnet (vgl. 439). Eigenthiimlich ist diesennbsp;stimmlosen oder reducirten Medien, wie bereits fter bervor-gehoben, der geringere Stromdruck der stimmhaften Mediaenbsp;im Gegensatz zu den Tenues. Es ist eben keine andere Ver-iinderung eingetreten, als der Wegfall der Stinune wabrendnbsp;der Dauer des Verscblusses. Wenn sich also bier der Charak-ter des , d etc. als stimmloser Lenes durch ihren Ursprungnbsp;aus Reduction erklart, so darf man dieselbe Erklarung auchnbsp;vielleicht zum Tbeil auf stimmlose spirantische Lenesnbsp;anwenden. Es ergabe sich also folgende Reihe: z stimm-bafte Lenis (Lenis wegen der Hemmung im Kehlkopf, fallsnbsp;nicht eine besondere Verstarkung etwa dazutritt), z stimmlosenbsp;Lenis (durch Reduction), s stimmlose Eortis. Natrlicb ist da-mit nicht gesagt, dass nicht auch andere stimmlose Lenes durchnbsp;Verminderung des primaren Stromdrucks aus Fortes hervor-gegangen sein knnten.

514. Von einer Reduction der Druckstarke knnen wir nach der 496 gegebenen Definition des Begriffs der Reduction nicht wohl reden. Starkereduction ware gleicb Auf-hren des Drucks und damit der Lautbildung berhaupt. Uebernbsp;cbe Scbwankungen in der Druckstarke wird die Accentlehrenbsp;Naheres bringen.

-ocr page 218-

198

515517. Der Bau der Silbe im Allgemeineii.

II. Silbenbildung.

Cap. 25. Der Bau der Silbe im AUgemeinen.

(Drucksilben und Schallsilben. Die relative Scballflle der Silbenglieder.)

515. nbsp;nbsp;nbsp;Eine einheitliche genetische Definition des Begriffsnbsp;Silbelasst sich nicht geben. Vielmehr kann man zunachstnbsp;nnr nach der aknstischen Seite hin feststellen, dass das Ohrnbsp;des Hrers die zusammenhangende Rede subjectiv in gewissenbsp;Theilstcke zerlegt, d. h. in Schallmassen die es als in sich undnbsp;im Gegensatz zu andern ahnlichen Schallmassen relativ engernbsp;geschlossene Einheiten auf- und zusammenfasst, und dass diesenbsp;Theilstcke das sind was man als Silben zu bezeichnen pflegtnbsp;(vgl. 618 ff.).

516. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Zerlegung der Rede in Silben beruht darauf,nbsp;dass das Ohr gewisse Discontinuitaten in der Schall-starke der einzelnen Momente der Rede wahrnimmt und be-werthet. Speciell werden Minima der Schallstarke alsnbsp;silbenscheidend empfunden, d. h. das Ohr lasst allemal da einenbsp;Silbe zu Ende gehn und eine neue Silbe anheben, wo in zusam-menhangender Rede einDurchgang durch ein Minimum vonnbsp;Schallstarke stattfindet. Die Minima selbst knnen wieder ver-schiedener Art sein, namlich entweder absolute Minima odernbsp;Schallpausen, d. h. schalllose Momente vor dem Einsetzennbsp;eines neuen Schalies oder nach dem vlligen Verklingen einernbsp;abgelaufenen Schallmasse, oder relative Minima, d. h. Momente geringerer Schallstarke, die, bei fortlaufender Schall-bildung, durch Momente grsserer Schallstarke umrahmt sind.nbsp;Die trennende Wirkung absoluter und relativer Minima ist nurnbsp;dem Grade nach verschieden. Abgesehn davon werden relativenbsp;Minima ebenso constant als Trenner empfunden wie die absolu-ten. Schwankungen in der Auffassung knnen daher nur ent-stehen, wo es sich nur um sehr geringe Unterschiede dernbsp;Schallstarke handelt.

517. nbsp;nbsp;nbsp;Er das Verstandniss der Silbenbildung und -trennungnbsp;kommen daher in erster Linie die jeweiligen Abstufungen innbsp;der Schallstarke der verschiedenen Sprachlaute in Betracht,nbsp;aus denen sich die Rede zusammensetzt. Diese Abstufungen

-ocr page 219-

199

518. Der Bau der Silbe im Allgenieinen.

sind aber sehr verschiedener Art, je nach dem Grunde, welcher die einzelne Abstufung der Lautheit fr das Ohr hervorruft.nbsp;Danacb sind folgende Arten von Abstufungen zu unterscheiden.

1) nbsp;nbsp;nbsp;Primare oder willkiirliche Abstufungen. Diesenbsp;beruhenauf einemWechseldes Stromdrucks oder der Druck-starke, mit der die einzelnen Laute herrorgebracht werden,nbsp;und sind wiUkrlich, weil man ja jeden einzelnen Laut nachnbsp;Belieben lanter und leiser, d. h. mit grsserer oder geringerernbsp;Druckstarke, sprechen kann.

2] nbsp;nbsp;nbsp;Secundare oder unwillkrliclie Abstufungen.nbsp;Diese sind Yon der Druckstarke unabhangig und knnen dahernbsp;auch nicht wie diese nach freiem Belieben wecbseln. Sie sindnbsp;vielmebr fest an die specifische Art der Schallbildung des einzelnen Lautes gebunden und von dieser abhangig. Innerbalbnbsp;dieser Gruppe sind wieder zwei Richtungen der Abstufung zunbsp;unterscheiden;

a) nbsp;nbsp;nbsp;Abstufung nach der Scballart. Hier kommt na-mentlich der Gegensatz zwischen musikalischem Klang (bez.nbsp;Stimme) und blossem Gerausch (16) in Betracht. Im All-gemeinen wird namlich unter sonst gleichen Umstanden dienbsp;Stimme als schallstarker empfunden als die Gerausche stimm-loser Laute. Innerhalb der Gerausche gehen die Reibungs-gerausche den Explosivschallen vor, u. dgl. mehr.

b) nbsp;nbsp;nbsp;Abstufung nach dem Grad der Dampfung. Wienbsp;schonin 23 f. an gemerkt wurde, besitzen Hohlraume, also auchnbsp;das Ansatzrohr des menschlichen Sprachorgans, unter andermnbsp;auch die Fahigkeit, hindurchgeleitete Schalie bis zu einem ge-wissen Grade zu dampfen. Diese Fahigkeit stuft sich wiederumnbsp;wesentlich ab nach der Grosse der Ausflussffnung des Hohl-raums, hier also speciell meist nach der Grosse der Mund-ffnung. Daher sind z. B. Vocale mit weiterer Mundffnungnbsp;wie a bei gleichem Stromdruck schallstarker als solche wie e, onbsp;oder f, M, weil bei den letzteren durch die starkere Verengungnbsp;der Mundffnung ein Theil der primaren Stimmstarke auf demnbsp;Wege der Dampfung verloren geht.

518. Die primaren Abstufungen der Schallstarke nach 51, 1 kann man hiernach genauer als Abstufungen der Druckstarke bezeichnen, die beiden Unterarten der secundaren Abstufungen nach 517, 2 etwa als Abstufungen der Schallfllenbsp;zusammenfassen. Unter Schallstarke verstehn wir dann dasnbsp;Mass der absoluten Lautheit jedes einzelnen Sprachschalles im

-ocr page 220-

200

519. Der Bau der Silbe im Allgemeinen.

einzelnen Falie, und dies Mass ist wiederum in jedem Falie von zwei Factoren, der Druckstarke und der Schallflle, abhangig.nbsp;Diese beiden Factoren knnen selbstverstandlich entweder innbsp;gleichem oder entgegengesetzten Sinne wirken, d. h. man kannnbsp;ganz beliebig Laute Yon grosser Schallflle zugleich mit grosser,nbsp;Laute von geringerer Schallflle zugleich mit geringerer Druckstarke sprechen, ebenso gut aber auch Laute von geringerernbsp;Schallflle mit grosser Druckstarke und umgekehrt. Darausnbsp;folgt denn, dass sich die Wirkungen der beiden Factoren auchnbsp;bis zu einem gewissen Grade gegenseitig compensiren knnen,nbsp;d. h. dass z. B. ein weniger schallvoller Laut durch Anwendungnbsp;grsserer Druckstarke einem schallvolleren Laut mit geringerernbsp;Druckstarke mehr oder weniger gleichwerthig gemacht werdennbsp;kann. Im Ganzen aber berwiegt fr die Silbenbildung dernbsp;Einfluss der Schallflle den der Druckstarke dergestalt, dassnbsp;im Ganzen nur geringere Differenzen der Schallflle durchnbsp;entsprechende Variation der Druckstarke compensirt oderber-wunden werden knnen (s. 523. 539 f.).

Hinsichtlich des Einflusses der beiden Factoren auf die Silbenbildung im Einzelnen ist etwa Folgendes hervorzuheben.

519. Es ist bekannt, dass z. B. jeder isolirte Vocal, wenn er auch noch so kurz und abgebrochen hervorgestossen wird,nbsp;fr sich eine 'Silbequot; bildet. Man kann aber auch einen Vocal,nbsp;sagen wir a, so lange aushalten als der Athem reicht, ohne dassnbsp;das Mass einer Silbe berschritten wird. Dabei ist es gleich-gltig, ob man den Vocal von Anfang bis zu Ende mit gleicher

Druckstarke (~) aushalt (also a), oder ihn bei wechselnder Druckstarke gleichmassig anschwellen (a) oder allmahlich undnbsp;gleichmassig verkhngen (a) oder endhch ihn erst anschwellen

und dann wieder verkhngen lasst ( a ; vgl. 537). Bei dieser Behandlung der Druckstarke (d. h. den Typen ==,-=,==- undnbsp;o) findet, wie man sieht, da die Schallflle sich hier gleichnbsp;bleibt, innerhalb des Vocals kein Durchgang durch ein Minusnbsp;von Schallstarke statt, und daher wird der Vocal, so lang ernbsp;auch sein mag, als eine einheitliche Silbe aufgefasst. Sprichtnbsp;man dagegen einen Vocal wie a abwechselnd lanter und leiser,nbsp;d. h. so, dass man den Stromdruck abwechselnd verstarkt und

schwacht (also Typus ----------------), so zerfallt der ausge-

haltene Vocal in eine Reihe unterscheidbarer Abschnitte, die dem Ohr ebensogut den Eindruck verschiedener Silben machen,

-ocr page 221-

201

520. 521. Der Bau der Silbe im Allgemeiiieii.

wie etwa eine Reilie von a, die mit vollstandig getrennten Druckstssen (60) und jedesmaligem Aussetzen der Stimmenbsp;gebildet werden. Jede neue Verstarkung des Drucksnbsp;nach vorhergegangener Verminderung ruft den Ein-druck einer neuen Silbe hervor, und die Grenzen dernbsp;einzelnen Silben liegen allemal in den Momenten ge-ringster Druckstarke.

520. nbsp;nbsp;nbsp;Ebenso kann man auch einer aus verschiedenen Lautennbsp;zusammengesetzten Reihe, wie beispielsweise der Folge aianbsp;durch willkrliche Verschiebung der Druckstarke bis zu einemnbsp;gewissen Grade willkrlich verschiedene Silbenwerthenbsp;geben. Wie bereits 114 gezeigt wurde, kann man diese Gruppe,nbsp;und zwar auch ohne Aussetzen der Stimme, willkrlich entwedernbsp;in drei Silben zerlegen, a-i-a, oder in zwei, und in diesem letz-teren Fall entweder als ai-a sprechen, indem man das i mit demnbsp;ersten a zu dem lallenden Diphthong ai (412) verbindet, odernbsp;als a-ia, indem man das i als unsilbischen Anlaut zur feigendennbsp;Silbe zieht, oder endlich als ai-ia, indem man das i langer aus-halt, aber gleichzeitig auf beide Silben vertheilt. Diese Spal-tung des i geschieht ebenso wie ohen beim a, indem man inner-halb des i den Stromdruck zunachst schwmcht und dann wiedernbsp;wachsen lasst, sodass nun der erste Theil des i mit abnehmen-der, der zweite mit zunehmender Druckstarke (und damit auchnbsp;hier wieder Schallstarke berhaupt) gesprochen wird. Aehnlichnbsp;ist es bei ai-a und a-w. Im ersten Falie schwachen wir dienbsp;Druckstarke und damit die Stimme nach dem Schluss des inbsp;hin, im zweiten Falie nach dem Schluss des ersten a hin. Beimnbsp;dreisilbigen a-i-a aber schwachen und Terstarken wir zweimal,nbsp;zmschen a und i und wieder zwischen i und a. Die Grenzennbsp;liegen auch hier wieder berall in den Momenten schwachstennbsp;Druckes.

521. nbsp;nbsp;nbsp;In allen diesen Fallen wird also als ine Silbe em-pfunden, was mit einem selbstandigen und zugleichnbsp;continuirlichen Druckstoss hervorgebracht wird. Alsnbsp;continuirlich ist dabei nach 519 f. ein jeder Druckstoss zunbsp;betrachten, der nicht durch Abnahme und erneute Verstarkungnbsp;des Stromdrucks (bez. durch denDurchgang durch ein Druck-minimum) auch fr unser Gefhl in getrennte Theilstsse zer-legt wird (Weiteres dazu s. 537 ff. 580 ff.). Sofern nun weiter-hin diesergestalt das Mass einer Silbe durch die Exspirationnbsp;bez. durch die besondere Art der Druckregelung des arbei-tenden Luftstroms bedingt wird, kann man eine so begrenzte

-ocr page 222-

202

522. 523. Der Bau der Silbe im Allgemeinen.

Silbe als eine Exspirationssilbe (exspiratorische Silbe) oder krzer als Drucksilbe bezeiclmen.

522. nbsp;nbsp;nbsp;Der Satz, dass innerhalb der Silbe die Druckstarke imnbsp;Sinne von 521 continuirlich sein msse, lasst sich aber nicht dahinnbsp;umkehren, dass nun auch alles was mit continuirlicher Druckstarke gesprochen wird, fr das Ohr nur ine Silbe ausmache.nbsp;Die Lautfolge aia oder asa lasst sich z.B. auf keineWeise ein-silbig aussprechen, mag man die gleiche Druckstarke von An-fang bis zu Bnde durchfhien oder irgend eine andere Formnbsp;continuirlicher Regelung wahlen. An der Zahl der Elementenbsp;der Lautfolge liegt das nicht, denn Folgen wie ais oder ain,nbsp;ains (selbst ainst^ wenn man von der Explosion des t absieht)nbsp;lassen sich leicht einsilbig aussprechen. Der Grund liegt viel-mehr in dem Wechsel von Lauten verschiedener Schallfllenbsp;innerhalb der Folge. In asa bat das s als blosser Gerauschlautnbsp;wesentlich geringere Schallflle als die umrahmenden sonorennbsp;a (vgl. 517, 2, a), in aia ist die Schallstarke des i trotz gleichernbsp;Schallart durch Dampfung gegenber der der o stark vermindert, und dieser Contrast kann auch durch entsprechende Ver-anderung des Drucks nicht beseitigt werden (vgl. 518). Dahernbsp;ist denn auch die Schallstarke in den Folgen am, asa nichtnbsp;continuirlich in dem Sinne abgestuft wie wir oben 521 vonnbsp;continuirlicher Druckstarke sprachen. Vielmehr findet beinbsp;am, asa und ahnlichen Folgen auch ganz abgesehn von etwaigemnbsp;Wechsel der Druckstarke ein Durchgang durch ein Minusnbsp;von Schallstarke statt. Da es nun fr unsere Auffassungnbsp;gleichgltig ist, auf welche Weise eine Discontinuitat (516)nbsp;in die Schallstarke einer Lautmasse hineingebracht wird, sonbsp;versteht sich leicht, dass auch bei gleichbleibender oder sonstnbsp;continuirlicher Druckstarke der blosse Durchgang durchnbsp;Laute geringerer Schallflle den Eindruck der Mehr-silbigkeit eines Lautcomplexes hervorrufen kann. Neben dennbsp;oben charakterisirten Drucksilben sind demnach auch Silbennbsp;aufzustellen, deren Begrenzung von der Abstufung der natr-lichen Schallflle ihrer Elemente abhangt. Wir wollen diesenbsp;Silben im Unterschied von den Drucksilben mit dem Namennbsp;Schallsilben bezeichnen.

523. nbsp;nbsp;nbsp;Dass in der That wiederkehrende blosse Dampfung im Standenbsp;ist, einen Sprachschall von gleichbleibender Druckstarke in verschiedenenbsp;Silben zu zerlegen, kann ein sehr einfaches Experiment lehren: mannbsp;spreche anhaltend einen Vocal wie a mit mglichst gleichmiissigernbsp;Starke und schlage dabei mit der flachen Hand auf den Mund, dessen

-ocr page 223-

524526. Der Bau der Silbe und die Schallflle ilirer Glieder. 203

Ausflussffnung dadurcli bei jedem Schlag verengeld wird. Das Re-sultat ist: Verdumpfung und Dampfung des Klanges wahrend die Hand den Mund schliesst, und umgekebrt in den Momenten, wo die Hand siclinbsp;vom Munde entfernt. Der Gesammteffect kommt etwa der Silbenfolgenbsp;wawawa . . . gleich. Dass bei diesem Experiment der Vocal a aucb innbsp;qualitativ verschiedene Stcke zerfallt wird, verschlagt nicbts fr dienbsp;Hauptfrage.

534. Schallsilben und Drucksilben knnen sich begreiflicherweise decken, mssen es aber nicht, undnbsp;zwar knnen sowohl Lautfolgen, welche an sich eine Schallsilbenbsp;bilden knnen, exspiratqfisch in getrennte Silben zerlegt werden (vgl. z. B. zweisilbiges a-i mit dem Diphthongen ai) als uin-gekehrt Lautfolgen mit einheitlicherExspiration hervorgebrachtnbsp;werden, die nach der Abstufung der Schallflle in mehrerenbsp;Schallsilben zerfallen mssen (vgl. besonders Gap. 27). Fernernbsp;kann, wie schon 518 bemerkt wurde, die Abstufung der Druck-starke in der Silbe mit der Abstufung der Schallflle parallelnbsp;gehen (sodass der schallvollste Laut der Silbe zugleich mitnbsp;starkstem Stromdruck, und die weniger schallvollen Laute mitnbsp;entsprechend vermindertem Druck hervorgebracht werden) odernbsp;sie kann ihr entgegenwirken. lm Allgemeinen pflegt das ersterenbsp;der Fall zu sein.

525. nbsp;nbsp;nbsp;Schallsilben wie Exspirationssilben knnennbsp;sowohl einlautig als mehrl'autig sein. In der mehrlauti-gen Silbe aber muss nothwendig eine Abstufung der Schall-starke stattfinden, indem alle brigen Laute der Silbe einemnbsp;einzigen Laute untergeordnet werden. Dieser die Silbe beherr-schende Laut heisst der Sonant der Silbe (ist silbisch), dienbsp;brigen heissen die Consonanten der Silbe (sind unsilbisch,nbsp;vgl. 109 ff.). Fr diese Abstufung der Schallstarke innerhalbnbsp;der Silbe ist nach 518 in erster Linie die Schallflle der ein-zelnen Laute massgebend, erst in zweiter die Druckstarke.

Hieraus lassen sich bereits die wesentlichsten Gesetze fr den Bau der Einzelsilben ableiten.

526. nbsp;nbsp;nbsp;Die Fahigkeit, Sonant zu werden, hangt beinbsp;jedem Laute zunachst von seiner Schallflle ab. Beim Zusam-mentreien mehrerer Laute muss also jedesmal derjenige zuninbsp;Sonanten werden, welcher an und fr sich die grsste Schallflle hesitzt. Nur Laute, welche auf gleicher oder nahezunbsp;gleicher Stufe der Schallflle stehen, knnen neben einandernbsp;abwechselnd Sonanten oder Consonanten sein. In diesem Falienbsp;gibt die jeweilige Druckstarke statt der natrlichen Schallfllenbsp;den Ausschlag (518).

-ocr page 224-

204 527531. Der Bau der Silbe und die Sohallflle ihrer Glieder.

527. nbsp;nbsp;nbsp;Ein ahnliches Verhilltniss gilt fr die Consonantennbsp;unter einander; je naher dem Sonanten, um so grossernbsp;muss die Schallflle sein. Dalier ist die Eeihenfolge dernbsp;Lautarten, welclie einem Sonanten unsilbisch vorausgebennbsp;knnen, genau entgegengesetzt der Eeihenfolge der Lautarten,nbsp;welche dem Sonanten als Consonanten folgen knnen; nur sindnbsp;die Gesetze fr den Silbenauslaut strenger als die fr den Anlaut.

528. nbsp;nbsp;nbsp;Die Abstufungen der Schallflle sind lediglichnbsp;experimenten festzustellen. Dabei ergibt die Untersuchungnbsp;Eolgendes. Zunachst haben alle Dauerlaute (186) den Vorrangnbsp;vor den Explosiven. Innerhalb der Dauerlaute stuft sich dienbsp;Schallflle sodann einmal nach dem Grade ab, in -welchem dienbsp;Stimme zur Geltung kommt, sodann nach der Grosse der Aus-flussffnung. Es stehen also alle stimmhaften Dauerlautenbsp;den stimmlosen voraus, und unter ihnen die Sonoren dennbsp;stimmhaften Gerauschlauten.

529. nbsp;nbsp;nbsp;Unter den Sonoren wiederum nehmen die Vocalenbsp;den ersten Platz ein, und unter diesen das a, weil hier beinbsp;trichterfrmiger Gestalt des Ansatzrohrs die Stimme amnbsp;wenigsten einer Dampfung unterliegt. Die Schallflle nimmtnbsp;ab, je mehr der Mund geschlossen, d. h. je enger der Vocalnbsp;gebildet oder je starker er gerundet wird (Beispiele hierzu s. imnbsp;Einzelnen bereits 418 etc.).

530. nbsp;nbsp;nbsp;Nachst den Vocalen kommen die Liquiden undnbsp;Nasale. Sie sind einander fr die Silbenbildung gleichwerthig,nbsp;sobald einer der Laute Sonant, der andere Consonant sein soil,nbsp;d. h. man kann hier willkrlich durch Veranderung der Druck-starke Verbindungen wie mn^ mh, rl, Ir, ml, lm etc. hervor-bringen. Sollen aber zwei von diesen Lauten zugleich Consonanten sein, so scheint eine derartige Ueberwindung dernbsp;Schallflle durch die Druckstarke nicht mglich zu sein, undnbsp;zwar scheinen dabei die Liquiden allemal den Nasalen voraus-zustebn, d. h. es sind Silben wie mld, mra und alm, arm mglich, aber nicht wohl Ima, rmd oder dml, dmr.

531. nbsp;nbsp;nbsp;Vocale knnen vor Liquiden oder Nasalen nur ausnalimsweisenbsp;unsilbisch auftreten, namlich wenn sie besonders starke Verengungsgradenbsp;aufweisen, z. B. i oder stark gerundetes u u. dgl. (also il, ul, j^la, ula etc.).nbsp;Sie sind ausserdem dann wohl stets zu blossen Gleitlauten reducirt. Nachnbsp;Liquiden und Nasalen ist es uns noch schwerer, Vocale unsilbisch zunbsp;sprechen. Am besten gelingen noch Bildungen mit u (wie alu] einsilbig.nbsp;In allen solchen Fallen muss man die Druckstarke der Vocalequot; gewaltsamnbsp;herabsetzen.

-ocr page 225-

532534. Der Bau der Silbe uiid die Schallflle ibrer Glieder. 205

532. nbsp;nbsp;nbsp;Unter den Liquiden ist unsilbisches r scballvoller als unsilbi-sches l, daher wohl einsilbig drl, aber nicht lr. Fr den isolirten Silben-anlaut werden sowohl rl wie Ir vermieden. Die relative Schallflle dernbsp;Nasale unter einander scheint ziemlich gleich zu sein. lm Ganzen ist dernbsp;Zusammenstoss zweier unsilbischer Nasale innerhalb einer Silbe selten,nbsp;und es scheint dabei nicht sowohl auf ihre Stellung vor oder nach demnbsp;Sonanten anzukommen, als darauf, dass die Uebergangsbewegung vomnbsp;ersten auf den zweiten mglichst leicht auszufhren sei; so sprechen sichnbsp;mnd, nna leichter als mna etc., weil die leicht bewegliche Zungenspitzenbsp;rascher zum n einsetzen kann, als die Lippen zum m.

533. nbsp;nbsp;nbsp;Die sonoren Nebenformen stimmhafter Spiranten (500) stehennbsp;etwa auf gleicher Stufe mit den Liquiden, also j- parallel mit r etc.

534. nbsp;nbsp;nbsp;Unter den Gerauschlauten gehen, wie bemerkt, dienbsp;Spiranten den Explosivlauten vor. Es bilden also z. B.nbsp;tsa, psa einfache Schallsilben, ebenso auch in umgekehrternbsp;Folgeasi, asp, wenn man von der Explosion des Schluss-consonanten absieht. Bei den stimmlosen Explosiven verstekt sich dies von selbst, denn mit deren Pause wird der Null-punkt der Schallstarke erreicht, die Explosion selbst bringtnbsp;neuen Schall, stellt also eine Verstarkung der Schallstarke dar.nbsp;Ebenso verkalt es sich aber auch mit den stimmhaften Explosi-ven. Bei ihnen ist die Stimme in dem Moment vor der Explosion am meisten herabgesetzt (435), mit der Explosion setztnbsp;sie wieder voller ein, also haken wir auch bei ihnen nothwendignbsp;eine Discontinuitat der Schallstarke. 1st die Explosion selbstnbsp;bei einem mit Stimme eingesetzten Verschlusslaut stimmlos, wienbsp;haufig im Auslaut, so verstekt sich wiederum der Bruch dernbsp;Silbe in dem Momente, wo die Stimme aussetzt, von selbst.nbsp;Kommen also irgendwie Verschlusslaute ins Spiel, so kannnbsp;die Schallsilbe streng genommen hchstens von dernbsp;Explosion des dem Sonanten zunachst vorangehendennbsp;bis zum Verschluss des zunachst f eigenden Verschluss-lauts dauern. Noch weniger sind streng genommen Yerbin-dungen zweier Verschlusslaute im Silbenanlaut oder -auslautnbsp;mghch, ebensowenig wie Verbindungen von Spirans Verschlusslaut im Silbenanlaut oder die umgekehrte Reihenfolgenbsp;im Silbenauslaut. Wenn wir trotzdem ptd, ktd, dpt^ did, spd,nbsp;std, dps, dts, ja selbst dtst, dtst, stsd, dsts, zumal beirascherernbsp;Sprechweise, als einfache Silben betrachten, so ignoriren wirnbsp;einfach die Existenz der hier von den anlautenden oder aus-lautenden Consonantverbindungen gebildeten kleinen quot;Neben-silben, wegen der geringen Schallflle der hier auftretendennbsp;stimmlosen Gerauschlaute, denen gegenber die Hauptsilbe mit

-ocr page 226-

206 535. 536. Bau der Silbe etc. 537. Druokstarke der Silbenglieder.

ihrem klangvollen Sonanten durchaus dominirt. Exspirato-risch knnen diese Grruppen von Schallsilben natrlich sehr wohl einheitlich sein.

535. nbsp;nbsp;nbsp;Wie viel wir von solchen Nebensilben als Begleiternbsp;der eigentlichen Hauptsilbe dulden, hangt sehr von der Gle-wohnheit ab, namentlich entscheidet wieder die grssere odernbsp;geringere Leichtigkeit in der Aufeinanderfolge der Uebergangs-bewegungen. Leicht geduldet werden z. B. Verbindungen,nbsp;deren zweites Glied ein Dental ist, wie/)t, hta, apt, akt, wah-rend tpa, tkd, dtp, dtk auffallen. Von auslautenden Verbin-dungen von Explosivlaut Spirans erscheinen die Affricatennbsp;natrlich am leicht^sten. Stimmhafte Gerauschlaute eignennbsp;sich wegen ihrer grosseren Schallflle noch weniger; man vgl.nbsp;z. B. zhd, dbz mit spa, dps Vl. dgl. Ausfhrliche Verzeich-nisse von mglichen oder besser gesagt blichen Oombinationennbsp;fr Silbenanlaut und -auslaut s. z. B. bei Merkel, Laletiknbsp;266. 274.

536. nbsp;nbsp;nbsp;Derartige oomplicirte Silbenanlaute und -aualaute erscheinennbsp;brigens grossentheils erst in moderneren Sprachperioden durch Aus-stossung von Sonanten (Vocalen) u. dgl., welclie ihrerseits die Folge dernbsp;energischeren Concentration des ganzen Wortgewichts in der einen Ton-silbe zu sein pflegt. Je starker aber diese hervortritt, um so eher knnennbsp;jene schwach acoentuirten Anhangsel angefgt werden, ohne den einheit-lichen Eindruck des Ganzen zu storen. Fr die Spraohgeschichtenbsp;bleibt zu erwagen, ob vielleicht die Umstellungen von ursprnglichem sknbsp;zu ksh im Sanskrit, zu 5 im Griechischen oder von zu grieoh. \p, odernbsp;auch der Vorsohlag eines Vocals vor anlautendeni s consonant (s im-pura) in den romanischen Sprachen etc. mit diesen Silbenanlautsgesetzennbsp;in Beziehung stehn, u. dgl. mehr.

Cap. 26. Die relative Druckstiirke der Silbenglieder.

537. Innerhalb des einzelnen Druckstosses bez. der mit einem solchen hervorgebrachten Drucksilbe bleibt die Druck-starke in der Regel nicht von Anfang bis zu Ende gleich, son-dern unterliegt einer gewissen, mehr oder weniger natrlichennbsp;Abstufung (naheres s. Gap. 29). Die Exspiration beginnt ent-weder mit einem pltzlichen Stoss, oder sie setzt schwacher einnbsp;und schwillt continuirlich an bis sie den Hhepunkt ihresnbsp;Drucks erreicht. Auf diesem kann sie eine Zeit lang verharren.nbsp;Nach dem Schluss des Druckstosses hin nimmt die Druckstiirkenbsp;wieder ab, und zwar sinkt sie hier in der Regel allmahlich, danbsp;die Thatigkeit der Exspirationsmusculatur nur schwer so rasch

-ocr page 227-

207

538540. Die relative Druokstarke der Silbenglieder.

imd vollstandig gehemmt werden kann, dass ein jenem Ein-gangsstoss an Pltzlichkeit entsprechendes Ende der Exspira-tion erzielt wird. Der einzelne Exspirationsstoss hat demnach gewohnlich entweder nur einen deutlichen Decrescendo-Ausgang oder zugleich einen deutlichen Crescendo-Eingangnbsp;und Decrescendo-Ausgang, zeigt also entweder die Formnbsp;(=;)3- oder -=(=)=-, wobei = die Zeit andeuten moge, wah-rend welcher der Druck eventuell gleich hleibt (vgl. 519).

538. nbsp;nbsp;nbsp;Die Drucksilbe umf asst biernacb in der Kegelnbsp;Momente verschiedener Druckstarke, und diesen ent-sprecben lediglicb daraus resultirende (und also von der Schall-fiille unabhangige) Abstufungen in der Schallstarke der Sprach-laute, welcbe wahrend dieser Momente gebildet werden. Wirnbsp;knnen diese Starkeabstufungen der Laute einer Drucksilbe alsnbsp;die relative Druckstarke der Silbenglieder bezeichnen.

539. nbsp;nbsp;nbsp;Betrachten wir das Verbaltniss der einzelnen Silbenglieder zu der wechselnden Druckstarke der Silbe, so ergibtnbsp;sich, dass in der Regel der Sonant der Silbe den Momentnbsp;grssten Drucks in sich schliesst oder dass er doch mindestensnbsp;an diesem starksten Druckgrad der Silbe participirt, dass ernbsp;also, auch abgesehn von der Frage der Schallfiille, die grsstenbsp;relative Druckstarke besitzt, und dass umgekehrt die ihn be-gleitenden Consonanten auch an Druckstarke hinter ihm zuriick-zustehn pflegen. Bei Verbindungen von Lauten gleicher odernbsp;nahezu gleicher Schallfiille hangt es daher wesentlich von dernbsp;relativen Druckstarke ab, ob der eine oder der andere Sonantnbsp;bez. Consonant der Silbe wird. Das lasst sich namentlich leichtnbsp;an den Verbindungen zweier Vocale illustriren. Uns geiten

z. B. ui, iu, d. h. starkes u schwacheres i bez. starkes i schwacheres u als 'fallende Diphthonge^, aber ui, iu mit umge-kehrtem Starkeverhaltniss als 'steigende Diphthonge^ (4^12),nbsp;d. h. im ersten Falie ist das erste Grlied silbisch, das zweitenbsp;unsilbisch, im zweiten Falie ist bei gleicher Lautfolge das erstenbsp;Glied unsilbisch, weil es die geringere Druckstarke hat.

540. nbsp;nbsp;nbsp;Nicht alle Lautfolgen lassen sich (vgl. 518) so ohne Weiteres

umkehren wie die eben angefhrten. Folgeii wie al, la klingen uns gut einsilbig, weil die Abstufung der Druckstarke der Abstufung der Schall-

flle parallel geht; al, la dagegen fassen wir eher als zweisilbig auf, weil die Schallfiille des a die des I so iiberwiegt, dass es trotz seiner gerin-geren Druckstarke neben dem starkeren \ als silbisch empfunden wird.nbsp;Eher noch knnen G-ruppen wie as, welohe einen stimmlosen Laut an

-ocr page 228-

208

541546. Die relative Druckstarke der Silbenglieder.

zweiter Stelle haben, fiir einsilbig geiten; das s mag bier grssere Druok-starke haben als das a, aber seine Schallfulle ist wegen seiner Stimm-losigkeit dock so gering, dass wir es nicht als silbisch empfinden, sondern dem fit die Stelle des Sonanten einraumen. Uebrigens sind alle solche Falienbsp;in der empirischen Spraohe sehr ungewohnlich, im Allgemeinen gehen dienbsp;Abstufungen der Druckstarke und der Schallflle zusammen (524).

541. nbsp;nbsp;nbsp;Die wechselnde Druckstarke der Drucksilbe wirktnbsp;jedoch nicht nur auf das Verbaltniss der einzelnen Silbengliedernbsp;unter einander ein, sondern auch auf die Bildung der Ein-zellaute selbst, insofern ein jeder Einzellaut enWeder mitnbsp;gleichmassiger oder zunehmender oder abnehmendernbsp;Starke hervorgebracht werden kann, oder mit Combinationen

dieser drei Grundformen, die wir nach Sweet mit a, a, a be-zeichnen wollen.

542. nbsp;nbsp;nbsp;Am deutlichsten sind diese Abstufungen beim Flstem wahr-zunehmen, weil man dadurch die storenden Einwirkungen etwaiger Ton-hhenanderungen entfernt (Sweet S. 68).

543. nbsp;nbsp;nbsp;Steht ein Laut wie a am Ende einer Silbe, so wird er nach demnbsp;zu Eingang Bemerkten stets einen, wenn auch noch so kurzen Decrescendo-

Abschluss haben, also a ; folgt aber ein anderer Laut, so kann natiirlioh

auch ein reines a gebildet werden.

544. nbsp;nbsp;nbsp;Die Consonanten vor dem Sonanten der Silbe

werden in der Hegel crescendo gebildet, die nach dem Sonan-

lt; gt; lt; gt;

ten decrescendo, also z. B. na, an, nan. Bei den Sonanten herrscht Decrescendo vor, und zwar um so mehr, je langer dernbsp;Sonant ist (man vergleiche z. B. die Starke der t in satt undnbsp;Saat, welche sich nach derjenigen des Ausgangs des a richtet

(445 etc.). Doch hort man auch bisweilen a, z. B. wie Sweet bemerkt in der freudiges Erstaunen ausdriickenden Interjection ahl, welche als a oder a zu bezeichnen ist (wienbsp;namentlich die Fliisterprobe deutlich zeigt).

545. nbsp;nbsp;nbsp;Fiir den einheitlichen Oharakter der Drucksilbe ist,nbsp;wie bereits 521 u. . angedeutet wurde, Continuitat der

Druckstarke massgebend, d. h. sowohl a wie a, a, a und a rufen den Eindruck der Einheit hervor, aber a oder

a (genauer a etc.) u. dgl. klingen zweitheilig, auch wenn nicht die geringste Pause zwischen den beiden Theilen liegtnbsp;(Sweet S. 59).

-ocr page 229-

209

546549. Schall- und Drucljgrenzen der Silten.

Cap. 27. Die Silbentreiinung.

546. nbsp;nbsp;nbsp;Flir die Silbentrennuiig existirt ebensowenig ein ein-lieitliches Princip wie fr die Silbenbildung, vielmehr sind wienbsp;dort Schallsilben und (Exspirations- oder) Drucksilben, so hiernbsp;Schallgrenzen und (Exspirationsgrenzen oder) Druck-grenzen zu unterscheiden.

547. nbsp;nbsp;nbsp;Der Name Sohallgrenze ist lediglich im Anschluss an dennbsp;Namen Schallsilbe gewahlt und soil demnach nur diejenigen noth-wendigen Silbengrenzen bezeichnen, welche von der Abstufung dernbsp;natrlicben Schallflle abhangen, nicht aber auch die auf willkrlichernbsp;Herabsetzung der Schallstarke durch Minderung des Stromdrncks be-ruhenden.

548. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Schallgrenze ist nothwendigerweise ber-all da verhanden, wo bei continuirlicher Druckstarke ein Durch-gang durch einen Laut geringerer Schallflle stattfindet, Laut-folgen wie aia, ala etc. sind, wie 522 gezeigt wurde, stetsnbsp;mindestens zweisilbig, auch wenn keine Discontinuitat dernbsp;Druckstarke besteht; die Glrenze liegt hier in dem wenigernbsp;schallvollen Durchgangslaut i bez. l. Wir bezeichnen dienbsp;Schallgrenze durch ein Spaltungszeichen her dem betreffen-

den Laut, also am, ala] die Druckgrenze deuten wir durch-zwischen den Silben an.

549. nbsp;nbsp;nbsp;Im Allgemeinen werden blosse Schallgrenzen, wienbsp;es scheint, nur da angewandt, wo nur ein Consonant zwischennbsp;zwei Sonanten steht, deren erster stark betont und kurz ist.nbsp;So sprechen wir im Buhnendeutschen z. B. zweisilbige Wrternbsp;mit kurzem Vocal in der ersten Silbe und einfachem, starkemnbsp;Consonanten dahinter, also etwa Wrter wie/se, Kammer,nbsp;alle] ebenso im Englischen, vgl. etwa hissing^ hammer, hilly.nbsp;Hier liegt zweifelsohne die Silbengrenze in dem Consonanten,nbsp;aber derselbe scheint trotzdem gleichmassig zu beidennbsp;Silben zu gehren, well innerhalb desselben keine Discontinuitat der Druckstarke eintritt. Diese Wrter sind demnach

. nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Inbsp;nbsp;nbsp;nbsp;!nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^

bei genauerer Transscription als fas^, kam?r, aP u. s. w. zu bezeichnen. Sie sind exspiratorisch einsilbig, enthalten aber zwei Schallsilben. Diese Art der Verbindung zweiernbsp;Silben wird meist nur mit grosser Mhe von denen erlernt,nbsp;welche an exspiratorische Trennung aller Nachbarsilben ge-wohnt sind. Der Bomane, Slave, Grieche etc. wird z. B. stetsnbsp;geneigt sein, in solchen Fallen vor oder in dem Consonanten

Sie ver 8, Phonetilj. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;24

-ocr page 230-

210

550552. Druckgrenze vor, nach und im Consonanten.

eine Druckgrenze anzubringen, also entwederka-mer, a-Ie abzutheilen oder zu geminiren (s. 555 ff.).

550. Die (exspiratorische) Sbentrennung durcli Druck-grenzen ist, im Gegensatz zu der Silbentrennung durch Schali-grenzen, frei, d. h. nicht an bestimmte Lautfolgen gebunden.nbsp;und wahrend die selbstandige Schallgrenze stets innerhalbnbsp;des Durchgangslautes geringster Scliallflle liegt, kann einenbsp;Druckgrenze je nach Belieben yor, nach oder in dem (odernbsp;einem) Consonanten angebracht werden, der zwischen den beiden benachbarten Sonanten steht.

a. Druckgrenze vor und nach dem Consonanten.

551. nbsp;nbsp;nbsp;Wenn nur in Consonant oder eine (nach 527) imnbsp;Silbenanlaut mgliche Consonantgruppe (z. B. Muta cumnbsp;Liquida) die Nachbarconsonanten trennt, so wird in vielennbsp;Sprachen der Consonant exspiratorisch regelmassig zur zwei-ten Silbe gezogen, z. B. im Franzsischen, Spanischen, Neu-griechischen und den slavischen Sprachen, auch mehr odernbsp;weniger in manchen deutschen, speciell schweizerischen Mund-arten. Im Bhnendeutschen, im Englischen etc. geschieht diesnbsp;dagegen meist nur in zwei Fallen, namlich beim Uebergang vonnbsp;einer schwacheren auf eine starkere Silbe [be-fln-den, ge-la-den,nbsp;engl. a-lone, a-ppear etc.), oder, bei umgekehrtem Verhaltnissnbsp;der Starke nach langem Vocal: bo-te, ha-he, see-le, lose, engl.nbsp;ha-ting, losing, sea-ling etc. Ebenso spricht aber der Schweizernbsp;auch lse, g'-be u. dgh, der Spanier cd-za, U-tra, der Bussenbsp;vb-du, u-gol, gb-rod etc. Den Deutschen und Englandern wirdnbsp;die Erlernung dieser Art der Silbentrennung nach kurzemnbsp;Vocal meist sehr schwer, da sie die Neigung haben, in solchennbsp;Fallen entweder gar keine Druckgrenze eintreten zu lassen, wie

oben 549 ausgefiihrt ist, sondern Us\ gh^, cdza, gbrod etc. (mit Verscharfung des Consonanten, vgl. 560) zu sprechen, odernbsp;aber, bei Consonantgruppen, in der Mitte abzutheilen, alsonbsp;lei-ra u. s. w.

552. nbsp;nbsp;nbsp;Seltener findet sich bei einfachem Trennungs-consonanten die Druckgrenze nach demselben. Doch ziehennbsp;wir z. B. im Deutschen einen einfachen Consonanten fter danbsp;allein zur vorausgehenden Silbe, wo wir consonantisch aus-gehende Endsilben mit vocahsch anlautenden Folgesilben com-biniren, z. B. war-er, hat-er u. dgl. Die beiden Satze hat r'snbsp;gethan? und hat drs gethanf unterscheiden wir z. B. so oft

-ocr page 231-

211

553555. Druckgrenze vor, nacli und im Consonanten.

als hat-ers .., und ha-trs .. . (daneben haben wir auch nocli

eventuell haters .. . fr hat er's gethdnf mit Nachdruck allein auf gethan). Doch verschiebt sich auch oft, ja meist, die Silben-grenze in gelaufiger Rede, sobald die strenge begriffliche Schei-dung der einzelnen Worte ignorirt wird, und es treten die all-gemeinen Trennungsregeln in Kraft.

553. nbsp;nbsp;nbsp;Stehen mehrere Consonanten, dienach 527 nichtnbsp;einen Silbenanlaut bilden knnen, zwischen zwei Sonanten, sonbsp;liegt die Druckgrenze in der Regel zwischen zwei von den Consonanten, also z. B. in hal-nie, ach-te zwischen dem l und mnbsp;bez. ch und t. Dass wur es auch hier nicht mit einer blossennbsp;Schallgrenze zu thun haben, folgt schon daraus, dass das mnbsp;bez. der Verschluss des t mit den vorausgehenden Lauten zunbsp;einer Silbe verbunden werden knnen, halm^ acht (ohne dienbsp;Explosion des t). Eine Schallgrenze hatte bei continuirlichernbsp;Exspiration erst in dem m und nach dem Verschluss des tnbsp;eintreten mssen, da aber in unserem Falie die Silbengrenzenbsp;deutlich vor dem m, t liegt, so kann es sich eben nur um einenbsp;willkrliche Druckgrenze handeln.

554. nbsp;nbsp;nbsp;Wie viele Consonanten bei grosseren Druppen zurnbsp;vorausgehenden und wie viele zur folgenden Silbe zu ziehennbsp;seien, dariiber lassen sich bestimmte Regeln nicht aufstellen.nbsp;Die Gewohnheiten der einzelnen Sprachen weichen hier starknbsp;von einander ab.

b. Druckgrenze im Consonanten.

555. Dies ist der Fall bei der sogenannten Gemination. nbsp;Um den Begriff der Gemination richtig feststellen zu knnen,nbsp;mssen wir zunachst daran erinnern, dass die Mehrzahl dernbsp;deutschen Mundarten die durch Verdoppelung des Zei-chens ausgedrckten Laute nicht melir als Geminaten,nbsp;sondern als einfache und kurze Fortes ausspricht:nbsp;Amme, alle, Wasset', hoffe, HacJce, Knuppel, gesprochen

um% aP, wasr u. s. f. (vgl. oben). Ebenso kennen das Englische ausser bei der Composition, das Franzsische ausser bei gelehr-ten Wrtern (wie grammaire etc.), sowie die slavischen Sprachennbsp;im Allgemeinen keine Gemination mehr. Dagegen sind z. B.nbsp;das Italienische, auf germanischem Boden das Schwedische, dasnbsp;Deutsch der baltischen Provinzen, sowie einige Schweizermund-arten, von nicht-indogermanischen Sprachen das Magyarische

14*

-ocr page 232-

212 nbsp;nbsp;nbsp;556659. Druokgrenze im Consonanten (Gemination).

und sammtliche finnische Sprachen reich an echten Geminaten (man vergleiche zur Orientirung etwa ital. anno^ halla^ basso,nbsp;atto, occhio, ebbe, faccia, legge, pozzo, mezzo, heachte aber,nbsp;dass gerade auch im Italienischen die Silbengrenze sich vielfachnbsp;bereits zu yerschieben beginnt, d. h, dass man anfangt z. B.nbsp;a-io statt at-to zu sprechen],

556. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist nun ebenso deutlich, dass das Ohr hier wirk-lich zwei getrennte Laute (einen am Schlusse der ersten, einennbsp;am Anfang der zweiten Silbe) zu vernehmen glaubt, als dassnbsp;eine eigentliche Doppelsetzung (d. h. doppelte Einsetzung) desnbsp;betreffenden Consonanten nicht stattfindet. Das letztere zeigennbsp;am deutlichsten die Verschlusslaute (und Affricatae), bei denennbsp;zwischen den beiden Silben eine Oeffnung des Verschlussesnbsp;nicht eintritt. Der Name Gemination bezieht sich vielmehrnbsp;nur auf jenen Doppeleindruck, den das Ohr empfangt, undnbsp;dieser wird eben dadurch hervorgerufen, dass in den Consonanten hinein eine Druckgrenze gelegt wird.

557. nbsp;nbsp;nbsp;Am deutlichsten ist dies zu beobachten bei stimm-haften Dauerlauten, namentlich Sonoren. In Lautfolgennbsp;wie ai-ia, au-ua, an-na wird z. B. die erste Half te des i, u, nnbsp;mit dem Schlusse des Exspirationsstosses der ersten Silbenbsp;decrescendo gebildet, bis das Minimum des Druckes erreichtnbsp;ist, die zweite Halfte crescendo mit dem Eingang des zweitennbsp;Exspirationsstosses, bis die Stimme in dem zweiten Sonantennbsp;wieder bei ihrer vollen Starke anlangt. Der Consonant zerfalltnbsp;dabei deutlich in zwei Halften, deren erste exspiratorisch zurnbsp;ersten und deren zweite exspiratorisch zur zweiten Silbe gehort.

Solche Grappen sind also als ai-ia, an-na zu bezeichnen; sie

sind ebenso deutlich von Gruppen wie aia, ana wie von a-ia, a-na geschieden.

558. nbsp;nbsp;nbsp;Ebenso verhalt es sich bei stimmlosen Dauerlauten, also bei Folgen wie as-sa u. dgl., nur ist hier dasnbsp;Decrescendo-crescendo etwas schwieriger zu beobachten, weilnbsp;es sich nur an dem Gerausch der Spirans geltend macht.

559. nbsp;nbsp;nbsp;Bei Verschlusslauten fallt die Druckgrenze in dienbsp;Zeit zwischen Verschluss und Explosion. Das Decrescendo-crescendo der Geminata lasst sich demnach nur bei den stimm-haften Verschlusslauten direct horen, bei denen der Blahlautnbsp;die Dauer der Verschlussstellung ausfllt. Bei den geminirten

-ocr page 233-

213

560. Druokgrenze im Consonanten (Gremination).

stimmlosen Yerschlusslauten dagegen kami man den Eruch in der Exspiration nur fhlen oder durch einen empfindlichennbsp;Druckmesser demonstriren. Doch ist der Klang auch dernbsp;stimmlosen geminirten Verschlusslaute hei etwas genaueremnbsp;Aufmerken von dem der nicht geminirten zu unterscheiden.

Bei einer Lautfolge wie apa ohne Druckgrenze dominirt der Verschlussact (genauer gesagt der Gleitlaut zur Verschluss-stellung hin) her den Oeffnungsact (den Explosionsknall), weilnbsp;er mit starkerem Druck gebildet wird. Der Verschlusslant wirktnbsp;also hier vorzugsweise durch Verschlussact und hat daher frnbsp;das Ohr wesentlich sog. occlusiven Charakter, selhst wenn

man die Pause erhehhch dehnt. Bei der Eolge a-pa dagegen kommt der Verschlussact kaum in Betracht, weil er zeitlich mitnbsp;der Druckgrenze zusammenfallt, also bei minimaler Druckstiirkenbsp;vor sich geht; das^ ist deshalb hier wesentlich explosiv, undnbsp;zwar wird auch hier der Charakter des Verschlusslauts durchnbsp;eine Dehnung der Pause nicht verandert. Man kann dasnbsp;namentlich gut beobachten, wenn man die zweite Silbe starker

spricht als die erste. Bei der Geminata in ap-pa endlich fallt der Verschlussact noch in den starken Theil des ersten Ex-spirationsstosses und macht sich demnach auch fr das Gehrnbsp;durch die Starke des Gleitlauts bemerkbar, nicht minder trittnbsp;aber auch die mit dem neuen Stosse hervorgerufene Explosionnbsp;kraftig und selbstandig auf. Es ist also weder der Explosions-

laut dem Verschlussgleitlaut untergeordnet, wie bei apa^ noch

der Verschlussgleitlaut dem Explosionslaut, wie bei a-pa, son-dern beide sind coordinirt und werden, zumal bei der etwas langeren Dauer der Pause (vgl. oben) als coordinirt empfundennbsp;(Verschlussgeminaten sind also fr das Ohr deutlich occlusiv-explosiv).

560. DieNaturdes der Geminata vorausgehenden Lautes ist im Allgemeinen gleichgltig; nur muss derselbe imnbsp;Moment der Verschluss- oder Engenbildung noch mit kraftigemnbsp;Druck gebildet werden, damit, vor Verschlusslauten, der Gleit-laut deutlich ins Gehr fallt, bei Dauerlauten aber die Druck-starke nach der Druckgrenze hin noch deutlich vermindert werden kann. Aus diesem Grunde sind kurze Vocale als Vorlaufernbsp;von Geminaten am geeignetsten, Verschlusslaute am ungeeig-netsten, weil hier das kurze Explosionsgerausch selbst noch durchnbsp;einen raschen Uebergang hrbar abgeschnitten werden muss.

-ocr page 234-

214

561565. Druckgrenze im Consonanten (Gemination).

561. Sogar fr den letztgenannten Fall lassen sich auch aus dem Deutschen Beispiele bei Composition beibringen; man untersobeidetnbsp;wenigstens bei langsamer deutlicber Aussprache giU Trost von gib Trost;nbsp;ahnlich vgl. Lcirm machen nnd lilrme, Moos-sitz und Masse n. dgl. Nurnbsp;pflegt man hier nicht an Gemination zn denken, weil man die einzelnennbsp;Wrter begrifflich von einander zn trennen gewohnt ist. Dass uns dienbsp;Gemination nach Langen oder Diphthongen sohwieriger zu bilden scheintnbsp;als nach Krzen, liegt daran, dass wir diese Laute und Lautfolgen mitnbsp;abnehmendem Druok (s. oben 54:4) zu sprechen gewhnt sind; dass sienbsp;aber auch uns nicht unmglich ist, zeigen Falie wie noth thun u. dgl.nbsp;In gelaufigerer Rede lassen wir indess auch bei der Composition fast ber-all die Gemination fallen, sprechen also giptrst, laTmaxn, rmsits, ritn

563. TJeber die Zusammenhange zwischen Silbentrennung und ex-spiratorischem Silbenaccent s. Cap. 29.

563. nbsp;nbsp;nbsp;Analog der Gemination sind endlich noch die Ver-bindungen eines stimmhaften Lauts nait dem entsprechendennbsp;stimmlosen. Bei diesen setzt die Stimme in der Silbengrenzenbsp;ein bez. aus, die brigen Articulationen werden gemeinschaft-lich ausgefhrt. So spricht man wohl in Norddeutschland hatnbsp;(Uch, lass sie mit stimmhaftem d und oder mit umgekehrternbsp;Lautfolge in England had to do, has seen. Sehr gewhnlichnbsp;aber treten in diesen Fallen Assimilationen ein, sodass voll-kommen stimmlose oder stimmhafte Geminaten entstehen. Dienbsp;Ausdehnung der Assimilationen unterliegt in den einzelnennbsp;Sprachen wieder besonderen Gesetzen.

564. nbsp;nbsp;nbsp;Nur selten habe ich gefunden, dass bei der Composition zweiernbsp;gleicher Verschlusslaute wirklioh doppelte Explosion angewandt wirdnbsp;[nimmt-Theil, hat-dich), und ich glaube diese Aussprache auf den Einflussnbsp;des Schulunterrichts zurckfhren zu sollen. Abgesehn von individuellennbsp;Gewohnheiten, scheint sie z. B. in Ostpreussen allgemeiner blich zu sein.nbsp;Fr das Sanskrit und Grieohisohe galt sicher die Gemination mit nur einernbsp;Explosion; deun Aspiraten knnen nicht verdoppelt werden (im Skr. giltnbsp;nur khh, tth, pph, im Griech. nur xx, rS-, nep], eben well der Hauch in dernbsp;Verschlusspause zu Grunde gehn muss. Fr das Indogermanische aber istnbsp;(wie Heinzel, Gesoh. der niederfrank. Geschaftsspraohe S. 128 bemerkte)nbsp;wirklich doppelte Explosion anzusetzen, da an Stelle von U etc. in einigennbsp;Sprachen st, ss tritt.

565. nbsp;nbsp;nbsp;Mit der Quantitat der berleitenden Consonantennbsp;hat die Gemination wenig zu schaffen. Auch in Gruppen wie

aso und a-so kann z. B. das s beliebig gedehnt werden, ohne dass man die Druckgrenze verrckt oder berhaupt eine Druckgrenze einfhrt. Nur verstekt sich von selhst, dass die Minima,]-dauer der Geminata langer sein muss, als die Minimaldauer

-ocr page 235-

566. 567. Druckgrenze im Cons. (Gem.). 568. Accent und Quantitat. 215

des einfachen Lauts, weil die Geminata doch in zwei auch fr das Gehr trennbare Theile zerfallen muss.

566. nbsp;nbsp;nbsp;Wenn man also auch zugehen darf, dass die Gemi-naten an sich zugleich auch schon bis zu einem gewissen Gradenbsp;langquot; sind, so kann doch nicht streng genug vor dem viel ver-breiteten Irrtlmm gewarnt werden, als ob die Geminaten nunnbsp;auch bloss lange Consonantenquot; oder alle langen Consonantenquot; gleich Geminaten waren. Zur Gemination gehort ebennbsp;als wesentlichstes Moment die Discontinuitat der Druckstarkenbsp;innerhalb des Consonanten: lange Consonanten knnen abernbsp;auch ebenso gut bei continuirlicher Druckstarke gebildet undnbsp;beliebig lange ausgehalten werden.

567. nbsp;nbsp;nbsp;Wie wenig Oonsonantenquantitat und Silbentrennung bez. Gemination mit einander zu thun haben, lasst sich aus den thatsachlichennbsp;Verhaltnissen mancher Sprachen leicht zeigen. Ein Livlander, der nebennbsp;Deutsch auoli Esthnisch sprioht, untersoheidet principiell (d. h. je nachnbsp;der Sprache, die er redet und j e nach der Bedeutung) folgende fnf verschie-

dene Aussprachsformen der Lautfolge , m, a: -ifia, -ma, ka, Wia, em-ma: er hat also zwei Bindeformen fiir kurzes m [-tim und ma), zweinbsp;fr einfaches langes m {-ma und ma) und die Gemination [em-ma).

III. Accent und Quantitat.

Cap. 28. Allgeineines.

568. Damit eine Reihe von Lauten als Silbe, eine Reihe von Silben als Wort (oder Sprechtakt, s. 620 ff.), eine Reihenbsp;von Wrtern (oder Sprechtakten) als Satz empfunden werde,nbsp;ist es nothwendig, dass die Glieder der einzelnen Reihe einer-seits durch ein gemeinsames rhythmisch-melodisches Band zu-sammengehalten werden, andererseits in einem bestimmtennbsp;Ueber- und Unterordnungsverhaltniss zu einander stehen.nbsp;Diesen Bedingungen wird gengt durch die planmassige Ab-stufung der einzelnen Glieder nach Starke und Dauer einer-und nach der Tonhhe andererseits. Nach dem Verhaltnissnbsp;von Starke und Dauer bestimint sich im Wesenthchen dasnbsp;rhythmische, nach der Tonhhe das melodische Element dernbsp;Bindung.

-ocr page 236-

216

669. 570. Accent und Quantitat.

569. nbsp;nbsp;nbsp;So ordnen sioli z. B. die einzelnen Consonanten der mehrlautigennbsp;Silbe ihrem Sonanten unter (525); die einzelnen Silben des mehrsilbigennbsp;Wortes Oder Sprechtakts sind nach Tonhohe, Starke und Dauer abgestuft,nbsp;und jeder einzelne Satz bat seinen eigenen Khythmus und seine eigenenbsp;Melodie. Der ntersohied einer blossen Laut-, Silben- und Wortreibe vonnbsp;einer wirkliohen Silbe, einem Worte oder einein Satze wird demj enigennbsp;sofort klar werden, der etwa Gelegenbeit bat, eine Sprechmaschine zu be-obachten, die bis jetzt wenigstens nur wesentlich unabgestufte Lautreihennbsp;zu liefern vermag. Da diese Mascbinen an Stelle der Stimmritze nur einenbsp;Zungenpfeife von wesentlich unveranderlioher Stiinmung besitzen, so habennbsp;alle 'stimmhaften Laute solcher Mascbinen gleiohe Tonbbe, und allenbsp;Laute sind, da die Maschine, wie z. B. die Orgel, mit einem Blasebalgnbsp;arbeitet, der wesentlich unter gleichbleibendem Druok stelit, gleich stark.nbsp;Aucb die natrlichen Abstufungen der Dauer in der mensoblioben Redenbsp;lassen sioh auf der Maschine nur sehr unvollkommen nachbilden.

570. nbsp;nbsp;nbsp;Die verschiedeneii Abstufungen der Dauer bat dienbsp;Lehre von der Quantitat der Satzglieder zu behandeln, derennbsp;wichtigste Satze unten 684 ff. vorgetragen werden sollen. Dienbsp;Abstufung nach Starke und Tonbbe pflegt man unternbsp;dem Namen Accent oder Accentuirung zusammenzufassen,nbsp;und diese Namen mogen aucb hier verwendet werden, obwoblnbsp;sie zu verscbiedenen Zeiten in sehr verscliiedenem Sinne ge-braucbt worden sind. Das lat. accentus als Uebersetzung desnbsp;griech. Trpoawoi'a bedeutete zunachst 'das ziim Sprechen Hinzu-gesungenequot;, also (mindestens vorwiegend) die Melodie des Ge-sprochenen (das griech. Trpoawoi'ot selbst ist allmahlich ganz innbsp;die Bedeutung von 'Quantitatslehre^ bergegangen, also ausnbsp;der Accentlebre ganz ausgeschieden). Die antike Accentlehrenbsp;fasste demnacli (wie aucb die Accentlehre der indischen Gram-matiker) wesentlich nur die beim Sprechen gebrauchten Ton-lihen bez, Tonintervalle ins Auge und schuf danacb dienbsp;Namen der einzelneir 'Accente' (z. B. gr. sTa, lat. acutus frnbsp;eine Silbe mit musikalisch hohem, gr. [lapcTa, lat. gravis fr einenbsp;Silbe mit musikalisch tieferem, gr. Tispiauiufisv/j, lat. circum-

Jlexiis fr eine Silbe mit einer Bindung zweier verscliiedener Tone oder Tonhhen u. s. w.). Bei modernen Sprachen, wie demnbsp;Deutschen aber wird das Wort 'AccenT gemeinbin zunachstnbsp;auf die Abstufungen des Nacbdrucks bezogen, mit denennbsp;die einzelnen Satzglieder, besonders Silben, gesprochen werden.nbsp;In demselben Sinne reden wir gemeinbin von Betonung,nbsp;Tonsilben, nnbetonten Silben u. dgl. oder verstellen unternbsp;Hochton und Tiefton (mit Laclimann) die starkste bez.nbsp;mittelstarke Silbe einer Silbenfolge u. s. f. Unsere gesammtenbsp;landlaufige Terminologie ist also eine bildliche, indem Namen,

-ocr page 237-

217

571574. Accent und Quantitat.

die von Tonhhenunterschieden hergeleitet sind, zurBezeich-nung von Starkeunterschieden verwendet werden.

571. Beide Gebrauchsweisen des Wortes ^Accent sind einseitig. Die antike Nomenclatur und Theorie ignorirt dienbsp;Stiirkeabstufungen, die landlaufige moderne dagegen die Ab-stufungen der Tonbhen. Beide Arten von Abstufungnbsp;gehen aber in alien Sprachen neben einander her: esnbsp;gibt weder Sprachen olme Starkeunterschiede noch Sprachennbsp;ohne Tonhohenunterschiede; nur sind die einen in dieser, dienbsp;andern in jener Sprache scharfer aijsgepragt und haben dess-halb auch in der grammatischen Theorie zuerst Beachtung ge-funden. Erst die neuere Phonetik hat hier, ziimal durch dienbsp;Arbeiten der englischen und skandinavischen Forscher, Lichtnbsp;und Ordnung gebracht.

573. Sofern wir nun unter der Lehre vom Accent die Lehre von der Abstufung der einzelnen Satzglieder nachnbsp;Starke und Tonhhe versteken, zerlegt sich dieselbe zuniichstnbsp;in die beiden grossen G-ebiete der Lehre vom exspiratori-schen oder dynamischen Accent, der es mit den Starke-abstufungen zu thun hat, und der Lehre vom musikalischennbsp;Oder tonischen Accent, der die wechselnden Tonhhenver-haltnisse zufallen.

573. nbsp;nbsp;nbsp;Innerhalb dieser Gebiete ist sodann weiter danach zunbsp;scheiden, in welchem sprachlichen Gebilde die betreffendenbsp;Accenterscheinung auftritt, ob sie sich in der einzelnen Silbenbsp;abspielt oder in der durch den Sinn zusammengehaltenennbsp;Silbenreihe, d. h. dem Worte (bez. dem Sprechtakt) odernbsp;dem ganzen Satze. Wir haben danach die Lehre vom Silben-accent zu scheiden von der Lehre vom Wort- und Satz-accent. Dabei ist von vornherein zu beachten, dass Wort-und Satzbildung vom phonetischen Standpunkt aus kaum, wennnbsp;berhaupt, zu trennen sind.

574. nbsp;nbsp;nbsp;Ohne genaue Beachtung dieser Unterschiede ist einnbsp;wirkliches Verstandniss des 'Accents' unmglich, gerade mitnbsp;Rcksicht auf die irreleitende landlaufige Terminologie. ISTa-menthch ist auch darauf zu dringen, dass die verschiedenennbsp;Arten der Accentuirung auch graphisch genauer unter-schieden werden als das in den berlieferten Accentuations-systemen z. B. des Sanskrit und des Griechischen nebst dennbsp;an das letztere sich anschliessenden Systemen der modernennbsp;Sprachen der Fall ist.

-ocr page 238-

218 nbsp;nbsp;nbsp;675. Accent und Quantitat. 576. 577. Der Silbenaccent.

575. Das Sanskrit bezeichnet z. B. mit seinem udatta im Allgemeinen den Wortaccent, d. h. es hebt die hohstbetonte Silbe des Wortes vor dennbsp;iibrigen hervor, ohne sich um die Art der Hervorhebung (die Art desnbsp;Silbenaccents) zu kmmem (ich sehe natiirlich bier, -wo ioh Yon der Be-zeichnung spreche, ganzlioh von den Theorien der Grammatiker ab), undnbsp;dooh versucht es auch den Satzaccent auszudriicken, indem es demnbsp;Verbum finitum des einfachen erzahleuden Satzes den udatta raubt, ohnenbsp;dass es glaublich erscheint, dass nun das Wort berhaupt keine Tonsilbenbsp;mehr gehabt habe. Im Griechischen finden wir Ansatze zurDnterscheidungnbsp;der Arten des Silbenaccents in dem Gebrauch des Acut und desnbsp;Circumflex; dieselben Zeichen aber dienen zugleich dazu, im einzelnennbsp;Dalle den Wortaccent anzuzeigen, und der Gravis ist eine Concessionnbsp;an die Porderungen des Satzaccents! Dass bei einer verbessertennbsp;Bezeichnung die Zeichen der drei versohiedenen Accente in der Kegel aufnbsp;denselben Laut zu stehen kommen wrden, darf dabei nicht irren, denn esnbsp;liegt in der Natur der Sache selbst, dass der Laut, der an und fur sich amnbsp;meisten in seiner Silbe hervortritt, auch in der Tonsilbe des mehrsilbigennbsp;Wortes, namentlich wenn dieses auch noch den Satzaccent tragt, ganz be-sonders hervortreten muss.

1. Silbenaccent.

Cap. 29. Der exspiratorisclie oder dynamische Silbenaccent.

576. Wie 5.37 festgestellt wurde, bleibt die Druckstarke innerhalb der Silbe in der Eegel nicbt gleicb, sondern unter-liegt einer gewissen Abstufung. Die verscbiedenen Formennbsp;dieser Abstnfung innerbalb der Einzelsilbe fassen wir unter demnbsp;Namen des exspiratoriscben oder dynamiscben Silbenaccents zusammen. Hierbei ist namentlicb zweierlei zu unter-scbeiden.

1. Die Exspirationsbewegung der Silbe an sich.

(Silbengipfel. Ein- und zweigipllige Silben. Stosston.)

577. Die Druckstarke der einzelnen Drucksilbe ist, wie ebenfalls bereits 537 gezeigt wurde, imWesentliclien continuir-lich abgestuft. Den Moment grosster Starke nennen wir dennbsp;Druck- oder Silbengipfel. Er kann entweder scbon zu An-fang der Silbe stehn (dann steigt die Druckstarke nacb demnbsp;Bnde zu ab), oder zum Scblusse (dann steigt die Druckstarkenbsp;auf), Oder in der Mitte (aiifsteigend-absteigende Druckstarke).

-ocr page 239-

578579. Eingipflige Silben. 580. Zweigipflige Silben. 219

a.

Eingipflige Silben.

578. nbsp;nbsp;nbsp;Enthalt eine Silbe bei ganz continuirlicher Abstufungnbsp;der Druckstarke nur inen solchen Gipfel, so bezeicbnen wir

sie als eingipflig; z. B. continuirlicb absteigend, wie in al, oder continuirlicb aufsteigend, wie in la, oder continuirlicb auf-und absteigend wie in lal.

579. nbsp;nbsp;nbsp;Eingipflig in diesem Sinne sind z. B. Silben, wie mannbsp;sie im Blihnendeutschen und in vielen deutscben Mundarten innbsp;bebebigen Wrtern wie Knappe, halte. Wasser, halte, Knahe,nbsp;Bate, losen, holte etc. etc. allgemein zu sprechen pflegt. Innbsp;ibnen bat der Stromdruck schon zu Anfang des (sonantiscben)nbsp;Vocals seine grsste Starke; dieser Starkegrad kann dann ent-weder durch den Vocal bin festgebalten werden, oder er wirdnbsp;gleiclimassig, wenn auch zum Tbeil nur sebr wenig, verringert.nbsp;In dem Vocal selbst ist in Eolge dessen keine Spur von Dis-continuitat zu entdecken (auch nicht in Bezug auf den musika-bschen Ton, der entweder eben oder einfach steigend oder ein-fach fallend ist, s. unten 601). Eolgen innerhalb desselbennbsp;Druckstosses dem Sonanten noch Consonanten, so nehmen diesenbsp;an dem allgemeinen Absteigen der Druckstarke theil.

b. Zweigipflige Silben.

580. nbsp;nbsp;nbsp;Neben den eingipfligen Silben findet sich in vielennbsp;Sprachen noch eine andere Art von Silben, die man als zwei-gipflig bezeichnen kann. Gilt auch fr alle Silben im Allgemeinen das Gesetz von der Continuirbchkeit der Druckab-stufung, so finden sich doch namentbch bei einer im Allgemeinennbsp;absteigenden Druckstarke haufig geringe Verstarkungen hinternbsp;dem eigentbchen Silbengipfel, die fr unser Gefhl zu schwachnbsp;sind, als dass sie als Einsatze zu neuen, selbstandigen Druck-silben betrachtet werden knnen (dies ist namentbch da dernbsp;Eall, WO die Verstarkung noch in den Sonanten fallt). Mannbsp;kann diese Verstarkungen wohl als Nebengipfel bezeichnen,nbsp;im Gegensatz zu dem eigentbchen oder Hauptgipfel der Silbe,nbsp;d. h. dem Moment starksten Drucks innerhalb der ganzen Silbe.nbsp;Wir deuten diese Art der Silbenbildung (den zweigipfligennbsp;Silbenaccent) durch ' ber demjenigen Laut oder denjenigennbsp;Lauten an, in welche die beiden Gipfel entfallen (vgl. 583),nbsp;z. B. 5, du etc.

-ocr page 240-

220

581584. Zweigipflige Silben.

581. nbsp;nbsp;nbsp;Die Erkenntniss der Bildung eines exspiratorischen Doppel-gipfels wird oft dadurch erschwert, dass mit dieser sehr oft ein mannig-faoh yariirter Wechsel der Tonhbe verbunden ist (vgl. (i02 f.), der starkernbsp;ins Ohr fallt als der Wechsel der Druckstarke und dadurch die Aufmerk-samkeit des Beobachters von der Abstufung des Stromdrucks ablenkt.nbsp;Daher empfiehlt sich hier wieder sehr die Flisterprobe (542 etc.).

582. nbsp;nbsp;nbsp;Zweigipflige Exspiration ist namentlich in dennbsp;Sprachen und Mundarten verbreitet, die wir als 'singendquot; zunbsp;bezeichnen pflegen. Sie tritt wiedernm besonders deutlich innbsp;den langsainer nnd nacbdrcklicher gesprochenen einsilbigennbsp;Wrtern am Satzschluss auf, wahrend sie z. B. im Bhnen-deutschen wie im Englischen im Innern des Satzes mehr zunbsp;verschwinden pflegt.

583. nbsp;nbsp;nbsp;Die beiden Gipfel fallen entweder in den Sonantennbsp;der Silbe, oder der zweite koinmt einem folgenden Consonanten zu gute. Lange Vocale nehmen oft beide Gipfel der Silbenbsp;in sich auf; so lirt man oft im Deutschen gedehntes d, j, gbnbsp;u. dgl. ausspreclien (meist zerfallt dabei der Vocal in einennbsp;Diphthongen mit geringer Distanz der Componenten (vgl. 41'j.nbsp;Indessen kann auch bei langen Vocalen der zweite Gipfel zunbsp;einem folgenden Consonanten fortrcken, namentlich wennnbsp;dieser ein stimmhafter, besonders ein sonorer Laut ist. Sonbsp;sprechen wir bei nacbdrcklicher Betonung oft (isolirtj kahi,nbsp;nam neben kam, nUm u. s. w. Nach kurzem Vocal fallt dernbsp;zweite Gipfel wohl stets dem folgenden Consonanten zu, beinbsp;Diphthongen also dem zweiten Componenten; vgl. z. B. nach-drckliches hoe Hen (in Pausa) mit hoe-^r heuer u. dgl. Aehn-lich bei folgender Liquida oder Nasal, vgl. z. B. thringischesnbsp;md/n, kam, hulls Mann, Kamm, Holz mit mn?r, km?, hltgrnnbsp;Manner, Kamnie, hlzern. Selbst bei Verbindungen von Vocal nbsp;stimmloser Spirans Consonant findet sich die Bildung desnbsp;Doppelgipfels z. B. in der thringischen Aussprache pausalernbsp;lacht, fasst imVergleich etwa zu unemphatischem lachte, fasste.

584r. Im Einzelnen ist es oft schwer zu sagen, ob man eine einsilbige Lautgruppe mit Doppelgipfel oder eine zweisilbigenbsp;Gruppe mit zwei selbstandigen Gipfeln vor sich hat; es hangtnbsp;dabei viel davon ab, in wie weit der zweite Gipfel als demnbsp;ersten absolut untergeordnet empfunden wird. Ausserdeiunbsp;kommt in Betracht, dass der Begriff der Silbe bei uns wesent-lich conventionell fixirt und in der Praxis sehr dehnbar ist.nbsp;Gewiss ist, dass aus einsilbigen Gruppen mit Doppelgipfelnbsp;oft deutlich zweisilbige Verbindungen hervorgehen, z. B. in

-ocr page 241-

221

585587. Der Stosston.

manchen tliringischen Mundarten Bildungen wie f-gt;s, g-H aus /Si', oder scliwabisch /-i, g~H aus ursprnglichnbsp;diphthongischem fues^ guet.

Anhangsweise ist endlich hier noch eine Art der Silhen-bildung zu besprechen, die man gewbnlich unter den 'Accenten^ aufzuzahlen pflegt. Es ist dies der sogen. 'Stosston^

c.

Der Stosston^

585. Derselbe findet sich z. B. im Lettiscben und Dani-scben in weiter Verbreitung (zuerst wurde er in der letzteren Spracbe von Hysgaard beobachtet). Es ist schwer, durchnbsp;blosse Beschreibung eine deutlicbe Vorstellung von demselbennbsp;zu geben. Die Hauptsacbe ist dabei, dass ininitten der Silbenbsp;ein ganz momentaner, fester Verschluss der Stimm-ritze gebildet wird (vgl. 608). Die Silbe zerfallt dadurch innbsp;zwei Theile, die sicb den beiden Gipfeln des gewhnlichennbsp;zweigipfligen Accents vergleichen lassen, nur dass hier durchnbsp;den Glottisschluss getrennt ist, was dort durch continuirlichenbsp;TJebergange verbunden war. Wir bezelchnen den Stosston mitnbsp;\ dem Zeichen des Glottisschlusses, nach dem Sonanten, also

586. nbsp;nbsp;nbsp;Der Stosston kann sowohl lange wie kurze Vocalenbsp;treffen. 1st der Vocal nach dem Ende zu isolirt, so aussert sichnbsp;im Danischen wenigstens der zweite Exspirationshuh in einemnbsp;dem Vocal nachstrzenden stimmlosen oder doch nur unvoll-kommen stimmhaften Hauch von grsserer oder geringerernbsp;Starke, vgl. z. B. dan. pd\ ii u. dgl. Nach langemnbsp;Vocal wird ein folgender Consonant mit dem Exspirationsstossnbsp;des zweiten Gipfels hervorgebracht. Folgt aher auf einennbsp;kurzen Vocal ein stimmhafter Dauerlaut, so fallt der 'Stossnbsp;(d.h. der Glottisschluss) in diesen, nicht in den Vocal, vgl. etwanbsp;die dan. and, vild\ die genauere Beschreibung s. 608.

587. nbsp;nbsp;nbsp;Streng genommen liaben wir es brigens hier stets mit einernbsp;Verbindung einer Vollsilbe mit einer 'Nebensilbe in dem 534 festge-stellten Sinne zu thun, da der Glottisschluss die Schallbildung vllignbsp;hemmt, also eine Schallgrenze bedingt. Indess ist doch der Gesammtein-druck ein sehr einheitlicher, daher man denn wohl Silben mit Stosstonnbsp;als Analoga der zweigipfligen Silben betrachten darf, nur dass bei ihnennbsp;der Nebengipfel in erster Linie ein Schallgipfel, nicht ein Exspirations-gipfel ist: in erster Linie, weil es mindestens zweifelhaft ist, ob nicht dernbsp;Luftstauung, die der pltzliohe Kehlkopfschluss zur Polge hat, durch einennbsp;besonderen kleinen Kebenexspirationsstoss ein Ende bereitet wird. Man

-ocr page 242-

222 588. Der Stosston. 589591. Druckabstufung d. Silbensohlusses.

liiite sicli brigens den Stosston zu verweohseln mit dem festen Ueber-gang von Vocalen zu Verschlusslauten mit Grlottisschluss, wie arm. k. t. p. In arm. ak. ap etc. wird zwar der Sonant gleiolizeitig mit dem Ver-sohluss aucli noch durch den GlottissoMuss abgesolinitten, aber die Explosion der Glottis fallt nicht mehr derselben Silbe zu. Man kann auoh ak,nbsp;ap etc.mitwirklicliemStosstonspreclien,dannmuss aber ebenderGlottis-schluss vor den Mundversohluss fallen.

588. Es verstekt sich von selbst, dass der sog. Stosston nur rok-siohtlich der durch dem Glottisschluss bedingten Spaltung der Silbe in zwei Theile als besondere Form des Silbenaooents aufzufassen ist. Be-zglioh des Glottisschlusses selbst fallt er unter die Lehre von den Laut-absatzenbez. -bergangen und ist als soloher an betreffender Stelle bereitsnbsp;behandelt. Auch fr den, welcher den Glottisschluss als besondern Consonanten betrachtet, bleibt immerhin jene Spaltung als Oharakteristicumnbsp;der Silbe bestellen.

2. Die Druckabstufung des Silbensohlusses.

589. nbsp;nbsp;nbsp;Fr den Gresammthabitus einer Silbe ist die Druckabstufung des Silbenscblusses von grosser Bedeutung,nbsp;d. b. die Art wie oder unter welcben Druckverbaltnissen dienbsp;Silbe vom Silbengipfel ab ibr Ende erreicbt, oder, wie man sicbnbsp;auch ausdrckt, 'abgeschnittenwird.

590. nbsp;nbsp;nbsp;In dem nbd. kurzen energisch (gebieteriscb) gespro-cbenen da', bricbt der Vocal, der eben noch in voller Starkenbsp;ertnte, pltzlicb ab, in dem langen da verklingt er mebr all-mahlich. Bei da! haben wir also ein so jabes Decrescendonbsp;vom Silbengipfel ab, dass eine Abnahme der Starke innerhalbnbsp;des Sonanten kaum oder gar nicht wahrnebmbar ist: grsstenbsp;Starke und Null liegen hart und scbeinbar unvermittelt nebennbsp;einander; bei da hort man dagegen das stufenweise Decrescendo innerhalb des Sonanten gut und deutlich, und zwar umnbsp;so besser, je mehr man den Sonanten debnt.

591. nbsp;nbsp;nbsp;Denselben Unterschied kann man auch in gescblosse-nen Silben beobacbten, in denen dem Sonanten sich noch einnbsp;oder mebrere Consonanten anschbessen; man vgl. z. B. nbd.nbsp;Parabelen wie v'U'. wol, kdmni'. kam, fass\ las, kat: rat, s'llt:nbsp;holt u. dgl. (die kurzvocaligen Wrter sind kurz und energisch,nbsp;eingipflig, gesprochen zu denken). Hier wird der Sonant beinbsp;den kurzvocaligen Wrtern [voll, kamm, fass, hat, sollt etc.)nbsp;durch den folgenden Consonanten in einem Moment abgelst,nbsp;WO er noch voll und kraftig ertnt (unmittelbar hinter demnbsp;Silbengipfel), der jahe Absturz der Exspiration fallt in den

-ocr page 243-

223

592594. Die Druokabstufung des Silbensohlusses.

Oder die silbenschliessenden Consonanten, die daher kraftig beginnen, aber mehr oder weniger abrupt endigen; bei dennbsp;langvocaligen kam, las, rat, holt etc.) erfolgt dieUmstel-lung der Organe fiir den Consonanten, nacbdem der Sonantnbsp;bereits deutlicb geschwacbt ist (also eine merkbare Zeit nacli-dem der Silbengipfel passirt ist); der Consonant setzt dabernbsp;auch mit nur inassiger Starke ein, kann aber bei dem lang-samern Decrescendo der Silbe deutlicb und bequem ausklingennbsp;(vgl. kamm'. kani u. dgl.).

592. nbsp;nbsp;nbsp;quot;Wir wollen die erstere Art des Silbenscblusses (mitnbsp;Benutzung eines yon Kudelka eingefiibrten Ausdrucks) alsnbsp;den stark gescbnittenen, die zweite Art als den scbwacbnbsp;gescbnittenen Silbenaccent bezeicbnen, und den ersterennbsp;durcb ', den zweiten durch ' liber dem Sonanten andeuten;nbsp;also da\ da, fl'. wol, slf. holt u. dgl.

593. nbsp;nbsp;nbsp;Der stark gescbnittene Accent bat im Biibnen-deutschen seine Stelle in den meisten betonten Silben mitnbsp;kurzemVocal; bei langen Vocalen ist er im Deutscben seltener,nbsp;weil es nicht iiblich ist, den Vocal in roller Starke langere Zeitnbsp;auszuhalten; doch findet er sicb fter z. B. auch bei langennbsp;Vocalen vor folgender (Schrift-)geminata, also etwa bei deut-licher Aussprache in Oombinationen wie noth thu7i {^lt-tnnbsp;oder no-tun) im Gegensatz zu so thun mit nachdriicklichem sonbsp;(sh-tun); in rascherer Bede spricht man auch bier indess ge-whnlicher nh-tun, ganz wie sO-tun.

594. nbsp;nbsp;nbsp;Der schwach gescbnittene Accent ist dennbsp;meisten unserer langen betonten Vocale und den Vocalen un-betonter Silben eigen: wir sprecben also dh, kam, wol, rat wienbsp;liU-lf, Ua-f% hol-V und ho-fin-d^, fi-ldext (vielleicht), la-tdennbsp;(Latein) u. dgl.; rgl. auch Parallelen wie ganz nu (mit beton-tem neu] und ganz neu (mit betontem ganz). Bei kurzen stark-tonigen Vocalen pflegt er uns Scbwierigkeiten zu macben, dochnbsp;ist er mundartlicb auch bei diesen verbreitet, vgl. z. B. scbweiz.nbsp;K-s, ge-b^ u. dgl., oder sonst gelegentlich dialektisches halm,nbsp;hal-tn u. dgl. gegeniiber biihnendeutscbem halm, hdl-tn u. a.nbsp;Man erreicbt ihn in diesem Falie am leichtesten, wenn mannbsp;berhaupt die Druckstarke des Vocals von vornherein geringnbsp;nimmt, oder indem man den Vocal ein klein wenig debut, damitnbsp;sicb in seinem Verlauf die Druckstarke auf das notbige Massnbsp;verringern kann.

-ocr page 244-

224

595598. Die Druckabstufuna; des Silbenscblusses.

595. nbsp;nbsp;nbsp;eberhaupt muss man sich hiiten, die Vertbeilungnbsp;dieser beiden Accentarten, welche das Biihnendeutsche aiif-weist, fr allgemein verbreitet zu halten. Fehlt ein deutlichnbsp;stark geschnittener Accent scbon einer Reihe von Mundarten,nbsp;so scheint er gar ausserhalb des Deutschen nur verhaltniss-massig selten aufzutreten, und zwar da eben aucb nur innbsp;Sprachen, welche wie das Biihnendeutsche sich durch grossenbsp;Starke des betonten Sonanten auszeichnen, also sog. stark ex-spiratorischen Accent haben. Danach darf man vielleicht an-nehmen, dass der stark geschnittene Accent des Biihnendeut-schen und anderer moderner (germanischer) Idiome erst aufnbsp;secundarer Entwicklung beruht. Auch begreift sich leicht, dassnbsp;da es sich hier um graduelle Unterschiede handelt, neben dennbsp;extremen Formen der beiden Accentarten, wie sie das Deutschenbsp;zum Theil aufweist, auch weniger ausgepragte Uebergangs-formen auftreten knnen.

596. nbsp;nbsp;nbsp;Folgt einem stark geschnittenen Sonanten ein der-selben Drucksilbe (demselben Druckstoss) angehrender Consonant, so participirt dieser mindestens in seinem Eingang nochnbsp;an der Starke des geschnittenen Sonanten, erhalt also mehrnbsp;Oder weniger fortisartigen Charakter, wie schon oben 182 an-gedeutet wurde. Dies zeigt sich sowohl im Auslaut der Drucksilbe (vgl. z. B. die Starkeverhaltnisse der silbenschliessendennbsp;Consonanten in Fallen wie soil', wol, sollte: holte (gesp. sl:nbsp;wol, sW\ hol-t^), als beim Schluss blosser Schallsilben mitnbsp;durchlaufender Exspiration (vgl. z. B. solle\ hole, anime: ahme,

ehhe'. lebe, egge: lege, gespr. sl^: ho-l^, am?: u-m^, : l-h^, g: le-g u. dgl.).

597. nbsp;nbsp;nbsp;Nur einen speoiellen Fall dieser allgemeinen Regel stellt dasnbsp;von quot;Winteler (Kerenzer Muiidart 142 ff.) zunachst fr seine Mundart be-obacbtete sog. Wintelersche Silbenaooentgesetz dar, wonachnbsp;jeder Dauerlaut (Liquida, Nasal, Spirans) in allen einigermassen nach-drucklicken Silben nach kurzem Vocal in der Regel alsFortis erscheint,nbsp;sobald noch ein demselben Worte angehriger Consonant darauf folgt,nbsp;.Dass die letztere Beschrankung von Hans aus nicht wesentlich war, son-dem dass es allein anf die Stellung im Nachlaut des stark geschnittenennbsp;Sonanten ankam, zeigt Heusler, Alem. Consonantismus 12 ff.

598. nbsp;nbsp;nbsp;Die Unterscheidung des stark und schwach geschnittenen Silbenaccents berhrt sich vielfach mit den verschiedenennbsp;Arten der Silbentrennung, ist aber nicht von ihr ohne Weiteresnbsp;abhangig, wie schon die oben 594 angefhrten Beispiele lehrennbsp;(vgl. namentlich Falie wie bhnendeutsch halm mit dialektischem

-ocr page 245-

225

599601. Der musikalische oder tonische Silbenaocent.

halm u. dgl). Schallsilbengruppen mit durchlaufender Exspira-

tion (also ohne Druckgrenze, wie nhd. hat^^ aP, hdm?r) setzen allerdings wohl berall starke Schneidung des Sonanten dernbsp;ersten Silbe voraus, sie finden sicb aber aucb nur in Spracben,nbsp;welcbe aucb sonst den stark geschnittenen Accent besitzen undnbsp;berhaupt stark erspiratorischen Accent baben. Spracben,nbsp;welcbe alle Silben durcb Druckgrenzen von einander scheiden,nbsp;baben vor der Druckgrenze wobl meist den scbwach gescbnitte-nen Accent, aucb bei kurzen Sonanten, wie in schweiz. le-b%nbsp;ge-, russ. vd-du etc.

Cap. 30. Der musikalische oder tonische Silhenaccent.

599. nbsp;nbsp;nbsp;Beim Singen verwedt die Stimme ohne Wechsel dernbsp;Tonbhe auf jeder Note und springt dann so rasch wie mglicbnbsp;zu der folgenden Note ber, sodass der verbindende quot;GMeittonnbsp;nicht wabrgenommen wird, wenn aucb keine wirkliche Unter-brechung des Tones stattfindet. Beim Sprechen dagegen verwedt die Stimme nur gelegentlich auf einer Note; sie bewegtnbsp;sicb vielmebr fortwahrend auf und ab, von einer Note zur an-dem, sodass die verschiedenen Noten, die wir zur Bezeichnungnbsp;der Tonbhe einer Silbe ansetzen, einfacb Punkte sind, zwischennbsp;denen die Stimme bestan dig gleitet (Sweet, Handb. S. 93 f.,nbsp;vgl. aucb Stom, Om Tonef. 4 [278]; Engl. Phil. 1^, 205 ff.).

600. nbsp;nbsp;nbsp;Insofern sicb nun diese Tonbewegung innerbalb dernbsp;einzelnen Silbe abspielt, wird sie als musikalischer odernbsp;chromatischer (Verner) oder krzer als tonischer Silben-accent bezeichnet. Er den tonischen Silhenaccent kommennbsp;also alle Unterschiede der absoluten Tonbhe der einzelnennbsp;Silben im Worte oder Satze nicht in Betracht; diese und abn-liche Fragen sind vielmebr erst in der Lebre vom tonischennbsp;Wort- oder Satzaccent (Cap. 33) zu besprecben. Enter toni-schem Silhenaccent verstehen wir vielmebr einzig und allein dienbsp;Art, wie wahrend der Bildung einer Silbe die Tonbhenbsp;der Stimme behandelt wird.

601. nbsp;nbsp;nbsp;Wie leicht ersichtlich, gibt es drei einfache Haupt-fomen dieses Accents: den ebenen-, den steigenden /nbsp;und den fa Benden \. Ausserdem knnen Oombinationen diesernbsp;Grundformen eintreten, von denen der fallend-steigende vnbsp;[compound rise Sweet) und der steigend-fallende a [compound Sweet) die haufigsten sind. Doppelt steigender

S i e V e r s, Phonetik. 5. Aufl. 15

-ocr page 246-

226

602. 603. Der musikalische oder tonisclie Silbenaocent.

oder doj)pelt fallender Ton, bei dem die Silbe zwei steigende oder zwei fallende Tone enthalt, lasst sich zwar bilden, ist mirnbsp;aber nicht aus der Erfahrung bekannt. lm Allgemeinen sclieintnbsp;es eben blich zu sein, bei der Vereinigung zweier Tone in einernbsp;Silbe dieselben in entgegengesetzter Eichtung sich verandernnbsp;zu lassen, damit der Grenzpunkt beider deutlicher hervortrete.

602. nbsp;nbsp;nbsp;Am feinsten sind die tonischen Silbenaccente innbsp;Sprachen wie dem Chinesischen ausgebildet, in denen dienbsp;Bedeutung derselben Silbe je nach dem tonischen Accent, mitnbsp;dem sie ausgesprochen wird, eine sehr verschiedene sein kann.nbsp;Aber auch in uns naher liegenden Sprachen finden sich zumnbsp;Theil gut ausgebildete Systeme des tonischen Silbenaccents vor.nbsp;Als Beispiele nenne ich das Serbische nnd Litauische (vgl.nbsp;Masing, die Hauptformen des serbisch-chorwatischen Accents.nbsp;Petersburg 1876) und das Schwedische (vgl. z. B. die in dernbsp;Bibliographie citirten Arbeiten von Noreen, Koek etc.]. Zwei-tnige Silbenaccente finden sich berhaupt in den als 'singendnbsp;bezeichneten Mundarten, gewlmlich Hand in Hand gehendnbsp;mit zweigipfliger Exspiration (582). In andern Sprachen aber,nbsp;wie der deutschen und englischen hheren Verkehrssprache,nbsp;dienen die verschiedenen tonischen Silbenaccente hauptsachlichnbsp;mit zur Oharakterisirung der verschiedenen Satzarten (vgl.nbsp;darber Gap. 33). Daher lassen sie sich in solchen Sprachennbsp;am besten bei isolirten Monosyllabis beobachten, welche be-grifflich einen ganzen Satz vertreten. So haben wir den ebenennbsp;Ton in dem (oft etwas gedehnten) nachdenklichen, halb unent-schiedenen jd, so (ja, wenn das so gemeint isG, ja, ich weissnbsp;eigentlich nicht . . .' u. dgh), ahnlich auch engl. well. Dennbsp;f allen den Ton haben wir im einfach bejahenden/a, den stei-genden im fragenden .?, o.?, nun? (vgl. wieder engl. cc//.nbsp;Iets go then und well, are you ready?). Den fallend-stei-genden Ton findet Sweet auf der Silbe care in dem warnendnbsp;gesprochenen take care, den steigend-fallenden in demnbsp;ironischen olil, oh really'. Aehnliches kann man auch fr diesenbsp;Ealle im Deutschen beobachten, vergleiche etwa das ironischenbsp;so mit A und das zornige so mit v, u. a. mehr.

603. nbsp;nbsp;nbsp;Bezglich der Yertheilung der Tonhhe auf die ein-zelnen GMieder der Silbe ist zu bemerken, dass das Steigen undnbsp;Fallen keineswegs auf den Sonanten der Silbe beschrankt ist,nbsp;sondern sich auf allestimmhaftenLaute der Silbe erstreckt.nbsp;Beim fragenden soil er steigt die Stimme vom o bis zum Endenbsp;des / und ebenso vom e bis zum Ende des r. Bei zweitnigen

-ocr page 247-

227

604608. Der musikalisclie oder tonische Silbenaccent.

Accenten trifft der zweite Ton sehr oft einen oder mehrere Consonanten, die auf den Sonanten der Silbe folgen. Fast Alles was oben 583 ber die Vertheilung der einzelnen Glieder dernbsp;Silbe auf die Druckstsse zweigipfliger Silben dargelegt wordennbsp;ist, trifft mutatis mutandis auch auf die zweitnigen Silben zu.

60. Fr den Gesammteffect der verschiedenen Silbentne ist die Grosse der Tonbewegung, d. b. das beim Steigen odernbsp;Fallen durcblaufene Intervall sebr wesentlich. 8o gibt einnbsp;bei allen Silben eines Satzes gleichmassig durchgefhrtes Steigen durcb das Intervall etwa eines halben Tones der Sprachenbsp;etwas Klagendes, Weinerliches; das Steigen durcb ein etwasnbsp;grsseres Intervall, etwa eine Secunde(?), drckt eine einfacbenbsp;Frage, ein nocb starkeres Steigen, durcb etwa eine Sexte, Er-staunen aus, u. dgl. mebr (Sweet S. 95).

605. nbsp;nbsp;nbsp;Fr die Doppeltne muss nacbstdem aucb nocb dienbsp;Grosse des Tonscbritts, d. b. das Intervall zwiscben dennbsp;beiden gebundenen Tonen, bestimmt werden. Hierfr lassennbsp;sicb bestimmte Regeln nicbt geben. Noreen a. a. O. unter-scbeidet beispielsweise in der Mundart von Fryksdal einennbsp;eigentlicben Circumflex aus Quinte -f- Grundton, einen quot;nie-drigen Circumflex aus Grundton -f Terz, und den ^bobennbsp;Circumflex aus der bermassigen Quarte -f- Quinte.

606. nbsp;nbsp;nbsp;Als Namen fr alle doppeltnigen Silbenaccentenbsp;gebraucbt man jetzt am baufigsten wobl den Ausdruck Circumflex (obwobl das Wort als ebersetzung des griecb.nbsp;7tsQi,a7t(Di.ivr, ursprnglich nur einen bestimmten zweitnigennbsp;Accent, namlicbwobl a mit bestimmtem Intervall, bezeichnete),nbsp;oder aucb gescbliffener bez. gescbleifter Accent, imnbsp;Anschluss an eine zuerst von Kurscbat fr das Litauiscbe auf-gestellte Terminologie.

607. nbsp;nbsp;nbsp;Der litauiscbe 'gescbliffene Accent Kurschats soil allerdingsnbsp;nacli den TJntersucbungen von Masing, Serb.-cborw. Accent S. 46 ff. innbsp;tonisoher Beziehung als ein einfach steigender Accent aufzufassen sein.nbsp;Aber in exspiratorischer Beziehung scheinen mir die litauischen 'geschlif-fenen Silben trotz des Einspruchs von Masing noch immer zweigipflig,nbsp;und zweigipflige Silben mit einfach steigendem oder fallendem Ton sindnbsp;wohl mehr als problematisch.

608. nbsp;nbsp;nbsp;Auch der danische 'Stosston (685 ff.) gehort nach den Angabennbsp;von Verner, Anz. f. deutsches Alterth. VII (1880) 6 f. in musikalischer Beziehung zu den zweitnigen Accenten: 'Beim Articuliren des Wortes malernbsp;'mahlt setzt die Stimme auf der mit exspiratorischem Drucke versehenennbsp;ersten Silbe in tiefem Tone an, ... mindestens einen Ton unter dernbsp;Schlusssilbe des [nicht gestossenen] Accents nr. 2 [zweisilbiger Wrter] ,

15*

-ocr page 248-

228

609. Der Wort- und Satzaccent im Allgemeinen.

sie bleibt eine Weile auf derselben Stufe stehn, uin sioh gegen den Sohluss des langen a durch ein jahes Portament ungefahr eine Quinte hinauf-znsch-wingen; anf der hchsten Stnfe klappen die Stimmbander pltzlichnbsp;zusammen, alle Stimmbildung hort wabrend der dadnrch entstehenden ganznbsp;kleinen Pause auf; nach einem Moment fifnen sich die Stimmbandernbsp;wieder, und die Schlusssilbe Ier folgt noch auf derselben tiefen Stufe wienbsp;die Anfangssilbe. Auf Wrtern, die in der Tonsilbe kurzen Vocal mitnbsp;naohfolgendem tnend-continuirlichen Consonanten (d, w,j, r u. s. w.)nbsp;haben, ist die Modulation dieselbe, nur fallt das aufsteigende Portamentnbsp;sowie der Glottisschluss auf den tonenden Consonanten. Storm^ S. 87nbsp;halt indess die musikalische Modulation fr freier als Verner angibt.

2. Wort- und Satzaccent.

Cap. 31. Allgemeines.

609. Mit der Behandlung des Wort- und Satzaccents betreten wir ein Gebiet, das auch die alltaglicbe Praxis zurnbsp;'Accentuation' zu rechnen pflegt. Sagte man auch zunachstnbsp;wohl nur, in einem Worte wie uviiq babe die letzte Silbe, innbsp;einem Satze wie 'er sagt es, nicht sie' haben die Wrter ernbsp;und sie 'den Accent', d. h. verstand man zunachst unternbsp;'Accent' nur die Hervorhebung einer bestimmten Silbe imnbsp;Worte oder die eines bestimmten Wortes im Satze, so bat mannbsp;sich doch allmahlich daran gewhnt, auch die brigen Theilenbsp;des Wortes oder des Satzes in die Lehre von der Accentuationnbsp;hineinzuziehen. Wir verstehen jetzt unter der Accentuirungnbsp;eines Wortes die relative Oharakteristik aller seiner Silben,nbsp;unter Satzaccentuirung die relative Oharakteristik aller ein-zelnen Theile eines Satzes oder die relative Oharakteristik dernbsp;einzelnen Satze gegen einander. Denn zur vollstandigen phone-tischen Oharakteristik eines Wortes oder Satzes gehort aussernbsp;dem, was bisher ber Einzellaute, Lautverbindungen und Silben-bildung errtert ist, nicht nur dass man wisse, es sei eine Silbenbsp;oder ein Wort vor den andern in irgend welcher Weise hervor-gehoben, sondern man muss auch wissen, wie und wodurchnbsp;diese Hervorhebung geschieht, wie die minder hervorgehobenennbsp;Silben oder Wrter sich unter einander und zu den mehr hervorgehobenen verhalten und was den einen Satz von dem andern in charakteristischer Weise unterscheidet.

-ocr page 249-

229

610.611. Der Wort- und Satzaccent im Algemeinen.

610. nbsp;nbsp;nbsp;Die Bestimmung dessen, was in dem Worte oder demnbsp;Satze hervorgehoben ist oder werden soil und wie dies im ein-zelnen Falie geschiebt, fallt aus dem Gebiet der Pbonetiknbsp;beraus und der bescbreibenden Grammatik bez. Bbetorik an-beim. Die Grammatik bat z. B. zu bestimmen, welcbe Silbenbsp;eines Wortes etwa die 'Tonsilbe^ (d. b. die am meisten bervor-gebobene) ist oder welcbe Silben einen 'ISTebenaccent^ (d. b. einenbsp;weniger ausgepragte Hervorbebung) erbalten. Sie lebrt ferner,nbsp;Avelcbe Wortclassen etwa im Satze ibren selbstandigen Accentnbsp;(d. b. eine eigene merkbare Hervorbebung) verlieren (vgl. dienbsp;Lebre von den Encbticis und Procliticis, die von der Betonungnbsp;des Verbum finitum im Sanskrit), sie bat sicb mit der Modulation des ganzen Satzes und der verscbiedenen Satzarten imnbsp;Einzelnen zubescbaftigen, und dgl. mebr. Die Bbetorik abernbsp;lebrt dem Wecbsel des begrifflicben Gewicbtes, welcbes dienbsp;einzelnen Wrter im Satze baben knnen, jedesmal den ricbtigennbsp;Ausdruck zu verleihen, sei es dass sie an den Verstand desnbsp;Hrers appellirt oder dass sie sicb mebr den Ausdruck dernbsp;Gemtbsbewegungen und Affecte angelegen sein lasst. Dienbsp;Pbonetik bat es einerseits nur mit den allgemeinen Mittelnnbsp;der Cbarakterisirung (d. b. der Lebre von den allgemeinennbsp;pbonetiscben Eigenschaften des Satzes und von seiner pbone-tiscben Gliederung) zu tbun, andererseits bat sie den allgemeinen Tendenzen in der Anwendung dieser Mittel nacbzuspren,nbsp;die sicb etwa unabbangig von grammatiscb-rbetoriscbenEinzel-bestimmungen in den Spracben beobacbten lassen. Ebe wirnbsp;jedocb auf diese Fragen eingeben knnen, sind zunacbst nocbnbsp;einige Errterungen ber das Verbaltniss von Satz und Wortnbsp;einzuscbalten.

611. nbsp;nbsp;nbsp;Satz und Wort^). Unter einem Satz wollen wirnbsp;bier eine jede selbstandige gesprocbene Aeusserung versteben,nbsp;d. b. eine jede in sicb gescblossene Lautmasse, die in einemnbsp;gegebenen Zusammenbang, sei es der Bede, sei es der Situationnbsp;berhaupt, einen bestimmten Sinn (Gedanken oder Stim-mung) zum Ausdruck bringon soil und in diesem bestimmtennbsp;Sinn von dem Hrer verstanden wird.

1) Vgl. hierzu und zum folgenden namentlich die Abhandlung von Sweet, Words, Logic and Grammar, in den Transactions of the Philol.nbsp;Society, London 187576, S. 470503.

-ocr page 250-

230

612614. Der Wort- und Satzaooent im Allgemeinen.

613. Ein jeder solcher Satz ist absolut eindeutig, und ein richtig gehrter Satz kann daher von dem Hrer stets uurnbsp;in dem Sinne aufgefasst werden, in dem er von dem Sprechernbsp;gemeint war, vorausgesetzt dass beide der betreffenden Sprachenbsp;vollkommen machtig sind. Auf den Umf ang des Satzes kommtnbsp;es dabei gar nicht an. Satze die nur aus einer einzigen Silbenbsp;bestehen, wie 70, nein, hier, dort, ferner Interjectionen u. dgl.nbsp;sind in ihrem Zusammenhang ebenso verstilndlich und eindeutignbsp;wie die complicirtesten Perioden.

613. nbsp;nbsp;nbsp;Der Inhalt eines Satzes kann begrifflich einheit-lich oder mehrtheilig sein. Der Satz ich (als Antwort etwanbsp;auf eine Erage gegeben) ist einheitlich, der Satz er hat dasnbsp;Buch gestattet eine Zerlegung in die Begriffe er, hahen, das,nbsp;Buch. Die Trager dieser begrifflichen Theilglieder des Sinnesnbsp;nennen wirWrter. Man kann daher auch sagen dass einnbsp;Satz je nachdem aus inem Worte oder mehreren Wortern be-stehe. Aber durch blosse Aneinanderreihung von Wrtern innbsp;der Eorm wie jedes isolirt ausgesprochen werden wrde, ent-steht noch kein verstandlicher, eindeutiger Satz mit bestimmtemnbsp;Inhalt. Diesen empfangt die Wortreihe erst dadurch dass dienbsp;WorteP in einer fr jeden einzelnen Satz ganz bestinunteiinbsp;Weise zusammengefgt, d. h. durch ganz bestimmte Abstufungnbsp;nach Starke, Tonhhe, Dauer, ferner nach Stimmqualitat u. a.nbsp;zu einer phonetischen Einheit zusammengeschlossen werden.

614. nbsp;nbsp;nbsp;Die Schrift, welche alle diese fr das Verstandnissnbsp;nothwendigen Bindungsmittel gar nicht oder in ganz unvoll-kommener Weise zu bezeichnen vermag, lasst daher meist ganznbsp;verschiedene 'Satze die aus denselben 'Wrtern aufgebautnbsp;sind, unterschiedslos in ein und derselben Wortreihe zu-sammenfallen. Eine solche Wortreihe ist daher stets viel-deutig und nie einem wirklichen Satze der gesprochenen Redenbsp;gleichzustellen: der Sinn muss erst durch Interpretation gefun-den werden. So enthalt die Wortreihe er hat das Buch, jenbsp;nachdem man das eine oder andere Wort starker 'betont, dienbsp;vier inhaltlich ganz verschiedenen Aussagen r hat das Buch,nbsp;er hat das Buch, er hat das Buch, er hat das Buch, und selbstnbsp;diese Viertheilung gengt noch nicht, um wirklich eindeutigenbsp;Satze zu schaffen. Durch Aenderung der musikalischen Be-tonung, der Stimmlage, der Stimmqualitat knnen jene viernbsp;Aeusserungen abermals mannigfaltig zerlegt werden. Jene viernbsp;Wrter knnen also z. B. enthalten vier einfache Aussagesatze

-ocr page 251-

231

615. 616. Der quot;Wort- und Satzaocent im Allgemeinen.

(vier je nacli der quot;Betonungquot; der einzelnen Wrter, wie ange-geben), vier Fragesatze, vier Ausrufssatze der Freude, des Staunens, des Aergers u. s. w.

615. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist also klar dass die phonetiscbe Untersuchungnbsp;des Satzbaues nicht von den quot;Wrtern ausgehen darf, die imnbsp;Satze gebunden erscheinen. Phonetisch betrachtet ist der ge-sprochene Satz (um den es sich doch allein handeln kann, danbsp;gescbriebene Satze berhaupt Undinge sind) in der naivennbsp;Sprache eine geschlossene phonetiscbe Einheit, wie er deunnbsp;auch gar oft gesprochen und verstanden wird, ohne dassnbsp;Sprecher und Hrer sich der einzelnen Theile (d.h. der Wrter)nbsp;bewusst werden, aus denen der einzelne Satz begrifflich besteht.nbsp;Die einzelnen W^rter werden ja im Zusammenhang des Satzesnbsp;oft so verstmmelt, dass man sie als phonetiscbe Theilstckenbsp;gar nicht mehr isoliren kann, und doch wird der 'Satz richtignbsp;verstanden. In der hessischen Mundart werden z. B. die dreinbsp;Wrter wollen, wir, gehn zusammengezogen zu deindreisilbigennbsp;Fragesatz wm?gen?, die vier Wrter wollen, ivir, demi, gehn zunbsp;dem nur zweisilbigen Fragesatz wdhigen? (mit langem silbi-schem tn). Isolirt wrden die Wrter dort wln, nur, dn, gennbsp;lauten: in den zusammengezogenen Grappen oder Satzen istnbsp;von den Lauten der Einzelwrter wenig genug geblieben, undnbsp;doch ist die verschiedene Bedeutung der beiden Satze jedemnbsp;Hrer sofort klar, auch ohne den Yersuch einer begriffhchennbsp;Analyse.

616. nbsp;nbsp;nbsp;Und so ist es schliesslich berall. Erst eine weit-greifende Speculation lehrt uns allmahlich den Satz in seinenbsp;begriffhchen Elemente (eben in die Wrter) zerlegen, und diesenbsp;Zerlegung ist eine Hauptarbeit des Grammatikers und Lexico-graphen. Je naiver, je weniger grammatisch gebildet Sprechernbsp;und Hrer sind, um so weniger machen sie beim Sprechen undnbsp;Verstellen Gebrauch von einer begriffhchen Analyse des Satzes:nbsp;sie bilden weder ihre Satze nach einem logisch-grammatischennbsp;Schema, noch verstehen sie sie danach, vielmehr thun sie heidesnbsp;in unbewusster Nachbildung und JSlachempfindung gewissernbsp;durch den Gebrauch verstandlich gewordener Satztypen. Jenbsp;naiver eine Sprache, um so ungestrter und geschlossener istnbsp;daher auch die phonetiscbe Einheit und die phonetiscbe Gliede-rung der Satze. Aber auch selbst beim grammatisch geschultennbsp;Sprecher ist, abgesehn vielleicht von logisch oder rhetorischnbsp;besonders pointirter Sprechweise, wie sie namentlich dem

-ocr page 252-

232

618620. Der Satz und seine Glieder.

gelehrten und schulmassigeii Vortrag (vor Allem dem durch Anlehnung an die Schrift durch das AVrteiiesen ruinirtennbsp;Schulvortrag] eigen ist, die phonetische Gliederung des ge-sprochenen Satzes naeist machtiger als die etymologisch-logischenbsp;Gliederung nach Wrtern und Wortgruppen.

617. Fr die phonetische Oharakteristik des Satzes undnbsp;seiner Theile kommen aber in erster Linie wieder die dreinbsp;Variationsmittel; Ahstufung nach Starke, Tonhhe undDauernbsp;in Betracht. Wir haben danach getrennt zunachst den exspira-torischen oder dynamischen Satzaccent (Starkeabstufung dernbsp;Satze und Satztheile), dann den musikalischen oder tonischennbsp;Satzaccent (die Tonhhenahstufung der Satze und Satztheile,nbsp;wobei anhangsweise die verschiedenen Stimmqualitaten zurnbsp;Sprache kommen) zu behandeln; die Besprechung der Abstufungnbsp;der Dauer der Satzglieder bleibt dem Abschnitt ^Quantitat^nbsp;aufbehalten.

ap. 32. Der exspiratorische oder dynamische Satzaccent.

1. Der Satz und seine Glieder.

618. nbsp;nbsp;nbsp;Satz und Silbe. Ein gesprochener langerer Satznbsp;stellt sich (wenn wir vom Inhalt absehen) dem Gehr zunachstnbsp;dar als eine in gewissem Sinne rhythmisch gegliederte Reihenbsp;von Schallen. Aus dieser sondert das Ohr weiterhin eine jenbsp;nach der Lange des Satzes grssere oder geringere Anzahl vonnbsp;Theilstiicken aus, die wir als Silben bezeichnen und derennbsp;Bau und wesentlichsten Eigenschaften wir 515 ff. kennen ge-lei'nt haben.

619. nbsp;nbsp;nbsp;Da die Silbenbildung ganz bestimmten Gesetzennbsp;unterliegt, so ist im Grossen und Ganzen die Silbeneintheilungnbsp;und Silbenzahl eines Satzes fr das Ohr ohne Schwierigkeitennbsp;zu bestimmen. Niemand zweifelt z. B., dass ein Satz wienbsp;kommst du? zweisilbig, ein Satz wie kommst du mit? dreisilbig,nbsp;ein Satz wie gib mir das Buck her fnfsilbig ist, u. s. w. Dassnbsp;auch einsilbige Satze, wie konim!, geh!, ja, nein u. dgl., volkommen ist bereits oben 612 bemerkt worden.

620. nbsp;nbsp;nbsp;Silben und Sprechtakte. Ueber dieser Ghede-rung des Satzes in Silben steht aber noch eine Gliederungnbsp;hherer Ordnung, durch die der Satz erst den ihm anhaftendennbsp;rhythmischen Charakter bekommt. Die einzelnen Silben einesnbsp;mehrsilbigen Satzes pflegen niimlich nicht gleichwerthig zu

-ocr page 253-

233

621623. Der Satz und seine Grlieder.

sein; sie werden vielmelir in der Regel derart geordnet, dass sich schwacher gesprochene Silben mit einer starker gesproche-nen zu einer in sich geschlossenen Gruppe verbinden, die sichnbsp;von etwaigen Nachbargruppen mehr oder minder deutlich ab-hebt. So haben wir in dem Satze kommst du | morgen \ wieder?nbsp;einen dreimaligen Wechsel von starkerer und schwacherer Silbenbsp;oder drei solche Silbengruppen; in dem Satze gib mir das Bucknbsp;lier erkennen wir eine dreisilbige und eine zweisilbige (gipmirdas \nbsp;bxer]; in allen diesen Beispielen steht die dominirende starkstenbsp;Silbe zu Anfang der Gruppe.

621. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Gruppenbildung ist wesentlich exspiratorischernbsp;Art, d. h. die Druckstsse fr die einzelnen Silben der Gruppenbsp;werden zu einer hheren Einheit zusammengefasst. Eine solchenbsp;Gruppe ist gewissermassen eine aus Einzelbewegungen zusam-mengesetzte rhythmische Eigur, nach deren Ablaut, ganz wienbsp;beim Tanz, eine neue ahnliche oder gleiche Figur sich an-schliessen kann. Jede neue Eigur setzt mit einem eigenennbsp;Willensimpuls ein, der sich auf die Gesammtgruppe erstreckt,nbsp;und dieser neue Einsatz macht sich in einem deutlicheren Ein-schnitt in der Exspiration geltend, d. h. die Exspirationsgrenzennbsp;zvdschen Gruppe und Gruppe sind starker markirt als dienbsp;zwischen den einzelnen Silben einer Gruppe. Man knnte diesenbsp;Gruppen daher als Exspirationsgruppen bezeichnen; dochnbsp;hat sich dafr mehr und mehr der Name Sprechtakt einge-brgert, der von der Aehnlichkeit dieser Silbengruppen mit dennbsp;musikalischen Takten hergeleitet ist und sich auch darum em-pfiehlt, weil er auch auf ein zweites Hauptelement der Gruppenbildung, die Dauer, Ecksicht nimmt (hierber s. 719 ft.). Sweetnbsp;bezeichnet sie als stress-groups, d.h. Gruppen, die durch einennbsp;stress oder starken Accent zusammengehalten werden.

622. nbsp;nbsp;nbsp;In Hinsicht auf seine phonetisch-rhythmische Ghede-rung zerfallt also der langere Satz zunachst in Sprechtakte,nbsp;und diese knnen sich wieder in Silb en zerlegen. Das Minimal-mass des Satzes ist in Sprechtakt, das Minimalmass einesnbsp;Sprechtakts ine Silbe. Bei einem einsilbigen Satze wie kommlnbsp;fallen also Satz, Sprechtakt und Silbe ihrem Umfange nach zu-sammen.

623. nbsp;nbsp;nbsp;Wrter und Sprechtakte. Die rein phonetisch-rhythmische Gliederung des gesprochenen Satzes darf nicht mitnbsp;der logisch-etymologischen Zerlegbarkeit des Satzes in Wrternbsp;(613) verwechselt werden. Allerdings decken sich in Sprachen

-ocr page 254-

234

624. 625. Der Satz und seine Griieder.

wie dein Deiitschen die Grenzen von Wrtern und Sprechtakten oft tliatsachlich, z. B. in einem Satze wie die feindlichen \nbsp;Reiter | hamen ] gestern \ wieder. Aber ebenso oft, ja fternbsp;kommt es vor, dass einzelne Wrter auf verschiedene Taktenbsp;vertheilt werden, ohne dass die Spraclie dadurch das geringstenbsp;an Deutlichkeit einbsst. In dem Satze wo sind die Gefange-nen? (gesprochen -wozindig'* \nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;wobei - vor wo an-

zeigen moge, dass die erste Silbe unbetont ist) gehort das von ^Gefangenen^ phonetisch ebensogut zuin Vorbergehendennbsp;wie die letzte Silbe von 'quot;feindlichen im vorigen Beispiel. Auchnbsp;das begrifflich selbstandige di steht phonetisch nicht anders danbsp;als die Mittelsilbe li des gedachten quot;Wortes; in gipmirdas |nbsp;bxer wird der begrifflich zum folgenden hux gehorige Artikelnbsp;das rhythmisch von diesem getrennt und zum Vorhergehendennbsp;gezogen, u. s. w. (man sieht also deutlich, dass eine begrifflichenbsp;Analyse des Satzes beim Sprechen nicht stattfindet, welchenbsp;sonst nothwendig auch eine phonetische Bindung des begrifflichnbsp;Zusammengehrigen und eine phonetische Trennung des begrifflich Unverbundenen hatte hervorrufen mssen).

624. nbsp;nbsp;nbsp;Dieser G-esiohtspunkt ist fr die Lehre von den 'nnbetontennbsp;Wortern, wie Enoliticae und Proclitioae eto., von grosser Bedeutung, abernbsp;sehr oft zu Gunsten theoretischer Erwagungen her die Nothwendigkeitnbsp;phonetischer Selbstandigkeit begrifflich selbstandiger Satztheile hintan-gesetzt worden; beispielsweise in der Lachmannschen Pormulirung dernbsp;mittelhoohdeutschen Metrik, welche lehrt, dass nicht ein selbstandigesnbsp;Wort zu Gunsten einer Endsilbe eines andem in die Senkung gesetzt werden drfe (in Pallen wie mhd. todgen den Up), weil es als selbstandigesnbsp;Wort Anspruoh auf grssere Hervorhebung habe. Hier entscheidet nie-mals der begriffliche Werth an sioh, sondern lediglich die Spreohgewohn-heit der einzelnen Sprache.

625. nbsp;nbsp;nbsp;Wort- und Takttrennung drfen also zwar zusam-menfallen, aber in wohlgegliederter Rede, und namentlich imnbsp;Verse, darf dies nicht allzuhaufig geschehen. Demi die Hau-fung von begrifflicher und rhythmischer Trennung (Wort- undnbsp;Takttrennung) an derselben Stelle des Satzes pragt die Tren-nungseinschnitte zu scharf aus und liisst somit die einzelnennbsp;Theile des Satzes zu sehr auseinanderfallen. Bei Kreuzung vonnbsp;Wort- und Takttrennung wird dagegen der begriffhche Bruchnbsp;zwischen Wort und Wort durch die rhythmische Bindung undnbsp;der rhythmische Bruch innerhalb des Wortes durch die begriffliche Zusammengehrigkeit der getrennten Stcke gemildertnbsp;und dadurch ein vollkommenerer Wohllaut erzielt.

-ocr page 255-

626. Taktgliederung. 627630. Formen der Sprechtakte. 235

636. Taktgliederung und Satzinhalt. Die Taktgliederung eines jeden Satzes in dem oben 611 bestimmten Sinne ist ein fr allemal unveranderlich. Jede Veranderungnbsp;der Taktgbederung einer gegebenen Wortreihe verandert aucbnbsp;den Sinn der Wortreihe, d. h. schafft jedesmal einen neuennbsp;Satz. So ergibt eine vierfach verschiedene Taktgliederung dernbsp;Wortreihe er kat das Buch die vier verschiedenen Satze rhatas \nbsp;hx (der Accent moge hier einfach die starken Silben der Taktenbsp;bervorheben) = r bat das Buck, rhdtas | hux = er bat dasnbsp;Bucb, 'rhatds j hx oder ^rhatdsbux = er bat das Bucb, undnbsp;rhatasbx = er bat das Bucb.

2. Die Formen der Sprecbtakte.

627. nbsp;nbsp;nbsp;Ueberdie Silbenzabl der Sprechtakte lassen sicbnbsp;allgemeine Kegeln nicht aufstellen, da das Maximalmass vonnbsp;den Sprecbgewohnheiten der einzelnen Sprachen abbangt. Nurnbsp;lasst sicb sagen, dass Sprechtakte urn so langer werden knnen,nbsp;je mehr sicb eine Sprache besonders starker exspiratorischernbsp;Accente bedient: je starker die Haupttonsilbe eines Taktes,nbsp;um so mehr schwachere Silben kann sie tragen. lm Deutschen,nbsp;Englischen und ahnlichen Sprachen kommen daber sehr langenbsp;Sprecbtakte vor (vgl. brigens hierzu unten 652 f.j.

628. nbsp;nbsp;nbsp;Die rbytbmischen Formen der Sprecbtaktenbsp;knnen sehr mannigfaltig sein. Aucb in Prosa knnen alle dienbsp;verschiedenen Formen vorkommen, die wir im Verse als Vers-fsse bezeicbnen. Die baufigsten Arten sind wohl:

629. nbsp;nbsp;nbsp;Fallende (^trochaiscb-daktylische) Sprechtakte: der Sprecbtakt beginnt mit der starksten Silbe, dienbsp;schwacheren Silben folgen nacb. Diese sind in Sprachen wienbsp;dem Deutschen, Englischen u. s. w., welcbe meist den Wort-anfang betonen, weitaus am gewhnlichsten.

630. nbsp;nbsp;nbsp;Steigende (iambisch-anapastiscbequot;) Sprechtakte: die starkste Silbe steht am Schlusse des Sprechtakts,nbsp;die schwacheren gehen voran, z. B. nhd. gip'r^ haltdn 'gibnbsp;hr, halt an. Im Allgemeinen sind diese Takte bei uns selte-ner; am ersten finden sie sich noch, wenn sie isolirt stehen,nbsp;namentlich nach ihrem Ende zu (wie das in den gegebenennbsp;Beispielen der Fall war). Doch verfallen wir auch im Deutschen, namentlich bei erregter Sprechweise, oft bei langerennbsp;Satzen in durchgehends steigenden (iambisch-anapastischen)nbsp;Bhythmus, der durch grssere Lebhaftigkeit von dem ruhigeren

-ocr page 256-

236

631634. Die Formen der SprecMakte.

fallenden (trocliaiscli-daktylischen) Gang verschieden ist. Man denke sick z. B. den Satz und er gibt mir das Buck undnbsp;gekt wg in aufgeregt argerlickem Ton, mit dem Nackdrucknbsp;auf dem Bnde gesprocken, so stellt sick die Takttkeilungnbsp;und^rgip(t) \ mirdasbu | xuT3getw% fast unwillkiirlick ein; odernbsp;vgl. erregtes dnk dir, |1 da kmmt | der Krl j und schldgt) ihnnbsp;mit der Faust | ins Gesicht mit rukig erzaklendein da | kdm ein \nbsp;Mann und j schliig ihn mit der | Faust ins Ge- | sicht u. dgl.

631. nbsp;nbsp;nbsp;Steigend-fallendefampkibrackiscke) Sprech-takte: die stiirkste Silbe stekt in der Mitte des Taktes wienbsp;etwa in dem Satze wo hist du ? u. dgl. Audi diese Form findetnbsp;sick im Deutscken meist wieder nur isolirt (wie in dem ange-zogenen Beispiel), in grsserem Zusammenkang meist nur beinbsp;sckarfer gliederndem Kunstvortrag. Um so kaufiger tritt sie nbsp;im Wecksel mit andern, namentlick daktylisck-anapastisckennbsp;Formen in der Dicktung auf (ein grosser Tkeil der dakty-lisck-anapastisck gemeinten Verse Zesens und seiner Nack-folger ist z. B. in Wirklickkeit ampkibrackisck gebaut, vgl.nbsp;etwa Verse wie Was strahlet, | was prahlet, | was blitzen \filrnbsp;Spitzen || in diesem \fiirtreffli- \ chen Zimmer | allhierf).

632. nbsp;nbsp;nbsp;Die ampkibrachischen Sprechtakte sind besonders empfindliobnbsp;gegen Veranderungen der Form: sie gestatten kaum mehr als drei Silbennbsp;in der angegebenen Gruppirung (Schema 123). Sobald die Silbenzalilnbsp;wachst, versohiebt sioh gewShnlioh die Gruppirung, d. h. die amphi-braohisohen Sprechtakte setzen sich in numerisch verwandte (daktylischenbsp;Oder anapastische) Formen um.

633. nbsp;nbsp;nbsp;Auftakt. Von den Sprecktakten mit steigendemnbsp;Eingang (den edit steigenden und steigend-fallenden Formen)nbsp;sind streng zu untersckeiden fallende Takte mit voraus-gekendem Auftakt, d. k. einer sckwacker betonten Silbenbsp;oder Silbenfolge, die ausserhalb der rhythmiscken Gruppe stekt.nbsp;Bei diesen setzt der neue Impuls bez. die rhythmische Figurnbsp;(621) erst nach jenem unbetonten Stiick ein, das eben durcknbsp;den folgenden Bruch isolirt und dadurch zum ^Auftakt imnbsp;eigentlicken Shine des Wortes wird.

634. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Unterscheidung ist besonders auoh fiir die Metrik, sowohlnbsp;des Gesangs- wie des Sprechverses, von Bedeutung, denn sie tragt vielnbsp;dazu bei, dem Vers seinen speoifischen rhythmisohen Charakter zu ver-leihen. Der fallende Fuss hat durchgehendes Decrescendo; dies erstrecktnbsp;sich auch auf die Hebung, die also mit abnehmender Starke, mehr ver-klingend gesprochen (bez. gesungen) wird; bei dem ganz crescendo ge-bildeten steigenden Fuss bleibt auch die Hebung bis zum Sohluss gleichnbsp;stark, und der plotzliche Abbruch danach verleiht dem Verse einen

-ocr page 257-

237

635636. Die Pormen der Spreohtakte.

kraftigeren Charakter. Auch sind die Hebungen der steigenden Piisse meist etwas mehr gedebnt als die der fallenden (was sick namentlicb auoh.nbsp;wieder in der Composition bemerklich macbt). Die steigend-fallendennbsp;Piisse nehmen eine Art Mittelstellung ein.

639. Die Musik ignorirt im Granzen diesen Ilntersohied, indem sie aus praktisoben Griinden ihre Takte schematisch von Hebung zu Hebungnbsp;misst, d. h. den Taktstrich stets unmittelbar vor die Hebung setzt, unbe-kiimmert darum, ob an der betreffenden Stelle ein rhythmisch-melodischernbsp;Bruch einsetzt oder nicht (als Erganzung, d. h. zur Hervorhebung der nichtnbsp;mit den abstracten, nur der Zeitmessuug dienenden Takten identischennbsp;rhythmisoh-melodischen Gruppen, wird gelegentlich der Pigurationsbogennbsp;gebraucht). Infolge dieser mangelhaften Bezeichnungsweise wird dennnbsp;auch der TJnterschied der verschiedenen Rhythmenformen selbst beimnbsp;Vortrag oft verwisoht, namentlich bei der Instrumentalmusik, seltenernbsp;beim Gesang, wo die Sinnesgliederung des Textes die rhythmische Glie-derung stiitzen hilft. So sind also gerade beim Gesang die verschiedenennbsp;Arten der rhythmischen Bindung gut zu beobachten. In dem Simrocksehennbsp;Liede Warnung vor dem Rhein* sind z. B. die beiden ersten Zeilen dernbsp;Strophe (an den Rhein, | an den Rhin, | geh nicht \ an den Rhin [[ meinnbsp;Shn, I ich rd- | the dir gut ||) steigend, die dritte ist steigend fallend (danbsp;gkt dir \ das Lben \ zu Ueblich \ in |1), die vierte fallend mit Auftaktnbsp;(da j| bluht dir zu | frudig der \ Mdth [|). Hat man sioh einmal darannbsp;gewhnt, auch beim Gesang die wahren Rhythmusgruppen auszusoheiden,nbsp;so wird man sie auch im Spreekvers und der Prosarede leicht wieder-erkennen. Nur stehen sie da in noch viel freierem quot;VVechsel als im Gesang,nbsp;und gerade darauf beruht ein guter Theil der eigenthiimliohen Wirkungnbsp;solcher Partien (vgl. etwa Stellen wie er fgte \ die Flder, \ zerbrdch |nbsp;den Forst || auf |j Flussen und \ Seen das | Grundeis \ brst, wo einenbsp;Gruppirung der Schlusszeile naoh dem Muster der ersten, also aufnbsp;Flussen I und Seen | das Grnd- \ eis brst abscheulich ware).

636. Eine einheitliche Bezeichnungsweise fr die verschiedenen Arten der Sprechtakte wird sioh schwer auffinden lassen. Sweet theilt allenbsp;Sprechtakte nach dem Muster der musikalisohen Taktbezeichnung ab,nbsp;d. h. lasst sie stets mit der Hebung beginnen und fasst unbetonte Silbennbsp;vor dieser stets als Auftakt, schreibt sie demnach eventuell getrennt undnbsp;bezeichnet ihre Unbetontheit durch vorgesetztes - (er wrde also z. B.nbsp;den steigend-fallenden Takt wobistuf in -too bistu zerlegen). lm Grossennbsp;und Ganzen trifft j a diese Zerlegung fr die Sprachen mit Anfangsbetonung,nbsp;wie eben die germanisohen, zu, aber sie verwisoht doch auoh hier nichtnbsp;selten die wahre rhythmische Gliederung, und reioht daher namentlichnbsp;fr die Zerlegung der gebundenen Rede in ihre rhythmischen Elementenbsp;nicht aus.

3. Die Abstufung innerhalb der Sprechtakte.

637. Die einzelnen Silben des mehrsilbigen Sprechtakts unterscheiden sich, wie bereits angegeben (630), durch ihre ver-schiedene Starke. Die starkste Silhe eines solchen Taktsnbsp;bezeichnet man im Deutschen herkmmlich als die Tonsilbe

-ocr page 258-

238

638641. Die Abstufung innerbalb der Spreclitakte.

des Takts, oder sagt, dass sie betont sei, den Ton oder den Accent schlechthin babe; die andern Silben nennt man daim,nbsp;je nach dem Grade ihrer Starke, unbetont (tonlos) odernbsp;nebentonig (vgl. 641). Mit Elicksicht darauf aber, dass dienbsp;Hervorbebung der quot;Tonsilbequot; bier speciellauf einerYerstarkungnbsp;des Exspirationsdrucks berubt, spricbt man anch bier bessernbsp;speciell vom exspiratoriscben oder dynamiscben Accentnbsp;[emphasis Ellis, stress Sweet).

638. nbsp;nbsp;nbsp;Die Abstufung der Silbenstarke innerbalb des Taktsnbsp;bat mit der absoluten Starke (Lautbeit) der einzelnen Silbennbsp;nicbts zu schaffen. Er die Abstufung der beiden Silben desnbsp;Taktes liahe ist es z. B. gleichgltig, ob der gauze Takt lanternbsp;oder leiser gesprocben wird, denn mit zunehmender Starke dernbsp;ersten Silbe wachst aucli die Starke der zweiten, und umge-kebrt beim Abnehmen: das relative Yerhaltniss, auf das esnbsp;bier allein ankommt, bleibt dasselbe.

639. nbsp;nbsp;nbsp;Er die nabere Charakteristik eines Sprecbtakts innbsp;exspiratorisch-dynamischer Hinsicht kommt namentlicb Eolgen-des in Betracht:

640. nbsp;nbsp;nbsp;Der Starkeabstand der starken Silben von dennbsp;schwacbern. Dieser kann ein sebr verschiedener sein. Ininbsp;Deutschen ist er z. B. ein sebr grosser, und so pflegt er es berhaupt gern in solchen Sprachen zu sein, wmlche vorwiegend nurnbsp;dynamiscben Accent haben, d. h. eben die einzelnen Silben desnbsp;Taktes oder Satzes vorwiegend nur nach ihrer Starke abstufen.nbsp;In andern Sprachen, wie den romanischen, den slavischen, demnbsp;Schwedischen etc., ist der Starkeunterschied geringer, sodassnbsp;die schwachen Silben jener Sprachen von den Deutschen meistnbsp;als halbstark oder einen Nebenaccent tragend empfunden werden (vgl. 643).

641. nbsp;nbsp;nbsp;Die Anzahl derentwickeltenStarkestufen. Es gibtnbsp;nicht nm eine zweifache Abstufung der Silbenstarke starkenbsp;und schwache Silben , sondem es sind sebr haufig Mittel-stufen entwdckelt. In einem Takt wie redete sind die beidennbsp;Schlusssilben scbwacher als die erste, zugleich aber ist dienbsp;letzte etwas starker als die zweite, und man pflegt daher zunbsp;sagen, dass sie einen (exspiratoriscben oder dynamiscben)nbsp;Nebenaccent trage. Einfacher ist es, direct starke, mittel-starke (oder halbstarke) und schwache Silben zu unter-scheiden. Zur Bezeichnung verwenden wir im Anschluss annbsp;den Gebraucb der englischen Phonetiker nach dem Sonanten

-ocr page 259-

642644. Die Abstufung innerhalb der Sprechtakte. 239

der starken, ; nach dem Sonanten der mittelstarken Silben, die scliwachen Silben bleiben unbezeichnet. Das Beispiel von 619nbsp;wrde hiernacli gvpmirda:s h'x:r zu schreiben sein. Dassnbsp;iibrigens mit dieser Dreitheilung die Zahl der inglichen Ab-stnfungsgrade noch nicht erschpft ist, versteht sich von selbSt.

612. nbsp;nbsp;nbsp;Die Untersclieidung dieser drei Stufen deckt sich mit der Lach-mannschen Untersoheidung von Hochton, Tiefton, Unbetontheit.nbsp;Diese Namen aber sind phonetisch nicht verwendbar, da es sich nicht umnbsp;Hhe und Tiefe, berhaupt nicht nm Tone (d. h. Tonhhen) handelt, son-dern ausschliesslich um Starke und Schwache der betreffenden Silben.nbsp;Man msste also jene Ausdrcke, um sie verwendbar zu machen, min-destens in ;exspiratorischer oder dynamischer) Hauptaccent, Neben-accent und Unacoentuirtheit verwandeln, da wir das WortAccent'nbsp;einmal als neutralen Ausdruck sowohl fur Starke- wie fur Tonhervor-hebungen verwenden.

613. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber dieLagerung der Silben mittlerer Starkenbsp;zu den starken Silben lassen sich feste Regeln nicht geben.nbsp;Ini Deutschen folgt ini zweisilbigen Takt auf die starke Silbenbsp;in der Regel eine schwache, wie in ga-h% ^d'ndl 'Gabe,nbsp;batten, Handel; eine mittelstarke meist nur, wenn die zweitenbsp;Silbe einen vollen VocaB enthalt, wie in dwa.-, odd:, wrrklirinbsp;'Anna, Otto, wirklich^ In isolirten mehrsilbigen Takten machtnbsp;sich meist das Bestreben geltend, schwache Silben mit starkerennbsp;regelmassig abwechseln zu lassen, d. h. es folgt auf die starkenbsp;Anfangssilbe eine schwache, dann eine mittelstarke, wiedernbsp;eine schwache, mittelstarke u. s. w.

611. Was das Verhaltniss der Taktabstufung zum dynamischen Wortaccent, d. h. zur Starkeabstufung dernbsp;Silben im Worte anlangt, so bilden selbstverstandlich dienbsp;starksten Silben der Wrter die starken Silben der Takte, undnbsp;diese pflegen in den meisten Fallen festzustehn. Auch dienbsp;mittelstarken Silben der Wrter geben im Allgemeinen mittelstarke Silben im Takt ab. Aber die Yertheilung der mittelstarken Silben im Worte ist, wenigstens im Deutschen, nichtnbsp;immer fest, sondern sie richtet sich oft auch nach der Zusam-mensetzung des Taktes oder der Takte, welche das Wort fiillt,nbsp;namentlich bei mehr getragener Recitation, insbesondere imnbsp;Yerse. Bei rascherem Sprechen von mehrtaktigen Satzen abernbsp;lassen mr oft eine an sich mittelstarke Silbe durch eine folgendenbsp;starkere zur schwachen Silbe herabdriicken; wir sagen z. B. imnbsp;Biihnendeutschen und den mittel- und norddeutschen Mund-arten mwtig^: in Pausa [rrm-ti:g^ scheint dagegen im Sdennbsp;sich zu finden;, aber m'tig^ me'n^r u. dgl.

-ocr page 260-

24 0 nbsp;nbsp;nbsp;647649. Die Abstufung der Satztakte unter einander.

645. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Variabilitat der sch-waoheren Silben erstreckt sioh auohnbsp;auf die eines eigenen Nachdrucks entbekrenden Wrter, namentlicb-wiedernbsp;die Encliticae u. dgl. Wir sagen z. B. -wo sartirg^{:) w'zn, wo seid ibrnbsp;gewesen, d. h. das ir hat die schwachste Stelle im Takt, wenn auch dasnbsp;kaum merkbar starker ist; aber bei der Vermehr-ung des Taktes nm einenbsp;Silbe, z. B. in w5-zaiti:rgo tce'zn (Nachdruck auf wo) wird tir mittelstarknbsp;und zai schwaoh (man beachte, dass nicht die ebenfalls hiiufige Aus-sprachsweise wo-zaidirg^ wezn mit gedehntem starkem wo und iibenaittel-starkem, fast einen neuen Takt einfhrenden zai gemeint ist). Mannbsp;vergleiche auch haufige Betonungen -wie a'ndarbeidn Handarbeiten,nbsp;u'nfolste.-ndix un-yollstandig, oder wie mrtaelurn^n Mittheilungen, etc.

646. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist oft sehr schwer iiber die Starkeverhaltnisse der schwa-cheren Silben ins Klare zu kommen, zumal man gewohnlich bestimmtenbsp;Vorstellungen darber mitbringt, namentlich wie die oben 624 erwahntennbsp;Ansichten iiber die Starke selbstandiger Wrter. Man darf auch nichtnbsp;einzelne Silbengruppen aus dem Satze herausnehmen, weil sich dabei garnbsp;zu leicht die Takttheilung und da-mit die relative Starke der einzelnennbsp;Silben verschiebt. Sweet empfiehlt daher S. 92 nur die zu untersuchendennbsp;Silben des Satzes mit lauter Stimme auszusprechen, die andern sich nurnbsp;gesprochen zu denken oder sie zu fliistern.

4. Die Abstufungen der Satztakte unter einander.

647. nbsp;nbsp;nbsp;Auch die einzelnen Takte des Satzes knnen unternbsp;einander mannigfacli ahgestuft sein. Man muss hier zweierleinbsp;unterscheiden: die his zu einem gewissen Grade feststehende,nbsp;natiirliche Abstufung benachbarter Takte, und die -willkiirlichnbsp;wechselnde Abstufung von Takten beliebiger Stellung zumnbsp;Behuf von Modificationen des Sinnes einer Wortreihe.

648. nbsp;nbsp;nbsp;Die erstere Art der Abstufung (einfach rhyth-mische Abstufung) vergleicht sich der Abstufung der einzelnen Silben im Takte. Sie dient dazu, den Eindruck dernbsp;Monotonie im gesprochenen Satze zu verhiiten. Am deutlichstennbsp;tritt sie fr uns hervor, wo die Nachbartakte sich iiber ein ein-ziges Wort erstrecken, das ja in der Regel eine feste Abstufungnbsp;der einzelnen Silben zeigt. In ko-nstanti: no-pl enthalten beidenbsp;Takte eine starke Silbe; functionell steht die Silbe hon dernbsp;Silbe no vllig gleich; aber ihre absolute Starke ist verschie-den, da der Takt npl an sich starker ist als der vorausgehende.nbsp;Im Deutschen, das ehifache Wrter von bedeutender Langenbsp;kaum kennt, tritt diese Erscheinung am haufigsten in Compo-sitis auf, z. B. a'lPrtu;ms ku-mP\ der Anfangstakt ist hier meistnbsp;der starkere.

649. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Lachmanns Auffassungs-vveise hat die Stammsilbe desnbsp;zweiten Gliedes von Compositis im Deutschen einen Tiefton,

-ocr page 261-

650652. Die Abstufungen der Satztakte unter einander. 241

d. h. nur Mittelstarke; dies ist vom phonetischen Standpunkt aus unrichtig, wenn es als allgemeine Regel geiten soil. Zwar kann im Compositum dienbsp;Stammsilbe eines zweiten Gliedes zu blosser Mittelstarke und noch weiternbsp;herabgedriiokt werden, ursprnglioh aber bezeiohnet die Stammsilbe desnbsp;zweiten Gliedes den Eintritt eines neuen Hauptacoents {Lachmanns Hooli-ton), der nur nicht ganz die Starke des vorausgegangenen erreicht, mithinnbsp;als ein Hauptaocent zweiten Grades zu bezeichnen ware.

650. nbsp;nbsp;nbsp;Bei diesen natrlichen Abstufungen ist der Starke-unterschied der benachbarten Takte im Ganzen nicht sebr be-deutend. Dagegen treten bei jenen willkilrlichen Abstufungennbsp;(dem dynamischen Sinnesaccent) auchgrssereDifferenzennbsp;auf, und zwar wiichst die absolute wie relative Starke einesnbsp;Taktes urn so mehr, je melir Gewicht, 'Nachdruck' auf seinennbsp;Begriffsinhalt gelegt wird.

651. nbsp;nbsp;nbsp;Durch solche Verandeningen des Naohdrucks, der auf einzelnenbsp;Theile der Wortreihe (von der einfaohen Silbe bis zum vielsilbigen Wortenbsp;hinauf) gelegt wird, verschiebt sich oft auch die ganze Takteintheilungnbsp;der Reihe, namlich stets da, wo eine bei gewhnlicher Sprechweise schwa-chere Silbe zur Nachdruckssilbe gemaoht wird: denn dadurch wird sie zurnbsp;Anfangssilbe eines neuen Taktes. Man vergleiche z. B. die Variationennbsp;der oben 645 analysirten Wortreihe wo seid ihr gewesen als wb-miti:rggt;nbsp;wzn, -IVO zai'tirg^ :iPKzn, wb'zai tvrggt; wzn (oder -wozai tvrg wzn) etc.nbsp;mitNachdruckauf wo, seid, ihr etc. Dass es sioh auch hier stets umnbsp;Bildung neuer Satze handelt, verstekt sich von selbst.

652. nbsp;nbsp;nbsp;Takte und Taktgruppen. Es ist oft schwer,nbsp;zwischen einem langen Takte init gewichtiger mittelstarker Silbenbsp;und zwei vollen Takten mit fallender Starke zu unterscheiden.nbsp;Man kann das Wort Alterthumskunde^ (s. oben) sowohl alsnbsp;a'lVrf:ms kwnd^, wie als a'lfrtmskurnd^ sprechen und auf-fassen. Es hangt das wesentlich von der Stellung im Satze undnbsp;den Kaclidrucksverlialtnissen der benachbarten Takte ab, auchnbsp;die Quantitat spielt eine Bolle dabei (vgl. TIO ff.). Steht einenbsp;solche Silbenreihe wie alt^rtmskund^ am Ende eines Satzes,nbsp;WO die Quantitat der einzelnen Silben berhaupt gesteigert zunbsp;werden pflegt, so spaltet sie sich leicht in zwei rhythmisch coor-dinirte Takte, d. h. die zweitstarkste Silbe erhalt einen dynamischen Accent ersten Grades; z.B. in dem Satze -quot;rh^ zTrxfdinbsp;fo'rl:zun^ny:r (oder fd'rlzu:73^ny:h^r) grryfi a'lt^rt:msnbsp;kwnd 'er besuchte die Vorlesungen ber griechische Alter-thumskunde^. Steht aber eine solche Beihe nachdrucksloser imnbsp;Innern des Satzes, und liegt insbesondere der Nachdruck aufnbsp;einem spateren Takt, so wird zugleich mit einer Minderung dernbsp;Quantitat auch der Nachdruck der ganzen Beihe geschwacht,nbsp;und die zweitstarkste Silbe dadurch zum Bange einer bloss

Sievers, Phonetik. 5. Aufl.

-ocr page 262-

242

653. Die Abstufungen der Satztakte unter einander.

mittelstarken Silbe herabgedriickt, z. B. in dem Satze -dl al'Prtmsku:ndHstai:v? vn'snsaftwedyf . . . 'die Alterthums-kunde ist eine Wissenschaft -welche . . Man knnte hier auchnbsp;abtheilen -di alVrtums kundHst ain^ wisnsaft wel%\ man msstenbsp;dann aher dabei noch ausdrcklich anmerken und bezeichnen,nbsp;dass der zweite und dritte Takt zum ersten, der fiinfte Taktnbsp;zum vierten in einem durchaus untergeordneten Verhaltnissnbsp;stehen. Zieht man es aber vor, die untergeordneten Takte mitnbsp;den dominirenden zusammenzuziehen, so muss man in ahnlichernbsp;Weise doch auch den Accentabstufungen der Einzelsilben nochnbsp;Rechnung tragen. In dem oben gegebenen Takte a'WrtUms-ku:nd^istai:n? haben wir zwar zwei mittelstarke Silben, abernbsp;dieselben sind doch nicht absolut gleich an Starke, ferner istnbsp;die dritte liier als 'schwach bezeichnete Silbe turns starker alsnbsp;die ebenfalls 'schwache' zweite ebenso die Silbe ist starkernbsp;als d% und wiederum stehen weder diese beiden starkerennbsp;Silben turns und ist einander an Starke vollig gleich, noch dienbsp;beiden schwachsten Pr und d.

653. Die Schwierigkeit der Bezeichnung wiichst natiirlich mit der Anzahl der Glieder, deren Abstufung zu bezeichnennbsp;ist. Es empfiehlt sich daher vielleicht aus praktischen Griin-den, so viele Takte auszusondern als mglich, und die relativenbsp;Starke dieser Takte durch vorgesetzte Ziffern anzugeben, der-gestalt, dass 1 einen Takt grsster Starke, 2, 3, 4 etc. Taktenbsp;von continuirlich geringer wordenden Starke andeuten; dannnbsp;erspart man sich die Bezeichnung der Abstufung der einzelnennbsp;Silben, da dieselbe sich in den so gewonnenen krzeren Taktennbsp;leicht von selbst regelt; also etwa 5Y5* 2zixt^di lfd'r:zuidnbsp;dnytfr 2gri%is^ lalVrtiims Skund^.

Cap. 33. Der musikalische Oder tonische Wort-und Satzaccent.

1. Vorbemerkungen.

654.

Unter musikalischem oder tonischem Wort-

accent verstehn wir die Tonlage und Tonfiihrung des isolirten Einzelwortes. Aus dieser Definition ergibt sich sofort, dassnbsp;gerade dieser Theil des Wortaccents nicht ohne gewissenbsp;Schwierigkeiten zu beobachten und festzulegen ist. Denn dasnbsp;Wort erscheint normalerweise nicht isolirt, sondern als im Satzenbsp;gebunden, und darum ist die Tonlage und Tonfhrung des

-ocr page 263-

243

654. 655. Der tonische Wort- und Satzaccent.

solchergestalt gebundenen Wortes nicht die des Wortes an sich, sondem sie beruht auf einem Compromiss zwischen dem eigent-Wortaccent und dem (ideellen, 655) Satzaccent desjenigennbsp;Satzstckes, dem das Wort angebrt. Das gilt selbst vonnbsp;sprachlich isolirten Wrtem, die innerhalb der zusammenban-genden Rede auftreten. Diesen mag zwar die grammatischenbsp;Bindung fehlen, aber nicht so auch die begriffliche etc., dennnbsp;jene Wrter haben zugleich Satzfunction (sie sind einwortigenbsp;Siitze im Sinne von 612) und nehmen danach auch an der Ein-wirkung des Satzaccents Antheil. Der eigentliche tonischenbsp;Wortaccent tritt erst dann hervor, wenn man das Einzelwortnbsp;vollkommen affect-und beziehungslos ausspricht: eine Auf-gabe, die freilicli in der Regel nicht ohne sorgsamste Uebungnbsp;befriedigend zu lsen ist. Zur ntersttzung kann dabei dienbsp;Vergleichung von Satzen dienen, die nach der Begriffs- undnbsp;Affectseite hin vollkommen gleich gebaut sind. So wird z. B.nbsp;die Beobachtung, dass die isohrte 3. Sing, geld im Deutschennbsp;(nach der norddeutschen und bhnengemassen Aussprache)nbsp;hher liegt als die isolirte 3. Plur. gehn (vgl. 668), durch dienbsp;weitere Beobachtung untersttzt und bestatigt, dass in demnbsp;affectlosen Aussagesatz sie geld die Tonhhe von sie zu geldnbsp;steigt (= z\. ge-t), dagegen in dem gleichartigen sie gehn (= z%-g%. n) von sie zu gehn hin fallt, d. h. durch die Beobachtung,nbsp;dass die verschiedene Tonhhe von geht und gehn auch fr dienbsp;Tonfhrung des Satzes mit massgebend ist. Weiteres dazunbsp;s. 663 ff.

655. Innerhalb des Gesammtgebiets des musikalischen oder tonischen Satzaccents sind zunachst die zwei Unter-gebiete des empirischen und des ideellen Satzaccents zunbsp;unterscheiden. Zum empirischen (musikalischen) Satzaccentnbsp;gehren die Tonlage, die Tonfhrung und die Tonqualitat dernbsp;fertigen empirischen Rede, vom einfachsten isolirten Satz auf-steigend bis zu den complicirtesten Satzgefgen von Rede undnbsp;Gegenrede. Dieser empirische Satzaccent ist aber nicht etwasnbsp;Einheithches. Er beruht vielmehr, wie schon in 654 angedeutetnbsp;wurde, auf einem Compromiss zweier Eactoren, namhch desnbsp;tonischen Wortaccents einerseits und desjenigen Theils desnbsp;tonischen Satzaccents, den wir als den ideellen zu bezeichnennbsp;haben. Dieser begreift diejenigen tonischen Charakteristica desnbsp;Satzes in sich, die dem Satze als solchem zukommen, abgesehnnbsp;also von denjenigen Veranderungen, welche im empirischen

16*

-ocr page 264-

244

656. 657. Der tonische Wort- und Satzaccent.

Einzelsatz durch den Einfluss des tonischen Wortaccents her-Yorgebracht werden.

656. nbsp;nbsp;nbsp;Tonischer Wortaccent und ideeller tonischer Satzaccent knnen zumal bezglich der Tonfhrung entweder gleich-gerichtet sein oder sich kreuzen. In dem isolirten quot;Wort morgennbsp;liegt z. B. nach der nord- und bhnendeutschen Aussprache dienbsp;Starktonsilbe mor hher als die Schlusssilbe gen [mo-r-gn. odernbsp;mo-r-gn.]^ und dieser absteigende Tonschritt bleibt (nur even-tuell mit anderm Intervall) auch etwa am Schlusse des Aus-sagesatzes ich homme mrgen. Hier ist also die (absteigende)nbsp;Bichtung des Tonschritts in Wort und Satz dieselbe. In demnbsp;Eragesatz kommst du mrgen ? steigt dagegen die Tonhhe Yonnbsp;mor zu gen, also homstumr.gw etc. (man beacbte dabei, dassnbsp;die Hhenstellung der Punkte nur die relative Tonhhe dernbsp;beiden Nachbarsilben bez. die Bichtung des Tonschritts aus-drcken sollen, nicht etwa zugleich die absolute Tonhhe etwanbsp;der Starksilbe mor', in dem gegebenen Beispiel liegt z. B. dasnbsp;mor des Aussagesatzes normaler Weise tiefer als das mo.r desnbsp;Fragesatzes). Hier ist also der Wortacccent dem Satzaccentnbsp;unterlegen, derFallschritt des Wortaccents in einen Steigschrittnbsp;des Satzaccents verwandelt worden. Es kann aber auch dernbsp;umgekehrte Fall eintreten, dass der Wortaccent als der stiir-kere Factor erscheint. So macht sich z. B. der Tonhhenunter-schied der isolirten Wrter geht und gehn [ge't und g^.n, 654)nbsp;auch in den Parallelsatzen amp;ie geht und sie gehn (phonetischnbsp;i. ge 't und i' gf. n) geltend, indem sich die Bichtung des Tonschritts je nach der Tonhhe des fhrenden Starktonworts um-gestaltet.

657. nbsp;nbsp;nbsp;Ein Beispiel wie das eben gegebene ist zugleich ge-eignet, den Unterschied zwisohen empirischem und ideellemnbsp;tonischem Satzaccent noch weiter zu illustriren. Hinsichtlichnbsp;des empirischen Satzaccents ware hier einfach zu constatiren,nbsp;dass der Satz sie geht mit steigendem, der Satz sie gehn mitnbsp;fallendem Tonschritt gesprochen wird (man kann das etwanbsp;durch sie/geht und sie\gehn graphisch andeuten). Ganz andersnbsp;hatte die Begel fr den ideellen Accent dieser und ahnlich ge-bauter Satze zu lauten, der doch wohl, schon aus allgemeinennbsp;Grnden, fr einheitlich angesehn und daher auch auf eine ein-heitliche Formel zurckgefhrt werden muss. Diese Formelnbsp;wrde hier lauten: in Satzen wie sie/geht und sie\gehn empfangtnbsp;das (schwachtonige) Pronomen jeweilen diejenige Tonlage,

-ocr page 265-

245

658. Der tonische Wort- und Satzaccent.

welche der Tonlage des fhrenden (starktonigen) Verbums entgegengesetzt ist, d.h. liegt das Verbum hoch, so wird dasnbsp;Pronomen tief, liegt das Verbum tief, so wird das Pronomennbsp;hoch, u. s. w. Pr das Verstandniss des (empirischen) tonischennbsp;Satzaccents ist die Beachtung aller solcher Contrasterscheinun-gen von grsster Wichtigkeit (vgl. 682).

658. Pr das Verhaltniss des tonischen Accents zum dynamischen ist noch Folgendes zu beachten. Wie innbsp;der Musik der Wechsel von Tonen verschiedener Hhe (hochnbsp;und tief) nichts mit dem Wechsel ihrer Starke (forte und piano)nbsp;zu thun hat, so ist auch der Wechsel der Tonhhen in dernbsp;Sprache unahhangig von dem Wechsel der Tonstarkenbsp;in den einzelnen Lauten, Silhen, Wrtem, Sprechtakten u. s.w.nbsp;Man kann ehenso gut einen lauten Ton tief und einen leisennbsp;Ton hoch singen wie umgekelirt, und ehenso gut kann man einenbsp;starke Silbe mit tiefem, eine schwache Silhe mit liohem Tonnbsp;sprechen wie umgekehrt. Es beruht dalier auf einem vollstan-digen Verkennen nicht nur der theoretischen Mglichkeiten,nbsp;sondem auch der thatsachhchen Verhaltnisse, wenn man be-hauptet hat, die starkste Silhe z. B. eines Wortes msse auchnbsp;den hchsten Ton haben. Man pflegt zur Begrndung diesernbsp;Behauptung wohl zu sagen, das starkere Anblasen der Stimm-bander in starken Silhen msse deren Ton in die Hhe treiben,nbsp;wie das bei jedem mechanischeu Zungenwerk geschieht. Dabeinbsp;lasst man aber ausser Acht, dass die Stimmbander nicht einenbsp;ein fr allemal fixirte Stimmung haben, wie die Zungen dernbsp;mechanischen Zungenwerke. Die Wirkung des starkeren An-blasens kann demnach durch entsprechende Gegenwirkung dernbsp;Kehlkopfarticulation (d.h. entsprechendenWechsel der Stimm-handspannung) ohne alles Weitere und ganz mhelos selbstnbsp;mehr als hloss compensirt werden. Wo daher Starkton mitnbsp;Hochton, und Schwachton mit Tiefton factisch zusammengeht,nbsp;beruht das keineswegs auf einem nothwendigen innern Zusam-menhang, sondem ist rein Sache der Gewohnheit im einzelnennbsp;Falie. Man sieht das besonders deuthch daraus, dass fast ber-all sammtliche Tonlagen und Tonschritte der Sprache, die imnbsp;isolirten Wort oder in einer bestimmten Satzart vorkommen,nbsp;unter gegebenen Umstiinden, z. B. durch besondere Bindungnbsp;des Worts im Satze, durch Wechsel der Satzart oder der Stimmung, durch Wahl eines andern Flirtons (vgl. 657) u. s. w. innbsp;ihr directes Gegentheil umgelegt werden knnen, auch ohnenbsp;alle Verschiebung der dynamischen Verhaltnisse. Beispiele

-ocr page 266-

246

659. 660, Der tonische Wort- und Satzaccent.

dafr sind bereits im Vorliergehenden gegeben. Man ver-gleicbe etwa aussagendes morgen^ behalten mit den Tonfolgen . und luit fragendemnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;hehalten? mit denumgekehr-

ten Tonfolgen . bez. oder singularisches sie/geht mit stei-gendem Tonschritt neben pluraliscbem sie\gehn mit fallendem Tonscliritt, und so weiter in buntesten Wechsel, nicht uur vonnbsp;Satzart zu Satzart, Ton Stimmung zu Stimmung u. a., sondernnbsp;auch von isolirtem Wort zu isolirtem Wort, wenn man da dienbsp;Gewohnheiten der einzelnen Spracben und Mundarten mit ein-ander in Vergleich stellt. Dasselbe Resultat bezglich der Un-abhangigkeit der Tonhhe von der Starke eines Lauts, einernbsp;Silbe u. s. \v. folgt brigens auch schon aus der Thatsache, dassnbsp;innerhalb der dynamisch einheitlich gebauten Einzelsilbe dochnbsp;ganz verschiedene Arten der Tonbewegung mglich sind (vgl.nbsp;599 ff.).

659. nbsp;nbsp;nbsp;Dagegen besteht in einem andern Sinne allerdings einnbsp;innerer Zusammenhang zwischen dynamischem und tonischemnbsp;Satzaccent, insofern die Grosse (aber nicht die Eichtung)nbsp;der Tonschritte wenigstens innerhalb gewisser Grenzen dernbsp;Grosse der Druckunterschiede proportional zu sein pflegt. Jenbsp;starker man in der Rede Silben oder berhaupt Satztheilenbsp;irgendwelcher Art dynamisch gegen einander differenzirt, umnbsp;so grosser werden auch die beim Sprechen durchlaufenen Inter-valle, und umgekehrt. Noch starker als die rein dynamischennbsp;Unterschiede wirken aber hier die Affectunterschiede, da janbsp;die Affectunterschiede sich berhaupt in erster Linie im Musi-kalischen der Sprache geltend machen.

660. nbsp;nbsp;nbsp;Hierbei ist natrlich nicht zu bersehen, dass es sioh bei allennbsp;diesen Erscheinungen nur um relative Unterschiede innerhalb einer ein-heitlichen Sprache etc. handelt, die mit den absoluten Massen der Tonschritte, die in verschiedenen Sprachen bei gleicher Sprechweise bliohnbsp;sind, nichts zu thun haben. Es ist an sich sehr wohl mglich, dass einenbsp;Sprache oder Mundart gewohnheitsmassig auch bei dynamisch nicht be-sonders differenzirter und affectfreier Sprechweise grssere Tonschrittenbsp;anwendet als eine andere Sprache etc. selbst bei starkerer dynamischernbsp;Differenzirung oder im Alfectsprechen. Vergleichbar sind hier eben nurnbsp;die verschiedenen Sprechweisen, denen ein und dasselbe sprachliche Material in der Rede unterworfen werden kann und gewohnheitsmassig unter-worfen wird.

2. Der tonische Wortaccent.

661. nbsp;nbsp;nbsp;Man pflegt im Allgemeinen wohl Sprachen und Mundarten mit stark und weniger deutlich ausgepragtem tonischen

-ocr page 267-

247

661664. Der tonische Wortaccent.

Wortaccent zu unterscheiden. Zur ersteren Grruppe rechnet man von den germanischen Sprachen z. B. etwa das Schwe-dische und Nonvegische, ferner etwa das Litauische und Ser-bische, von nichtindogerm. Sprachen in erster Linie dasnbsp;Chinesische, etc., zur zweiten Gruppe etwa Sprachen wienbsp;Deutsch, Englisch u. dgl. Der Unterschied ist wirkhch verhanden, aber doch nur ein gradueller, denn auch bei den Sprachennbsp;der zweiten Gruppe finden sich thatsachlich auch im Wortenbsp;Unterschiede der Tonlage und Tonfhrung, nur fallen sie nichtnbsp;so stark ins Ohr wie bei den Sprachen der ersten Gruppe.

663. Die Grnde fr diese Verschiedenheit der Wirkung auf das Ohr knnen im Einzelnen sehr verschieden sein. Hier moge nur zweierleinbsp;hervorgehohen werden. Einmal kommt die Grosse der jeweilen blichennbsp;Tondistanzen bez. Tonschritte sehr wesentlich in Betracht, insofem dasnbsp;grssere Intervall allgemein starker wirkt als das kleinere. Ferner mar-kirt sich der tonische Wortaccent um so deutlioher, je mehr eine Sprachenbsp;wesentlich gleichartige Wortformen duroh Tonlage und Tonfhrung prin-cipiell zu differenziren pflegt. Hier steht namentlich das Chinesischenbsp;voran, bei dem ein und derselbe (einsilbige) Lautcomplex ganz verschie-dene Bedeutung hat (also versohiedene Wrter darstellt), je naohdem ernbsp;mit hohem oder tiefem, mit steigendem oder fallendem Ton u. s.w. ge-sprochen wird. Analogien dazu weisen auch Sprachen wie Norwegischnbsp;und Schwedisch auf in Parallelen wie etwa norw. vesten westlioh und dienbsp;Weste, banner Bohnen und Bauern, taget 'genommen und 'das Dach;nbsp;hier wird bei der jeweilen an erster Stelle gegebenen Bedeutung das betr.nbsp;Wort mit tieferem Fallton auf der ersten, mit hherem Steigton auf dernbsp;zweiten Silbe gesprochen, bei der an zweiter Stelle gegebenen Bedeutungnbsp;aber mit zwei Falltnen, deren zweiter tiefer liegt als der erste, u. s. w.nbsp;(Weiteres dazu s. 673).

Fr die tonische Charakteristik des Einzelworts ist nanient-lich Viererlei zu beachten:

663. nbsp;nbsp;nbsp;Die relative Tonlage, d. h. die relative Stellung,nbsp;welche sei es das Einzelwort, sei es eine Gruppe formell odernbsp;begrifflich zusammengehriger Wrter oder Wortformen imnbsp;Gegensatz zu andern solchen Einzelwmrtern oder Gruppen innbsp;der Tonscala gewohnheitsmassig einnimmt. Bei mehrsilbigennbsp;Wrtern oder Wortformen wird man bei der Vergleichung amnbsp;besten von den habituellen Tonhhendifferenzen der Starkton-silben ausgehn.

664. nbsp;nbsp;nbsp;Die relative Worttonlage ist gewhnlich nicht ganz leicht fest-zustellen, weil sie meist durch den Einfluss des Satzaccents verschobennbsp;oder berdeckt werden kann. Daher hat man bisher fast nur bei Sprachennbsp;wie dem Chinesischen allgemeiner auf die eben dort fr das Verstandnissnbsp;des Gesprochenen direct mit massgebenden Unterschiede der Worttonlage (vgl. 662) geachtet, sie aber da nicht systematisch oder gar nicht

-ocr page 268-

248

665667. Der tonische Wortaccent.

erforsoht, wo sie fr das Verstandniss der Kede weniger essentiell sind. Thatsachlich spielen aher auch in Sprachen wie dem Deutschen, Eng-lischen, Eranzsischen diese Untersohiede eine sehr wioMige Rolle, nichtnbsp;nur an sich, sondern auch als Basis fr die speoifische Versohiedenheit dernbsp;Tonfhrung im Satze (vgl. oben 664 und unten 682). lm Eolgenden kn-nen daher auch einstweilen nur einige Andeutungen ber die Richtungennbsp;gegeben werden, in denen sich die weitere Forschung beispielsweise zunbsp;bewegen haben wird.

665. nbsp;nbsp;nbsp;Zunaohst sind diejenigen Verschiedenheiten der Tonlage aus-zusondern, welche anf niehr oder weniger rein mee h an is oh on Ursachennbsp;bemhen und daher auch oft in Sprachen und Mundarten gleichmassignbsp;durchgehn, welche sonst in Bezug auf Tonlage und Tonflirung zu ein-ander im Contrast stehn. Dahin geboren vor Allem die Untersohiede dernbsp;Tonlage, welche von der Yerschiedenheit der Artioulationsstellung dernbsp;einzelnen Yocale abhangen. So wird z. B. wohl in allen deutschen Mundarten etwa hinden mit hherem Ton gesprochen als handen. Die Erkia-rung dieser Thatsache liegt in Polgendem. Beim i ist die Zunge mehrnbsp;nach vorn und oben geschoben als beim a, und diesem Zng folgt auch dernbsp;Kehlkopf ein wenig; Hebung des Kehlkopfs bedeutet aber (wenn nicht imnbsp;Einzelnen wieder besonders ausgeglichen wird) zugleich eine starkerenbsp;Spannung der Stimmbander und damit eine Erhhung ihres Tones. Diesenbsp;Wirkung ist so stark, dass sie sich sogar bei etymologisch gleichartigerinbsp;Vocalen geltend macht, deren Articulationsstellung durch den Einflussnbsp;benachbarter unsilbischer Laute modificirt ist. Daher zeigen die in 478nbsp;errterten Beispiele wie deutsch Fi'nder, Bi'nder \ Ki.nder (mit nichtnbsp;palatalem k), Ri.nder, engl. thee' : tea. zugleich auch Unterschiede der Ton-hhe in der durch die Stellung der Punkte angedeuteten Richtung. Mannbsp;beachte brigens auch, dass diese mechanisch bedingten Untersohiede dernbsp;Tonlage im Satze auch da bleiben, wo bloss habituelle (666) Unterschiedenbsp;bei Yeranderung des Satzaooents (vgl. 682) in ihr Gegentheil umgelegtnbsp;werden, dass also z. B. Finder, Binder auch in der Frago hheren Tonnbsp;behalten als Kinder, Binder u. dgl.

666. nbsp;nbsp;nbsp;Andere Unterschiede der Tonlage sind habituell, oder, wasnbsp;zum Theil auf dasselbe hinauslauft, historisch bedingt. Fr sie ist esnbsp;charakteristisoh, dass ihre Toncontraste umlegbar sind, sei es etwa innbsp;den verschiedenen Mundarten einer vmd derselben Spraohe (bez. in unter-einander verwandten Sprachen), sei es durch die Wirkung verandertennbsp;Satzaccents. Wenn z. B. nord- und blinendeutsch isolirtes ha'lten mitnbsp;hherem Ton des a gesprochen wird als das Compositum beha.lten, sonbsp;kehrt sich die Tonlage in der oherdentschen Anssprache um, also ha.ttennbsp;mit tieferem, beha'Uen mit hherem Ton (ahnlich etwa engl. ge.t im Gegen-satz zu forge't). Bei Frageton aber werden alle diese Gegensatze directnbsp;umgekehrt; es heisst also norddeutsoh umgekehrt lia.Uenf'. heha'ltenf,nbsp;oberdeutsch ha'lten?'. beha.lten?, engl. ge't?'. forge.t? u.dgl. Als dSTormal-tonlage bat in allen soloben Fallen natrlich wieder die des nach 654nbsp;affect- und beziehungslos ausgesprochenen Wortes zu geiten, nicht dienbsp;durch Affect oder Beziehung hervorgerufenen TJmlegungsformen.

667. nbsp;nbsp;nbsp;Habituelle Yerschiedenheit der Tonlage kann mit hegrifflichennbsp;Unterschieden zusammenhangen. So werden z.B. im Deutschen Familien-namen adjektivischer Herknnft durch Contrast der Tonlage von sonst

-ocr page 269-

249

668. 669. Der tonische Wortacceiit.

gleichartigen Namen substantivisoher Herkunft geschieden, d. h. die erste-ren liegen im Norden hher, im Sden tiefer alg die letzteren; vgl. z. B. Contrastpaare wie Sch'ne : S.Time oder Sch''n : Bo.hm (aber sddeutschnbsp;Schli.n : B'hn, und fragend umgelegt norddeutsch Scho.nf: B'hmf, sddeutsch SchS'nf : B.hmf) etc. Ebenso bei zusammengesetztem Eigennamen mit adjektivischem und substantivischem erstem Glied, wie norddeutschnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;(aber fragend umgelegt A.Uenhurg? '.

Fa-lkenburg f, und umgekehrt im Sddeutschen) u. dgl. mehr. Dass es sich hier nicht um mechanisch bedingte Unterschiede handelt, geht schon ausnbsp;der TJmlegbarkeit der Tonlagen hervor, ausserdem auch aus dem Umstand,nbsp;dass das adjektivische SchWne nach der norddeutsohen Aussprache hhernbsp;liegt als das substantivische Bii.hme, obwohl das anlautende s an sich dienbsp;Tonhhe des folgenden Palatalvocals gegenber labialem Anlaut herab-

drokt. _ In letzter Instanz mogen brigens die hier vorgefhrten Con-

traste der Tonlage im Satzaccent wurzeln, d. h. auf einen typisohen Unter-schied der Tonlage von im Satze gebundenem Adjektiv Substantiv zurckgehn. Sie haben sich dann aber thatsachlich vom Satzaccent los-gelst, denn sie bestehn eben auch bei vllig isolirten Einzelworten.

668. nbsp;nbsp;nbsp;Weit grosser ist die Anzahl und die Mannigfaltigkeit dernbsp;formell bedingten Tonlagenunterschiede. Im Deutschen lasst sichnbsp;beispielsweise u. A. Polgendes beobaohten. Nach nord- bez. bhnendeut-soher Aussprache liegen die Starktonsilben von Compositis mit schwach-toniger Vorsilbe tiefer als die der entsprechenden Simplicia oder sonstnbsp;entsprechender Wortformen, vgl. etwa Contrastpaare wie heha.Uen : ha'ltennbsp;oder verge.hn : ge'hn. Dies gilt auch bei secundarer Yerkrzung der Wort-folge, vgl. etwa Glau.he: Lawhe, gl.chen: Sl'cken, Gna.de ; Scha'de u. a. ausnbsp;mhd. geloube : loube etc., selbst g.nnen : kS'nnen u.dgl. Bei der Ilmlegungnbsp;des Satzacoeuts (z. B. in der Erage) kehren sich auch hier die Contrastenbsp;um, desgleichen wieder beide Contraste in der sddeutschen Aussprachenbsp;(mit der hier z.B. auch das Englische zusammengeht; forge't : ge.t, belief:nbsp;grie.f u. dgl.). Im Norddeutsohen drckt, im Sddeutschen hebt fernernbsp;im AUgemeinen zunehmende Silbenzahl die Tonlage, vgl. z. B. norddeut-sches Bad mit hchster, bade mit mittlerer, badete mit tiefster Tonlage.nbsp;Andrerseits drckt (nach einer mndlioh , mitgetheilten Beobaohtung vonnbsp;G. Burchardi) jeder Circumflex (606) die Tonhhe im Norddeutsohen herab,nbsp;und zwar derartig, dass selbst der Einfluss der Silbenzahl berwundennbsp;werden kann; vgl. etwa norddeutsches ich si'nge mit du si.ngst (genauernbsp;zi'ts* : zijssi], oder Contraste wie Brawl; (er) brau.t (genauer brdo't: hrab.t]nbsp;u.dgl. Aus dem Eranzsischen sei beispielsweise angefhrt, dass die urspr.nbsp;zweisilbigen Ausgange mit sog. stummem e tiefer liegen als Ausgangenbsp;ohne dieses e, also etwa in Paaren wie m. ami' : f. amie., oder m. aim' :nbsp;fem. aime., u.s.w. (hierber und ber andre Erscheinungen verwandternbsp;Natur wird demnaohst eine Untersuchung von J. Poirot weitere Auf-klarung bringen).

669. nbsp;nbsp;nbsp;Die relativen Tonhhen der einzelnen Silbennbsp;und ihre Intervalle. Die eingeliendsten ntersuchimgennbsp;ber hierher gehorige Fragen verdanken wir den schwedischennbsp;Phonetikem. Diese gehn bei der Vergleichung von dem tiefstennbsp;Ton aus den ein Wort in irgend einer Silbe aufweist (dem

-ocr page 270-

250

670673. Der tonische AVortaccent.

Grundton oder Gravis). Von ihm aus werden die Intervalle gemessen, um die sich die brigen Silben von ihm entfernen.nbsp;Dies Verfahren hat grosse praktische Vorzge. Mit Rcksichtnbsp;auf die jedesmal gleichzeitig festzustellende Tonlage des ganzennbsp;Worts drfte es sich jedoch empfehlen mindestens danebennbsp;auch noch ein zweites Berechnungssystem einzufhren, das alsnbsp;Basis derVergleichung die jeweilige Tonhhe der Starktonsilbenbsp;nimmt (vgl. 663).

670. nbsp;nbsp;nbsp;Wie viele Abstufungen der Tonhhe anzusetzen seien, lasst sichnbsp;nicht allgemein hestimmen, auch die Grosse der Intervalle ist eine sehrnbsp;verschiedene. Noreen findet z. B. in der Mundart von Pamp;r drei Stufen,nbsp;die er als Gravis, hohen Gravis und Acut hezeichnet; der zweite liegtnbsp;eine Secunde ber dem Gravis, der dritte eine Terz; ausserdem gibt esnbsp;einen doppeltnigen Circumflex aus Terz Grundton; in der Mundart vonnbsp;Dalby bestehen die drei ersten Tone aus Grundton, kleiner Terz undnbsp;Quinte, dazu kommt ein Circumflex aus der kleinen Terz -p Quinte; dienbsp;Mundart von Fryksdal dagegen kennt nach Noreen vier einfache Ton-abstufungen, den tiefen Gravis == Grundton, den hohen Gravis = Terz,nbsp;den tiefen Acut = bermassiger Quart, und den hohen Acut = Quinte;nbsp;dazu drei Circumflexe, s. 605.

671. nbsp;nbsp;nbsp;Die Anordnung, in der die einzelnen Tonenbsp;oder Intervalle auf einander folgen. Auch hier verdanken wil' die genauesten Beobachtungen wieder schwedischennbsp;Forschern wie Noreen, Koek u. A.

672. nbsp;nbsp;nbsp;In dem Dialekt von Far ist nach Noreens ntersuohungennbsp;(unahhangig von den Starkeabstufungen des dynamischen Accents) dienbsp;Reihenfolge lioher Gravis, Acut, Gravis, Gravis, in dem von Fryksdalnbsp;tiefer Acut, tiefer Acut, Acut, Gravis, hoher Gravis, Acut. Diese Regelnbsp;erstreckt sich auch auf die zweitnigen Circumflexe; jede circumflectirtenbsp;Silbe gilt gleich zwei auf einander folgenden Silben, welche die im Circumflex vereinigten Tone einzeln enthalten. Fr das Deutsche fehlen ein-gehendere ntersuohungen dieser Art noch so gut wie ganz. Andeutendnbsp;sei hier nur hervorgehoben, dass es sich im Deutsohen grossentheils umnbsp;(im Satze etc. umlegbare) Contrasttne handelt, und dass der Contrastnbsp;auch auf die Grosse der Intervalle von Einfluss ist. So drckt z. B. imnbsp;Nord- und Bhnendeutschen die hohe Vortonsilbe in Compositis wienbsp;be-ha.lten, verge.hn (666) durch Contrast die Tonhhe der Starktonsilbenbsp;unter das Niveau derselben Silbe im Simplex halten, rjehn, und umge-kehrt im Sddeutschen u. s. w.

673. nbsp;nbsp;nbsp;Die Richtung der Stimmbewegung in den einzelnen Silben. Im Deutschen und Englischen haben meistnbsp;alle Silben eines Wortes gleichmassig lallenden Silbenaccentnbsp;(601), z- B. in dem Satze ich komme mrgen-, in der einfachennbsp;Frage kommst du mrgen? haben dagegen beide Silben vonnbsp;morgen steigenden Silbenaccent. Die Richtung der Stimmbewegung innerhalb desselben Wortes ist in beiden Fallen die

-ocr page 271-

251

674676. Der tonische Wort- und Satzaocent.

namliche, man kann also hier von einem gleichlaufenden Tonfall reden. In andern Sprachen ist es dagegen hlich,nbsp;Silben mit entgegengesetzter Richtung des Silbenaccents zu verbinden. lm Norwegiscben und Scbwedischen herrscht z. B. nacbnbsp;den Untersucbungen von Storm, Sweet, Koek u. a. in ursprng-licb zweisilbigen Wrtern die Verbindung von fallendem mitnbsp;steigendem Accent (, s. 601 f., aucb662); die starkere Stamm-sbe bat den tieferen und lallenden, die scbwachere End-silbe den hberen und steigenden Ton. lm Serbischen dagegennbsp;existirt nacb Masing die umgekehrte Verbindung von hohemnbsp;steigendem mit hohem fallendem Ton (*) in alten zweisilbigennbsp;Oxytonis u. s. w., z. B. in voda Wasser, im G-egensatz zu demnbsp;ursprnglicb barytonirten Accusativ vodu mit gleicblaufendemnbsp;Tonfall und dynamisebem Accent auf der ersten Silbe bei tie-ferer Stimmlage. Wir knnen diesen zweiten Tonfall als dennbsp;gebrochenen bezeichnen. Dieser ist brigens auch in deut-seben Mundarten bie und da anzutreffen, z. B. herrscht er woblnbsp;in den meisten Sebweizermundarten und sonst. Aber die Inter-valle des Steigens und Fallens der Stimme sind bier nicht sonbsp;gross als etwa im Scbwedischen und Serbischen, und das machtnbsp;die Sacbe weniger leiebt wabrnebmbar (663).

674. Der gehrochene Tonfall eines zweisilbigen Wortes ist voll-standig zu parallelisiren mit den doppeltnigen Silbenaccenten, 601; sprachgeschiohtlioh sind auch gar haufig Monosjdlaba mit Circumflex durchnbsp;Yerkrzung von mehrsilbigen Wrtern entstanden, deren Dauer, Strom-druckabstufungen und musikalische Modulation sammt und senders innbsp;die eine Silbe zusammengeriiekt sind. Einzelne Beispiele hierfr gewahrennbsp;namentlich wieder die Arbeiten von Noreen ber schwedische Dialekte.

3. Der tonische Satzaccent.

675. nbsp;nbsp;nbsp;Auch bezglich der toniseben Cbarakteristik desnbsp;Satzes bat der Beobachter sein Augenmerk auf verschiedenenbsp;Punkte zu richten. Namentlich leme man zunachst diejenigennbsp;Eigenheiten, welcbe dem ganzen Satz zukommen, von den-jenigen scheiden, welcbe einzelne Theile desselbenbetreffen.nbsp;Zu den ersteren gehort insbesondere;

676. nbsp;nbsp;nbsp;Das Sprechen in einer gewissen Stimmlage,nbsp;und zwar unabhangig von der speciellen Fllung des Satzesnbsp;durch Worte (vgl. Sweet S. 95). Fr gewhnliche Zwecke ge-ngt es, mit Sweet drei Stufen derselben anzusetzen, einenbsp;hobe, mittlere und niedere. Die erste bezeichnet Sweetnbsp;durch vorgesetztes r, die letzte durch vorgesetztes l, die

-ocr page 272-

252

677. 678. Der tonische Satzacoent.

mittlere Stimmlage bleibt unbezeichnet. Die eigentlicbe Modulation des Satzes wird durch die verschiedenen Stimmlagen nicht beeinflusst. Diese selbst richten sich theils nach dernbsp;natrlichen Beschaffenheit des Stimmapparats (wonach z. B.nbsp;Kinder und Frauen in einer hheren Stimmlage sprechen alsnbsp;Manner), theils dienen sie in willkrlichem Wechsel zum Aus-druck verschiedener Stimmungen oder logischer Verhaltnisse.nbsp;Hohe Stimmlage ist den Ausdrcken starker und freudiger Er-regungen eigen, tiefe Stimmlage denen der Trauer oder dernbsp;Feierlichkeit. Von den verschiedenen Satzarten zeichnen sichnbsp;die Fragesatze meist durch hhere Stimmlage aus. Paren-thetische Schallsatze empfangen in der Regel contrastirendenbsp;Stimmlage, d. h. sie werden entweder tiefer oder hher gelegtnbsp;als die umgebenden Sprachstcke, je nachdem diese selbst mitnbsp;relativ hoher oder aber mit relativ tiefer Stimmlage gesprochennbsp;werden, u. dgl. mehr.

677. nbsp;nbsp;nbsp;Die Anwendung eines bestimmten Silben-accents durch den ganzen Satz hindurch, um diesem einennbsp;bestimmten Ausdruck zu verleihen; so macht die Anwendungnbsp;eines nur um ein geringes Intervall steigenden Sbenaccentsnbsp;bei relativ hoher Stimmlage den Eindruck klagender, weiner-licher Stimmung (oben 604) u. s. w.

678. nbsp;nbsp;nbsp;Anhangsweise ist auch hierher zu stellen die Anwendung einer bestimmten Stimmqualitat. In ersternbsp;Linie kommen hier die verschiedenen Arten der Reinheit odernbsp;Glatte des Stimmtons in Betracht; daneben mag noch dasnbsp;Tremuliren oder Beben der Stimme besonders erwahnt werden, welches im Wesentlichen auf einem Zittem im Kehlkopfnbsp;beruht, das geringe Schwankungen in der Starke und Tonhhenbsp;der Stimme hervorruft.

Alle diese Abstufungen dienen zum Ausdruck verschiedener Stimmungen. Ihre Scala ist sehr umfanglich: sie erstreckt sichnbsp;von den sanftesten, fltenartigen Tonen der lyrischen Declamation bis zu den heiseren Tonen der verbissenen Wuth undnbsp;des Hasses. (Einige Angaben hierber s. bei Merkel, Laletiknbsp;S. 356 ff.).

Andere Eigenthmlichkeiten, die auf den Gesammtklang der Spi'ache einwirken knnen, wie das helle oder dunklenbsp;Timbre, Verengung der Banderglottis, geringere oder starkerenbsp;Mundnung u. s. w. (Sweet S. 97 ff.) knnen kaum noch zu dennbsp;musikalischen Charakteristicis des Satzes im engem Sinne desnbsp;Wortes gerechnet werden.

-ocr page 273-

253

679682. Der tonische Satzaccent.

679. nbsp;nbsp;nbsp;Man kann auch wahrend des Sprechens aus einernbsp;Sprechweise in die andere bergehen, entweder sprungweisenbsp;oder allmahlich. Allmahliche Steigerung der Stinunhhe z. B.nbsp; wie man sie z. B. beim Ausdruck steigender Aufregung undnbsp;Leidenschaft hort bezeichnet Sweet durch vorgesetztes / r,nbsp;allmahliches Sinken durch \ l.

680. nbsp;nbsp;nbsp;Was die eigentliche Modulirung des Satzesnbsp;anlangt, so lasst sich da ber den Wechsel der Tonhhennbsp;im Einzelnen kaum eine allgemeinere Regel aufstellen.nbsp;Es lasst sich z. B. keinerlei Auskunft dariiber geben, welchenbsp;Intervalle berhaupt die Stimme innerhalb eines empirischennbsp;Satzes durchlaufen knne. Denn die Satzintervalle sind, wienbsp;sclion 659 ausgefhrt wurde, nicht fest, sondern dehnbar. Esnbsp;knnen also je nach den Umstanden und der Stimmung desnbsp;Sprechenden einmal die allergewaltsamsten Tonsprnge volkommen, wahrend anderwarts der ganze Satz oder die ganzenbsp;Rede monoton heruntergeleiert wird.

681. nbsp;nbsp;nbsp;Dagegen lassen sich wohl gewisse allgemeine Ten-denzen der Tonfhrung im Satze beobachten. Um ber diesenbsp;ins Klare kommen zu knnen, hat man vor Allem den in 655 f.nbsp;errterten Unterschied von empirischer und ideeller Tonfhrung im Auge zu behalten. Am leichtesten erkenntlich istnbsp;im Allgemeinen die ideelle Tonfhrung des Satzschlusses,nbsp;insofern gerade hier die verschiedenen Satzarten etc. durch be-stimmte Cadenzen charakterisirt zu werden pflegen. So falltnbsp;am Schluss einfacher Aussagesatze gewhnlich die Stimme,nbsp;wahrend sie im Schluss des Eragesatzes ohne Eragewort zunbsp;grsserer Tonhhe emporsteigt, der Schluss des Eragesatzesnbsp;mit Eragewort gern durch steigend-fallende Cadenz ausgezeich-net wird, u. s. w.

682. nbsp;nbsp;nbsp;Im Uebrigen beruht, wie ebenfalls bereits 655 ff. ausgefhrt worden ist, die empirische Modulation des Einzelsatzesnbsp;auf einem Compromiss zwischen dem tonischen Wortaccent undnbsp;dem ideellen Satzaccent. In dieser empirischen Modulationnbsp;pflegen, wenigstens in Sprachen wie dem Deutschen, Englischen,nbsp;Eranzsischen die Tonhhen der Starktonsilben die Stelle vonnbsp;fhrenden Tonen oder Leittnen zu spielen, zu denen dienbsp;Stimme von Fall zu Fall auf- oder absteigt, je nachdem dernbsp;Leitton selbst hoch oder tief liegt. Auch hier herrscht also dasnbsp;Princip des Toncontrastes, das auch berall da gewahrt zunbsp;bleiben scheint, wo das Niveau der Leittne und damit die

-ocr page 274-

254 683. Tonisoher Satzacoeiit. 684687. Quantitat: Allgemeines.

Richtung der verbindenden Tonschritte in Polge der Wirkungen des ideellen Satzaccents umgelegt wird (vgl. 658).

683. Fur fast alle diese Fragen^ wie aucli die weiteren nach der Einwirkung des dynamischen Satzaccents auf den toniscben, oder dienbsp;Kreuzungen des tonischen Wort- und Satzaccents fehlt es noch sehr annbsp;eingehenden Einzeluntersuehnngen. Beispiele von musikalischen Satz-notirungen gibt z.B. Merkel, Laletik S. 412428. Auoh die vorhergehen-den Untersuchungen fiber Accent im Allgemeinen S. 330 if. enthalten sehrnbsp;viele richtige und feine, dabei durchaus noch nicht genfigend gewfirdigtenbsp;Beobachtungen, die nur leider wegen des zu wenig ansgedehnten sprach-lichen Gesichtskreises des Verfassers in einer den speciellen Zwecken dernbsp;Sprachwissenschaft wenig entsprechenden Form niedergelegt sind. Weite-res s. z. B. bei Storm 2 S. 176 ff. und sonst, Jespersen S. 683 ff. u. s.w.

3. Quautitat.

Cap. 34. Allgemeines.

684. nbsp;nbsp;nbsp;Die Lehre von der Quantitiit oder Dauer hat esnbsp;mit den Zeitmassen der verscbiedenen pbonetischennbsp;Grebilde zu thun. Die bier in Betracht kommenden Erschei-nungen sind ausserstmannigfaltig und verlangen deshalb genauenbsp;Classification.

685. nbsp;nbsp;nbsp;Zunachst ist streng darauf zu achten, 'welchem Theil-stck der Rede im Einzelfalle eine bestimmte Dauer zukommt.nbsp;Danach sind Lautquantitat, Silbenquantitat und Takt-quantitat (oder Taktdauer) principiell zu unterscheiden,nbsp;wenn sie auch in innerem Zusammenhange mit einander stehen.

686. nbsp;nbsp;nbsp;Absolute und relative Quantitat. Unter ab-soluter Quantitat verstehen wir das Zeitmass eines im Einzelfalle gegebenen Lantes, einer solchen Silbe u. s.w., das sichnbsp;mit den blichen Zeitmessern feststellen und also z. B. nachnbsp;Secunden oder deren Bruchtheen angeben lasst. Bei dernbsp;relativen Quantitat handelt es sich dagegen um das Ver-haltniss der absoluten Quantitaten der einzelnen phonetischennbsp;Gebilde zu einander.

687. nbsp;nbsp;nbsp;Der Ausdruck Quantitat im hergebrachten Sinne mitnbsp;seinem Gegensatz von kurz und lang bezieht sich, wie man sieht, zunachst uur auf diese letztere Abstufung, nicht auf die absoluten Zeitwerthenbsp;im Einzelnen. Ausserdem ist die Anwendung des Terminus 'Quantitatnbsp;insofem nocb gewohnbeitsmassig eingeschriinkt, als man wohl von dernbsp;Quantitat eines Lautes oder einer Silbe, aber kaum von der Quantitat

-ocr page 275-

255

688690. Quantitat: Allgemeines.

eines Sprechtakts zu reden pflegt; fr den letzteren Fall pflegt man wohl den Ausdruck Dauer' vorzuziehen, der an sich auch niolits anderesnbsp;besagt als Quantitat, und gelegentlich auch auf Laute und Silben an-gewandt wird.

688. nbsp;nbsp;nbsp;Traditionelle und rhytliinisch bedingte Quantitat. Der TJnterschied zwischen 'kurz und 'lang 5^ innbsp;einem Beispiel wie fa : fa wird im Allgemeinen festgehalten,nbsp;auch wenn die Silbe wachst (z. B. fall: fahl, falie : falile^nbsp;fallende : fahlere u. dgl.). Dieser ganz allgemeine G-egensatznbsp;von 'kurzquot; und 'lang ist also traditionell gegeben; wir knnennbsp;ihn daher als traditionelle oder primare Quantitats-abstufung bezeichnen. Aber in den angefhrten Beispielennbsp;zeigt sich neben dem beharrenden allgemeinen Gegensatz vonnbsp;'kurz und 'lang auch ein Wechsel der absoluten Dauer undnbsp;damit zugleich ein Wechsel des factischen Verhaltnisses dernbsp;Dauer von 'kurz und 'lang. Zwar das 'kurze a bleibt sich imnbsp;Wesentlichen gleich und bsst hchstens ein Minimum seinernbsp;Dauer ein (vgl. 695); dagegen ist die Dauer des 'langen a viel-fach abgestuft. Insbesondere ist (auch bei gleichem Bedetempo)nbsp;das a des einsilbigen Sprechtakts fahl langer als das des zwei-silbigen Sprechtakts fahle und dieses wieder langer als das desnbsp;dreisilbigen Taktes/h/^/e?-e. Hier wird also der einfache traditionelle Gegensatz von 'kurz und 'lang im Einzelnen durchnbsp;rhythmische Einflsse variirt; man kann mithin solche Modi-ficationen des traditionellen Grundschemas als rhythmischenbsp;oder secundare Quantitatsabstufungen bezeichnen.

689. nbsp;nbsp;nbsp;Auch die starken Verschiebungen der normalen traditionellennbsp;Quantitaten, die oft durch dieEinwirkung desSinnesaccentes (vgl. 712)nbsp;hervorgebracht werden, kann man den rhythmischen Modifioationen zu-rechnen, da der Sinnesaocent zunachst das rhythmische Schema und erstnbsp;durch dieses hindurch die Einzelquantitaten trifft. Dagegen kann mannbsp;andere Abstufungen, wie etwa die haufige Langung durch Anwendungnbsp;zweigiplliger und zweitniger Silbenaccente u. dgl. eher der traditionellennbsp;Abstufung zuzahlen, wenn sie auch oft thatsaohlich einmal durch rhythmische Einflsse entstanden sind.

690. nbsp;nbsp;nbsp;Quantitat und Tempo. Die absolute Dauer allernbsp;phonetischen Gebilde wechselt stets nach dem Tempo dernbsp;Rede: je schneller das Tempo, um so krzer die Dauer des einzelnen Gebildes und umgekehrt. Die relative Dauer brauchtnbsp;beim Tempowechsel nicht erheblich verschoben zu werden. nbsp;ImUebrigen unterscheide man beim Tempo wieder die mittlerenbsp;oder allgemeine Sprechgeschwindigkeit der einzelnennbsp;Sprecher oder Idiome, und das willkrlich wechselnde

-ocr page 276-

256 nbsp;nbsp;nbsp;691. Quantitat; Allgemeines. 692. 693. Lautquantitat.

Tempo Terschiedener Satztheile, das wesentlich von Sinn und Stimmung abhangig ist.

691. Zur Teststellung der im Einzelnen anzusetzendeiinbsp;traditionellen oder primaren Quantitatsstufen darf man, wienbsp;sich aus dem Glesagten ergibt, zunachst nur gleichartige,nbsp;d.h. unter gleichen rhythmischen u. s.w. Bedingungen stehendenbsp;phonetische Gebilde benutzen. Doch kann man auch fr deut-lich ausgepragte Stufen der rhythmischen u. s. w. Variationnbsp;ohne Schaden stehende Namen einfhren, wenn man sich nurnbsp;der principiellen Verschiedenheit von primarer und secundarernbsp;Abstufung stets bewusst bleibt.

Cap. 35. Lautquantitat.

692. nbsp;nbsp;nbsp;Die alte Grammatik unterscheidet verschiedene Stufennbsp;der Dauer (Krze und Lange) nur bei den Sonanten der Sbennbsp;(d. h. praktisch nur bei dem was sie als 'Vocale' anerkennt) undnbsp;lasst die Abstufungen der Dauer bei den unsilbischen Sprach-lauten (ihren 'Oonsonantenquot;) ausser Acht (doch vgl. 701), ob-wohl deren Quantitaten ebenso verschieden sind wie die dernbsp;Sonanten. So ist im Neuhochdeutschen z. B. das nn, ll in Wr-tem wie mn'-r, fP, 'Miinner, Faliequot; deutlich kurz; deutlichnbsp;langer (und zwar auch wieder, namentlich je nach dem Dialekt,nbsp;verschieden abgestuft) in man, fal^ oder man, fal 'Mann, Fallquot;,nbsp;oder ^rmdnt^flt^fld^r 'ermannte, fallte, Felderquot; u. dgl.

693. nbsp;nbsp;nbsp;Der Gegensatz von 'langquot; und 'kurzquot; im herge-brachten Sinne bezeichnet nicht ein bestimmtes Verhaltnissnbsp;des Zeitmasses, sondern zunachst nur den allgemeinen Gegensatz von 'langerquot; und 'krzerquot;. Es ist also ebenso falsch,nbsp;wenn die alten Grammatiker das Verhaltniss von sprachlichernbsp;Lange und Krze auf 2 : 1 normirten (zur Erklarung diesesnbsp;Umstandes vgl. 705), als wenn man etwa mit Brcke (Dienbsp;physiol. Grundlagen der neuhochd. Verskunst S. 67) findet, dassnbsp;das Verhaltniss der Dauer gewhnlicher langer Vocale zu dernbsp;der kurzen sich im Allgemeinen dem von 5 ; 3 nahere. Solchenbsp;Angaben mogen fr einen bestimmten Einzelfall geiten (z. B.nbsp;mogen Brckes Messungen fr den abgeglichenen declamato-rischen Vortrag der neuhochdeutschen Schriftsprache mit ge-wissen Einschrankungen zutreffen), aber anderwarts sind dienbsp;Verhaltnisszahlen ganz andere. Vor Allem geht auch die tradi-tionelle Abstufung mancher Sprachen sicher ber die Zahl von

-ocr page 277-

257

694696. Lautquantitat.

bloss zwei Stufen hinaus. Es bedarf also berall bestimmter Einzeluntersuchungen (genauere Messungen s. z. B. bei Pb.nbsp;Wagner, Der gegenwartige Lautbestand des Schwabischen innbsp;der Mundart von Eeutlingen S. 181 ff.].

694. nbsp;nbsp;nbsp;Demnachst bezeichnen lang und kurz den Gregen-satz von traditionell dehnbar und nicht dehnbar. Kurznbsp;nennt man also im Deutschen herkmmlicher Weise die beton-ten Vocale in Wrtem wie hatte, kamm, ross^ weil wir diesenbsp;unserer traditionellen Gewohnheit nach nicht dehnen knnen,nbsp;ohne die typische Form des Wortes zu zerstren; lang dagegennbsp;die entsprechenden Vocale in vater, kam, rose nicht nur, weilnbsp;sie thatsachlich langer ausgehalten werden als jene (693), son-dern auch weil sie beliebig dehnbar sind (also kam.. ., abernbsp;ka . .. mu. dgl.).

695. nbsp;nbsp;nbsp;Stufen der Krze. a) Das natrhche Mass dernbsp;Krze ist das Minimum der Zeit, das man braucht, um einennbsp;Stellungslaut einer betonten Silbe bei mittlerem Redetemponbsp;deutlich articuliren und vemehmbar machen zu knnen. Diesesnbsp;Mass wechselt in den einzelnen Sprachen ein wenig. In Sprachennbsp;mit stark geschnittenem Accent wie dem Keuhochdeutschennbsp;und Enghschen sind die Krzen oft scharfer ausgepragt als innbsp;Sprachen mit schwach geschnittenem Accent, wo das alhnah-hche Decrescendo am Schlusse des Sonanten oft eine geringenbsp;Langung hervorruft (vgl. 699).

b) Minderung der gewhnlichen Krze zur sog. Ueber-krze finden sich namentlich bei Uebergang zu schnellerem Tempo und damit flchtigerer Articulation (daher besondersnbsp;in dynamisch unbetonten Silbenj; auch die zu Gleitlauten redu-cirten Stellungslaute [504 ff.) knnen im Allgemeinen als ber-kurz bezeichnet werden. Dass sich zwischen dem ausserstennbsp;Extrem der Ueberkrze und dem gewohnheitsmassig gestattetennbsp;Maximahnass der gewhnlichen Krze auch noch Uebergangs-stufen beobachten lassen, ist selbstverstandlich (so hat z. B.nbsp;Wagner in der Keutlinger Mundart neben der fr einzelnenbsp;Falie durch Messung auf etwa 0,2 Secunden festgestellten ein-fachen Krze und der Ueberkrze von etwa 0,1 Secunde auchnbsp;noch eine mittlere 'Halbkrze' von etwa 0,15 Secunde Dauernbsp;gemessen).

696. nbsp;nbsp;nbsp;Stufen der Lange. Die gewhnlichsten Abstu-fungen der Lange sind die (einfache) Lange und die Ueber-lange, die man durch untergesetztes bez. _ bezeichnen kann.

Sie vers, Phonetit. . Aufl.nbsp;17

-ocr page 278-

258

697699. Lautquantitat.

Als Nolmaldauer der einfachen Lange betraclitet man in Sprachen wie dem Deutschen am besten wohl das Zeitmass dernbsp;sog. langen Vocale in zweisilbigen Wrtern wie hMe^ hamen,nbsp;lose\ beiiang sind dann die Vocale der einsilbigen Parallelennbsp;wie lot, bat, sass, kam, die deutlicli langer sind als die Vocalenbsp;z. B. der entsprechenden Plurale loten, baten, sassen, hamennbsp;(also hhtn, lain, sasn, hamn, aber l'gt, bgt, dgl., vgl. 715).nbsp; Fr die einfache Lange ergaben, um ein Beispiel anzufbren,nbsp;Wagners Messungen eine Dauer von 0,3 Secunden, fr dienbsp;Ueberlange etwa 0,6 Secunden oder etwas mehr; doch ist esnbsp;fast unmglicb, fr die Ueberlange berhaupt specielle Angabennbsp;zu maclien, weil gerade sie besonders stark allen rhythmischennbsp;Schwankungen ausgesetzt ist.

697. nbsp;nbsp;nbsp;lm Deutschen beruht der hier veranschauliohte Untersohiednbsp;von Lange und Ueberlange auf rhythmischer Modification (688), insofernnbsp;die Wahi der einen oder andern Quantitat von der Silbenzahl des Taktesnbsp;abhangig ist (vgl. anch 714 fE.). Anderwarts, z. B. im Englischen (dasnbsp;berhaupt den Unterschied von Lange und Ueberlange viel deutlioher aus-gepragt bat als das Deutsche) kommt dieser Factor zwar auch in Betracht,nbsp;ist aber nicht der einzige. Dort sind z. B. {Sweet S. 59) alle betonten aus-lautenden oder von einem stimmhaften Consonanten gefolgten sog. langennbsp;Vocale in Pausa berlang (z.B. see, seize, broad = si, siz, hrg-d), wabrendnbsp;stimmlose Consonanten in gleicher Stellung nur einfache Lange vor sichnbsp;dulden (vgl. z. B. seed und seat, pease und piece, brogue und broke = sid :nbsp;sit, piz : pis, br^g : hre^k u. dgl.). Uebrigens gehen diese Ueberlangennbsp;des Englischen Hand in Hand mit zweigipfliger Betonung (|, sid etc.nbsp;gegen sit, sis), und das ist auch sonst oft der Fall (z. B. im Deutsoben oft

-jg u. dgl.).

698. nbsp;nbsp;nbsp;Sweet bezeichnet die UeberlangeA als eigentliche 'Langen undnbsp;unsere Langen als Halblangen. Beide Bezeichnungsweisen sind an sichnbsp;ziemlich gleichberechtigt, doch spricht fr die oben vorgesohlagene Be-zeichnung der Umstand, dass die einfachen Langen doch auch im Englischen die weitaus haufigere Stufe bilden und die Ueberlangen auch dortnbsp;sich zweifelsohne historisch ans den einfachen Langen entwickelt haben.

699. nbsp;nbsp;nbsp;Unter Halblangen (bezeichnet durch untergesetz-tes verstehe ich Zwischenstufen zwischen Krzen und Langennbsp;in dem oben festgestellten Sinne, die sich in manchen Sprachennbsp;und Mundarten sowohl aus etymologischer Krze wie ausnbsp;etymologischer Lange entwickeln (Wagners Messungen ergabennbsp;z. B. die Dauer von etwa 0,25 Secunden fr die Reutlingernbsp;Mundart). Aus etymologischen Krzen ontspringen sie nament-lich fters in Sprachen mit schwach geschnittenem oder berhaupt mit schwachem exspiratorischem Accent, deren Sonanten,nbsp;wie bereits 695 bemerkt wurde, eine gewisse Neigung zurnbsp;Langung haben. Solche Halblangen erscheinen in gewissen

-ocr page 279-

259

700. 701. Lautquantitat.

deutschen Mundarten namentlich vor Dauerlaut Consonant (also in Fallen wie dialektischem halm neben bhnendeutschemnbsp;halm). lm Englischen erfahren etymologische Krzen vor aus-lautendem stimmhaften Consonanten fters Langung zur Halb-lange, obne mit den eigentlicben Langen und Ueberlangennbsp;(auch abgesehen von Qualitatsunterschieden) zusammenznfallen;nbsp;man vgl. etwa Reiben wie goddess, god, gaudy, gawk, gaud =nbsp;godis, god (gelegentbcb; aber auch ^l\,gbd, selbst^qd), g(^di,nbsp;go^k, gg^d, oder madden, mad, mate, made mcedn, meed,nbsp;mt, md u. s. w. (die Entsebeidung im Einzelnen ist oftnbsp;schwierig, da die Verthedung der Silbenquantitat auf Sonantnbsp;und Consonant oft schwankt (vgl. auch 717]. Fiir etymologischenbsp;Lange tritt Halblange namentlich oft als rhythmische Modification unter dem Einfluss der Accentlosigkeit ein.

700. nbsp;nbsp;nbsp;Etymologisch und phonetischbedingte Quan-titat. In vielen, z. B. alien alteien indogermanischen Sprachennbsp;ist die Quantitat der Sonanten etymologisch bedingt, d.h. dernbsp;Sonant jeder einzelnen Wortform ist ohne Rcksicht auf derennbsp;Bau gewohnheitsmassig entweder kurz oder lang (vgl. etwa lat.nbsp;Ugolegi, ahd. stigusgum, gr. xdvtwv), und dieserUnter-schied ist ofienbar in diesen Sprachen frhzeitig als etwas be-sonders Charakteristisches empfunden, daher auch in vielennbsp;Alphabetenbesonders bezeichnet worden (vgl. z. B. das Sanskrit-alphabet oder die griechische Unterscheidung von enj, otonbsp;u. dgl.). Allgemeine phonetische Regeln fiber die Quantitats-scheidung lassen sich daher ffir solche Sprachen nicht geben.nbsp;In andern, namentlich vielen modernen Sprachen, ist dagegennbsp;das etymologische Princip der Quantitatsscheidung mehr odernbsp;weniger verdrangt worden durch ein phonetisches, insofemnbsp;sich hier der Unterschied der Quantitat oft wesentlich nach dernbsp;G-estalt der Silbe richtet. So haben im Neuhochdeutschen allenbsp;offenen Tonsilben jetzt langen Vocal (z. B. nhd. Name, Samenbsp;gegen mhd. name: same], wahrend die geschlossene Silbe viel-fach die Kfirze des Sonanten bevorzugt (z. B. nhd. achten,nbsp;brdchte gegen mhd. dhten: brdhte).

701. nbsp;nbsp;nbsp;Bei den unsilbischen Lauten (Consonanten) scheiden die Grammatiker und Schriftsysteme der alteren indogermanischen Sprachen nicht so zwischen Kfirze und Lange wienbsp;bei den Sonanten. Einigermassen scharf ist meist nur dernbsp;Unterschied zwischen einfachen Consonanten und Gemi-naten durchgeffihrt, und das ist in erster Linie nicht einnbsp;Unterschied der Dauer, sondern der Silbentrennung (555 ff.),

17*

-ocr page 280-

260

701. Lautquantitat.

und auch ^einfache Consonanten werden z. B. am Silbenschluss oft ohneWeiteres als Langen behandelt, d.h. gedehnt (in einemnbsp;Verse wie vooov dvd oipatov wpos zaz-qv, Xsxovxo Ss Xaoi mnssnbsp;z. B. das V von Xszovxo langer sein als das p von oipos, weil beinbsp;gleicber Lange und Silbenzahl des Taktes das lange (u von wposnbsp;mehr Zeit absorbirt als das undehnbare kurze o von Xxovxo).nbsp;Diese Mglichkeit der Dehnung haben die im Nachlaut desnbsp;Sonanten stekenden Consonanten auch jetzt noch in den meistennbsp;Sprachen (wenn nicht geradezu berall): es fehlt ihnenalsonbsp;wenigstens an dieser Stelle eine feste Quantitat. Sie dienennbsp;vielmehr gewissermassen nirr zurFllung der Silbenquan-titat, daher sich gern langer Sonant mit krzerem, kurzernbsp;Sonant mit langerem Consonanten paart. So sind z. B. im Eng-lischen nach den Bestimmungen von Sweet (Handb. S. 60, Thenbsp;Acad. 3/4. 80, vgl. Storm ^ S. 434) alle Endconsonanten beton-ter Monosyllaba mit kurzem Vocal lang, vgl. etwa Ml hilT undnbsp;Ml heel, oder had bad und deW bade, man man und mnnbsp;mane. Pemer sind infolge der gesteigerten Silbenquantitatnbsp;l und die Nasale nach Krze lang vor sthnmhaften, kurz vornbsp;stimmlosen Consonanten; bd build und bilt built u. s. w.nbsp;Im Deutschen sind diese Unterschiede nicht so scharf ausge-pragt; die langen Consonanten im Munde des deutschredendennbsp;Englanders khngen uns daher ungemein schleppend (sie sindnbsp;beilaufig eine der Eigenheiten, welche die Englander amnbsp;schwersten ablegen). Im Gegentheil hat das Deutsche undnbsp;mehr noch das Danische bei stark geschnittenem einsbigemnbsp;Silbenaccent gerade nach kurzem Vocal oft ausserordenthchnbsp;kurze Schlussconsonanten, etwa in dialektischem Mann, hat,nbsp;die nach dem Zeugniss von Sweet englischen Ohren sehr abruptnbsp;khngen. Mundarten mit zweigipfligem Silbenaccent weisen da-gegen auch im Deutschen wieder gem lange Consonanten imnbsp;Silbenschluss auf (also man, hat u. dgl.). Je nach dem Accentnbsp;und der Silbenzahl kann man hier auch geradezu oft consonan-tische Lange und Ueberlange beobachten, vgl. etwa norddeut-sdlt schalt in schelten und halt schallt, brdut Braut undnbsp;bra^, braut, oder thring. wdld,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Walde, mchte

gegen wdld, ma^t. Auch zeigen consonantische Fortes im All-gemeinen eine etwas grssere Dauer als die entsprechenden Lenes (vgl. 187); doch sind gerade im Deutschen die aus altennbsp;Geminaten nach kurzem Vocal bei durchlaufender Exspiration

entstandenen Fortes relativ sehr kurz (vgl. etwa m^r alle.

-ocr page 281-

261

702705. Silbenquantitat.

Manner). Anderwarts wieder erscheinen hier deutliche ein-f ache Langen (entstanden durchVerschiehung der Silbengrenze, wie etwa in ital. fa-to nehen fat-to 'fatto (555). Fr den Silben-anlaut besteht vielfach (z. B. auch im Deutschen) die Neigung,nbsp;Consonanten zum blossen Gleitlaut, also zur Ueberkrze zunbsp;reducen (510), wahrend sie anderwarts mehr gleichmassig alsnbsp;einfache Krzen erscheinen. Anch macht sich ein Unterschiednbsp;der Quantitat von Fortis und Lenis gerade in dieser Stellungnbsp;oft bemerkbar. Genauere Untersiichungen ber alle diese undnbsp;ahnbche Fragen sind erwnscbt.

Cap. 36. Silben- und Taktdauer.

1. Silbenquantitat.

703. Die absolute Dauer einer Silbe (vgl. 685) ergiebt sicb durch Addition der Zeittbeilcben, welcbe fr die Aus-sprache der in ihr vereinigten Laute in Anspruch genommennbsp;werden. Bei Drucksilben bat man dabei von Druckgrenze zunbsp;Druckgrenze zu recbnen, bei Scballsilben ware etwa die zeit-liche Mitte des trennenden Lautes als Grenzpunkt anzusetzen.

703. nbsp;nbsp;nbsp;Auch fr die Bestimmung der relativen Silben-dauer sollte man streng genommen von denselben Grenzennbsp;ausgehen. Bs ist aber bbcb geworden, hier von den Consonanten abzusehen, die etwa dem Sonanten vorausgeben, dienbsp;Silbe also erst vom Eingang des Sonanten ab zu messen. Nurnbsp;so ist es zu versteben, dass man eine Silbe wie pstra kurz,nbsp;eine solcbe wie ai lang nennt, obwobl die erstere in der Eegelnbsp;eine grssere absolute Dauer haben wird, als die zweite.

704. nbsp;nbsp;nbsp;Der relative Gegensatz zwiscben sog. langen undnbsp;kurzen Silben nun bezeicbnet wie bei den Einzellauten (692)nbsp;neben dem allgemeinen Gegensatz eines Mehr oder Wenigernbsp;von absoluter Dauer (vom Sonanten ab gerechnet) zunachstnbsp;wiederum nur den Gegensatz von traditionell dehnbar undnbsp;nicht dehnbar.

705. nbsp;nbsp;nbsp;Die Unterscheidung von langen und. kurzen Silben in diesem

Sinne ist von den Metrikern ausgegangen und soil zunachst nur metri-schen Bedrfnissen dienen. Kurz nennen die alten Metriker eine jede Silbe, die beim G-esang traditionell nicht mehr und nicht weniger Noten-werth erhalten konnte als die primare Zeiteinheit (den sog.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;;:p5gt;roc),

lang dagegen diejenigen Silben, denen beim Gesang traditionell ein Viel-faches dieser Zeiteinheit zufallen musste, mittelzeitig [anceps) endlich diejenigen Sben, die beim Gesang je nach Bedrfniss entweder den

-ocr page 282-

262

706708. Silbenquantitat.

einfachen iptoi -rpraxo; oder einen grosseren ZeiWerth erhalten durften. Innerhalb der Lange wurden dann weiter zwei-, drei-, vierzeitige u. s. w.nbsp;Langen untersohieden. Diese ganze Eintbeilung vergleicbt sich, wie mannbsp;sieht, den ahnlichen nterscheidungen unserer Notenschrift. Setzt mannbsp;den y pvoc rrpiuTo; etwa als AcMelnote an, so waren kurz (-) alle Silben,nbsp;welche beim Gesang nnr das einfache erhalten konnten; die zweizeitigenbsp;Lange dazu () war dann J (= 2 mal j''), die dreizeitige (*-) J (= 3 mal

die vierzeitige ('gt;) J (= 4 mal J^) u. s. w. Am haufigsten war im Gesang unter den Langen die zweizeitige ( ~ J)'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gelaufige

Irrthum, dass auch beim Sprechen die lange Silbe die doppelte Dauer der kurzen gehabt habe. Ueber das Verhaltniss von Lange nnd Krze innbsp;der gesproohenen Eede lasst sich aber natrlich aus dem Gesang berhauptnbsp;nichts schliessen, weil da alle sprachlichen Zeitwerthe mehr oder wenigernbsp;unter das Joch der rhythmischen Zeitwerthe (-wie J, J u. s. w.) ge-beugt werden.

706. nbsp;nbsp;nbsp;Fr undehnbar, also kurz kmien nacli dem 694nbsp;Errterten nur Silben geiten, die auf einen kurzen Sonanten ausgeben, d. b. binter diesem eine Druckgrenze (551)nbsp;haben, also Silben wie ra, la, pra, fra, pra-ta, ta-ra u. s. w.

707. nbsp;nbsp;nbsp;Unbedingt dehnungsfabig, mitbin lang sind da-gegen a) alle Silben mit langem Sonanten, und b) allenbsp;gescblossenen Silben (einscbliesslicb der Scballsilben). Beinbsp;den ersteren trifft eine etwaige Debnung den Sonanten selbst,nbsp;sofern er am Silbenscbluss stebt; stebt er im Silbeninnern (innbsp;gescblossener Silbe), so kann gleicbzeitig aucb der silbenaus-lautende Consonant gedebnt werden; gescblossene Silben mitnbsp;kurzem Sonanten dehnen stets nur den scbliessenden Consonanten. Sehr deutlicb lasst sicb dies namentlicb beim Gesangnbsp;beobachten, weil da starke Silbendehnungen vorkommen; mannbsp;vgl. z. B. die Sonantendebnung bei der Silbe mu im Gegensatznbsp;zur Consonantendebnung bei den Silben rei, freu, schwitd,nbsp;schnei, blit in den beiden Zeilen des Blcberliedes Er reitet sonbsp;freudig sein muthiges Pferd, er schwinget so schneidig seinnbsp;blitzendes Schwert (bei blitzendes wird die Pause zwischen demnbsp;durcb stark gescbnittenen Silbenaccent markirten Verscblussnbsp;und der zur Polgesilbe gezogenen Explosion gedebnt). Genaunbsp;dieselbe Verscbiedenbeit der Debnung lasst sicb aber aucb beinbsp;der gesprocbenen Rede beobacbten.

708. nbsp;nbsp;nbsp;Eine scharfe Scheidung zwischen dieser metrischen Art vonnbsp;Lange und Krze {genauer Dehnbarkeit und Nichtdehnbarkeit) ist also nurnbsp;mglich in Sprachen mit ausgebildetem Druckgrenzensystem, wie es z. B.nbsp;dasGriechischeund Lateinische waren. An der neuhochdeutsohen Bhnen-sprache lasst sich daher diese nterscheidung nicht wohl demonstriren, da

-ocr page 283-

263

709711. Silbenquantitat.

hier alle betonten Silben entweder langen Sonanten, oder bei kurzem Sonanten durchlaufende Exspiration haben, also als Schallsilben geschlossen sind. Von den Mundarten aber haben viele, namentlioh sddeutsche undnbsp;speciell schweizerische, die alte Untersoheidung getreu gewahrt.

709. nbsp;nbsp;nbsp;Lange Silben mit langem Sonanten bezeichnet die antike Terminologie als vonNatur {tfiisEi, natura) lang, die brigen langennbsp;Silben als bloss conventionell (Haei, positione) lang. Diese letzterennbsp;positionslangen Silben entsprechen unseren geschlosseuen Silben naitnbsp;kurzen Sonanten. Pr die 'Positionsbildung ist eben das Wesentlichenbsp;das, dass ein silbenschliessender Consonant (oder mehrere) hinter dennbsp;Sonanten tritt. Nach der alten Definition wird allerdings Positionslangenbsp;nur solchen Silben zugeschrieben, auf deren Sonanten mehr als ein Consonant folgt. Das erklart sich aber einfaoh aus dem Umstande, dass dienbsp;classisohen Sprachen (wie brigens auch viele neuere) silbensohliessendenbsp;Consonanten berhaupt nur in dem Falie kennen, dass mehrere Consonanten zusammenstehen (vgl. 553); denn sobald auf einen Sonanten im Satz-innem nur in Consonant folgt, wird dieser meist zur Folgesilbe gezogen,nbsp;d. h. durch Druckgrenze von dem vorausgehenden Sonanten geschieden,nbsp;der dadurch nun ans Silbenende tritt (vgl. also etwa griech. -iov ttom,nbsp;gespr. ton-io-pon gegen vov aurv, gespr. to-nau-tun, oder ol Traxpe?, gespr.nbsp;hoi-pa-te-res gegen oi aXXot, gespr. ho-j,al-loi u.dgl.).

710. nbsp;nbsp;nbsp;Uebrigens ist die antike und die daraus hergeleitete landlaufigenbsp;moderne Nomenclatur sehr inconsequent, indem sie Silben mit fallendennbsp;Diphthongen wie ai, au, eu etc. fr Tang, dagegen Silben wie ar, al, am,nbsp;at, as u. dgl. fr kurz erklart, obwohl beide Eeihen ganz gleich gebautnbsp;sind, d. h. aus einem kurzen Sonanten und einem silbenschliessenden Consonanten bestellen, mithin auch gleiche Quantitat haben mssen. In Wirk-lichkeit sind ja auch im antiken Vers Silben wie die ar, al etc. nur dannnbsp;kurz, wenn auf sie ein Vocal folgt, also ihr Schlussconsonant zur Folgesilbenbsp;gezogen wird (die Silben sind dann also a-ra, a-la etc., nicht mehr ar-, al-oder ar-a, al-a etc.). Unter denselben Bedingungen aber erscheinen ja auchnbsp;jene Diphthonge ganz gewhnlich als Krzen, und zwar um so leichter, jenbsp;schwacher betont ihr Sonant ist, also im Verse in der Senkung (in dernbsp;Hebung bleibt, wegen der grosseren Starke des Vocals, eher die Silben-trennung ai-a etc., vgl. 414, und damit Lange). Dagegen sind die Diphthonge wie die or, u. s.w. regelmassig lang, wenn ihnen noch ein Consonantnbsp;folgt, der den Schlussconsonanten dieser Lautgruppen zur vorausgehendennbsp;Silbe drangt. Aus genau dem gleichen Gesichtspunkt ist die verschie-denartige Behandlung der Gruppen von Muta -|- Liquida u. a. zu erklaren;nbsp;a-tri = aber at-ra = u. s. w.

711. nbsp;nbsp;nbsp;Abgesehn von dieser Scheidung metrischer Krzenbsp;und Lange geiten fr die Silben ahnliche Abstufungen dernbsp;Dauer, wie sie oben 695 ff. fr die Einzellaute festgestellt worden sind, namentHch also etwa die Gegensatze von Krze,nbsp;Lange und Ueberlange. Die relativen Unterschiede diesernbsp;Stufen lassen sicli abermals nicht durch eine allgemeine Pormelnbsp;ausdrcken, sondern auch bier geiten allein die Gewohnheitennbsp;der einzelnen Idiome und Sprecher. Doch sind allerdings einige

-ocr page 284-

264

712714. Silbenquantitat.

mehr oder weniger allgemeine Zusammenhange der Quantitats-abstufung mit anderen sprachlichen Erscheinungen zu con-statiren.

712. nbsp;nbsp;nbsp;So pflegt aucb die Quantitatsabstnfung in eineninbsp;gewissen Zusammenhang mit der Starkeabstufung zu stehennbsp;(vgl. 689), d. h. nachdrcklichere Silben empfangen zugleichnbsp;gem eine gewisse Debnung, wahrend ber nachdrucksloserenbsp;Silben der Sprecher auch gem rascher hinweggleitet. Es giltnbsp;eben hier in ausgedehntem Masse die Eegel, dass, was man demnbsp;einen Theile des Satzes zulegt, den brigen Theen entzogennbsp;wird. Hiermit steht auch die weitere Thatsache im Zusammenhang, dass Sprachen mit bedeutenderem Starkeunterschiednbsp;zwischen betonten und unbetonten Silben (wie z. B. das Deutschenbsp;und Englische) auch bedeutendere Unterschiede in der Zeit-dauer der Silben zu besitzen pflegen, als Sprachen, welche (wienbsp;die romanischen und slavischen, das Neugriechische und andere)nbsp;betonte und unbetonte Silben mit minder verschiedener Starkenbsp;bilden.

713. nbsp;nbsp;nbsp;Auch mit den Silbenaccenten berhrt sich dienbsp;Abstufung der Silbendauer melirfach. Ueberlange Silben fin-den sich vielleicht am haufigsten und deutlichsten in Sprachennbsp;mit der Neigung zur Bildung zweigipfliger Silben (580) ent-wickelt; als Beispiel kann wiederum besonders das Englische,nbsp;demnachst auch das Deutsche dienen. Fr diese Sprachen istnbsp;es weiterhin characteristisch, dass sie, ausser in nachdrucks-losen Silben, wenig entschiedene Krzen haben: in ihnen machtnbsp;eben die Anwendung des stark geschnittenen Silben-accents (vgl. 707) alle Stammsilben mit kurzem Sonanten undnbsp;einfachem Consonanten vor einem folgenden Sonanten dehn-bar, vgl. etwa Falie wie nhd. al% was^r im Gegensatz zunbsp;solchen wie schweiz. g%-h\ le-s^* (oben 594). Es ist deshalb voll-kommen richtig, zu sagen, das Neuhochdeutsche kenne nurnbsp;lange Stammsilben: nach mittelhochdeutschen Begriffen sindnbsp;nhd. hlPr^ sniP^ Blatter, Schnitte, in der That nicht mehrnbsp;Verschleifbar (die mhd. Aussprache war hl-Pr, sni-P).

714. nbsp;nbsp;nbsp;Vor Allem aber regelt sich die Silbendauer zu einemnbsp;grossen Theile nach der Silbenzahl der Sprechtakte,nbsp;denen die betreffenden Silben angehren (vgl. 688). Sprechtakte, die an ausserem Umfang, d. h. eben an Silbenzahl,nbsp;nicht zu verschieden sind, werden gern mit gleicher oder dochnbsp;annahernd gleicher Dauer gesprochen (719 ff.), vgl. etwa

-ocr page 285-

265

715718. Silbenquantitat. 719. Taktdauer.

Sprechtakte wie Ae*7, | heilig^ \ heilige^ \ heiligere \ u. s. w. Dann entfallt aber auf jede Einzelsilbe eines aus weniger Sbennbsp;bestehenden Sprechtakts ein grsseres Stuck Zit als auf dienbsp;Einzelsilben eines Taktes von mehr Silben. Aber auch selbstnbsp;da, WO Gleichbeit der Dauer der Sprechtakte rdcht erreichtnbsp;wird, berrscht doch stets die Neigung, vielsilbige Takte schneller,nbsp;solche von weniger Silben langsamer zu sprecben, d.h. eben dienbsp;Silbendauer nacb der Taktfomi zu modificiren.

715. nbsp;nbsp;nbsp;Als normale Dauer der einfachen Lange wird mannbsp;daher das Zeitmass 'langerquot; Silben in Sprechtakten von mittlerernbsp;Silbenzahl anzusetzen haben. Er Sprachen wie das Deutschenbsp;nnd Englische empfiehlt es sich dabei, wieder von den Quanti-taten des zweisilbigen Sprechtakts auszugehen (vgl. 696) undnbsp;demnach die erhhte Silbendauer des einsilbigen Sprechtaktsnbsp;als (rhythmische) Ueberlange, die geringere Silbendauer innbsp;mehrsilbigen Takten als (rhythmisch) verminderte Langenbsp;oder (rhythmische) Unterlange zu bezeichnen. Die erste Silbenbsp;des zweisilbigen heilig^ tote ist also einfach lang, das einsilbigenbsp;heil, tot berlang, die Eingangssilben von heilige, ttete odernbsp;heiligere sind unterlang u. s. f.

716. nbsp;nbsp;nbsp;Mit der Ueberlange verbindet sich gern zweigipfliger Accentnbsp;(713). Historisch erklart sich dies Verhaltniss wohl so, dass der zwei-silbige Takt gewissermassen die Normalfonn des Taktes reprasentirt. Wirdnbsp;dessen Silbenzahl auf eins reduoirt, so concentrirt sich in dieser einen Silbenbsp;nicht nur die Dauer, sondern auch die Exspirationsbewegung des zwei-theiligen Taktes.

717. nbsp;nbsp;nbsp;Bei entschieden kurzem Sonanten trifft die Ueberdehnung im

einsilbigen Takt nur den oder die silbensohliessenden Consonanten, also fal, grau,faU, heil oamp;sv fait, te7u.s.w.; bei langem Sonanten theils diesennbsp;allein, thes daneben etwa vorhandene auslautende Consonanten, alsonbsp;etwa Ign? : Ibn oder Iqn bez. lm lohne : Lohn, th-P :nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;oder tot todte :

todt u.dgL (vgl. brigens 699).

718. nbsp;nbsp;nbsp;Die Ueberlange dieser Art ist an die Einsilbigkeit des Sprechtakts gebunden. Sie schwindet also nicht nur, wenn etwa das einsilbigenbsp;Wort an sich wachst (also etwa lan : Ibn, engl. mak : mdnly u. dgl.), son-dem berhaupt, wenn es in einen mehrsilbigen Takt eintritt, also etwanbsp;guPr I lan, aber dr \ n ist | gut, oder engl. H quot;az gud dog 'he has a goodnbsp;dog, aber ֔ dogiz gud 'the dog is good etc.

2. Taktdauer.

719. Die Dauer der Sprechtakte kann eine sehr verschie-dene sein. Sieht man von denSchwankungen desabsolutenZeit-massesab, die durchwechselndes Tempo der Rede hervorgebracht

-ocr page 286-

266

720. 721. Taktdauer.

werden (vgl. 690), so regelt sie sich im Einzelnen nach zwei Hauptfactoren, die zu einander in Gregenwirknng stehen; dernbsp;speciellen sprachlichen Fllung einerseits, die von Inhaltnbsp;und Wortwahl abhangt, iind allgemeinen rhythmischen Nei-gungen andererseits. Der erstere Factor drangt zur Mannig-faltigkeit, der letztere mehr zur Gleichfrmigkeit hin, d. h. wah-rend der bunte Wechsel des Inhalts und der Gliederung dernbsp;Rede Sprechtakte aller mglichen Formen schafft, drangt dasnbsp;rhythmische Gefhl dazu, wenigstens die Unterschiede im Zeit-mass auszugleichen, also Takte von mindestens annaherndnbsp;gleicber Dauer zu schaffen.

720. nbsp;nbsp;nbsp;Das Resultat dieses Antagonismus ist nicht berallnbsp;dasselhe: es schwankt vielmehr je nach dem Ej*aftverhaltnissnbsp;der beiden Factoren. Je bewusster der Sprecher sein Augen-merk auf scharfe logische Ghederung des Inhalts seiner Redenbsp;richtet, um so schwacher wird der Einfluss des nivellirendennbsp;rhythmischen Gefhls sein, und umgekehrt. Daher dominirtnbsp;das Rhythmische (d. h. auch die Neigung zur Bildung gleichnbsp;langer Sprechtakte) einerseits in der gleichgltigen Rede desnbsp;Alltagslebens (also zumal beim Dialektsprechen), andererseitsnbsp;wieder in der Sprache der Leidenschaft, der wie jener das be-wusste Aufmerken auf Inhalt und Gliederung des Gesprochenennbsp;abgeht. In diesen beiden Sprechweisen neigen daher die Einzel-takte des Satzes im Allgemeinen am starksten zu ungefahrernbsp;Gleichheit der Dauer hin. Eine scharfere Regelung der Takt-lange tritt jedoch erst in der gebundenen Rede, im Yerse, ein:nbsp;sie ist da auch leichter mglich, weil im Verse die Fllung dernbsp;einzelnen Sprechtakte eine viel gleichartigere ist als in der un-gebundenen Rede.

721. nbsp;nbsp;nbsp;Die Neigung zur Rhythmisirung auch der Prosaredenbsp;(d. h. hier zur Zerlegung derselben in Stcke von annaherndnbsp;gleicher Dauer) zeigt sich oft auch da, wo die einzelnen Sprechtakte scheinbar ganz verschiedene Dauer haben: in solchennbsp;Fallen wird namlich oft eine wechselnde Anzahl von kleinerennbsp;Sprechtakten je zu einer hheren Taktgruppe zusammengefasst,nbsp;und diese Grappen weisen dann gern die vom Rhythmusgefhlnbsp;geforderte Gleichheit der Dauer auf. Man kann so oft selbstnbsp;beim Kunstvortrag Takt schlagen, wenn man vielmehr diesenbsp;Taktgruppen als die Einzeltakte markirt (vgl. brigens hierzunbsp;auch 652).

-ocr page 287-

IV. Abschnitt.

Lautwechsel und Lautwandel.

Cap. 37. Allgemeines.

722. nbsp;nbsp;nbsp;Die traditionelle Aussprache der einzelnen sprach-licben Gebilde (Laute, Lautgruppen, Silben, Sprechtakte u. s. w.)nbsp;pflegt sich im Laufe der Zeit zu verandern. Statt des frbabd.nbsp;gasti heisst es z. B. spater (gemeinahd.) gesti und statt dessennbsp;wiederum spatahd. und mhd. geste; dem lat. peregrinus mit nnbsp;steht abd. piligrim mit m gegenber, dem altnd. brestan mitnbsp;der Lautfolge re das mittelnd. bersten mit der Lautfolge er,nbsp;u. s. w. Die Besultate solcher Yeranderungen wrde man amnbsp;besten als Aussprachswechsel bezeichnen; doch bat sichnbsp;statt dessen der Ausdruck Lautwechsel eingebrgert, dernbsp;ja auch brauchbar ist, wenn man erwagt, dass auch die Ge-sammtveranderungen in der Aussprache complicirterer Gebildenbsp;(wie einer Lautgruppe, einer Sbe, eines Wortes) sich aus dennbsp;Aenderungen zusammensetzen, welche die einzelnen Laute diesernbsp;Complexe erfahren.

723. nbsp;nbsp;nbsp;Aller Lautwechsel beruht auf mangelhafter Kepro-duction der traditionellen Aussprache. Die Bildung neuernbsp;Aussprachsformen geht daher vom einzelnen Individuumnbsp;o der auch von einer Eeihe von Individuen aus, und erst durchnbsp;Nachahmung werden solche individuelle Neuerungen allmah-lich auf grssere Theile einer Sprachgenossenschaft oder auchnbsp;auf deren Gesammtheit bertragen. Dabei ist es fr die Weiter-entwicklung der Sprache ziemlich gleichgltig, wo die Neue-rung einsetzt, ob etwa innerhalb ein und derselben Generationnbsp;von Sprechern oder bei der Uebertragung der Sprache vonnbsp;einer Generation auf die andere. Wahrscheinlich spielennbsp;beide Arten der Neuerung bei der Sprachveranderung einenbsp;typische Bolle.

-ocr page 288-

268 nbsp;nbsp;nbsp;725. Lautwechsel und Lautwandel im AUgemeinen.

lU. Neu entstehende Ausspraohsformen treten in einen Gegensatz zu den bis dabin allein iiblioh gewesenen alteren Formen. Die vollstandigenbsp;Auseinandersetzung zwisohen Altem und Neuem kann unter Umstandennbsp;lange Zeit in Ansprucb nehmen. Eine Zeit lang werden die beiden Formennbsp;wobl promiscue gebrauobt, bis schliesslich die eine den Sieg davon tragt.nbsp;So aoliwanken z. B. viele norddeutsche Mundarten (ahnliob z. B. das Ar-menisobe) zwischen stimmbafter und stimmloser Ausspracbe der Mediae,nbsp;wahrend das Mittel- und Oberdeutsche langst in die Periode der Allein-herrschaft der stimmlosen Ausspracbe eingetreten ist, u. dgl. mebr. nbsp;Natrlich brauoht nicht jede sprachliche Neuerung, die irgendwo auf-kommt, zum Siege zu gelangen: in dem Kampfe zwischen Alt und Neunbsp;kann ebensogut auch das Neue unterliegen wie das Alte. Nur werdennbsp;diese Falie in der Spraohgeschichte nicht so oft und deutlich zu constatirennbsp;sein, weil Zeugnisse fr das nicht durchgedrungene Neue meist fehlennbsp;werden.

725. Ursachen des Lautwechsels. Es ist eine noch heutzutage sehr beliebte Meinung, dass aller Lautwechsel ausnbsp;einem Streben nach Erleichterung der Ausspracbe her-vorgehe, dass er mit andern Worten stets auf Kraftvermin-derung ('Lautschwachung^), nie auf Kraftvermehrung ('Laut-verstarkung) beruhe. Man kann zugeben, dass viele sprach-geschichtliche Erscheinungen unter diese B,ubrik gebrachtnbsp;werden drfen, aber in der Allgemeinheit, mit der der Satznbsp;ausgesprochen wird, ist er entschieden falsch. Seine Eehler-haftigkeit tritt Mar zu Tage, wenn man auch nur eine ganznbsp;flchtige Umschau ber die verschiedenen historisch bezeugtennbsp;Eichtungen der Lautentwicklung halt. Dass aus ursprnglichernbsp;Tenuis eine Media, d. h. aus der Foftis eine Lenis wird, wienbsp;etwa im ital. padre gegenber lat. patrem, und dass diese Lenisnbsp;ganz verschwindet, wie in dem entsprechenden prov. paire,nbsp;franz. pre, ist gewiss als eine Schwachung zu bezeichnen.nbsp;Aber auch genau die umgekehrte Entwicklungsreihe findet sich,nbsp;z. B. auf germanischem Boden, wo wir ein ddj aus einfachem^nbsp;hervorgehen (got. twaddj aus ^twaij u. s. w.) und sammtlichenbsp;ursprngliche Mediae sich zu Tenues oder Affricaten umgestal-ten sehen (gr.deza, lat.cfecm, goi.taihun, ahd.sAaw). Analognbsp;steht es auf vocahschem Grebiet. Dieselben Sprachen zeigennbsp;uns haufig genug (wenn auch theilweise in verschiedenennbsp;Perioden) z. B. Vereinfachung von Diphthongen zu langennbsp;Vocalen und Diphthongirungen ursprnglich einfacher Vocalenbsp;(ahd. mr, ln gegenber got. mais^ Idun und ahd. Mar^ fuornbsp;gegenber got. hr, fr\ oder ital. oro neben lat. aurum undnbsp;huono^ Pietro neben lat. honum , Petrum u. dgl.). Besondersnbsp;interessante Erscheinungen bieten in dieser Hinsicht Sprachen

-ocr page 289-

726. 727. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 269

wie das Danische, welches seine anlautenden Tenues sehr ener-gisch und mit starker Aspiration bildet, wahrend es sie im In-und Auslaut nach einem Vocal zu sehr wenig energischen Spiranten hat herabsinken oder gar ganz verloren gehen lassen.

726. nbsp;nbsp;nbsp;Schon diese wenigen Beispiele gengen um zu zeigen,nbsp;dass der Begriff der Erleichterung der Aussprache, wenn ernbsp;berhaupt weiter bewahrt werden sollj sehr relativ gefasstnbsp;werden muss (oft wird es sich um weiter nichts als eine hlossenbsp;Mode handeln). Ueberhaupt muss stricte festgehalten werden,nbsp;dass an und fr sich die Unterschiede in der Schwierig-keit der Hervorbringung von Sprachlauten ausserordenthchnbsp;gering sind, und dass wirkliche Schwierigkeiten bezglich dernbsp;Nachbildung in der Kegel nur gegenher fremden Lauten besteken. Denn wie berhaupt jeder Theil des menschlichennbsp;Krpers durch einseitige Uebung zwar fr den einen Dienst,nbsp;den er taghch versieht, hesonders ausgehildet, fr anderenbsp;Zwecke aber weniger tauglich oder geradezu unbrauchbar ge-macht wird, so erlangt auch das menschliche Sprachorgannbsp;durch die von Jugend auf unausgesetzt fortdauernde Uebungnbsp;in der Hervorbringung der Laute und Lautgruppen der Mutter-sprache eine unbedingte Gewalt ber alle Articulationsbewe-gungen, welche diese erfordert. Aber auch nur ber diese.nbsp;Haben einmal die Sprachwerkzeuge fr und durch ihren be-stimmten Dienst eine einseitige Bildung erhalten, so wird alles,nbsp;was aus dem Rahmen der gelaufigen Articulationsbewegungennbsp;heraustritt, als schwierig empfunden. Natrlich gilt dies gegen-ber den Lauten der einen Sprache ebenso wie gegenber denennbsp;der anderen: dieselbe Schwierigkeit, die der Deutsche bei dernbsp;Nachbildung des engl. th oder der cerebralen r oder cerebralennbsp;J, t empfindet, hat auch der Englander etwa hei der Aussprachenbsp;des deutschen ch oder des alveolaren bez. uvularen gerollten rnbsp;oder der dorsalen d, t zu berwinden, u. s. f. Solche Schwierigkeiten spielen aber natrlich hchstens bei der Uebertragungnbsp;einer Sprache von einem Volke auf ein anderes (also bei Sprach-entlehnung im weitesten Sinne des Wortes) eine Kolle.

727. nbsp;nbsp;nbsp;Entstehungsweise des Lautwechsels. EinLaut-wechsel kann auf verschiedene Art zu Stande kommen, durchnbsp;allmahliche Verschiebung der Aussprache oder durchnbsp;einen pltzlichen Sprung in der Articulation. Zwischennbsp;dem m von ahd. piligrtm und dem n von peregrinus odernbsp;zwischen der Lautfolge re in ahd. hr estan und er in spateremnbsp;bersten (722) lassen sich Mittelstufen nicht denken oder sind sie

-ocr page 290-

270

728. 729. Lautwechsel und Lautwandel im Allsemeinen.

jedenfalls nicht anzusetzen: das fertige m ist zu einer bestimm-ten Zeit einmal an die Stelle des n getreten, ebenso hat er das friihere re direct ahgelst. Man kann hier also passend yonnbsp;springendem Lautwechsel reden. Anders bei demBeispielnbsp;gaamp;tigesti. Hier ist, wie sich aus Analogien lebender Sprachennbsp;ergibt, zweifelsobne nicht von dem ursprnglichen a mit einemnbsp;Male auf das scbbesslich allein herrschende geschlossene e ber-gesprungen worden, sondern die Stellung des a ist ganz all-mahlicb mehr und mehr der e-Stellung angenabert worden (esnbsp;wurde also eine Zeit lang gasti mit reinem a, dann gasti mitnbsp;etwas palatalisirtem a, dann etwa gliamp;ti mit breitem d, gehti,nbsp;schbessbcb ge'^sti u. dgl. gesprocben). An Stelle des Sprungesnbsp;linden wir also einen ganzen Process von kleinen Verschie-bungsacten. Diesen Process selbst bezeichnen wir (im Gegensatznbsp;zu seinem Besultat, dem Lautwechsel) als Lautwandel, undnbsp;es ist nur eine abgekrzte Sprecbweise, wenn man etwa sagt,nbsp;bei gasti gesti bege ein Lautwandel von a zu vor, stattnbsp;ein durch Lautwandel entstandener Wechsel von a mit e^.

728. nbsp;nbsp;nbsp;Insofem auch bei der allmabliclien Versohiebung der Aus-spraclie von Etappe zu Etappe ein kleiner Sprang gemacht wird, ist dernbsp;Unterschied zwischen 'springendem Lautweohser und Lautwandel zu-nachst als ein gradueller zu bezeicbnen. Es besteht aber auch ein Wesens-unterschied, den man nicht bersehen darf. Jede allmahliohe Versohiebungnbsp;der Ausspraohe schafft neue Lautnancen, die der betreffenden Sprachenbsp;bis dahin fremd waren und nun altere Lautnancen verdringen. Bei demnbsp;springenden Lautwechsel aber braucht sich an dem Lautmaterial dernbsp;Sprache selbst nicht das Geringste zu andern; durch die Vertauschungnbsp;des n von peregrinus mit m in piligrhn wird weder die Aussprache des n,nbsp;noch die des m an sich berhrt, und fr die Qualitat des e nnd r ist esnbsp;vollkommen gleichgltig, ob sie in der Folge re verbunden werden, wienbsp;in brestan, oder in der Folge er, wie in bersten.

729. nbsp;nbsp;nbsp;DeutlicheBeispieledesspringendenLautwechselsnbsp;sind die Metathesen (823). Auch ein Tbeil der Assimila-tionen und Dissimilationen gehort bierher, wie z. B. dienbsp;Assimilation des wortschliessenden n an den wortanlautendennbsp;Labial in der IBiQike peregrinuspiligrim, oder der Umsprungnbsp;gerundeter Velarlaute in Labiale (755) oder die Dissimilationnbsp;in mhd. marter martel (752) n. dgl. Solche Falie lassen sichnbsp;kaum anders erklaren als durch die Annahme wiederholter undnbsp;scbbesslich mehr oder weniger allgemein recipirter Versprechun-gen. Der springende Lautwechsel vollzieht sich hier am ein-zelnen Worte, nicht am Lautmaterial der Sprache als solchem,nbsp;nnd darum haftet ihm oft der Oharakter des Zufalbgen undnbsp;IJnstetigen an, da der vereinzelte Sprechfehler, der bei einem

-ocr page 291-

730. 731. Lautweohsel und Lautwandel im Allgemeinen. 271

Vorkommen des betreffenden Wortes genacht wurde, beim nachsten Vorkommen obne Weiteres wieder corrigirt werdennbsp;kann. Wenn trotzdem manche Veranderungen dieser Art mitnbsp;grosser Eegelmassigkeit auftreten, so liegt das daran, dass gewisse Versprechungen sehr nahe liegen und sich desbalb auchnbsp;obne oder geradezu gegen unsern Willen haufig einstellennbsp;(darauf beruht z. B. die regelrechte Wiederkehr derselbennbsp;Sprechfehler bei den sog. Schnellsprechbungen wie Messwechsel,nbsp;Wachsmaske u. dgl.).

730. nbsp;nbsp;nbsp;Eine besondere Art des springenden Lautwechselsnbsp;bildet die sog. Lautsubstitution namentlich bei der Heriiber-nahme fremder Wrter, welche Laute enthalten, die der ent-lelmenden Sprache fehlen. Solche Laute werden bei dernbsp;Bntlehnung und dies geschiebt naturgemass mit grossernbsp;Oonsequenz durch ahnbche, und zwar durch die nach demnbsp;Sprachgefhl des Entlebnenden nacbstliegenden Laute der ent-lehnenden Spracbe ersetzt (vgl. etwa deutsch Genie, gesprochennbsp;sent mit franz. gnie, gespr. zeni u. dgl., oder, um ein Beispielnbsp;fr Substitution bei einheimiscbem Material zu geben, den Ge-brauch des uvularen oder Keblkopf-r statt des Zungenspitzen-r).nbsp;In der Regel ist jedoch der Sprung bei solcben Substitutionennbsp;nicht allzu bedeutend.

731. nbsp;nbsp;nbsp;Weit ausgedehnter ist das Gebiet der durch Lautwandel veranlassten Wecbsel. Ibm fallen theils die im ein-zelnen Individuum unbewusst und in kleinsten, fast unmerk-lichen Etappen fortscbreitenden Verschiebungen der beimnbsp;Brlernen des Sprechens anerworbenen Articulations- odernbsp;Sprechbewegungen, theils die ebenfalls meist minimalen Ver-schiebungen in der Articulationsweise zu, die bei der Ueber-tragung des Sprechens von einem Individuum auf das anderenbsp;oder von einer Generation auf die andere vorkommen. Hiernbsp;handelt es sich also nicht wie beim springenden Lautweohselnbsp;um ein gelegentliches oder wiederholtes Versprechen, d. h.nbsp;eine 'falsche Verwendung der einmal erlernten Articulations-bewegungen, sondern um Einbung oder Angewhnung neuer,nbsp;von dem Traditionellen abweichender Articulationsweisen, dienbsp;nun unter gleichen Bedingungen auch stets in gleicher Weisenbsp;zur Anwendung kommen wie vorher die friiher blich ge-wesenen, die nun ausser Uebung gekommen oder (von dernbsp;jngeren Generation) nicht mehr erlernt worden sind, alsonbsp;auch nicht mehr obne Schwierigkeit erzeugt werden knnennbsp;(736). Gerade weil der Einzelne nur eine beschrankte Menge

-ocr page 292-

272 nbsp;nbsp;nbsp;732. 733. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen.

von Articulationsbewegungen einbt und nur ber sie frei ver-fgt (736), zeichnet sich der Lautwandel, d. h. die Einbung neuer Articulationsformen, durcb ungemeine Eegelmassigkeitnbsp;und Stetigkeit aus, d.li. man darf erwarten, dass ein irgendwonbsp;tbatsachbch constatirter Lautwandel auch in allen Fallen zunbsp;Tage trete, welche denselben Bedingungen unterHegen wie die-j enigen, welche zur Constatirung der Thatsache gefhrt haben.nbsp;Man nennt desshalb den Lautwechsel durch Lautwandel gerade-zu lautgesetzlich und erwartet, dass Lautgesetze in diesemnbsp;Sinne ausnahmslos seien. Die mehr oder weniger zahlreichennbsp;scbeinbaren Ausnahmen, welche diesem Satze entgegen stehen,nbsp;sind theils nicht lautlicher, sondern analogischer Art, theils er-klaren sie sich durch zu weite Fassung der Regeln, welche dienbsp;fr den Eintritt des Lautwechsels massgebenden Bedingungennbsp;nicht gengend specialisirten, theils gehren sie dem Gebietenbsp;des springenden Lautwechsels an. Die Grenzlinie zwischennbsp;springendem Lautwechsel und lautgesetzlichem Wandel imnbsp;Einzelfalle sicher zu bestimmen, kann freilich Schwierigkeitennbsp;machen.

732. nbsp;nbsp;nbsp;Das Wort Lautgesetz ist, wie man sieht, nicht in dem Sinnenbsp;aufzufassen, in dem man von Naturgesetzen redet. Es soil nicht aus-drcken, dass unter gewissen gegebenen Bedingungen eine gewisse Folgenbsp;nothwendig berall eintreten msse, sondern nur andeuten, dass wennnbsp;irgendwo unter gewissen Bedingungen eine Versohiebung der Articu-lationsweise eingetreten aei, die neue Articulationsweise nun aucb ausnahmslos in allen Fallen angewendet werde, welche genau denselben Bedingungen unterliegen.

733. nbsp;nbsp;nbsp;Fr die Beurtheilung der Frage nach der Ausnahmslosigkeitnbsp;der Lautwandelprocesse ist brigens von wesentlicher Bedeutung der Gradnbsp;der Genauigkeit in Lautauffassung und Lautreproduotion,nbsp;den der einzelne Sprecher oder die einzelne Sprachgenossensohaft besitzt.nbsp;Auch bei dem routinirtesten und exactesten Sprecher bleibt doch fr allenbsp;Articulationsbewegungen ein gewisser Spielraum brig, ebenso wie z. B.nbsp;auch bei dem Besitzer der gleichmassigsten Handschrift {deren Gleich-massigkeit ja auch auf einseitiger Ausbildung der fr das Schreiben ver-wendeten Musculatur beruht) kleine Verschiedenheiten in der Bildung dernbsp;einzelnen Zeichen bestehen. Aber diese Zone des Sohwankens kann einenbsp;sehr versohiedene Breite haben. Manche Sprachen (und zu ihnen gehrennbsp;von Hause aus auch die indogermanischen) zeiohnen sich durch eine Fllenbsp;von feinen Lautuntersoheidungen aus, weisen also auch nothwendig grossenbsp;Exactheit der Auffassung und Nachbildung auf, wahrend andere Idiomenbsp;Lautformen untersohiedslos durcheinander werfen, die einem feineren Hrernbsp;als grundverschieden erscheinen knnen (ein Papua, den ich untersuohte,nbsp;sprach z. B. in dem Satze ramamini vgka ich trinke Kaffee' das Wort frnbsp;Kaffee untersohiedslos bald vgga mit sanfter stimmhafter Spirans, baldnbsp;voga mit stimmhafter Media, bald vgka mit Tenuis, bald vgka mit Tenuis

-ocr page 293-

734737. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. 273

asp., bald vgkxa mit stark kratzender Affricata aus; bekannt ist ferner das Scbwanken vleier Sprachen zwischen anlautendem b, d, g und mh^nd,nbsp;jju.dgl.). Consequente Lautvertretung wird man alsober-all nur innerhalb der Grenzen erwarten drfen, die durohnbsp;die Breite jener Zone des Scbwankens im Einzelnen be-stimmt werden.

734. nbsp;nbsp;nbsp;Anfangs- und Endglied eines Lautwandlungsprocessesnbsp;knnen unter Umstanden weit von einander abstehen. Dannnbsp;ist aber der Process selbst ein complicirter und lasst sicb meistnbsp;mit Sicherbeit in eine Reihe successiver Einzelacte zerlegen,nbsp;deren Addition erst jenen grosseren Endabstandergibt. Grleich-zeitige Yeranderungen eines Lautes oder einer Lautgruppe nachnbsp;mehr als einer Ricbtung bin (vgl. 743) sind im Allgemeinennbsp;nicbt anzunebmen.

735. nbsp;nbsp;nbsp;Eine allgemein gltige, streng systematische Classi-ficirung der Arten des Lautwechsels bez. -wandels istnbsp;ebenso unmgHch wie die Aufstellung eines allgemein gltigennbsp;Lautsystems, weil hier wie dort die Eintheilungsmomente sicbnbsp;vielfach kreuzen, ohne dass dem einzelnen Momente ohnenbsp;Weiteres und ein fr alle Mal der Vorrang bei der Glruppirungnbsp;zugesprocben werden knnte. Auch hier muss es gengen,nbsp;Gruppen aufzustellen, die je durcb ein gemeinsames Bandnbsp;(oder mehrere solche) zusanunengehalten werden (vgl. 123 ff.).

736. nbsp;nbsp;nbsp;Eine Anzahl rein praktischer Gruppen dieser Art er-gibt sich ohne Weiteres durch den Yergleich von Anfangs-und Endpunkt der betreffenden Wechsel. Solche Gruppennbsp;sind beispielsweise; Wechsel verschiedenerYocale (z. B. velarernbsp;und palataler beim sog. Umlaut), Wechsel von Yerschlusslautennbsp;und Nichtverschlusslauten, von Gerauschlauten und Sonoren,nbsp;von Stimmlosen und Stimmhaften, von Fortes und Lenes, vonnbsp;Stellungs- und Gleitlaut, von Geminata und einfachem Laut,nbsp;auch Functionswechsel, wie Wechsel von Sonant und Consonant, u. dgl. mehr. Fr das Yerstandniss der einzelnen Pro-cesse selbst aber ist vor Allem jedesmal die Frage zu beant-worten, welche von den verschiedenen Articulationsfactorennbsp;(vgl. 98 ff.) von einer Yeranderung betroffen werden undnbsp;welcher Art die Yeranderung ist. Danach sind insbesonderenbsp;zu scheiden;

737. nbsp;nbsp;nbsp;Raumliche Yerschiebung, d. h. Wechsel dernbsp;Articulationsstellung. Dieser Wechsel kann wieder von zweierleinbsp;Art sein. Er betrifft entweder die Articulationsstelle alsnbsp;solche, also den Ort der Articulation (rtliche Yerschiebung,

Sievers, Phonetik. 5. Aufl. 18

-ocr page 294-

274 nbsp;nbsp;nbsp;738742. Lautwecbsel und Lautwandel im Allgemeinen.

wie etwa beim Uebergang von Velaren in Palatale) oder (130ff.) den Glrad der Hemmung (graduelle Verschiebung, z. B.nbsp;beim Uebergang von Verschlusslauten zu Nichtverschlusslautennbsp;und umgekehrt; Weiteres s. 773 ff.).

738. nbsp;nbsp;nbsp;Zei'tliche Verschiebung. Hierunter soil die Verschiebung des Ein- und Austritts benachbarter Articulations-bewegungen gegen einander verstanden werden. Bei diesernbsp;braucht die Articulationsbewegung selbst keine oder doch keinenbsp;wesentliche Veranderung zu erfahren. Wenn z. B. aus dernbsp;Lautgruppe agna die Eorm amia erwachst, so bleiben alle ein-zelnen Articulationsbewegungen dieselben, nur wird bei amianbsp;das Gaumensegel gleichzeitig mit der Bildung des Verschlussesnbsp;zwischen Hinterzunge und weichem G-aumen gesenkt, bei agnanbsp;erst, nachdem dieser Verschluss bereits erfolgt ist (dass hiermitnbsp;auch eine kleine Aenderung in der raumlichen Lagerung dernbsp;Organe verbanden ist, ist mehr nebensachlich).

739. nbsp;nbsp;nbsp;Dynamische Verschiebung. Sie zeigt sich in dernbsp;Veranderung der Druckstarke und der damit parallel gehendennbsp;Starke der Hemmung (98).

740. nbsp;nbsp;nbsp;Quantitatsverschiebung. Diese berhrt sich mitnbsp;der zeitlichen Verschiebung, unterscheidet sich aber dadurchnbsp;von ihr, dass sie die Articulationsform der einzelnen Lautenbsp;selbst nicht direct beeinflusst; vgl. etwa nhd. tage^ d. h. ta-g'^nbsp;aus mhd. ia-ge^ oder Lautfolgen wie -? aus dm-ma u. dgl.

741. nbsp;nbsp;nbsp;Die dynamische wie die zeitliche Verschiebung knnen sowohlnbsp;die Exspiration wie die Articulationen des gesammtenHemmungsapparats,nbsp;d.h. sowohl Kehlkopf- wie Ansatzrohrarticulation treffen. Dagegen findetnbsp;sich rtliohe Verschiebung nur beim Ansatzrohr; der Kehlkopf, der nurnbsp;eine Articulationsstelle (die Stimmritze) hat, kann also nur dynamische undnbsp;graduelle Abstufung der Hemmung aufweisen (z. B. beim Wechsel vonnbsp;Voll- und Murmel- oder Plsterstimme).

742. nbsp;nbsp;nbsp;Die verschiedenen Arten der Verschiebung knnen sich unternbsp;einander combiniren. Namentlioh zeigt sich eine solche Combination viel-fach, wenn man nur das Anfangs- und Schlussglied eines Wechsels con-trastirt. So haben wir in altn./dir gegenber indog. *pHr eine dreifaohenbsp;Verschiebung: eine raumliche (graduelle) im Uebergang vom Versohluss-laut t zur Spirans, eine zeitliche in der Durchfhrung der Stimme (demnbsp;Uebergang vom stimmlosen Laut p zum stimmhaften d), und eine dynamische im Uebergang von der Portis t (bez. der daraus hervorgegangenennbsp;Portis J5, 779) zur Lenis d, aber diese Uebergange fallen ganz verschiedenen Sprachperioden zu. Im nhd. vater haben sich gegenber germ. *fadrnbsp;genau die umgekehrten Prooesse vollzogen, aber auch wieder in getrenn-ten Zeitraumen. Dass in der Regel ein gleichzeitiger Eintritt von Ver-anderungen zweier oder mehrerer Factoren nicht anzunehmen ist, istnbsp;bereits 734 erwahnt.

-ocr page 295-

743746. Lautwechsel und Lautwandel im Allgemeinen. nbsp;nbsp;nbsp;275

743. nbsp;nbsp;nbsp;Spontan nennen ^\'ir fernerliin diejenigen einfaclisteiinbsp;Verschiebungsacte, welche ledigbch der freien Willkr dernbsp;Sprechenden ihren Eintritt verdanken, ohne an irgend einenbsp;andere Bedingung geknpft zu sein. Beispiele solchen spon-tanen Lautwandels sind etwa die Entrundung gerundeter Vocalenbsp;(ebergang von , m in *, e durcb Wegfall der Lippenarticula-tion), der ebergang von indog. o und a in germ, a und 5, dienbsp;meisten Einzelacte der germ. Lautverscbiebung (z. B. der ebergang von indog. b-, d, g zu germ. p,t^k), die Fixirung desnbsp;Starktons auf die Wurzelsilbe im Germaniscben u. dgl.

744. nbsp;nbsp;nbsp;Bedingt heisst dagegen derjenige Lautwandel, dernbsp;nocb an andere Bedingungen als die blosse Willenstbatigkeitnbsp;der Sprecber geknpft ist. So ist z. B. der ebergang des abd.

in gesti zu mbd. -e in geste an die Nacbdruckslosigkeit der Scblusssilbe, der mlaut von abd. gasti zu gesti an das Vor-bandensein des i in zweiter Silbe, die Verkrzung des ll in nbd.

falie (gespr./a?^) gegen mbd. falie (gespr. fal-h mit Geminata) an die Verscbiebung der Druckgrenze gebunden.

745. nbsp;nbsp;nbsp;Eine besondere Art des bedingten Lautwandels istnbsp;der combinatoriscbe, dessen Eintritt von derEinwirkung vonnbsp;Nacbbarlauten abbangig ist. Als Beispiel kann wieder der Umlaut von gasti zu gesti dienen (vgl. 765).

746. nbsp;nbsp;nbsp;Oombinatoriscber Lautwandel kann sowobl auf raum-licber, als auf zeitlicber, als auf dynamischer Verscbiebung be-ruben. Wenn z. B. aus einem Dipbtbong wie ai allmablicb dernbsp;Monophthong e hervorgebt, so ist das ein reines Beispiel einernbsp;raumlichen Verscbiebung, speciell einer Ausgleichung einernbsp;Articulationsdifferenz (d. b. des Masses fr die Bewegun-gen, -welcbe beim ebergang von einem Laute zu einem andernnbsp;zu machen sind). Die Exspiration ist in dem neuen e dieselbenbsp;wie in dem alten Dipbtbongen ai, ebenso die Zeitdauer; nur istnbsp;der Abstand, der ursprnglich zwnschen der Zungenstellung imnbsp;ersten Momente und der im letzten Momente bestand [ai)nbsp;auf 0 reducirt. Mit anderen Worten, es ist eine raumlichenbsp;Assimilation eingetreten. Solcbe Assimilationen sind aucbnbsp;auf den anderen Gebieten der Verscbiebung sebr baufig. Einnbsp;Beispiel fr (partielle, 751) Assimilation durcb zeitlichenbsp;Verscbiebung bietet etwa der ebergang von agna zu atsnanbsp;(fr totale der analoge ebergang von adna zu anna, ahma zunbsp;amma] u. dgl. Assimilation durcb dynamische Verscbiebung findet sicb z. B. beim ebergang von mbd. gibet, nimet

18*

-ocr page 296-

276 nbsp;nbsp;nbsp;747750. Lautwechsel imd Lautwandel im Allgemeinen.

mit Lenis h, ni zu nhd. gipt, nimt mit den entsprechenden Fortes.

747. nbsp;nbsp;nbsp;Aus der Haufigkeit der Assimilation darf indessen keineswegsnbsp;geschlossen werden, dass aller combinatorisclie Lautwandel zugleich Assimilation sei. Das wrde namentlicb nicht anf die Falie der zeitlichen Ver-schiebung zutrelfen, von denen sehr viele nicht zu Assimilationen fhren,nbsp;z. B. die sog. Epenthesen (809), dieEinschiebung gewisser reducirter Vocalenbsp;{Svarabhakti, 812) u.dgl.

748. nbsp;nbsp;nbsp;Mag das Eesultat einer combinatorischen Verschiebung einenbsp;Assimilation sein oder nicht, das Zeitmass der veranderten Lautgruppenbsp;bleibt zunachst unverandert. Geschichtlich nachweisbare Veranderungennbsp;desselben beruhen stets auf spontanem Lautwandel, der den Wirkungennbsp;des combinatorischen Lautwandels nachgefolgt ist.

749. nbsp;nbsp;nbsp;Arten der Assimilation. Man pflegt die Assimilationen je nach derEichtung ihrerEntwicklung in regressivenbsp;und in progressive einzutkeilen, je nachdem ein Laut einennbsp;vorhergehenden oder einen folgenden (Naclibarlaut sich assimi-lirt; als dritte Unterart kann man dazu noch eine reciprokenbsp;Assimilation aufstellen, bei der beide Theile sich gleichmassignbsp;beeinflussen (wie oben beim Uebergang von ai zu e).

In den indogermanischen Sprachen ist die regressive Assimilation durchaus berwiegend an Haufigkeit, wahrend dienbsp;ural-altaischen Sprachen die progressive Assimilation begnsti-gen. Nahere Bestimmungen lassen sich aber nicht wohl innbsp;Krze geben, weil die einzelnen Sprachen zu sehr differiren.

750. nbsp;nbsp;nbsp;Ein Beispiel fr regressive Assimilation bietet der germa-nische Umlaut (714), fr progressive die finnisch-trkische Vocalhar-monie, bei der innerhalb eines und desselben Wortes auf Velarvocal dernbsp;ersten Silbe immer nur wieder ein Velarvocal, auf Palatalvocal nur wiedernbsp;Palatalvocal, und nur auf sog. neutrale Vocale (genauer gesagt, Vocalenbsp;ohne ausgepragt palatalen oder velaren Charakter) beliebige Vocale folgennbsp;knnen. Ueber diesen Gegensatz von regressiver und progressiver Wir-kung sagtBhtlingk (Jenaer Lit.-Ztg. 1874, S.767); Einindogermanischesnbsp;Wort ist in dem Masse eine wirkliche Einheit, dass der Sprechende sohonnbsp;beim Hervorbringen der ersten Silbe das ganze Wort sozusagen im Geistenbsp;ausgesprochen hat. Nur auf diese Weise ist es zu erklaren, dass zur Ei-leichterung der Aussprache einer nachfolgenden Silbe [resp. Lautes] sohonnbsp;die vorangehende [Silbe resp. Laut] modiflcirt wird. Ein Individuum dernbsp;ural-altaischen Vlkergruppe stsst, unbekmmert um das Schicksal desnbsp;Wortea, die erste Silbe desselben, den Trager des Hauptbegnffes, ohnenbsp;Weiteres heraus; an diese reiht er dann die weniger bedeutsamen Silbennbsp;in etwas roher Weise an, indem er gleiohsam erst in dem Augenblick annbsp;Abhlfe denkt, wenn er nicht mehr weiter kann. Hierzu ist etwa nurnbsp;zu bemerken, dass von einem Bestreben nach Erleichterung wohl nichtnbsp;gesprochen werden darf, denn willkrlich und bewusst pflegen auch dienbsp;Assimilationen nicht zu sein. Vielmehr wird die Sache wohl so aufzu-fassen sein, dass dem Sprecher die besonders charakteristischen Theile der

-ocr page 297-

751753. Lautwechsel und Lautwandel im Allgememen. nbsp;nbsp;nbsp;277

Articulation folgender Laute {z. B. um bei anna aus agna steben zu bleiben, die Senkung des Gaumensegels fr das n) besonders lebhaft vorsohweben,nbsp;und dass demzufolge die Auslsung deqenigen Nerventhatigkeit, welchenbsp;zur Erzeugung dieser Articulationsbewegung dient, vor der ihr eigentlichnbsp;zustehenden Zeit erfolgt. Umgekehrt wird in den Spraohen, welche dienbsp;sog. Yocalharmonie kennen, durch die Aussprache der ersten Silbe dienbsp;Zunge in der Horizontalstellung des Vocals dieser Silbe gewissermassennbsp;fest gebannt, sodass sie in den Polgesilben von da aus wohl verschiedenenbsp;Hhenstufen einnehmen, aber nicht in (wesentlich) andere Horizontal-stellungen gelangen kann, bis der Beginn eines neuen Wortes den Bannnbsp;lost. Bei correotem Nachsprechen solcher Fremdbeispiele empfindet man,nbsp;wie ich z. B. beim Pinnischen beobachtet habe, dies Zwangsgefhl in dernbsp;Zunge ganz deutlioh. Ein interessantes Beispiel fr die Nachwirkungnbsp;vorausgegangener Articulationen bietet die Assimilation nachfolgender nnbsp;an wortanlautende Labiale im Deutschen wie mperegrinuspiligrim u. dgl.

751. Bndlich hat man auch noch zwischen partieller und totaler Assimilation unterschieden. Letztere tritt um sonbsp;leichter ein, je mehr Factoren die heiden Nachbaiiaute bereitsnbsp;mit einander gemein haben. Bs wird z. B. adna unter denselbennbsp;Bedingungen zu anna mit totaler Assimilation, wie agna zunbsp;atdna oder abna zu amna mit partieller, weil d und n nebennbsp;der Stimme auch noch den dentalen Verschluss gemeinsamnbsp;haben, so dass nur die verschiedene Stellung des Gaumensegelsnbsp;sie berhaupt unterscheidet. Wo weiter auseinanderliegendenbsp;Laute vollkommen assimilirt werden, sind nach dem allgemeinennbsp;Gesetz von der Allmahlichkeit des Lautwandels in der Eegelnbsp;ebergangsstufen anzusetzen, also etwa fr lat. summus ausnbsp;*supmus die Mittelstufe *sulmus (wenn nicht vorher nochnbsp;*submus mit stimmloser Media aus geschwachter Tenuis), odernbsp;fr die Contraction von ai zu Mittelstufen wie i, ei u. dgl.

753. Neben der Neigung zur Assimilation zeigt sich viel-fach auch eine Neigung zur Dissimilation, d.h. zur Entwick-lung benachbarter Laute in divergirender Bichtung. Als clas-sisches Beispiel kann die Diphthongirung einfacher Yocale, sowie die divergirende Weiterentwicklung von Diphthongennbsp;berhaupt (768) dienen. Falie springenden Lautwechsels durchnbsp;Dissimilation treten namentlich oft bei rascher Wiederkehrnbsp;gewisser Laute (besonders r und l) ein, vgl. etwa mhd. martelnbsp;neben marter u.dgl.

753. Von den hier durch im Allgemeinen skizzirten Arten des Lautwechsels moge zum Schluss eine Anzahl von Einzel-fallen noch in Krze erlautert werden.

-ocr page 298-

278

754757. Lautwechsel durch rtliche Verschiebung.

Cap. 38. Lautwechsel durch rtliche Verschiehung.

754. nbsp;nbsp;nbsp;AVechsel der Articulationsstelle kannalleLautenbsp;betreffen und ist ausserst mannigfaltig. Er kann theils aufnbsp;einem Sprung, theils auf allmahlicher Verschiebung beruhennbsp;und sowohl spontan als auch bedingt sein.

755. nbsp;nbsp;nbsp;Von sprunghaften Yeranderungen der Articula

tionsstelle sind neben den 737. 752 berhrten Assimilationen und Dissimilationen peregrinuspiligrim, martermartelnbsp;etwa noch anzufhren der Ersatz des Zungenspitzen-r durchnbsp;das alveolare oder das Kehlkopf-r (307 ff.) oder das Umspringennbsp;gerundeter Velare in Labiale (wie in griech. irdtepo? aus qoterosnbsp;u. dgh). Beachtenswerth ist namentlich auch die Vertretungnbsp;eines Kehlkopfverschlusses (Stosstons, 585 ff.) durch einennbsp;Mundverschluss, die in gewissen westmitteldeutschen Mundartennbsp;sehr gewhnlich ist (dial, iks, M/ts'Eis, aus^aus us, sieben-brg. hrwoktynbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Braut, schleudern^ ausnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;sludern\

init palatalen! Verschluss tseity sned'driy leit 'Zeit, schneiden, Leute' aus zity snibden, lude\ desgl. niederrhein. tsiky lknbsp;quot;Zeit, Leutequot; fr *tsikty *lkt aus z^ty lui. In englischennbsp;Mundarten wird umgekehrt ein Mundverschlusslaut zuweilennbsp;durch den KehlkopBerschluss ersetzt, z. B. ha'^dr Butterquot; ausnbsp;butter.

756. nbsp;nbsp;nbsp;Spontane Verschiebung derVocalreihen. Hiernbsp;kommen sehr mannigfaltige Brscheinungen in Betracht, abernbsp;sie sind in ihrer Art meistens einfach. Als die einfachste vonnbsp;allen istwohl derUebergang von Vocalen mit starker Lippen-thatigkeit in solche mit passiver Lippe (und umgekehrt)nbsp;voranzustellen, wie er sich z. B. im Englischen und in vielennbsp;mitteldeutschen Mundarten vollzogen hat.

757. nbsp;nbsp;nbsp;Mit dieser Veranderung hangt der Wegfall der ge-rundeten Palatalvocale m, zusammen. Wird diesen dienbsp;das in inen liegende w-Element bedingende Lippenrundungnbsp;genommen, so bleiben einfach die restirenden Producte dernbsp;Articulation der Zunge, d. h. f, e brig. Das Pehlen vonnbsp;Vocalen wie m, gibt also fr solche Sprachen, bei denen sienbsp;friiher einmal nachweislich verhanden waren, einen sicherennbsp;Anhaltspunkt fr die Beurtheilung des gesammten Vocalis-mus ab.

Als Gegensatz zu dieser Entrundung der gerundeten Vocale kann man den Uebergang zu abnorm starker Bundung

-ocr page 299-

279

758760. Lautwechsel durcli rtliche Versohiebung.

bezeiclinen, welcher namentlich im Norwegischen und Schwedi-schen sehr um sicb gegriffen hat (Storm^ S. 132 f.).

758. nbsp;nbsp;nbsp;Demiiachst ist hier des spontanen Wegfalls dernbsp;Nasalirung zu gedenken, wie etwa in schweiz. a quot;an gegennbsp;Schwab, q. Ueber bedingten Eintritt der Nasalirung vgl. 800.

759. nbsp;nbsp;nbsp;Hieran reihen sich die den Oharakter eines Vocal-systems weit starker modificirenden Yeranderungen in dernbsp;Zungenarticulation. Solche knnen theils in verticaler,nbsp;theils in horizontaler Yerschiebung derZunge bestehen (24611.),nbsp;auch auf Yerschiedenheit der Spannung zurckgehen (252), d.h.nbsp;es finden Uebergilnge von hhern zu niedern, von gespannten zunbsp;ungespannten, von velaren zu palatovelaren und palatalenYocalennbsp;statt und umgekehrt. Fr den ersten Fall denke man z. B. annbsp;die Ueberfhrung der indog. e, o in got. i, u und die entgegen-gesetzte der latein. , u in roman, e, o. Wollte man fr dennbsp;zweiten Fall auch noch eine lYirkung des Triigheitsgesetzes an-nehmen, insofern die Zungenarticulation der e, o geringer istnbsp;als die der i, u, so gengt diese Erklarung doch nicht fr dennbsp;umgekehrten ersten Fall. Man wird also besser thun, beidenbsp;und berhaupt alle ahnlichen Erscheinungen auf allmahlichenbsp;unbewusste Yerschiebung der Zungenarticulation ohne Bck-sicht auf den Kraftaufwand zurckzufhren und im gegebenennbsp;Einzelfall eine Anknpfung derselben an andere charakte-ristische Lautwandlungen zu versuchen.

760. nbsp;nbsp;nbsp;Kurze und lange Yocale schlagen bekanntlich beinbsp;derartigen Yerschiebungen haufig entgegengesetzte lYege ein.nbsp;Unsere meisten kurzen e, o, m sind u. s. w., unsere Langen

U.S.W.; oder die Krzen werden in ursprnglicher Qualitat erhalten, wie im Englischen e, o, , wahrend die Langen zunbsp;i, Hl { (^) geworden sind. Hierfr liegt der Glrund wohl in demnbsp;auch sonst vielfach zur Anwendung kommenden Gesetz, dassnbsp;die Articulationen eines Lautes um so energischer und sicherernbsp;vollzogen werden, je starker derselbe zum Bewusstsein kommt,nbsp;d. h. je grosser seine Starke oder Dauer ist. Dies erklart beimnbsp;langen Yocal sowohl eine Steigerung der specifischen Zungenarticulation (nach Stellung und Spannung) als der Eundung,nbsp;falls solche verhanden ist. Beim kuizen Yocal dagegen, dernbsp;nur einen momentanen Zungenschlag erfordert, wird leicht dasnbsp;eigentliche Mass sowohl der Entfernung von der Euhelage wienbsp;der Spannung nicht erreicht, d. h. es wird eine Wandlung vonnbsp;Yocalen mit starkerer specifischer Articulation zu Lauten von

-ocr page 300-

280

761764. Lautweohsel durch rtliche Verschiebung.

melir neutraler Articulation angebahnt, sowohl was Zungen-und Liijpenstellung als was Spannung betrifft.

761. nbsp;nbsp;nbsp;Vocalwechsel bedingt durch Verschiedenheitnbsp;der Tonhhe. Zur Heryorbringung hherer Tone wird dernbsp;Kehlkopf gern gehoben, zur Heryorbringung tieferer gernnbsp;gesenkt, und die Zunge folgt diesen Bewegungen des Kehl-kopfs unwillkrlich ein wenig nach. Bei hohem Ton erfahrennbsp;die Vocale daher leicht eine Vorschiebung bez. Erlihung, beinbsp;tiefein eine Zurckziehung bez. Senkung der Zunge, d. h. sienbsp;werden im ersten Fall helleF (d. h. palataler bez. hher), imnbsp;zweiten dunkleF (d. h. yelarer bez. tiefer), ygl. z. B. hohesnbsp;zweifelndes ja mit tiefem zweifelnden ja. Ueber den Ein-fluss der Tonhhe atif die Diphthongirung von Vocalen s. 768 f.

762. nbsp;nbsp;nbsp;Seit Scherer, Zur Geschichte der deutschen Spraohe i S. 121 ft',nbsp;ist es sehr Mode geworden, den TJebergang dunklerer (yelarer) Vocale innbsp;'hellere (palatale), namentlioh den von a in a etc. mit den Namen der T o n -erlihung zu belegen, weil an die Stelle des einen Vocals ein anderernbsp;mit hherem Eigenton (ygl. 226 fi^.) tritt. Es wird dann der Vorgangnbsp;mit dem altgermanischen musikalisohen Accent in Verbindung gebracht,nbsp;indem die Hhe oder Tiefe des Tons, welohe einer bestimmten Silbenbsp;in der Eede beiwohnt, den Vocal mit entsprechendem hherem odernbsp;tieferem Eigenton attrahirt. Diese Erkl'amng ist fr die Falie, fr dienbsp;sie aufgestellt ist, durohaus unerwiesen, namentlich in ihren weiterennbsp;Consequenzen, z. B. dass sich die Vermischung der ursprnglichen gerun-deten Palatalvocale , mit e, i im Angels'achsischen aus denselben Grn-den erkl'are: denn in diesem Falie hat man es klarlich nur mit einer Ent-rundung ursprnglich gerundeter Vocale zu thun.

763. nbsp;nbsp;nbsp;Vocalwechsel bedingt durch Starke und Dauer.nbsp;Abgesehen yon der bereits oben 760 erwahnten Beeinflussungnbsp;der Vocalentwicklung durch verschiedene Quantitat fallen hier-her besonders noch die Verstmmelungen von Vocalen unbe-tonter Silben, die zugleich in rascherem Tempo genommen zunbsp;werden pflegen. An die Stelle voll ausgepragter Vocale tretennbsp;in Folge schlaffer und hastiger Articulation zunachst dumpferenbsp;Varietaten mit weniger ausgepragter Stellung, schliesslich ein-fache Stimmgleitlaute, die sich nur nach der jeweiligen Laut-umgebung richten.

764. nbsp;nbsp;nbsp;Vocalwechsel, bedingt durch den Einflussnbsp;yon Nachbarlauten (Assimilation). Die Differenz zwischennbsp;den Stellungen benachbarter Vocale wird gern vermindert,nbsp;sei es durch einseitige, sei es durch gegenseitige Annaherung.nbsp;Sehr gewhnlich ist dieser Process bei Diphthongen, vgl. z. B.nbsp;nhd. ae oder ee aus ai, ao oder du, do aus au (ygl. 415), odernbsp;ice, ud aus ia, ua u. dgl. 1/ollkommene Ausgleichung fhrt zu

-ocr page 301-

281

765767. Lautweohsel cluroli rtliche Verscliiebung.

Contractionen, zu einfaclier Lange. Uebergange wie der von ursprnglichem ai zm e, au z\x d zeigen reciproke, solche wie ainbsp;zu a (z. B. im Angelsachsischen) oder au zu a (im Altfriesischen)nbsp;progressive, solche wie ei zu ^ (z. B. im germ, i aus indog. ei)nbsp;regressive Assimilation.

765. nbsp;nbsp;nbsp;Zu den Ausgleichungen der Stellung von ISlaclihar-vocalen gehren auch die sog. Umlaute (einschliesslich desnbsp;a-Umlauts oder der sog. Brechung), soweit sie als Endresultatnbsp;wieder einfache Vocale an Stelle einfacher Vocale (z. B. in ahd.nbsp;gesti aus gasti) oder Diphthonge an Stelle von Diphthongennbsp;(z. B. altn. hegra aus *hauzjan) aufweisen. Seltener wirkt hiernbsp;der umlautende Vocal direct auf den umzulautenden (wie innbsp;ahd. saien = mhd. sajen), gewhnlicher treten Consonanten alsnbsp;Vermittler auf (Scherer, zur Geschichte der deutschen Sprache ^nbsp;142 ff., Verf. in den Verhh. der Leipziger Philol.-Vers. 1872,nbsp;189 ff.), indem sie die specifische Stellung des umlautendennbsp;Vocals durch Articulationsmischung (469ff.) in sich aufnehmennbsp;und so mit der des umzulautenden Vocals in Contact hringen.nbsp;Der i-Umlaut setzt also Palatalisirung (482 ff.), der w-Umlautnbsp;Bundung (491 l.) der zwischenUegenden Consonanten voraus.

766. nbsp;nbsp;nbsp;Die verschiedenen Weobsel, die man unter dem Namen Umlautnbsp;zusammenfasst, enthalten brigens durchaus verscbiedene Processe. Beinbsp;den meisten sog. -Umlauten (wie altnord. hondum aus handum, syngva ausnbsp;*singwan, siukkva aus *stenkwan), handelt es sich um Vorausnahme dernbsp;-Eundung bei bleibender Zungenstellung, also zugleioh um eine zeitlichenbsp;Versohiebung. Der 7-Umlaut besteht in der Kegel in einer Verschiebungnbsp;velarer Vocale zu Palatalen gleicher Hhe (wie ahd. gastigesti, Wechselnbsp;von mid-hack zu mid-front u. dgl.), seltener in einer Hebung der Zungenbsp;(wie beim Umlaut des urags. zu e, oder dem des germ, zu i wie innbsp;helfanhilfit). Beim a- und -Umlaut tritt (soweit letzterer nicht bloss innbsp;Rimdung ungerundeter Vocale besteht, s. oben) nur Ausgleichung dernbsp;Zungenhhe ohne Verschiebung in horizontaler Richtung ein. So bringtnbsp;z. B. das ahd. hilfu aus *helfu den mittleren Vocal e auf die Hhenstufenbsp;des hohen Vocals . Bei ahd. stga, bogan aus germ. *stiga und alteremnbsp;germ. *biijana sind die hohen Vocale i, u auf die Hhe des mittlerennbsp;Vocals a herabgesunken. Et3Tnologisches f bleibt ahd. vor dem hohennbsp;Vocal , sinkt aber vor den mittleren Vocalen a, o gern zu dem mittlerennbsp;? herab (ahd. hirtiu, aber hirt^a, hirteo neben hirtia, hirtio), wahrend un-silbisches y ebenso wie silbisohes u constant dem a-Umlaut unterliegt (da-her ahd. balo etc. aus *balga aus germ, balua) u. dgl. (vgl. auch 415).

767. nbsp;nbsp;nbsp;In ahnhclier Weise wie Consonanten mit Vorausnahme specifischer Vocalarticulation knnenauch Consonantennbsp;hloss durch ihre eigene specifische Stellung auf Vocale ein-wirken, indem der Contrast zwischen dieser und der Stellungnbsp;des Vocals durch Annaherung gemildert wird. Hierher fallen

-ocr page 302-

282

768772. Lautwechsel durch rtliche Verschiebung.

z. B. die sog. Brechungen des ?, u vor r, h im Gotischen zu a (d. h.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;o^), der Uebergang des e, o zu u vor Nasal

OoBSonant im Germanischen (ahd. hintan^ gihuntan gegen helfan, giholfan), ferner die Begiinstigung der Contraction vonnbsp;Diphthongen durch Consonanten stark differirender Stellungnbsp;(z. B. der Contraction des au zu 6 vor Dentalen und h und desnbsp;ai zu vor h, r, w im Althochdeutschen), u. dgl. Vgl. auch 478.

768. nbsp;nbsp;nbsp;Neigung zur Dissimilation macht sich hesondersnbsp;hei Diphthongen geltend, deren Componenten sie auseinandernbsp;treibt. Beispiele hierfr sind z. B. mittelhochdeutsches schwa-bisch-bairisches und gemein-neuhochdeutsches ai, au, wie innbsp;stain, paum, nhd. Bein, Baum (gesprochen haen, hagm), ausnbsp;urspr. ei, ou, desgleichen das neuengl. dialektische ai, au wienbsp;in sai, nau fr sei, nou ('say, no) u. dgl. Auch die Spaltungnbsp;einfacher Vocale in Diphthonge kann hierher gezogennbsp;werden, wie etwa der Uebergang des e, q in neuengl. ei, ounbsp;[s. oben) oder zu ea [ia], oa [ua) im Althochdeutschen [hear,nbsp;goat etc. aus hr, gut) u. s. w.

769. nbsp;nbsp;nbsp;Diese Diphthongirung mag zum guten Theil mit der Betonungnbsp;zusammenhangen, insofern bei steigendem Ton die Zunge im Laufe desnbsp;Vocals vorgeschoben und gehoben, umgekehrtbei fallendem Tone zuriick-gezogen und gesenkt wird: der erste Vorgang fbrt zur Bildung von Diphthongen wie ei, ou, derzweite zu soiohen wie ea, oa, vgl. oben 761. Diesenbsp;Annahme eines Zusammenhangs zwisohen Diphthongirung und Betonungnbsp;wird besonders daduroh wahrsoheinlioh gemacht, dass solche Diphthongi-rungen besonders gem bei zweigipfligem bez. zweitnigem Silbenaccentnbsp;vgl. 580 ff.) eintreten, durch den der Vocal in zwei Theilstoke zerschnittennbsp;wird, die nun in der Entwicklung nach verschiedenen Seiten auseinandernbsp;gehen.

770. nbsp;nbsp;nbsp;Zu den spontanen Verschiebungen im Conso-nantensystem gehren beispielsweise die Schwankungennbsp;innerhalb der verschiedenen Arten der Dentale (154 ff.) odernbsp;Zischlaute (334 ff.), ferner die Uebergange von in r, die vonnbsp;cerebralem r in l, der Uebergang von uvularem r in j (307)nbsp;u. dgl. mehr (in einigen dieser Falie, wie gerade dem zuletztnbsp;angefhrten, findet zugleich eine graduelle Verschiebung dernbsp;Articulation statt).

771. nbsp;nbsp;nbsp;Bedingter Lautwandel bei Consonanten. Beispiele fr die assimilirende Einwirkung von Vocalen auf Consonanten bieten die oben 469 ff. besprochenen Aufnahmennbsp;specifischer Articulationselemente, sofern sie auf Ausgleichungnbsp;von Zungenarticulationen beruhen, also namentlich die Ver-legung der Articulationsstellen der li- und a:-Laute je nach

-ocr page 303-

773775. Lautwechsel durcli graduelleVerschiebung der Hemmuhg. 283

dem folgenden oder vorausgehenden Vocal u. dgl. (die Mit-wirkung der Lippenarticulation bei der Berhrung gerundeter Vocale mitPalatovelaren und der Zungenarticulation beliebigernbsp;Vocale bei der Berhrung mit Labialen beruht dagegen aufnbsp;zeitlicher Verschiebung dieser Accidentia).

772. Starkere Veranderungen erfabren die Consonanten bei der gegenseitigen Berhrung. Das Resultat der Assimilation ist bier baufig die Herstellung vollkommener Homor-ganitat. Die specifische Articulation des unterliegenden Lautesnbsp;fallt also ganz weg, so z. B. der dentale Verschluss in ampanbsp;aus anpa oder der velare in ital. atto aus acto. lm letzterennbsp;Balie ist von dem c [k] nichts geblieben als der Zeittheil, dennbsp;seine Hervorbringung erforderte und der nun dem verlangertennbsp;(durcb zeitliche Verschiebung ber die Silbengrenze binber-gezogenen) t zu Gute gekommen ist. Die Richtung der Assimilation ist gewhnlicher regressiv, seltener progressiv, wie alt-nord. ll aus lp, ahd. mm aus mn in stimma aus und neben siimnanbsp;(vgl. auch die zahlreichen urgerm. Geminaten aus Consonant-gruppen, wie in ^fullds aus *falnas u. dgl.). Am leichtestennbsp;unterliegen der Assimilation im Allgemeinen die Laute mitnbsp;Verschlussbildung durcb die Zungenspitze (also t, d, n). nbsp;Ueber die lateralen und nasalen Degenerationen, die ebenfallsnbsp;hierher geboren, vgl. oben 460 ff.

Cap. 39. Lautweclisel durch graduelle Verschiebung der Heminung.

773. nbsp;nbsp;nbsp;Wie oben 130 ff. gezeigt wurde, gibt es drei Haupt-grade der Hemmung: Verschluss, Reibeenge, Weitstellungnbsp;obne Reibegerausch. Verschiebungen der Articulation, welchenbsp;einen Uebergang aus einem dieser Grade in einen andem in-volviren, sollen danacb hier als graduelle Verschiebungen be-zeichnet werden.

774. nbsp;nbsp;nbsp;Streng genommen bedeutet jede Veranderung des Lumens dernbsp;Ausflussffnung eine graduelle Verschiebung; es ersoheint aber zweck-massig, solche Veranderungen, bei denen kein Wechsel der Classe vor-kommt, eher den rtlichen Verschiebungen zuzugesellen, weil sonst oftnbsp;nahe Zusammengehriges auseinandergerissen wrde (vgl. z. B. die ver-schiedenen Verschiebungen der Vocale oben 759).

775. nbsp;nbsp;nbsp;Eine scharf ausgepragte raumliche Grenze zwischennbsp;den verschiedenen Stufen der Hemmung besteht brigens nurnbsp;beim Wechsel von VerschlusslautenundNichtverschlusslauten.

-ocr page 304-

28 4 776 778. Lautwechseldurohgraduelle VerscldebungderHemmung.

Beim ebergang von Sonoren in Beibelaute und umgekehrt kann auch ein dynamisches Element (Verstarkung und Schwa-chung des Stromdrucks) mitwirken, vgl. oben 192 ff. und nament-licbi den Abscbnitt ber Grerauschreduction 499 ff., wo bernbsp;solche Ealle bereits das Ntbigste beigebracM ist. Audi beimnbsp;Wechsel der Hemmung imKehlkopf (ebergang von derVoll-stimme zur Murmel- und Flsterstimme) ist das dynamisdienbsp;Element wesentlich, ja vielleicht die eigentliche primare Ursachenbsp;des Wechsels (vgl. 787). An Einzelfallen verdienen etwa nodinbsp;Erwahnung:

776. nbsp;nbsp;nbsp;ebergang stimmhafter Oeffnungslaute innbsp;(stimmhafte) Yerschlusslaute. Besonders haufig ist dernbsp;ebergang stimmhafter Spiranten in Medien, namentlichnbsp;auch im G-ermanischen; vgl. z. B. den ebergang des germ, dnbsp;in westgerm. d, den ebergang des germ, d, j in einzelsprach-liches b, ff, den ebergang des germ, p durch stimmhaftes innbsp;dentales d u. dgl. Hauptbedingung dabei ist (s. 503) geringernbsp;Stromdruck im Ansatzrohr und demnach nur schwaches Beibe-gerausch. Ausserdem finden sich namentlich noch Berhrungennbsp;von r, n mit d, wie etwa in neuisland. gesprochenes badn,nbsp;fadla^ stedn aus altisland. harn, falla^ steinn (mit nachtrag-lichem ebergang zu stimmloser Media).

777. nbsp;nbsp;nbsp;ebergang stimmhafter Yerschlusslaute innbsp;stimmhafte Oeffnungslaute. Hier vollzieht sich dernbsp;Wechsel in umgekehrter Eichtung, d. h. auch hier tretennbsp;zunachst wohl stets Oeffnungslaute ohne deutliches Eeibungs-gerausch au die Stelle stimmhafter Medien mit schwachernbsp;Explosion. Dies gilt sowohl vom ebergang der Medien innbsp;homorgane Spiranten (wie etwa dem ebergang von b, d, ff innbsp;, , j), als von dem Wechsel von etymologischem d mit l, rnbsp;(wie lat. lacruma aus dacruma, oder westmitteld. largt;, laer ausnbsp;laden, leiden u. dgl.).

778. nbsp;nbsp;nbsp;ebergang stimmloser Spiranten in stimm-lose Yerschlusslaute ist seltener, weil die stimmlosen Spiranten meist starkeres Eeibungsgerausch haben als die stimmhaften.nbsp;Beispiele sind etwa der ebergang des germ, anlautendem p innbsp;f im Diinischen, Schwedischen, Farischen und in der irischennbsp;Aussprache des Englischen; ferner der ebergang von xinM,nbsp;z. B. im armen, kh aus su, wie in khuir Sekwester aus *sues7-(vielleicht gehort hierher auch das heutige oberdeutsche M frnbsp;ahd. ch-, wie in an aus ahd. chan, wenn namlich dies ch- im

-ocr page 305-

?79. 780. LautwechseldurchgraduelleVerscMebungderHemmung. 285

Ahd. wirklich die Spirans x und nicht die Affricata kx aus-driickte). Vorschlag eines Verschlusses zeigt z. B. mhd. phn-aus -, wie in phnehen, phnast, pJmsel. Haufiger als spontan findet sich dieser Wechsel als bedingter, also in gewissen Con-sonantengruppen. G-anz gewhnlich wandelt sich hs in ks^ vgl.nbsp;altn. vaxa, ags. weaxan, nhd. wachsen, d. h. waksn, mit got.nbsp;wahsjan^ ahd. wahsan, oberd. (schweiz. sterr.) waxs^ u. dgl.nbsp;Ebenso wechselt fs fter mit ps (ygl. dialektisches deutschesnbsp;lepse, repsen, wepse aus und neben lefse, refsen, wefse odernbsp;altnord. repsa neben refsa, ups aus ufs, got. uhizwa). Ueber-gang von lt; zu pt findet sich im Altnordischen [opt aus oft etc.).nbsp;Ueberall, wo zu p wird, scheint bilabiate Aussprache vergelegen zu haben; das bilabiate hat schwacheres Reibungs-gerausch als das labiodentale (325; vgl. auch Pormen wienbsp;mitteld. inpdhen, inpallen, d. h. inp^gJvn^ inpall^n aus int-fdhan, intfallan mit Schwachung des bilabialen zu blossemnbsp;Hauch).

779. nbsp;nbsp;nbsp;Uebergang stimmloser Verschlusslaute innbsp;stimmlose Spiranten ist sehr haufig in den verschiedenstennbsp;Sprachen, doch ist seine Entstehung nicht berall mit Sicher-heit festzustellen. Vermuthlich sind zwei grundsatzlich ver-schiedene Arten anzuerkennen:

780. nbsp;nbsp;nbsp;Uebergang durch die Aspirata und Affricata

hindurch, also angebahnt durch starke Exspiration, die sich zunachst in der Aspiration kundgibt. Dieser Art sind z. B.nbsp;die Uebergange von p, t, k za. f, z, ch in der hochdeutschennbsp;Lautverschiebung (vgl. goi. hilpan^ itan, brikan mit ahA. helfan,nbsp;ezzan, brehhan, nhd. helfen, essen, brechen). Fr den Anlautnbsp;liegen sammtliche hier angenonunene Stufen; Tennis, Aspirata,nbsp;Affricata, Spirans in deutschen Dialekten bei der Labialreihenbsp;vor: niederfrank. und ripuarisch moselfrank. rheinfrank.nbsp;hess.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;sonst entwederoder Pfund^ In der

Velarreihe fehlt hier meist die Affricata: niederfrank. rip. kan, gemeindeutsch fan, aleman. xan, in der Dentalreihe fehlennbsp;Aspirata und Spirans: niederfrank. toe, hochdeutsch Frnbsp;gleiche Entwicklung im Inlaut sprechen die fr das Hoch-deutsche bezeugten Uebergange von alterem helpfan zu jnge-rem helfan in gewissen Mundarten. Lebendiger Wechsel vonnbsp;starker Aspirata und Affricata begegnet auch in lebendennbsp;Mundarten, z. B. im Danischen und irischen Englisch, wo t vornbsp;palatalen Vocalen ziemhch deutliche Affricata (annahernd ts],nbsp;vor anderen stark aspirirte Tenuis ist, u. dgl,

-ocr page 306-

286 'lt;'81787. Lautweoksel durch graduelle Versoliiebung der Hemmung.

781. nbsp;nbsp;nbsp;Bei dieser Entwicklung gehort nur der letzte Act, die Oefifnuiignbsp;desVersclilusseSjhierlier: die Aspiration berulitauf spontaner Verschiebungnbsp;der Exspiration, die Affrication auf zeitliclier Verscliiebnng, d. b. sie istnbsp;die Eolge des verlangsamten Uebergangs zur Stellung des folgenden Oeflf-nungslauts.

782. nbsp;nbsp;nbsp;Charakteristiscli ist, wie bemerkt, fr diese Art desnbsp;Uebergangs die Drucksteigernng. In Folge dieser Steigerungnbsp;treten deun die auf diesem Wege entstehenden Spiranten stetsnbsp;als Fortes oder Geminaten auf.

783. nbsp;nbsp;nbsp;TJmstande, welclie der Aspirirung erfahrungsgemass liinderlichnbsp;sind (z. B. die Stellung des Yersolilusslauts hinter einem Consonanten, wienbsp;in nhd. sp-, st-, k- oder sb-, sd-, sg- gegen sonstiges p'-, f-, k-], hindernnbsp;oder hemmen daher aucli die Affricirung melir oder weniger vollstandig.nbsp;Bei der hoolideutsohen Lautverscliiebung bleiben daher Tenues nach Consonanten und in der Gemination hinter einfachen Tenues naoh Vocalennbsp;zurck.

784. nbsp;nbsp;nbsp;Directer Uebergang von der Tenuis (oder

scbwachen Aspirata) zur Spirans durch Lockerung des Ver-scblusses. Bderber geboren wafarscheinlich moderne Falie, wie irisch-engl. mi-Ypn-,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;'making, eating, blacking^,

bei denen zum Theil die Spirans noch in lebendigem Wechsel mit dem Verschlusslaut steht. Vermuthlich werden hierhernbsp;auch vorhistorische Processe wie die Verschiebung der indog.nbsp;Tenues zu germ, , p, x oder die Spirirung alter Tenues z. B.nbsp;im Iranischen unlt;J Keltischen gehren, bei denen sich kein spe-cieller Hinweis auf etwaige Entwicklung nach 780 finden lasst.

785. nbsp;nbsp;nbsp;Der Lockerung des Verschlusses liegt als Vorstufe vermuthlichnbsp;sohwache Bildung desselben voraus. Es ist daher z. B. wohl denkbar, dassnbsp;die Verschiebung im Wortanlaut und im Wortinnern nach einer Druck-grenze eintritt, aber nicht bei einer Geminata, welche kraftigen Versohlussnbsp;fordert (560). Hiernaoh knnen germ, geminirte tt^ pp, kk wie in Chatti,nbsp;got. skatts, ags. lioppian, altnord. smokkr recht wohl der Verschiebungnbsp;widerstanden haben, welche einfaohe p,f,kmf,p,x wandelte.

786. nbsp;nbsp;nbsp;Wegfall eines Mundverschlusses bei Halb-schlusslauten lindet sich fter bei Nasalen, z.B. beimUeher-gang Ton Vocal Nasal in einfachen Nasalvocal, wie in q ausnbsp;an oder lt;zw, vermuthlich auch in Fallen wie altn. j'n aus mnnbsp;(z. B. nefna, d. h. netma, aus nemna, got. namnjan]\ die Ver-mittelung hildet hier wohl nasalirtes ^, das vielleicht durchnbsp;Schreibungen wie nemfna angedeutet werden soil. Anderwartsnbsp;gehen Nasale zwischen Vocalen in nasalirte Spiranten ber,nbsp;z. B. w ini Irischen in mh, d. h. nasalirtes r. mgekehrt istnbsp;die Oeffnung einer Spirans durch den Mundverschluss einesnbsp;Nasals ersetzt bei dem Wechsel von germ, tn init mn (ags. emne

-ocr page 307-

788. 789. Zeitliche Yersohiebung von Articulationsfactoren. 287

aus *e1inei geschr. efne\ altnord.aus *ja1)nan, geschr. jafnan). Ob auch bier ein tn die Briicke bildet, ist zweifelhaft;nbsp;es ist auch ein Durchgang durch hn denkbar, das dann waiternbsp;nach 800 behandelt ware.

787. Gradnelle Verschiebung der Kehlkopfhem-niung. Hierher fallt der Wechsel von Tenues mit und ohnenbsp;Kehlkopfverschluss; ferner, wie bereits 775 bemerkt wurde,nbsp;der Uebergang von der Vollstimme zur Murmel- und Bliister-stimme. Vorbedingung fur diesen Uebergang ist bier in dernbsp;Regel Mangel an Nachdruck. In demselben Masse wie dernbsp;Druck abnimmt, erschlafft auch die Hemmung im Kehlkopf.nbsp;Bei fortschreitender Schwachung von Exspiration und Hem-niung kann dann auch noch das Bliistergerausch ganz schwin-den, so dass nun stimmlose Laute an Stelle stimmhafter auf-treten (iiber zeitliche Verschiebung hierbei s. 791 ff.).

Cap. 40. Lautwechsel durch zeitliche Verschiebung von Articulationsfactoren.

788. nbsp;nbsp;nbsp;Die Articulationsfactoren, deren zeitliche Bolge gegen-einander verschoben werden kann, sind einerseits die Exspiration, andererseits die Hemmung bez. Resonanzbildung innbsp;Kehlkopf und Ansatzrohr. Innerhalb des letzteren kommennbsp;dann wieder gegenseitige Verschiebung der Actionen der dreinbsp;unabhangig von einander beweglichen Theile, des Gaumen-segels, der Zunge und der Lippen, in Betracht, wohei dannnbsp;noch zu heachten ist, dass die Bewegungen der Zunge undnbsp;der Lippen durch die Bewegungen des Unterkiefers unterstiitztnbsp;werden knnen (vgl. 40 f.).

789. nbsp;nbsp;nbsp;Unter diesen Factoren nimmt die Exspiration einenbsp;besondere Stellung ein, insofern sie den ganzen Process dernbsp;Lautbildung durchlauft (abgesehen von den 64 ff. erwahntennbsp;Ausnahmen). Von zeitlichen Verschiebungen der Exspirationnbsp;kommen daher nur die Verlegungen der Silbengrenzen einerseits und die Verschiebung des Silbengipfels innerhalb der Silbenbsp;andererseits in Betracht. Im Wesentlichen handelt es sich alsonbsp;fiir uns hier nur um die gegenseitigen Verschiebungen der ein-zelnen Actionen des Hemmungs- und Resonanzapparats.

-ocr page 308-

288

790793, Zeitliche Verschiebung der ExBpiration.

a. Verschiebung der Exspiration.

790. nbsp;nbsp;nbsp;Die Veranderungen, die durch Verschiebung dernbsp;Silbengrenzen hervorgerufen werden, sind meist zugleichnbsp;dynamischer Art. Es kommen hier namentlich die Bestimmun-gen von 537 ff. in Betracht. Von anderen Wechseln kannnbsp;beispielsweise der Wechsel von auslautender aspirirter undnbsp;unaspirirter Tenuis bez. die Oeffnung von Verschlssen ohnenbsp;Explosion (459) angefhrt werden. Sonst ist etwa noch anzu-fhren, dass Assimilationen von Nachbarlauten leichter ein-treten, wenn sie einer und derselben Silbe angehren, als wennnbsp;sie durch eine Druckgrenze getrennt sind.

791. nbsp;nbsp;nbsp;Die Verschiebung des Silbengipfels innerhalbnbsp;der Silbe veranlasst namentlich oft einen Functionswechsel vonnbsp;Nachbarlauten, von denen der eine Sonant, der andere Consonant ist. Beispiele hierfr sind etwa die Umsetzung fallendernbsp;Diphthonge in steigende, wie etwa in altn. hjuga, gjta^ bjarga^nbsp;skjaldar aus beuga, geota, bear ga, skegldar, oder franz. ruanbsp;'Knig^ aus altfranz. reis, rois (diese Umsetzung findet sichnbsp;namentlich oft bei Diphthongen, deren erster Component einnbsp;Vocal geringerer Schallflle ist, also besonders bei 'unechtennbsp;Diphthongen, 418). Auch zwischen Liquiden und Nasalennbsp;einerseits und Vocalen andererseits finden solche Functionswechsel statt. So setzen sich im Germanischen die Lautfolgennbsp;Consonant ri, U, ni Vocal gern in Consonant rj, Ij, njnbsp;- - Vocal um, deren silbische r, l, n sich weiterhinin Secundar-vocal -t- Cons, r, l, j spalten (s. 814): so in got. hwftuljsnbsp;aus *hwftljs fr *hwftUz neben Formen wie haimplja,nbsp;hwilftrjmaas *haimplia,*hwilftrim,', ahd. -sidillomH^sidiljonbsp;fr *sidljo aus germ. *sidli, ahd. sbiren aus *sbirjan fr

*shrjan aus *sbrian, ahd. wahin(n)en aus *wahinjan fr *wahnjan aus *wahnian u. dgl. Functionswechsel von Liquidennbsp;und Nasalen zeigen Formen wie nhd. mauern, gespr. maurn,nbsp;aus mhd. muren (vermittelt durch maurn, wie man etwa gelegent-lich noch den Namen 'die Mauren ausspricht).

793. Eine Art Mittelstellung zwischen den in 790 und 791 besprochenen Verschiebungen bildet die Hineinziehung einesnbsp;schwacheren Silbengipfels in eine vorausgehende starktonigenbsp;Silbe, die dadurch zweigipflig wird. So sind vermuthlichUeber-gange wie der von germ. *ski zu got. skja (d. h. von sh-ki-o

-ocr page 309-

794. 795. Zeitliche Versohiebung der Kehlkopfarticulation. 289

zu s^-kia) zu beurtheilen. Ueber andere Falie dieser Art, die mit Vocalabsorption oder -synkope verbunden sind, s. 817 ff.

793. nbsp;nbsp;nbsp;Wie die Versohiebung der Silbengrenze (790), so involvirt auohnbsp;die Versohiebung des Silbengipfels dynamische Veranderungen der be-trofienen Laute. Der besprochene Vunctionswechsel beruht also iiberallnbsp;auf einem Zusammengehen von zeitlicher und dynamischer Versohiebung.

b. Versohiebung der Kehlkopfarticulation gegen die Articulationen des Ansatzrohrs.

794. nbsp;nbsp;nbsp;Hierher gehren die vielen Wechsel von stimm-losen und stimmhaften Lauten, wenigstens insofern mannbsp;nur das Bndresultat ins Auge fasst. Das Stimmloswerden ur-sprnglich stimmhafter Laute setzt namlich ein zu spates Ein-setzen oder ein zu frhes Aussetzen der Stimme voraus (wienbsp;etwa bei ober- und mitteldeutschem bin, du, ^ut aus ursprng-bchem und zum Theil noch norddeutschem bin, du, gut einer-seits, und bei gemeindeutschem Leib, leid. Tag, gespr. laep,nbsp;laet, tak oder fax, bez. oberdeiitschem laeb, laed, tag andrer-seits). Beim Stimmhaftwerden (der sog. Erweichung), alsonbsp;etwa bei nordd. sausen, gespr. zau-zn, gegenber urspr. undnbsp;ober- und mitteldeutschem sau-sn kehren sich diese Verhaltnissenbsp;einfach um.

795. nbsp;nbsp;nbsp;In der Regel wird der Wegfall der Stimme sich alsnbsp;eine Stimmreduction (512 ff.) darstellen, d. h. dem vlligennbsp;Schwinden liegt der Durchgang durch eine geschwachte (Murmel- oder Eliister-) Stimme voraus (vgl. auch 787). Aucti zeit-lich kann die Dauer der Stimme verkrzt werden, ehe sie ganznbsp;ausfallt. So liegen z. B. zwischen den vollstimmigen Mediennbsp;etwa des Franzsischen und den stimmlosen Medien des Deut-schen die halbstimmigen Medien mancher norddeutschen Mund-arten, bei denen nur ein Theil der Zeit der Verschlussstellungnbsp;durch eine schwache Murmelstimme ausgefllt wird. Hier istnbsp;also der Eingang der Medien stimmlos, der Schluss stimmhaft.nbsp;Das umgekehrte Verbaltniss findet sich oft im Auslaut, d. h.nbsp;die Stimme verklingt innerhalb des Schlusslauts, ehe die Ex-spiration erhscht. So hat das engl. had noch Stimme wahrendnbsp;der Verschlussbildung des d und selbst noch einen Momentnbsp;dariiber hinaus, aber die Explosion ist stimmlos, und Formennbsp;wie engl. has, gespr. hazs, zeigen ein schwaches s, das in seinemnbsp;Eingang stimmhaft, in seinem Ausgang stimmlos ist.

S i e V e r s, Phonetik. 5. Aufl. 19

-ocr page 310-

290 nbsp;nbsp;nbsp;796799. Zeitliche Versoliiebung der Kehlkopfarticulation.

796. nbsp;nbsp;nbsp;Der Wechsel von Stimmlosen und Stimmhaften stehtnbsp;ausserdem vielfach inBeziehung zu dynamisclien Verhaltnissen.nbsp;Stimmlose Gerauschlaute werden z. B. in der Eegel nur quot;er-weicht' wenn sie zugleicli Lenes sind (vgl. z. B. den gramma-tisclien Wechsel, nnten 831). Umgekehrt neigen stimnohaftenbsp;Gerauschlaute oft urn so eher zur Stimmlosigkeit, je starker ihrnbsp;Stromdruck ist. So werden z. B. selbst in den norddeutschennbsp;Mundarten, welche im Allgemeinen stimmhafte Laute im An-laut festhalten, doch in besonders emphatischer Sprechweisenbsp;stimmlose Laute dafr eingestellt (eine Erscheinung, die sichnbsp;in der Bhnensprache besonders gut beobachten lasst). Damitnbsp;mag es in Zusammenhang stehen, dass die westgerm. geminirtennbsp;Z-, dd^ gg wegen ihres starkeren Druckes (560) bei der hoch-deutschen Lautverschiebung frher und in weiterem Umfangnbsp;stimmlos werden [zupp, tt, kk] als die einfachen d, g.

797. nbsp;nbsp;nbsp;Ein grosser Theil dieser Wechsel fallt in das Gebietnbsp;der Assimilation. Man kann selbst sagen, dass beim Verstommen der Stimmhaften im An- und Auslaut eine Angleichungnbsp;an die vorhergehende bez. folgende Pause stattfinde, bei dernbsp;Erweichung der Stimmlosen im Anlaut eine Angleichung annbsp;stimmhafte Folgelaute. Vor Allem aher zeigt sich sicher einenbsp;Assimilation hei den betreffenden Fallen des Inlauts. Im Ganzennbsp;heben eben stimmhafte Laute stimmhafte, und stimmlose Lautenbsp;wieder stimmlose Laute in ihrer Nachbarschaft. Die Assimilation selbst kann sowohl progressiv als regressiv sein, vgl. z. B.nbsp;deutsches iy^bin, fur%[t)bar ich bin', furchtbaF mit dialekti-schem ij bin, f urjbar u. dgl.

798. nbsp;nbsp;nbsp;Die Neigung zur Assimilation ist um so starker, jenbsp;mehr die Nachbarlaute homogen sind. Am meisten beeinflussennbsp;einander die Gerauschlaute (vgl. etwa wieder iybin oder ijbinnbsp;mit du bist oder ly Itan). Auch bei Sonoren vor und nach stimmlosen Gerauschlauten ist der Stimmverlust sehr gelaufig (vgl.nbsp;deutsches blau und plan, gnade und knapp, balde und alt odernbsp;scharfer ausgepragt engl. grow und crow, glow und slow, bridenbsp;und pride, send und sent u. dgl.). Weniger stark wirken sonorenbsp;Consonanten auf benachbarte Gerauschlaute ein (vgl. etwanbsp;xdhA.Jinden, lande aus ahA. Jintan, lante), am wenigsten dienbsp;Vocale (vgl. zum Ganzen auch noch etwa die sog. Sandhigesetzenbsp;des Sanskrit).

799. nbsp;nbsp;nbsp;Eigenthiimlich und nicht gengend aufgeklart ist die Neigungnbsp;mancher Sprachen (z. B. des Sanskrit, aber auch verschiedener deutscher

-ocr page 311-

800801. Zeitliohe Verschiebung von Ansatzrobrartioulationen. 291

Mundarten), wortauslautende stimmlose Gerauscblautevorfolgendem Vocal im Zusammenbang des Satzes zu erweicben, wabrend sie im Wortinlautnbsp;vor Vocalen unversebrt bleiben.

c. Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen.

800. nbsp;nbsp;nbsp;Auf einer zeitlichen Verschiebung der Gaumensegel-articulation beruhen die Wechsel von Mundlauten mitnbsp;Nasen- und Mundnasenlauten (133 ff.), soweit diese aufnbsp;Assimilation beruhen (ber spontanen Wechsel von Nasahrungnbsp;und Mchtnasalirung s. 758). Hierher gehort namentlich dernbsp;Uebergang von Vocalen zu Nasalvocalen und von Verschluss-lauten zu Nasalen in der Nachbarschaft von Nasalen. Beispiels-weise geht mq aus mahervor durchVerspatung des Verschlussesnbsp;der Gaumenklappe, qm aus am oder amna, anna, anna ausnbsp;ahna^ adna, agna durch Vorausnahme der Oeffnung, ahna ausnbsp;amna durch Verspatung der Oeffnung, amma^ anna^ aiBida ausnbsp;amha, anda, anga durch Verspatung des Verschlusses. Zu be-achten ist dabei, dass die Nasalirung durch Eimvirkung einesnbsp;benachbarten Nasals u. a. sich nicht nur auf den unmittelbarnbsp;daneben stehenden Laut zu beschranken braucht, sondem sichnbsp;auch weiter ausdehnen kann. Im amerikanischen Englischnbsp;pflegt beispielsweise ein anlautender Nasal sein ganzes Wortnbsp;zu nasaliren, sofern nicht durch einen Verschlusslaut (welchernbsp;den Verschluss auch der Nasenklappe erfordert) die Nasalierungnbsp;unterbrochen wird; vgl. etwa durchgehends nasalirtes amerik.nbsp;never, measure (d. h. weca, mezd] mit nicht nasalirtem ever.nbsp;pleasure (d. h. eve, pleza], u. dgl.

Von andern Fallen zeitlicher Verschiebung der Ansatzrohr-articulation sollen nur noch einige besonders bedeutsame an-gefhrt werden.

801. nbsp;nbsp;nbsp;Ueber den Process der Affrication ist bereits 454:nbsp;das Nthigste mitgetheilt. Die wesentlichste Vorbedingung istnbsp;das Zgern der Mundorgane in einer Engenstellung vor demnbsp;Uebergang zum Eolgelaut. Am haufigsten gehen Affricatennbsp;aus Aspiraten hervor: bei diesen begunstigt der zwischennbsp;Explosion und Eolgelaut liegende Hauch die Bildung des zurnbsp;Affricata gehrenden homorganen Eeibegerausches. Unaspirirtenbsp;Tenues ergeben Affricaten nur dann leicht, wenn deren Ver-schlussstellung der Stellung des folgenden Lautes nahe hegt,nbsp;namentlich bei den Palatalen. Bei diesen ist ausserdem dienbsp;Zunge auf eine ziemlich geraume Strecke hin dem harten

19*

-ocr page 312-

29 2 802804. Zeitliche Verscliiebung von Ansatzrohrartioulationen.

Gaumen angeschmiegt, sodass eine bedeutendere Kraft und langere Zeit erfordert wird, um sie in allen ihren Theilen vomnbsp;Gaumen zu entfemen.

803. Da fr das Entstehen eines Keibungsgerausclies immer das Verbaltniss von Oeffnung und Druckstarke massgebend ist, so sieht mannbsp;sofort, dass auch fr die Affricirung ein dynamisches Element in Betrachtnbsp;kommt; je starker der Druok, um so leiohter Affricirung und umgekehrt.

803. nbsp;nbsp;nbsp;Auch die Aspiration gehort vielleioht zum Theil hierher, in-sofern sie was bisweilen wenigstens der Fall zu sein scheint ihrennbsp;Grund in einer Beschleunigung der Explosion findet. Namentlioh beinbsp;anlautender Tenuis pflegt die Dauer des Verschlusses grosser zu sein alsnbsp;bei anlautender Aspirata, offenbar damit durch die allmahliche Stauungnbsp;des Druckstroms die Luft im Mundraum den nthigen Grad von Compression erhalt. Wird aber explodirt, noch ehe dieser vllig erreicht ist,nbsp;so fahren die mit der Comprimirimg der Luft beschaftigten Muskeln nochnbsp;fort, einen Hauch zu erzeugen, bis die Umstellung des Ansatzrohrs fr dennbsp;Folgelaut nachkommt. Dass die Compression der Luft bei den Aspiratennbsp;in der That erheblich geringer sein kann als bei einfaohen Tenues, habenbsp;ich durch manometrisohe Messungen (namentlich auch z. B. bei Armeniem,nbsp;denen die Unterscheidung der beiden Classen von Lauten ganz gelaufignbsp;ist) vielfach oonstatiren knnen. Fr die Entstehung der Aspiraten mitnbsp;starkem Hauch ist freilioh auch bei dieser Erklarnng naohfolgende dynamische Verstarkung des Hauohs anzunehmen.

804. nbsp;nbsp;nbsp;Einschiebung und Ausstossung von Ver-schlusslauten findet sich namentlich beim Uebergang vonnbsp;Halbschlusslauten (Nasalen und /, s. 140) zu andern Lauten,nbsp;die an derselben Stelle eine Enge haben, wo der Halbschluss-laut einen Verscbluss erfordert (also etwa bei amfa zwischennbsp;Lippen und Zahnen, bei ansa^ air a zwischen Zungenspitzenbsp;und Alveolen, bei araxa zwischen Hinterzunge und weichemnbsp;Gaumen). Bei Eolgen wie amfa, anxa, ansa, anra muss alsonbsp;beim TJebergang vom ersten auf den zweiten Consonantennbsp;gleichzeitig die GaumenMappe geschlossen und der Mundver-schluss in Enge umgewandelt werden. Eilt die erste Bewegungnbsp;der zweiten voraus, d. h. wird der Nasenraum eher abgesperrtnbsp;als der Mundverschluss gelost wird, so bleibt der Mundraum,nbsp;wenn auch nur fr einen Moment, vollkommen abgeschlossen;nbsp;unterbricht man nun nicht gleichzeitig die Luftzufuhr, so stautnbsp;sich die Luft im Mundraum und explodirt bei der Oeffnung zurnbsp;folgenden Enge; es schiebt sich also ein Explosivlaut zwischennbsp;die beidenNachbarlaute ein. Aus amfa, araxa, ansa, awra wirdnbsp;also am(p)fa, aia{k]za, an(t)sa, an(d)ra u.dgl. Durch Voreilennbsp;der Mundffnung kann umgekehrt ein vorhandener Explosivlaut getilgt werden, also ampfa, antsa ii. dgl. in amfa, ansanbsp;etc. bergelien. Bei den Verbindungen von l (also beim

-ocr page 313-

805808. Zeitliohe Verschiebung von Ansatzrohrartiouktionen. 293

Uebergaiig von Gruppen wie alsa, alsa, alra zu al(t)sa, al(t)sa, alfdjra und umgekehrt] spielt die Schliessung und Oeffnung dernbsp;seitlichen Ausflussffnung des l dieselbe Eolle wie dieBewegungnbsp;der Gaumenklappe bei den Nasalverbindungen.

805. nbsp;nbsp;nbsp;Dieselben Erscbeinungen wiederholen sich auch beinbsp;grsserer Distanz der A rticulationsstellen. Aus m.s und fas ent-wickelt sich leicht mps (wie in lat. sutnpsi, got. swumfsl ausnbsp;*swu97ipsl fr *swumsla-) und faks. Auch zwiscben N a s alnbsp;und nicht homorganem Yerschlusslaut entwickelt sichnbsp;leicht ein dem Nasal homorganer Verschlusslaut (z. B. lat.nbsp;sumptus aus sumtus, deutsch dialekt. kompt aus kommt, vgl.nbsp;auch ahd. kumft aus germ. *kumfti- fr *kumpti aus *kumti nbsp;indogerm. *gmti u. dgh).

806. nbsp;nbsp;nbsp;Auch vor einem Halbschlusslaut zeigen sich oft ahn-liche Erscheinungen, z. B. nhd. dialekt. le-m, sa-ia fr le-bm^nbsp;sa-gta 'leben, sagen', engl. ofn, lisn, grisl fr oftn, listn, gristlnbsp;''often, listen, gristle'.

807. nbsp;nbsp;nbsp;Nicht alle Consonanteinschiibe zwiscben Consonantverbin-dungen beruhen auf zeitlicher Verschiebung, so z. B. nicht die Einschiebungnbsp;des t zwischen s oder s r (wie in ahd. stroum Strom aus germ. *strauma-aus *srattma-; nhd. dialektisoh straube fr Schrauhe u. dgl.). Der Grundnbsp;des Einschubs liegt hier darin, dass man beim Uebergang vom s, s zu rnbsp;nahe an einer Verschlussstellung vorbergeht und bei geringer raum-licher Verschiebung der articulirenden Theile leicht unwillkrlich zunbsp;wirklicher Verschlussbildung gelangt.

808. nbsp;nbsp;nbsp;Diphthongirung einfacher Vocale unter demnbsp;Einfluss benachbarter Consonanten zeigt sich z. B. innbsp;den sog. Brechungen des Angelsachsischen, Friesischen undnbsp;Altnordischen, wie ags. feallan, heor^an, feohtan^ altfries.nbsp;tamp;iurke, riucht^ altn. hjarga^ hjdlpa (aus *bearga, *heglpa, vgl.nbsp;420). Die 'Brechung' ist zunachst nichts anderes als das deut-liche Hervortreten des Gleitlauts von dem palatalen Vocal (z.B.nbsp;in vorhistorisch ags. '^fcellan, *her^an, *fehtan u. s. w.) zu demnbsp;folgenden Consonanten, der hier stark contrare Articulationnbsp;hat (die Brechung erfolgt vor l, das ohne Zweifel stark velarnbsp;war, vor dem laryngalen (bez. gleichzeitig velaren?) h und vornbsp;dem r, das vermuthlich supradental, mit starker Auf-und Eck-biegung der Zunge gesprochen wurde). Nachtraglich mag imnbsp;Einzelfalle immer noch eine divergirende Entwicklung der beiden Componenten des neuentstandenen Diphthongs (768) ein-getreten sein.

-ocr page 314-

294 809812. Zeitliche Verschiebung von Ansatzrohrarticulationen.

809. nbsp;nbsp;nbsp;Mit diesen Diphthongirungen sind nahe verwandt die

sog. Epenthesen, d.h. das Eindringen von Vocalen vonEolge-silben in vorausgehende Silben, wie etwa in aili, aulu aus S, alu (hierher geboren auch die ags. sog. u- und o/a-Umlaute,nbsp;wie etwa in ealu^ feolu, mioluc ans *alu, *felu,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Bei

diesen wirkt nur nicht die specifische Articulation des Folge-consonanten selbst dipbthongirend, sondern die Articulation des zweiten Vocals, die in den vermittelnden Consonanten auf-genommen ist (ahnlich wie beim Umlaut, 765 f.). Ein aili ausnbsp;a/*, ein aulu aus alu setzt also zunachst Palatalisirung bez. Eun-dung des l voraus (vgl. 469 ff.), demnachst ein weiteres zeit-liches Vorgreifen der dem l eingemischten Elemente der i- undnbsp;M-Stellung ber den Anfang der ^-Einstellung hinaus. Vonnbsp;dem Moment an, wo der Uebergang vom a zu der vorgeschobe-nen w-Stellung begonnen wird, bis zu dem Moment, wo dienbsp;nachhinkende ^Articulation perfect wird, schiebt sich danachnbsp;nothwendig ein i, u ein.

810. nbsp;nbsp;nbsp;Am meisten begunstigt werden Epenthesen duroh sonore Laute.nbsp;Schwerere Consonantgruppen hindern sie. Ausserdem ist vielfach dienbsp;G-rsse der Articulationsdififerenz massgebend. Je starker sich Lippen undnbsp;Zunge an der Bildung des beeinflussenden Vocals betheiligen, je mehr alsonbsp;dessen Articulation von der Euhelage abweioht, urn so kraftiger ist dienbsp;Wirkung.

811. nbsp;nbsp;nbsp;Ein merkwrdiges und phonetisch noch nicht gengend auf-geklartes Beispiel entgegengesetzter Wirkung bietet die Absorptionnbsp;der zweiten Componenten von Diphthongen vor articulations-verwandtem Eolgelaut. Hierher gehort z. B. die sog. Ebnnng' des Angel-sachsischen, d. h. der Uebergang von Diphthongen wie ea, eo, in in ein-fache Vocale vor Velaren und Laryngalen, wie anglisch scbIi, hg, feh,nbsp;Jl^an, rihtan, Uhtan gegen westsaohs. seali, hag, feoh, Jlogan bez.nbsp;urags. *riuhtjan, *liuh1jan etc. Ueber ahnliche Vorgange im spatern Eng-lischen etc. s. Luiok, Anglia XVI, 468 ff.

812. nbsp;nbsp;nbsp;Svarabhakti. Mit diesemindisclienNamenbezeich-net man jetzt vielfach die Entwicklung eines Secundarvocalsnbsp;aus einem sonoren Consonanten vor einem andern Consonanten,nbsp;z. B. ahd. alah, heraht, oherd. auch^erac, starab aus alh, herht,nbsp;perg, starb, nhd. dialektisch baP%^ lmr*%, half, finf, starfnbsp;'Balg, Burg, half, fnf, starb. Diese Erscheinung setzt wolilnbsp;meist zweigipflige Aussprache der ursprnglichen Silben voraus.nbsp;Dabei knnen die einzelnen Laute der Silbe so vertheilt sein,nbsp;dass der Nebengipfel in die Liquida oder den Nasal hineinfallt.nbsp;Dann wird deren Schluss decrescendo gebildet (537 ff.), batnbsp;also consonantische Function, und eine Vocalentwicklung trittnbsp;nicht ein. Bei scharferer exspiratoriscber Trennung der beiden

-ocr page 315-

813. 814. Zeitliche Verschiebung von Ansatzrolirarticulationen. 295

Silbenstsse zwischen Vocal und Consonant rckt aber der Nebengipfel leicbt in den Schluss der Liquida und des Nasals.nbsp;Da nun dieser Laut crescendo gebildet wird (als im Silbenanlautnbsp;stekend, so tritt er als Sonant mit dem folgenden Consonantennbsp;in unmittelbarem Contact. Der erste Anlass zur Svarabhaktinbsp;ist dann also eine Verschiebung des Stromdrucks gegen dienbsp;Articulationen der einzelnen Laute der Silbe. Dazu kann dannnbsp;als zweiter Act eine Verschiebung der Ansatzrobrarticulationennbsp;treten: durch verfrhte Aufbebung der l~, r-Enge oder desnbsp;w-Verschlusses bei forttnender Stimme entwickelt sich einnbsp;Gleitvocal zwischen dem l, r, n und dem folgenden Consonanten, der dann eventuell secundar noch dynamisch verstarktnbsp;werden kann.

813. nbsp;nbsp;nbsp;Svarabhakti tritt um so leichter ein, je grssere Schwierigkeitennbsp;sich einer raschen Umsetzung der Artioulationsstellung darbieten, d. h. jenbsp;grosser die Articulationsdifferenz der Naohbarlaute ist. Zwischen nahezunbsp;homorganen Lauten tritt sie daher ausserst selten auf, so etwa zwischennbsp;r d, r t. Immerhin ist hier die Mglichkeit gegeben, da das r einnbsp;Oefifnungslaut ist, dessen OefFnung bei verfrhtem Wegfall des Rollensnbsp;Anlass zur Bildung eines Glleitvocals geben kann. Haben aber beide Lautenbsp;an derselben Stelle einenYerschluss (das gilt von Verbindungen wie ld, It,nbsp;namentlich aber von den Verbindungen von Nasal -f- homorganem Ver-schlusslaut, wie mh, mp \ nd, nt; ng, nh), so kann eine Vooalentwicklungnbsp;berhaupt nicht eintreten, weil die zur Ermglichung einer Gleitlaut-bildung nothwendige Umstellungsbewegung (d. h. der Durchgang durchnbsp;eine Oeffnungsstellung) fehlt.

814. nbsp;nbsp;nbsp;Nahe verwandt mit der Svarabhakti (ja von einigennbsp;unter diesem Namen direct mitverstanden) ist die Entwick-lung von Vocalen aus silbischen Liquiden und Nasalen nach Consonanten, wie in germ, td, ur, um, un, utd ausnbsp;indog. silbischem l, r, m, n, n, oder ahd. -ul [-ol, -al), -ar, -umnbsp;[-am], -an aus alterem silbischen l u. s. w. (auch in Fallen wienbsp;franz. canif aus nd. kuif, vermittelt durch eine Form ktiif mitnbsp;silbischem n). Dieser Uehergang setzt das Bestehen einesnbsp;schwachen unsilbischen Stimmgleitlauts zwischen dem voraus-gehenden Consonanten und dem silbischen Sonorlaut vorausnbsp;(also bei Verbindungen wie tl, tn u. dgl. eine wirkliche Explosion des t und Wiederverschluss fr l, ?i). Dieser Gleitlautnbsp;kann nun zunachst durch Verspatung des Eintritts der speci-fischen Mundstellung des l, r u. s. w. deutlifcher hervortretennbsp;und schliesslich selbst Sonant werden (was eine Verstarkungnbsp;der Stimme durch dynamische Verschiebung der Exspirationnbsp;voraussetzt).

-ocr page 316-

296 815820. Zeitliche Versohiebung von Ansatzrohrarticulationen.

815. nbsp;nbsp;nbsp;InEallen wie abd. aram, choral, nhd. dialektisob ar^m, karH ausnbsp;arm, karl, wo zwei sonore Consonanten zusammenstelien, kann es zweifel-baft sein, aus welohem der beiden Laute sioh der Seoundarvocal entwickeltnbsp;hat. Vermuthlioh istj edoch anzunehmen, dass zunaehst der zweite Sonor-laut silbisch wurde und die Weiterentwicklung dann naoh 814 erfolgte.

816. nbsp;nbsp;nbsp;Auch im freien Anlaut konnen sich Secundarvocale entwickelnnbsp;(Prothese), vgl. etwa germ, tin- aus indog. silbischem - aus nenicht,nbsp;auch die Prothesen, die in manchen Sprachen vor I, r etc. auftretennbsp;u. dgl. Auch diese Prothesen setzen vermuthlioh iiberall silbische Functionnbsp;des betreffendeu Sonorlauts voraus und nachheriges Zurckbleiben dernbsp;Ansatzrohrarticulation hinter dem Stimmeinsatz (vgl. auch 396).

817. nbsp;nbsp;nbsp;Auf genau umgekelirtem Wege erfolgt die Absorption von Vocalen durch Nachbarlaute, namentlicb consonan-tische Liquide und Nasale, die dadurch silbisch werden, vgl.nbsp;etwa nhd. apfl, -zn, a-tm gegen ahd. ap-pful, U-san, a-tum

Oder nhd. britn, hladn neben Ifritn, b^ladn beritten, beladen' und so schon ahd. glouben, gndda aus *glouben, *gnada fiir

*cflouben, *g^nada aus gilouhen, ginada (mit nachfolgender Ueberflihrung des silbischen , n in unsilbisches).

818. nbsp;nbsp;nbsp;Natiirlich konnen auch andere Laute als Liquide und Nasalenbsp;durch Absorption eines Vocals silbisch werden. So ergeben sich aus engl.nbsp;possible, visible bei der Absorption des Vocals der Mittelsilbe durch die

Zischlaute dreisilbige po-s-bl, vi-z-bl mit silbischem s, a, welche Exspira-tionsform und Dauer der urspriinglichen Silben si, ai bewahren. In Spreoh-

formen wie engl. preck-t-kl, p-tei-to practical, potato liegen geradezu silbische p, t vor.

819. nbsp;nbsp;nbsp;Auch bei der Absorption ist die zeithche Versohiebung nur dernbsp;Solilussaot eines langeren Processes. Zunaehst sinkt der ursprnglioh voll-stimmige Stellungsvooal zum Murmelvocal herab und gibt seine sonantischenbsp;Function an den folgenden Stellungslaut ah. Durch noch weiteresVor-greifen der Articulation des Folgelauts kann selbst dieser Glleitvooal noohnbsp;ganz schwinden. Dies geschieht insbesondere ganz gewhnlich da, wo ernbsp;zwisohen Verschlusslaut und Halbversohlusslaut steht; vgl. etwa nhd.nbsp;handl, ritn, lipm, liahn Handel, ritten. Lippen, hacken u. a. (ohne ge-sonderte Explosion des Verschlusslauts, s. oben 112).

820. nbsp;nbsp;nbsp;Yocalsynkope (bez. -apokope) unterscheidet sichnbsp;von der Vocalabsorption in dem eben festgestellten Sinne nurnbsp;dadurch, dass sie zugleich eine Yerminderung der Silbenzahlnbsp;hervorhringt. Bei dem nhd. viersilbigen b^-lg-dn-tv^ aus beladene

sprechen wir also z. B. von einer Absorption des Vocals der urspr. dritten Silhe durch das n, bei der auf drei Silben redmnbsp;cirten Form b^-l^dn dagegen von einem Ausfall oder einernbsp;S)ynkope des betreffendeu Vocals. In beiden Fallen ist durchnbsp;zeitliche Verschiebung der Mundarticulationen die specifische

-ocr page 317-

821823. Zeitliclie VerscMebung von Ansatzrohrartioulationen. 297

Stellung dieses Vocals (des e) verschwunden, in beiden Fallen aber bat aucli eine Absorption der iibrigen Articulationsfactorennbsp;stattgefunden: Exspiration und Dauer des e sind im einen Falienbsp;auf das n bergegangen, im andern Falie von der vorhergehen-den Silbe an sicb gerissen worden. Besonders deutlich ist dasnbsp;bezglicb der Quantitat, denn in dem dreisilbigen h^-la-dnquot; wirdnbsp;die Mittelsilbe genau so lang gesprochen wie die beiden Mittel-silben von b^-la-dn-n^ zusammen, und in Mundarten mit zwei-

gipfliger Silbenbildung macht sicb auch die Heriiberziebung des schwacheren Silbengipfels leicht bemerkbar, vgl. Aussprachennbsp;wie V-la-dn^ oder namentlich einsilbige Formen wie hraMnbsp;'braut' aus hrauet gegen hrdut 'Brauk oder schalt 'scliallt ausnbsp;schallet gegen schalt schalt von scbelten^ (vgl. 701; wennnbsp;daneben aucb wieder eingipflige Formen mit einfacher Langenbsp;auftreten, so beruht das sicher auf secundarer TJmgestaltung).

821. nbsp;nbsp;nbsp;Insofern eine Vocalsynkope dieser Art eine Debnung der vor-ausgehenden SUbe involvirt, kann sie berhaupt nur nach dehnbarer, alsonbsp;langer (704) Silbe eintreten. Dieser theoretische Satz bestatigt sioh gutnbsp;duroh die thatsachlichen Verhaltnisse vieler Sprachen, z. B. durch diewest-germ. Synkope; vgl. etwa ahd. horta, d. h. hSrta aus hrita, d. h. ho-ri-ta,nbsp;gegenber erhaltenem ne-ri-ta. Wenn eine (Form wie dies ne-ri-ta trotzdeinnbsp;spater Synkope erfahrt, wie in mhd. nei'-te, so setzt dieser Vorgang ver-muthlich zunachst Absorption des i bez. des daraus hervorgegangenen nbsp;durch das r und nachfolgende Verschiebung der Silbengrenze voraus (also

Stufenfolge ne-r^-te: ne-r-te [wie oben engl. vi-z-h^\ ner-te u.s.w.).

822. nbsp;nbsp;nbsp;Man bringt die Vocalsynkope oft mit angeblioh verschiedenernbsp;Betonung der nach kurzer und langer Silbe stekenden sohwaoherenVocalenbsp;zusammen, aber sicherlich mitUnreoht, wenigstensin dieser Allgemeinheit.nbsp;Das primum agens ist die Quantitat, d. h. bei einer (aus allgemeinen sprach-rhythmischen Ifeigungen oder Moden erwachsenden) Neigung zur eber-dehnung betonter Silben dehnen sich die dehnungsfahigen (langen) Silbennbsp;auf Kosten der Nachbarsilben aus. Kurze betonte Silben aber knnen ohnenbsp;Verschiebung der Silbengrenze nicht ausgedehnt werden: sie bleiben alsonbsp;auch beraU da kurz, wo die alten Druckgrenzen erhalten werden. Dinernbsp;Neigung zur Langung der Sprechtakte (denn darum handelt es sich hierbeinbsp;in erster Linie oft' kann dann nur durch Dehnung unbetonter Dolgesilbennbsp;Genge geschehen (daher z. B. die in den nord. Mundarten haufigennbsp;Dehnungen urspr. kurzer Endvocale nach kurzer Wurzelsilbe, wie Uva,nbsp;nema u. dgl., s, darber jetzt besonders Storm2 250 ff.).

d. Metatliesen.

823. Anhangsweise sind hier auch die Metatliesen zu ertvabnen, von denen bereits oben 729 bemerkt wurde, dass sienbsp;ganz dem Gebiete des springenden Lautwechsels zugehren.

-ocr page 318-

298 nbsp;nbsp;nbsp;824. 825. Lautwechsel durch dynamisclie Verschiebung.

Von den brigen zeitlichen Verschiebungen unterscheiden sie sich dadurcb, dass nicht der Eintritt oder Austritt eines Arti-culationsfactors (oder eventuell melirerer zugleichj einfach vor-oder zurckgerckt wird, sondern dass eine Vertauschung dernbsp;Reihenfolge stattfindet (wie in bersten aus brestan u. dgk). Frnbsp;die hierbei auftretenden grossen Abnormitaten ist noch keinnbsp;bestimmtes Gesetz gefunden. Nur so viel lasst sich vielleichtnbsp;sagen, dass die meisten Stellentauschungen nnter den Sonorennbsp;stattfinden und dass nnter den Consonanten r und l am leich-testen der Metathese anheimfallen, am allerhaufigsten wiedernbsp;das r. Es lasst sich vermuthen, dass eine Metathese um sonbsp;leichter eintrete, je ungewhnlicher die Articulationsweise einesnbsp;Lautes ist, und das triit fr r und l zu (wiegen des Rollens desnbsp;r nnd der lateralen Articulation des l, die von dem sonst b-lichen Habitus der Sprachlautbildung am starksten abweichen).

Cap. 41. Lautwechsel durch dynamische Verschiebung.

834. nbsp;nbsp;nbsp;Auch diese Ealle sind sehr mannigfaltiger Art. Dochnbsp;lassen sie sich im Ganzen annahernd in drei Hauptgruppennbsp;ordnen, je nachdem die Verschiebung der Dmckstarke einzelnenbsp;Laute, oder einzelne Theile der Silben oder endlich ganzenbsp;Silben betrifft, d. h. je nachdem sie ohne Beziehung zum Accentnbsp;ist oder mit dem Silben- bez. Wort- und Satzaccent im Zusam-menhang steht.

835. nbsp;nbsp;nbsp;Ein reines Beispiel fr die erste Art hietet z. B. dienbsp;Steigerung der ursprnglichen Mediae (Lenes) b, d, g zu dennbsp;Eortes j, t, k durch die german. Lautverschiebung dar. Ebensonbsp;sinken alte Eortes nicht selten ebenso spontan zu neutralernbsp;Mittelstarke (wie in mitteldeutschem stimmlosem , d, g, vgl.nbsp;184) oder zu vollen Lenes herab. Bedingt durch die Stellungnbsp;innerhalb der Silbe ist dagegen die sehr haufige Schwachungnbsp;der G ^ in Verbindungen wie sp, st.^ sk, ft, ht u. s. w. zunbsp;stimmlosen Lenes oder Lauten von mittlerer Starke (hier hatnbsp;offenbar die Aussprache der vorausgehenden Spirans so vielnbsp;Luft und Druck verbraucht, dass der folgende Verschlusslautnbsp;nur noch mit halber Kraft gebildet wird). Wieder andere Falienbsp;beruhen auf Assimilation, indem der Druckunterschied zwischennbsp;Lenis und Fortis ausgeglichen wird, namentlich da wo beide einnbsp;und derselben Silbe angehren (wie etwa schweiz. kseit, pxemf,nbsp;aus gfejseit, bfejchenne), aber auch in Fallen wie nhd. leble,nbsp;gespr. UpP neben lebe, gespr. U-h u. s. f.

-ocr page 319-

826830. Lautweclisel durch dynamische Versohiebnng. 299

826. nbsp;nbsp;nbsp;Sehr verbreitet ist die Verstarkung von Lenes zunbsp;Fortes, sobald sie in den Silbenauslaut treten; man denke etwanbsp;an den Uebergang der etymologischen Lenes d, g iTip, t, Jcnbsp;in mhd. lip^ leit, iac neben Ubes^ leide, tagc (und so noch ge-meinhin nbd. Leib^ Leid, Tag, gespr. laep, laet, fax oder fak\nbsp;aber oberdeutsch herrscht hier analogisch eingefhrt nbsp;wieder die Lenis, z. B. tgg mit stimmlosem g, abgesehen etwanbsp;von isolirten Formen wie wek fortquot;). Ohen 596 ff. ist bereitsnbsp;gezeigt worden, dass diese Verstarkung mit dem Silhenaccentnbsp;im Zusammenhang steht, mithin zu unserer zweiten Gruppenbsp;zu stellen ist. Es folgt daraus, dass auch eine Verlegung dernbsp;Silbengrenze zur Verschiebung der Druckstarke eines Lautesnbsp;fhren kann. Ein Beispiel ist etwa der Uebergang der ur-sprnglichen Lenes zu geminirten Fortes bei der sog. west-germanischen Gemination, wie in ahd. kurl-nie, kun-ne gegen-ber got. k-nga u. dgl.

827. nbsp;nbsp;nbsp;Bedeutsam ist ferner ein Wechsel der Druckabstufungnbsp;des Silbenschlusses, d. h. Wechsel von schwach und starknbsp;geschnittenem Silhenaccent, namentlich wegen seiner Einwir-kung auf Quantitatsveranderungen der Sonanten. Hierbernbsp;vgl. 695. 713 und 842 ff.

828. nbsp;nbsp;nbsp;Verschiebungen im dynamischen Wort- undnbsp;Satzaccent sind theils rein dynamisch, d. h. sie bewirken nurnbsp;Veranderungen des Starkeabstands von betonten und unbeton-ten Silben (640), theils zugleich zeitlich, d. h. sie involvirennbsp;eine Verlegung der Starktonsilbe innerhalb des Wortes odernbsp;Sprechtakts. Beispiele fr Verschiebungen der letzteren Artnbsp;sind etwa die Festigung des Starktons auf der Wurzelsilbe imnbsp;Germanischen und Cechischen, auf der vorletzten Silbe desnbsp;Wortes im Polnischen, das Aufgeben der Oxytonirung imnbsp;Lateinischen u. dgl.

829. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Massgahe der Betonungsverhaltnisse etwa des Franzsi-schen und Serbisohen wird man annehmen drfen, dass es sioh bei solchennbsp;Verschiebungen des Starktons im Grunde auch nur um eine allmahliohenbsp;Verschiebung des Starkeabstands von starken und halbstarken Silbennbsp;handelt, und zwar entweder um allmahliohe Verstarkung eines alten Vor-tons unter gleichzeitiger Schwachung des alten Starktons, oder die Ent-wioklung eines (secundaren) Vortons auf ursprnglich unbetonter Silbenbsp;;wie in serb. /coda\ aus urspr. voda', 673) und naohherige quot;Weiterentwiok-lung dieses Vortons zum Starkton.

830. nbsp;nbsp;nbsp;Was den Einfluss des dynamischen Accents aufnbsp;dieVocale betrifft, so pflegen diejenigen, welche in ihrer eigenennbsp;Sprache einen grossen Starkeabstand zwischen betonten und

-ocr page 320-

300 nbsp;nbsp;nbsp;831832. Lautwechsel durcli dynamische Verschiebung.

unbetonten Silben besitzen (also z. B. die Deutscben) die grosse Starke ihrer dynamisch betonten Vocale leicht zu bersehennbsp;Oder als etwas Selbstverstandliches zu betrachten. Ja man hatnbsp;dem stark dynamischen Accent wohl gar Wirkungen zugeschrie-ben, die seinem Wesen direct zuwider sind (Weiteres s. 842f.).

831. Fr die Einwirkung des dynamischen Wort- und Satz-accentsauf den Oonsonantismus ist der sog. grammatische Wechsel der germanischen Sprachen ein classisches Beispiel.nbsp;Die aus den indog. Verschlussfortes k durch die Laut-verscliiebung hervorgegangenen Fortes f, [), x des Wortinnernnbsp;und Wortschlusses erhielten sich, wie K. Verner gezeigt hatnbsp;(Kuhns Zeitschr. XXIII, 97 ff.), nur im Xachlaut der indog.nbsp;Starktonsilbe; im Xachlaut nicht haupttoniger Silben sankennbsp;sie dagegen zunachst zu stimmlosen Lenes herab, um weiternbsp;in die stimmhaften Lenes d, j berzugehen. Aehnliche Vor-gange begegnen auch in andern Sprachen.

833. Sehr haufig hat eine djuiamische Verschiebung zugleioli noch andere Verschiebungen im Gefolge, wie des Oefteren Ijereits bemerkt ist.nbsp;Ueber den Einfluss der Nachdrnckslosigkeit auf die Kehlkopfarticulationnbsp;von Stimmhaften s. 787. 794, auf die Mundarticulation von Vocalen 763;nbsp;ber Begnstigung von Stimmlosigkeit durch Druckverstarkung 796, bernbsp;dynamische Verschiebung durchVerlegung der Silbengrenze bez. desSilben-gipfels 791.

Cap. 42. Quautitatsweclisel.

833. Quantitatswechsel im weitesten Sinne des IVortes umfasst alle Veriinderungen, welche die Xormaldauernbsp;irgend eines sprachlichen Gebildes erfahren kann. Der grsstenbsp;Theil dieser Verschiebungen ist rhythmischer Xatur (vgl.nbsp;688), d.h. er betrifft in erster Linie das rhythmische Skelet desnbsp;Satzes (Sprechtakte und Silben) und erst durch diese hindurchnbsp;indirect die einzelnen Sprachlaute, aus denen sich dies Skeletnbsp;aufbaut (vgl. 836). Hierbei empfangt nicht das einzelne Gebildenbsp;eine feste Quantitat, sondern die Quantitat wechselt fortwahrendnbsp;nach den rhythmischen Bedingungen unter deren Einwirkungnbsp;das betreffende Gebilde steht; d.h. je nach demBedrfniss desnbsp;Rhythmus werden dehnhare Theile der Sprechtakte (dehnbarenbsp;Silben) bez. dehnhare Theile der Silben (dehnhare Laute) ge-dehnt und krzhare Theile (Silben bez. Laute) entsprechendnbsp;gekrzt, ohne dass der allgemeine Gegensatz von Jang^ undnbsp;kurz' (694. 704) dabei verloren ginge. Hierher geboren z. B.nbsp;die Quantitatswechsel durch Aenderung des Tempos (690),

-ocr page 321-

301

833837. Quantitatsweclisel.

(lurch verschieclene Fllung der Sprechtakte (688. 711), durch Verschiehung des Sinnesaccents (689), durch Verschiebung dernbsp;Starkeahstufung ('712) u. dgl.mehr.

834. nbsp;nbsp;nbsp;Von diesen lebendigen Verschiebungen der Quantitatnbsp;sind die Quantitatswechsel im engeren Sinne zu unter-scheiden, cl. h. die historischen ebergange traditioneller Krzennbsp;in traditionelle Langen und umgekehrt, wie etwa in nhd. tagenbsp;aus mhd. tage oder in nhd. brachte aus mhd. brdhte. Es liegtnbsp;dabei auf der Hand, dass die neuen Quantitaten ebenso wiedernbsp;dem lebendigen Wecbsel unterliegen wie die einer vergangenennbsp;Periode angehrigen alten Quantitaten, die der Vergessenheitnbsp;anheim getallen sind (also etwa nhd. tsal^ 'zahle mit einfachernbsp;Lange im zweisilbigen, ts^l 'ZabP mit Ueberlange im ein-silbigen Sprechtakt, u.s.w., vgl. 696).

835. nbsp;nbsp;nbsp;Er die Beurtheilung auch dieser historischen Quantitatswechsel ist vor allen Dingen die Frage wichtig, oh es sichnbsp;urn absolute Mehrung oder Minderung der Dauer einzelnernbsp;sprachlicher Glebikle oder urn die gegenseitige Verschiebungnbsp;der Dauer von Nachbargliedem zusammengesetzter Gebildenbsp;bei gleichbleibender Gesammtdauer handelt. Eine Dehnungnbsp;wie die des a von mhd. td-ge zu nhd. ta-ggt; ist ein Beispiel dernbsp;ersten Art (absolute Quantitatsverschiebung), dagegennbsp;die Dehnung des a in einem Falie wie a-ma aus dm-ma einnbsp;Beispiel der zweiten Art (relative Quantitatsverschiebung): hier hat das a nur so viel an Dauer gewonnen, als dasnbsp;m verloren hat, wahrend bei td-gQ : tag^ das Gesammtmass desnbsp;Sprechtakts vermehrt worden ist.

836. nbsp;nbsp;nbsp;Weiterhin ist berall die Frage aufzuwerfen, welchemnbsp;sprachlichen Gebilde eine Dehnung oder Krzung primar zu-kommt, und wie weit dann eventuell secundar die einzelnennbsp;Glieder dieses Gebildes bei der Verschiebung der Gesammtdauer in Mitleidenschaft gezogen werden.

837. nbsp;nbsp;nbsp;Absolute Steigerungen und Minderungen dernbsp;Dauer werden primar wohl stets den Sprechtakt als solchennbsp;betreffen. Der primare Anlass dazu ist dann eine Tempover-schiebung, d. h. eine Neigung zur Dehnung oder Krzung dernbsp;Sprechtakte an sich, ohne Ecksicht auf deren Fllung. Dienbsp;Verschiebung selbst kann dabei in den Grenzen des lebendigennbsp;rhythmischen Wechsels (883) bleiben, oder zu einem historischennbsp;Quantitatswechsel Anlass geben. Im letzteren Falie unterliegennbsp;bei etwaiger Dehnung meist die betonten Silben des Taktes der

-ocr page 322-

302

838840. Quantitatswechsel.

Verschiebung, vgl. z. B. wieder nbd. ta-g^ mitahd. ta-ge\ ander-warts aber, wo die traditionelle Krze betonter Silben scbarfer festgebalten wird, knnen aucb unbetonte Gbeder des Sprecb-takts zur Fllung gedebnt werden (vgl. etwa die 822 erwabntennbsp;nord. Dehnungen von Endsilben wie li-va^ n-ma u. dgb). Absolute Krzung der Taktlange trifft im Allgemeinen unbetontenbsp;Silben leicbter und starker als betonte.

838. nbsp;nbsp;nbsp;Aucb bei der relativen Quantitiitsverscbiebungnbsp;werden im Allgemeinen meist betontere Gllieder des Satzes aufnbsp;Kosten scbwacberer Glieder gedebnt. Dies gilt sowobl von dennbsp;relativen Quantitaten starker und schwacher betonter Sprech-takte, als namentlicb aucb von der Verscbiebung der Silben-quantitat im Takte (712). Mebrung und Minderung der Silben-dauer betrifft dagegeii meist nicbt sowobl die starksten Lautenbsp;der Silbe (also den Sonanten der Silbe an sicb), als solche Laute,nbsp;die an sicb leicbter variable Quantitat besitzen, also vorzugs-weise die debnbaren 'Langen', mogen diese Sonanten (700) odernbsp;Consonanten (701) sein. Fr die relative Verscbiebung dernbsp;Lautquantitat innerbalb der Silbe lassen sicb bestimmte Eegelnnbsp;nicbt geben.

839. nbsp;nbsp;nbsp;Urspnglicb kurze Silben (706) knnenbistorischnbsp;in zwiefacber Weise zu Langen (707) werden: entweder durcbnbsp;Debnung des Sonanten (d. b. Aufgabe von dessen traditionellernbsp;Undebnbarkeit), wie in mbd. ta-ge : nbd. ta-g^ oder durcbVer-scbiebung der Silbengrenze (d. b. Uebergang der effenen Silbenbsp;in gescblossene), wie in mbd. hi-mel, go-tes, bl-ter : nbd. him-

mel^ gottes, blatter, d. b. MmH, gPs, blt^r aus altembd. Mm-mH, gt-t^s, blt-fr mit Geminata.

840. nbsp;nbsp;nbsp;Urspnglicb lange off ene Silben knnen nurnbsp;durcb Verkrzung des Sonanten zu kurzen Silben werden (vgl.nbsp;707), lange gescblossene Silben mit kurzem Sonantennbsp;nur durcb Verscbiebung der Silbengrenze, die aus dergescblos-senen Silbe eine offene macbt. Insbesondere tritt dieser Fallnbsp;bei der Vereinfacbung von Geminaten ein, mag diese nun zumnbsp;Wegfall einer Druckgrenze fbren (wie in nbd. amme, d. b.nbsp;mn? aus mbd. am-me oder den 787 erwabnten Beispielen mitnbsp;secundarer Geminata), oder zur blossen Verlegung der Druckgrenze vor den Consonanten (wie in altslav. jesi 'du bistquot;, d. h.nbsp;t-st aus urspr. *ies-si). Gescblossene Silben mit langemnbsp;Sonanten knnen nur durcb einen Doppelprocess zu Krzennbsp;werden, durcb die Verkrzung des Sonanten (mit oder obne

-ocr page 323-

303

841845. Quantitatsweolisel.

gleichzeitige Dehnung des silbenschliessenden Consonanten, vgl. 849) uiid Verlegung der Silbengrenze unmittelbar hinter dennbsp;Vocal.

841. nbsp;nbsp;nbsp;Als Mittelstufe bei diesen Vereinfaohungen wird vermutblichnbsp;kurzer Vocal Druokgreiize laiigem Consonanten anzusetzen sein, alsonbsp;z. B. mbd. dm-me, dann a-me, dann dm oder d-m {vgl. etwa das 555 an-gefhrte ital. a-to aus at-to u. dgl.). Am leichtesten vollziebt sich brigensnbsp;diese Verscbiebung der Silbengrenze wieder in unbetonter Silbe (vgl. etwanbsp;scbon mbd. lebette, d. h. l-be-ne, aus ahd. lebenne, d. h. l-ben-ne, nebennbsp;erhaltenem dm-me u. dgl.).

842. nbsp;nbsp;nbsp;Auch die specielle Form des Silbenaccents (589ff.)nbsp;istvonEinfluss auf den Quantitatswecbsel (vgl.827). Dehnungnbsp;alter kurzer Vocale setzt ohne Zweifel scbwach geschnitte-nen Sbenaccent voraus (vgl. 594), und dieser herrsclit wiedernbsp;in effenen Silben am starksten vor, daber auch deren Vocale amnbsp;ehesten gedehnt werden (wie in nhd. aus ia-ge gegenbernbsp;mbd. nhd. lidl-t^].

843. nbsp;nbsp;nbsp;Es ist vielfaob blicb, solche Debnungen direct dem Einflussnbsp;des dynamiscben Accents zuzuscbreiben. Diese Anscbauung ist aber irrig.nbsp;Starker Stromdruck begunstigt vielmebr den Eintritt des stark gescbnitte-nen Silbenaccents und dieser scbtzt geradezu alte Krzen vor der Dehnung.nbsp;lm Ebd. sind daber alte Krzen berall da erbalten, wo sich ein starknbsp;geschnittener Sbenaccent ohne Weiteres einstellen konnte, d. h. in ge-schlossener Silbe (also nhd. hdl-t^ aus mbd. hdl-te [vgl. 598], oder nhd. dmnbsp;aus mbd. am-me). Der primare Anlass ist vielmebr auch hier die Neigungnbsp;zur Taktdehnung (837), und diese trifft erfabrungsgemass bei stark ge-schnittenem Silbenaooent regelmassig nur einen silbenschliessenden Consonanten, nicht aber vorausgehenden krzen Vocal.

844. nbsp;nbsp;nbsp;Die Beibehaltung alter scbwach geschnittener Accente in ur-sprnglich effenen Silben wird dadurch erleichtert, dass die folgende Silbenbsp;mit einer Lenis anlantet. lm Nhd. ist daber auch z. B. die Dehnung dernbsp;Stammsilbenvocale vor erhaltenenLenes am consequentesten durohgefhrt.nbsp;Eortis im Anlaut derEolgesilbe erzeugt unterUmstanden leicht einen starknbsp;gesohnittenen Accent Hand in Hand mit einer Verscbiebung der Silbengrenze (daher z. B. die secundaren Geminaten in spatmhd. gottes, hleernbsp;u. dgl., oben 839), und hilft dadurch die Vocalkrze erbalten (also nhd.nbsp;gottes, d. h. pts u. s.w.).

845. nbsp;nbsp;nbsp;Vocaldehnungen in geschlossener Silbe be-ruhen mindestens zu einem grossen Theile auf relativer Ver-sebiebung derDauer von Sonant und Consonant (838). Formennbsp;wie etwa ags. gld, wind, word 'alt, Wind, Wort setzen z. B.nbsp;effenbar die Grundformen aid, wind, word voraus und gehennbsp;aus diesen durch zeitliche Verscbiebung (d. h. verspatete Um-stellung des Ansatzrobrs fr den Consonanten) hervor. Amnbsp;verbreitetsten sind solcbe Debnungen vor sonorem Dauerlaut,nbsp;am seltensten vor stimmlosen Lauten, weil bei diesen auch

-ocr page 324-

304

846849. Quantitatswechsel.

eine zeitliche VerscHebung der Stimme stattfinden muss (vgl. z. B. engl. kind, mild, d. h. kaiiid, maild aus alterem kind,nbsp;mild aus kir^, mild mit stimmhaftem n, l gegenber engl. tint,nbsp;kilt mit stimmlosem n, l).

846. nbsp;nbsp;nbsp;Die zuletzt angefhrten Beispiele weisen zugleich eine Aocent-verscbiedenheit auf, nt, Mit mit stark gescbnittenem, aber haind, muUdnbsp;mit zweigipfligem Accent. Auf alle Falie setzt die Dehnung des Vocalsnbsp;auch bier wieder schwacb geschnittenen Ausgang voraus (vgl. 842), undnbsp;wird sie durcb zweigipfligen Accent begunstigt {d. h. es ist z. B. das er-wahnte ags. wind aus wind genauer als wind aus wind zu interpretiren).

847. nbsp;nbsp;nbsp;Nur einen besonderen Fall dieser Debnungen stellennbsp;die Vocaldebnungen vor urspnglicber G-eminata dar,nbsp;also Beispiele wie -ma, a-ta, a-sa aus am-ma, at-ta, as-sa u. s. w.nbsp;Nur verbindet sicb bei diesen mit der zeitlicben Verscbiebungnbsp;der Ansatzrobrarticulation zugleicb nocb eine Verscbiebung dernbsp;Silbengrenze, die nun Yor den Consonanten statt in ibn bineinnbsp;zu liegen kommt (vgl. 555 ff.).

848. nbsp;nbsp;nbsp;Man pflegt Ersoheinungen wie die zuletzt besproohene mit demnbsp;NamenErsatzdehnung zu bezeichnen. Dieser Name kann an sich nichtsnbsp;weiter ausdrcken, als die Thatsache, dass die Dauer eines Lautes aufnbsp;Kosten eines anderen vermebrt worden ist. Die Vorgange selbst aber,nbsp;durch die dies Ziel erreicht werden kann, sind ganz verschiedener Art. Beinbsp;lt;j-ma aus am-ma handelt es sicli z. B. nm parallele zeitliche Verscbiebungnbsp;von Ansatzrobrarticulation und Exspiration, in einem Falie wie etwa alt-sacbs. us aus uns zunaohst um reciproke Assimilation von Vocal Nasalnbsp;zu einem Nasalvocal (vgl. 800), der die Dauer der alten Gruppe beibebalt,nbsp;und nacbberige spontane Aufgebung der Nasalirung (758) u. dgl. Es wirdnbsp;also besser sein, den zweideutigen Ausdruck zu vermeiden,

849. nbsp;nbsp;nbsp;Aucb Vocalkrzungen in gescblossener Silbenbsp;beruben oft auf relativer Quantitatsverschiebung. In einemnbsp;Falie wie nbd. hrachte aus mbd. brdhte (d.b. braxt^ aus braxte,nbsp;vgl. 701) ist eben nur dem x zu Gute gekommen, was das a annbsp;Dauer eingebsst bat. Aucb bier spielt brigens einerseits dernbsp;Eintritt des stark geschnittenen Silbenaccents, andererseits dernbsp;Wechsel von stimmhaftem und stimmlosem Scblussconsonantennbsp;eine nicht unwesentliche Bolle.

-ocr page 325-

Literatur.*)

Araujo, F., Recherches sur la phontique Espagnole. Phonet. Studin III (1890), 30911., V (1892), 47 ff., 142 ff., VI, 35 ff., 134 ff., 257 ff.,nbsp;VII (= Die neueren Spr. I, Beibl.), 37 ff.

- Estudias de fontika kastelana. Toledo 1894.

Arendt,C., Phonetische Bemerkimgen. 1. Die Medienaspiraten. 2. Haben wir im Griechischen und Zend von Aspiraten oder aber von Spirantennbsp;zu reden? Beitrage zur vergl. Sprachf. II, 283308. 424453.nbsp;Ascoli, G. J., Vorlesungen ber die vergleichende Lautlehre des Sanskrit,nbsp;des Griechischen und des Lateinischen. I. Halle 1872.nbsp;Auerbach, F., Untersuchungen ber die Natur des Vokalklanges.nbsp;Berlin 1876.

- Zur Grassmannschen Vocaltheorie. Ann. der Physik und Chemie

N. F. IV (1878), 508 ff.

- Die physikalischen Grundlagen der Phonetik. Zeitschr. f. franz.

Spr. XVI, 117 ff.

A (urn), J. A., Bidrag tiU svenska sprikets ljudlara. Linkping 1869.

- De klusila konsonantljuden. Norrkping 1876.

- Bidrag till svenska sprakets akcentlara. Stockholm 1880.

Balassa, J., Phonetik der ungar. Sprache. Internat. Zeitschr. fr allg. Sprachw. IV (1889i, 130 ff._

- Die Aussprache des Schriftdeutschen in Ungarn. Phonet. Stud. II

(1889), 136 ff.

- Kurze Darstellung des ungar. Lautsystems. Phonet. Stud. VI (1893),

167 ff, 302 ff.

Bell, A. Melville, The Principles of Speech and Vocal Physiology. London 1849. New Ed., 1865.

- Visible Speech. London 1867.

- Elocutionary Manual. S'! Ed. London 1860.

- Sounds and their Relations. London 1882.

- Essays and Postscripts on Elocution. New-York 1886.

- A j)opular Manual of Vocal Physiology and Visible Speech. London

Bell, D. C. and A. M., Standard Elocutionist. New Ed. London 1879. Benedix, R., Der mndliche Vortrag. 3 Bde. 3. Aufl. Leipzig 1871.nbsp;Berghold, K. iSomali-Studien. Wien 1899 (= Wiener Zeitschr. f. dienbsp;Kunde des Morgenl. XIII, 123 ff).

Beyer, Fr., Das Lautsystem des Neufranzsischen. Kthen 1887.

- Franzs. Phonetik fr Lehrer und Studirende. Kthen 1888. 2. Aufl.

1897.

1) Erganzungen Merzu s. besonders bei Breymann, Techmer und Vletor, sowie In den Bibliographien etc. der Indog. Forscbungen, des Maltre Phontiquenbsp;und der Neueren Sprachen.

Sievers, Phonetik. 5. Aufl. nbsp;nbsp;nbsp;20

-ocr page 326-

306

Literatur.

Bo eke, J. D., Mikroskopische Phonogrammstudien. Pflger'g Arch. f. die gesammte Physiol. L (1891), 297 ff.

Bohmer, E., De sonis grammaticis accoratius distineueiidis et notandis. Roman. Studin I (1875), 295301.

- Gemeinsame Transcription fur Franz, u. Enghsch. Zeitschr. f. neu-

franz. Sprache VI (1884), 1 ff.

Bhtlingk, O., Beitrage zur russischen Grammatik. 1. Welche Laute kennt die heutige russische Sprache? 2. Vom Einfluss der mouillirteunbsp;Consonanten auf einen vorangehenden Vocal. 3. Ueher i, l und ti.nbsp;Mlanges russes II, 2685.

Du Bois-Reymond, F. H., Kadmus oder allgemeine Alphabetik vom physikalischen, physiologischen und graphischen Standpunkt. Berlin

Brambach, W., Ueher die Betonungsweise in der deutschen Lj'rik. Leipzig 1871.

Bredsdorff, J. H., Om Aarsageme til Sprogenes Forandringer. Paa nyt udgivet af V. Thomsen. Kjobenhavn 1886.

Brekke, K., Bidrag til dansk-norskens lydltere. Kristiania 1881.

Bremer, O., Deutsche Phonetik. Leipzig 1893.

- Zur Lautschrift. Leipzig 1898.

Breymann, H., Ueher Lautphysiologie und deren Bedeutung fiir den Unterricht. Mflnchen und Leipzig 1884.

- Die phonetische Literatur von 18761895. Leipzig 1897.

Bruch, C., Zur Physiologie der Sprache. Basel 1854.

Brcke, Ernst, Untersuchungen her die Lauthildung und das natiir-liche System der Sprachlaute. quot;Wiener Sitz.-Ber. math, naturw. Cl. II (1849), 182208.

- Grundziige der Physiologie und Systematik der Sprachlaute. Wien

1856. 2. Aufl. 1876.

- Phonetische Bemerkungen. Zeitschr. fiir die sterr. Gymn. VIII

(1857), 749768.

-Ueher die Aspiraten des Altgriechischen und des Sanskrit. Ehenda

IX (1858), 689-701.

- Nachschrift zu Prof. Joseph Kudelkas Abhandlung betitelt: Ueber

Herrn Dr. Briickes Lautsystemlt;, nehst einigen Beohachtungen her die Sprache bei Mangel des Gaumensegels. Wiener Sitz.-Ber. math.-naturw. Cl. XXVIII (1858), 6392.

- Ueher die Ausspraehe der Aspiraten im Hindustani. Wiener Sitz.-

Ber. phil.-hist. Cl. XXXI (1859), 219224.

- Beitrage zur Lautlehre der arabischen Sprache. Ehenda phil.-hist.

Cl. XXXIV (1860), 307-356.

-- Ueher eine neue Methode der phonetischen Transcription. Wien

1863 = Wiener Sitz.-Ber. phil.-hist. Cl. XLI (1863), 223285.

- Die physiologischen Grundlagen der neuhochdeutschen Verskunst.

Wien 1871.

Burt, A. W., A Manual of Elementary Phonetics. Toronto 1898.

Chladni, E. F. F., Trait dacoustique. Paris 1809.

- Ueher die Hervorhriugung der menschlichen Sprachlaute. Gilberts

Annalen LXXVI (1824), 187216.

Czermak, J. N., Ueher das Verhalten des weichen Gaumens heim Hervorbringen der reinen Vocale. Wiener Sitz.-Ber. math.-naturw.nbsp;Cl. XXIV (1857), 49.

- Ueher reine und nasalirte Vocale. Ehenda XXVIII (1858), 575578.

- Einige Beohachtungen her die Sprache hei vollstandiger Verwach-

sung des Gaumensegels mit der hinteren Schlundwand. Ehenda XXIX (1858), 173176.

-ocr page 327-

307

Literatur.

Czermak, J. N., Physiologische Untersuchungen mit Garcias Kehlkopf-spiegel. Ebenda XXIX (1858), 557584.

- eber die sogenannten Kehlkopflaute (gutturales verae). Zeitschr.

f. die sterr. Gymn. IX (1858), 041547.

- Ueber die Sprache bei liiftdichter Verschliessung des Kehlkopfes.

Wiener Sitz.-Ber. math.-naturw. Cl. XXXV (1859), 6572.

- Bemerkungen zur Lehre vom Mechanismus des Larynxverschlusses.

Wiener Medic. Wochenschr. 1860, No. 49.

- Der Kehlkopfspiegel und seine Verwendung fr Physiologie und

Medizin. 2te, theilw. umgearb. und verm. Aufl. Leipzig 1863.

- Ueber den Spiritus asper und lenis, und ber die Flsterstimme,

nebst Bemerkungen zur phonetischen Transcription der Xehlkopf-laute. Wiener Sitz.-Ber. math.-naturw. Cl. LII (1866), 2, 623641.

--Populare physiologische Vortrage. (2. Das Ohr und das Horen.

3. Stimme und Sprache). Wien 1869.

Deutschbein, K., Ueber die Eesultate der Lautphysiolome mit Rck-sicht auf unsere Schulen. Herrigs Archiv LXX (1883), 39 ff.

Devantier, Fr., Zur Phvsiologie der franz. und deutschen Consonanten. Herrigs Archiv LXI (1883), 97 ff.

Donders, F. C., Ueber die Natur der Vocale. Archiv fr die holl. Beitrage zur Natur- und Heilkunde. I (1858), 157 ff.

- De physiologie der spraakklanken, in het bijzonder van die der

nederlandsche taal. Utrecht 1870.

Ellis, A. X, Essentials of Phonetics. London 1848.

- On Early English Pronunciation tvith especial reference to Shakspere

and Chaucer. 5 Bde. London 1869 ff.

- On the Physical Constituents of Accent and Emphasis. Transact.

of the Philol. Soc. 1873 74.

- Practical Hints on the Quantitative Pronunciation of Latin. London

1874.

- Pronunciation for Singers. London 1877.

-- Speech in Song, being the Singers Pronouncing Primer. London o. J.

Evans, Phonetic Outlines. The Spelling Experimenter II (London 1882), 53 ff.

- On the Bell Vovrel-System. Phonet. Studin II (1889), I ff., 113 ff.

Flatau, Th. S., und H. Gutzmann, Die Bauchrednerkunst. Leipzig 1894.

Flodstrom, I., Om konsonantgeminationen och andra darmed i sam-manhang stiende fragor. Nord. Tidskr. for Filologi. Ny reekke V (188082), 135 ff.

-Zur Lehre von den Consonanten. Bezzenbergers Beitr. zur Kunde

der indog. Sprachen VIII (1884), 1 ff.

Porchhammer, G., Udkast til en dansk artikulationslsere (Sajrtryk af Tidskr. for dfstumskolan 189497). Stockholm 1898.

- Expos des principes de larticulation. Copenh. 1900.

Franke, C. G., Der obersachsische Dialekt. Leisnig 1884.

Pranke. F., Die Umgangssprache der Niedr-Lausitz in ihron Lauten. Phonet. Stud. II (1889), 21 ff.

Galle, J.H., Studie van spraakklanken. Taal en letterenX (1900); 74 ff.

- und H. Zrvaardemaker, Ueher Graphik der Sprachlaute. Die

neueren Spr. IX (1900), 8 ff.

Genetz, A., Lautphysiologische Einfhrung in das Studium der vest-finnischen Sprachen. Helsingfors 1877.

Goldschmidt, H., Der Vokalismus des neuhochd. Kunstgesangs und der Bhnensprache. Leimig 1892.

Orandgent, C. H., Vowel Measurements. Publ. of the Modern Lang. Assoc, of America. Suppl. to V, 2 (1890), 148 ff.

20*

-ocr page 328-

308

Literatur.

Grandgent, German and English Sounds. Boston 1892.

Grasserie, R. de la, Etudes de gi-ammaire compare. Paris 1890.

Grassmann, H., Ueher die physikal. Natur der Sprachlautc. Poggen-dorffs Ann. N. F. I (1877), 606 ff.

Grundtyig, Sv., Det danske sprogs tonelag. (Beretning om forhandl. p. det I. nord. filologmnde 1876. Kobenh. 1879, 98 ff.).

Grunzel, J., Zur Phonetik der altaischen Spraohen. Internat. Zeitschr. f. allg. Sprachw. V (1890), 47 ff.

Grtzner, P., Physiologie der Stimme und Sprache, in L. Hermanns Handb. der Physiol. II (Leipzig 1879), 1 ff.

Guex, Fr., Des recherches phontiques et de leur application a 1en-seignement des langues vivantes. Zrich 1890.

Gutersohn, J., Beitrage zu einer phonetischen Vocallehre I. II. Karlsruhe 188284.

Hagelin, H., Stomatoskopiska underskningar af franska spramp;kljud. Stockholm 1889.

Havet. L., Observations phontiques dun professeur aveugle. Mm. de la Socit de Linguistique II (1875), 218221.

Hellwag, Ch. Fr., Dissertatio de formatione loquelae. Tubingae 1781. Neudruck besorgt von W. Vietor, Heilbronn 1886.

- Aiis C. F. Hellwags Nachlass iMitteilungen von W. Vietor). Phonet.

Studin I (1888), 257 ff. III (1890), 43 ff.

Helmholtz, H., Die Lehre von den Tonempfindungen. 4. Anfl. Braunschweig 1877.

Hempl, G., German Orthography and Phonology. I. Boston 1898.

Hensen. Y., Ueber die Schrift von Schallbewegungen. Zeitschr. fr Biologie XXIII (1887), 291 ff.

Hermann, L., Phonophotographische Untersuchungen. Pflgers Archiv f. d. ges. Physiologie XLV (1889), 582ff.,_ XLVl (1890), 44 ff., 347 ff.,nbsp;LIII, 1 ff. (Aehnliohe einschlagige Arbeiten von demselben ehendanbsp;XLVII (1890), 42 ff, XLVIII (1891), 181 ff, 543 ff., 574 ff.)

Heyse, K., System der Sprachlaute. Hoefers Zeitschr. fr Wissensch. d. Sprache IV (1863), 174.

Hobbing, J., Die Laute der Mnndart von Greetsiel in Ostfriesland. Nienburg 1870.

Hoffmann, E., Starke, Hohe, Lange. Ein Beitrag zur Physiologie der Accentuation mit bes. Bercksichtigung des Deutschen. Zrich 1891.

Hoffory, J., Phonetisohe Streitfragen. Zs. fr vergl. Sprachf. XXIII (1876), 525 ff.

-Tenuis und Media. Ehenda XXV (1880), 419 ff. (Dazu XXVI, 320 ff).

- Professor Sievers nnd die Elemente der Sprachphysiologie. Eine

Streitschrift. Berlin 1884.

V. Hrsohelmann, C., Giebt es einen Unterschied zwischen Vocalen und Konsonanten? Organ der Taubstummenanstalten in Deutschland etc. XLV (Friedberg 1899), 172 ff.

Humperdinck, G., Die Sprachlaute, physiologisch und sprachwissen-schaftlich betrachtet. Siegburg 1869.

- Die Vocale und die phonet. Erscheinungen ihres Wandels. Siegburg 1874.

JSger, J., Die Quantitat der betonten Vocale im Neufranzosischen. Altenburg 1882.

Jespersen, O., Anzeige von Hoffory, Streitschrift, Nord. Tidskr. f. Fil. Ny Rffikke VI (1884), 322327.

- Til sporgsmalet om lydlove. Ehenda VII (1885), 207 ff.

- Zur Lautgesetzfrage. Internat. Zeitschr. Ill (1887), 188 ff.

- The Articulations of Speech Sounds represented by means of Analphabetic Symbols. Marburg 1889.

-ocr page 329-

309

Literatur.

Jespersen, O., Danias Lydskrift. Dania I (Kobenh. 1890), 33ff.

- Fonetik. En systematisk fremstillinff af teren om sproglyd. Koben-

havn 18971890.

lessen, C. A. E., Om stavelsemals ogtoneholds gengivelse i lydskrift. Tidskr. f. PMl. og. Pajd. II (1861), 63 ff.

Karsten, G., Zur Geschichte der altfranzsischen Consonantenverbin-dungen. Freiburg 1884.

- Sprecbeinheiten und deren Rolle in Lautwandel und Lautgesetz.

Phonet. Studin III (1890), 1 ff. (Wiederholt aus Transactions and Proceedings of the Mod. Lang. Assoc, of America III.)

Kempelen, W. v., Mechanismus der menschlichen Spraohe und Be-schreibung einer spreekenden Maschine. Wien 1791.

Kingsley, N. W., Illustrations of the Articulations of the Tongue. Internat. Zeitschr. f. allg. Sprachw. III (1887), 225 ff.

Kirste, H., Die constitutionellen Verschiedenheiten der Verschlusslaute im Indogerm. Graz 1881.

Klinghardt, H., Die Lautphysiologie in der Schule. Englische Studin VIII (1885), 287 ff.

- Artikulations- und Hrbungen. Prakt. Hlfsbuch der Phonetik.

Kthen 1897.

Koek, A., Sprakhist. Underskningar om Svensk Akcent I. II. Lund 187885.

- Die alt- und neuschwedische Accentuierung unter Bercksichtigung

der anderen nord. Sprachen. Strassburg 1901.

Koppel. E., Spelling pronunciations. Bemerkungen ber den Einfluss des Schriftbildes auf den Laut im Englischen. Strassburg 1901.

Koschwitz, E., La pliontique experimentale et la philologie franco-provencale. Zeitschr. fr franz. Sprache u. Litt. XIV (1892), 122 ff.

- Experimentalphonetische Studin I. Herrigs Archiv LXXXVIII

(1892), 241 ff.

Krauter, J. F., Die neuhochdeutschen Aspiraten und Tenues. Kuhns Zeitschr. XXI (1873), 3066.

- Das physiologische System der Sprachlaute. Du Bois-Reymonds

Archiv 1873, 449477.

- Die Prosodie der neuhochdeutschen Mitlauter. Paul und Braune,

Beitr. II (1876), 551573.

-- Zur Lautverschiebung. Strassburg 1877.

- Ueber mundartliche Orthographic. Frommanns Mundarten VII

(1877), 305 ff.

- Stimmlose antepalatale und mediopalatale Reibelaute im Neufranz.

Zs. f. neufranz. Sprache und Lit. II (1880), Heft 1.

Kruszervski, N., Ueber die Lautabwechslung. Kasan 1881.

Kudelka, J., Analyse der Laute der menschlichen Stimme von physi-kalisoh-physiolorischem Standpunkte. Linz 1856.

- Ueber Herrn Dr. Brckes Lautsystem. Wiener Sitz.-Ber. math.-

naturw. Cl. XXVIII (1858), 3-63.

Lahr, J., Die Grassmannsche Vocaltheorie im Lichte des Experiments. Leipzig 1885.

Lange, A., Der vocalische Lautstand in der franz. Sprache des 16. Jahrh. Elbing 1883.

Leffler, Leop. Fredr., N3.^a ljudfysiologiska underskningar rrande konsonantljuden. I. De klusila konsonantljuden. Upsala 1874nbsp;(= Upsala Universitets Arsskrift).

Lenz, R., Zur Physiologie und Geschichte der Palatalen. Zeitschr. f. vergl. Sprachf. XXIX (1888), 1 ff.

- Chilenische Studin. Phonet. Studin V (1892), 272 ff., VI (1893),

18 ff., 151 ff.

-ocr page 330-

310

Literatur.

Lepsius, Rich., Das allgemeine lingustische Alphabet. Berlin 1855.

- Ueher die Umschrift und Lautverhaltnisse einiger hinterasiatischer

Sprachen, namentlich der Chines, imd der Tibetan. Ahhandl. der Berl. Akad. 1860, 449496.

- Ueher die Aussprache der arabischen Sprachlaute und deren Umschrift nebst einigen Erlauterungen her den harten j-Vocal in den Tatarischen, Slavischen und der Rumanischen Sprache. Ebendanbsp;1861, 97152.

- Das ursprngliche Zendalphabet. Ebenda 1862, 293383.

- Ueher das Lautsystem der Persisehen Keilschrift. Ebenda 1862,

385412.

- Standard Alphabet for reducing unwritten languages and foreign

graphic systems to a uniform orthography in European letters. 2 Ed. London 1863.

Leskien, A., Untersuchungen fiber Quantitat und Betonung in den Slav. Sprachen. I, B. Leipzig 1893 (Abhh. der philol.-hist. Cl. dernbsp;Sachs. Ges. der Wissenschaften XIII, 529 ff.).

Lloyd, R. J., Speech Sounds: Their Nature and Causation. Phonet. Studin III (1890), 251 ff. IV (1891), 37 ff., 183 ff., 275 ff. V (1892),nbsp;Iff., 129ff., 263ff._XI {= Die neueren Spr. V. 1897), Iff.

- Some Researches into the Nature of Vowel Sound (Thesis). London

1890. nbsp;nbsp;nbsp;(Dazu H. Pipping, Zeitschr, f. franz. Sprache XV, 2, 157ff.).nbsp;- The Physical Nature of Vowel-Sounds. Proceedings of the Lit.

and Philosoph. Soc. of Liverpool XLIV (1890), 243 ff.

- Huit voyelles, fran^aises et anglaises. Die neueren Spr. V (1897),

Beibl. 25 ff.

On the Acoustic Analysis of the Spirate Fricative Consonants. Ebda. VII (1899), 488 ff.

- The Genesis of Vowels, and the Interpretation of the Phonograms

of Vowels. Journ. of Anat. and Physiol. XXXI, 233 ff.

Logeman, W. S., Darstellung des niederland. Lautsystems. Phonet. Studin III (1890), 28 ff., 279 ff.

Loewe, R., Die Ausnahmslosigkeit samintlicher Spraehneuerungen.

Zeitschr. des Vereins ffir Volksk. I, 56 ff.

Luick, K., Unechte und steigende Diphthonge. Beitr. zur Gesch. der deutschen Sprache u. Lit. XVI (1892), 336 ff., 561 f.

Lundell, J. A., Det svenska landsmhlsalfabetet. Nyare Bidrag till kannedom om de Svenska landsmamp;l I (1878), 13 ff.

- Sur ltude des patois. Internat. Zeitschr. fur allg. Sprachwiss. I,

308ff. (Schwedisch in Nyare Bidrag III, No. 1).

- Etudes sur la prononciation russe. 1. Upsala Universitets Arsskr.

1891.

Lfitgenau, Fr., Physiologische Untersuchungen fiber das neufranz.

Lautsystem. Herrigs Archiv LXXII (1884), 59 ff.

Lyttkens, I. A., oeh F. A. Wulff, Svenska sprhkets ljudlara och beteckningslara jamte en afhandling om aksent. Lund 1885.

- Svenska spramp;kljud och akcenter. Lund 1898.

Maitre Phontique, Le, s. Titcer.

Martens, W., Ueber das Verhalten von Vocalen und Diphthongen in gesprochenen Worten. Kiel 1890 (= Zeitschr. f. Biologie XXVnbsp;[1889], 289 ff.).

Masing, L., Die Hauptformen des serb.-ohorwat. Accents. Petersburg 1876.

Matthiae, J., De literis. Basileae 1596 (Neudruck des ersten Buches; De vera literarum doctrina, Internat. Zeitschr. f. allg. Sprachw. Vnbsp;[1890], 90 ff).

-ocr page 331-

311

Literatur.

Meringer, R. und K. Mayer, Versprechen und Verlesen. Eine pgychol.-linguist. Studie. Stuttgart 1895.

Merkel, C. L., Anatomie und Physiologie des menschlichen Stimm- und Sprachorgang (Anthropophonik). Leipzig 1856.

- eber einige phonetische Streitpunkte (1. Ueber die sog. Guttu-

rales [Ein- und Absatze]. 2. Zur Physiologie der Vocale. 3. Zur Physiologie der Consonanten). Schmidts Jahrbb. der ges. Med. Cnbsp;(1858), 86101.

- Physiologie der menschlichen Sprache (physiologische Laletik).

Leipzig 1S6.

Merlo P. Problem! fonologie! suil articolazione e suil aceento. Firenze 1884.

Meyer, E. A., Zur Tonbewegung des Vokals im gesprochenen und ge-sungenen Einzelwort. Die neueren Spr. IV (1896), Beibl. 1 ff.

- Beitrage zur deutschen Metrik. Marburg 1898 (= Die neueren

Spr. VI (1898 f.), Iff., 122 ff.

- Die Sbe. Die neueren Spr. VI (1898 f.), 479 ff.

- Stimmhaftes H. Marburg 19(X) (= Die neueren Spr. VIII [1900],

260 ff.).

Meyer, G. H. v., Unsere Spraohwerkzeuge und ihre Vervendung zur Bildung der Sprachlaute. Leipzig 1880.

Michaelis, G., Ueber den Unterschied der Conss. tenues und mediae, und ber die Unterscheidung des ach- und fcA-Lautes. Berlin 1862nbsp;(Zs. f. Stenogr. X).

- Ueber die Physiologie und Orthographie der s-Laute. Berlin 1863

(Herrigs Archiv XXXII). Zweite Aufl. 1883.

- Dorsal und apical, oder oral? Kuhns Zeitschr. XXIII (1877), 518 ff.

- Thesen ber die Schreibung der Dialekte. 2. Bearb. Berlin 1878.

- Zur Lehre von den Klangen der Consonanten. Berlin 1879 (Zs. f.

Stenogr. XXVI).

- Ueber die Auordnung der Vocale. Berlin 1881 (Herrigs Archiv

LXIV. LXV). II. Herrigs Archiv LXXI (1884), 73 ff.

- Ueber das mittlere a. Internat. Zeitschr. f. allg. Sprachw. II (1885),

269 ff.

- Ueber die Theorie der Zischlaute. Zeitschr. f. Orthogr. V (1885),

347 ff.

- Ueber die Aussprache der Dentallaute in den alten Sprachen.

Herrigs Archiv LXXV (1886), 419 ff.

- Ueber das H und die verwandten Laute. Herrigs Archiv LXXIX

(1888), 49 ff.

Mller, Herm., Die Palatalreihe der indogerm. Grundsprache im Ger-manischen. Leipzig 1875.

Moore, G., On a new theory of the nature of the so-called Emphatic Consonants in the Semitic languages. Journ. of the American Or.nbsp;Soc. XIII, XXX ff.

Noreen, A., Fryksdalsmalets Ijudlara. Upsala 1877 (Univ.-Arsskrift).

- DalbymMets ljud-ock bpjningslara. Nyare Bidrag till kanned. om

de Svenska landsm. I (1878), 159 ff.

- Famp;romamp;lets Ijudlara. Ebenda I, 285 ff.

Nrrenberg, K., Ein niederrhein. Accentgesetz. Beitr. z. Gesch. d. deutschen Sprache IX (1884), 402 ff.

Oldenberg, A., Ueber den Tiefton von Tonsilben. Neue Jahrbb. f. Phil. u. Pad. 1886, II. Abt., 560 ff.

Passy, J., Notes de phontique francaise a propos de la Franzosische Phonetik de Fr. Beyer. Phonet. Studin III (1890), 345 ff.

Passy, P., Les sons du Francais, leur formation, leur combinaison, leur reprsentation. Paris o. J. [1887]. 5. Aufl. 1899.

-ocr page 332-

312

Literatur.

PassY, P., Kurze Darstellung des franzs. Lautsystems. Phonet. Studin I .(1888), 18 ff., 115 ff., 245 ff.

- tude sur les changements pliontiques et leur caraotres gnraux.

Paris 1890. Dazu Corrections et additions, im Sunnl. zu Matre Phont. 1891, 93 ff.

Paul, A., Ueber voealische Aspiration und reinen Vocaleinsatz. Hamburg 1888.

Paul, H., Prinzipien der Sprachgeschichte (Cap.III. Lautwandel). 3. Aufi. Halle 1898. ^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;

Pierson, P., Metrique naturelle du langage. Paris 1884.

Pipping, H., Om klangfargen hos sjungna vokaler. Helsingfors 1890.

- Zur Klangfarbe der gesungenen Vocale. Zeitsch. f. Biologie XXVII

(1890), 1 ff., 433 ff. (mit reichen Literaturnacliweisen).

- Om Hensens fonautograf som ett hjalpmedel fr spramp;kvetenskapen.

Helsingfors 1890.

- Phonautographische Studin ber die Quantitat schwedischer Worte

und den musikal. Accent. Pinlandska bidrag till Svensk spr^k- och folklifsforskning, Helsingfors 1894, S. 99 ff.

- Ueber die Theorie der Vokale. Helsingfors 1894 (= Acta soc.

scient. Penn. XX, No. 11).

- Zur Lehre von den Vokalklangen. Zeitschr. f. Biologie XXXI

(1895), 624ff._

- Zur Phonetik der finn. Sprache. Helsingfors 1896 (= Mmoires

de la soc. Finno-Ougrienne No. 14).

- Zur Definition des JT-Lautes. Mmoires de la soc. no-philolog.

a Helsingfors II, 19 ff.

Porter, S., On the Vowel-scheme of M. Bell. Transact, of the Amer. Philol. Assoc. 1882.

Purkinje, Badania w przedmiocie fiziologii mowy ludzkij. Kwartalnik nancowy. Xrakw 1836.

Quiehl, K., Einfhrung in die franzs. Aussprache. Marburg 1889. Dritte Aufl. u. d. T. Franzs. Aussprache und Sprachfertigkeit 1899.

V. Qvanten, E., Einige Bemerkungen zur Helmholtzschen Vocallehre. PoggendorfTs Ann. der Phys. und Chem. CLIV (1875), 272 ff.

Radloff, W., Phonetik der nrdl. Trksprachen, I. Leipzig 1883.

- Die Lautaltemation und ihre Bedeutung fr die Sprachentwickelung,

beleuchtet durch Beispiele aus den Trksprachen. Abhh. des 5. Internat. Orientalisten-Congresses. Berlin 1882, 54 ff.

Eapp, Mor., Versuch einer Physiologic der Sprache. 4 Bde. Stuttgart und Tubingen 18361841.

Rask, Rasm. Krist., Forsg til en videnskabelig Dansk Retskrivnings-Iffire. Kbenhavn 1826.

-Nonnulla de pleno system, sibilantium in linguis montauis. Har-

niae 1832.

Raumer, R. v.. Die Aspiration und die Lautverschiebung. Leipzig 1837.

- Gesammelte sprachwissenschaftliche Schriften. Frankfurt a/M. 1863.

Reichel, W., Von der deutsohen Betonung. Jena 1888.

Roorda, P., De klangleer en hare practische toepassing. Groningen 1889.

Rousselot, LAbb, La mthode graphiqiie applique a la recherche des transformations inconscientes du langage. Compte rendu dunbsp;congrs scientifique international des catholiques tenu h Parisnbsp;1.6. avril 1891. 6. sect. Philologie (Paris 1891), 109 ff.

- Les modifications phontiques du langage, tudies dans Ie patois

dune familie de Cellefrouin (Charente). Paris 1892 (aus der Revue des Patois Gallo-Romans).

- Principes de phontique experimentale. I. II. Paris 18971901.

-ocr page 333-

313

Literatur.

Rumpelt, H. B., Das natrliche System der Sprachlaute. Halle 1869. Sajkovi, Iy., Die Betonung in der Umgangssprache der Gebildetennbsp;im Konigreich Serbien. Breslau 1901.

Schleicher, A., Zur yergleichenden Sprachengeschichte. Bonn 1848. Schmidt-Wartenberg, H., A Physiological Criticism of the Liquidnbsp;and Nasal Sonant Theory, American Joum. of Philol. XVII (1896),nbsp;217 ff.

- Zur Physiologic des litauischen Akzents. Indog. Forsch. VII

(1897), 211 ff.

- Phonet. Untersuchungen zum lettischen Akzent. Ebda. X (1899),

117 ff-

_ Phonetical Notes. Journ. of Germanic Philol. I, 66 ff.

Schoell, Frid., De accentu linguae Latinae veterum grammaticorum testimonia. Acta soc. phil. Lips. VI (1876), 1231.

Schrer, )M. M. A., Ueber den Unterricht in der Aussprache des Eng-lischen. Berlin 1884.

Schuchardt, H., Ueber die Lautgesetze. Gegen die Junggrammatiker. Berlin 1885.

Schumann, P., Franzsische Lautlehre fiir Mitteldeutsche, insbesondere fiir Sachsen. Dresden 1884.

Schwan, E., und E. Pringsheim, Ueber den franzs. Accent. Arch.

f. das Studium der neueren Sprachen LXXXV (1890), 203 ff. Scripture, E. W., Researches in Experimental Phonetics. Observationsnbsp;on Rhythmic Action. Studies from the Yale Psychol. Laboratorynbsp;VII (New Haven 1899), 1 ff.

Seelmann, E., Die Aussprache des Latein nach physiologisch-histori-schen Grundsatzen. Heilbronn 1885.

- Phonetik. Krit. Jahresber. fiber die Fortschritte der Roman. Phil.

I, Iff.

Setala, E. N., Ueber Transscription der finuisch-ugrisehen Sprachen.

Finn.-ugr. Forschungen I (Helsingfors 1901), 15 ff.

Sievers, E., Phonetik. Pauls Grundiass der german. Philologie I (Strass-burg 1891), 266 ff. 2. Aufl. I (1897), 283 ff. _

Soames, L., An Introduction to Phonetics (English, French and German).

London 1892. New Ed., revised and edited by W. Victor 1899.

V. Sowa,R., Zur Aussprache des Westarmenischen. Progr. des Staats-Gymn. in )Mahr. Trfibau 1882.

Sprachen, Die neueren. Zeitschr. ffir den neusprachl. Unterricht, zu-gleich Fortsetzung der Phonet. Studin . . . hg. von W. Vietor. Slarburg 1893 ff.

Stoerk, Carl, Sprechen und Singen. Wien 1881.

Storm, J., Om tonefaldet i de skand. sprog. Christiania Vidensk. Selsk. Forh. 1874, 286 ff.

- Om vokalernes kvantitet i de romanske sprog i sin udvikling fra

Latinen (Ber. om det I. nordiske filologmade 1876. Kjbenh. 1879. S. 157191). Deutsch u. d. T. 'Romanische Quantitat, Phonet.nbsp;Studin II (1889), 139 ff.

- Englische Philologie. Heilbronn 1881. 2. Ausg. I. Leipzig 1892

(citirt Storm).

- Norsk Lydskrift med Omrids af Fonetiken. Norvegia I (ICristiania

1884), 132 ff.

- Nogle bemserkninger om diftongdannelse i de romanske sprog. Aus

den Forhandlinger paa det 4. nord. filologmode, Kabenhavn 1893.

- Om musikalsk tonelag, isser i Kinesisk. Ebendaher.

Studin, Phonetische. Zeitschr. ffir wissenschaft, u. prakt. Phonetik. mit bes. Rficksicht auf die Reform des Sprachunterrichts. Hg. v.nbsp;W. Vietor. IVI. Marburg 1888-1893.

-ocr page 334-

314

Literatur.

Sundevall, G. J., Om fonetiska bokstafver. Svensk. Vetenskaps-Akad.

Handlingar. Ny fljd I, No. 2. Stockholm 1862.

Sweet, H., On Danish Pronunciation. Transact, of the Philol. Soc. 187374, S. 94112.

- A Handbook of Phonetics. Oxford 1877 (citirt Sweet').

- Sounds and Forms of Spoken Swedish. Transact, of the Phil. Soc.

187779. _

- On Bussian /Pronunciation. Ebenda 543560.

- Sound Notation. Ebenda 188081. Pt. II, 177^235.

- The Elementary Sounds of English. London 1881.

- Elementarbuch des gesprochenenEnglisch. Oxfordl885. 3. Aufl. 1891.

- A History of English Sounds. Oxford 1888.

- A Primer of Spoken English. Oxford 1890.

- A Primer of Phonetics. Oxford 1890.

Swoboda, W., Zur Geschichte der Phonetik. Phonet. Studin IV (1891), 1 ff., 147 ff. _

Tanzer, A., Die Natur unserer Sprachlaute mit Bercksichtigung des Franz, und Engl. Zwickau 1890.

Techmer, F., Phonetik. 2 Bde. Leipzig 1880.

- Naturwissenschaftl. Analyse und Synthese der hrbaren Sprache.

Internat. Zeitschr. fur allg. Sprachwiss. I (1884), 69 ff.

- Sprachentwickelung, Spracherlernung, Sprachbildung. Ebenda II

(1885), 141 ff. _

- Zur Veranschaulichung der Lautbildung. (Mit Wandtafel.) Leipzig

1885.

- Zur Lautschrift mittels lat. Buchstaben und artikulatorischer Neben-

zeichen. Internat. Zeitschr. fr allg. Sprachw. IV (1889), 110 ff. - Beitrag zur Geschichte der franz. und engl. Phonetik und Phonographic. Ebenda V (1890), 145 ff.

-Bibliographie (fr 1883 ff.). Ebenda I (1884), 416 ff. II (1885), 277 ff.

Ill (1887), 292 ff IV (1889), 160 ff.

Titcer, Dhi Fonetik. Dhi organ ov dhi fonetik titcerz assicon edited bai Paul Passy. Paris 1886ff. Fortgesetzt unter dem Titel;nbsp;Le Maitre Phontique, 1889 ff.

Thausing, M., Das natrliohe Lautsystem der menschlichen Sprache. Leipzig 1863.

Thomsen, V., Eemarques sur la phontique romane. Mm. de la Soc.

de Linguistique III (1878), 106123.

Trautmann, M., Lautliches, Anglia I (1878), 587 ff.

- Die Sprachlaute im Allgemeinen und die Laute des Englischen,

Franzsischen und Deutschen im Besondern. Leipzig 188486.

- Eleine lautwissenschaftl. Beitrage. Phonet. Stud. I (1888), 63 ff.

Verner, K., Eine Ausnahme der deutschen Lautverschiebung. Zs. fr vgl. Sprachw. XXIII (1877), 97 ff.

- Anzeige von Kock, Svensk Akcent. Anz. f. deutsch. Alterth. VII

(1881), 1 ff.

Vianna, A.E. G., Exposifao da pronuncia normal portuguesa. Lisboa 1892. Vietor, W., Elemente der Phonetik und Orthoepie des Deutschen,nbsp;Englischen und Franzsischen. Heilbronn 1884. Vierte Aufl. 1898.

- Beitrage zur Statistik der Aussprache des Schriftdeutsclien. Phonet.

Studin I (1888), 95 ff., 209 ff., II (1889), 243 ff., HI (1890), 11 ff., 121 ff.

- Kleine Beitrage zur Experimentalphonetik. Die neueren Spr. I

(1894), Beibl. 25ff.

- Kleine Phonetik. 2. Aufl. Leipzig 1901.

Wagner, Ph., Der gegenwart. Lautbestand des Schwabischen in der Mundart von Beutlmgen. I. II. Beutl. 1889.

-ocr page 335-

315

Literatur.

Wagner, Ph., Ueber die Verwendung des Grtzner-Mareyschen Apparats und des Phonographen zu phonet. Untersuchungen. Phonet. Studinnbsp;IV (1891), 68 ff.

- Franzsische Quantitat (unter Vorfhrung des Albrechtschen Apparats). Phonet. Studin VI (1893), 1 flf.

Wallis, Job., Tractatus grammatico^hysicus de loquela, in dessen Grammatica Linguae Anglicanae, Oxoniae 1653 u. .

Wechssler, E., Giebt es Lautgesetze? Halle 1900 (aus den For-schungen zur roman. Philologie, Festgabe fiir H. Suchier).

Weiss, G. Gottfr., Allgemeine Stimmbildungslehre fr Gesang und Eede. Braunscbireig 1868.

Wendeler, P., EinVersucb die Schallbewegung einiger Consonanten und anderer Gerausche mit dem Hensenschen Sprachzeicbner graphischnbsp;darzustellen. Zeitsohr. f. Biol. XXIII (1886), 303 ff.

Western, A., Engelsk Lydlsere for Studerende og Leerer. Kristiania 1882.

- Englische Lautlehre fiir Studirende und Lehrer. Heilbronn 1885.

- Kurze Darstellung des norweg. Lautsystems. Phonet. Studin II

(1889), 259 flf.

Whitney, W. D., Oriental and Linguistic Studies. II. New York 1874. (VII. How shall we spell? VIII. The Elements of Englishnbsp;Pronunciation. IX. The Relation between Vowel and Consonant.nbsp;X. Bells Visible Speech. S. 181317.)

- On the Relation of Surd and Sonant. Transact, of the Amer. Philol.

Assoc. 1877.

-- The Principle of Economy as a Phonetic Force. Ebenda.

- Further Words as to Surds and Sonants and the Law of Economy.

Ebenda 1882.

Wilkins, J., Essay towards a real character and a philosophical language, London 1868 (Abdruck der phonetischen Capitel, Internat. Zeitsohr.nbsp;fr allg. Spraohw. IV [1889], 349 flf.).

Winteler, L, Die Kerenzer Mundart in ihren Grundzgen dargestellt. Leipzig 1876.

Wolf, Osc., Sprache und Ohr. Braunschweig 1871.

Wolff, J., Ueber den Consonantismus des Siebenburgisch-Sachsischen. Programm des ev. Untergymn. in Mhlbach. 1873.

- Ueb er die Natur der Vocale im Siebenbrgisch-Sachsischen Dialekt.

Hermannstadt 1875.

Wulff, Fr., Nagra ord om aksent i allmanhet och om den moderna Franska aksentueringen i synnerhet (Forhandl. yed det norskenbsp;Filologmode i Kristiania 1881).

- Un chapitre de phontique avec transcription dun texte andalou.

(Extrait du recueil offert a M. Gaston Paris le 9. aout 1889). Lund 1889. _

Zeitschrift fr Orthographie (Orthoepie und Sprachfysiologie). Her-ausg. von W. Victor. Rostock 1880 ff.

Zeitschrift, Internationale, fr allgemeine ^rachwissenschaft. Her-ausgeg. yon F. Techmer. IV. Leipzig (Heilbronn) 18841890.

-ocr page 336-

Register.

Die Zahlen beziehen sich auf die fettgedruckten Paragraphennummern.

a, A, V, a, a, a s. unter a; x, / unter c; d imter d\ j, g unter g 0, e, os, 0, unter o; s unter s; 6 unternbsp;nbsp;nbsp;nbsp;z unter z.

a 206. 209. 217 f. 273; 1, a^, a, A, V 270.

cB, a 268. 270; 274.

a 273.

Abgleiten von Mischungselementen 474.

Absatze s. Lautabsatze.

Absorption von Vocalen 817 ff.; des zweiten Gliedes von Diphthon-gen vor articulationsverwandtemnbsp;Folgelaut 811.

Accent 381. 568 ff. Dynamischer (exspiratoriscber) und musikali-scher (tonischer) 572. Geschleifternbsp;(geschliffener) 606. Zweigipfligernbsp;Accent und Quantitat 716. Ein-wirkung des dynam. Accents aufnbsp;Vocale 830, auf Consonanten 831nbsp;(vgl. 796). S. auch Satzaccent,nbsp;Silbenaceent, Wortaocent.

Accentus (lat.) 670.

acA-Laut 343.

Acutus 670.

Adamsapfel 31.

Affricatae 139. 399. 454 ff.

Affrication 801 f.

Ajin (arab.) 172. 178. 354.

Akustischer Gesammtwerth der Sprachlaute 127.

Aleph 178. 353.

Alveolare 156; alv. r 299 ff. 333, l 313, Nasale 322, Spirantennbsp;328 ff. (s 336), Verschlusslaute349.

Alveolen 48.

Amplitude 17.

Anceps 706.

Anfallgerausche 130.

Ansatzrohr 24. 27. 37. 53. Thatig-keit dess. 89 ff. Articulationen dess. 128 ff. Articulationsstufennbsp;dess. 129 ff. Articulationsstellennbsp;dess. 141 ff.

Ansatzrohrgerausche 27.

Apicale 152.

Arcus glosso- und pliaryngopalati-nus 48.

Articulation: Begriff ders. 68 f. Schallbildende und schallmodi-ficirende 92 ff. Mediane 150.153 ff.nbsp;Coronale 150.155 ff. Dorsale 150.nbsp;169 ff. Laterale 160. 167. Ein-seitige (asymmetrische) 312. 330.nbsp;336. Kandarticulationen 162.nbsp;Articulationsarten (-stufen) des An-satzrohrs 128 ff., des Kehlkopfsnbsp;172 ff.

Articulationsbasis 291. Articulationsdifferenz 746. Vgl. 810.nbsp;813.

Articulationsstelle 92. 141 ff. Aspiratae 139. 372 ff. 401. 436 ff.

S. auch Mediae und Tenues. Aspiration 803.

Assimilation 746 ff. Regressive, progressive und reciproke 749 f.nbsp;Totale und partielle 751. Einzel-falle 765. 764 ff. 786. 797 ff. 826.nbsp;Asymmetrische Laute [l) 312; vgl.

auch 330. 336.

Athemritze 33.


-ocr page 337-

317

Ke gister.

Athmungsstrom 60.

Aufgaben der Phonetik 1 ff.

Aufnahme speciflscher Articulations-factoren s. Mischung.

Auftakt 633 ff.

Ausgang 378.

Aussprachswechsel 722. S. auch Lautwechsel.

Ausstossung von Consonanten 804; von Vocalen s. Absorption undnbsp;Synkope.

b 48, Wechsel mit tr 776 f.

amp;, Uebergang in h 776.

Back vowels 249.

Banderglottis 33.

BapEa 670.

Bauchreden, -stimme 80.

Beibehaltung specifischer Articula-tionsfaotoren s. Mischung.

Berhrungen benachbarter Laute 404 ff.; von Sonoren 407 ff.; vonnbsp;Vocalen 409 ff.; von Vocalen mitnbsp;Liquiden und Nasalen 426 f.; vonnbsp;Liquiden und Nasalen unter ein-ander 428; von Sonoren mitnbsp;Gerauschlauten 429 ff., mit Ver-schlusslauten 434 ff.; von Gerauschlauten 448 ff.; von homor-ganenLauten406.460ff.; von nichtnbsp;homorganen Spiranten und Ver-schlusslauten 460 f. Einfluss dernbsp;Berhrung auf den Lautwechselnbsp;(combinatorischer Lautwechsel)nbsp;745.

Betonte Silben 637.

Betonung 670.

Bilabiale 146; Spiranten 324 ff., Ver-schlusslaute 348.

Blade s. Zungenblatt.

Blahlaut 357. 400. 403.

Brechungen 507.808; des Gotischen 767.

Bruststimme 74.

c 360.

Cacuminale 156. S. auch Cerebrale.

Cartilago arytaenoidea 33, cricoi-dea 31.

Catch, glottal 385.

Cerebrale 144. 154 f.; r 297 f. 321. 333; l 313 f. 321; Spiranten 333;nbsp;Zischlaute 333 ff. (s 335, s 339);nbsp;Verschlusslaute 349.

ch 341 ff.

Cheek rounding, narrowing 263.

Chordae vocales 33.

Chromatischer Accent 699.

Circumflex 670. 606.

Circumflexus (lat.) 670.

Combinationslehre 377 ff.

Composita, Betonung ders. 649.

Compound rise und fall 601.

Consonanten 109 ff. Relative Schall-flle ders. 627. Quantitat 701. Verschiebungen im Cons.-Systemnbsp;770 ff. Einschiebung und Aus-stossung von Conss. 804 ff. S.nbsp;auch Sonanten.

Consonantisch 116.

Continuae 186. S. auch Dauerlaute.

Contraction von Vocalen 764.

Coronale Articulation 150 ff. 165 ff., Cor. Spiranten 329 ff., Verschlusslaute 349.

Crescendo 537. 541 ff.; crescendo-^ 391.

X 343; aus s 778.

/ 341, / 342.

d, Arten dess. 165 ff. 349 {arab. d 166. 349). Uebergang in d 777,nbsp;in r, I 777. S. auch Dentale.

6 329. Uebergang in d 776.

Dampfung 23 f. Wirkungen ders. bei der Silbenbildung 522 f.

Dauer s. Quantitat.

Dauerlaute 186; ohne Engenrei-bungsgerausch (s. Sonore) 198.

Deckung und Nichtdeckung von Druck- und Schallsilben 524.

Decrescendo 537.541 ff.; deer, -h 391.

Dehnbarund nicht dehnbar694.704.

Dehnung von Vocalen 842 ff.; von urspr. kurzen Silben 839.

Dentale 144. 154ff.; r 306; Nasale 322; Spiranten und Zischlautenbsp;328 ff.; Verschlusslaute 349 ff.,nbsp;mit lateraler und nasaler Explosion 462 ff. Verhalten der Dentale bei Palatalisirung 485.


-ocr page 338-

318

Register.

Dentipalatale 169.

Diphthonge 410 ff. (steigende, lallende, schwebende 4121., ecbte und unechte 418; reducirte undnbsp;kurze 507). Componenten ders.nbsp;416; deren Abstand 417, Qualitatnbsp;418, relative Lage 420, Quantitatnbsp;421. Vereinlachung von Diph-thongen zu Vocalen 764. Absorption der Scblnsscomponenten vonnbsp;Diphthongen vor articulations-verwandtem Folgelaut 811.

Dipbthongirung von Vocalen 768; unter conson. Einfluss 808. Vgl.nbsp;auch Brechung und Epenthesen.

Dissimilation 762. 768.

Divided 312. 330.

Dominanten und Dominaten 116.

Doppelexplosion gleicher Ver-schlusslaute 664.

Dorsale 150 IF. 154.159 IF. Dorsal-alveolare 169 (Zischlaute 336, Verschlusslaute 349). Dorsal-dentale 159.

Druckabstulung des Silbenschlusses 689 ff. Weeks el ders. 827.

Druckgiplel 677.

Druckgrenzen 646. Vor und nach einem Consonanten 651 ff., innbsp;einem Consonanten (Gemination)nbsp;565 ff. (vgl. auch 521).

Drucksilben 519 ff.; ein- und mehr-lautige 526. S. auch Druckgrenzen.

Druckstarke; primare und secun-dare 60; Messung ders. 61; Grade ders. 62; Reduction ders. 614.nbsp;Relative Druckstarke der Silben-glieder 537 ff. Verschiebung dernbsp;Drtiekstarke 824 ff. (innerhalbnbsp;der Silbe 812).. S. auch unternbsp;Starke.

Druckstoss 60; continuirlieher 521.

Druckstrom 60. 98.

Durchhalten von' Mischungselemen-ten 474.

Dynamischer Accent s. Accent.

Dynamische Verschiehung 739. 824 ff.

e 268. 273.

Ebnung 811.

Eigenton 21. Eigentone der Vocale 234 ff.

Eingang 378 f.

Eingleiten von Mischungselementen 473.

Einsatze s. Lauteinaatze.

Einschiebung von Vocalen 809 ff., von Consonanten 804 ff.

Einseitige Laute 312. 330. 336.

Eintheilung der Sprachlaute 101 ff.

Einzellaute 119 ff.

Einzelsysteme statt eines Gesammt-systems der Sprachlaute 125.

Emphasis 637.

Emphatische Laute 166. 336. 349.

Enge und weite Vocale 257.

Entrundung gerundeter Palatal-vocale 767.

Epenthesen 809.

Erleichterung, Streben nach 726.

Ersatzdehuung 848.

Erweichung 794. 796 f.

Explosiouslaute 106 f.

Explosivlaute s. Verschlusslaute.

Exspiration 63. Verschiebung ders. 789 ff.

Exspirationsdruck s. Druckstarke und Stromdruck, vgl. auch unternbsp;Starke.

Exspirationsgrenzen s. Druckgrenzen.

Exspirationsgruppen 621.

Exspirationssilben s. Drucksilben.

Exspiratorischer Accent s. Accent. Exspir. Sprachlautbildung 63.

324f.; fr s 327.

Factoren der Sprachlautbildung 98.

Falsetstimme 74.

Farbungsmethode 143.

Faucale 168 ff. 466 f. Verhalten ders. bei Palatalisirung 485.

Flsterlaute 173.

Flstern (sanftes, mittleres, heiseres) 81 ff.

Fliisterstellung. des Kehlkopfs 172.

Flusterstimme 81 f.; statt Voll-stimme 775. 787.


-ocr page 339-

319

Eegister.

Fortis und Lenis 179 ff., und Gemi-nata 184. Vergchlussfortes 359. Spreng- und Lsungsfortes 368 ff.nbsp;375. Wechsel von Fortes undnbsp;Lenes 825. 831.

Fricativae 137. S. auch Spiranten.

Front vowels 249.

Functionen der Sprachlaute (Sonant und Consonant) 109 ff. S. auchnbsp;Silbe.

g 364; Uebergang in j 777.

} 350. j 344; Uebergang in g 776.

Gaumen, barter und weicher 40. 48; knstlicher 143.

Gaumenbgen 48.

Gaumensegel 48; Bewegungen dess. 49; Artioulationen dess. 133 ff.;nbsp;zeitl. Versehiebung dess. 800.

Geflsterte Laute 173; Mediae 374.

Gegensatzliche Verwendung der Sprachlaute 119 ff.

Gehr, Schulung dess. 13.

Geminatae (Gemination) 555 ff. (vgl. 701). Gem. aus stimmlosem -(-stimmhaftem Laut 563. Naturnbsp;der vorhergehenden Laute 560.nbsp;Unterschied von Gem. und lan-gem Consonanten 566. SecundSrenbsp;Geminaten des Deutschen 844.

Qemurmelte Laute 175; gemurmel-ter Hauch 87.

Geransche 16; als Tongemische 24.

Gerauschlaute (reine oder stimmlose, und stimmhafte etc.) 188 ff.; imnbsp;Einzelnen 324 ff. Berhrungennbsp;mit Sonoren 429 ff., mit Gerausch-lauten 448 ff.

Gerauschreduction 499 ff.

Geschleifter (gescbliffener) Silben-accent 606 f.

Geschlossene und offene Vocale 258.

Giessbecken- (Giesskannen-) knor-pel 33.

Gleitlaute (Glides) 101 ff. 107. 122. 378f.; silbische 506; nachpalata-lisirten Lauten 488.

Glottids: check gl. 385, clear gl. 387, gradual gl. 389, flatus gl.nbsp;391, wheezing gl. 392, jerknbsp;391.

Glottis vera 30, spuria 34.

Graduelle Versehiebung der Hem-mung 737. 773 ff.

Gravis (lat.) 570.

Grundton 19.

Gruppen der Sprachlaute 125 ff. (genetische und akustische 127);nbsp;des Lautwechsels 735 ff.

Guttural(e) etc. s. Velar(e).

h 178. 389 ff. (crescendo und decrescendo h 391, gehauchtes 392; heiseres h des Arab. 178. 346;nbsp;stimmhaftes und stimmloses h 87.nbsp;283. 347, vgl. 436 ff. 442; halb-,nbsp;hauchstimmiges h 283 f. h alsnbsp;stimmloser Vocal 282 ff., als Gleit-laut 472.

Halbkrze 695.

Halblange 699.

Halbschlusslaute 140. Wegfalleines Mundverschlnsses bei dens. 786.

Halbstarke Silben 641.

Halbstimme 84. S. auch Murmel-stimme.

Halbstimmige Laute 175.

Halbvocale 422 ff.; nasalirte 423; stimmlose 424.

Hamza 178. 353.

Hauch, stimmhafter oder gemur-melter 87. 436 ff. 442.

Hauchlaute, laryngale 346.

Hauchmurmelstellung 172.

Hauchreibestellung 172.

Hauchstimmige Laute 175.

Hauptaccent 642.

Hauptlaut der Silbe 110. 112.

Hemmung (schallbildende) 92 ff.; abgestuft nach Grad, Dauer undnbsp;Starke 98. Graduelle Verschie-bung ders. 737. 773 ff.

hm! 397.

Hochton 570. 642.

Homorgane Laute s. Berhrungen.

Horizontalbewegungen und -stel-lungen der Zunge bei der Vocal-bildung 245. 247. 249.

i 211 ff. i-Basis 217 etc. 250. i 412 ff. 422. 274.

c/j-Laut 341.


-ocr page 340-

320

Register.

Implosivlaute 445.

Indifferenzlage s. Ruhelage.

Inner rounding 263.

Inner vowels 250.

Inspiratorisches Sprechen 64 f.

Intensitat s. Starke.

Interdentale 158; r 305, I 313, Spiranten 329, Verschlusslautenbsp;349.

Interstitielle Zischlaute 329. 331.

Inverteds 155. S. anch Cerebrale.

j 341.

Jerk 391.

h, Arten dess. 351; arab. georg. k {q) 166. 351. 365.

Kehldeckel 35.

Kehlkopf: Aufgaben dess. (Klange und Gerausche) 27; Bau 31 ff.nbsp;Thatigkeit dess. 68 ff. 89. 95nbsp;(deren Beobachtung 28, Productenbsp;70 f.); unabhangig von der desnbsp;Ansatzrohrs 176. Seine Stellun-gen (Weit-, Reibe-, Hauchreibe-,nbsp;Flster-, Stimm-, Murmel-,Hauch-murmel-, Verschluss-, Pressstel-lung) 172. Graduelle Verschie-bung der Kehlkopfhemmung 787.

Kehlkopfarticnlation und Strom-druck 73.

Kehlkopfexplosivlaut 172. 385. 585.

Kelilkopfgerausche 68.

Kehlkopf-r 309. 395.

Kehlkopfspiegel 35. 54.

Kehlkopfspirans: s. h.

Kehlpresslaute 175.

Kehlraum 37 f.

Kiefer 40. 148.

Kieferwinkel 40. 252.

Klang, musikalischer 16 f. 18.

Klangfarbe 17. 20.

Klanglaute 188.

Knall (bei Verschlusslauten) 106.

Knarrvocal, -stimme 309.

Knorpelglottis 33.

Kopfstimme 74. 76.

Krze, Stufen ders. 695.

Krzungen von Vocalen 849, von langen Silben 840.

l'. Allgemeines 293; alsHalbschluss-laut 140, als lateraler Laut 296. Arten dess. 312 ff.; asymmetrischenbsp;oder einseitige 312; spirantischenbsp;317; cerebrale, palatale, alveolare,nbsp;postdentale und interdentale 313;nbsp;helle und dunkle 314. 316; velarenbsp;315; dickes l des Norweg. undnbsp;Verwandtes 321. Wechsel von lnbsp;mit M, o und j 315, mit r 719,nbsp;mit d 776 f.

Labiale und Labiodentale 144. 146; Nasale 322; Spiranten 324 ff.;nbsp;Verschlusslaute 348 ff. Lippen - rnbsp;310. Verhalten ders. bei Palata-lisirung485, bei Velarisirung 490.

Labialisirung s. Rundung.

Labiolabiale s. Bilabiale.

Lange und Krze 692 ff. Stufen der Lange 696. Normale odernbsp;einfache 715. Halblange 699.nbsp;Ueberlange 696. 715 f. Unter-lauge 715.

Laryngale 70. 89. 178. 383; Hauch-laute 346 f.. Spiranten 178. 346 f., Verschlusslaute 178. 353.

Laterale Articulation 150. 167. Lat. Laute 167 (^ 312 ff.); Verschlusslaute 352. Lat. Explosion vonnbsp;Dentalen etc. 462 ff.

Lauteinsatze und -absatze 377 ff. Bei Vocalen 382 ff. (fester 385,nbsp;leiser 387, gehauchter 388 ff.,nbsp;stimmhaft gehauchter 392). Beinbsp;Liquiden und Nasalen 396 f. Beinbsp;Spiranten 398 f. Bei Verschlusslauten 400 ff. Bei Affricaten 454.

Lautgesetz 731 ff.

Lautquantitat 685. 692 ff.

Lautstarke 183.

Lautsubstitution 730.

Lautsysteme 12.

Lauttabelle I (Vocale) 266; II (brige Lautej 376.

Lautwechsel und Lautwandel 722 ff. Ausgangspunkt des Lautwech-sels 723. Ursachen dess. 725.nbsp;Springender L. 727. 729. 755.nbsp;L. durch allmahliche Verschie-bung (Lautwandel) 727.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;731.

Gruppen des L. 736. Spontaner


-ocr page 341-

321

Register.

743, bedingter 744 (bei Conso-sonanten 771 f.), combinatorischer 745. L. dureh rtliche Verschie-bung 754 ff., durch graduelle Ver-schiebung der Hemmung 773 ffi,nbsp;durch zeitliche Verschiebungnbsp;788 ff., durch dynamische Verschiebung 824 ff.

LenisundFortis 179ff. Verschluss-lenes 359 ff., stimmlose 360 f., ale reducixte 513. Ein- und Absatzenbsp;bei Lenes 402 f. Uebergang Tonnbsp;Lenes in Fortes 825, im Silben-

auslaut 826.

Linguale 155. S. auch Cerebrale.

Linguopalatale s. Zungengaumen-laute.

Lippen 40. Thatigkeit ders. 42 ff. Spaltformige Ausdehnung 42.nbsp;264. Rundung s. dies. Vor-stlpung 43 f. Lippenarticulationnbsp;' der Vocale 259, bei I 316. Lippen-r 310.

Lippenlaute s. Labiale.

Liquidae 137. 203 (als reducirte Gerauschlaute 501); imEinzelnennbsp;293 ff.; sonore und spirantischenbsp;293; stimmhafte und stimmlosenbsp;293; nasalirte 137. Ein- und Absatze ders. 396 f. Beruhrungennbsp;mit Vocalen 426 f., mit Liquidennbsp;und Nasalen 428, mit Gerausch-lauten 432. 443. Abstufungennbsp;ihrer Schallflle 629. S. auch 7, r.

Losungslaute (-fortes und -lenes) 370 f.

Lowered Towels 261.

Lungendruck 60. 183.

m 123. 322.

Mandeln 78.

Marginales s 329.

Mediae 372. 402; stimmhafte 403. 436; gefliisterte und stimmlosenbsp;374; stimmlose und reducirte 513.nbsp;Mediae als Lsungslenes 375.nbsp;Ein- u. Absatze der Mediae 402 f.;nbsp;Uebergange Ton und zu ihnennbsp;435 ff. Mediae aspiratae 436 f.nbsp;Uebergang Ton Mediae in Tenuesnbsp;826 f.

Si evers, Fhonetik. 5. Aufl.

Mediane Articulationen 160. 163 ff.

Mediopalatale 163.

Metathesen 823.

Methoden der Phonetik 1 ff.

Mischung specifischerArticulations-elemente 469 ff. Eingleiten und Vorausnahme 474, Durchhaltcnnbsp;und Abgleiten Ton solchen 476;nbsp;Compromissformen 475 (Tgl. 477).nbsp;Beeinflussung Ton Sonanten durchnbsp;Consonanten und umgekehrt 478.nbsp;GradTerhaltnisse der Mischungnbsp;479. Wirkung der Mischung aufnbsp;den Charakter der beeinflusstennbsp;Laute 480. Aufnahme Ton r-,nbsp;7-Articulationen 495.

Mittelstarke Silben 641.

Mittelzeitige Silben 705.

Mittnen 21.

Mixed Towels 249.

Momentane Laute 186.

Mouillirung s. Palatalisirung.

Munddach 148.

Munddruck 60 f. 183.

Mundhhle s. Mundraum.

Mundlaute 134. Wechsel mitMund-uasenlauten 800.

Mundnasenlaute 135.

Mundraum 37. 39. 48 ff. Articula-tionsarten dess. 129 ff. fWeit-stellung 130, Reibungsstellung 131, Verschlussstellung 132). Ar-ticulationsstellen dess. 141 ff.

Mundsonore 138, nasalirte 138.

Mundspiranten 137. S. auch Spiranten.

MundTerschlusslaute 137. S. auch V erschlusslaute.

Murmelstellung 172.

Murmelstimme 84 ff. (Verhaltniss zur Vollstimme 86); bei stimm-haften Consonanten 88. Stattnbsp;Vollstimme 775. 787.

MurmelTocale 233. 279 ff.

Musculus genio- und hyoglossus 61.

n, n [n], n, n 322 f.

Nasale 137 f (als Halbschluss-laute 140). 203. Arten ders. 322 f Stimmlose 322 f. Ein- und Absatze der Nasale 396 f. Abstufung

21


-ocr page 342-

322

Register.

ihrer Scliallflle 530. Nasale Explosion von Verschlusslautennbsp;465 f.

Nasalirte Laute 137. 139. Vocale 277 f., Liquidae nnd Spirantennbsp;137, 4 [r 311, I 318), Verschluss-laute 123. 137, 6.

Nasalirung, Stufen ders. 277. Ein-tritt und Wegfall ders. 758. 800.

Nasalvocale 277 if. Velare, dentale, labiale Varietaten 278.

Nasenraum 37. 52. Articulation dess. 128. 134 ff.

Naturlange 709.

Nebenaccent 641 f. (vgl. 637).

Nebengipfel (zweigipfliger Silben) 680.

Nebensilben 634. 687.

Nebenton{ig) 637; vgl. 641 f.

Nebenvocale Trautmauns 237. 241.

Neutrale Laute (im Gegensatz zu Fortes und Lenes) 184.

Normallaute und Varietaten 205; bei Vocalen 223.

0 272. 274.

S, 0, ce 271. 276.

a 271, a 274.

Oberkiefer 40.

Obertone 19.

Occlusivlaute 445. 659.

Offene und geschlossene Vocale 268.

Oertliche Verschiebung 737. 764 ff.

Os liyoideum 31.

Outer vowels 260.

OSeTa 570.

p, pf 123. 348. p (aethiop.) 166. 366.

Palatale 144. 161 f.; I 313, Nasale 322, Zischlaute; s 335, s 339;nbsp;pal. X, X 341 f.; Verschlusslautenbsp;350, mit lateraler Explosion 462 f.

Palatalisirte Laute einheitlich 487; Gleitlaute ders. 488.

Palatalisirung 482 ff.; Grade ders. 486; Pal. durch nachfolgende undnbsp;durch vorhergehende Laute 493;nbsp;Pal. von Lautgruppen 494; Pal.nbsp;verblinden mit Riindung 492.

Partialtne 19.

Pausen 103. 107.

Pendelschwingungen 18.

IIepi3TTrop.vTj 570. 606.

Pfeifen 29.

Point consonants 166.

Point-teeth consonants 167.

Positionslange 709.

Postdentale 157; r 305, I 313, Spiranten 329, Verschlusslaute 349.

Postpalatale 163.

Praepalatale 161. nbsp;nbsp;nbsp;'

Pressstellung des Kehlkopfs 172.

Pressstimme 166.

Pressstimmige Laute 176.

Primary vowels 257.

Processus vocales 33.

Prohibitivlaute 446.

lIpoGooia 570.

q, indog.: Uebergang iny) 766. S. auch It.

Quantitat: als Factor der Laut-bildung 186 f. Quant, und Gemination 666 ff. Quant, der Satz-glieder 670. Quant, im Allge-meinen 684 ff. Absolute und relative 686 ff. Traditionelle undnbsp;rhythmisch bedingte 688 ff. Etymologisch und phonetisch he-dingte 700. Quant, und Temponbsp;690. S. auch Lautquantitat, Sil-benquantitat, Taktdauer.

Quantitatsverschiebung 740; absolute und relative 836 ff.

Quantitatswechsel 833 ff.; rhythmi-scher 833; historischer 834; Takt-dehnung 837.

r 293; als Coronallaut 296. Arten des r 297 ff.; cerebrales 297 f.nbsp;(stimmloses 333; Wechsel mit Inbsp;770); alveolares 299 ff., gingivalesnbsp;300; dentales 306; uvulares (gut-turales) 307; Kehlkopf-r 309.nbsp;396; Lippen - r 310; gerollte undnbsp;nichtgerollte r 301 ff.; stimmlosenbsp;301. 303. 333, gespannte und un-gespannte 302; nasalirte 311.nbsp;Aufnahme der r-Articulation innbsp;andre Laute 495. IVechsel mitnbsp;j 307. 770, mit d 776 f,

Rachenraum 37.


-ocr page 343-

323

Register.

Rachenwand 48.

Raised vowels 251.

Randarticulationen 12.

Rangordnung der Eintheilungs-priacipien der Sprachlaute 124.

Raumliche Verschiebung 737.

Reduction 380. 496 ff.; des Rei-bungsgerausches von Spiranten 499 ff., (von Verschlusslauten 603),nbsp;von Stellungslaiiten zu Gleitlau-ten 504 ff., von Stimmhaften zunbsp;Stimmlosen 612 ff. Red. dernbsp;Druckstarke 614.

Reibeenge s. Reibestellung.

Reibelaute 137. S. auch Spiranten.

Reibe-, Reibungsstellung des Mund-raums 131, des Kehlkopfs 172.

Resonanten 138. S. auch Nasale.

Resonanz 23 f.

Resonanzraum 23. 25. 98.

Respiration 60 ff.; Bildung von Sprachlauten ohne solche 66.

Respirationsapparat, Aufgabe dess. 27.

Respirationsstrom 60. S. auch Druckstrom.

Ringknorpel 31.

Rollen (beim r] 296. 301.

Rounding 259.

Ruhelage 66ff.; Verschiedenheiten ders. 291.

Rundung 42 f. 259 ff., bei Vocalen 261. Verticale, horizontale, ge-mischte 43. 262; innere odernbsp;Wangenrundung 263. Aufnahmenbsp;der Rundung in die Articulationnbsp;von Nachbarlauten 491 ff. Rundung verbunden mit Palatalisi-rung 492. Verlust und Verstar-kung der Rundung 757.

s 336 (marginales 329; emphatisches s 166). Uebergang in r 770, innbsp;X und 778. s-Laute 336 ff.

Satz; als rhythmisch-melodisch ab-gestuftes Gebilde 668 ff.; phonet. Definition dess. 611; seine be-griffliche Eindeutigkeit 612. Be-grifflich einheitfiche und mehr-theilige Satze 613. Satz undnbsp;Wort 611 ff., Satz und Schrift,

Satz und Wortreihe 614, Satz-analyse 616 ff., Satz und Sprech-takte 620 ff.

Satzaccent 573. 609 ff.; exspiratori-soher oder dynamischer 618 ff. (dessen Verhaltniss zum musik.nbsp;Wortaccent 658); musikalischernbsp;oder tonischer 664 ff. 675 ff. (empirischer und ideeller656 ff.; Verhaltniss des letztem zum musik.nbsp;Wortaccent 656).

Satzmodulirung 680; des Satz-schlusses 681.

Satztakte s. Sprechtakte.

Sauglaute 67.

Sohall 15.

Schallbildung und Schallmodifici-rung 92 ff. (vgl. 27).

Schallfiille 518. 626 ff.; Abstufungen ders. 518. 528 ff., bei Vocalennbsp;629, bei Liquiden und Nasalennbsp;530 ff., bei Verschlusslauten 534;nbsp;bez. Sonant und Consdnant 626 ff.nbsp;Wechsel von Lauten verschiede-ner Schallfiille bei der Silben-bildung 522.

Schallgrenzen 546 ff. (im Consonanten 649).

Schallmodiflcirung s. Schallbildung.

Schallsilben 522 ff.; ein- und mehr-lautige 626. Grenzen ders. 646 ff.

Schallstarke 516 ff. 522. 525.

Schallwellen 15.

Schildknorpel 31.

Schlundgaumenbogen 48.

Schlvmdkopf 38.

Schnalzlaute 67.

Schulung des Sprachorgans 13.

Schwa 279 f.

Schwach geschuittener Accent s. Silbenaccent.

Schwingungen 16. 17.

Schwingungsformen 17.

Sohwingungszahl 17.

Silbe; Bildung ders. 515 ff. Druck-und Schallsilben 621 If.; ein- und mehrlautige Silben 526; eingipfligenbsp;678 f.; zweigipflige 680 ff. Kurzenbsp;704ff., lange 704 (natur- undnbsp;positionslange 709 f.); dehnbarenbsp;704. 717 f. (vgl. 839). Exspi-


21*

-ocr page 344-

324

Register.

rationsbewegung der Silbe 577 ff. Druckabstufung des Silbenschlus-ses 689 ff. Relative Druckstarkenbsp;der Silbenglieder 537 ff. Com-plicirte An- und Auslaute (Ne-bensilben) 534. 587. Silbennbsp;und Sprechtakte 620 ff.

Silbenaccent673ff.; exspiratorischer Oder dynamischer 576 ff. (ein-gipfliger678f., zweigipfligerSOff.,nbsp;Stosston 586 ff.); stark undnbsp;schwaoh geschnittener 589 ff.nbsp;(Wechsel dess. 827). Musikali-soher oder tonischer 599 ff. (ebener,nbsp;steigender, fallender, fallend-stei-gender und steigend - fallendernbsp;601 ff.; Grosse der Intervalle undnbsp;Tonschritte 604 f.) Anwendungnbsp;bestimmter Silbenaccente 604.nbsp;677. Einfluss des stark ge-schnittenen Accents auf die Quan-titat 712., 827. Silbenaccent undnbsp;Dehnung 842. 846.

Silbenaocentgesetz Wintelers 597.

Silbenbildende und nicht silben-bildende Laute 113 ff.

Silbengipfel 577; Verschiebung dess. 791.

Silbengrenzen 546 ff. (beiVerschluss-lauten 634 ff.). Verschiebung ders. 790 (vgl. 826. 839 ff.). S. auchnbsp;Druck- und Schallgrenzen.

Silbenquantitat 685. 702 ff. (durch Consonanten gefllt 701); absolute 702; relative 703 (Krze undnbsp;Lange 704 ff., Mittelzeitigkeit 705,nbsp;Ueberlange715). Stufen ders. 711.nbsp;Zusammenhang dieser Abstufungnbsp;mit der Starkeabstufung 689. 712,nbsp;mit dem Silbenaccent 713, mitnbsp;der Silbenzahl der Sprechtaktenbsp;714 f.

Silbenschluss: Druckabstufung dess. 689 ff.

Silbenstarke 183.

Silbentrennung 546 ff. S. auch Druck- und Schallgrenzen.

Silbische und unsilbische Laute 113 ff.

Singstimme 79.

Sinnesaccent, dynamischer 650; Wir-kungen dess, auf die Quantitat 689.

Sonant und Consonant 116 f. 669. Unterschied von sonantisch undnbsp;sonor 196. Schallflle der Sonanten 526.

Sonore 188 ff. (Unterschied von sonor'. sonantisch und stimmhaftnbsp;190). Stimmlose (= Oeffnungs-laute ohne Reibungsgerausch) 198.nbsp;Uebergang in stimmhafte Ge-rauschlaute 192 ff. Die Sonorennbsp;im Einzelnen 204 ff. Berhrungennbsp;von Sonoren mit Sonoren 407 ff.,nbsp;mit Gerauschlauten 429 ff.

Spaltfrmige Ausdehnung (der Lip-pen) 269. 264.

Spannungsverhaltnisse des Sprach-organs 246 ff.

Spiranten 137 f. (nasalirte 137, 4; berweite 602). Unterschied vonnbsp;den Aspiraten 139. Verschiedenenbsp;Starke ihres Reibungsgerauschesnbsp;197. Die Spiranten im Einzelnen:nbsp;laryngale 178. 346 f., spirant, rnbsp;293. 301. 303, I 293. 317; labialenbsp;und labiodentale Spiranten 324 ff.,nbsp;Zisohlaute 328 ff. (coronale 0, 6nbsp;etc. 329 ff., s-Laute 334ff., LLautenbsp;336 ff., palatale und velarea^-Lautenbsp;341 ff.). Ein- und Absatze dernbsp;Spiranten 398. Verbindung nichtnbsp;homorganer Spiranten 460 f.nbsp;Uebergang von stimmhaften Spiranten in Sonore 500, in stimmhafte Medien 776. Uebergangnbsp;von stimmlosen Spiranten innbsp;stimmlose Verschlusslaute 778.

Spiritus lenis 386 ff.

Sprachlaute, articulirte 68. Sprach-laute oderSprachelemente? 101 ff. Eintheilung der Sprachlaute 109 ff.nbsp;(Unthunlichkeit allgemeiner Sys-teme 123 ff.). Die Sprachlautenbsp;nach ihrer Starke 179 ff., nachnbsp;ihrer Dauer 186 f., nach ihremnbsp;akustischen Werth 188 ff.

Sprachorgan, Schulung dess. 13; sein Bau 26 ff., seine Functionennbsp;55 ff.


-ocr page 345-

325

Register.

Sprechtakte 620ff. Spr. und Wr-ter 623 fif. Taktgliedemng und Satzinhalt 626. Formen dernbsp;Sprechtakte 627 ff.; Silbenzahlnbsp;ders. 627 (deren Einfluss auf dienbsp;Quantitat 714); rhythmische For-men (fallende, steigende, steigend-fallende) 628 ff. Abstufung inner-halb der Sprechtakte 637 (Takt-abstufung und dynamischer Wort-accent 644), der Sprechtakte unternbsp;einander 647 ff. (Takte und Takt-gruppen 652).

Sprechstimme 79.

Sprenglaute, Sprengfortes 368. 375.

Starke (vgl. auch Druckstarke); der Klange 17, der Stimme 72 f., pri-mare und secundare 60 ff., dernbsp;Spraohlaute 179 ff. (Fortes undnbsp;Lenes 179 ff., Laute neutralernbsp;Starke 184;. Relative Druckstarke der Silbenglieder 537 ff.nbsp;Absolute Starke Oder Lautheitnbsp;der Silben 638. Abstufung dernbsp;Silbenstarke im Sprechtakt 637 ff.nbsp;(Starkeabstand 640, Starkestufennbsp;641). Abstufung der Sprechtaktenbsp;unter einander 647 ff.

Stark geschnittener Accent s. Sil-benaccent.

Stellknorpel 33.

Stellung der Phonetik zu verwand-ten Disciplinen 1 ff.

Stellungslaute 101 f. 107; deren Reduction zu Gleitlauten (Stel-lungsreduction) 504 ff. (bei un-silbischen Sonoren 504. 509, beinbsp;stimmhaften Spiranten 505, beinbsp;Gerauschlauten 510).

Stimmbander 33, falscbe 34.

Stimmbewegung innerhalb der Silbe 599 ff., im Worte 661 ff.

Stimme 68 ff. Untersuchung ihrer Eigenschaften 71. Starke 72 f.nbsp;Kobe und Qualitat 72. Inter-mittirende 309. Verhaltniss vonnbsp;St. und Murmelstimme 85. Schwa-chung der St. 787. S. auchnbsp;Fluster-, Murmel- und Voll-stimme.

Stimmfortsatz 33.

Stimmgleitlaut 506.

Stimmhaft und stimmlos 173 f. 188 (Unterschied von stimmb. undnbsp;sonor 190. Stimmhafte Consonanten mit Murmelstimme 88).nbsp;Wechsel stimmhafter und stimm-loser Laute 794 ff. (dynamisch bedingt 796, in der Nachbarschaftnbsp;von Stimmlosen 424. 432. 443.nbsp;447. 449). Wechsel stimmhafternbsp;Oeffnungs- und Verschlusslautenbsp;776 f.

Stimmlage 676; Wechsel ders. 679.

Stimmlaute (reine und gerauschhafte) 188.

Stimmlos s. Stimmhaft.

StimmquaHtat 72. 79. Anwendung einer bestimmten Art 678.

Stimmreduction 512 ff. 795.

Stimmregister 74 ff.

Stimmritze 33, falsche 34.

Stimmstellung des Kehlkopfs 172.

Stimmton 69.

Stosston 685 ff. 608. Verhaltniss zum festenUehergang587. Wechsel mit Mundverschluss 756.

Stress 621. 637.

Stress-groups 621.

Stromdruok 60 f.

Substitutionszitterlaute 306.

Superficiale 157.

Supradentale 156.

Svarabhakti 812 ff.

Syllabisch s. Silbisch.

Synkope von Vocalen 820 ff.

lt;, Arten dess. 349 (arab. 1166. 349. 365). Uebergang in 0 349 (vgl.nbsp;784).

0, Arten dess. 329 f.; aus t 349.784.

Taschen 34.

Taschenbander 34.

Taktdauer 685. 719 ff. S. auch Sprechtakte.

Taktdehnung 837.

Tempo 690.

Tenues 372 ff.; als Sprengfortes 375; schwache 374. Ihre Ein- undnbsp;Absatze 401, ihre Uebergange434.nbsp;Tenues mit offenem Kehlkopf 364.nbsp;375. 439, mit Kehlkopfschluss


-ocr page 346-

326

Register.

106. 166. 365. 375. 401. 438. Tenues aspiratae 364. 440 ff., mitnbsp;stimmhaftem Hauch 442. Schwa-chung von Tenues 826.

Theiltne'19.

Tiefton 570. 642; in Compositis 649.

Tone, einfache 18.

Tonende und tonlose Laute 174.

Tonerhohung 762.

Tonfall, gleichlaufender und gebro-chener 673.

Tonhhe, Allgemeines 17. 19. 72. 78. Verbaltniss zur Tonstarkenbsp;658 ff. Umlegbarkeit der T. 666.

Tonlage, Relative, desWortes 663 ff. (mechanisch bedingt 665, habi-tuell Oder historisch bedingt 666 f.,nbsp;formell bedingt 668).

Tonlose Laute s. Tonende Laute. Tonlose (=unbetonte) Silben637.

Tonsilbe 670. 637.

Tonsillae 48.

Tonstarke: Verhaltniss zur Tonhhe

668 ff.

Trachea 31.

Trilling 301.

Triphthonge 426.

Typen von Sprachlauten 121.

M 210 f. 214 ff. 272; -Basis 217; M 274; M 326. 410 ff.

228. 241. 271. 414.

Uebergange 378 (fester, gehauchter, directer 406); zwischen Vocalennbsp;verschiedener Silben 409, von undnbsp;zu Spiranten 429 ff., von und zunbsp;Verschlusslauten 434 ff., bei Affri-caten 454 ff.

Uebergangslaute s. Gleitlaute.

Ueberkrze 695.

Ueberlange von Lauten 696, von Silben 715. Verhaltniss zu zwei-gipfliger Betonung 716.

Ueberrveite Spiranten 602.

Umlaut 760. 765 f.

Umlegbarkeit der Tonhhe 666.

Unaccentuirtheit 642.

Unbetont(heit) 670. 611. 637. 642.

Unsilbische Vocale 422.

Unterkiefer 40.

Unterlange 716.

Uvula 48.

Uvulare Laute [r) 307.

V 324ff.; Verhaltniss zu , to 326.

Velare (gutturale) Laute 144. 163 ff.; Z315, Nasale 322, Spiranten341ff.,nbsp;Verschlusslaute 351. Uebergangnbsp;in Palatale 486, in Labiale 765.

Velarisirung 490.

Ventriculi Morgagni 34.

Veranderungen von Sprachlauten im Allgemeinen 99 f.

Vermittelungsvocale 226.

Verschiebung der Articulation: bei Mischung 476; Raumliche (rt-liche und graduelle) 737, zeit-liche 738, dynamische 739. (Juan-titatsverschiebung 740. Versch.nbsp;des Silbengipfels 791, der Druck-starke 824 ff. (innerhalb der Silbenbsp;812), der Silbengrenze 826.839 ff.,nbsp;der Druckabstufung des Silben-schlusses 827.

Verschlusslaute 106 f. 137 f. 139 (nicht Gleitlaute 106). Die Verschl.nbsp;nach ihren Articulationsstellen:nbsp;Labiale und Labiodentale 348;nbsp;Laute derZungenspitze (cerebrale,nbsp;alveolare, dorsal-alveolare, post-dentale, interdentale) 349; palatale 350; velare (gutturale) 351;nbsp;laterale 352. 462 ff.; faucale 168 ff.nbsp;356; laryngale 353 (Stosston 586).nbsp;Verschl. mit lateraler und nasalernbsp;Explosion 462 ff. Die Verschl.nbsp;nach den verschiedenen Artennbsp;ihrer Bildung 356 ff.: stimmhaftenbsp;und stimmlose 357 (Verhaltnissnbsp;der stimmhaften zu den Sonorennbsp;107. 196); Lenes und Fortes 359nbsp;(stimmhafte 362; Verschlusslenesnbsp;374. 402, aspirirte? 441); ge-spannte und ungespannte 368 ff.nbsp;Verschl. mit offenem Kehlkopfnbsp;364. 375. 439, mit Kehlkopf-schluss 366.375.401.438. Spreng-und Losungslaute 368 ff. Implosive, prohibitive, occlusivenbsp;Verschl. 445. Ein- und Absatzenbsp;der Verschl. 400 ff. Berhrungennbsp;mit Sonoren 434 ff. (Aspiratae


-ocr page 347-

327

Kegister.

436 ff. 440 ff.), mit Gerauschlauten 448 ff. (Verbindung nicht homor-ganer Verechl. 450 f.; Affricataenbsp;454 ff.; Oeffming von Verschl.nbsp;ohne Explosion 457 ff.). PalataK-sirte Verschl. mit secundaremnbsp;Eeibungsgerausch489. Gerausch-reduction von Verschl. 503. Dop-pelexplosion gleicher Verschl. 564.nbsp;Verhaltniss der Verschl. znr Sil-benbildung 534 ff.; Verschl. mitnbsp;innerer Dnickgrenze 559. W ech-sel stimmhafter Verschl. und Oeff-nungslaute 776, Wechsel stimm-loser Verschl. und Oeffnungslautenbsp;777 ff., und Spiranten 779 (durchnbsp;Aspirata und Affricata 780, durchnbsp;directe Lockerung 784). Wechselnbsp;mit homorganem Nasal 800. Ersatz von Verschl. durch Kehl-kopfschluss 755. Einschiehungnbsp;und Ausstossung von Verschl.nbsp;804 ff. S. auch Halbschluss-laute.

Verschlussstellung des Mundes 132, des Kehlkopfs 172.

Verticalstellungen (und -bewegun-gen) der Zunge 245. 247.

Vocale: Vocal und Consonant 109ff. (Vocale als Hauptlaute der Silbennbsp;110). Dorsale Articulation dernbsp;Vocale 204. 296 (Vocale als redu-cirte stimmhafte Ge'rauschlautenbsp;501). Die Vocale im Einzelnen:nbsp;Vocalreihen 205; Normalvocalenbsp;und Varietaten 205. 223. Anord-ming nach Klangreihen 206 ff.nbsp;(Vocaldreieck 207, Wintelersnbsp;Vocallinie 208 ff. 222. 228; natr-licher Vocal 218, Vermittelungs-vocale 226, offene und geschlos-sene Vocale 228, unvollkommenenbsp;233, Vocale mit activer und pas-siver Lippe 233). Anordnungnbsp;nach Eigentonreihen 234 ff. nbsp;Anordnung nach Articulations-reihen (Bells System) 243 ff.;nbsp;Zungenlage und -bewegungennbsp;(horizontale und verticale) 246 ff.;nbsp;velare (hintere,back), palatovelarenbsp;(gemischte, mixed), palatale (ver

dere, front) Vocale 249, innere und aussere Varietaten ders. 250;nbsp;hohe (high), mittlere (mid), nie-drige (low), gesenkte und erhhtenbsp;Vocale 251. Spannungsverhalt-nisse 252 ff.: gespannte und un-gespannte Vocale 255ff., vgl. 260.nbsp;267 (Verhaltniss ders. zu dennbsp;sog. engen und Veiten und zunbsp;den 'geschlosseneff und offenennbsp;Vocalen 257 f.). Lippenarticula-tion der Vocale 259 ff.: Rundungnbsp;261 ff. (innere oder Wangenrun-dung 263), spaltfrmige Ausdeh-nung 264. Beispiele fr die ver-schiedenen Arten von Vocalen:nbsp;Palatalvocale 268 ff., gerundetenbsp;271; Velarvocale 273, gerundetenbsp;272; Palatovelarvocale 274 (Vocal-tabelle Hellwags und Brckesnbsp;207, Wintelers 228, Trautmanusnbsp;236, Bells 266; Vergleichung dernbsp;Transcriptionen von Lepsius,nbsp;Brcke, Bhmer 229). Erforder-liche Modificationen von Bellsnbsp;System 275 ff. Nasalvocale 277 ff.nbsp;Gemurmelte Vocale 279 ff. (unbe-stimmter Vocal, Schwa 280),nbsp;stimmlose 199. 282 ff., knarrendenbsp;309. Ein- und Absatze dernbsp;Vocale 382 ff, Berhrungennbsp;von Vocalen benachbarter Silbennbsp;409 ff., Diphthonge 410 ff, Halb-vocale (unsilbische Vocale) 422,nbsp;Triphthonge 425; sonstige Berhrungen 426 ff. Einwirkun-gen von Vocalen auf Nachbai-laute und umgekehrt 469 ff. nbsp;Reduction zu Gleitvocalen 506 ff.nbsp; Abstufungen der Schallfllenbsp;529. Quantitat 692 ff. Spontane Verschiebungen der Vocalreihen 766. Wechsel von Vocalen mit activer und passiver Lippenbsp;756. Entrundung gerundeter Palatalvocale 757. Verstarkung dernbsp;Rundung767. Entnasahrung 768.nbsp;Verschiebungen der Zungenarti-culation 759 f. Vocalweohsel bedingt durch Verschiedenheit dernbsp;Tonhhe761f. (Tonerhhung 762),


-ocr page 348-

328

Register.

durch. Starke und Dauer 763 {vgl. 760), durch Einfluss von Nach-barlauten 764 ff. (Umlaute 765 f.,nbsp;Dissimilationen und Diphthon-girungen 768). Weohsel von sil-hischer und unsilbischer Functionnbsp;ivon Vocal und Halbvocal) 791 f.nbsp;Diphthongirungen unter consonant. Einfluss 808. Epenthesennbsp;809. Svarabhakti 812 f. Secun-darvocale aus silbisohen Liquidennbsp;Oder Nasalen 814. Prothesen 816.nbsp;Absorptionen 817 ff. Synkopeundnbsp;Apokope 820 ff. Dehnungen 842,nbsp;in geschlossener Silbe 845, vornbsp;Geminata 847. Ktirzungen in geschlossener Silbe 849.

Vocalharmonie 750.

Voice 68.

Vollstimme 72 ff. S. auch Stimme.

Vollstimmige Laute 175.

Vorausnahme s. Mischung.

Vorstillpung 42. 44. S. auch Bun-dung.

w 324 ff.

Wangenrundung 263.

Wechsel, grammatischer 831.

Weite (Amplitude) der Schall-schwingungen 17.

Weite Vocale 257 f.

Weitstellung (des Kehlkopfs) 172.

Wheeze 82; wheezing glottid 392.

Whisper 81.

Wide vowels 257.

Wort und Satz 611 ff. (Wortreihe 614). Worter und Sprechtaktenbsp;623 ff.

W ortaccent: Allgemeines 573.609 ff.; dynamischer644ff.; musikalischernbsp;Oder tonischer 654 ff. 661 ff. (seinnbsp;Verhaltniss zum ideellen musikal.

Satzaccent 656, zum dynam. Satz-accent 658; Verhaltniss von Ton-starke und Tonhohe 658 ff.). Relative onlage des Wortes 663ff. (mechanisch bedingt 665, habi-tuell Oder historisch bedingt666 ff.,nbsp;formell bedingt 668). Umlegbar-keit derTonhhen 666. onhhennbsp;der Einzelsilben 6691 Auord-nung der Tone 6711 Richtungnbsp;der Stimmbewegung 673). Dynamischer Wortaccent und Takt-abstufung 644. Verschiehung desnbsp;Wort- und Satzaccents 828. S.nbsp;auch Satzaccent.

y 271.

z (stimmhaftes s] 334 ff. Uebergang in r 770; arab. a 166.

z 334 ff.

Zahne 47. 50.

Zapfchen 48.

Zischlaute 328 ff.; coronale 329 ff. (interdeutale, postdentale, inter-stitielle, marginale 329 ff., alveo-lare und cerebrale 333); s- undnbsp;s^-Laute 334 ff.

Zitterlaute 306.

Zunge 501 Aufschlagende und durchschlagende Zungen 79.

Zungenbein 31.

Zungenblatt 151. 335.

Zungengaumenbogen 48.

Zungengaumenlaute 144. nbsp;nbsp;nbsp;148 ff.;

ihr Verhalten bei Palatalisirung 485, bei Velarisirung 490.

Zungenmuskeln 51.

Zungenrander, -rckeu, -saum, ihre Articulationen 150.

Zungenwurzeln 51.


Druck von Breitkopf amp; Bartel in Leipzig.

-ocr page 349-


-ocr page 350- -ocr page 351- -ocr page 352-

fdt--,-#* f, nbsp;nbsp;nbsp;■'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;A ■'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;/*^‘-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;■

M ■ ' :- nbsp;nbsp;nbsp;' 'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;■■

K


nbsp;nbsp;nbsp;-:■nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;quot;‘tv.-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gt; ”--^

.%-', ■■ nbsp;nbsp;nbsp;-'-,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;i.^:. 'v ,-’nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;**

' ■- nbsp;nbsp;nbsp;quot;^- j'.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;vi-’ '

-N^■ nbsp;nbsp;nbsp;' ^ *i ' '••nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;■

.■:-. nbsp;nbsp;nbsp;- -nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;'-.'.f^.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gt;•--^ ■'-'k,. ■ ^ j

-:vA' nbsp;nbsp;nbsp;/'-.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;quot;-rnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;■ ■^':nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.‘vr

^v;-. nbsp;nbsp;nbsp;■ . ïr -nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;■ ■•■ ■*gt; 'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;■■ ^

, -' ^ nbsp;nbsp;nbsp;:t ^

V2 ■ «lt; nbsp;nbsp;nbsp;.- =- V' :

-.rif nbsp;nbsp;nbsp;■

■ ■«■'■.r.i' •'.-“ ■ ■

tfr

•: ' - %■gt;- -i nbsp;nbsp;nbsp;. ,gt;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;:

ia-^ ;’-,r^ ^-V ' nbsp;nbsp;nbsp;'-v'- '^ ?■-' ■nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;„ ■'

--, nbsp;nbsp;nbsp;■ r --''''l'-quot;-’t-

k 'f'^-'-.’” nbsp;nbsp;nbsp;:,gt;tnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;'-»nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;' - -. -1

t '■''' k ^ nbsp;nbsp;nbsp;-'^' - fi V. , .:gt;.'■ V * . V-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-'Jl^

^

■*-f^ - nbsp;nbsp;nbsp;gt;;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;‘ quot;'.i-.-.«■•'■ 1