-ocr page 1- -ocr page 2-

VAN HAMEL

590

E DONATIONE

A. G. van HAMEL

N.

PROFESSORIS ORDINARII INnbsp;ACADEMIAnbsp;RHENO-TRAIECTINAnbsp;1923-1946

-ocr page 3- -ocr page 4- -ocr page 5-

SJO

ZUM GERMANISCHEN VE REALS YSTEM

-ocr page 6- -ocr page 7-

I.

DER AORIST IM GERMANISCHEN VERBAL-SYSTEM UND DIE BILDUNG DES STARREN PRATERITUMS

(SONDERABDRUCK AUS FALK-FESTSKRIFT 1927)

II. �

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM

(SONDERABDRUCK AUS

NORSK TIDSSKRIFT FOR SPROGVIDENSKAP II)

-ocr page 8- -ocr page 9- -ocr page 10-

DER AORIST IM GERMANISCHEN VERRAL-SYSTEM UND DIE BILDUNG DES STARREN PRATERITUMS.

VON J. SVERDRUP.

Der allgenieineii Ansicht nach geht das geriuanisclie starke Praterituin ausschliesslicb oder fast ausschliesslich auf dasnbsp;indogermanische Perfektuin zur�ck. In den Handb�chern, dennbsp;Abhandlungen und Aufsiitzen der Germanisten begegnet niannbsp;dieser Behauptnng auf Schrift und Tritt. Sie ist beinahe zunbsp;eineni Dogma geworden. Nur die westgermanischen Ponnen dernbsp;2. Sing, sollen nach einigen Porschern auf den alten Aorist zu-r�ckzuf�hren sein. Aber jedoch scheint es mir sehr schwer, dienbsp;Entwicklung des gennanischen starken Prateritums zu verstehennbsp;ohne die Annahme, dass eine Reihe vozi Aoristformen in das ger-manische Priiteritalsystem aufgenommen worden ist.

Hier zn�chte ich zuerst einige allgemeine Erwiigungen geltend niachen. Das Germanische zeigt ein starkes Bed�rfnis nachnbsp;eiiiem formalen Mittel zum Ausdruck der perfektiven Aktionsart.^nbsp;Als solches Ausdrucksmittel der Perfektivierung linden wir imnbsp;Germanischen die prapositionale Verbalkomposition, besondersnbsp;mit (ja- (wie mit com- im Lat. und po- im Slav.).^ Das kann abernbsp;nicht das Urspr�ngliche sein; denn die Verbalkomposition istnbsp;eine spatere einzelsprachliehe Erseheinung. Das alte Mittel zurnbsp;Perfektivierung war dagegen der Aorist. Dass die Germanennbsp;ohne weiteres den Aorist ganz � oder fast ganz � aufgegebennbsp;haften, ist schon deshalb wenig wahrscheinlich; denn das Bed�rfnisnbsp;nach Perfektivierung hat sich doch immer lebendig gehalten.nbsp;Vielmehr scheint mir der Vorgang der folgende zu sein: Durchnbsp;den �bergang von eineni Aktionssystem ziz einem Tempussystem

� Die Literatur dar�ber bei Brugmann, Grundriss� II, 3, S. 68 ff. und 712 ff., bei Streitberg, Got. Elementarbuch � 290 und 294.

^ Vgl. .\. Beli�, �Zur slavischen Aktionsart�, Streitberg-Festgabe, S. 1 ff.

-ocr page 11-

297

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

init dem Ablaut als tra^eiKlein Prinzip siiid sowolil Aoristformen als Perfektt'ormen in das neue (niclitpriisentisclie) System auf-genommen worden, und dieser Zusanunenfall von Aorist- undnbsp;Peri�ektt�oi-men mag wolil wenigstens dazn beigetragen liaben, dassnbsp;das neiie System prateritale Bedentung angenommen hat (vgl.nbsp;aucli Meillet, Caract�res S. 145). Hand in Hand mit diesemnbsp;Vorgang wird dann die Entwicklung' des neuen Mittels zur Per-fektivierung gegangen sein. Audi das lat. Perfekt berulit ja aufnbsp;einem Zusammenfall von Aorist- und Perfektformen, und anchnbsp;im Lat. linden wir die priipositionale Verbalkomposition beson-ders mit com- als Ausdrucksmittel der Perfektivierung. Und dienbsp;feinste Ausbildung der verbalen Komposition als Ausdrucksmittelnbsp;der Perfektivierung linden wir im Baltisclien und Slavisclien, wonbsp;vom alten Perfekt (von aslav. v�d� abgesehen) nur das aktivenbsp;Partizipium �briggeblieben ist, wahrend das finite Priiteritum aufnbsp;den Aorist zur�ckgelit. Es bestelit hier �berall ein uverkennbarernbsp;Zn samm en hang.

Ferner k�nnen aucli die Umstiinde bei der Verwendung des Augments^ ein Licht in die einzelsprachliche Entwicklung dernbsp;verbalen Ponnen bringen. Das Felilen des Augments scheintnbsp;wenigstens diese Entwicklung in eine bestimmte Richtung hin-gelenkt zu haben. Sicher nachgewiesen ist das Augment nur imnbsp;Arischen, Armenischen und Griechischen, und selbst in diesennbsp;Sprachen ist der Gebraueh des Augments in den iiltesten Textennbsp;fakultativ. Diese Sprachen besassen soniit prateritale Ponnennbsp;(das Imperfekt und das seltene Pluscpiamperfekt), die durch dasnbsp;Augment von dein Perfekt deutlich unterschieden waren, wodurchnbsp;jede Vennischung unm�glich wurde. In den �brigen idg. Sprachennbsp;dag(gt;gen linden wir �berhaupt keine Spur von dem Augment; undnbsp;alles spricht daf�r, dass das Pehlen des Augments hier urspr�ng-lich war, um so inelir als das Augment in den erstgenanntennbsp;Sprachen kein festes Verbalprefix war. Die Polge des Pehlensnbsp;des Augments war der Verlust des Imperfekts; demi die sekun-daren Endungen gen�gten nicht um das Imperfekt vom Prasensnbsp;deutlich zu unterscheiden. Im Slavisclien finden wir zwar einigenbsp;isolierte Reste des Imperfekts wie pad� �ich bin getallen�, vcde

� F�r raeine Bemerkungen ttber das Augment und die Bednplikation ver-weise ich auf zwei erliiuternde uud feinsinnige Aufsiitze von A. Meillet: tL�Auguient� und �Le Parfait� (Dial. S. 97 ff. und 102 ff.); seine Ansf�hrungennbsp;sind mir immer mehr einleuchtend geworden.

-ocr page 12-

298

J. Sverdrup.

�du hast gef�hrt�, nese �er hat getragen (Meillet, Le slave com-mun, S. 207 ff.), die jedoch als Aoriste fungieren. Als Ersatz entstanden Neubildungen: slav. nes�aclv�, lat. ag�ham, die peri-phrastische Bildungen sind, das lit. Imperfekt der Gewohnheitnbsp;matydavau �ich pllegte zu sehen�, das m�glicherweise auch peri-phrastisch ist (vgl. Brugmann, Grundriss � II, 3, S. 515), dasnbsp;kelt. �iterative Prateritum� oder �Prasens secundariuin�, das gaiiznbsp;unaufgeklart, aber gewiss eine Neubildung des Keltischen istnbsp;(vgl. Thurneysen, Hdb. I, 346 ff., Brugmann, Grundr.^ II, 3, S.nbsp;755). lm Germanischen linden wir keinen Ersatz, keine Neu-bildung statt des untergegangenen Imperfekts; es ist spurlosnbsp;verschwunden, vom starken Prateritum aufgesogen. Ob das Ger-manische je ein augmentloses Imperfekt, dem aind. dhharam (zunbsp;Priis. hhdrmni), griech. scpepov (zu cp�pco, vgl. hom. 9�popev, cp�pere)nbsp;entsprechend, besessen hat, wissen wir nicht; wahrscheinlich ist esnbsp;nicht. � Als weitere Eolge des Pehlens des Augments und dernbsp;Aufgabe des Imperfekts ist nun eine Vermischung von Perfekt-formen und Aoristformen nur zu erwarten, wozu auch, wienbsp;oben erwahnt, die Verundeutlichung der perfektiven Aktionsartnbsp;beim Aorist und die Entwickluiig des neuen Tempussystemsnbsp;beitragen mussten. Die Tatsachen bestatigen diese Annahme.nbsp;Das lateinische Perfekt ist ein Mischtempus von Perfelrtformeiinbsp;und Aoristformen. Dasselbe ist der Fall mit dem keltischennbsp;Prateritum. Das Baltisch-Slavische hat vom Perfekt nur dasnbsp;aktive Partizipium bewahrt, wahrend die finiten Eormen desnbsp;Prateritums auf den Aorist zur�ckgehen. Enter diesen Um-stiinden ware es doch recht merkw�rdig, wenn nicht auch im germanischen Prateritum alte Aoristformen versteekt zu linden waren.

Auch das Fehlen der Perfektreduplikation hat gewiss die Einmischung von Aoristformen in das germ, starke Prateritumnbsp;erleichtert. Zwar k�nnen wir nur wenige uridg. Falie ohnenbsp;Reduplikation nachweisen, und im Arischen und Griechischen istnbsp;der Gebrauch der Reduplikation im Perfekt beinahe konstant.nbsp;Bin bekannter uridg. Fall ohne Reduplikation ist aind. ccVto, gr.nbsp;oiba, got. ivait, aslav. v�d� usw.^ Aber eine vergleichende Unter-suchung des Baltisch-Slavischen, Italischen, Keltischen undnbsp;Germanischen scheint doch zu zeigen, dass das Fehlen der Reduplikation ziemlich haufig war, und die �bereinstimmung zwischen

Andere vereinzelte Perfektbildiingen ohne Reduplikation im Ar. und Griech. s. Brugmann, Grundr.^ II, 3, S. 453 und 461.

-ocr page 13-

299

Uer Aorist im germaniselien Verbalsystem.

diesen Sprachen spricht daf�r, dass viele Perfektforinen schon von Haus aus reduplikationslos waren. Das kann anch nicht wundern,nbsp;wenn man erinnert, dass das Perfekt schon durch die o-Abt�nunlt;fnbsp;und durch eigenartige Personalendungen gen�gend charakterisiertnbsp;war. Das Baltisch-Slavische hat zwar nur das aktive Partizip-ium des Perfekts bewahrt; aber wir finden bier keine Spur vonnbsp;der Reduplikation, z. B. lit. Ulcqs zu l�h� �ich lasse� (aber aind.nbsp;rir/Jcvcis-), lit. r/ftes'zu v/'n-t� �ich falie um� (aber aind. ratjAm*-), lit.nbsp;Idftqs zrr leertu �ich haue� (aber aind. cahrtvds-) usw.; vgl. anch aind.nbsp;vidvds- zu veda, mhrds- zu sdmha �hat bewaltigt�, d�gvas- zunbsp;daddea �hat gehuldigt�,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;zu darfdrra, �hat erblickt�, usw.;

got. h�rus-j�s. Brugmann (Grundr.*, II, 1, S. 566 f. und II, 3, S. 432) ist sogar der Meinung, dass die Partizipia init dein Formans -uev- ni�glicherweise schon urspr�nglich durchgangig reduplikationslos waren. Iin Lateinischen finden wir viele Formennbsp;ohne Reduplikation, und es ist bezeichnend, dass diese Formen.nbsp;eben auftreten, wenn das Perfekt schon durch den Vokalismusnbsp;gen�gend charakterisert ist, z. B. linqu�, liqiii; uinc�, tilei; fund�,nbsp;f�di ; rump�, r�p�; fugi�, f�gi usw. Ahnlich ist auch das Verhaltnisnbsp;im Keltischen. Wo das Perferkt durch den Vokalismus in be-sonderem Grad charakterisiert ist, fehlt die Reduplikation, z. B.nbsp;techid �flieht�, tdich; giiidid �bittet�, ro 'gdul usw. (s. Thurney-sen, Hdb. I, s. 396 ff.). Wer nun weiter die Frage nach deinnbsp;Vorhandensein oder Fehlen der Reduplikation voin Germanischeiinbsp;heraus betrachtet, w�rde gewiss nie auf den Gedanken kommen,nbsp;das germ, starke Prateritum ganz und gar aus einem redupli-zierten Perfekt herzuleiten. J^Iur im Gotischen ist die Reduplikation deutlich bewahrt, obwohl auch hier die redupliziertennbsp;Formen doch eine verhaltnismassig kleine Minderzahl bilden.nbsp;Im Nordischen und Westgermanischen finden wir nur k�mmer-liche Reste der Reduplikation, und die vielen verzweifelten Ver-suche, die Reduplikation in diesen Sprachen in demselben Massenbsp;wie im Gotischen nachzuweisen, sind meines Bed�nkens ganznbsp;missluiigen, ohne dass ich auf diese Frage hier naher eingehennbsp;kann. Ich inuss auch gestehen, dass ich fiber die Urspr�nglich-keit aller reduplizierten Verbalformen des Gotischen einen Zweifel hege, was ja einen Kenner der Sprache Wulfilas nicht wuii-derii sollte. Von vereinzelten Formen wie tait�h, 1 allot, saitlt;�nbsp;usw. abgesehen, finden wir die Reduplikation im Gotischen nurnbsp;bei den Verben, deren Praterita nicht durch den Vokalismus,

-ocr page 14-

300

J. Sverdrup.

d. h. durch Ablaut, gekennzeicbnet sind: maimait, sta/istant, hai-hald, faifloh usw. Alle Verba mit der Abt�nung e : o sind redu-plikationslos. In welchem Masse das Fehlen der Eeduplikation hier urspr�nglich ist, lasst sich nicht mehr entscheiden. Abernbsp;die �bereinstimmung iin Prinzip mit dem Italischen und Kelt-isch�n ist doch sehr beachtenswert. Und noch mehr beachtenswertnbsp;sind die sogenannten Praterito-prasentia, die in Wirklichkeit echtenbsp;Perfekta sind, die ihre perfektische Bedentung erhalten haben. Auchnbsp;das Westgermanische zeigt hier die Perfektendung -t in der 2. Sing.nbsp;Ind. (im Gegensatz zu aoristischen Pormen wie ahd. Ikvi, ^igi, gugi,nbsp;huti usw.); aber von der Eeduplikation ist keine Spur zu linden:nbsp;got. ags. 1. Sing man, 2. Sing. ags. manst, dagegen gr. p�pova;nbsp;1. Sing. got. J)arf, as. tharf, 2. Sing. got. parft, as. tliarft, usw. Diesenbsp;Pormen sprechen daf�r, dass die Eeduplikation schon von Hausnbsp;aus fehlen konnte (vgl. ivait � oiba). Und die �bereinstimmungnbsp;im Prinzip beim Pehlen oder Vorhandensein der Eeduplikationnbsp;zwischen dem Italischen, Keltischen und Gernianischen f�hrtnbsp;nat�rlich zu der Polgerung, dass das Pehlen der Perfektredupli-kation in mehreren Pallen schon in eine indogermanische Epochenbsp;zur�ckzuf�hren ist. Wir haben es dann hier eben mit einemnbsp;dialektischen Zug des Indogermanischen zu tun, das ja keinenbsp;einheitliche Sprache war, m. a. W. die Eeduplikation ist zwarnbsp;urindogermanisch, aber die durchgef�hrte Eeduplikation im Per-fekt kann kaum urindogermanisch sein. Das Arische und dasnbsp;Griechische haben dann die Perfektreduplikation beinahe durch-gef�hrt. Das Baltisch-Slavische hat das Perfekt aufgegeben,nbsp;abgesehen von dem aktiven Partizip, das hier nur reduplikations-los ist. Das Italische, Keltische und Germanische haben innbsp;mehreren Pallen f�r die Eeduplikation keine Verwendung gefun-den, und zwar besonders wenn das Perfekt schon durch dennbsp;Yokalismus deutlich charakterisiert war, ohne dass wir jetzt dasnbsp;urspr�ngliche Verhaltnis genau feststellen k�nnen. P�r das Germanische gilt dann weiter Polgendes: DieVerundeutlichungnbsp;der perfektiven Aktionsart beim Aorist und die Ent-wicklung des neuen Tempussystems, das Pehlen desnbsp;Augments und der Verlust deslinperfekts, das haufigenbsp;Pehlen der Eeduplikation im Perfekt, dies alles hatnbsp;zu einer Annaherung zwischen dem Perfekt und deinnbsp;Aorist gef�hrt und zum Eindringen von Aoristforniennbsp;in das neue prateritale System. Dann wird auch die

-ocr page 15-

301

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

weitere Entwicklung des germ, starken Prateritunis leicht verstandlich. Schon von alters her bestandnbsp;also dieses Prateritum aus reduplizierten nnd unre-duplizierten Perfektforinen nnd aus unredupliziertennbsp;Aoristformen, wahrend der Ablaut zuni wicbtigstennbsp;Tempusmerkmal geworden war, was die Peduplika-tion noch mebr �berfl�ssig machte. End der Keim dernbsp;Entwicklung des germ, prateritalen Ablautsysternsnbsp;lag ja schon in der o-Abt�nung als Kennzeichen desnbsp;idg. Perfekts. Durch die weitere Ausbildung undKon-solidierung des prateritalen Systems wurde dann dienbsp;Reduplikation ganz nat�rlich autgegeben, wozu dienbsp;Assoziation mit den schon bestebenden unreduplizierten Perfekt- und Aoristformen in hohem Gradenbsp;beitragen musste. Nur bei Verben, die wegen ihres Vokalis-mus ausserhalb des prateritalen Ablautsystems standen, hielt sichnbsp;die Reduplikation, wenigstens im Gotiscben, das sie m�glicherweisenbsp;auch vermehrt bat (s. Peist, PBB., 32, S. 514). In �hnlicher Weisenbsp;lasst sich auch der Verlust der Reduplikation im Keltischen undnbsp;Italischen erklaren, also durch Assoziation mit den von Haus ausnbsp;unreduplizierten Perfekt- und Aoristformen. leb glaube, dass dienbsp;hier gegebene Erklarung des Verlusts der Reduplikation und dernbsp;Entstebung und Entwicklung des germ, starken Prateritums den-j enigen Erklarungen weitaus vorzuziehen ist, die mit mebr odernbsp;weniger k�nstlicben Lautwandeln operieren. Man braucht dann seinenbsp;Zufluebt weder zu Loewes Haplologie-Theorie (KZ. 40, 316 ff.) nochnbsp;zu Hirts (Idg. Abl. S. 194 ff., Idg. Vok. � 221 f.) Annahme einesnbsp;Wegfalls der Reduplikation wegen Unbetontheit zu nehmen.^nbsp;Dass das germanische starke Prateritum hauptsachlich aufnbsp;das idg. Perfekt zur�ckgeht, ist gewiss nicht zu leugnen. Dasnbsp;zeigt schon die bedeutende Rolle, welche die o-Abt�nung imnbsp;germ. Prateritnm spielt. Welche sind dann die Prateritalformen,nbsp;die mit gr�sserer oder geringerer Wabrscbeinlichkeit als altenbsp;Aoristformen erklart werden k�nnen? Von dem alten s-Aorist,nbsp;der sich im Italischen und Keltischen so gut erhalten bat, findet

' �brigens verweise ich auf die vortrefflichen kritischen Er�rteruugea und Ausf�hrungen von Feist, Die sogenannten rednplizierenden Verba imnbsp;Germanischen (FBB. 32, S. 447 ff. und die dort zitierte Literatur), obwohl ichnbsp;seinen Ansichten nicht immer beipflichten kanu. Gegen Hirt polemisiert auchnbsp;Brugmann, Grundriss ^ II, 3, S. 431 f.

-ocr page 16-

302

J. Sverdrup.

sich zwar kaum eine Spur im Germanischen, was jedocli damit nat�rlich zusammenhangt, dass im Germ, der Ablaut das prateri-tale Merkmal geworden ist. Sichere Aoristformen sind dagegennbsp;die westgermanischen Prateritalformen der 2. Sing, des Indikativs.nbsp;Ich f�hre zuniichst eine Reihe Beispiele aus der ersten und zweitennbsp;Konjugation an, ohne jedoch auf Vollstandigkeit hinzuzielen.

Althochdeutscli Klasse I: riri zu risan �fallen�; sniti zu sn�dan �schneiden� ; hnigi zu linigan �sicb neigen�; stiginbsp;zu stlgan �steigen�; stvichi zu sivuhan �im Stiche lassen�; Kicliinbsp;zu wichan �weichen�; dichi zu slichan �schleichen�; J/iti zu hitannbsp;�warten�; gniti zu gnitan �reiben�; scriti zu scritan �schreiten�;nbsp;istriti zu stritan �streiten� ; hizzi zu Mzan �beissen�; flizzi zunbsp;jitzan �sicb belieissigen�; rizzi zu rizan �veissen� �, slizzi m slizannbsp;�zerreissen� ; tvizzi zu wizan �verweisen� ; zunbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�schonen�;

h�ihi zu hilihan �bleiben� ; rihi zu rthan �reiben� ; irihi zu trihan �treiben�; griffi zu grif an �greifen�; diffi zu fdlfan gleiten;nbsp;lirini zu hrlnan �ber�hren�; liti zu lulan �leiden�; miti [midi O.)nbsp;zu m�dan �meiden�; ^igi zu fihan �zeihen�; .^piwi zu s-piwannbsp;speieii; litvi zu lihan �leihen�.

Klasse II; huti zu hiotan �bieten�; guzzi zu giozan �giessen�; siiti zu siodan �sieden�; kuri zu kiosan �wahlen� ; pnginbsp;zu giohan �ziehen�; nuzzi zu niozan geniessen; ruzzi zu riozannbsp;�wehklagen�; skuzzi zu skiozan �schiessen�; duzzi zu sliozannbsp;�schliessen� ; fruri zu friosan �frieren�; firluri zu firliosan vertieren; higi zu liogan �l�gen�; hiigi zu Itiogan �biegen�;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;zu

fliogan �liiegen� ; skuhi zu skiohan �schieben�.

Altsachsisch. Klasse I; hidi zu hidan �warten�; hiti zu hitan �beissen� ; drihi zu drihan �treiben�; ghdi zu glidannbsp;�gleiten�; gripi zu gripan �greifen�; Midi zu Midan �bedecken�;nbsp;iinigi zu hn�gan �neigen� ; hrini zu hrina.n �ber�hren�; hilihi zunbsp;hilihan �bleiben�; farliid zu farlihan �verleihen�; lidi zu lithannbsp;�gehen�; midi zu mithan �meiden�; sigt zunbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�seihen�;

zu skrithan �schreiten�; diti zu .ditan �schleissen�; snidi zu smidan �schneiden�; spin'i zu .��piwan �speien�; digi zu -digannbsp;�steigen�; wiki zvl irikan �weichen�; tciii zu witan �vorwerfen�;nbsp;giwiti zu gitritan �gehen�; ivriti zu irritan �schreiben�.

Klasse II: hudi zu hiodaii �bieten�; hidrugi zu hidriogan �betr�gen�; fhdi zu fiiolm^ �fliessen�; guti zu giotan �giessen�;nbsp;gruti zu griotan �weinen�; MmU zu Miotan �erlangen� ; kuri znnbsp;kiosan �wahlen�; lugi zu liogan �l�gen�; farhm zu farliosan

-ocr page 17-

303

Der Aorist im germanisohen Verbalsystem.

�verlieren�; miii zu niotan �geniessen� ; skidi zu skiotan �schies-sen� ; tu(ii zu tiohan �ziehen.

Angelsachsisch.^ Klasse I; yrijpe zxx gripan �grei-fen�; drife zu drifan �treiben�; helife zu hd�fan �bleiben�; swife zu swifaii �bewegen�; hite zu Intan �beissen� ; Ji�e zu jiitan wett-eifem; hnite zu hmitan �stossen�; .s'cite zu scltan �cacare�; slitenbsp;zu slitan �zerreissen� ; hemmie zu hcsm�tan �beschniutzen� ; Jjwitenbsp;zu picitan �schneiden�; gemie zu gewitan �gelien�; ivlite zu lolltannbsp;�schauen�; write zu wrltan �schreiben� ; hide zu hulan warten;nbsp;gilde zu glldan �gleiten�; gnide zu gmdan �reiben�; hlide zunbsp;Midaii �bedecken�; ride zu r�dan �reiten�; slide zu sl�dan �gleiten� ; stride zu str�dan �schreiten�; hlice zu hl�can �glanzen�;nbsp;strice zn str�ean �streichen�; stoice zu swiean �verlassen�; wice zunbsp;w�ean �weichen�; hmge zu hnigan �neigen�; nvige zu migannbsp;�mingere�; sige zu sigan �sinken�; stige zu stigan �steigen�;nbsp;dwiiie zu dicinan �scbwinden� ; lirine zu hrtnan �ber�hren� ; ginenbsp;zu ginan �klaffen�; seine zu scinan �scheinen� ; spitve zu sphvannbsp;�speien�; sntde zu snidan �schneiden�; Ude zu lidan gehen; tigenbsp;zu t�on �zeiken�; wrige zu ivr�on �bedecken�.

Klasse II: erupe zu er�opan �kriechen�; clufe zu cl�ofan �spalten�; hnite zu hr�otan �brechen�; flute zu fl�otan �fliessen�;nbsp;gutc zu g�otan �giessen�; grute zu gr�otan �weinen�; nute zunbsp;n�otan �geniessen� ; rute zu r�otan �wehklagen�; scute zu sc�otcmnbsp;�schiessen�; hude zu h�odan �bieten�; lude zu l�odan �wachsen�;nbsp;rude zu r�odxin �roten�; druge zu dr�ogan �aushalten�; luge zunbsp;i�ogan �l�gen�; hruwe zu hr�owan �brauen�; hruive zu hr�oivannbsp;�reuen� ; sude zu s�oban �sieden�; cure zu c�osan �wahlen�; drurenbsp;zu dr�osaii �tallen�; frure zu fr�osan frieren; hrure zu hr�osannbsp;�tallen�; forlure zu forl�osan �verlieren�; tuge zu t�on ziehen;nbsp;fluge zu fl�on �tliehen�.

Diese westgerin. Fornien der 2. Sing, wurden tr�her und werden noch heute als urspr�ngliche Optativformen erklart, dienbsp;in den Indikativ eingedrungen seien. Die Erklarung r�hrt vonnbsp;J. Griniin her (Geseh. d. d. Spr. S. 187) und ist weiter begr�ndetnbsp;worden von W. Scherer (Zur Gesch. d. d. Spr.^ S. 194). Seinernbsp;Ansicht haben sich auch mehrere Gelehrte wie z. B. van Helteiinbsp;(PBB. 17, 554; 28, 545 f.), Siebs (Pauls Grundr.^ I S. 1337),

Sclion das Altfriesische hat di� alte 2. Sing. Ind. aufgcgeben zuguDsten der -Formen auf -st: c�niest skamst�, iinderfengest �suscepisti� (s. Siebs, Paulsnbsp;Grundr.� I, S. 1337).

-ocr page 18-

304

J. Sverdrup.

Kluge (Urgermanisch, S. 188) angesclilosseii. Dagegen hat v. Fierlinger (KZ. 27, 430 ft.) uachzuweisen verzucht, dass die west-germ. prateritale 2. Sing. Ind. ihrem Ursprung nach ein alternbsp;Aorist sei, und seine Erkliirung hat vielfach Zustimmung gefun-den. Neulich hat aber E. Schroder (IF. 39, 224 ff.) eine neuenbsp;Verteidigung der Schererschen Optativ-Hypothese geliefert, indeinnbsp;er behauptet: �Aus dem Fragesatz stam men diewest-germanischen Formen, es sind echte Optative; aus dernbsp;Sphare des Optativus dubitativus oder potentialis.� Obwohl schonnbsp;0. Behaghel (IF. 40, 167 ff.) die Unwahrscheinlichkeit der syn-taktischen Erklarung Schroders nachgewiesen hat, finde ich esnbsp;doch erforderlich auf die Frage etwas naher einzugehen, weilnbsp;mir die Optativ-Hypothese auch in formaler Hinsicht (worauf Behaghel nicht eingeht) ganz verfehlt scheint. Schroder legt daraufnbsp;grosses Gewicht, dass �wir einmal den Optativ zur Erklarungnbsp;nicht umgehen k�nnen�. Es ist wahr, dass man �fters den Optativ herbeigezogen hat; das war aber eben ein verhangnisvollernbsp;Fehler, der die Frage nur getriibt hat, und man hat in der Tatnbsp;gar nicht n�tig, seine Zuflucht zuni Optativ zu nehmen, um zunbsp;einer befriedigenden Erklarung zu gelangen. Auch muss mannbsp;nicht, wie Schroder glaubt, die Herausbildung der westgerm.nbsp;Formen auf drei �Stadi�n� verteilen. Man kann hochstens vonnbsp;drei Typen sprechen: as.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;hmuU und hari, obwohl diese Ein-

teilung f'iir die L�sung des Problems ohne Belang ist. Nur der �bersicht halber behandle ich den Typus hiti zuerst.

Nun lauten die westgerm. prateritalen Verbalformen der 2. Sing. Opt der 1. und 2. Konjugation: ahd. Inzzis,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;SbS. hittn,

hud/s; ags. bite, Jnide; afries. hnigc (nigi E zu hmga �hneigen�) here (zu kiasa �wahleii�); die entsprechenden Priisensformen sind:nbsp;ahd. hiz�s, h'ot�s; as. bites, biodes; ags. bite, b�ode; afries. bite,nbsp;hiade. Schon die Erhaltung des auslautenden -s bei den ahd.nbsp;und as. Formen scheint fiir die Optativ-Hypothese sehr bedenk-lich. Aus dieser Not hat man sich doch gewissermassen zu helfennbsp;gewusst, indeni man die as. und ahd. Formen als Neubildungennbsp;betrachtet. Sich Scherer anschliessend hat niimlich Hirt (PBB.nbsp;18, S. 527) die Hypothese aufgeworfen, dass im Westgermani-schen (Hirt zwar nur �Ahd.�) jedes urspriinglich auslauten-des -s, mochte es im Germ, als -s geblieben oder zu -z gewordennbsp;sein, abgefallen sei. Danach sollen die ags. und afries. Optativ-

b/te.

Prat. ags.

bite, blade;

formen (Priis. ags. bite, b�ode, afries.

-ocr page 19-

305

Der Aorist im germanisoheii Verbalsystem.

bilde, afries. limge. hen] das Urspriingliclie und �Lautgesetzliche� init fr�hein westgeriii. Scliwund des -s- darstellen, wahrend dienbsp;as. und ahd. Formen ilir -s von der 2. Sing. Priis. Ind. (as. hitis.nbsp;hiudis, ahd. hizis, hiuUb) �bernommen haben sollen (vgl. vannbsp;Helten, PBB. 34, 138; Streitberg UG. S. 344, 346). Und vornbsp;dieser �bertragung seien dann die Optativformen � aber nurnbsp;die prateritalen! � in den Indikativ eingedrungen. Vorausge-setzt nun dass diese Erklarung, so k�nstlich sie doch erscheint,nbsp;richtig ware, sind doch daniit nicht alle Schwierigkeiten aus deinnbsp;Wege geraunit. Wenn niimlich Optativformen als Indikativfor-inen gebraucht worden sind, was schon an sich, wie anch v. Pier-linger mlt vollein Recht hervorhebt, sehr unglaublich erscheint,nbsp;dann verstekt man nicht recht, warum iin Altsachsischen nndnbsp;Althochdeutschen nicht anch die im Indikativ gebrauchten Opta-tivforinen das auslantende -s bekoinmen haben, nm so niehr alsnbsp;dann die neuen prateritalen Indikativformen zu den entsprechen-den Prasensforiuen stinimen w�rden, von denen ja die eigent-lichen Optativformen ihr -s �bernommen haben sollen. Nun istnbsp;aber selbst die Annahme, dass die ahd. und as. Optativformennbsp;der 2. Sing. Neubildungen seien, kaum stichhaltig. Denn erstensnbsp;liisst sich aus den entsprechenden ags. und afries. Formen nurnbsp;wenig schliessen, weil die Form auf -e im Ags. iin ganzen Sing,nbsp;des Optativs und im Afries. im ganzen Optativ durchgeftthrt erscheint; vgl. die ags. Pluralformen h�oden, huden, welche zeigen,nbsp;dass hier die 1. und. 3. Person �ber die 2. Person gesiegt haben.nbsp;Bei einem solchen Zusammenfall von mehreren Formen kannnbsp;man �berhaupt etwas Sicheres �ber die urspr�ngliche Form dernbsp;westgerm. 2. Sing. Opt. nicht ermitteln. Zweitens ist Scherer--Hirts Hypothese unhaltbar (vgl. die Kritik von Walde, Germ.nbsp;Auslautgesetze S. 129 ff'.; s. auch Janko, IF. Anz. 15, S. 266). Dennnbsp;sie widerspricht den Tatsachen. Ausser den genannten ahd. undnbsp;as. Optativformen finden wir namlich ein urspr�nglich auslauten-des -s auch in folgenden Fiillen, bei denen die Erhaltung des -nnbsp;sich schwerlich durch Analogie erklaren liisst: ahd. games, iiema-m�s; ahd. nerit�s, as. nerides, ags. neredes; as. N. Plur. dagos,nbsp;ags. dagas, das Hildebrandslied hat helidos. Ich habe auch dennbsp;letzten Fall (as. dagos usw.) angef�hrt, weil ich der gew�hnlichennbsp;Ansicht nicht zustiininen kann, wonach dieser Ausgang as. -os,nbsp;ags. -as mit dem arischen Plural auf -clsas (ved. aijvasafj, apers.nbsp;hagahcd') zusammenzustellen und auf idg. -�ses {-ar in afries. fiskar

-ocr page 20-

306

J. Sverdrup.

sogar auf -�zez) zur�ckzuf�hren sei.' Deun diese Erklarung ist gar zvL entlegen und gezwungen, uin auf irgend welche Wahr-scheinlichkeit Anspruch macheii zu k�nnen; ein dein arischennbsp;-asas- entsprechender Ausgang findet sich sonst nicht, und dasnbsp;einzig Nat�rliche und Verantwortliche ist, diesen Ausgang alsnbsp;arische Neuhildung zu erklaren (vgl. Thumb, Hdb. des Sanskrit,nbsp;S. 170). Ebenso schlecht steht es init der Erklarung des Aus-gangs -�770 in ahd. (/eh�no, as. gebo)w, ags. giefena, urn. runono-(Steiitofta), der von vielen Forschern (z. B. Loewe, Germ. Sprachw.nbsp;II, S. 17, Boer Oergenn. Hdb. S. 183, Noreen, Geschichte d.nbsp;nord. Sprachen, S. 166, Aisl. Gramm. � 373, Anm. 5) zu demnbsp;arischen Ausgang -dnam in aind. dgvdndni �der Stuten�, apers.nbsp;jmmv-zanandm �der viele Menschenrassen entbaltenden� gestelltnbsp;wird, obwohl auch diese Form am wahrscheinlichsten eine ein-zelsprachlicbe Neubildung ist (vgl. Thumb Hdb des Sanskritnbsp;S. 171, Brugmann Grundr.^ II, 2, S. 239), wahrend die germ.nbsp;Form sich am einfachsten durch Anlehnung an die i?-Deklinationnbsp;(ahd. ziing�no, as. iungono, ags. tungena) erklaren liisst. Derartigenbsp;ZusammensteUungen sind �berhaupt methodisch verwerflich, weilnbsp;sie jeden festen Boden entbehren, ganz wie so hiiu�ge etymologische ZusammensteUungen wie z. B. an. tjgnt �kleiner Waldsee�nbsp;zu aind. dari �Loch in der Erde�, got. mats- �Speise� zu aind.nbsp;mdtsgafi �Fisch�, an. erta �necken� zu aind. arddgati �regt auf�nbsp;(vgl. die vortrefflichen Ausf�hrungen und evidenten Deutungennbsp;von Marstrander, �Vsegtens og Va�gtterminologiens historie�, S.nbsp;10 f. und 17).^ � Wir m�ssen also auch as. dagos usw. zu dennbsp;Fallen rechnen, wo ein urspr�nglich auslautendes -s im Westger-manischen erhalten geblieben ist, ohne dass es bis jetzt gelungennbsp;ist, die Ursache dieser Erscheinung aushndig zu niachen. Dernbsp;Erklarungsversuch von Walde (Gerin. Auslautgesetze, S. 130 f.),nbsp;wonach die Erhaltung des -s der vorhergehenden gestossenen

' Der Urheber dieser Zusammenstellung i.st Hermann M�ller (PBB. 7, S. �O� f.) aber er siebt docb darin niclit den Beweis einer idg. Pluralform aufnbsp;��ses, sondern bemerkt n�chtern und vorsicbtig; �Dass aber das indoiranischenbsp;und ein teil des germaniscben in der verwendnng der pluralendung -�ses f�rnbsp;o-stiimme �bereinstimmen, ist der reine zufall, d. h. es bat zwar wie alles einennbsp;inneren grund, aber der grund ist nicbt das fr�bere besteben einer gemeinindo-germaniscben pluralform -�ses f�r w�rter auf -o-s.�

Sohon Meringer (IF. 18, 211) bat got. mats zu mitan gestellt und ver-gleicbt lat. caro �Fleiscb� : umbr. karu �Teil�; s. �brigeiis die vielen Kombina. tionen bei Feist, Etym. Worterb. d. got. Spracbe,^ S. 263.

-ocr page 21-

307

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

Lange zu verdanken sei, befriedigt nicht, weil er dann f�r as. daijos usw. seine Zuflucht zu dein arisehen Ausgang -asas nehmennbsp;inuss. Auch Janko (IF. Anz. 15, S. 265) hat m. E. das Problemnbsp;nicht gelost durch seine Annahme, dass ein tirspr�nglich starkernbsp;Nebenton das -s bis ins Westgermanische bewahrt habe, weilnbsp;dann sowohl as. dofjos usw. als ahd. Imtis usw. ausscheiden m�s-sen. Wir k�nnen nur feststellen, dass ein urspr�nglich auslau-tendes -.s' in nicht starktoniger Silbe im Westgermanischen meistens zu -z und weiter geschwunden ist, in gewissen Fallen jedochnbsp;als -s erhalten geblieben ist.^ Es mogen dabei die vorhergehendenbsp;Vokallange, Sandhi-Erscheinungen (vgl. Boer, Oergerm. Hdb. S.nbsp;125) und Systemzwang im Spiele gewesen sein. Enter diesennbsp;Umstanden aber d�rfen wir nicht die ahd. und as. Optativformennbsp;der 2. Sing, als Neubildungen erklaren. Auch aus diesem Grundenbsp;ist die Optativ-Hyphotese zur Erklarung der westgerm. 2. Sing.nbsp;Prat. Ind. unhaltbar. Es bleibt dann kauni eine anderenbsp;M�glichkeit �brig, � das ist aber eine vortreffliche M�glichkeitnbsp;� als die westgermanische 2. Sing. Prat. Ind. auf den �starken�nbsp;Aorist zuriickf�hren, wenn wir auch nat�rlich nicht f�r jedennbsp;einzelnen Fall die genau entsprechende aussergermanische Aorist-form nachweisen k�nnen. Folgende Entsprechungen sind dochnbsp;sehr beachtenswert:

1. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. hizzi, as. hiti, ags. hite: aind. ahhidad �spaltetest�;nbsp;vgl. 3. Sing, ahhidat tG:v., Aor. Opt. hhid�yum AV., redupl. ahi-hidliat Gr.; lat. fidit fidimus.

2. nbsp;nbsp;nbsp;hi-Iihi, as. hi-lihi, ags. he-Jife:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dlipafi �beschmiertest�;

vgl. alipat C., alilipat Gr.; lit. l/pa �klettre, steige,� aslav. pri-l�jm �adhaesi�.

3. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. siw/, ags siwe (nach Part. ahd. h/shvaii, ags. dsiwennbsp;zu ags. s�o)! �seihen� anzusetzen): aind. dsicad �gossest�; vgl.nbsp;asicat V., 2. Plur. ask-ata V. B., Aor. Opt. sk-yat B., as�sicat Gr.nbsp;Vielleicht ist j edoch das Part. ahd. bis/ica)/, ags asiicen einenbsp;sekundare Bildung, und der Wurzelauslaut ist auch im Germ,nbsp;urspr�nglich nicht labialisiert, also germ, '^'sih nicht quot;^s/hiv; dannnbsp;w�rden wir 2. Sing. ahd. *sk//, ags. *si(je anzusetzen haben.

'� Wenn ahd. as. tc�i dem got. wileis, lat. veils gleichzusitzen ist, m�chte ich den Schwund des -z der Schwachtouigkeit des Verbs znschreiben; andersnbsp;AValde (Germ. Anslautgesetze, S. 132 f.), der die Gleichung ahd. as. wili = got.nbsp;wileis leugnet; iibrigens ist diese Form wie auch die lateinische ratselhaftnbsp;wegen der Vollstufe des Stammvokals (vgl. Brugmann, Grnndr.^ II, 3, S. 00.nbsp;Sommer, Hdb. der lat. Laut- und Formenlehre, S. 533 f.).

-ocr page 22-

308

.1. Sverdrup.

4. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. j/c/?, ags. tigc: aind. adic^an. �zeigtest�; vgl. adidiratnbsp;Gr.; osk. * diced aus osk. dicust �dixerit� zu folgern.

5. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. litvi, as. far-liwi: aind. ciricati iiberliessest, gr.nbsp;eXiJieq �verliessest�; vgl. arm. eliMi �er verliess� (= gr. �Xins).

6. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. as. stigi, ags. stige: gr. �CTi/ec; stiegst; vgl. aind.nbsp;Pr iis. stighnoti.

7. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. hiti, as. Hdi, ags. hide: gr. �mamp;eq ��berredetest� ;nbsp;vgl. jr�jnamp;�v, �jridgt;�|dr(V; diese Zusamnienstellung ist vielleicht innbsp;semantischer Hinsicht bedenklich, aber doch in�glich.

8. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. seizzi, ags. scite: ahd. dchidati �spaltetest�; vgl.nbsp;achidat AV., acichidafl E.; lat. scidit scidimus.

9. nbsp;nbsp;nbsp;ags. mige (zu migan �mingere�): aind.dwi7/iff(i �niinxisti�;nbsp;vgl. aind. amimihat Gr., amiksat 9^-; gr. �jaixEiv.

10. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. wichi, ags. wihe: aind. dmjaJl �wichst zur�ck, eil-test davon�; vgl. vivijad EV.; gr. o�Yvnpi.

11. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. huti, as. hudi, ags. hude: aind. dhudhafi �erwach-test�; vgl. aind. 3. Plur. M. ahudhran EV., Akt. hudhdnta EV.,nbsp;ah�hudhat V.; gr. �jruamp;�prjv.

12. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. hugi, ags. huge: gr. �cpnyeq ��ohst�; vgl. aind.nbsp;hhujdti biegt.

13. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. rtizzi, ags rute: aind. driidafj. �wehklagtest, wein-test�; vgl. drudat AV., ar�rudat Gr., Priis. ruddti, lat. rudit.

14. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. Uuhi, as. kluhi, ags. clufe: gr. eyXncpec �schnitz-

test, grubst ein�. nbsp;nbsp;nbsp;,

15. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. trugi, as. drugi: aind. druhali V. E, �suchtest zunbsp;schaden�; vgl. druhan V. E., adudruhat Gr.

16. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. as. kuri, ags. cure (ahd. ni kuri �noli�, ni kuritnbsp;�nolite�): aind. djusa/i �erfreutest dich�; vgl. aind. Med. ajusrannbsp;EV., redupl. aj�jusat Gr.

17. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. ar-luti, as. ludi, ags lude: aind. drudhad �wuchsest�,nbsp;gr. fjXnamp;sq �kamst�; vgl. ir. 1. Sing, lod �ich ging�.

18. nbsp;nbsp;nbsp;a,gs. rufe zu r�ofan �zerbrechen� (uur Part. rq/ew,nbsp;belegt): aind. drupad �zerbrachst� ; vgl. arupat Gr., ar�rupat AV. B.nbsp;(vgl. auch alupat Gr. al�lupat E.).

19. nbsp;nbsp;nbsp;ags. luce zu l�can �schliessen�: aind. drujad �zerbrachst�;nbsp;vgl. ar�rujat C., Priis. rujdti V., gr. Xeyi^co �biege�.

Wie grosse Wichtigkeit wir diesen Entsprechungen beimes-sen d�rfen, ist nicht leicht zu sagen. Es muss, wie Brugmann (Grundr.^ II, 3, S. 136) mit Eecht hervorhebt, bedacht werden,nbsp;dass solche Ponnen erst eiirzelsprachlich aufgekommen sein k�nnen.

-ocr page 23-

309

Der Aorist im germanischeii Verbalsystcni.

weil es sich ja um einen produktiven Typiis handelt, so dass deshalb die Ubereinstiinmung init der Form einer anderen Sprachenbsp;durch Zufall entstanden sein kann. Aber die �bereinstiminunfrnbsp;im Bildungsprinzip ist doch sehr wichtig und darf nicht unter-schatzt werden. Auch ist nicht zti vergessen, dass man ja nichtnbsp;�berall genaue etymologische Entsprechungen erwarten k�nnen,nbsp;und dass sich der 6�-Aorist in den Einzelsprachen durch Neu-bildungen auf Kosten der anderen Aoriste gewiss stark vermehrtnbsp;hat (dar�ber von allem Meillet, Sur l�aoriste sigmatique, M�langes Saussure S. 81 ff).

Wenn nun die westgerm. priiteritale 2. Sing. Ind. der 1. und 2. Konjugation auf den thematischen Aorist zur�ckzuf�hren ist,nbsp;muss dasselbe auch mit den entsprechenden Formen der 3. Konjugation der Fall sein. Denn auch diese Formen zeigen sowohlnbsp;die Endung -i aus -es als die f�r den Aorist charakteristischenbsp;Tiefstufe der Wurzel. Einige Beispiele:

Althochdeutsch; kliimhi zu Mimhan �klimmen�; krumphi zu kriwphan �krampfhaft zusammenziehen� ; lumjphi zunbsp;limphan �zukommen�; sunnizu sinnan �streben�; tlrungi zu dringannbsp;�dringen�; divungi zu divingan �zwingen�; g�ungi zu g�lingannbsp;�gelingen�; sungi zu singan �singen�; slungi zu slingan �schlei-chen� ; sprungi zu springan �springen�; sivungi zu stvingannbsp;�schwingen�; sunki zu sinkan �sinken�; stunki zu stinkannbsp;�stinken�; trunki zu trinkan �trinken�; scriinti zu scrintan �bersten� ; sH'unti zu sicintan �schwinden�; slunti zu sh'ntan �ver-schlingen� ; wunti zu lointan �winden�; himti zu hintan �binden� ;nbsp;funti zu findan �linden�;

hulgi zu helgan �erz�rnen�; mulki zu melkan �melken�; gulti zu geltan �geiten, bezahlen�; seidti zu sceltan �schelten�; smulji zunbsp;smeljan �schmelzen�; tidhi zu telban �graben�; sundgi zu swelhannbsp;�verschlingen�; huif zu helfan �helfen�; kurri zu kcrran �knarren� ; scurri zu scerran �lo-atzen�; nmrri zu tverran �verwirren�;nbsp;htirgi zu hergan �bergen�; snmrji zu smer^an �schmerzen�; sturhinbsp;zu stcrhan �sterben�; sivurhi zu swerhan �wischen�; snurfi zunbsp;snerfan �zusammenziehen; tmrti zu icerdafi �werden�; wurfi zunbsp;Kerf an �werf en�.

Altsachsisch: himdi zu hindan �binden�; sivundi zu swindan �schwinden�; tvundi zu tviudan �winden�; sliindi zunbsp;slindan �schlingen� ; drunki zu drinkun �drinken�; sunki zn sinkannbsp;�sinken�; sungi zu singan �singen�; sprungi zu springan �sprin-

-ocr page 24-

310

J. Sverdrup.

gen�; s/cuncji zu sivingan �scliwingen� ; thrungi zu thringan �dringen� ; thicungi zu thwingan �zwingen�; tvrungi zu wringannbsp;�ringen� fnndi zu fithan �finden� ;

hidulbi zu hidelbcin �begraben� ; huigi zu helgan �erz�rnen�; hidpi zu helpan �hellen�; smuUi zu smeltan �schmelzen�; swidti zunbsp;sweltan �ster ben� ; guldi zu geldan �zahlen�; hifulhi (f�r -*fidg/)nbsp;zu hifelhan �befehlen�; shurri zu skerran �kratzen�; icnrri zunbsp;wcrran �verwirren�; sturbi zu fstcrban �sterben�; siviirhi zu siver-ban �abwischen�; hurgi zu hcrgan �bergen�; swurki zu swerkcmnbsp;�dunkeln�; irurdt zu u'er�an �werden�; uu)pi 7m tverpan �werfen: .

Angelsachsisch: bunde zu bindan �binden�; gehmipr zu gelimpan �sich ereignen�; dumbe zu dimbannbsp;nbsp;nbsp;nbsp;\ fimde

zu findan �finden� ; grunde zu grindan �zermabnen; wunde zu windan �winden�; driince zu drincan �trinken�; serunce zu scrin-can �verschrumpfen�; sunce zu sincan �sinken�; stiince zu stincannbsp;riechen; swunce zu sivmcan �sich abm�hen�; slunce zu slincannbsp;�kriechen�; dunge zu dingan �einschrumpfen�; crunge zu cringannbsp;�lallen�; hrunge zu liringan �tonen�; siinge zu singan �singen�;nbsp;sprunge zu springan �springen� ; stnnge zu stingan �stechen� ;nbsp;sivunge zu steingan �schwingen� ; Jjninge zu pringan �dringen� ;nbsp;ivrunge zu wringan �ringen�; punde zu Inyidan �schwellen�; pruntenbsp;zu printan �schwellen�; sunne zu sinnan �denken�; rumpc zunbsp;{h)rimpan �runzeln�;

bulle zu bellan �bellen�; kidpe zu helpan �hellen�; didfe zu delfan �graben�; muite zu meltan �schmelzen� ; swulte zu siveltan �sterben� ; bulge zu be�gan �erz�rnen�; smdge zu mcelgan �verschlingen�;nbsp;guide zu gicldan �zahlen� ; gulpe zu gielpan �prahlen�; mulce zunbsp;meolcan �melken�; mice zu seolean �ersclilallen, trage werden�;nbsp;wurpe zu tceorpan �werlen�; scurfe zu sceorfan �sch�rlen�; slurfenbsp;zu steorfan �sterben�; curfe zu ceorfan �schneiden�; htcurfe zunbsp;hweorfan �sich wenden�; srnurte zu smeortan �schmerzen�;/krfcnbsp;zu feortan �pedere�; burce zu beorcan �bellen�, swurce zu siveorcannbsp;�dunkeln�; burge zu beorgan �bergen�; siourfc zu sweorfan �abwischen� ; scurpe zu sceorpan �kratzen�; wurde zu weordan �werden�;/�///e zu f�olan �verbergen�.

Wie aus den oben erwiihnten Gr�nden nur zu erwarten ist, sind die aussergermanischen Entsprechungen nicht zahlreich.nbsp;Jedoch sind lolgende Zusammenstellungen nicht belanglos:

20. ahd. wurti, as. wurdi, ags. wurde: aind. avrtah �dreh-

-ocr page 25-

311

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

test dich�; vgl. avrtut AV. B. C., Med. uvrtran V. B., redupl. uvivrtat V.; alat. uortit?

21. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. midki, ags. mnlce; aind. amrjafj, �wischtest ab�;nbsp;vgl. 3. Plur. Med. amimrjanta B., Pras. mrjdnti V., aslav. ml�za',nbsp;lat. nmlge�.

22. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. furji, ags. furte: gr. �7ipabE(; (ejipabe Suid.). Nahe-res bei Boisacq, Diet. �tym. nnter :!T�pbojiai.

23. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. smurji', ags. smurte: aind. dmrdafj �zerriebst�; vgl.nbsp;amimrdat E., Pras. mrdnati E., lat. morde� �beisse�; s. Persson,nbsp;Beitrage I, 213 ff., II, 945; Boisacq, Diet. �tym. unternbsp;OgepbaX�oc.

24. nbsp;nbsp;nbsp;as. .mice (nnr ini Part. a.s-oIcei} belegt); aind. dsrjafinbsp;�liessest los�; vgl. asisrjat Gr., 3. Plur. Med. dsnjran BV. (vgl.nbsp;Thumb, Hdb. des Sanskrit, � 134), Pras. srjdti V.

25. nbsp;nbsp;nbsp;ags curfe: gr. ypaepea �schreibe�, mit dem Vokalismusnbsp;des Aorists; vgl. Hirt, Hdb. der griech. Lant- mid Eormenlehre,nbsp;S. 51(5.

2(5. as. ahd. wurri: elisch Fappqv �verbannt werden; vgl. aslav. vricha �dresche�; alat.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;anders Torp bei Pick^ III,

S. 398.

27. nbsp;nbsp;nbsp;westgerm. *Jmrsi odernbsp;nbsp;nbsp;nbsp;(zu got. gapairmn �d�rr

sein, leehzen�): ain. trsafi �d�rstetest�; vgl. trsat AV. B., Prils. tfsyati V. B.; lat. torr�re.

28. nbsp;nbsp;nbsp;as. thunsi, ahd. dmisi (zu thiusan, dinsan �ziehen�):nbsp;aind. diasafi �sch�tteltest�; vgl. aind. dtasat AV. B., Pras. tan-�ati Gr.

29. nbsp;nbsp;nbsp;ahd. hiinti, as. hiindi, ags. hundc: aind. 3. Sing. Opt.nbsp;Aor. hadliy�t Gr.; vgl. Pras hadhndti V. �bindet�.

30. nbsp;nbsp;nbsp;ags. -swunce: aind asvajafj �umarmtest�; vgl. dsasvajatnbsp;BV., Prils, svajate V.

Nun wird freilich gew�hnlich behauptet, dass die westgerm. Ponnen des Typus icurti, midki, hiindi nicht �echte� Aoristfor-men, sondern Analogiebildungen seien, weil ja die Endnng -iznbsp;(ans -es) nach langer Stammsilbe schwinden m�sse. Charakteristischnbsp;f�r diese Betrachtung sind folgende Ausserungen von E. Schrodernbsp;(IP. 39, 225 f.): �Als lautgesetzlieh korrekte Aoristformen k�nnennbsp;zunachst nnr die kurzstammigen mit Schwundstufenvokal ange-sprochen werden, also die Typen: as hitinbsp;nbsp;nbsp;nbsp;hugi {^*lmgiz).

In dem Typus as. hulf i, hniidi haben wir freilich die f�r den Aorist verlangte Schwundstufe, aber die Bewahrung des -i wider-

-ocr page 26-

312

J. Sverdrup.

spricht dem Sieversschen Synkopierungsgesetz, kann also nur aus Analogie der beiden ersten Klassen erklart werden. Die letztenbsp;Gruppe scliliesslich; as. ndmi, gabi; f�ri', s��pi stellt �berhauptnbsp;keine Aoristfonnen dar: es sind sichere Optative; *n�miz, ''-�g�b�z;nbsp;*f�rtz; *s��plz, und ihr Eindringen in das Paradigma wird nnsnbsp;daniit erklart, dass die erste und zweite Gruppe forinell alsnbsp;Optative gedeutet werden konnten, nachdem sich ancli *bitiz,nbsp;*hug?z; *hnlpiz, *bttndiz zu biti, hugi; hidpi, bundi entwickeltnbsp;batten.�

Aber die Ponnen des Typus wurti, mulki, bundi sind nicht Analogiebildungen im eigentlichen Sinne, weil sie ihr auslauten-des -i nie verloren haben. Oder glaubt man denn wirklich, dassnbsp;z. B. bundi zuerst sein u �lautgesetzlich� verloren hat und zu ''^'hundnbsp;geworden ist, und dass dann, spater wohl nachdem, wie es so-sch�n heisst, das Synkopierungsgesetz zu wirken aufgeh�rt hat,nbsp;das -i aus Analogie von hugi usw. an *bund wieder angehangtnbsp;woi�den ist? Es gibt vielleicht noch treuherzige �Junggramma-tiker�, die einen solchen K�hlerglauben an �die Ausnahmslosig-keit der Lautgesetze� haben; er bleibt doch nur ein Aberglaubenbsp;ohne Verstandnis f�r die Porderungen des Systems. Der Schwundnbsp;des -i (aus -iz lt;-es) nach langer Stammsilbe ist eine verhaltnis-massig spate und einzelsprachliche Erscheinung im Germanischen.nbsp;Zu dieser Zeit war aber die Ausbildung des germanischen starkennbsp;Priiteritalsysterns schon langst vollendet, und in einem Teil desnbsp;Germanischen stand schon langst die prateritale 2. Sing, auf -inbsp;und mit Tiefstufenvokalismus als eine integrierende Poi�m desnbsp;Systems. Kein �Lautgesetz� w�rde nunmehr den Schwund desnbsp;-i bei den langstiimmigen Ponnen herbeif�hren k�nnen, weil einnbsp;solcher Schwund dein System mit seinen vielen Ponnen desnbsp;Typus biti, bugi widersprechen w�rde. Deshalb sind die Ponnennbsp;des Typus wurti, mulki, bundi ebenso �korrekte� Aoristfonnennbsp;als biti, bugi, und von zwei �Stadi�n� der Herausbildung kannnbsp;hier keine Rede sein.

Dagegen k�nnen die vestgerniauischen Ponnen der 2. Sing. Prat. der �brigen starken Konjugationen kaum urspr�nglichenbsp;Aoristfonnen sein, nicht weil sie langstiimmig sind, sondern weilnbsp;aussergermanische Entsprechungen sich kaum nachweisen lassen.nbsp;Es sind dies Ponnen wie z. B. folgende:

Klasse IV: ahd. stali, kali, quali, bari, quari, sc.ari, jdri,. nami, jami, quami, brachi, radii, spradii, stachi usw.;

-ocr page 27-

Der Aorist im germanisohen Verbalsyatem.

as. stali, hali, qiiali, dwali, hdri, skari, ndnii, gitdmi, qudmi, hrdki, .sprdki, ivr�ki, pldgi, trdgi, drdpi, usw.;

ags. stSle, hcele, ctoMe, hcere, scamp;re, t�re, n�me, c(iv)�me, hrmce usw.

Klasse V: ahd. gdhi, tvdgi, kndti, trati, wdti, fdzi, mdzi, higdzi, tvdhi, Idri, tvdri, qimti, mhi, hdti, l�gi, sdzi usw. ^nbsp;as. gdM, ivdM, tvdgi, dti, higdti, stdki, knadi, wdri, quadi, samp;wi,nbsp;h�di, Idgi, mti usw.;

ags. viMe, siva�fe, wamp;fe, cn��de, trc�de, Imse, genase, sprmce, icrace, lo�be, drape, civmde, ware, sdwe, gefage, g�afe, g�ate, iade, lage,nbsp;ftate usw.

Klasse VI: ahd. fuori, triiogi, suochi, tviioti, gruobi, skuohi, guoli, miioli, tvuohsi, dwuogi, (zu dwalian) luogi (zu lahan), sltioginbsp;(zu slahtm), wuogi (zu *giwahan), huoii (zu heffen) skuofi (zu skepfen)nbsp;swuori (zu ewerieti) usw.;

as. f�ri, m�li, ep�ni, tv�hsi, iv�ski, gr�bi, sk�M, dr�gi, s�ki, Midi, l�gi, sl�gi, thw�gi, hobi, hl�gi, sk�pi, st�pi, st�di usw.;nbsp;ags. f�re, gr�fe, Mode, wide, �ce, i�ce, s�ce, dr�ge, gn�ge, g�le;nbsp;sl�ge, (zu sl�nn), [m�ge, (zu Ptv�an), fl�ge (zu Jl�an), loge (zu lean),nbsp;w�oxe, sw�re, st�pe, h�fe, sc�ope, sc�ode (zu soeppan) M�ge (zunbsp;hliehhan), st�de usw.

Diese Fornien m�ssen wohl als Neubildungen betrachtet werden; deun auf Zusammenstellungen wie ahd. nidzi: gr. gr^bogai und ahd. sdzi: lit s�du (Brugmann, Grundr.^ II, 3, S. 490) darfnbsp;man kaum so viel Gewicht legen. Aber als Neubildungen lassennbsp;diese Formen sich nun leicht erklaren. Dabei braucht man nichtnbsp;mehr seine Zuflucht zu den Optativfornien zu nebmen, ja es istnbsp;dies, wie oben ausgef�hrt, nicht einmal m�glich. Schon von Hausnbsp;aus hatte also das Westgernianische bei den drei ersten Verbal-klassen eine prateritale 2. Sing., die durch die Endung -i (ausnbsp;-es) und die Yokalstufe des Plurals (und des Optativs) gekenn-zeichnet war. Dann war es nur ganz nat�rlich, ja beinahe selbst-verstandlich, dass diese Bildung auch bei den �brigen Verbal-klassen weitergef�hrt und verallgemeinert wurde, �berall mitnbsp;dem Stammvokalismus des Plurals. So enstanden also Ponnennbsp;wie ahd. stdli, hdri, ndmi, mdzi, fuori usw. zu stdlum, hdrum,nbsp;ndmum, mdzwm, fuorum nach Analogie des Verhaltnisses von giginbsp;zu ;jigum, himti zu huntum usw. Und endlich schlossen sich auchnbsp;Pormen an wie ahd. liiazi, fiangi, as h�ti, fengi, ags. h�te,nbsp;fenge usw.

Die westgei�inanische prateritale 2. Person Sing. Ind. zeigt,

-ocr page 28-

314

J. Sverdrup.

dass der Aorist iin Germanisclien eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat. Es fragt sich dann, ob nicht aueb andere genna-nische Prateritalfornien auf den Aorist zur�ckzuf�hren sind odernbsp;wenigstens mit grosser Wabrscbeinlichkeit sich als urspr�nglichenbsp;Aoristforinen erklaren lassen. Eine eigent�inliche Form ist dienbsp;germanische prateritale 3. Person Plur. Ind. wie got. hitun, hudun,nbsp;waur'pun, hundun usw. Es ist dies eine athematische Bildungnbsp;mit der Endung -ni, und der Endung nach scheint sie kaumnbsp;eine Perfektform zu sein. In den meisten indogerni. Sprachennbsp;ist nainlich die 3. Plur. Perf. Ind. eine r-formantische Bildung.nbsp;Das Arische zeigt hier im Aktiv aind. -ur (-tid), av. -argt;K -w�, imnbsp;Medium aind. -r�, -ir�, av. -re, z. B. Akt. aind. cakrii/i �sie habennbsp;gemacht�, tutud�d, �sie haben gestossen�,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�sie haben gekocht�, dadMlt;ri �sie haben gesetzt�, av.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�sie sind gewesen�

(= aind. Avil/Z), cilc�itdrd^ �sie haben wahrgenommen� (= aind. cikitiifi)', Med. aind. cahrr�, tutudir�, p�cir�, dadlire (und dadhir�),nbsp;av. caxrare (= aind. eakrir�). Im Italischen haben wir die Plu-ralformen auf -�re wie fu�re, dlx�re, nid�re usw., wahrend dernbsp;gew�hnliche Ausgang -ermit (aus -is-ont) auf den sigmatischennbsp;Aorist baut (s. Sommer, Handb. S. 578 ff., Meillet-Vendryes,nbsp;Trait�, � 520). Zu diesen arischen und italischen r-Bildungennbsp;ist weiter mit Meillet (Indogerm. Jahrbuch I, S. 16 und M�moires 18, S. 2) der tocharische Ausgang -are in z. B. wenarenbsp;�d�x�re� zu stellen. Endlich scheint diese r-Bildung auch in dernbsp;irischen 3. Plur. Perf. Ind. Akt. auf -(a)tar erhalten zu sein, z.nbsp;B. ro 'rergatar �sie haben ausgestreckt�, lelgatar �sie haben geleekt�,nbsp;'leblangtar �sie sind gesprungen�, obwohl hier die r-Endung mit einernbsp;w^-Endung verbunden scheint. Im Baltisch-Slavischen linden wirnbsp;nat�rlich keine Spur von dieser r-Formation, weil hier, von aslav.nbsp;v�d� �ich weiss� und von dein Me,s-Partizipiuni abgesehen, das altenbsp;Perfekt v�llig verloren gegangen ist. Auch das Griechische hat keinenbsp;r-Formationen, und hier hnden wir dann in der 3. Plur. Perf. Ponnen,nbsp;die mit der germanisclien Bildung verwandt scheinen. Wahr-scheinlich sind j edoch die griechischen Bildungen keine urspr�ng-lichen Perfektformen. Die Endung -an, -aoi, wie im delph.nbsp;xalleOTdxan �sie haben angeordnet�, hom. XeX�yxaoi �sie habennbsp;erlangt� (�durchs Los erhalten�), ist eine primare Endung -ntinbsp;(aber germ, -nt sekundar!), die eigentlich den reduplizierten odernbsp;langstammigen Prasentia zugeh�rt, z. B. aind. dddhati �sie setzen�,nbsp;tdkmti �sie verfertigen�. Deshalb meint Brugmann (Grundriss^,

-ocr page 29-

315

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

II, 3, S. 627; vgl. Brugmann-Thumb, Griech. Gramm.* S. 401) mit Recht, dass der Ausgang -ari wahrscheinlich aus verlorenennbsp;reduplizierten Prasensformen von der Art des aind. dddhatinbsp;(= gi�. *Tiamp;aTi) ins Perfekt �bertragen worden ist und sicb dortnbsp;unter dein Sch�tz des medialen -arai erhalten bat. Perner beruhtnbsp;die weit verbreitete Perfektendung -avri, -d�i z. B. xexava%Tinbsp;�sie baben gegahnt�,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�sie haben geschrieben�, wie

allgemein anerkannt, auf einer Umbildung von -ari (s. Hirt, Hdb. S. 490, Meillet-Yendryes, Trait�, � 483). �brigens zeigt dasnbsp;Griecbiscbe in der 3. Plur. �berhaupt besonders zablreiche Neu-bildungen. Unter diesen Umstanden d�rfen wir wobl annehmen,nbsp;dass die 3. Plur. Perl. Ind. urspr�nglich durch ein r-Pormansnbsp;charakterisert war,* um so niehr als der ganze Singular eigen-artige Endungen {-u, -tlia, -e) batte, und dass deshalb got. hitmi-usw. der Endung nach keine Perfektform sein kann; vgl. Brug-mann, Grundriss^ II, 3, S. 652.

Die sekundare Endung -nt ist selten ausserhalb des Gernia-nischen. Wir finden sie in gthav. dadat �sie setzten� (vgl. as. dedim) und beiin .9-Aorist gthav. stdi}hat_, aslav. dasq �sie standen�,nbsp;da�e �sie gaben�. Im Griechischen ist sie zwar verscbwunden,nbsp;aber liegt doch vor, durch v erweitert, in sbei^w �sie zeigten�.nbsp;Wobl bekannt ist dagegen die thematische Bildung auf -nt innbsp;der 3. Plur. Ind. Akt. des Imperfekts und des Aorists, z. B. Ini-perfekt aind. dhhciran, gr. scpepov, Aor. aind. dsican^ gr. �Aijiov,nbsp;aslav. jKida (lt; *p�do-)it, Meillet, Einf�hrung, S. 136) �sie helen�,nbsp;7iem �sie trugen�. Der Endung nach scheint also got. hitunnbsp;usw. eine aoristische Bildung zu sein. Und auch was die Vokal-stufe der Wurzel betrilft, kann got. hitun usw. ebenso gut einenbsp;Aoristform als eine Perfektform sein, gleichwie wir dieselbe Tief-stufe der Wurzel bei der westgermanischen Aoristform der 2.nbsp;Sing, gesehen haben. Wir k�nneii dann z. B. folgende fast ge-naue Entsprechungen aufstellen (vgl. oben S. 307 ff.);

got. httun: aind. dbhidan (vgl. den atheinatischen Aorist ved. hh�t �er spaltete�).

got. gataihun: aind. ddii-an.

got. hiJihun : aind. dlipan.

' Dass die r- Formationen verschiedenen Urspriings sind, sich weiter aus-gebreitet haben and bei vielen anderen Verbalformen auftreten, besonders ini Italischen nnd Keltischen, int nichts znr Sacbe. �ber die i' Formationen �berhaupt s. Brugmann, Grnndr.� II, 3. 657 ff., besonders � 603.

-ocr page 30-

316

J. Sverdrup.

got. laikjun: gr. �XiTiov.

got. stigun: gr. �cri/ov.

got. hidun: gr. �7ri9gt;ov.

ags. sciton: aind. ach�lan.

got. budmi: aind. dhudhan.

got. bugun: aind. dbhujmi, gr. etpoyov.

ags. duf on: gr. �yXucpov.

ags. niton: aind. drudan.

as. drugun: aind. ddruhan.

got. ludim: aind. drudhan.

ags. rufon: aind. drupan.

got. waurfun: aind. dvrtan.

ags. furton : gr. �jtpabov.

got. at-punsm: aind. dtasan.

got. gapaursun: aind. trsan.

Bei diesen Bntsprecliungen ist der einzige Unterschied, dass wir im Gerinanischen eine athematische, im Altindischen nndnbsp;Griechischen dagegen eine thematische Bildung haben, wahrendnbsp;der germanische Typus as. bidi, budi wieder thematisch ist. Ichnbsp;glanbe deshalb, dass wir mit einer an Gewissheit grenzendennbsp;Wahrscheinlichkeitfeststellenk�nnen, dass die germanische prateri-tale 3. Plur. Ind. aoristischen Ursprungs ist. Dies hat auch Meilletnbsp;(Einf�hrnng, S. 130, Caract�res, S. 145) angedeutet, jedoch ohnenbsp;naheren Nachweis, nnd er f�gt hinzu : �On ne peut cependantnbsp;rien af firmer a eet �gard.� W enn wir aber �berhaupt durchnbsp;eine vergleichende Betrachtung des vorliegenden Materials irgendnbsp;etwas folgern wollen, dann k�nnen wir m. E. nur zu dem Ergebnisnbsp;gelangen, dass die germ. 3. Plur. Ind. keine Perfektform, sondernnbsp;aller Wahrscheinlichkeit nach aoristischen Ursprungs ist. Auchnbsp;die 1. nnd 2. Plur. Prat., got. hitum, h�up usw., k�nnen wegennbsp;der Endungen ebenso gut dem Aorist als dem Perfekt entsprechen,nbsp;ohne dass sich jedoch hier etwas Sicheres ermitteln lassen.

Das germanische starke Prateritalsystem enthalt nun auch andere Eormen, die sich nur mit M�he und durch unwahr-scheinliche und k�nstliche Erklarungshypothesen als urspr�nglichenbsp;Perfektformen erklaren lassen. Das ist der Pali mit dem eigen-t�mlichen tmd ratselhaften �-Typus in Eormen wie got. h�rmn,nbsp;n�mmi, g�btmi, m�tum usw. Dieser Typus ist herrschend im Dualnbsp;und Plural und im ganzen Optativ des Prilteritums der 4. undnbsp;5. Verbalklasse. Mit seinem � scheint dieser Typus ausserhalb

-ocr page 31-

317

Der Aorist im germanischen Verbalsysteiu.

des Perfektsystems zu stehen, das ja teils durch die o-Abt�nung, teils durch die Tiefstufe charakterisiert ist; und die eifrigennbsp;Bem�hungen, auch die �-Pormen als urspr�nglich tiefstufige Perfekt-formen niit Dehnung der Eeduplikationssilbe wegen des Schwundsnbsp;des Wurzelvokals zu erklaren, scheinen mir ziemlich inisslungen.nbsp;Eine idg. Form wie *sezddm� zur Wurzel *sed halte im Gotischennbsp;*sistum ergeben. Warum heisst es nicht *numum, *lgt;aurum, *stulumnbsp;wie himdum, ivaurpum, hulpum ? Auf die verschiedenen Erklarungs-versuche des �-Typus branche ich doch hier nicht naher einzugehen,nbsp;sondern begn�ge mich, auf folgende Behandlungen der Frage zunbsp;verweisen: R. L o e w e, Das starke Prateritum im Germanischen,nbsp;KZ. 40, 266 ff; Streitberg, Urgermanische Grammatik, S. 81 ff;nbsp;Hirt, Zum lat. Perfektum, IF. 17, 278 ff, Indogerm. Vokalismus,nbsp;S. 43 ff; R. C. Boer, Oergermaansch Handboek, S. 88ff; Brug-mann, Zu den Ablautverhaltnissen der sog. starken Verba desnbsp;Germanischen, IF. 32, 179 ff, Grundriss� II, 3, S. 433 ff. und 489 ff;nbsp;N. van Wijk, Das litauische langvokalische Prateritum, IF. 34,nbsp;367 ff; V. Osten-Sacken, Das lit. langvokalische Prateritumnbsp;in seinem Verhaltnis zum Inf. und Pi�iis., IF. 40, 145 ff.; Collitz,nbsp;Das schwache Prateritum, S. 197 ff.; die �brige Literatur �bernbsp;die Frage s. bei Brugmann, Grundriss ^ II, 3, S. 427 ff'. � Hiernbsp;werde ich dann nur versuchen, den �-Typus im germanischennbsp;starken Prateritum im Zusammenhang mit meiner Auffassungnbsp;des starken Prateritums als ein Mischtempus von Perfektformennbsp;und Aoristformen zu erklaren.

Neben dem �-Typus steht auch ein �-Typus, und, wie Brugmann (IF. 32, 179 ff'.) nachgewiesen hat, kann dieser Typus ebenso urspr�nglich sein als der �-Typus. Der �-Typus tritt nicht nur beinbsp;Wurzeln mit �-Vokalismus' auf: got. sk�f sk�hum zu shahannbsp;(W. *skal)h, lat. scabo �kratze�, gr. cxanxvi �grabe�), an. �h okumnbsp;zu aka (W. *ag, gr. �yco, lat. ago, aind. djati), got. �l �lum zu alannbsp;(lat. al�), ags. w�d tv�don zu wadan (lat. iiad� �schreite�, w�d� �wate�),nbsp;usw., sondern auch bei solchen mit e-Vokalismus:

got. f�r forum, ahd. fmr fuorum, an. far forum usw. zu got. faran usw.: W. *per, gr. Treipco (aus *perj6) �durchbohre�, aslav.nbsp;na-periti �durchbohren�, vgl. got. far jan �fahren, schiff'en�, as.nbsp;ferian, ahd.ferren ags./�r?a� �f�hren, bringen, fahren�; esnbsp;scheint, dass wir im Ags. sowohl em. ferian �ferede (= goi. farjan)nbsp;als ein ferian�ferode (vgl. an. ferjaferja�d) haben.

' Das a kann idg. a, o und 9 sein, vgl. Wilmanns, Deutsche Gramm. Ill, S. 33.

-ocr page 32-

318

J. Sverdrnp.

got. grof gr�hum, ahd. gruoh gruohmn, an. gr�f gr�fum usw. zn got. grahan usw.: W. *ghrel)h, agt;sla,v. greha �schabe, kratze�,nbsp;lett. grehju �li�hle aus�.

got. m�f fn�lum, ahd. muol muoltim, an. m�l m�ltim usw. zu got. malan usw.: W. ''-'mei, aslav. meljq �niahle�; ahd. as. melo, ags.nbsp;melu, meolo, an. mjgl (aus *melwa-) �Mehl�.

got. sl�h sl�hum, ahd. sluoh sluogum, an. .d� sl�gum, usw. zu got. slahan usw.; W. *slelc, ir. .slig�l �fallt, schlagt nieder�, wozunbsp;3. Sing. Prat. 'selaig (aus *'seslaig) �schlug nieder�.

an. g�l g�lum, ahd. guol guoluni usw. zu an. gala ahd. galan usw. : W. *ghel, an. gjaJla, ags. giellan, ahd. gellan �geilen, ert�nen�;nbsp;gr. xeXibc�v �Schwalbe�.

got. si��r .s-iv�rum, ahd. sivuor Hwuorum, an. s(v)�r H(v)�rum, usw. zu got. swaran, ahd. swerien, an. sverja usw.: W. *siwr,nbsp;osk. sverrtmet �deni Sprecher�; vgl. Part. an. sorinn, ahd. gisworan,nbsp;ganz wie an. horinn zu �era, ahd. gihoran zu heran.

an. Ic�l, ags. c�l zu an. kala, ags. ealan �frieren� ; Wz. ''*gel, *gela, lat. gel� �friere�, gelu �Kalte� usw.; vgl. auch ags. c�l, ahd.nbsp;kuoli �k�hl�.

got. w�hs w�hmm, ahd. wtiohs wuohsum, an. �x �xmn, usw. zu got. wahsjan, ahd. wah.mn, an. vaxa usw.; gr. d(F)�5co �vermehre�.

got. wok w�kum. zu wakan: W. *ueg, lat. uege� �bin munter�, uegetm �r�hrig, munter�, uig� �wachsam� ; vgl. an. vakinn.

ahd. giwuog giwuogum (Pras. giwahanen �sagen, sprechen�): W. *He�k, gr. �noc, el. kypr. F�jto;; �Wort�; vgl. aind. Perf. iivdcanbsp;V. �sprach�.

got. gamot �findet Raum�, ahd. mms �habe Gelegenheit, mag�, eine �praterito-prasentische� Form, d. h. ein echtes Perfekt,nbsp;das seine perfektische Bedeutung bewahrt hat, zur Wurzel *mednbsp;in got. mitan, ahd. messan usw., wozu wieder das Prateritum got.nbsp;m�tum usv. ; s. Meringer IF. 18, 211 ff. Collitz, Schwach. Prat. S. 46.

Ini Italischen finden wir den �-Typus bei e-Wurzeln in Formen wie u�m u�nimus (got. q�mum), mli s�dtmus (got. s�tum), l�g�nbsp;J�gimus, fr�gi fr�gimus (got. hr�kum), alat. d�pi (got. hl�fum) usw.,nbsp;umbr. 'pru-sikurent �pronuntiaverint� init i aus (W. *sek1i). Dernbsp;d-Typus findet sich nicht im lateinischen Perfekt; jedoch scheintnbsp;lat. s�p�re �einschlafern� (vgl. aind. svapdyati) auf diesem Typusnbsp;zu beruhen.

Das Keltische zeigt beide Typen, wie das Germanische. Den �-Typus finden wir bei Formen wie ro'ir �er hat gewahrt� zu Pras.

-ocr page 33-

319

Der Aorist im gerraanischen Verbalsystem.

Konj. fu 'mulair �er urteilte� (vgl. got. m�tuni) zii Pras. miditliir, 'fidedar �sie f�hrten� zu Pras. feAid. Daneben steht auch dernbsp;o-Typus: gaid �er bat gebeten� zu Pras. guidid, rdith �er lief� zunbsp;Priis. rethid, taich �er floh� zu Pras. techid usw. (s. Thumeysen,nbsp;Hdb. des Altirischen I, S. 396 ff.).

Das Griechische zeigt den �-Typus z. B. im hoinerischen Plusquamperfekt ctcopro (vgl. lit. vora �Eeihe� init -�-), das einnbsp;Perf. *dcopa zu cteipco �hebe auf� voraussetzt (s. Brugmann, IF. 32.nbsp;S. 184).

Im Baltischen ist der �-Typus sowohl durch lit. Priiterita wie �mia� �ich nahm�, w'�miau �ich erbrach mich�, g�riau �icb trank�nbsp;USW'. als durch -ues'.-us- Partizipia wie �mqs, w�mqs, g�rqs, s�df^snbsp;(zu ��sti �sich setzen�) vertreteii (s. N. van Wijk, Das litauischenbsp;langvokalische Prateritnm IF. 34, S. 367 ff; W. Frhr. v. d. Osten-Sacken, Das litauische langvokalische Prateritum in seinem Ver-haltnis zum Infinitiv und Prasens, IF. 40, S. 145 ff.).

Auch im Arischen fiuden wir oft den langvokalischen Stamm. Aber wegen des lautlichen Zusammenfalls von d d in d imnbsp;Arischen k�nnen wir nicht bestimmt entscheiden, welche Formennbsp;zum �-Typus und welche zum d-Typus geh�ren. Die -iies- Partizipianbsp;haben bisweilen langen Stammvokal, z. B. aind. sahvas- zur Wurzelnbsp;*segh �bewaltigen�, dacvds-, dagivas- �Opfer darbringend�. Den-selben langvokalischen Stamin finden wir auch in Prasensformennbsp;wie aind. sdhati �bewaltigt, ddAi �opfert�, rdsti �herrscht� undnbsp;in Formen des sigmatischen Aorists wie dyanisam �ich reichte,nbsp;dchantsam �ich fand Gefallen�, dtarsani �ich �berschritt�, dchditsamnbsp;�ich schnitt ab�, usw. (s. Meillet, M�langes Saussure, S. 102 f.).nbsp;Weiter erscheint der Dehnstamm in Perfektformen wie aind.nbsp;msdh� und vor allem in der 3. Sing. Ind. Akt. Perf. wie cahdranbsp;�er hat gemacht�, tatdna �er hat gedehnt�, hahhdra �er hat ge-tragen�, uvdr:a �er hat gesprochen� (vgl. ahd. gitvuog); diesernbsp;Dehnstamm im Perfekt gehort aller Wahrscheinlichkeit nachnbsp;zum d-Typus. Endlich findet sich der Dehnstamm auch in dernbsp;3. Sing. Med. Aor. auf -i (Passivaorist) Z. B. aind. vdci, dvaci, sddi,nbsp;dmdi,dkayi,di'dhi (zn'Gn/i- �f�hren�), dgdmi (zu *gain �gehen�) usw.

Diese beiden Typen.der �-Typus und der d-Typus, haben urspr�ng-lich kaum dieselbe Funktion gehabt, mit anderen Worten, sie sind kaum beide perfektisch. Der d-Typus muss zwar perfektischnbsp;sein; das zeigt schon die deni Perfekt eigene o-Abt�nung. Altenbsp;Perfekta sind deshalb Formen wie got. for forum, grof gr�biim.

-ocr page 34-

320

.1. Sverdrup.

m�l m�luni usw. ^ air. gaid, raith, taich^ usw., aind. sasah�, cakdra., sasdda, uvdca usw. Die Formen mit -�- dagegen lassen sich kaumnbsp;als alte Perfektformen erklaren. Zwar ist aind. s�dimd ausnbsp;*sesdimd aus einer reduplizierten sckwundstufigen Perfektform ent-standen, denn das alte musste im Arisclien d geben. Dagegennbsp;das in den italischen, keltischen, germanisclien und litauischennbsp;Formen lasst sick kaum in ahnlicher Weise erklaren. Weil nunnbsp;der alte Aorist im Italischen und Keltischen so bedeutende Spurennbsp;hinterlassen hat, wahrend im Baltischen das Perfekt, von dennbsp;�es-Partizipia abgesehen, v�llig untergegangen und der Aoristnbsp;mit dem alten Imperfekt semantisch zusammengefallen ist, liegtnbsp;es doch am nachsten, den �-Typus, im Gegensatz zu dem per-fektischen �-Typus, als urspr�nglich aoristisch zu erklaren. Aoristi-schen Ursprungs sind dann Formen wie got. h�rum, n�mum, g�bum,nbsp;s�tum usw., lat. mni, s�di, l�gi usw., air. 'ir, 'midair, 'fidedar, lit.nbsp;�miau, iv�miau, geriau usw. Im Vokalismus stimmen diese Formennbsp;zu der 3. Sing, des altindischen Passivaorists, z. B. dsadi: lat.nbsp;s�di, got. s�tum, dgdmi: lat. u�ni, got. q�nium.

F�r das Germanische ist weiter Folgendes zu beachten. Als echte Perfektformen hatten wir got. *numum, *haurtim, *stulumnbsp;erwarten sollen, ganz wie bundum, waurpum, hulpum. Nun findetnbsp;sich wirklich der Typus *numum, und zwar bei den Praterito-prasentia, z. B. munum, skulum, die ja eben alte Perfekta mitnbsp;erhaltener perfektischer Bedeutung sind, und die auch im West-germanischen in der 2. Sing, die alte Perfektform auf 4 bewahrtnbsp;haben. Daraus darf man wohl mit grosser Wahrscheinlichkeitnbsp;schliessen, dass Formen wie n�mum, h�rum, st�lum nicht perfekti-schen Ursprungs sein k�nnen, und dann liegt es am nachsten,nbsp;an den alten Aorist zu denken. Sehr bezeichnend ist weiter dernbsp;Gegensatz von got. gamot gam�tum, ahd. muo2 muozum (�findenbsp;Eaum�, urspr�nglich etwa �habe eine von mir zu leistendenbsp;Abgabe einem zugemessen�) und got. m�tum, ahd. mdzum. Beidenbsp;Formen geh�ren zu derselben Wurzel *med, �messen�; abernbsp;gam�tum ist ja praterito-prasentisch, d. h. ein echtes Perfektum;nbsp;das kann nicht gleichzeitig auch mit m�tum der Fall sein, darinnbsp;steekt vielmehr ein alter Aorist. Meines Erachtens bemerkt des-halb A. Meillet mit vollem Eecht (Dialectes indo-europ�ens,

' Wie diese Verba im Prasens a bekommen und sich .somit der 6. Ablauis-reihe augeschlossen haben, ber�hrt uns nicht hier; die Erkliirung gibt Brug-mann iu seinem Aufsatz IF. 32, 179 ff.

-ocr page 35-

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

S. 107): �II est probable que la voyelle longue des types v. irl. gad et got grof n�a rien a faire avec V� du type got. setiim, latnbsp;s�di: got. qenium, lat. u�tii; v. h. a. hrahhum, lat./'r�97, et desnbsp;pr�t�rits lituaniens tels que �m�, v�r�, etc. Ce qu�enseigne surnbsp;ces formes M. Loewe, K. Z., XL, 289 et suiv., est �videmmentnbsp;erron� (sans parler du skr. s�dimd, qu�on est surpris de voir citernbsp;a c�t� de formes a indo-europ�en). Gommes les pr�t�rito-pr�sentsnbsp;ont Ie Tocalisme z�ro au parfait, ainsi dans got. munun, shulun,nbsp;en regard du degr� des pr�t�rits ordinaires tels que got. qemun,nbsp;herun, ces formes a radical sont tr�s suspectes d��tre d�anciensnbsp;aoristes; nulle part en effet, elles n�ont valeur de parfaits propre-ment dits, et partout elles servent de pr�t�rits; Ie contraste denbsp;got. munun �ils pensent� et de qemun �ils sont venus� seinblenbsp;d�cisif. Et d�s lors lat. u�ni, -l�gi etc. doivent passer aussi pournbsp;�tre issus d�anciens aoristes, de m�me que t. irl. ro 'm�dar�.nbsp;Dieses bat Meilief schon im Jahre 1908 geschrieben. Leider scbeintnbsp;Brugmann weder in seinem Aufsats IE. 32, S. 179 ffc' (1913) noclinbsp;in der zweiten Auflage seines �Grundrisses� (1913) irgend welchenbsp;R�cksicht auf Meillets Aufsatz �Le Parfait� genommen zu haben;nbsp;dieser wichtige Aufsatz findet sich nicht einmal in dem sonstnbsp;so reichhaltigen Literaturverzeichnis des �Grundrisses�.

Wenn nun der �-Typus in Pormen wie got. n�mum, b�rum, �s�tum usw. aoristischen Ursprungs ist, dann k�nnen auch dienbsp;dehnstufigen 2. Sing, des Westgermanischen wie ahd. ndmi, hdri,nbsp;mzi hierher geh�ren, und sie brauchen nicht wie oben S. 313 f.nbsp;�durch Analogie erklart zu werden. Notwendig ist doch diesenbsp;Annahme nicht, und weil aussergermanische Entsprechungen sichnbsp;kaum nachweisen lassen, glaube ich, dass die oben S. 313 f.nbsp;gegebene Erklarung durch Analogie vorzuziehen ist, die ja f�rnbsp;Ponnen wie ahd. fuori, sluogi usw., hiazi, fiangi usw. die einzignbsp;m�gliche ist (vgl. auch Brugmann, Grundriss�� II, 3, S. 123, 135 f.,nbsp;und besonders 490 f.).

Auch unter den westgermanischen und nordischen Praterita, denen im Gotischen reduplizierte Praterita entsprechen, findennbsp;sich, glaube ich, einige alte Aoristformen. Auf die ganze schwierigenbsp;und umstrittene Prage ' nach dem Verhiiltnis der nordischen undnbsp;westgermanischen reduplikationslosen Praterita zu den ent-

' Uie Literatur �ber diese Frage ist jetzt ziemlich gross; es gen�gt jedoch bier, auf Brugmann , IF. 6, 89 ff., Felst, PBB. 32, 447 ff. und Janko, IF. 20, 229 ff-(mit reiclihaltigem Literaturverzeichnis) zu verweisen.

-ocr page 36-

322

J. Sverclrnp.

sprechenden reduplizierteii Praterita iiii Gotischen kami ich hier nicht naher eingehen. Nur m�chte ich betonen, dass init dernbsp;Annahnie von Kontraktion, Eeduplikationsverlust und von ana-logischen Uinbildungen urspr�nglich reduplizierter Foriuen ininbsp;Nordischen und Westgernianischen ni. E. nicht durchzukonimennbsp;ist. A�ich gibt es iinter den Anhiingern der Kontraktionstheorienbsp;(Z. B. Kluge, Noreen, Bethge, Wilnianns, Loewe) kauin zweinbsp;Forscher, die dar�ber einverstanden sind, wie sich die Fornien-reduktionen iin Nordischen und Westgernianischen vollzogen haben.nbsp;Forinen wie abd. hiaz, skiad, liaz, hliaz, hialt, fiang usw. lassennbsp;sich kauin durch Kontraktion erklaren. Wenn wir iui Angelsacb-sischen die anglischen Formen heht, reord, Icolc, ondreord, leortnbsp;neben den westsachsischcn h�t, r�d, l�c, ondr�d, Ut finden, scheintnbsp;es doch ganz unannehmbar, dass diese Nebent'orinen auf dieselbennbsp;reduplizierten Vorfornien zur�ckgehen.

Loewes Kontraktionstheorie (KZ. 40, 316 ft�., Gernianische Sprachwissenschaft � II, 77 ff.) scheint niir zieinlich verfehlt. Ernbsp;operiert init einein �Disshnilationsgesetz�, das sogar �ausnahmslos�nbsp;sein soil: �folgt auf eine aus konsonant e bestehende haupt-tonige anfangssilbe konsonant -[quot; rokal, so schwindet der konsonant an zweiter stelle� (KZ. 40, 319). Aber waruni finden wirnbsp;dann keine Dissimilation bei as. deda, an. rera, und bei Nominanbsp;wie ahd. heliara, ags. tcter, ahd. hihar, hihur (aus *hebar) usw. ?nbsp;Sehr ratselhaft scheint es auch, dass diese Dissimilation nur nachnbsp;dem Vokal e eingetreten sei (vgl. ahd. hahan, huoh�n, iv�wurt,nbsp;gagani, an. gagarr, nsw.). Das heisst nur den Schwierigkeitennbsp;aus dem Wege gehen. Wegen der anglischen Formen heht, leort,nbsp;leoJe, reord, oiidrcord lasst Loewe willk�rlich den dissimilatorischennbsp;Schwund nicht vor einein Konsonanten stattfinden. Dann nimnitnbsp;er an, dass diese Singularformen sich nach den schwundstnfigennbsp;Pluralformen gerichtet batten, indeni er als solehe z. B. *leltun,nbsp;*rerdn)i aufstellt. Aber diese Formen sind ganz wiUk�rlich,nbsp;nirgends belegt und sehr unwahrscheinlich, weil wir sonst keinenbsp;Spur von der schwachen Stammform im Plural der redupliziertennbsp;Praterita finden�; als Pluralformen sollten wir �brigens in der Tatnbsp;''delatun (oder *Jelaitun), *reraduii (oder *reraid;un) erwarten, wodannnbsp;nach Loewe die Dissimilation eintreten niusste. Oder wenn Loewenbsp;selber s�tum �ber '�'se-od-m� aus ^ge-sod-m� entstehen lasst, dann solltenbsp;man seiner eigenen Theorie zufolge eher die Entwicklung '*le-h)d-m�

' Vgl. Brugmanu, Grundri.ss II, 3, S. 481 uud Janko, IF. 20, 268.

-ocr page 37-

323

Der Aorist im germanischeii Verbalsystem.

gt; nbsp;nbsp;nbsp;*le-9(l-m� gt; *J�tum und *ye-r,)(Ui-m�gt; *re-9(lh-m�^ *r��nin, beidenbsp;mit �/ erwarten. Soinit gerat er nur in Widersprnch mit sichnbsp;selbst. In lautlicher Hinsicht scheint weiter die Annahme bedenk-lich, dass sowohl � a als -|- ai nnd � � in � ^ zusammen-gefallen seien, wahrend wir docli einen ganz anderen Ursprungnbsp;des �^ kennen. Wie willkiirlich Loewe �berhaupt verfahrt, zeigtnbsp;nun noch ein Beispiel. Um die verschiedenen Prateritalforniennbsp;des Verbs �lassen� zu erklaren, ninimt er ohne Bedenken sogarnbsp;vier alte Nebenfornien an: *M�ta, *ld�ta, *l�ta, *l�ta; *M�ta innbsp;got. iail�t und niit dissimilatorischein Schwund des zweiten l innbsp;westgerin. *leot (V); *l�l�ta mit derselben Dissimilation in ags. l�t,nbsp;ahd. liaz usw.; *l�ta aus *lel�ta mit haplologischem Schwund dernbsp;Reduplikationssilbe in aschw. l�t, und so auch *I�ta, haplologischnbsp;gek�rzt aus lel�ta, in aschw. lat. Wie ist denn alles doch herrlichnbsp;einfach! Kein Wunder, dass Loewe mit Stolz ausbricht: �Esnbsp;macht auch keine schwierigkeiten, die vokale der nord.-westgerm.nbsp;formen durch kontraktion des reduplikationsvokals und der wurzel-vokale zu erklaren� (KZ. 40, 316).

Man hat behauptet, dass die Reduplikationssilbe bald unbe-tont, bald haupttonig sein k�nnte (s. ISToreen, Geschichte der nordischen Sprachen, � 239 ft'), und danach hat man dann mitnbsp;diesem Wechsel willk�rlich und schematisch operiert, um dienbsp;nordischen und westgermanischen Formen aus den entsprechendennbsp;reduplizierten Praterita herzuleiten ; Z. B. urnord. *hehait^ *lihait

gt; nbsp;nbsp;nbsp;wn. heit,'- aber *h�hait gt; *h�ceit gt; *h��tlgt; *h�it'^yvn. h�t;nbsp;urnord. *feftill gt; *ffall gt;gt; on. fall, aber *h�hal(l gt; *h�alt;gt; h�ltlgt;nbsp;wn. helt (so Noreen). Aber die Annahme eines solchen Akzent-wechsels ist v�llig aus der Luft gegriften. Vor der germanischennbsp;Akzentverschiebung war aller Wahrscheinlichkeit nach die Reduplikationssilbe nieinals haupttonig. Daf�r spricht die altindischenbsp;Betonung^: vavarta, vavrtmd, ravrt�fi (-�r) vavrt�, vavdrtat,nbsp;vavrtyut, vaijtvch-, und dazu stimmen auch die Formen got.nbsp;said�p und an. sem (vgl. saitio), wenn hier die Erweichung desnbsp;Spiranten wirklich auf die vorgermanischen Akzentverhaltnissenbsp;zur�ckgeht; denn eine M�glichkeit ware es auch, dass der stimm-hafte Spirant hier durch Dissimilation entstanden ist. Die grie-

� �ber heit s. jedoch Hesselman, Arkiv 27, 360.

� Hirt (IF. 17, 284 und Indogerm. Vokalismus S. 43) nimmt an, dass in der 3. Plur. des Perfekts (wie des Priisens) der Ton auf der Reduplikationssilbenbsp;lag; wenig �berzeugend.

-ocr page 38-

324

J. Sverdrup.

chische Betonung jLi�gova, X�Ao�^ra beruht auf der Neiguiig im Grie-cbischen, den Akzeiit zur�ckzuziehen. Den Grad der Schwacli-tonigheit der Reduplikationssilbe kennen wir nicht ; vermutlich bat sie doch einen Nebenton getragen in Formen wie vavrtimd,nbsp;WO die Wurzelsilbe sich in Akzentdepression befand. Nach dernbsp;germanischen Akzentverschiebung dagegen lag der Ton immernbsp;auf der Reduplikationssilbe. Das Nebeneinander von got. saisl�pnbsp;und gasaizl�p beweist gar nichts; denn wenn der stimmhaftenbsp;Spirant in gasaizl�p altererbt ist, ^ beruht wohl saisl�p auf demnbsp;Einfluss der Prasensformen; und so auch got. sais� gegen�bernbsp;an. sera. F�r die Aniiahme eines Wechsels von unbetonter undnbsp;haupttoniger Reduplikationssilbe gibt es somit keine Anhalt^.

Wir haben �berhaupt keine Gewahr daf�r, dass die redupli-zierten gotischen und die entsprechenden unreduplizierten west-germanischen und nordischen Praterita urspr�nglich identisch sind, und deshalh d�rfen wir auch nicht ohne weiteres voraus-setzen, dass die reduplizierten Formen im Gotischen die einzigennbsp;und urspr�nglichen Praterita dieser Verba sind. Freilich findennbsp;sich gewiss �herreste reduplizierter Praterita sowohl im West-germanischen als im Altnordisclien. Es sind die anglischen Formennbsp;heht, leort, leolc, reord, ondreord, (zu hata(n), l�ta(n), Idca(n), r�da(n),nbsp;ondr�da(nj) und die altwestnordischen Formen sera, rera, gr era,

* �ber das Verhaltnis got. saisl�p: saizl�p bemerkt Meillet, M�moires 15, 82 f: �On a peine a croire que Wulfila ait �crit trois fois saisl�p saislepun,nbsp;et deux fois les anciens saizlep saizlepun (v. Streitberg, Got. Eb., � 211, p. 136);nbsp;il est plus naturel de supposer qu�il a �crit partout saizlep saizlepun, et quenbsp;ces formes uniques dans leur genre ayant �t� �limin�es dans la langue parl�e,nbsp;les copistes ont parfois introduit les formes qu�ils employaient.j Und in einernbsp;Fussnote f�gt er binzu; �11 est tr�s peu probable qu�il y ai jamais eunbsp;d�alternance tel que saizlep saislepun par exemple; car il ne semble pas quenbsp;Ie parfait indo europ�en pr�sentat, comme Ie pr�sent, Ie ton sur Ie redouble-ment S, certaines formes; Ie Sanscrit prouve peu a eet �gard, paree qu�il n�admetnbsp;en principe d'autre mouvement du ton qu'entre �l�ment pr�d�sinentiel etnbsp;d�sinence; mais Ie grec, o� I on a beb�oSlai bebop�voc; en contraste aveo amp;iamp;oa9-atnbsp;amp;iamp;�pevoc;, vient appuyer Ie t�moignage du Sanskrit (v. M. S. U. XIII, 110 etnbsp;suiv.); got. saizlep saizlepun et v. isl. sera coneordent avec ce qu�enseignent Ienbsp;Sanskrit et Ie grec.� � Streitberg, Got. Eb. � bat in einer Fussnote S. 148nbsp;�ber got. saisl�p: saizlep mitgeteilt: �Nach Sievers ersebeint z bei gew�hnlichemnbsp;Fallton, s dagegen, wenn ausnahmsweise Steigtou eintritt.� � �brigens ist esnbsp;auffallend, dass z nur und alleinberrsebend in den Verbalformen mit ga- auftritt:nbsp;gasaizl�p (.1. 11, 11), gasaizl�pun (K. 15, 6); sonst finden wie nur belegt: saisl�pnbsp;(M. 8, 24), anasaisl�p (L. 8, 23), anasaisl�pun (Tb. 4, 14).

� Vgl. auch Janko, IF, 20, 265 und 268, Fusseote.

-ocr page 39-

325

Der Aorist im germanisclieii Verbalsystem.

snera, gnera (zu sd, r�a, gr�a, smia, gn�a), obwohl es bei diesen letzteren fraglich scheint, ob sie alle ui�spr�iiglich rednpliziertnbsp;waren; das Ostnordiscbe bat bier �berall ein Dentalprateritum.nbsp;Es lasst sicb ferner nicbt leugnen, dass aucb andere westgerin.nbsp;nnd an. Formen auf alte reduplizierte Praterita zur�ckgebennbsp;k�nnen, indem bei dem Wegfall der Reduplikation Lautinecba-nisches, Dissimilation nnd analogische Uinbildnngen zusainmen-gewirkt baben k�nnen, z. B. Ponnen wie an. j�k, jos, hj�, ags.nbsp;h�ow, an. hj� nnd wobl aucb andere Ponnen.

Aber mit dieser Erklarungsweise koinmt man bei allen diesen Verben kaum durcb. Die Annabme liegt deshalb nahe, dassnbsp;aucb nnter diesen Verben einige alte reduplikationslose Perfektanbsp;nnd Aoriste sicb ins Westgermanische nnd iVordische hiniiberge-rettet baben k�nnen. Und wenigstens in einem Falie glaube icb,nbsp;dass wir es aller Wahrscbeinlichkeit nach mit alten Aoristformennbsp;zii tun baben, namlicb bei den Verben, die zwischen Prasens

zeigen. Es sind dies die

und Pr�iteritum die Abstufung ai: �'

Verba germ, aikan, fraisan, haitan, laikan, maitan, skaipan, sivai])an, taisan, plaihan.

Wie Jellinek (PBB. 15, 297 ff.) erst nachgewiesen bat, gebt germ, � ^ in bestimmten Pallen auf idg. �i zur�ck:

Got. h�r �bier�, an. h�r, as. ags. h�r, afries. hir, ahd. hear, hiar; daneben abd. Inr, kir; vgl. got. hina, hita, an. kinig, hinugnbsp;(= got. kina wig)', zinn Pronominalstamm idg. *ki, also h�r ausnbsp;idg. *k�i-r.

Ahd. sk�ri �scharfsicbtig�, sk�ro, skiaro �schnell�; wenn dieses Wort mit got. skeirs �klar, deutlich�, an. skirr, usw. und mit an.nbsp;sk�rr �ungemiscbt, rein, klar� verwandt ist, muss wobl sk�ro aufnbsp;idg. *sk�i-r- zur�ckgeben; an. sk�rr dann vielleicht aus *skiiri- ?

Abd stiega, mhd. stiege, nhd. Stiege, ahd. stiagil �Stufe, Treppe�; dieses Wort muss wobl mit ahd. steiga �steile Pabrstrasse�, got.nbsp;staiga �Steig, Weg�, an. Steig (Ortsname, vielleicht mit dernbsp;Bedeutung �steiler Abhang� oder �steile Pabrstrasse�), ags. stmgernbsp;f. �Treppe�, neben abd. stiga f., an. stigr und stigr m. �Steig,nbsp;Pfad�, ags. stig f. �Pfad�, abd. stig m. �Steig� verwandt sein;nbsp;alle zu got. steigan usw., gr. cJrei'xco �gebe, steige�. P�r abd. stieganbsp;erhalten wir somit eine Grundform idg. *st�igha; vgl. Brugin.,nbsp;Grundr. I S. 205.

Ahd. j�rf, jiari �scb�n, prachtig�, innd. unt�re �hasslich�, abd. ^iari f. �Scbmuch, Zier�, mnd. l�r �Glanz, Ruhin�; daneben

-ocr page 40-

32()

,T. Sverdrup.

an. tin- in., as. ags. tiv in. �Ehre, Rulini�, mid nenisl. t�rr �rein, klar�, nennorw. tc�ra strahlen�. Ahd. ^�ri ist wohl idg. *d�irio-niit derselben Vokalstiife wie iin avestischen 5-Aorist riais �dunbsp;sahst;� isl. t�rr viellicht aus �^(Uirio-?

An. v�r, akd. w�r, wier wohl aus idg. *n�i-s, gegen�ber got. wei-s, aind. vatj-am.

Ahd. wiara f. Golddraht, inhd. wiere; daneben an. vira-virlci �Arbeit aus Metalldraht,� ags. wir �Metalldraht�, und auch ags.nbsp;war �eine Art Seegras�. Das ahd. Wort ist wohl ein idg. *n�ira;nbsp;ags. war hat vielleicht die Stufenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;vgl. lat. vi�re �Hechten�,

aind. vciyati �webt, flicht�.

Mnd. Ic�l in. �enge Meerbucht�, gegen�ber an. kill in. �enge Meerbucht�, und neunorw. keil a f. �kleine Eiiine, Kanal� (vgl.nbsp;ahd. kil �Keil�, neunorw. kilc)', vgl. got. uskeinan �entkeiinen�,nbsp;ahd. kinan, ags. kinan �bersten, sich spalten�; also k�l wohl ausnbsp;germ. *k�ila- (s. �brigens Eeist, Got. W�rterb. unter kcinan).

An. v�l f. �Kuiistgriff, List�, v�la �bestrieken�, gegen�ber ags. ivil^ n. �List, Betrug�; vgl. lit. rylius, List, Betrug, vyli�tinbsp;�betr�gerisch locken�; v�l aus idg. *u�il-.

Ags. m�d f. �Lohn, Bezahlung, Miete�, ahd. m�ta, miata, as. m�da, afries. m�de, mide; daneben got. mizd� f. �Lohn�, ags.nbsp;meord f. (an. Xsy.], und ahd. meida, aofries. meide; Ygl. aind. midhdmnbsp;n. �Kanipfpreis, Wettkampt'�, gr. pioH�q in. �Lohn�. F�r ags.nbsp;m�d erhalten wir somit mit Jellinek eine idg. Grundform *m�izdhd.

Der Volksname afries. Fr�sa (auch Fr�sinne f. Fr�slroid, fr�sisk) ags. Fr�san, ahd. Frieson gegen�ber der Ablautsforninbsp;afries. Frisa, ags. Frlsan, an. Frisir. Dieser Ablaut ist bei dennbsp;V�lkernamen nichts Merkw�rdiges; wir haben z. B. Gaid-: Gut-,nbsp;Greut-: Grut-, usw.. Schon Zeuss (Die Deutschen und die Nach-barstiimme, S. 13(5) hat Fr�se, Fr�san, Frieson und Frisa, Frisan,nbsp;Frisir init afries. fr�se, frase f. �Gefahr� (wozu afries. fr�slik,nbsp;frdslik, frash�d), eiS. fr�sa f. �Gefahr�, ahd./re/,s�a f. �Gefahr�, as.nbsp;fr�s�n �in Gefahr, Versuchung bringen�, 2igs. frdsian �versuchen,nbsp;pr�fen�, ahd. freis�n �in Gefahr sein�, inhd. vreisen �in Gefahrnbsp;bringen�, und weiter mit got. fraisan �versuchen� zusainmen-gestellt. Diese Zusaminenstellung scheint mir noch immer dienbsp;beste, obwohl sie von den ineisten Forschern jetzt abgelehntnbsp;wird. So bemerkt Sch�nfeld (Altgerm. Personen- und V�lker-

' Ags. \iSll ist jedoch eio ziemlicli spates Wort, und es ist deshall) m�glich, dass es zu ags. wiglian �practise sorcery� gehort; vgl. ags. geicilimg �divinatio�.

-ocr page 41-

327

Der Aorist im germanischen Ver1)alsystem.

namen, S. 9(5): nbsp;nbsp;nbsp;� Die zuerst von Zeuss angenoinmene Beziehung

zu got. fraisun usw. scheitei�t an dein Umstand, dass ai in. W. niemals als Ablant zii �' ersclieint�. Aber dieser Einwand istnbsp;gar nicht stichhaltig. Wie die obigen Beispiele zur (Heniige dartun,nbsp;erscheint ai zweifellos als Ablant zu �^. Wenn �brigens � � niit inbsp;ablautet, innss es anch mit ai ablauten k�nnen. In lautlichernbsp;Hinsicht ist die Zusanimenstellung von Zeuss in der sch�nstennbsp;Ordnung. Got. fraisan usw. stelle ich mit S. Bugge (PBB. 24,nbsp;435 f.) und H. Hirt (Idg. Ablaut, S. 121) zu der Basis *per�i innbsp;lat. periculum �Versuch, Probe, Greiahr�,per�tus �erfahren�, usw. ^nbsp;Der Yolksname Fr�na gelit somit auf eine Ablautsstufe '^pr�i-n-zur�ck. Die Bedeutung des Namens war vielleicht �die K�hnen�nbsp;oder �die Erprobten�. Diese Erklarung lindet eine bedeutsamenbsp;St�tze an dem Namen Franhen des Nachbarstammes. Diesernbsp;Name beruht wohl auf einem Adjektiv germ, �^franlca- �mntig,nbsp;unerschrocken� in au. frakkr, und die Bedeutung ist wahrscliein-licli �die Mutigen� oder �die Ereim�tigen� oder �die T�chtigen�.nbsp;Friemn und Franken bilden ein Namenpaar, das gewiss nichtnbsp;nur durch die Alliteration, sondern anch durch die Bedeutungnbsp;zusammengebundeii war. Beide Namen geh�reii der zahlreichennbsp;Gruppe von V�lkernamen, die pers�nliche Epitheta enthalten,nbsp;wie Chanci �die Hohen�, Uhii �die �ppigen� oder �die �ber-m�tigen�, Sugamhri �die Tatkraftigen�, Sciri �die Glanzenden�nbsp;oder �die �lfonkundigen� (s. Much, Reallexikon, IV, S. 430) u. a.m.

' Mehrere Porscher fassen got. fraisan usw. als eine Zusammensetzuug mit Ara- auf. Einige (Hoffmann, I'EPAS, ,S. .S8, Wood, Mod. lang. notes 13, 310,nbsp;Uhlenbeok, PBK. 80, 277) sehen in got. fraisan eine Zusammensetzuug *fra-isan,nbsp;andere (Brugmann, Grnndriss^ I, 925. Wiedemann, BB. 28, 48) ein *fra-aisan;nbsp;und man vergleicht gr. �jiepo^ �Sehnsucht�, aind. icchdti �w�nscht�, usw., odernbsp;an. eisa �vorwarts eilen�, aind. pr�s �Drang�, isat� �eilt�, um nur einige Vermut-ungen zu nennen. Sowohl in lautlicher als iu semantischer Hinsicht scheinennbsp;mir diese Erkliirungen unannehmhar. Wenn got./raisora aus */ra-isan entstandennbsp;wiire, sollten wir doch Pr�t. *fr�s erwarten, ganz wie fraifan (d. h. fra-itan vgl.nbsp;ahd. frezzan) � Prat. fret, aber es heisst faifrais, das eine Ausspraehe fraisannbsp;bezeugt. Eine Zusammensetzung mit einem dem an. eisa entsprechenden Verbnbsp;sollte got. *frais�n geben, und ein �bergang iu die reduplizierte Klasse ist dochnbsp;wenig glaubhatt, Und in senmntischer Hinsicht, wie gelangt man denn vonnbsp;eiuer Bedeutung �w�nschen, sehnen� oder �eilen� zu der Bedeutung �in Gefahrnbsp;bringen (sein)�? Die ursprungliche Bedeutung der germ. W�rter ist zweifellosnbsp;�Gefahr, in Gefahr bringen (sein)�; die biblische (christliche) Verwendnng desnbsp;Wortes /rnisfflM bei Wulfila ist leioht ver.standlioh.

Auf die �brigen Erkliirungen des Namens der Friesen brauche ich hier nicht niiher eiuzugehen; sie siud m. E. alle unannehmbar. Sehr beliebt ist die

-ocr page 42-

328

J. Sverdrup.

Kehren wir nun zu den oben angeiuhrten Verben mit dem Yokalismus ai wie haitan, laikan, maitan usw. zuriick, dann findennbsp;wir, dass sie im Westgermaniscben und im Nordiscben ihrenbsp;Praterita mit � bilden, und dass auch dieses �quot; sich aus idg.nbsp;�i berleiten liisst:

haitan: Priit. an. ags. as. h�t, afries. h�t, hit, ahd. hiaz. Die Etymologie von haitan ist zwar unsicher; sehr ansprechend istnbsp;aber die Erklarung von Brugmann (IF. 6, 89 f, vgl. Wood, Mod.nbsp;lang. notes 16, 310), der haitan mit. lat. ei�re und cire �in Be-wegung setzen,� accio, cito �rufe berbei,� gr. xico �gehe�, xiv�canbsp;�setze in Bewegung, treibe,� xivupai �bewege mich,� usw. ver-bindet (fiir die Bedeutungsentwicklung vgl. gr. x�XXto �bewege�:nbsp;x�Xopai �treibe an, fordere au�, rufe an, rufe bei Namen, nenne�)-Die Wurzel ist *k�i: *k9i: *ki. Bei dem germ. Verb erhaltennbsp;wir somit eine Abstufung Pras. *kai(l�: Prat. *k�id-

ftkaipan, skaidan (got. skaidan, ags. scadan, as. sk�than, afries. ^�k�tha, ahd. sceidan): Prat. ags. need, as. sk�th, ahd. sciad. Ver-wandt sind ahd. scid�n �scheiden� und sc.it �Scheit�. Ausser demnbsp;Germanischen sind verwandt ir. sciath �Schulterblatt, Schwinge,�nbsp;und ferner (mit verschiedenem Dental) aind. ch�dah �Schnitt�, gr.

�spalte,� lett. skaidit �verdiinnen,� skaida �Span,� usw. Abstufung beim gerni. Verb: Pras. *s]clt;gt;it�: Prat. *sk�it- (oder *skhlt;gt;it�: *skh�it-). Die Grundwurzel istidg. '*sk(h)�i, die wir oben S. 325 in ahd.nbsp;sk�ri usw. gefunden haben; es ist doch dann das Wahrscheinlichste,nbsp;dass die beiden in sk�ri und in as. sk�th denselben Ursprungnbsp;haben, namlich idg. �i.

laikan: Priit. an. l�k, ags. l�c (daneben angl. leoh). Verwandt sind aind. r�jati �macht h�pfen,� lit. laigyti �wild uniherlaufen,�nbsp;air. l�eg �Kalb� (aus kelt. *loigo- �H�pfer� (?)), gr. �XeXiXco (Aor.

Deutung des Namens als �die Kraushaarigen�, indem man ein germ. .\dj. *frisia-, woraus franz. friser stammen soil, zu Grunde legt und weiter afries.nbsp;frisle, fresle i. �Haar, Haarlockegt; (fr�sle fr�sle und ags. fris (?) bei Holthausen,nbsp;Afries. Wb., S. 32) vergleicht. Ich flude diese Deutung k�nstlicb und schwach,.nbsp;nicht uur weil ein germ. Adj. frisia- nirgends belegt ist, sondern auoh weilnbsp;weitere etym. Ankn�pfungen, welche die Annahme eines germ. Adj. *fr�8ia-rechtfertigen k�nnten, sich weder unter den germ, noch unter den aussergerm.nbsp;Sprachen naehweisen lassen. �berhaupt ist es fraglich, ob ein germ. Volks-stamm je nach der Haartraeht genannt worden sei. Denn die Deutung des Namens der Langobarden als die �I.angbiirte� scheint mir sehr zweifelhaft; soilnbsp;danu vielleicht der Name Seadobeardan die �Kampfbiirte� bedenten? Dernbsp;Name Hasdingi, an. Haddingjar ist kein Volksname, sondern ein Dynastiename.

-ocr page 43-

329

Der Aorist im germanischen Verbalsystem.

�X�Xi^a) �mache erzittern, schwinge.� Abstufung beim germ. Verb: Priis. *l3ig�: Prat. *l�ig-.

maitan: Prat. ahd. miaz, mhd. miez. Mit s im Anlaut sind verwandt got. aiza-smipa m. �Schmied,� an. smi�r, usw., ahd.nbsp;smida f. �Metall,� usw., gr. 0|riXr( �Schnitzmesser� (Wz. *sm�i:nbsp;*sm3i: *snii �hauen, schnitzen�). Abstufung beim germ. Verb:nbsp;Priis. *m3id�: Prat. *m�id-.

taisan (ahd. zeisan �zupfen�): Priit. ahd. zias, mhd. zies. Verwandt sind ags. tman �zerp f Kicken,� mnd. t�sen �zupfen,nbsp;kratzen,� ags. teoswian �plagen,� ahd. zeimla �Distel,� norw. tlslnbsp;�Gestraueh,� usw.; ferner ohne �s-Determinativ� aind. dayat�nbsp;�zerteilt,� gr. baiouai �teile�. Abstufung beim germ. Verb: Priis.nbsp;*digt;is�: Priit. *d�is-.

Bei den �brigen vier Verben dieser Gruppe ist die etymologische Erklarung sehr unsicher (�ber fraisan s. doch S. 32(5 f.). Auch sind bei ihnen, ausser for-sw�p �fegte hinweg� (vgl wn.nbsp;sveip, ags. siv�op) keine Priiteritalformen mit belegt.

Wie sind nun die germanischen Praterita mit � ^ aus �i gegen�ber Prasentia mit ai aus oi zu beurteilen. An urspr�ng-lich reduplikationslose Perfekta ist kaum zu denken. Dagegennbsp;liegt es nahe, den Ablautwechsel ai (lt;i9i):nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;(lt;C �i) bei den

germanischen Verben mit dem Wechsel a (lt;Z s): � bei dem lateinischen Typus faci�: f�cl, iaci�: i�c�, usw. zu vergleichen.nbsp;Wir haben hier im Lateinischen wie im Germanischen genau dieselbenbsp;Abstufung a: �, nur dass im Germanischen a: � vor i steht. Nun zeigtnbsp;aber die evidente Zusaminenstellung you f�cl mit gr. �hpxa, dass dernbsp;Typus/�w zweifellos aoristischer Herkunft ist. Wir k�nnen dannnbsp;nicht umhin, anzunehmen, dass die germanischen Praterita mit �^nbsp;gegen�ber Prasentia mit ai auf alte Aoriste zur�ckgehen. Diesenbsp;Annahme findet auch eine gewisse St�tze an den dehnstuhgennbsp;,s'-Aoristen im Altindischen, obgleich das Germanische keine Spurnbsp;von dem sigmatischen Aorist aufweist; so linden sich s-Aoristenbsp;mit �i wie aind. dcaisam �ich sammelte,� draiksam �ich �berliess�nbsp;(3. Sing draik), dnaiicsam �ich wusch,� usw.; mit aind. d-chaitsamnbsp;lt;ich schnitt ab� lasst sich hinsichtlich des Vokalismus direktnbsp;ags. sc�d, as. sk�th, ahd. nciad vergleichen.

Die Prage nach der Erhaltung von Aoristformen im germanischen Verbalsystem ist nie ausf�hrlich und eingehend behandelt worden. Der Grund ist wohl eben, dass, wie oben bemerkt, dienbsp;Aul�assung, dass das starke germanische Prateritum ausschliesslich

-ocr page 44- -ocr page 45-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM

I. Kritische Einleitung.

Die Frage nach dem Ursprung des germanischen Dentalprateritums oder �schvvachenquot; Prateritums, wie es gew�hnlich nach Grimmnbsp;genannt wird, gehort gewih zu den schwierigsten, aber auch zu dennbsp;interessantesten Fragen der germanischen Sprachwissenschaft. Mehrnbsp;als 200 Jahre haben sich nun die Forscher mit diesem Problemnbsp;beschaftigt, ohne dah eine v�llig befriedigende und evidente L�sungnbsp;erreicht worden ist, weder durch Collitz� grofees Werk 1912 nochnbsp;durch von Friesens Behandlung der Frage 1925. Die Literatur �bernbsp;das Dentalprateritum, die jetzt zu einer ansehnlichen Gr�fae erwachsennbsp;ist, bildet ein wichtiges Kapitel aus der Geschichte der germ. Sprachwissenschaft, weil es ein interessantes Bild der wechselnden sprach-wissenschaftlichen Grundanschauungen der Forscher verschiedenernbsp;Zeiten bietet.

lm wesentlichen stehen noch zwei Deutungen des germ. Dentalprateritums gegeneinander. Die eine will das Dentalprateritum binnen deni Germanischen aus einer periphrastischen Konstruktion herausnbsp;erklaren, als durch Zusammensetzung mit Formen des Verbums ent-standen, das im deutschen vorliegt. Die andere sucht Ankn�pfungnbsp;an das indogermanische Formensystem, indem sie teils auf das ifo-Partizipium baut, teils das Dentalpraterium aus idg. Verbalformennbsp;herleitet. Ubrigens herrscht aber die sch�nste Uneinigkeit unter dennbsp;Forschern.

Der Urheber der Zusammensetzungstheorie scheint Diederich von Stade zu sein, der in seiner Otfridgrammatik von 1710 in der Silbenbsp;-te von /o�r/e Otfrids �deda et tetaquot; erkennt; und nach ihm ist dannnbsp;diese Theorie in verschiedenen Formen weiter ausgebaut worden von

-ocr page 46-

6 JAKOB SVERDRUP

mehreren Forschern wie Bopp, Grimm, Scherer und anderen, und neulich von Otto von Friesen. Auf der anderen Seite steht wohl alsnbsp;einer der ersten Rask, der im to-Partizipium den Ausgangspunkt desnbsp;Dentalprateritums sieht (auch Bopp legt doch teilweise das /o-Partizi-pium zugrunde); er ist somit der Vorlaufer anderer Forscher, wienbsp;Begemann, Windisch und Flerman M�ller. Fine Deutung mit An-kn�pfung an das idg. Verbalsystem ist endlich von Forschern wienbsp;Behaghel, Wackernagel, Collitz und zuletzt Brugmann geltend gemachtnbsp;worden. Sonst brauche ich nicbt hier auf die altere Geschichte dernbsp;Erforschung des germ. Dentalprateritums naher einzugehen, weil schonnbsp;Collitz in seinem Werke fiber �Das schwache Prateritum und seinenbsp;Vorgeschichte� eine vortreffliche historisch-kritische Ubersicht �ber dienbsp;altere Forschung geliefert hat, obwohl seine Kritik mir nicht immernbsp;ganz unparteiisch scheint, weil er ilberall die friiheren Arbeiten autnbsp;diesem Gebiete im Lichte seiner eigenen Erklarung betrachtet, welche ihmnbsp;das entscheidende Wort in dieser Frage zu sein scheint. Nur mochtenbsp;ich bemerken, dafe unter den verschiedenen Erklarungen, welche vonnbsp;der Zusammensetzungstheorie Abstand nehmen, mir immer noch Bege-manns friiher so verp�nte Deutung diejenige scheint, die mit demnbsp;germanischen System am besten im Einklang steht. Und doch mufstenbsp;seine Deutungsversuch scheitern, weil er zu keiner befriedigenden Erklarung der Flexionsformen des Dentalprateritums fiihren konnte.nbsp;Dagegen scheint es nicht unangemessen, die von Collitz gegebenenbsp;Ubersicht fiber die altere Forschung hier weiterz�uf�hren durch einenbsp;kritische Er�rterung der spateren neuen Erklarungsversuche von Collitznbsp;selbst bis zu v. Friesen. Denn dadurch gelingt es vielleicht, zu wei-teren Ergebnissen in dieser schwierigen Frage zu gelangen, wennnbsp;diese Ergebnisse auch nicht in dieselbe Richtung gehen mochtennbsp;wie diejenigen, die Collitz seiner Ansicht nach gewonnen hat.

Schon im Jahre 1888 hat Collitz das germanische Dentalprateritum behandelt (Amer. Journal of Philology 9, S. 42 ff.; BB 17, S. 227 fi'.);nbsp;seine Hauptarbeit ist aber, wie oben erwahnt, �Das schwache Prateritum und seine Vorgeschichtequot; (Hesperia I, 1912)�. Collitz sucht

^ Ich verweise hier auf die ausf�hrlichere Besprechung dieser Arbeit in den Indo* germ. Forschungen 35, Anzeiger, S. 5 ff.

-ocr page 47-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM

2uerst den Nachweis zu f�hren, dafe der Dental des Prateritums �berall mit dein des /o-Partizipiums und der zugeh�rigen ti-, *lt;-Abstraktanbsp;�bereinstimmt. Was die /o-Partizipia betrifift, ist dieser Nachweis innbsp;�berzeugender Weise gef�hrt worden. Doch liegt darin eigentlichnbsp;nichts Neues; haben ja auch viele Forscher vor ihm diese �berein-stinimung gesehen und betont. Mit der �bereinstimmung mit den ti-Abstrakta scheint es mir doch nicht so sicher zu stehen. So stimmtnbsp;ahd. sculd nicht zu scolta, an. gfimd nicht zu unna (s. IF 35, Anz. S. 12).nbsp;Jedoch ist es wohl eine berechtigte Annahme, dafe die ti-, ^�-Abstraktanbsp;mit den Dentalpraterita nahe assoziiert waren und diese wohl auchnbsp;beeinflufst haben. Aus dieser �bereinstimmung im Dental mit demnbsp;/o-Partizipium und den ti-, i!�-Abstrakta will nun Collitz den Schluftnbsp;ziehen, dafe die beiden Dentale urspr�nglich identisch seien; auch dasnbsp;Dentalprateritum habe idg. t. Aber schon hier verbirgt sich einenbsp;bedenkliche Schwache seiner ganzen Theorie �ber die Entstehungnbsp;des germ. Dentalprateritums. Denn es ist ihm gar nicht gelungen,nbsp;den Beweis f�r diese Behauptung beizubringen. Wegen diesernbsp;�bereinstimmung mufs doch nicht der Dental des Prateritums einnbsp;idg. t sein. In der Tat ist diese �bereinstimmung nur etwas, wasnbsp;man erwarten mufs wegen des im Germanischen stark hervortretendennbsp;Systemzwanges. Dagegen ist es auffallend und von nicht geringemnbsp;Belang, dafs Collitz selber, eben durch seine scharfe und �berzeugendenbsp;Betonung des Zusammenhanges mit dem /o-Partizipium, die Annahme,nbsp;die er selber bekampft, nur gestarkt hat, dafe das /�-Partizipium dasnbsp;Dentalprateritum analogisch habe beeinflussen k�nnen.

Weiter legt nun Collitz darauf besonders Gewicht, dafs die Endungen der i. und 3. Sing. Ind. des Dentalprateritums genau zunbsp;den Endungen der i. und 3. Sing, des gotischen Passivs stimmen:nbsp;got. nasida deckt sich der Endung nach mit nasjada. Diese �bereinstimmung scheint ihm nicht zufallig zu sein: das Dentalprateritum istnbsp;daher eine Zeitform mit aktiver Bedeutung, aber mit Passivendungen,nbsp;und kann somit nur eine alte Medialform sein. �nd dann liegt esnbsp;am nachsten, in dieser Form ein altes mediales Perfekt zu suchen.nbsp;Diese Perfektform findet er dann wieder in der griechischen 3. Sing.nbsp;Perf. Med. auf -tai\ /dkvrat. Mit dem griech. kekvrai neben kvezai ver-

-ocr page 48-

8 JAKOB SVERDRUP

gleicht er got. nasida neben nasjada. Die Endung -tai der 3. Sing. Perf. Med. im Griechischen soil somit der Ausgangspunkt des ganzennbsp;germanischen Dentalprateritums sein, nur abgesehen von got. iddjanbsp;und westgerm. deda. Nun beruht aber die griechische Endung -tai innbsp;der 3. Sing. Perf. Med. h�chstwahrscheinlich auf einer Neubildung;nbsp;das Altindische hat hier -ai: dadh�, tutud�, gegen�ber ast�, bharat�nbsp;im Prasens. Die Sache ist namlich, dafii -tai urspr�nglich bei dennbsp;thematischen Stammen Verwendung fand, -ai dagegen bei den athema-tischen. Im Prasens hat -tai dann -ai im Griechischen v�llig verdrangt.nbsp;Auch im Altindischen dringt -tai hier auf das Gebiet des -ai ein; aufnbsp;der anderen Seite ist im Arischen -ai schon fr�h auf das Gebiet desnbsp;-tai eingedrungen, also bei den thematischen Prasensstammen. Imnbsp;medialen Perfekt haben wir es dagegen nur mit einem athematischennbsp;Stamme zu tun. Hier ist deshalb -ai alleinherrschend im Altindischen,nbsp;von vereinzelten unsicheren Formen abgesehen. lm Griechischennbsp;aber ist auch hier -ai von -tai v�llig verdrangt worden; es heifetnbsp;X�lvxai gleich wie Xverai. Daher mufa wohl -tai in der 3. Sing, desnbsp;griech. Perf Med. eine Neuerung sein; und Collitz selber findet ja dienbsp;urspr�ngliche Endung -ai bei iddja und deda. Wenn er also das griech.nbsp;X�Xvxm neben Xvexai mit dem got. nasida neben nasjada vergleicht, mufsnbsp;er annehmen, dafs auch im Germanischen dieselbe Neuerung, vom Griechischen unabhangig, stattgefunden habef Und dann sei das Ger-manische in der Umbildung noch weiter geschritten: die Endung -tainbsp;sei auch auf die i. Sing, �bertragen worden wie im Mediopassiv, undnbsp;endlich habe die ganze Bildung Aktivbedeutung angenommen. Dies

Seit dem Erscheinen des Werkes von Collitz sind neue Ansichten Ober das gotische Passivum geltend gemacht worden. So nimmt Brugmann in einemnbsp;Aufsatz �Das gotische -fTf/a-Passivumquot; (IF 39, S. 26 ff.) an, dafi die gotischennbsp;Ausgange -da^ -nda {-dau, �ndau d. i. -da, -nda vermehrt um die Partikel ii)nbsp;urspr�nglich nur dem konjunktivisch-imperativischen Gebiet angeh�rt haben undnbsp;mit den ai. Ausgangen -tam^ -niamp;m (es handelt sich um die ai. mediopassivischennbsp;Imperativformen wie bhdraiam^ hhdrantdni) identisch sind. Diese Annahmenbsp;kommt mir, wie auch Streitberg (Got. Elementarbuch�, S. 67), wenig wahrschein*nbsp;lich vor. Jedoch mufs wohl Brugmann zugegeben werden, da� vonseiten dernbsp;Lautlehre kaum eine gesicherte Unterlage f�r die Identifizierung der got. Ausgange -sa, 'da, 'Yida mit griech. fojat, -rat, -riat gegeben ist (vgl. auch Grundrifs^nbsp;II, 3, S. 644). Damit hangt vielleicht zusammen folgende Aufierung von Meillet

-ocr page 49-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM

alles zeigt, wie aufterordentlich schwach und unwahrscheinlich selbst der Ausgangspunkt seiner ganzen Theorie ist. Und wenn man nunnbsp;auch Collitz vieles zugeben k�nnte, dann ist und bleibt es doch einnbsp;Ratsel, wie die Endung -tni, die doch im Germanischen als passivenbsp;Prasensendung erhalten ist, dazu gekommen ist, auch ein aktives Pra-teritum zu bilden. Ich kann nicht finden, da� Collitz hier Ober dasnbsp;blofee Postulat hinausgekommen ist.

Was die Flexionsformen des Dentalprateritums betrifft, hebt Collitz mit Recht hervor, dafe im Dual und Plural des Indikativs undnbsp;im ganzen Optativ die Endungen des Dentalprateritums zu denennbsp;des starken Prateritums stimmen. Hier hat daher wahrscheinlich An-lehnung an das starke Prateritum stattgefunden. Dagegen seine Er-klarung der Singularformen scheint mir ganz verfehlt. Obgleich alsonbsp;auch seine Deutung der i. und 3. Sing, mir unannehmbar ist (s. IFnbsp;35, Anz. S. 12 ff.), branche ich doch hier nur auf seine Erklarung dernbsp;2. Sing, naher einzugehen, weil eben diese Form einen Eckstein innbsp;seinem ganzen Erklarungssystem bildet. Diese Form sucht Collitz aufnbsp;eine sehr eigent�mliche Weise zu erklaren. Er weist zunSchst daraufnbsp;hin, dafe das im westgerm. *did�s und got. *iddj�s zu dem der 2.nbsp;Plur. westgerm. *d�dujgt; (= ahd. tahii) und got. iddj�ditj) stimmt. Ebensonbsp;stimmt hausid�s zu hausid�ditj), kunp�s zu kunjy�dum usw. Darausnbsp;will nun Collitz den Schlufs ziehen, dafe auch die 2. Sing, urspr�nglichnbsp;das �Mittelst�ckquot; -�d- gehabt hat. Zu diesem �Mittelst�ckquot; soil dannnbsp;die Endung der 2. Sirig. des starken Prateritums, die im Gotischen -tnbsp;lautet (namt, wast usw.), gef�gt worden sein. Als 2. Sing, zu *d�dujgt;

(Bulletin 23, S. 68), obgleich er nicht auf Brugmanns Aufsatz hinweist: �En gotique, Ie type passif bairaza^ bairada^ bairarida ne saurait reposer sur desnbsp;formes en *-ai, ni sur des formes en *-o. L�-a final suppose une ancienne voyellenbsp;longue. Et rien n�emp�che de partir denbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*-t�, *�nt�. Or, Talternance de

breve et de longue est fr�quente en fin de mot; a la personne du pluriel active, Ie v�dique a a la fois -ma et -wrf; Ie lituanien a -m�-s^ en face de sLnbsp;�me de plusieurs dialectes. Les formes du pr�sent, got. hairaza^ etc., reposentnbsp;done sur des desinences du type secondaire, tout comme lat. sequere, sequitur,nbsp;sequontur'. Es scheint mir fraglich, ob man einen solchen Wechsel zwischennbsp;kurzen und langen Endvokalen auch f�r das Germanische annehmen darf. Undnbsp;ein Beweis gegen die Annahme von got. aus -ai ist doch nicht beigebrachtnbsp;worden. Aber bei solcher Sachlage wird nun Collitz� Theorie nicht eben gestarkt.

-ocr page 50-

lO JAKOB SVERDRUP

w�rde sich also zunachst ein *di-d�d t, zu nasid�duf� ein *nasi-d�d t ergeben. Da aber Dental t im Germanischen nach langein Vokal zunbsp;s wird, so mufs aus *di-ded t lautgesetzlich *did�s, aus *nasi-d�d -r tnbsp;ebenso nasides entstehen. Hier baut sich ja alles sch�n auf! Wirnbsp;kommen durch diese iiberraschende Kombination zu den tatsachlichnbsp;vorliegenden Formen. Nun ist aber nach Johansson (KZ 30, S. 547 ff.)nbsp;und Collitz das �Mittelst�ckquot; -�d- mit den altindischen Dualformennbsp;des Perfekts auf -atli� (2. Du. Perf. Med.) und -ate (3. Du. Perf. Med.)nbsp;zu vergleichen. Dann versteht man doch nicht, wie eine Dualformnbsp;in den Singular hat eindringen k�nnen; und warum nur in die 2. Sing,nbsp;und nicht in den ganzen Singular wie nach Collitz in den ganzennbsp;Plural und in den ganzen Optativ. �berhaupt ist die ganze Erklarungnbsp;der 2. Sing, zu spekulativ und. k�nstlich, als da� man ihr Glaubennbsp;schenken k�nnte. Wenn es nur darauf ankommt, gewandt mit Laut-gesetz und Analogie zu operieren, dann lafit sich fast alles erklaren.nbsp;Aber derartige Spekulationen scheinen mir wenig Wert zu haben,nbsp;wie geistreich sie auch sein mogen.

Und wie verhalt es sich nun eigentlich mit diesem eigent�mlichen �Mittelst�ckquot; -�d-l Wir m�ssen uns damit noch ein wenig weiternbsp;beschaftigen. Wie oben erwahnt, sollen wir es nach Johansson undnbsp;Collitz bei den altindischen Formen auf -ath� und -ate wiederfinden.nbsp;Es heifat 2. Du. Perf Med. cakrathe, dadhath�, 3. Du. Perf Med. cakrat�,nbsp;dadhati. Diese Medialformen, die sich bei den athematischen Stammennbsp;finden, kennen wir �berhaupt nicht aufaerhalb des Arischen. Ob sienbsp;auch urspr�nglich indogermanisch sind, bleibt deshalb wenigstensnbsp;zweifelhaft. Jedenfalls k�nnen wohl nur die Elemente -the aus -thatnbsp;und -t� aus -tai auf irgendwelche Urspr�nglichkeit Anspruch machen'.

Wenn man daher das ai. �Mittelst�ckquot; -ath- oder dem �Mittelst�ckquot; -�d- der gotischen Dual-, Plural- und Optativformen gleich-setzen will, dann bleibt doch dies bei dieser Sachlage nur eine �ber-k�hne Behauptung, die jede Wahrscheinlichkeit entbehrt. Und welche

tlbrigens genilgt es, auf Krugmann, Grundrifs^ II, 3, 2 � 601 zu vervveisen, wo die verschiedenen arischen Medialformen der 2. und 3. Person des Duals behandelt sind. Und es ist zu beachten, daamp; die Formen auf -S/Zv und -ate dochnbsp;nicht die einzigen Formen der 2. und 3. Du. Med. sind. Bei den thematischen

I

-ocr page 51-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM I I

sonderbare Form wird nun das got. nasid�dwn! Das erste d soil hier auf die Medialendung -tai der 3. Sing, zur�ckgehen, dann sei dasnbsp;�Mittelst�ckquot; -�d- zugef�gt worden, und schliefilich sei -uin aus dernbsp;starken Verbalflexion �bernommen worden!

Dann geht Coilitz noch weiter als Johansson; er meint, daft das �Mittelst�ck� -�d- auch im Westgermanischen und Nordischen ur-spr�nglich verhanden gewesen sei. Zu dieser Annahnie ist er eigentlichnbsp;gezwungen; denn er hat ja nicht nur westgenn. d�dum aus *d-�d-uninbsp;(wo also nur das erste d- die Wurzelsilbe reprasentiert!) und ags.nbsp;�odtm aus *tj�dwii, sondern auch die 2. Sing. (got. -�s, ags. -es, an. -er)nbsp;aus ��d-\-t erklaren wollen. Durch Haplologie oder �Formk�rzungquot;nbsp;sei dann die Silbe -�d- im Westgermanischen und Nordischen wiedernbsp;verloren gegangen. Jetzt ist aber Coilitz (IF 34, 209 ff.) geneigt,nbsp;die Haplologie-Theorie aufzugeben und sich naher an Johansson zunbsp;schliefsen. Die westgermanischen und nordischen Plural- und Optativ-formen sollen also �berhaupt nie das �Mittelst�ckquot; -�d- gehabt haben.nbsp;Aber dabei scheirit er mir zu vergessen, dafe dieser R�ckzug ihmnbsp;nicht mehr offen steht, ohne da6 er auch seine Erkl�rung der 2. Sing,nbsp;aufgibt. Wenigstens kann er sich dann nur noch auf seine Erkl�rungnbsp;von d�dum und �odim st�tzen.

Das Ergebnis der obigen Ausf�hrungen bleibt nun, dafe Coilitz� Erkl�rung des germ. Dentalprateritums in der Hauptsache als verfehltnbsp;bezeichnet werden mufs, erstens weil der Ausgangspunkt selbst garnbsp;zu schwach und unsicher und unnat�rlich ist, und zweitens weil es ihmnbsp;nicht gelungen ist, eine plausible Erklarung der wichtigen Singular-formen zu geben. Jedoch hat Coilitz gewila seine Anhanger gefunden;nbsp;denn er hat seine Lehre mit bewundernsvverter Konsequenz durch-gef�hrt. Sie ist ein Meisterst�ck der Kombinationskunst � auf demnbsp;Papier! Es wundert mich deshalb nicht, dafs Jespersen noch so spatnbsp;wie im Jahre 1923 (Language S. 381) ohne weiteres erklart: �Nownbsp;we have Collitz�s comprehensive book Das schwache Prateritum, 1912,

Stammen finden wir ai. -�th�'^ -�t�, z. B. Ind. Pras. bdr�fh�, bdr�t� gegen�ber brtivathe, brnvdt�. Dies macht m. E. den Vergleich mit den ai. Medialformen desnbsp;Duals noch unsicherer. Ich hitte auch die Betonung der ai. Formen aufnbsp;'dt� zu beachten.

-ocr page 52-

12 JAKOB SVERDRUP

in which the formative consonant is shown to have been Ar3�an � Und doch mufs ich gestehen, daft ich bei alien diesen seltsamennbsp;Kombinationen von Collitz, wie geistreich sie auch sein mogen, michnbsp;des Gef�hls nicht erwehren kann, dafe eine derartige Sprachwissen-schaft sich auf dem R�ckwege zu der alten Buchstabenkunst befindet.

Weil jedoch Collitz in seinem sonst so reichhaltigen und interessanten Buch den Nachweis gef�hrt hatte, dafe der Dental des Dental-prateritums ein idg. t sein kann, so war auch damit der Phantasie freien Spielraum zu neuen Kombinationen und Deutungen gegeben,nbsp;die von einem idg. t ausgingen. Schon im Jahre 1913 hat Brugmannnbsp;eine neue Erklarung vorgeschlagen (PBB 39, S. 84 ff.), und er hatnbsp;diese Erklarung in die zweite Auflage von seinem Grundrife (II, 3,nbsp;S. 369 f.) aufgenommen. Brugmann bemerkt selber (PBB 39, 85): � Jedernbsp;deutungsversuch, der f�r die dentale des schwachen praeteritums vonnbsp;dem einen uridg. t ausgeht, hat demnach nunmehr, was das rein laut-liche betrifft, unbedingt freie hand.quot; Dagegen ist zwar nichts einzu-wenden. Es mufs aber auch nicht vergessen werden, dafs dieser Aus-gangspunkt an und f�r sich keine Gewahr f�r die Richtigkeit dernbsp;ganzen Erklarung �berhaupt leistet. Nur wenn es gelingt, die weiterenbsp;Erklarung in �berzeugender Weise auszubauen, kann auch die Her-kunft des Dentals sichergestellt werden. Wie ich glaube nachgewiesennbsp;zu haben, ist das Collitz nicht gelungen. Ich kann auch nicht finden,nbsp;dals Brugmann besseres Gl�ck gehabt hat. Ob also der Dental vonnbsp;einem idg. t, th oder dh oder gar von allen drei herr�hrt, lafst sichnbsp;�berhaupt nicht von vornherein auf rein lautlichem Wege feststellen.nbsp;Hier kann nur eine evidente Deutung von dem germanischen Sprach-system heraus entscheiden.

Brugmann betrachtet das Dentalprateritum als Umbildung eines vorgermanischen themavokalischen Prateritums auf -to-m, -te-s, -te-t,nbsp;das von den mit te .'/o-Formans gebildeten Prasentia wie ah�. Jlehfan,nbsp;fchtan, lat. pecto usw. ausgegangen sei. Die Bedeutung dieser Grund-formen k�nnen sowohl imperfektiv (vgl. etiektov : tiexioS) als aoristischnbsp;(vgl. �fikaarov : ^/.aardvco) gewesen sein, und er meint, dafs sie gegen-�ber den Prateritoprasentia vorzugsweise als Imperfekta, gegen�bernbsp;den Prasentia wie bugja dagegen (banhtd) als Aoriste fungiert haben.

-ocr page 53-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 13

Er findet zwar nur drei germanische Praterita, die auEergermanischen to-Prasentia entsprechen, namlich ahd. skafta (zu skephen �sch�pfenquot;):nbsp;axaTirco �stelle durch Hacken etwas her�, got. *agda (die Vorforni vonnbsp;�hta) : �^OojAai �grame michquot;, und ahd. konsta : lit. -iistii [pa-i.{stu)nbsp;�kennequot;; jedoch k�nnten bei der nahen Beziehung, in der die to-Prasentia der idg. Sprachen zu den mit -to- gebildeten Nomina vonnbsp;jeher gestanden haben, auch alle diejenigen Dentalpraterita zur altestennbsp;Schicht gerechnet werden, neben denen alt�berkommene nominalenbsp;lt;o-Stamme stehen. � In urgermanischer Zeit sei dann die alte thema-vokalische Flexion aufgegeben infolge von Anlehnung an den Ausgangnbsp;reduplizierter Perfekta von Wurzeln auf langen Vokal, vor allem desnbsp;Perfekts von der Wurzel *dh� : ahd. tcta, as. dcda. Nach dem einmalnbsp;auch im Gotischen vorhandenen *d�dum sei z. B. got. �nasi-dum usw.nbsp;zu nasi-d�dum usw. umgebildet worden. Von den Pluralformen vonnbsp;deda sei as. dedtin ags. dydon unmittelbar dem ai. dadhimd gleichzu-stellen; das von d�duni sei dem idg. Typus s�d- zu verdanken.

Diese ganze Erklarung Brugmanns scheint mir wenig �berzeugend. Es gilt hier dasselbe wie bei Collitz, da6 der Ausgangspunkt selbstnbsp;gar zu schwach und unsicher ist, urn zu einer befriedigenden L�sungnbsp;des Problems f�hren zu k�nnen. Die /o-Prasentia spielen �berhauptnbsp;eine verschwindend kleine Rolle im Germanischen, und das /-Formansnbsp;erscheint �berall durch das ganze Verbalsystem durchgef�hrt. Mannbsp;versteht deshalb nicht recht, wie das prasentische /-Formans dazunbsp;gekommen ist, ein Tempusmerkmal des Prateritums zu werden. Dasnbsp;w5re zwar denkbar, wenn nachzuweisen ware, dafa zu derselbennbsp;Wurzel Prasentia mit und ohne /-Formans nebeneinander bestandennbsp;(v'gl. gr. n�.Kt�) neben n�xco �kammequot;); dann k�nnte namlich der Vor-gang eintreten, dafe ein Imperfekt oder ein Aorist von dem mitnbsp;/-Formans gebildeten Verbum in Beziehung zu dem Prasens ohnenbsp;/-Formans trate und als Prateritum zu ihm gef�hlt w�rde. Ahd. skafta,nbsp;das sich nur bei Otfrid findet, darf kaum als urspr�ngliche Formnbsp;ohne Mittelvokal betrachtet werden. Die postulierte Form got. *agdanbsp;f�r �hta ist doch ziemlich problematisch. Und ahd. konsta betrachtenbsp;ich mit Collitz (S. 49 und 55) als spatere Neubildung f�r ktmpa, gleich-wie onsta f�r alteres *un{gt;a. �brigens erklart Brugmann selber, dafa

-ocr page 54-

H JAKOB SVERDRUP

nat�riich nicht behauptet werden darf, da6 gerade die genannten Formen die Musterformen gewesen seien, von denen unsere ganzenbsp;Formenkategorie abstamme. Eben deshalb versteht man aber nicht,nbsp;welche ^o-Prasentia den Ausgangspunkt des germanischen Dental-prateritums batten bilden k�nnen. Auch die Art und Weise, wie sichnbsp;Brugmann die Umbildung der urspr�nglichen thematischen Flexionnbsp;denkt, durch Anlehnung an die Flexion der wenigen redupliziertennbsp;Perfekta von Wurzeln mit auslautendem langem Vokal, kommt mir sonbsp;befrenidlich vor; und endlich scheint mir seine Erklarung der gotischennbsp;Prateritalformen mit der Silbe -�d- ziemlich zweifelhaft (s, auch unten).nbsp;Brugmann verkn�pft gewissermafeen die /-Theorie mit der Zusammen-setzungstheorie, und diese Verkn�pfung scheint mir seine Erklarungnbsp;nicht zu starken. Jedoch m�chte ich nicht von vornherein leugnen,nbsp;da(3 einzelne germ. Dentalpraterita wirklich auf alte /o-Prasentia zur�ck-gehen k�nnten, indem sie, wie Brugmann sich denkt, urspr�nglich alsnbsp;Imperfekta oder Aoriste fungiert batten. Aber welche? Das zu er-mitteln, ist eben die groiae Schwierigkeit, und eben deshalb stehtnbsp;seine Erklarung auf so schwachen F�amp;en; doch Naheres dar�bernbsp;weiter unten.

In dem genannten Aufsatz aufaert sich Brugmann auch �ber sein Verhaltnis zu dern Deutungsversuch Begemanns, der ja bekanntlichnbsp;das Dentalprateritum unmittelbar aus dem /o-Partizipium herleitet. Brugmann bemerkt: �Insofern ich das t unserer praeterita mit dem -to-der participia zusammenbringe, deckt sich meine hypothese mit dernbsp;von W. Begemann, der bekanntlich das schwache praeteritum unmittelbar aus dem /o-participium entsprossen glaubte. Dieser gelehrtenbsp;wufate aber � und daran scheiterte, glaubte man, seine ganze theorie �nbsp;mit den hinter dem t erscheinenden flexionsausgangen, got. -a, -�s u.s.w.,nbsp;nichts anzufangen.quot; Seitdem ich vor Jahren die zwei Arbeiten vonnbsp;Begemann �ber das germanische Dentalprateritum las, bin ich immernbsp;wieder zu seinem Grundgedanken, der mir noch heute verlockend scheint,nbsp;zur�ckgekommen und habe ihn immer wieder einer neuen Pr�fungnbsp;unterwerfen m�ssen. Sein Versuch einer Erklarung der Flexionsformennbsp;des Dentalprateritums ist zwar gescheitert; mit Recht bezeichnet Collitznbsp;Begemanns Erklarung von got. nasididum aus *nasid �d-\-um [-�d-

-ocr page 55-

DAS GF.RMANISCHE DENTALPRATERITUM

wie in got. fah�ds) als phantastisch, obgleich Collitz� eigene Erklarung des got. nasid�s als aus *nasid �d-\-t entstanden kaum weniger phantastisch scheint. Aber Begemanns Ausgangspunkt ist doch vortrefflichnbsp;und f�gt sich nat�rlich in das germanische System ein. Hier befindennbsp;wir uns auf festem und sicherem Boden. Deshalb habe ich oft gedacht,nbsp;dafa man viell�icht doch nicht n�tig hatte, seine ganze Erklarung fallennbsp;zu lassen, vvenn es nur m�glich ware, die Flexionsformen des Dental-prateritums ins Reine zu bringen. Diese k�nnte man dann � Brug-manns Gedanken aufnehmend � durch Anlehnung an die Flexion desnbsp;reduplizierten Perfekts foder Aorists?) der Wurzel *db� erklaren. Mitnbsp;anderen Worten, die Flexion von deda zusammen mit der Flexionnbsp;des starken Prateritums �berhaupt k�nnte f�r die Ausbildung dernbsp;Flexion der zu den /o-Partizipia gebildeten Praterita mafegebendnbsp;gewesen sein; also z. B. got. nasida, as. nerida, ahd. nerita wie deda^nbsp;teta, got. nasid�s wie ags. dydes, ahd. neritt4m, as. neridun wie as. dedunnbsp;usw.; das got. nasid�dmn f�r alteres *nasidimt ware dann mit Brug-mann durch Umbildung nach d�dunt zu erklaren. Die hier gegebenenbsp;Erklarung der Flexionsformen lag mir schon langst im Gedanken;nbsp;ich habe sie jedoch wieder aufgeben m�ssen: erstens weil die ganzenbsp;Erklarung �berhaupt mir zu schwach und unwahrscheinlich scheint;nbsp;zweitens weil die Erklarung von nasid�dum unannehmbar ist; dennnbsp;nur die Flexionsausgange von deda k�nnen f�r die Flexionnbsp;dieser to-Praterita matagebend gewesen sein, nicht das ganze dedanbsp;d�dunt, das ist doch ganz unglaublich, vvenn man nicht pl�tzlich aufnbsp;die Zusammensetzungstheorie hin�berspringen will; und wenn wirklichnbsp;*nasidum, wie Brugmann sich denkt, zu nasid�dum umgebildet wordennbsp;ist, warum ist dann nicht auch nasida zu *nasidida geworden? undnbsp;an und f�r sich ist doch *nasidum gleichwie ahd. neriium eine morpho-logisch sehr brauchbare Form, was diese Annahme einer Umbildungnbsp;nur noch unglaublicher macht; endlich drittens weil es mir unzulassignbsp;scheint, die Obereinstimmung von -d�dunt im got. nasid�dum mit

Wir wissen doch nicht, wie die dem westgerm. deda entsprechende got. Form gewesen ist, z. B. 'dida ('daida) oder 'did� ('dnid�), vgl. sais�, waiw�) die Sachenbsp;ist nicht so einfach.

-ocr page 56-

i6 JAKOB SVERDRUP

as. damp;dim, ahd. tatum als nur zufallig zu betrachten'. Begemanns Erklarung von nasidedttm ist zweifellos unm�glich; nicht viel bessennbsp;ist die von Johansson und Collitz, und auch Brugmanns Erklarungnbsp;ist unannehmbar. So bleibt das fatale nasidedum immer noch einnbsp;Stein des Anstofees bei jeder Erklarung, die ohne die Zusammen-setzungstheorie auszukommen sucht. Bei alledem hat doch Begemannsnbsp;Theorie eine gute Grundlage, und sie ist weit besser als diejenigennbsp;von Collitz und Brugmann, bei welchen auch der Ausgangspunkt sonbsp;�beraus schwach ist. Mit Recht betont Begemann die �tatsache, daft innbsp;sammtlichen germanischen sprachen seit den altesten zeiten der engstenbsp;formelle zusammenhang zwischen participium und prSteritum bestehtquot;.

Lassen nun sowohl Collitz als Brugmann der Phantasie ziemlich freien Lauf, dann geht sie bei L. L. Hammerich geradezu durch.nbsp;Er legt in seinem Aufsatz �Det germanske svage Prseteritumquot; (Arkiv 38,nbsp;S. 21 ff.; 1921) eine ganz neue Zusammensetzungstheorie zur Priifungnbsp;vor. Indem auch Hammerich von einem idg. t ausgeht, erklart ernbsp;das germ. Dentalprateritum als ein urspr�nglich periphrastisches Perfekt,nbsp;das aus einem Nomen agentis auf -telto (Nominativ eines ter tor-Stammes) und dem Prasens der Wurzel ^es �seinquot; zusammengeschmolzennbsp;ist. Nun kennen wir aber keine Nomina agentis aul -teritor im Germanischen, und die Annahme eines Nominativausganges auf -t�lt� istnbsp;hinfallig; das got. fadar gegen�ber dem ai. pita spricht gegen einenbsp;solche Annahme. Die ganze Theorie findet �berhaupt keine Ankn�pfungnbsp;an das germanische Sprachmaterial und streitet gegen das germanischenbsp;System; sie bezeichnet nur eine R�ckkehr zu den wilden Phantasiennbsp;zur Zeit Bopps.

Eine weitere Behandlung der Frage nach der Herkunft des germanischen Denlalprateritums r�hrt von Otto v. Friesen her: �Om det svaga preteritum i germanska sprikquot; (Skrifter utgivna av K. Huma-nistiska Vetenskaps-Samfundet i Uppsala 1925). Otto v. Friesen kehrtnbsp;zu der Zusammensetzungstheorie zuruck, vielleicht weil er nach dennbsp;vielen miftlungenen Versuchen sich �berzeugt f�hlt, daft keine Theorie,

Diese Einwande sind nat�rlich auch gegen die Theorie Brugmanns geltend zu machen.

-ocr page 57-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 17

die von dem indogermanischen Formensystem heraus ihren Ausgangs-punkt nimmt, zum Ziele f�hren wird. Seine Darstellung ist interessant und original, obgleich ich ihm in mehreren Hinsichten nicht bei-pflichten kann. Auch v. Friesen kritisiert Collitz, und von besonderernbsp;Bedeutung ist seine Kritik des von Collitz aufgestellen �Gesetzesquot; einernbsp;germanischen Aspiratendissimilation vor t, das unter den Forschernnbsp;allgemeine Zustimmung gefunden hat.

F�r Collitz galt es, den Dental der westgerm. Praterita hogda, lagda, sagda, habda, libda, die ja immer wegen des Fehlens des Mittel-vokals als das starkste Argument gegen die /-Theorie ins Feld gef�hrtnbsp;worden sind, ins Reine zu bringen. Wie die meisten Forscher, siehtnbsp;auch Collitz in diesen Formen urspr�nglich mittelvokallose Praterita.nbsp;Nun hatte schon Kluge (Beitr. zur Geschichte der germ. Konj., S. 121)nbsp;den Versuch gemacht, das t f�r diese Formen zu retten, indem ernbsp;den Gedanken aufwarf, dafs in got. gahiigds die Gruppe -gd- aufnbsp;voTgerm. gfid/t und weiter auf idg.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;zur�ckgehe. Weil es ihm

aber nicht gelang, Formen wie germ. *bnhti-, *gifti-, die auch l�g. gh-\-t, hh-tt haben, mit dieser Erklarung zu vereinigen, wurde seine An-nahme von fast allen Forschern abgelehnt. Collitz nimmt die Fragenbsp;wieder auf und versucht nachzuweisen, dafi Kluge in Wirklichkeit aufnbsp;dem richtigen Wege sei. Er macht namlich darauf aufmerksam, dafenbsp;die W�rter mit germ, ht, ft aus idg. bht auch im Wurzelanlautnbsp;eine idg. Aspirata haben, wahrend dies bei den W�rtern mit gd, bdnbsp;nicht der Fall ist. Aus lautlichen Gr�nden lafet sich weiter die Annahmenbsp;idg. ght, bht = germ, gd, bd von vornherein nicht ablehnen; denn auchnbsp;im Altindischen und im Griechischen finden wir nach Bartholomaesnbsp;Gesetz die Umwandlung der Lautgruppe Aspirata / zur Media a%,nbsp;eine Erscheinung, die Collitz meint, der idg. Epoche zuschreiben zunbsp;d�rfen. Aus idg. gdh (lt;ght) und bdh [lt;bht) m�ssen sich nun imnbsp;Germanischen gd, bd ergeben, und diese Gruppen gd, bd (aus idg.nbsp;ght, bht) liegen nach Collitz sowohl in den oben erwahnten westgerm.nbsp;Praterita hogda usw. als in den zugeh�rigen Partizipia und in got.nbsp;gahugds vor. Dagegen erscheinen idg. ght und bht als germ, hi und /tinnbsp;allen anderen Fallen, z. B. got. -bauhts, ahd. gibuluht �Zorn� (zu belgari),nbsp;got. dauhiar, ahd. toht �T�chtigkeitquot; (zu got. daug), an. drdttr �Zug�

2 � Norsk Tidsskrift for Sprog:videnskap

-ocr page 58-

i8 JAKOB SVERDRUP

(zu draga), got. gadraiihts (zu driugan) ags. gedxfte �sanft freundlichquot; (zu got. gadaban �passenquot;), an. drift �Treibenquot; (zu drfa). ahd. gift,nbsp;an. grqptr (zu grafa). Aber nun zeigt es sich, daft alle diese Bildungennbsp;zu idg. Wurzeln geboren, die sowohl im Anlaut als im Auslaut einenbsp;Aspirata haben, und damit soil nach Collitz die verschiedene Be-bandlung der Gruppe glit und bht zusammenhangen. Durch Dissimilation sei bier die Aspiration verloren gegangen, und gt, bt seiennbsp;lautgesetzlich zu germ, geworden. Collitz formuliert sein Gesetznbsp;folgendermafeen: �Indogermaniscbe Wurzeln mit anlautender und aus-lautender Aspirata geben im Germaniscben beim Antritt eines /-Suffixesnbsp;die Aspiration im Auslaute ganz auf, wahrend sonst die Aspirationnbsp;von der auslautenden Aspirata auf das t des antretenden Suffixesnbsp;�bergeht.quot; Wir haben es also bier mit einer Aspiratendissimilationnbsp;zu tun, und Collitz setzt auch sein Gesetz mit dem bekannten �Hauch-dissimilationsgesetzquot; Grafemanns in Verbindung. Grafemanns Gesetznbsp;soil also auch f�r das Germanische eine gewisse Geltung haben,nbsp;wenigstens auf einem beschrSnkten Gebiete, namlich wenn ein t un-mittelbar auf die zweite Aspirata folgt.

Diese ganze Theorie, die mir friiher sehr verlockend schien, unterwirft v. Friesen (S. 43 flf.) einer eingehenden Kritik, wonachnbsp;Collitz� �Gesetzquot; einer germaniscben Aspiratendissimilation wohl nunnbsp;aufzugeben ist. Ich mufe dann hier die Hauptpunkte der Kritik v. Friesensnbsp;in aller K�rze erwahnen. Von den Praterita habda, libda usw. abgesehen,nbsp;zu deren Erklarung seine These ja aufgestellt worden ist, hat Collitznbsp;nur ein einziges Beispiel der urg. Verbindung gd anfiihren k�nnen,nbsp;namlig got. gahugds, ags. gehygd usw. Daneben steht nun ags. hyhtnbsp;�Hoffnungquot;, welche Form Collitz als analoge Umbildung nach Musternnbsp;wie ags.flyht f. �Flugquot; zwfl�ogan, tyht (. �Erziehungquot; zu t�on �ziehen,nbsp;erziehenquot; erklaren will. Diese Assoziation ist doch gar zu fernliegend;nbsp;viel nat�rlicher ist es, ags. hyht als urspriinglich zu betrachten und innbsp;got. gahugds usw. eine Neubildung mit dem gew�hnlichen Suffix -hinbsp;an den in alien altgerm. Dialekten vorliegenden Stamm *hug- (in *hugi-,nbsp;�hugian) zu sehen. Weiter gibt es eine Reihe von W�rtern, die gegennbsp;Collitz� Theorie ht, ft zeigen. So hat Collitz vergebens ahd. mhd. kluft,nbsp;�Zange, Felsenkluft, Spaltequot; und an. veptr, m. vipta f. �Einschlag im

-ocr page 59-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 19

Ge\vebe� zu deuten versucht. Aufeerdem f�hrt v. Friesen noch folgende W�rter an, die auch �unregelmafeigesquot; ht und ft haben, und die sichnbsp;unm�glich als spatere Umbildungen erklaren lassen:

Ahd. klaftra �Klafterquot; : lit. gl�biu �umfassen, umarmenquot;.

An. Idtr n. lt; *lahtra- : gr. X�yoq �Hinterhaltquot;, Xiyos �Bett�, got. ligan usw.

Got. leihts, an. Ir'ttr usw. lt; *lenhta- : lit. lehgvas �leichtquot;.

An. v�tt, v�tt f. �Gewichtquot;, ags. wikt n. : lat. ueh�.

An. st�tt f. �Tritt, Trittbrett, Stufequot; zu an. sttga, vgl. aind. stighnoti.

An. sm�ti in isin�tt, hofu�sm�tt f. ��fFnung eines Kleidungsst�cks iQr den Kopfquot;, eig. �Hineinschleichenquot;, zu an. smj�ga, vgl. lett. smaugsnbsp;�schmalquot;, poln. smug �Engpafsquot;. �Wenn alsoquot;, schlieamp;t v. Friesen,nbsp;�idg. gh t und bh t immer als resp. ht und ft in den germ. Dialektennbsp;auftreten, k�nnen unm�glich die Praterita habda, libda etc. aus Ver-bindungen bh t etc. entstanden sein.quot;

Es zeigt sich also, dafe sich �berhaupt kein einziger sicherer Fall mit germ, gd und bd aus idg. ght und bht nachweisen la�t. Dannnbsp;wird auch Collitz� Erklarung von got. �hta und mahta sehr unwahr-scheinlich. E�r �hta kann die urspr�ngliche Form nicht *agda sein,nbsp;sondern *ahta, die zu �hta umgebildet worden ist, indem sie das �nbsp;von �g �bernommen hat, wahrend eine Umbildung von *agda zu �htanbsp;schwer verstandlich ist. Got. mag und mahts f. k�nnen nicht von aslav.nbsp;mog^ �ich kannquot; und most� �Machtquot; getrennt werden, und die aslav.nbsp;W�rter k�nnen, wie Trautmann (KZ. 46, S. t8o ff.) nachgewiesen hat,nbsp;nicht aus dem Germanischen entlehnt sein; dann wird es doch dasnbsp;Nat�rlichste, sowohl mahta als mahts f�r urspr�ngliche Formen zunbsp;halten. Wenn wur auch Collitz� �Dissimilationsgesetzquot; und seine Erklarung von habda, libda usw. als verfehlt betrachten m�ssen, brauchennbsp;j edoch diese Praterita nicht gegen die ^Theorie zu sprechen; dennnbsp;es ist sehr zweifelhaft, ob wir es hier mit urspr�nglich mittelvokallosennbsp;Formen zu tun haben; dar�ber weiter unten.

Wie schon oben erwahnt, kehrt O. v. Friesen zu der Zusammen-setzungstheorie zur�ck. Indem auch er die Theorie von Collitz nicht genehmigen kann, weist er darauf hin, �att den sedan mer an tva-hundra ar � fran Stade til Sverdrup � alltjamt segt fortlevande hypo-

-ocr page 60-

JAKOB SVERDRUP

tesen, att del svaga preteritum ursprungligen ar ett perifrastiskt tempus, uppkommet genom omskrivning med det i vgerm. sprak annu i litterarnbsp;tid kvarlevande pret. deda' pi. d�diim, har sa stor innre og yttre sanno-likhet f�r sig att den kann f�rmodas bli aven av tidigare motstandarenbsp;godtagen, sa snart det visats att de former (vtssa, kunj)a, bauhta etc.),nbsp;som ansetts sta hindrande i vagen f�r denna teori och vilka ickenbsp;heller de siste f�rfaktarne av den (Loewe och Sverdrup) lyckats panbsp;ett tilfredstallande satt f�rklara, enkelt och naturligt lata infoga sig inbsp;namda f�rklaringssystem�. Ich muft mir doch schon hier den Vorbehaltnbsp;machen, da6 ich nicht einsehen kann, dafs man n�tig hat, alle Dental-praterita in dasselbe Erklarungssystem einzuf�gen, um �berhaupt zunbsp;einer plausiblen Erklarung zu gelangen. Eormen wie z. B. got. kunpanbsp;und nasida scheinen doch so verschiedenartig zu sein, daft man nichtnbsp;von vornherein annehmen darf, dafe sie dieselbe Herkunft haben.nbsp;Collitz� mifelungener Versuch einer einheitlichen Erklarung sollte ehernbsp;vor einer solchen Annahme warnen.

Wie V. Friesen glaube auch ich, dafe das germ. Dentalprateritum hauptsSchlich eine urspr�nglich periphrastische Form ist und auf Zu-sammenschmelzung mit Verbalformen der Wurzel 1dh�:dh� beruht.nbsp;Wenn wir aber zu der Frage kommen, welches Verbalsubstantiv wohlnbsp;das erste Glied der Zusammensetzung gebildet habe, stellt er eine neuenbsp;Theorie auf, wo ich ihm nicht mehr folgen kann. Auch kann ich ihmnbsp;nicht beipflichten, wenn er meint, da6 wir es �berall mit redupli-zierten Eormen der Wurzel 1dli�, d. h. den wirklich vorliegenden Eormennbsp;dcdad�dxtm, zu tun haben.

Indem nun v. Friesen meint, dafe auch Eormen wie wissa, kiinpa, bauhta usw. auf Zusammensetzung mit deda beruhen, kn�pft seinenbsp;weitere Erklarung dieser Eormen gewissermafeen an Collitz an, dernbsp;die Aufmarksamkeit auf den Zusammenhang der ti-, ///-Substantiva mitnbsp;dem Dentalprateritum hingelenkt hatte, obwohl Collitz dadurch nurnbsp;zu dem falschen Schlufe gef�hrt wurde, daft auch der Dental desnbsp;Prateritums ein idg. t sein m�sse. Weil jedoch bei einer urspr�nglichnbsp;periphrastischen Konstruktion mit Eormen der Wurzel 1dh� die daraus

1

Ich habe doch nicht z. B. got. tiasida, ahd. nerita usw. als mit deda zusammen-

gesetzt betrachtet, und ich glaube auch heute nicht daran.

-ocr page 61-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 21

entstandene Zusammensetzung als ihr erstes Glied ein Verbalsubstantiv haben mufa, dann sollte es, meint v. P'riesen, theoretisch betrachtet nichtnbsp;unm�glich erscheinen, dafa auch nomina actionis auf -ti und -tu innbsp;die Zusammensetzung eingegangen seien. So k�nnten z. B. bei Prateritanbsp;wie got. j)Shta, j)�hta, waurhta, bauhta, mahta, kimj)a skulda usw.nbsp;die Verbalsubstantiva *jgt;anhti- (ahd. githaht f. �Gedankequot;) jrunhtii-(got. p�htus m. Gewissen), *wurhti- (got. frawaurhts f. S�nde, ags. ge-voyrht �Werkquot;), *buhti- (got. andabanhts f. �L�segeldquot;), *mahti- (got.nbsp;mahts usw.), *kunpi- (got. gakunps f., ags. cyp �Kenntnisquot;), *skuldi-(as. sculd f.) usw. zugrunde liegen. Diesen Gedanken weiterf�hrend,nbsp;stellt dann v. Friesen folgende Entwicklung auf:

pdnliti-dcda^ gt; panhte�sd- gt; got. pahta punhtn-b�da^ gt; punhteds.^ gt; got. p�htanbsp;bnhti-dcda^ gt; buhteda^ gt; got. bauhtanbsp;mdhti-de�a^ gt; mahte�a^ gt; got. mahtanbsp;kiinpi-dcda^ gt; kunpedd^ gt; got. kimpanbsp;usw. usw.

Durch einen solchen Entwicklungsgang, indem er also ein nomen actionis auf -ti oder -tu zugrunde legt, denkt sich v. Friesen, dafenbsp;sowohl die Praterita der praterito-prasentischen Verba als auch allenbsp;diejenigen mittelvokallosen Praterita enstanden seien, deren Dentalnbsp;nicht ein idg. dh sein kann. Und neben den meisten dieser Dental-praterita stehen auch Verbalsubstantiva auf -ti oder -tu.

1st nun aber dieser von v. Friesen postulierte Entwicklungsgang wahrscheinlich oder gar m�glich? F�r das Gotische � und daraufnbsp;kommt es hier vor allem an � scheint mir seine Hypothese unhaltbar.nbsp;Was die erste Stufe der postulierten Entwicklung, den �bergangnbsp;von *b�hti-�e�a^ gt; *buhtcbad-, betrifft m�chte, ich die M�glichkeit diesernbsp;K�rzung nicht leugnen. Die Synkope des Mittelvokals (-/- oder -u-)nbsp;begr�ndet v. Friesen mit dem schwachen Nebenton des spaterennbsp;Kompositionsgliedes und mit der Stellung des zu synkopierendennbsp;Vokals zwischen zwei homorganen, dentalen Lauten. Zwar ist dienbsp;Erhaltung der Vokale der Kompositionsfuge ein charakteristischer Zugnbsp;des Gotischen, vgl. z. B. gastig�ps, aurtigards, drauhtiwit�p, naudi-bandi usw., qipuhafts, handuwaurhts usw. Weil aber die akzentuellen

-ocr page 62-

22 JAKOB SVERDRUP

Verhaltnisse hier nicht dieselben wie bei einem �b�hti-���a^ sind, bei welchem das zweite Kompositionsglied allmahlich den Charakter einernbsp;Flexionsendung und dadurch schwachen Nebenton bekommen mufste,nbsp;wahrend das zweite Glied von gastig�jgt;s stark nebenbetont war, mufsnbsp;man die M�glichkeit einer S3�nkope bei *b�hti-�e�a^ wohl zugeben;nbsp;aber nur auch die M�glichkeit, ein Zweifel bleibt mir immer nochnbsp;sitzen, weil mir diese Synkope so ungotisch vorkommt.

Wenn wir aber zu der zweiten Stufe der von v. Friesen postu-lierten Entwicklung, dem �bergang von *buhteba^ gt; baiihta, kommen, nimmt er wieder eine neue Synkope an, die f�r das Gotische geradezunbsp;ausgeschlossen ist. Die Annahme einer solchen Synkope widersprichtnbsp;�berhaupt allem, was wir �ber die Behandlung der Mittelvokale imnbsp;Gotischen wissen. Wo finden wir eine solche Synkope im Gotischen,nbsp;WO die Erhaltung der Mittelvokale so charakteristisch ist? Eine Formnbsp;wie das postulierte *buhte�a^ w�rde in akzentueller Hinsicht ungefahrnbsp;auf einer Linie mit den zahlreichen Abstrakta auf -ip� stehen, z. B. arma-hairtifgt;a, garaihtijgt;a, wairjyida, inwindifja, aufiida, mildijja, pwastipa,nbsp;weitw�dijya usw. Hier kennt das Gotische keine Synkope, und auchnbsp;hier steht der Mittelvokal zwischen zw'ei homorganen, dentalen Lauten.nbsp;O. V. Friesen verweist auf das urn. satido, das zu awn. setta gewordennbsp;ist. Aber was beweist denn das f�r das Gotische? In VVirklichkeit istnbsp;die Annahme einer Synkope bei *buhtc�d^ noch unwahrscheinlichernbsp;als bei z. B. mildi^a, weil beim ersteren der Mittelvokal nach der erstennbsp;Synkope {*biihti-��dd^ gt; *buhteba^] einen schwachen Nebenton trug.nbsp;Schon in lautlicher Hinsicht ist deshalb die ganze Hypothese v. Friesensnbsp;unhaltbar. Vielleicht hat v. Friesen selber das Gef�hl gehabt, dafanbsp;seine rein lautliche Erklarung doch auf schwachen F�ften steht, dennnbsp;er will auch die Haplologie zu Hilfe nehmen. Indem ich auf diesenbsp;Haplologie-Theorie, die sowohl bei v. Friesen als noch mehr beinbsp;Loewe (Das schwache Prateritum des Germanischen, IF 4, S. 365 ff.)nbsp;eine bedeutende Rolle spielt, weiter unten naher zur�ckkommen werde,nbsp;m�chte ich hier nur bemerken, daft auch die Praterita des Typusnbsp;nasida, hausida oder deren Vorformen, wie man sich nun auch diesenbsp;Vorformen denken mag, sich einer Reduktion *buhte�d^gt; bauhta ent-gegenstellen w�rden; ja auch die Plural- und Optativformen bauht�dun,

-ocr page 63-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 23

bauht�di usw. w�rden dieser K�rzung ung�nstig sein. Wenn *fullna�c()a^ (um die Form v. Friesens zu setzen, die niir doch sehr zweifelhaft scheint)nbsp;zu ftdlida geworden ist, k�nnte ein *buhtide�a^ doch nur zu *bauhtidanbsp;werden. Das fordert das gotische System. Deshalb lafet sich dienbsp;Theorie v. Friesens auch nicht mit dem gotischen Flexionssysteninbsp;vereinigen, und der Ausgangspunkt, die Verbalsubstantiva auf �*'undnbsp;�tu nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;wird somit unhaltbar.

In einem besonderen Abschnitt (S. 38 ff.) behandelt v. Friesen die gegenseitigen Einwirkungen des Dentalprateritums und des Partizipsnbsp;aufeinander. Er meint, daft die Partizipia der �sekundarenquot; Verbanbsp;wie got. jgt;agkjan, j)ugkjan, br�kjan, �waurkjan, bugjan usw. nach demnbsp;Muster der Praterito-prasentia umgebildet worden seien. Weil die sekun-daren Verba ihr ^o-Partizip mit Mittelvokal (�Bgt;ndevokal�) bildeten,nbsp;d�rften die den oben angef�hrten Verba zugeh�rigen Partizipia ur-spr�nglich got. *j)agkif)s, *pugkips, *br�kips *waurkij)s, *bugij)s gelautetnbsp;haben, und die Partizipia/a/Ps, jgt;�lits, waurhts, bauhts seien Ausgleichungs-formen, die vom Ind. und Opt. des Prateritums fiahta, p�hta, waurhta,nbsp;banhta ausgingen. Wenn nun dies richtig ware, wQrde es nur die ganzenbsp;Hy'pothese v. Friesens noch unbegreiflicher machen. Wenn namlichnbsp;die Goten neben Pras. nasja und Part. nasips (Fem. nasidd) ihrnbsp;Prat. nasida haben, wer glaubt dann, daamp; sie neben PrSs. bugja undnbsp;Part. *bugips (Fem. *bitgida) ein PrSt. baiihta bilden w�rden, wie nunnbsp;auch die Vorform von baiihta gelautet haben mag? Auch in diesernbsp;Flinsicht gerat die Hypothese v. Friesens nur in Streit mit dem System.nbsp;Nun sind aber Verba wie bugian, waurkjan usw. nicht sekundare Verba;nbsp;sie sind im Gegenteil alte primare -ie- : -?o-prasentische Verba wienbsp;auch got. bidjan, hafjan usw., und sie d�rfen nicht mit den Kausativanbsp;auf -ci� (got. frawardja) und den Denominativa auf -ii� (got. haurnja)nbsp;verwechselt werden. Dafi diese von Haus aus geschiedenen Bildungennbsp;im Germanischen zusammenfielen, so dafe auch vide -ie- : -/o-Prasentianbsp;ein Dentalprateritum bekamen, ist eine andere Sache; f�r eine historische Sprachbetrachtung ist die Trennung notwendig'. Die -ie- : -io-Prasentia bildeten von Haus aus ihr to-Partizipium ohne Mittelvokal.

^ Ich verweise �brigens auf die interessanten Ausf�hrungen Brugmanns in seinem

Grundri�^ 11, 3, � �29.

-ocr page 64-

24 JAKOB SVERDRUP

Wir haben deshalb keinen Grand, Partizipia wie got. pahts, puhts, waurhts, bauhts als Neubildungen zu betrachten. Sie m�ssen urspr�ng-lich sein. Wie also die Goten neben Pras. nasja und Part, nasipsnbsp;(Fern, nasida) ihr Prat, nasida batten, bekamen sie neben Pras. bugianbsp;und Part, bauhts (Fern, bauhta) in der besten �bereinstimmung mit demnbsp;System ein Prat, bauhta. Dabei kann vielleicht die Vorgeschichte vonnbsp;bauhta ziemlich dunkel scheinen; aber die Form mufate sich dochnbsp;schliefelich in das System einf�gen.

Die nachste Frage gilt nun die Form des Hilfsverbs, das das zweite Glied der Zusammensetzung bildet. Man hat fr�her gemeint,nbsp;die Form des Hilfsverbs k�nne ein idg. Perfekt, dem aind. dadhau,nbsp;Oder ein idg. Imperfekt, dem aind. ddadhat entsprechend, sein. R. Loewenbsp;(IF 4, S. 373 f.) sieht in der Silbe -da des gotischen nasida einennbsp;idg. augmentlosen Aorist *dhcdh�m, dem aind. ddadham' entsprechend,nbsp;wahrend v. Friesen (S. 30 f.) das as. deda usw. f�r ein altes Perfekt,nbsp;urgerm. *ded�a, halt, das mit aind. dadha(u) zu vergleichen ist, weilnbsp;auch die aind. Form auf ein idg. *dhedh�- zur�ckgehen mufs; undnbsp;as. dadun usw. mit seinem eigentiimlichen will v. Friesen mit Streit-berg dadurch erklaren, daft die Reduplikationssilbe gedehnt wurde,nbsp;wenn im Plural der Wurzelvokal vollstandig verloren ging. Beidennbsp;Forschern (v. Friesen und Loewe) gemeinsam ist die Ansicht, daisnbsp;das got. nasid�dum das Urspr�ngliche vertrete, dafs also auch die an.nbsp;und westgerm. Pluralformen ursprilnglich auf -d�dum usw. ausgingen.nbsp;Bei den Flexionsformen des Dentalprateritums sollen wir es alsonbsp;�berall mit reduplizierten Formen der Wurzel *dh� zu tun haben,nbsp;Formen, die im Singular dem as. dcda usw., im Plural dem as. dadunnbsp;usw. entsprechen. Um deshalb die wirklich vorliegenden reduziertennbsp;Formen wie im Sing. got. nasida (f�r *nasidida) usw. und im Plur.nbsp;ahd. neritum (gegen�ber got. nasid�dum usw.) zu erklaren, greifennbsp;sowohl V. Friesen als auch � und in noch weiterem Umfange � Loewenbsp;zu der Lehre von der Haplologie.

Die Haplogie-Theorie habe ich schon fr�her (IF 35 Anz. S. 16) als eine verdSchtige Sache bezeichnet, wenn man sie anwenden will,nbsp;um die Entwicklung der Flexionsformen des Dentalprateritums zu

� Aind. ddadham hat doch wohl die ^-Stufe.

-ocr page 65-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 25

erklaren; diesen Verdacht hege ich noch heute, und er hat sich eher gesteigert. Unter Haplologie versteht man bekanntlich einen dissimila-torischen Silbenverlust, indem von zwei aufeinanderfolgenden Silben,nbsp;die den gleichen oder sehr ahnlichen konsonantischen Anlaut haben,nbsp;die eine Silbe verloren geht (vgl. Brugmann, Grundrife^ I, S. 857 ff.,nbsp;Collitz, Schwach. Prat., S. 168 ff. und 236 ff.). Beispiele; lat. s�modmsnbsp;�halber Modiusquot; aus s�mimodius, gr. x�xoayjiov aus xExgd�gayjiov,nbsp;aind. rujanas- �mit zerschlagener Nase� aus *rujana-nds-, nhd. super-intent aus superintendent usw. Bei diesem Vorgang handelt es sich,nbsp;wie Collitz mit Recht hervorhebt, nicht um einen einfachen Lautwandelnbsp;im eigentlichen Sinn, auch nicht um eine einfache Form�bertragung,nbsp;sondern um einen auf Formk�rzung beruhenden dissimilatorischennbsp;Silbenverlust. Schon deshalb scheint es mir bedenklich, die Flexions-formen des germ. Dentalprateritums durch haplologischen Silbenverlustnbsp;zu erklaren, wodurch die Haplologie gewissermafeen als ein �Laut-gesetz� gefafet wird. Collitz selber hat jetzt � wohl auch aus diesemnbsp;Grunde � die Haplologie-Theorie bei der Erklarung der an. und west-germ. Pluralformen und Optativformen ,des Dentalprateritums auf-gegeben, und er bemerkt (IF 34, S. 213 f.): �Da wir (d. h. Collitznbsp;und Loewe) im �brigen in der Erklarung des schwachen Prateritumsnbsp;so ganz verschiedene Wege einschlagen, k�nnte es mir nur erfreulichnbsp;sein, wenigstens hier (d. h. hinsichtlich der Auffassung des Verhalt-nisses von Eormen wie westgerm.-nord. �nazidum und got. nasid�dHm)nbsp;eine Strecke mit Loewe zusammengehen zu k�nnen. Leider abernbsp;mufa ich gestehen, dafe ich gerade in demjenigen Teil meiner Dar-stellung, um den es sich dabei handelt, meiner Sache durchaus nichtnbsp;sicher bin. Schon bei der Wahl zwischen den drei M�glichkeiten,nbsp;die ich S. 167 meiner Schrift unterschied, konnte ich mich des Ge-f�hles nicht erwehren, daft ich mich hier auf unsicherem Bodennbsp;bewegte. Inzwischen � und zwar schon vor dem Erscheinen vonnbsp;Loewes jetzigem Aufsatz (KZ 45, S. 334 ff.) � habe ich Gelegenheitnbsp;gehabt, diese Frage von neuem zu erwSgen. Mir will jetzt scheinen,nbsp;dafe K. F. Johansson (KZ 30, 551 ff.) der richtigen L�sung nahernbsp;war als ich, wenn er die gotischen und die westgermanischen Formennbsp;als parallele Weiterbildungen einer gemeinsamen alteren Flexion ansah.quot;

-ocr page 66-

20 JAKOB SVERDRUP

Zu diesem Ergebnis ist also Collitz gekommen, der doch fr�her die Haplologie-Theorie so vortrefflich verteidigt hatte. � Ferner ist esnbsp;auffallig, dafe die Falie der Flaplologie im Germanischen so aufeer-ordentlich selten sind. Wir kennen ahd. swibogo �bogenf�rmigenbsp;W�lbung� aus *swibi-bogo, vgl. mhd. swebeboge'. Dagegen ist got.nbsp;awistr �Schafstal!quot; kaum eine haplologische Bildung aus *awi-wistra-(Noreen, Urgerm. Lautlehre, 30), sondern entweder mit Meillet (MSLnbsp;12, 218 f.) aus *oui-sth(e)-ro- oder mit Bezzenberger (KZ 27, 276 ff.)nbsp;aus *oui-sth-tro- zur Wurzel stha zu erklaren. Ebenso ist got. gana-wistr�n kaum aus *nawi-wistra- (zu ahd. wist f. � Aufenthaltquot;) dissimiliert,nbsp;sondern gehort mit W. Schulze (KZ 29, 270 f.) zu dem germ. Stammnbsp;nawi-st-tra- zur Wurzel *sfha mit dem Formans -tro-. Ganz unsichernbsp;ist es auch, ob im Ahd. das -o des Gen. PL F. in redino (Otfrid) undnbsp;kuninginno (Williram) aus -�)w gek�rzt worden ist. Bei dieser Sachlagenbsp;d�rfte wohl mein Verdacht gegen Loewes und v. Friesens Flaplologie-Theorie zur Erklarung der Flexionsformen des germanischen Dental-prateritums nicht unberechtigt scheinen.

Wenn ich nun aus den obigen allgemeinen Grilnden ernstes Bedenken gegen die Haplologie-Theorie tragen mufate, dann wird diesenbsp;Theorie noch unwahrscheinlicher, wenn wir das Verhaltnis bei dennbsp;verschiedenen Flexionsformen des germ. Dentalprateritums im ein-zelnen betrachten. Die Singularformen des Ind., got. nasida, ahd. ncrita,nbsp;as. nerida usw. sollen in alien germ. Sprachen durch Haplologie ent-standen sein. Was das Gotische betriftt, ist es sehr auffallig, daftnbsp;diese haplologische K�rzung nur im Singular des Ind., aber nicht imnbsp;Plural und nicht im ganzen Optativ stattgefunden hat. Das lange -�-braucht die K�rzung gar nicht zu verhindern, denn die Vokallangenbsp;spielt bei der Haplologie keine Rolle, vgl. z. B. lat. medialent ausnbsp;*niedt-dialem, debiliiare aus *d�bilitatare, calamit�sus aus *calamilat�sus,nbsp;n�trlx aus *n�trttrtx usw. Und ein gotisches *nasidum (dem ahd.nbsp;neritum entsprechend) wQrde doch sowohl in lautlicher als in mor-

' Es ist sehr bezeichnend, data die vollere und die durch Haplologie gek�rzte Form oft nebeneinander bestehen, z. B. gr. (�m^pooEvg = �a/i()'i-(pogevg, ij/i�di/irornbsp;= r/fit-fi�Sifivor, usw., lat. port�rium = portit�rium, comportnx = comporiatrtx,nbsp;usw. Dies zeigt auch, dail die Haplologie nicht den Charakter eines gew�hn-

-ocr page 67-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 27

phologischer Hinsicht eine sehr brauchbare Form sein. Auf der anderen Seite wurde die Erhaltung der unverk�rzten got. Formen imnbsp;Plural [nasid�dum usw.) und im ganzen Optativ {nasid�djau usw.)nbsp;gewifs einer haplologischen K�rzung der Singularformen des Ind.nbsp;hinderlich sein. In seinem Aufsatz IF 4, S. 372 f. glaubt Loewe f�rnbsp;die Richtigkeit seiner Haplologie-Theorie eine Bestatigung beinbsp;den krimgotischen Aufzeichnungen Busbecks zu linden. Bei Bus-beck finden wir folgende drei Satze: Tzo Warthata. Tu fecisti;nbsp;les Varthata. Ille fecit; Ich malthata. Ego dico. In diesen Formen will Loewe Praterita sehen, wo der urspr�ngliche got. Aus-gang -deda (oder -*�eda) erhalten sein soil. Aber erstens ist es unzu-lassig, aus solchen unklaren und unerklarten Formen, die uns erst ausnbsp;dem 16. Jahrhundert �berliefert sind (und was f�r eine Uberlieferung!),nbsp;Schl�sse auf den �urgotischenquot; oder gar �urgermanischenquot; Stand desnbsp;Dentalprateritums zu ziehen, und zweitens ist Loewes Erklarung diesernbsp;Formen ganz willk�rlich, nur eine Erklarung seiner Theorie zuliebe.nbsp;Das krimgot. warthata (vgl. got. waurhtd) sieht aus wie eine Neu-bildung, vielleicht mit nochmals angef�gter Prateritalendung, wienbsp;V. Grienberger (Z. f. d. Phil., 30, 130) vermutet hat, wahrend Muchnbsp;(IF, Anz. 9, 200 f.) geneigt ist, in dem Ausgang -ta ein angeschleiftesnbsp;ita �esquot; zu sehen, so dafe warthata einem got. waurhta ita entsprechennbsp;w�rde. Bei malthata ist zu beachten, dalii Busbeck Ich malthata mitnbsp;�ego dicoquot; �bersetzt, und ob die Anderung �dixiquot; auch eine �Bes-serungquot; ist, scheint mir wenigstens zweifelhaft. Much erklart malthatanbsp;als Prasensform auch mit angeschleiftem ita^ also einem got. mapljanbsp;ita entsprechend; wenn aber Busbeck hier wirklich einen Fehlernbsp;gemacht hat, ware es doch das nat�rlichste, in malthata eine gew�hn-liche Prateritalform gleich dem got. *ma-j)lida und mit Umstellung von j)inbsp;zu sehen. Nach Michels (IF, Anz. 6, 87), der auch Loewes Haplologie-Theorie nicht gutheifeen kann, k�nnte ies warthata eine Neubildungnbsp;nach dem Plural sein und ein *waurht�da reprasentieren; das ist viel-

lichen Lautwandels hat. �Lebhaftere, erregtere Rede beg�nstigt den haplologischen Silbenschwund, und wir werden es, wo die unverk�rzte und die ver-k�rzte Form nebeneinander �berliefert sind, �fters mit dem Gegensatz von Lento- und Allegroform zu thun habenquot; (Brugmann, Grundri�^, I, S. 859).

-ocr page 68-

wm


28

JAKOB SVERDRUP

leicht m�glich, aber doch nur eine unsichere Vermutung. Dies alles 2eigt jedenfalls, wie willk�rlich und unwahrscheinlieh Loewes Erklarungnbsp;dieser krimgotischen Formen ist. Und eines ist klar: sie k�nnen unsnbsp;nichts �ber den urspriinglichen Ausgang des Dentalprateritums imnbsp;�Urgermanischenquot; mitteilen�.

Dafe die westgermanischen Singularformen des Dentalprateritums durch eine haplologische Kiirzung entstanden sind, ist auch sehrnbsp;unwahrscheinlieh, weil hier die entsprechenden selbstandigen Formen,nbsp;ahd. teta, as. deda usw., daneben stehen, und die Assoziation mit diesennbsp;Formen, bei welchen keine Haplologie stattgefunden hat, wiirde gewifanbsp;einer Reduction der mit deda usw. gebildeten Prateritalausgangenbsp;sehr ungQnstig sein. Auch Loewe und v. Frieseii miissen zugeben,nbsp;wie wir gleich unten sehen werden, daamp; die Frhaltung der selbstandigen Prateritalformen der Wurzel *d/i� der K�rzung der entsprechenden Formen in der Komposition entgegenwirken mufa. Wennnbsp;nun Loewe (und auch v. Friesen?) die haplologische K�rzung dernbsp;Singularformen des Indikativs als �urgermanischquot; betrachtet (KZ 45,nbsp;337)) wird die Sache nur noch schlimmer. Denn je ferner wir diesennbsp;Vorgang in eine Urzeit zur�cklegen, desto starker mufa die Assoziationnbsp;mit den entsprechenden selbstandigen Prateritalformen der Wurzelnbsp;*dhe gewirkt haben, und desto mehr nahern wir uns dem Stadiumnbsp;der periphrastischen Konstruktion.

Wenn wir nun zu den westgerm. und an. Pluralformen des Dentalprateritums, ahd. nerituni, as. neridun, an. svQf�um, kommen, will Loewe auch hier eine haplologische K�rzung finden, indem got.nbsp;nasid�dum das Urspr�ngliche vertreten soil. Fr�her hat er einenbsp;Haplologie nur bei kurzem Vokal angenommen. Jetzt aber erklartnbsp;er (KZ 45, 337): �Wenn ich jetzt auch die letztere Annahme (dafanbsp;die an. und westgerm. Pluralformen Analogiebildungen seien) nichtnbsp;mehr aufrecht erhalten mochte, so geschieht das weniger desw'egen.

^ Loewe scheint jetzt seine Erklarung der krimgot Formen aufgegeben zu haben, indem er (KZ 45, 337 f.) folgende unklare Bemerkung macht: �F�r krimgotischnbsp;warthata^ malthata m��te allerdings eine Analogiebildung nach dem Plural nachnbsp;dem Muster von *deda^ *deduni angenommen werden. Das Krimgotische brauchtnbsp;ja auch als Sprache der Heruler, die urspr�nglich am wahrscheinlichsten etwa

-ocr page 69-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 29

weil die Proportion, nach der diese Analogiebildung zustande ge-kornmen sein m�fete, keine mathematisch genaue gewesen sein k�nnte, als vielmehr aus der Erwagung, dafa doch selbstandige Formen wienbsp;*d�()umequot; usw. wahrscheinlich eher auf Erhaltung des *-���ume� in dernbsp;Komposition als auf dessen K�rzung hingewirkt haben werden: mannbsp;wird eben in Formen wie *salt�-���umequot; (got. salb�-d�duni) noch dasnbsp;-*d�()imie'� als �wir tatenquot; hindurchempfunden haben. Ich halte esnbsp;deshalb jetzt f�r wahrscheinlicher, daft, nachdem urgermanisch bereitsnbsp;bei kurzem Vokal (im Singular des Indikativs) eine Flaplologie statt-gefunden hatte (vgl. dagegen oben), spater, nach Abzug der Goten an dasnbsp;Schwarze Meer, im Westgermanischen und Nordgermanischen nun auchnbsp;noch bei langem Vokal (also im Plur. Ind. und im ganzen Optativ) sichnbsp;eine zweite Haplologie einstellte; die Flaplologie ist ein so haufigernbsp;Vorgang, dafa man ohne Bedenken eine solche Wiederholung der-selben annehmen kann.� Dem ersten Teil dieser Ausf�hrung (dernbsp;Erwagung) kann ich gern zustimmen; das �brige ist nur wilde Phan-tasie. Und dabei wird es ganz unbegreiflich, dafe die Goten, die ihrnbsp;selbstandiges d�dunt verloren haben (nach Loewe schon zur Zeit, alsnbsp;die Goten noch in Skandinavien safeen), jedoch an dem unverk�rztennbsp;Ausgang -d�dum festgehalten haben, wahrend die Westgermanen trotznbsp;ihrer Erhaltung des selbstandigen d�dum den Ausgang -d�dum zunbsp;-dum verk�rzt haben sollen. Auch versteht man nicht, warum west-germanische Stamme, die von den Goten meilenweit entfernt wohnten,nbsp;mit ihrer Flaplologie warten sollten, bis die Goten nach dem Schwarzennbsp;Meer abzogen. F�r Loewe ist es eben verhangnisvoll geworden, dafenbsp;er die Haplologie als einen gew�hnlichen Lautwandel auffaftt; hat ernbsp;ja sogar ein neues �Lautgesetzquot; entdeckt: �Westg. und nordg. schwandnbsp;die inlautende Gruppe �unbetonter Vokal b� nach vorausgehendemnbsp;bquot; (IF 4, 371). Dies ist eben ein typischer Ausflu� des �junggramma-tischenquot; Eifers, auf die Jagd nach neuen �Lautgesetzen � zu gehen.

in Mecklenburg: oder vielleicht auch auf den danischen Insein, kaum aber in Skandinavien gesprochen sein wird, das Verbum �tunquot; nicht aufgegeben zunbsp;haben, das allerdings dem eigentlich Gotischen schon zur Zeit, als die Goten nochnbsp;in Skandinavien safaen, mit dem Nordgermanischen zusammen verloren gegangennbsp;sein wird.quot; Dies ist aber nur eine Anhaufung der unsichersten Vermutungen.

-ocr page 70-

3� JAKOB SVERDRUP

Wenn man �berhaupt die Haplologie in dieserWeise als �Lautgesetzquot; betrachtet, dann bleibt im Germanischen eine ungeheure Mengenbsp;von Fallen �brig, bei denen man verpflichtet sein wird, zu erklaren,nbsp;warum keine Haplologie stattgefunden hat'.

Wie schon erwahnt, macht nicht v. Friesen von der Haplologie einen sokhen ausgedehnten Gebrauch wie Loewe. Freilich verweistnbsp;auch v. Friesen bei seiner Behandlung der an. und westgerm. Plural-endungen auf die M�glichkeit einer K�rzung durch Hapologie. Abernbsp;er will sie jedoch lieber in einer anderen Weise erklaren. F�r dasnbsp;Westgermanische betont v. Friesen mit Recht, das der Ausgangnbsp;-*()edum an dem gew�hnlichen Hilfsverb *d��uin eine starke St�tzenbsp;finden diirfte. Also auch v. Friesen mufs die starke Assoziationnbsp;zwischen den selbstandigen Praterialformen der Wurzel *dh� und dennbsp;entsprechenden Ausgangen des Dentalprateritums zugeben. Aber mitnbsp;dieser zweifellos richtigen Auffassung ist dann seine folgende Erkla-rung kaum vertraglich: �Mig .synes rimligast att vid f�rklaringen avnbsp;de nord- och vastgerm. pluralformerna -him etc. for aldre -hehun etc.nbsp;bygga pa de redan tidigt (forlitterSrt t. o. m. i got.) forenklade sg.-for-merna urn. -ho etc. Genom formens reduktion fran -behd^ till -ha^nbsp;loses associationen med det hjalpverb som ligger for dem til grund.nbsp;Dentalen blev for sprakkanslan barare av preteriti-betydelsen, och plu-ralens personalformer bildades genom att lagga pluralens vanliganbsp;personalandelser � saledes de som brukades i de ursprungliga an-delserna -��hum etc. och i det starka verbets pret. plur. �verhuvud �nbsp;til singularens �stamquot;. Sa reducerades pa analogisk vag pi. -���umnbsp;Qtc.gt;-hum etc.quot; Aber warum hat denn diese Reduktion eben nichtnbsp;im Gotischen stattgefunden, wo ja das ganze Verb �tunquot; so fruh verloren gegangen war, und v/o der Trieb zur Ausgleichung so vor-herrschend ist? Und ist es nicht erstaunlich, dais diese Lockerungnbsp;der Assoziation mit dem zugrunde liegenden Hilfsverb sich eben innbsp;den Sprachen eingestellt haben soil, die ihr selbstandiges d�dum usw.

Wie sehr sich Loewe in die Haplologie verbissen hat, zeigt auch seine bequeme und einfache L�sung der schvvierigen Frage nach der Herkunft und Entwicklungnbsp;des germ, starken Prateritums (KZ 40, 266 flf.), das er ganz und gar auf einnbsp;idg. redupliziertes Perfekt zur�ckf�hrt, indem er die Reduplikationssilbe durch

-ocr page 71-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 31

bewahrten^. Wie man sieht, ist es v. Friesen durch seine Erklarung nicht besser gelungen als Loewe mit seiner Haplologie, den Schwierig-keiten aus dem Wege zu gehen, geschweige denn sie zu �berwinden.nbsp;�berhaupt zeigt es sich, daft diese ganze Theorie, die von den For-men dcda-d�diim ihren Ausgangspunkt nimmt und daneben auch mitnbsp;einer haplologischen K�rzung operiert, sich nicht durchf�hren lafttnbsp;ohne Willk�r und Gewaltsamkeit und unwahrscheinliche Annahmen,nbsp;ohne Vermutung auf Vermutung zu haufen, bis alles zusammenzust�r-zen droht.

Auf V. Friesens Erklarung der Flexionsendungen des germ. Den-talprateriiums brauche ich nun nicht naher einzugehen, weil sie ja v'oraussetzt, dafe das germ. Dentalprateritum auf Zusammensetzung mitnbsp;einem red�plizierten Perfekt der Wurzel *dh� beruht. Ich kann ihmnbsp;deshalb auch hier in wichtigen Punkten nicht beipflichten, was sichnbsp;aus meiner Erklarung der Singularformen weiter unten ergeben wird.

Soeben ist mir eine neue Abhandlung �ber die Frage nach dem Ursprung des Dentalprateritums in die Hand gekommen: �Dasnbsp;schwache Prateritum in den germanischen Sprachenquot; von A. W. M.nbsp;Od� (Mededeelingen der Koninklijke akademie van wetenschappen,nbsp;Amsterdam 1926). Od� kritisiert mit Recht die Erklarungen von Collitz,nbsp;Brugmann, Hammerich und v. Friesen. Selber versucht Od� einenbsp;neue Erklarung, die jedoch derjenigen von Collitz ziemlich nahe steht.nbsp;Wie sinnreich nun Od�s Erklarung auch erscheinen mag, ist sie dochnbsp;unannehmbar und unhaltbar, weil er nicht n�chtern auf festen Bodennbsp;baut, sondern in den Wolken konstruiert und kombiniert, und sogarnbsp;zu der Urzeit des menschlichen Sprechens zur�ckkehren will.

Wahrend Collitz den Ausgangspunkt des germanischen Dentalprateritums in der Personalendung -tai des medialen Perfekts gesucht hatte, geht Od� bei seiner Erklarung von der sekundaren Personalendung do der 3. Sing, des medialen Aorists aus, z. B. aind. ddhitanbsp;�setzte, stellte�, dgata �gingquot; usw., gr. �xlvxo �h�rtequot;, �doro �gab�, usw.

Haplologie verschwinden la�t. Mir scheint seine L�sung des Problems ebenso verzweifelt als einfach (vgl. die treffenden Bemerkungen von Meillet, Dial. S. 107).nbsp;Schon die Annahme einer fr�hen K�rzung der Singularformen des Indikativsnbsp;ist jedoch; wie oben nachgewiesen, h�chst unwahrscheinlich.

-ocr page 72-

32 JAKOB SVERDRUP

Aber den nachsten Verwandten des germanischen Dentalprateritums findet er im lateinischen Deponens [loquitur usw.). Beim germ. Dental-prateritum babe dann der Dental, der urspr�nglich nur der 3. Sing,nbsp;gehorte, sich �ber alle Flexionsausgange der ganzen Formation ver-breitet, und der Dental sei zum Tempusmerkmal geworden. � Es giltnbsp;hier dasselbe, das ich schon oben S. 11 �ber die Erklarung von Collitznbsp;bemerkt habe: der Ausgangspunkt ist gar zu schwach und unsichernbsp;und unnat�rlich, um eine befriedigende L�sung des Problems gewahrennbsp;zu k�nnen.

Noch mehr befremdlich und absonderlich ist die Art und Weise, wie Od� die Elexionsausgange des germ. Dentalprateritums erklarennbsp;will. Um die i. und 3. Person Sing, des Indikativs zu erklaren, bemerkt er: �Ich nehme an, daft ein Teil des Indogermanischen dienbsp;dritte Person durch ein Pronomen angedeutet hat. Ich m�chte einnbsp;Pronomen e annehmen (cf. Brugmann, Grundrifi'^ II, 2, S. 324 ff.),'nbsp;das in sehr alter Zeit, lange vor der Periode der Schleifton erzeugen-den Kontraktionen, nach Streitbergs Dehnungsgesetz bei seinem Weg-fall -to zu -t� gedehnt hat {1 24o-�e gt; -t�). Diese Endung -t� hat wiederumnbsp;die �brigen Endungen beeinflufet.quot; � Hier verfallt Od� nur in dienbsp;k�nstlichsten und willk�rlichsten Konstruktionen, die jeden festen An-haltspunkt entbehren, und die deshalb bei einer modernen verglei-chenden Methode v�llig belanglos sind.

Die 2. Sing, des Indikativs will Od� nach der Wackernagel-Behaghelschen Theorie (KZ 30, 313) erklaren, daft sie von der Medial-endung 2-th�s (aind. -thah, air. -the) ausgegangen sei, obwohl Wacker-nagel und Behaghel das ganze Dentalprateritum aus dieser medialen Aoristform herleiten wollten, was zweifellos ganz verfehlt ist (vgl.nbsp;IF 35, Anz. S. 5). Es werden die Gleichungen angef�hrt: got. wuld�s:nbsp;aind. vrthah] got. fra-waurht�s : idg. 2vrkth�s', got. mund�s (unbelegt,nbsp;aber i. munda, 3. gamunda, gamund�dmn, mund�dun) : aind. mathak.nbsp;Eine gotische Eorm wuld�s (ohne Sternchen!) spukt noch immer innbsp;den Handb�chern und Abhandlungen (so auch bei Od�); sie findetnbsp;sich aber nicht, es hei�t wild�s (unbelegt, aber i., 3. wilda, wild�dum,

1

^ Vgl. doch Brugmann ; �So ist ferner das uridg. e im Ausgang der 3. Sing, 'gegone^

2

uoide^ gr. y�yovs, olds urspr�nglich wohi kein Subjektspronomen, sondern der

-ocr page 73-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 33

wild�duj), wild�dim, wild�di, wild�deij)], und es scheint mir gar nicht so abgemaeht, dafa ein got. *wuld�s je existiert hat. Es bleibt dienbsp;Gleichung got. mtind�s : aind. dmathah. Brugmann (PBB 39, S. 96)nbsp;findet gegen diese Identifizierung zwar nichts Ernstliches einzuwenden.nbsp;Er f�gt aber doch hinzu: �Aber nur in dem sinne ist sie statthaft,nbsp;dafe man annahme, diese formen seien in urgermanischer zeit in dennbsp;bann unserer schon vorhandenen und fertigen prateritalen bildungs-classe hineingeraten.� Dazu m�chte ich bemerken: Es ist dies zwarnbsp;eine M�glichkeit � aber nur eine M�glichkeit, mehr nicht � wenn dasnbsp;germanische Dentalprateritum wirklich ein altes ^Tempus (t�-Tempus)nbsp;und aus einer oder mehreren Flexionsformen des indogerm. Verbal-systems herzuleiten ist. Wenn das aber nicht der Fall ist, wennnbsp;das sich nicht nachweisen la�t, und es sich zeigt, dafa das germ.nbsp;Dentalprateritum vielmehr auf Umschreibung und Zusammenschmelzungnbsp;beruht, dann schwindet auch diese M�glichkeit, weil dann der germanische Ausgang -�s sich auf eine ganz andere und viel nat�rlicherenbsp;Weise erklaren lafet.

Auch Od�s Erklarung der gotischen Dual-, Plural- und Optativ-formen kann ich nicht beipflichten, u. a. weil er im Anschlu� an Johansson mit den arischen Medialendungennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-at� operiert, was

m. E. ganz verfehlt ist; dar�ber s. oben S. 10 ff.

Sowohl gegen mich als gegen von Friesen macht Od� den Einwand, dafe es nicht erlaubt sei, einen Unterschied zwischen pri-maren und sekundaren Verben zu machen. Aber ein solcher Unterschiednbsp;war doch urspr�nglich gewife vorhanden. Dafe Verschiebungen undnbsp;Vermischungen stattfinden k�nnen und stattgefunden haben, ist selbst-verstandlich. Das andert aber nichts an dem prinzipiellen Verhaltnis.nbsp;Die sekundaren oder abgeleiteten Verba (Denominativa und Deverba-tiva) batten urspr�nglich nur einen einzigen Stamm, einen Prasens-stamm. Andere Stamme sind bei diesen Verben erst in den Einzel-sprachen durch Neubildung erschaffen. Wenn es z. B. heiftt gr. Pras.nbsp;Ti/uda), Fut. xifJLi'jav), Aor. �x�/xrjaa, Perf. zeri/xrjxa, oder lat. am�, amabo,nbsp;amabam, amdui, dann beruhen diese Konjugationen auf Neubildung

Ausgang eines nominalen Gebildes gewesenquot; (Grundr.^ II, 3, S. 7). Mehr als

blo6e Vermutung ist dies doch kaum.

3 � Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap

-ocr page 74-

34 JAKOB SVERDRUP

(s. Meillet, Einf�hrung, S. ii4f.). Das Prateritum der sekundaren Verba im Germanischen konnte deshalb entweder durch Anschluft annbsp;das schon vorhandene Flexionssystem der primaren Verba oder durchnbsp;eine periphrastische Konstruktion gebildet werden. Beide M�glich-keiten waren vorhanden. Wenn man nun aber einesteils bedenkt,nbsp;welche grofee Rolle die Tendenz zur Umschreibung beim Verbal-system in alien indogermanischen Sprachen und nicht zuletzt im Germanischen spielt, und es sich andernteils imm�r mehr zeigt, wienbsp;untunlich es ist, das germanische Dentalprateritum aus irgendeinernbsp;Oder mehreren einfachen Flexionsformen des indogerm. Verbalsystemsnbsp;herzuleiten, dann wird doch die M�glichkeit und die Wahrscheinlich-keit, dah das germ. Dentalprateritum durch Umschreibung entstandennbsp;ist, fast zur Gewifeheit. Die Voraussetzung dieser Entwicklung desnbsp;germ. Dentalprateritums liegt also eben in dem urspriinglichen Unter-schied zwischen primaren und sekundSren Verben, und deshalb istnbsp;es v�llig berechtigt, diese Tatsache zu betonen.

Ferner behauptet Od� gegen von Friesen; �Jeder Versuch, das schwache Prateritum im Germanischen einheitlich zu erklaren, d. h. dienbsp;Verba praterito-prasentia nicht von den sekundaren Verba zu trennen,nbsp;hat den Vorzug. � Diese Forderung an Einheitlichkeit bei den Erkla-rungen sprachlicher Erscheinungen und Vorgange begegnet uns heutenbsp;fast auf Schritt und Tritt unter den Sprachforschern. Sie ist in Wirk-lichkeit nichts als ein falsches methodologisches Prinzip, das von dennbsp;iibertriebenen junggrammatischen Vorstellungen der Gesetzmahigkeitnbsp;sprachlicher Wandlungen herr�hrt. Denn die sprachlichen Vorgangenbsp;sind eben so mannigfach und verwickelt und uneinheitlich wie dasnbsp;Leben selbst. Es gibt im Germanischen Vorgange genug, die sichnbsp;nicht einheitlich erklaren lassen, z. B. die Adjektivflexion, das verbumnbsp;substantivum, das starke Prateritum, der Ubergang e gt; und vielenbsp;andere. Wir mussen die Vorgange ganz voraussetzungslos betrachtennbsp;und suchen am liebsten zu evidenten und wenigstens zu plausiblennbsp;Erklarungen zu gelangen; ob diese dabei einheitlich werden odernbsp;nicht, tut nichts zur Sache und ist v�llig belanglos. Dagegen ist esnbsp;ein wichtiges methodologisches Prinzip, dafe die sprachlichen Erklarungen im Einklang mit den Forderungen der Sprache als sozialen

-ocr page 75-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 35

Systems stehen. Ich ra�chte nicht behaupten, dafe die Erklarungen von Collitz und von Od� diesem Prinzip nicht Gen�ge tun. Collitznbsp;zeigt in seinem reichhaltigen Buche �ber das Dentalprateritum oft einnbsp;feines Verstandnis fiir die Forderungen des Systems. Aber die Aus-gangspunkte bei den Erklarungen beider dieser Forscher scheinennbsp;mir doch recht' befremdlich.

Als ein besonders gro�es Verdienst von Collitz hebt Od� fol-gendes hervor: � Aus dem engen Rahmen der Germanistik heraus hat Collitz das Problem in den unabsehbaren Raum der Indogermanistiknbsp;hin�bergef�hrt.� Ich mufa gestehen, daft ich diese Behauptung nichtnbsp;verstehen und nicht zugeben kann. Ob das ganze Problem ein indo-germanisches oder ein intern germanisches ist, mag an und f�r sichnbsp;ziemlich gleichg�ltig sein. A priori kann es doch nicht ein wissen-schaftliches Ziel sein, das germ. Dentalprateritum als ein indogerma-nisches Problem nachzuweisen. Dariiber wissen wir im voraus garnbsp;nichts. Wir wissen nur, dafe wir es hier mit einem Prateritalsystemnbsp;zu tun haben, das f�r das Germanische charakteristisch ist. Bei dernbsp;Untersuchung des Problems m�ssen wir deshalb zunachst vom Ger-manischen ausgehen und alles herauszufinden suchen, was sich ausnbsp;dem Germanischen herausfinden la�t. Erst danach d�rfen wir weiter-gehen und n�tigenfalls und wo m�glich Verkn�pfungen mit Flexions-systemen aufsergermanischer Sprachen suchen. Aus der Tatsache,nbsp;daft der Dental des Dentalprateritums immer mit dem des fo-Parti-zipiums �bereinstimmt, darf man nicht folgern, dafe beide Dentalenbsp;urspr�nglich identisch sind, und daamp; deshalb auch der Dental desnbsp;Prateritums ein idg. t sein mufii. Das ist ein Fehlschlula, wodurchnbsp;man nur auf Abwege gerat, und dieser Fehlschlufk ist sowohl f�rnbsp;Collitz als f�r Od� verhangnisvoll geworden.

Noch eine letzte Behandlung der Frage nach der Herkunft des Dentalprateritums m�chte ich nicht ganz stillschweigend �bergehen:nbsp;Chr. Rogge, �Die entstehung des schwachen prateritums im germanischen als psychologische formangleichung� (PBB 50, S. 321 ff.). Esnbsp;gen�gt aber, sein Ergebnis anzuf�hren: �alle formen des germ,nbsp;schwachen praeteritums gehen als analogie- oder angleichbildungennbsp;von deda aus, aber dies geschieht in zwiefacher weise: einmal indem

-ocr page 76-

36 JAKOB SVERDRUP

von *deda das -da �bertragen wurde, f�r dual und plural auch die vollen formen von *deda in die neue worteinheit eingingen [ta-wid�dum)-, andererseits die angleichung syntaktischer verbindungen annbsp;*deda {mahts was) nur den auslaut a heriibernahmen, wobei sich zum teilnbsp;infolge nachtraglicher umdeutung (mah-ta statt maht-a) /a-formationennbsp;herausstelltenquot; (S. 330).

II. Ergebnisse der obigen Kritik.

Die obigen Er�rterungen mogen vielleicht eine ziemlich negative Kritik der fr�heren Erforschung des Problems erscheinen. Aber ichnbsp;glaube doch, daft eben durch diese Kritik sich wichtige Ergebnissenbsp;feststellen lassen:

1. nbsp;nbsp;nbsp;Die Herkunft des germanischen Dentalprateritums laEt sichnbsp;nicht binnen dem idg. Formensystem finden. Die vielen Versuche,nbsp;die bisher gemacht worden sind, das germ. Dentalprateritum ausnbsp;irgendeiner idg. Verbalform herzuleiten, sind alle gescheitert. Allenbsp;M�glichkeiten scheinen jetzt ersch�pft; keine hat zum Ziel gef�hrt.

2. nbsp;nbsp;nbsp;Schon dadurch hat die Zusammensetzungstheorie in hohemnbsp;Grad an innerer Wahrscheinlichkeit gewonnen. Und weil nun dienbsp;Denominativa und die Deverbativa von Haus aus ein eigenes formellesnbsp;Prateritum entbehrten, wurde es das einzig natiirliche, dieses durchnbsp;eine Umschreibung, eine periphrastische Konstruktion auszudr�cken,nbsp;wie es bekanntlich das Altindische in seinem periphrastischen Perfektnbsp;gamay^ cakara �veranla�te zu gehen� kennt.

3. nbsp;nbsp;nbsp;Dab die Germanen eine ahnliche Umschreibung benutzt haben,nbsp;zeigt fast zur Evidenz das gotische nasid�dum usw., dessen -d�dumnbsp;es ein methodischer Fehler sein w�rde, von dem westgerm. d�dumnbsp;�taten� zu trennen. Dann ist es aber auch die gr�bte Wahrscheinlichkeit, dab das germanische Dentalprateritum hauptsachlichnbsp;einer periphrastischen Bildung mit Formen der Wurzel *dh� zu verdanken ist.

4. nbsp;nbsp;nbsp;Dagegen kann das' germ. Dentalprateritum kaum ganz und garnbsp;durch Zusammensetzung mit reduplizierten Formen der Wurzel *dh�nbsp;entstanden sein. Mit anderen Worten, got. nasida usw. ist nicht aus

-ocr page 77-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 37

einem �nasideda entstanden, und ahd. neritum usw. entspricht nicht dem got. nasid�dum.

5. Zwischen dem Dentalprateritum und dem to-Partizipium, das ja fr�h prSteritale Bedeutung angenommen hatte, besteht eine engenbsp;Assoziation, die nicht nur zu einer �bereinstimmung in dem Dental,nbsp;sondern �berhaupt zu einer formalen �bereinstimmung zwischen dennbsp;beiden P'ormen f�hrte.

Hier haben wir, glaube ich, feste Ausgangspunkte f�r die weitere Betrachtung des Problems. Dagegen ist es m. E. unzulassig, von vorn-herein vorauszusetzen, dafs der Dental aller Dentalpraterita, also sowohlnbsp;von kunj)a, wissa, bauhta als von nasida, hausida, salb�da, denselbennbsp;Ursprung haben mufe. Ich kann nicht einsehen, da� es methodologischnbsp;notwendig ist, alle diese Formen in ein und dasselbe Erklarungs-system einzudr�cken. lm Gegenteil, das heifet doch auf eine vorgefaEtenbsp;Idee bauen. Das ist es eben, was sowohl Collitz als v. Friesen getannbsp;haben, und, wie wir gesehen haben, mit keinem g�nstigen Erfolg.

Wenn nun aber das germanische Dentalprateritum eine urspr�ng-lich periphrastische Bildung ist, dann scheint es einleuchtend, dafe wir von den Denominativa und Deverbativa (Kausativa, Iterativa undnbsp;Inchoativa) auszugehen haben. Denn diese Verba batten von Hausnbsp;aus kein eigenes Prateritum, und muEten also ihr Prateritum durchnbsp;eine periphrastische Konstruktion ausdr�cken. Und ist nun weiternbsp;dieses periphrastische Prateritum durch Verbalformen der Wurzel *dh�nbsp;gebildet worden, so dafe also die spatere Zusammensetzung diesenbsp;Formen als ihr zweites Glied enthalt, dann d�rfte es doch ebensonbsp;einleuchtend sein, dafs es vor allem gilt, die Formen der Typen got.nbsp;nasida, salb�da usw., ahd. nerita, salb�ta usw., as. nerida, satboda usw.,nbsp;ags. neredc, sealfode usw., an. talda, kallaba u.sw. zu erklaren. Denn diesenbsp;Typen m�ssen mit Formen der Wurzel *dhe zusammengesetzt sein,nbsp;wenn wir einmal zu dem Ergebnis gelangt sind, dafj die Denominativa und Deverbativa im Germanischen urspr�nglich ein periphrasti-sches Prateritum mit Verbalformen der Wurzel *dh� gebildet haben.nbsp;Hier liegt das Hauptproblem. Wie es sich dabei mit Formen wienbsp;kitnjgt;a, wissa, bauhta usw. verhaken mag, bleibt eine Sache f�r sich.nbsp;Sie sind gewifi in sprachgeschichtlicher Hinsicht sehr interessante

-ocr page 78-

38 JAKOB SVERDRUP

Bildungen, stehen aber aii�erhalb des Hauptproblems, und k�nnen deshalb fiir die L�sung des Hauptproblems keine entscheidende Rollenbsp;mehr spielen. Es ist deshalb ganz unn�tig und grundlos, die Zusam-mensetzungstheorie fallen zu lassen, nur well sie scheinbar sich nichtnbsp;ohne weiteres auf Formen wie kunpa, wissa, bauhia anwenden lafet.

III. Die Bildung des Dentalprateritums.

Das germanische Dentalprateritum der Typen nasida, salb�da usw. beruht also auf Zusammenschmelzung einer urspr�nglich peri-phrastischen Konstruktion, die aus einem Verbalnomen und einernbsp;Verbalform der Wurzel *dhi bestand. Die periphrastischen Tempus-bildungen waren sehr beliebt in alien idg. Sprachen, und die Ver-bindung konnte teils loser sein, wie z. B. Xz�. factus sum, teils festernbsp;wie bei dem aind. periphrastischen Futurum datasmi �werde geben�nbsp;aus data asmi. Mit dem germ, periphrastischen Prateritum, aus wel-chem das Dentalprateritum hervorgegangen ist, vergleicht man vornbsp;allem und mit Recht das altindische periphrastische Perfekt mit cakaranbsp;�machtequot;, z. B. gamay^ cakara �veranlaBte zu gehenquot;, vid^ cakaranbsp;�wu�tequot;, usw. Hier ist jedoch die Verschmelzung noch nicht voll-zogen, wie das der Fall sein mufe mit dem germ. Dentalprateritumnbsp;schon in einer vorhistorischen Periode. Deshalb vergleicht man auchnbsp;andere urspr�nglich periphrastische Bildungen, die schon fr�h vonnbsp;den Sprechenden als einfache Verbalformen empfunden werden mufsten,nbsp;vor allem das lateinische Imperfekt antabam, mon�bam usw., wo dienbsp;Silbe -bam als ein Aorist *(e)bhuam �ich warquot; (vgl. ir. i. Sing, ba, lit.nbsp;3. Sing, biivo) zur Basis *bheua aufgefafst wird. Weiter vergleichtnbsp;man das slavische Imperfekt neseachu zu nesf �tragequot;, das aus Verschmelzung mit einem *esont �ich warquot; (thematisches Imperfekt zunbsp;jesmt) erklart wird, also *nese-esont �ich war beim Tragenquot;, wie lat.nbsp;leg�bam �ich war beim Lesenquot;; ohne lautliche Schwierigkeiten istnbsp;jedoch diese Erklarung nicht (s. A. Meillet, Le slave commun, � 296).nbsp;Auch eine urspr�nglich periphrastische Bildung mit der Wurzel *dhenbsp;glaubt man aufeerhalb des Germanischen zu finden, namlich in demnbsp;griech. med.-pass. Aorist aufnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;z. B. hifid-d'rjv zu Ti/adcjo �schatzen.

-ocr page 79-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 39

ehren�, �(pih]-'d-r]v zu cpiX�w �lieben� �yoXm-driv zu /oldco �erz�rnenquot;. Diese Formen sind wahrscheinlich Zusammensetzungen eines Verbal-nomens mit dem Aorist *(�-)drjv der Wurzel *dh�, also dem aind.nbsp;Aorist ddham entsprechend; auch diese Deutung steht doch nicht ganznbsp;fest (s. Hirt, Handb. der griech. Laut- und Formenlehre � 468; Brug-mann, Grundrife^ II, 3, S. 503 f.; Meillet-Vendr3'es, Trait� de gramm.nbsp;comp., S. 214 ff.). In den germanischen Sprachen ist die Tendenznbsp;zur Umschreibung mit einem Verbum �facerequot; immer lebendig ge-bheben. Zwar linden wir diese Umschreibung nicht in der altestennbsp;Zeit; aber das ist eben leicht verstandlich, wenn das germ. Dental-prateritum wirklich aus einer periphrastischen Bildung mit Verbalfor-men der Wurzel *dh� hervorgegangen ist. Bekannt ist ja die Umschreibung mit dem Hilfsverb do im Englischen. lm Deutschen findennbsp;wir die Umschreibung des Verbum finitum durch tim und den sub-stantivierten Infinitiv seit dem 13. Jahrhundert, und in den Mundartennbsp;ist sie heute weit verbreitet (s. Paul, Deutsche Grammatik 4, � 349;nbsp;Behaghel, Deutsche Syntax II, � 746): klagen si do beide von irnbsp;dienste herzelichen taten (Kudr. 1065, 4), daz si uns t�on bewarennbsp;(Walth. 6, 2). Besonders haufig ist diese Umschreibung im Mittel-niederlandischen: heten dede,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;usw. (Grimm, Deutsche Gram

matik IV, S. 103 f.). Im Norwegischen sind Redensarten wie lese gjorde han hele dagen ganz gelaufig. Wie man sieht, die Annahme,nbsp;dah das germ. Dentalprateritum aus einer ahnlichen periphrastischennbsp;Konstruktion entstanden sei, stimmt vortrefflich zu dem ganzennbsp;System.

Dafe der erste Bestandteil des germ, periphrastischen Prateritums ein Verbalnomen gewesen ist, darf wohl jetzt ohne weiteres ange-nommen werden. Wie aber dieses Verbalnomen gebildet war, undnbsp;welcher Kasus in der Periphrase Verwendung fand, dar�ber lafat sichnbsp;jetzt kaum etwas Bestimmtes ermitteln. Auch hier will v. Friesennbsp;(s. 21) Anschauungen geltend machen, die wenigstens sehr anfechtbarnbsp;sind: �Huruvida det germ, subst. ursprungligen varit en -/o-stamnbsp;(mask, eller neutr.) eller en -?a-stam (fem.), jfr. Brugmann, Grundr.^nbsp;2: I � 26 (s. 167) och � 97 b (s. 168), ma lamnas �ppet och er lik-giltigt: den urg. grundformen till satida ar, sedan verbet enklitiskt

-ocr page 80-

40 JAKOB SVERDRUP

anslutit sig til verbalsubstantivet och detta antagit kompositionsform, *satija-de�d^ (lt; ieur. *sodeiom eller *sodeiam dhedhod). Detta ar salundanbsp;grundformen til preteriter av 2:dra och 3:dje sv. klasserna (resp. fvn.nbsp;velia, val�a och fella, felda). I analog! harmed b�r grundformen tillnbsp;i:sta klassens preteritum lyda *peuan�ia-()e�a^, jfr. fsa. thionoian pres,nbsp;inf., senare thionon = fvn. pi�na. Preteritets f�rsta led b�r vara bildadnbsp;pa presens-stammen och denna andas i f�rsta klassen pa -�io-, Oie-,nbsp;se Streitberg UG � 206: ags. pres. ind. i. p. sealfie, (3) pl. sealfta�,nbsp;inf. sealfian etc. av stammen *sal'b�io-, *salt)�ie-, pret. sealfode = fsa.nbsp;saltoda (inf. aldst salioian). Troligen har pa et tidigt stadium (got.nbsp;salboda) andelsen -�ifa)- i pret. reducerats till � f�re det pa konsonantnbsp;uddljudande *be.�a^, under det att daremot i pres. -�i- kvarstod framf�rnbsp;bakre vokal (fsa. salioian, ags. sealfian), dar det ej genom analog!nbsp;ersatts av o (got. sa/�ow).� Aber as. thionoian kann unm�glich alternbsp;sein als thionon', es ist m�glich, da6 wir es hier mit zwei uraltennbsp;Bildungen zu tun haben, wahrscheinlich ist aber thinoian eine spaterenbsp;Neubildung. Eine Grundform *salb�ia-�e�a^ hatte kaum im Ags.nbsp;sealfode geben k�nnen, das wird jeder einsehen, der mit den ags.nbsp;Lautverhaltnissen vertraut ist. Und es ist unbegreiflich, warum got.nbsp;salb�n eine analogische Umbildung sein soil. Es scheint mir, dafijnbsp;v. Friesen �berhaupt das formale Verhaltnis bei den germ. �-Verbennbsp;verkannt hat. Wir haben es namlich hier mit zwei uralten Bildungennbsp;zu tun: einer athematischen Bildung auf -d- und einer thematischennbsp;mit -ie-Ito- erweiterten Bildung auf -aie-'.-dio-. Zu dem ersten Typusnbsp;geh�rt z. B. lat. cubds cubdmus, laudds lauddmus usw.; ir. maraithnbsp;�bleibt� aus *mrrd-, 'rannam �wir teilenquot; zu rann �Teilquot;, scaraimnbsp;�trenne michquot; (wo -aim aus -dmi wie in ahd. salb�m), gr. aol. t{ua-/uevnbsp;�wir ehrenquot;, usw.; lit. b�vome �wir warenquot;, j�sto-me �wir g�rtenquot;nbsp;zu j�'sta �G�rtelquot;, brydau �stehe im Wasserquot;, usw.; aind. mdldtinbsp;�ist wie ein Kranzquot; zu mdld �Kranzquot;. Zu dem thematischen Typusnbsp;geh�rt z. B. aind. damdyd-ti �bandigtquot; (vgl. aber lat. donias � amp;\\d.nbsp;sam�s), usw.; gr. att. Ti/xdoo (aus -di�), usw.; aslav. diraj(i �schindequot;,nbsp;citaj(i �lesequot;, lit. lindoju (neben lindau) �bin hineingekrochenquot;, usw.nbsp;Das Italische scheint urspr�nglich nur den athematischen Typus zunbsp;kennen. Jedoch wird die i. Sing. Ind. Pras. auf -� allgemein aus

-ocr page 81-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 41

-ai� erklart; aber diese Erklarung steht kaum fest; -� k�nnte wohl auch aus -a� entstanden sein' (vgl. umbr. subocauu �invocoquot;), indemnbsp;der urspr�ngliche Ausgang -ami zu -a� gt; -� umgebildet worden seinbsp;nach den thematischen Verben der 3. Konjugation, ungefahr wie dasnbsp;�mi von ai. bhdrami (lat. fer�] auf die thematischen Stamme �bertragennbsp;worden ist. Auch im Keltischen scheint der athematische Typus fastnbsp;alleinherschend zu sein. Nur bei den einsilbigen Stammen k�nnennbsp;wir noch die thematische Flexionsweise erkennen, z. B. ir. sna�d �flief3t�.nbsp;raid �rudertquot;, vgl. aind. snaya-t� �badet�; dagegen kann 'tau �ich bin�nbsp;ebensowohl aus 1sta� als aus 1stdi� entstanden sein. Im Germanischennbsp;ist der athematische Typus wenigstens der herrschende. Das Gotische,nbsp;Altnordische und auch das Althochdeutsche kennen nur den athema-tischen Typus; denn die alemannischen Optativformen salb�(g)e,nbsp;salb�(g)�st usw. m�ssen Neubildungen sein (trotz der Versicherungnbsp;Wilmanns, Deutsche Gramm. Ill, S. 86). Am weitesten verbreitet istnbsp;bekanntlich der thematische Typus irn Anglofriesischen; alsoim Ags.:nbsp;I. Sing. Ind. sealfte (aber 2. und 3. sealfas, sealfa�), Plur. sealfiad;nbsp;Opt. sealfte, sealfien) Imp. i., 2. Plur. sealfian, sealfiad] Part. sealficnde]nbsp;Inf. sealfian. Im Altsachsischen finden wir die thematischen und athe-matischen Formen nebeneinander, z. B. Ind. Plur. mako(ia)d] Opt.nbsp;1. Sing, mako(ie), PI. mako(ia)n] Part. mako(ia)ndi] Inf. mako(ia)n. Dienbsp;thematischen Formen kommen nur im Heliand und in der Genesisnbsp;vor neben den athematischen Formen, die �berhaupt die Mehrzahlnbsp;bilden. Bei diesen -y-Formen k�nnen wir wohl den altererbtennbsp;thematischen Typus haben, jedoch kaum beim Infinitiv, weil dernbsp;Infinitiv von Flaus aus mit dem Verbum nichts zu tun hatte; sprach-geschichtlich mufi deshalb as. thionon alter als thionoian sein (vgl.nbsp;Streitberg UG � 198 und Zur germ. Sprachgeschichte S. 15 ff.). Undnbsp;es scheint mir auch wenigstens fraglich, ob die �brigen Formen mitnbsp;-j- wirklich den alten thematischen Typus vertreten. Sie k�nnen auchnbsp;Neubildungen sein. Collitz (Schwach. Prat. S. 96) sagt nicht ohnenbsp;Berechtigung; �Man hat ja nun freilich dem Altsachs., Altfries, undnbsp;A^s. zu Liebe eine urgerm. Flexion auf -�j�n angenommen. Dafe aber

1

Brugmann, Grundri� l� 3, S. 199, setzt als Ausgang -alij� und will wohl eben dadurch andeuten, da6 heides m�glich ist.

-ocr page 82-

42 JAKOB SVERDRUP

das j in der 2. Klasse nicht alt ist, ergibt sich daraus, daft das j aut den Stammvokal der Verba (im Gegensatz zu dem j der i. Klasse)nbsp;keinen Einflufii �bt. Die Erklarung ist vielmehr darin zu suchen, dafijnbsp;die genannten Sprachen dazu neigen, die scharfe Scheidung zwischennbsp;den verschiedenen Klassen der schwachen Verba fallen zu lassen undnbsp;namentlich das ursprilnglich nur fur die i. Klasse charakteristische -j-auf samtliche schwachen Verba auszudehnen.quot; Hierzu bemerkt Brug-mann (Grundrift^, II, 3, S. 119, Fufenote): �Collitz, Schwach. Prat.nbsp;95 fif., halt das as. ags. *-�ian f�r eine Neuerung f�r -on. Im Prinzipnbsp;erscheint das nicht unglaubhaft, zumal wenn man die Neubildungnbsp;umbr. portaia �portetquot; vergleicht.quot; F�r Collitz� Auffassung sprichtnbsp;auch die Tatsache, teils daft wir von dem thematischen Typus im Got.,nbsp;An. und Ahd. keine Spur linden, und teils daft die -y'-Form in dennbsp;�brigen germ. Sprachen (besonders im As.) so wenig durchgef�hrtnbsp;erscheint. Unter diesen Umstanden ist jedenfalls die Vermutungnbsp;V. Friesens, daft got. salboda, ahd. salbota, as. salboda, ags. sealfode,nbsp;(an. kalla�a) samtliche auf eine Grundform *salt�ia-�eda^ zur�ckgehen,nbsp;v�llig unhaltbar. Und auch seine Annahme, dafa der erste Bestandteil der periphrastischen Bildung ein Verbalsubstantiv auf -ia (Fern.)nbsp;gewesen sei, ist nicht stichhaltig. Besser k�nnte dann. Loewes Annahme scheinen (IF IV, S. 374), da6 der erste Bestandteil der Juxtaposition der Infinitiv sei: salb�da lt;^*salp�non-dhedh�m durch �Wort-k�rzungquot;. In lautlicher Hinsicht ist doch diese Annahme sehr bedenk-lich und nicht hinreichend begrundet.

Vergleicht man nun hinsichtlich der Bildung des zugrunde liegenden Verbalnomens unser Dentalprateritum mit den oben erwahnten aufeergermanischen urspr�nglich periphrastischen Bildungen, dannnbsp;scheint die Bildungsweise von z. B. lat. doma-bam, gr. �zijnd-'amp;rjv genaunbsp;dem ahd. zam�-ta, got. salbo-da zu entsprechen, ebenso lat. tac�-ham,nbsp;gr. �cpdfj-'amp;tjv dem ahd. dag�ta, got. habaida] dagegen stimmt got.

^ Es gen�gt, auf folgende Arbeiten hinzuweisen, wo auch weitere Lit. verzeichnet ist: Brugmann, Grundrift^, II, 3, S. ^oi, 506, 516; Thumb, Handb. d, Sansl^-itsnbsp;1,369 f.; Sommer, Handb. der lat. Laut* und Formenlehre I, S. 521 ff., II, S. 140 ff.;

-ocr page 83-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 43

satida nicht zum lat. mon�bam. Zu den lat. Formen stimmen wieder in auffalliger _Weise die slav. Bildungen auf -achU wie nes�ach� usw.nbsp;(Meillet, Le slave commun, � 296), Nun sind aber die Natur und dienbsp;Bildung des verbalen Nomens, das den aufeergermanischen Bildungennbsp;zugrunde liegt, ebenso unaufgeklart wie die des germ. Dentalprateri-tums. Fine Reihe von Hypothesen ist vorgelegt worden, ohne daftnbsp;eine evidente Erklarung erreicht worden ist. Ich brauche diese nichtnbsp;hier naher zu besprechen'. Nur m�chte ich bemerken, dafb Hirtsnbsp;Annahme (IF 17, S. 40 ff.), wir hatten es urspr�nglich �berall hiernbsp;mit einem �Kasus indefinitusquot; zu tun, mir zwar geistreich, aber dochnbsp;nur ein Notbehelf scheint; das Bedenkliche dabei ist, daft man dannnbsp;die ganze Bildung bis in eine uralte indogermanische Periode vornbsp;der Ausbildung der Flexion verlegen mufe. Was Streitberg schonnbsp;vor Jahren (UG S. 341) ausgesprochen hat, scheint mir deshalb nochnbsp;heute nicht ohne Berechtigung: �Wie in lat. amdbam, uidsbani,nbsp;fardbatn, in abg. delaach�, cel�ach�, sucht man auch in den germ.nbsp;Formen alte Kasus; au6er dem allzeit hilfsbereiten Instrumental bleibtnbsp;wenig Auswahl. Es ist zuzugeben, dafe der erste Ausgangspunktnbsp;irgendwelcher Kasus gewesen sein mu6, wahrscheinlich ein Akkusativ;nbsp;jedoch darf man nicht so weit gehn, in den lat., abg. oder germ.nbsp;Formen noch regelrechte Kasus zu suchen. Diese sind ersetzt worden durch das, was dem Sprachgef�hl der Redenden als �Stamm�nbsp;erscheinen muEte, d. h. durch jenen Lautkomplex, der in den ver-schiednen Flexionsformen konstant bleibt, wahrend ihm die �Endungenquot;nbsp;das je nach Kasus oder Person Veranderliche sind, vgl. H. Paul,nbsp;PBrB IV. 413. Es ist daher vergebne M�he, die zu einem einheitlichennbsp;Ganzen verwachsnen periphrastischen Bildungen durch einen einfachennbsp;Schnitt in zwei Teile zu zerlegen und in dem ersten den oder jenennbsp;Kasus zu suchen.quot; Ich glaube noch heute, daE Streitberg hier imnbsp;wesentlichen die Sache richtig beurteilt hat, obwohl sein Ausdruck

Meillet, Le slave commun, S. 232 ff.; Meillet-Vendryes, Trait� de grammaire compare, S. 275. � Manu Leumann, Die ital. �- und A-Tempora (IF 42, S. 60 ff.,nbsp;und die da verzeichnete Literatur).

-ocr page 84-

44 JAKOB SVERDRUP

�ersetztquot; mir nicht gl�cklich gewahlt scheinth Ich denke mir den ganzen Vorgang bei der Entstehung des germ. Dentalprateritums fol-gendermaamp;en: Urspr�nglich war der erste Bestandteil der periphra-stischen Konstruktion ein verbales Nomen, dessen genaue Bildung undnbsp;Kasus wir nicht mehr bestimmt feststellen k�nnen. Durch die Ver-schmelzung der beiden Bestandteile zu einem einheitlichen Ganzennbsp;verlor das zweite verbale Glied allmahlich die Bedeutung eines Hilfs-verbs und wurde immer mehr als nur flexives Element empfunden.nbsp;Es entstanden somit neue einfache Verbalformen mit prateritaler Bedeutung, deren Elexionsausgange auf flektierte Formen der Wurzelnbsp;*dh� zur�ckgingen. Dabei scheint es mir einleuchtend, dafs die neunbsp;entstandenen Verbalformen nicht aufserhalb des Systems stehen bleibennbsp;konnten, sondern muEten sich in das ganze �brige Verbals3'stemnbsp;einf�gen durch Assoziation mit den entsprechenden �brigen Verbal-formen (Prasens-, Imperativformen, Infinitiv usw.), ungefahr wie esnbsp;sich Streitberg gedacht hat, und diese Assoziation wurde dann auchnbsp;f�r den� �Stamrnquot; der neuen Prateritalformen bestimmend. V'on ent-scheidender Bedeutung aber ist meines Erachtens die zweifellos starkenbsp;Assoziation mit den entsprechenden to-Partizipia gewesen. Der Grundnbsp;war, daE die to-Partizipia binnen dem System, worin sich die neuennbsp;Praterialformen einf�gen muEten, die einzigen Formen waren (nat�rlichnbsp;von den starken Verben abgesehen), die prateritale Bedeutung hatten,nbsp;so daE sie als passives Prateritum Verwendung fanden, auch ohnenbsp;Hilfsverb. So finden wir z. B. im Altindischen Umschreibungen mitnbsp;dem to-Partizipium ohne das Verbum Substantivum wie tat� nt� dpahnbsp;(RV I, iio, i) �getan ist meinWerk�. Auch kann an die Entstehungnbsp;des kelt. passiven Prateritums, wo auch das /o-Partizipium zugrundenbsp;liegt, erinnert werden, z. B. ir. ro carad �wurde geliebtquot;, ro carthanbsp;�wurden geliebtquot; (s. Thurneysen, Hdb. I, S. 403 flf., Brugmann, Grundr.^nbsp;II, 3, S. 509). Neben dem �Dentalpartizipiumquot; kommt also im Germ,nbsp;ein Dentalprateritum zu stehen. Dies ist eben sehr wichtig: hier habennbsp;wir die psychologische Grundlage der durchgef�hrten formalen �ber-einstimmung zwischen Dentalprateritum und /o-Partizipium. Uberall

� Dagegen sagt Streitberg gar nicht, wie Sommer (Krit. Erlaut. S. 141) behauptet, dafe dieser �Ersatzquot; bereits in uridg. Zeit erfolgt sein soil. Im Gegenteil, aus

-ocr page 85-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 45

stimmt der Wortbestandteil vor dem Prateritalausgang zu dem Stamm des t�-Partizipiums. Um dies zu veranschaulichen, nehme ich einigenbsp;Beispiele aus dem Gotischen:

jah gawasi-dedun ina paurpurai (Mc 15,17) ~ wasu}5-jDan lohannes gawasi-jgt;s taglam ulbandaus (Mc 1,6).

bijje daupi-da alia managein (L 3,21) daupi-jgt;s was fram lohanne (Mc 1,9); daupi-dai wesun allai (Mc 1,5).

JjaJjroh aftra galagi-da handuns ana jjo augona is (Mc 8,25) st. wasuh l^an hulundi jah staina ufarlagi-da was ufaro (I 11,38).

jah gasati-da ina ana giblin alhs (L. 4,9) ~ gasati-dai wesum (E I, ii).

aiwaggeli j)atei meri-da izwis (K 15,1) ~ jah in allai bairgahein ludaias meri-da wesun alia j)o waurda (L 1,65).

bi mik auk jains gameli-da (I 5,46) ~ {jata gameli-do (L 18,31). gahaili-da ins (L 4,40) gahaili-dai waurjjun (L 6,18).nbsp;jjaruh eis allai gadoini-dedun ina skulan wisan daujjau (Mc. 14,64)nbsp;~ jah uswaurhta gadomi-da warj) handugei fram barnam seinamnbsp;(M II, 19).

jah suns hauhi-da ina (I 13, 32) ~ unte lesus nauhjianuh ni hauhi-j)s was (I 7,39).

saei gatimri-da razn sein (M 7,24) ~ ana Jiammei so baurgs ize gatimri-da was (L 4,29).

saei in gudaskaunein wisands ni wulwa rahni-da wisan sik galeiko guda (Ph 2, 6) ~ rahnt-dai wesum swe lamba slauhtais (R 8,36).

Jiatei frauja gakanni-da unsis (L 2,15) ~ unte bi andhuleinai gakanni-da was mis so runa (E 3,3).

hianuh jian jiuk sehjum gast jah galafgt;o-dedum ? (M 25,38) ~ swaswe atlapo-dai sijuj) in aina wen (E 4,4); gala^o-jgt;s wast (K 7,21).

jah [sa] galaubjands du imma ni gaaiwisko-da (R 9,33) ni gaaiwisko-j)S war|) (k 7,14).

jan-ni gaweiso-dedup meina (M 25,43) ~ gawciso-dai waurjjun (Neh 7,1).

etun jah drugkun, lingai-dedun jah lingai-dos wesun (L 17,27).

seiner ganzen Darstellung erhellt, dafi er diesen �Ersatz� als einzelsprachlich betrachtet.

-ocr page 86-

46 JAKOB SVERDRUP

hjan filu jjus frauja gatawida jah gaarmai-da J)uk (Me 5,19) ~ ij) nu gaarmai-dai waurjju|) (R 11,30).

ni heilai-dedun bidjandans (C 1,9) ~ unte ana/veilai-ps war{) ahma is fram allaim izwis (k. 7,13).

Ich brauche keine Beispiele aus den anderen germ. Sprachen anzufuhren. Uberall linden wir die formale Ubereinstimmung zwischennbsp;Dentalprateritum und Dentalpartizipinm durchgefilhrt. Dem aktivennbsp;Prateritum hailida entspricht das passive Prateritum haili-^s (Fern, hai-lida) warj) (was). Es kann kein Zweifel bestehen, dafe das Dentalprateritum schon friih in eine enge Beziehung zu dem to-Partizipiumnbsp;getreten sein mufe, was nicht vergessen werden darf, wenn man zunbsp;der Erklarung der mittelvokallosen Praterita kommt. Bei der Ent-wicklung des germ. Dentalprateritums linden wir also zwei Haupt-momente; erstens die Verschmelzung der periphrastischen Konstruktion,nbsp;und zweitens die Einverleibung des neu entstandenen Prateritumsnbsp;in das �brige Verbalsystem durch Assoziation mit dem to-Partizipium.nbsp;Fiir die Richtigkeit dieser Auffassung spricht auch die Tatsache, dafj mitnbsp;Ausnahme der Singularendungen des Indikativs die iibrigen Flexions-endungen des Dentalprateritums iiberall zu denjenigen des starkennbsp;Prateritums stimmen; nur im Alemannischen und bei Isidor lindennbsp;wir besondere Plural- und Optativendungen, die sich jedoch, wie wirnbsp;weiter unten sehen werden, als spatere Neubildungen leicht erklarennbsp;lassen.

Wir kommen jetzt zu der Frage nach der Form des Flilfsverbs, das den zweiten Bestandteil der urspr�nglich periphrastischen Konstruktion bildet. Solange das germ. Dentalprateritum sich noch aufnbsp;dem periphrastischen Stadium befand, ist es klar, dafe eine Reihenbsp;von verschiedenen Formen der Wurzel *dh�, sowohl Aoristformen alsnbsp;Perfektformen, sowohl reduplizierte als unreduplizierte Formen, innbsp;diese Periphrase eintreten konnten. Aber abgesehen von den Formennbsp;des Typus nasidedum, dessen -d�dum wegen des langen -�- einernbsp;naheren Erklarung bedarf, k�nnen, wie ich oben nachzuweisen gesuchtnbsp;habe, die Formen des Dentalprateritums weder aus einem redupliziertennbsp;Aorist (oder Imperfekt) noch aus einem reduplizierten Perfekt herge-leitet werden. Aus prinzipiellen Gr�nden bin ich �berhaupt geneigt

-ocr page 87-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 47

anzunehmen, dafe das Dentalprateritum eben nicht mit denjenigen Formen der Wurzel *dh� zusammengesetzt ist, welche als selbstandigenbsp;Verbalformen auch nach der Zusammenziehung in der Sprache fort-lebten, also z. B. as. nerida nicht mit deda, ahd. neritum nicht mitnbsp;tatmn. Den es ist wahrscheinlich, dafe diejenigen Formen der Wurzelnbsp;*dh�, die als Hilfsformen in der periphrastischen Bildung besondersnbsp;Verwendung fanden und daher als selbstandige Formen wenigernbsp;gebrauchlich wurden, ausgestorben sind gleichzeitig mit der Zusammen-schmelzung der periphrastischen Konstruktion. So steht neben lat. ama-bant kein selbstandiges *fam (aus *bhuam, vgl. doch altlat.�ichnbsp;moge sein�), dagegen ir. ba �ich warquot;, Wt. b�vo �er warquot;; nebennbsp;griech. htudamp;tjv kein selbstandiges *�amp;r]v (vgl. s�-rjxa), dagegen aind.nbsp;ddham. Es ist dies ein Vorgang, der auch bei den nominalen Kompo-sitionsbildungen wohlbekannt ist, und der sich im Germanischen vornbsp;unseren Augen vollzieht. Indem das zweite Kompositionsglied all-mahlich zu einem bloBen formantischen Element herabsinkt, verschwin-det entweder das selbstandige Wort ganz oder lebt nur fort in einernbsp;verschiedenen, speziellen Bedeutung. So ist neben den Abstrakta aufnbsp;�heit wie ahd. niagadheit, kindheit, frtheit, kuoviheit usw. das im Mhd.nbsp;noch lebendige /��'/jetzt ausgestorben. Neben den Bildungen auf -schaftnbsp;[Frcimdschaft, Botschaft usw.) ist das selbstandige Wort ahd. scaf,nbsp;giskaft, mhd. skaft auch verschwunden. So auch ahd. mhd. iuomnbsp;neben Rittertum, K�nigtmn usw.; zwar bewahren noch das Engl. undnbsp;das Nord. das selbstandige Wort (engl. doom, norw. dom), aber innbsp;der speziellen Bedeutung �Urteilquot;. Wir haben Adjektiva wie s�ndhaft,nbsp;glaubhaft usw., aber das alte selbstandige haft findet sich nicht mehr.nbsp;Weitere Beispiele sind nicht n�tig; sie lassen sich aus allen idg.nbsp;Sprachen anf�hren.

Die Form des Hilfsverbs (nat�rlich wieder von dem Typus got. nasid�dum abgesehen), das den zweiten Bestandteil des germ, periphrastischen Prateritums bildete, kann deshalb meines Erachtens nurnbsp;ein augmentloser Aorist der Wurzel *dh� gewesen sein. Es mag viel-leicht k�hn scheinen, dem Aorist eine solche Wichtigkeit im Germanischen beimessen zu wollen, wo doch die meisten Forscher dasnbsp;ganze starke Prateritum ausschliefslich �� oder fast ausschliefalich auf das

-ocr page 88-

48 JAKOB SVERDRUP

indogermanische Perfekt zur�ckf�hren. Diese Auffassung ist beinahe zu einem Dogma geworden. So bemerkt z. B. J. J. Mikkola (Streitberg-Festgabe, S. 267), indem er die alte Gleichung got. iddja : aind. dyatnbsp;verwirft; �Es ware aber recht merkw�rdig, dafe eine isolierte Aug-mentform im Germanischen erhalten ware, da die anderen Prateritanbsp;auf idg. Perfekta zurilckgehen.quot; Zwar findet sich kaum eine Augment-form im Germanischen, aber nicht weil die anderen Praterita auf idg.nbsp;Perfekta zuriickgehen. Das ist eben eine Behauptung, die nie erwiesennbsp;worden ist; man nimmt nur hier als ausgemacht, was nie wissenschaftlichnbsp;festgestellt worden ist. Auch von Friesen behauptet �att det starkanbsp;preteritum i alia germaniska sprak atergar pa ieur. perfektum. Inbsp;denna iakttagelse ligger uppslagsandan till hela problemets l�sning�nbsp;(Det svaga pret., S. I, Fufanote). Und doch scheint seine L�sung desnbsp;Problems eben an �denna iakttagelsequot; zu scheitern. In der Tatnbsp;k�nnen wir meines Erachtens die Entstehung und Ausbildung desnbsp;germanischen Prateritalsystems nicht erklaren ohne die Annahme einernbsp;Mischung von Perfekt- und Aoristformen.

In einem Aufsatz �Der Aorist im germanischen Verbalsystem und die Bildung des starken Prateritumsquot; (Falk-Festskrift, S. 296�330)nbsp;habe ich die Frage nach der Erhaltung von alten Aoristformen imnbsp;germanischen Verbalsystem ausfilhrlich behandelt, und ich glaube nach-gewiesen zu haben, dah eine Reihe von Aoristformen in das germa-nische Prateritalsystem aufgenommen worden ist1.

Sichere Aoristformen sind die westgermanischen Prateritalforraen der 2. Sing, des Indikativs. Die auhergermanischen Entsprechungennbsp;sind gar nicht so selten und zufallig, wie �fters behauptet worden ist.nbsp;Dem erwahnten Aufsatz entnehme ich folgende Beispiele:

ahd. biezi, as. biti, ags. bite (zu ahd. b�zan �beiftenquot;, usw.) : aind. dbhidah �spaltetestquot;.

ahd. bi-libi, as. bi-ltbi, ags. be-life (zu bi-liban �bleibenquot;, usw.) : aind. dlipah �beschmiertestquot;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;

ags. siwe, ahd. siwi (zu ags. s�on �seihen�, usw.) : aind. dsicaJt �gossestquot;.

1

F�r die ganze nahere Beweisfiihrung mu6 ich auf diesen Aufsatz verweisen.

-ocr page 89-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 49

ahd. zig!, ags. tige (zu ahd. zthan �zeihenquot;, usw.) : aind. ddifah �zeigtestquot;.

ahd. as. stigi, ags. stige (zu ahd. st�gan �steigenquot;, usw.) : gr. �oxiyes

ahd. liwi, as. far-liwi {zn Ithan �leihenquot;, usw.) : aind. dricah ��ber-liefeestquot;, gr. �hm(; �verliefaestquot;.

ahd. scizzi, ags. scite (zu ahd. sctzan �scheifeenquot;, usw.) : aind. dchidah �spaltetestquot;.

ags. mige (zu m�gan �mingere�) : aind. dmihah �minxistiquot;.

ahd. wicht, ags. wice (zu ahd. wtchan �weichen�, usw.) ; aind. dvijah �wichst zur�ck�.

ahd. buti, as. budi, ags. bude (zu ahd. biotan �bietenquot;, usw.) : aind. dbudhah �erwachtestquot;.

ahd. bugi, ags. buge (zu ahd. biogan �biegenquot;, usw.) : gr. �qtvye? �flohstquot; mit g, aber germ, gh oder k.

ahd. riizzi, ags. rute (zu ags. r�otan �wehklagenquot;, usw.) : aind. drudah �wehklagtestquot;.

ahd. klubi, as. kluti, ags. clufe (zu ahd. klioban �spakenquot;, usw.): gr. eylvcpeg �schnitztestquot;.

ahd. trugi, as. drugi (zu ahd. triogan �tr�genquot;, usw.) : aind. druhah �suchtest zu schadenquot;.

ahd. as. kuri, ags. cure (zu ahd. kiosan �wahlenquot;, usw.) : aind. djusah �erfreutest dichquot;.

ahd. ar-luti, as. ludi, ags. lude (zu ags. l�odan �wachsenquot;, usw.): aind. drudhah �wuchsestquot;.

ags. rufe zu r�ofan �zerbrechenquot; (nur Part. rofen, berofen belegt): aind. driipah �zerbrachstquot;.

ags. luce zu l�can �schlie�enquot; : aind. drujah �zerbrachstquot;.

ahd. wurti, as. wurdi, ags. wurde (zu ahd. werdan, usw.) ; aind. dvrtah �drehtestquot;.

ahd. mulki, ags. mulce (zu ahd. melkan �melkenquot;, usw.) : aind. dmrjah � wischtest ab quot;.

dhd. furzi, ags. furte (zu ags. feortan �pederequot;, usw.) : gr. ejiQa�eg.

ahd. smurzi, ags. smurte (zu ahd. smerzan �schmerzenquot;, usw.); aind. dmrdah �zerriebstquot;.

4 � Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap

-ocr page 90-

5� JAKOB SVERDRUP

as. sulce (nur im Part, asolcen �trage gewordenquot; belegt) : aind. dsrjah �liefeest losquot;.

westgerm. *purri (zu got. gapairsan �d�rr werden, lechzenquot;) : aind. trsah �d�rstetestquot;.

as. thunsi, ahd. dunsi (zu tiunsan, dinsan �ziehenquot;) : aind. dtasah �schiitteltestquot;.

ags. swunce (zu swincan �sich abmiihenquot;) : aind. dsvajah �um-armtest�(?).

Diese westgermanischen Prateritalformen der 2. Sing, wurden fr�her und werden noch heute als urspr�ngliche Optativformen erklart, dienbsp;in den Indikativ eingedrungen seien. In meinem Aufsatz (Falk-Fest-skrift, S. 303 f�.) glaube ich jedoch nicht nur nachgewiesen zu haben,nbsp;dafe die Einwendungen gegen die Aorist-Erklarung nicht stichhaltignbsp;sind, sondern dafii auch die Optativ-Hypothese ganz verfehlt ist.

Eine weitere eigent�mliche Form ist die germanische prateritale 3. Person Plur. Ind. wie got. bitun, budun, waurpun, bundun usw. Esnbsp;ist dies eine athematische Bildung mit der Endung -nt, und der Endungnbsp;nach scheint sie kaum eine Perfektform zu sein. Die 3. Plur. Perf.nbsp;Ind. des Indogermanischen war namlich h�chstwahrscheinlich ur-spr�nglich eine r-formantische Bildung; vgl. z. B. aind. Akt. cakr�hnbsp;�sie haben gemachtquot;, p�c�h �sie haben gekochtquot;, usw., Med. cakrir�,nbsp;p�cir� usw.; av. Akt. atjhard �sie sind gewesenquot;, cik�itdVds �sie habennbsp;wahrgenommenquot; (vgl. aind. cikit�h), Med. cdxrare ( = aind. cakrir�)] lat.nbsp;fu�re, dtx�re, u�d�re usw., tochar. wenare �dix�requot;; air. ro rergatarnbsp;�sie haben ausgestrecktquot;, ro leblangtar �sie sind gesprungenquot;, usw. �nbsp;Die sekundare Endung -nt ist zwar selten aufeerhalb des Germanischen;nbsp;jedoch finden sich aoristische Formen mit dieser Endung (s. Falk-Festskrift, S. 315). Wohl bekannt ist dagegen die thematische Bildungnbsp;auf -nt in der 3. Plur. Ind. des Aorists, z. B. aind. dsican, gr. �hnov,nbsp;zs\z.v. pad(i �sie fielenquot;. Sowohl der Endung als der Wurzelstufe nachnbsp;scheint also got. bitun usw. eine aoristische Bildung zu sein, und wirnbsp;k�nnen dann z. B. folgende fast genaue Entsprechungen feststellen:nbsp;got. bitun : aind. dbhidan.nbsp;got. gataihun : aind. ddican.nbsp;got. bilibun ; aind. dlipan.

-ocr page 91-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 51

got. laifvun nbsp;nbsp;nbsp;:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gr. sXinov.

got. stigun nbsp;nbsp;nbsp;:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gr. �atr/^ov.

got. bidun nbsp;nbsp;nbsp;:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gr. Emd-ov.

ags. sciton nbsp;nbsp;nbsp;: aind.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dchidan.

got. budun nbsp;nbsp;nbsp;: aind.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dbudhan.

got. bugun : aind. dbhujan,^gr. �qjvyov.

ags. clufon : gr. ty}Mq)ov.

ags. ruton nbsp;nbsp;nbsp;:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;aind. drudan.

as. drugun nbsp;nbsp;nbsp;;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;aind. diruhan.

got. ludiin nbsp;nbsp;nbsp;: aind.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dnidhan.

ags. rufon nbsp;nbsp;nbsp;; aind.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dmpan.

got. waurpun nbsp;nbsp;nbsp;: aind.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dvrtan.

ags. furton ; gr. ejiqa�ov.

got. at-jgt;unsun ; aind. dtasan.

got. gapaursun : aind. trsan.

Bei diesen Entsprechungen ist der einzige Unterschied, dafs wir im Germanischen eine athematische, im Altindischen und Griechischennbsp;dagegen eine thematische Bildung haben, wahrend der germanischenbsp;Typus as. bidi, biidi usw. wieder thematisch ist. Ich glaube deshalb,nbsp;dafa wir mit einer an Gewifisheit grenzend en Wahrscheinlichkeit feststellennbsp;k�nnen, das die germanische prateritale 3. Plur. Ind. aoristischen Ur-sprungs ist.

Sehr eigent�mlich und ratselhaft erscheint der �-Typus in Formen wie got. b�rum, n�mum, g�bum, m�tum usw. Dieser Typus ist herr-schend im Dual und Plural und im ganzen Optativ des Prateritumsnbsp;der 4. und 5. Verbalklasse. Mit seinem -�- scheint dieser Typusnbsp;aufeerhalb des Perfektsystems zu stehen, das ja teils durch die o-Ab-

V

t�nung, teils durch die Tiefstufe charakterisiert ist; und die eifrigen Bem�hungen, auch die �-Formen als urspr�ngllch tiefstufige Perfekt-formen mit Dehnung der Reduplikationssilbe wegen des Schwundsnbsp;des Wurzelvokals zu erklSren, erscheinen alle ziemlich miMungen.

Nun steht neben dem �-Typus auch ein �-Typus, und, wie Brug-mann (IF 32, 179 ff.) nachgewiesen hat, kann dieser Typus ebenso urspr�nglich sein als der �-Typus. Fine vergleichende Untersuchungnbsp;der Ausbreitung und Verwendung dieser beiden Typen f�hrt zu dem

-ocr page 92-

52 JAKOB SVERDRUP

Ergebnis, daft beide Typen urspr�nglich nicht dieselbe Funktion ge-habt haben; sie k�nnen also nicht beide perfektisch sein. Der �-Typus mufe zwar perfektisch sein; das zeigt schon die dem Perfekt eigenenbsp;�-Abt�nung. Alte Perfekta sind deshalb Formen wie got./�r forum,nbsp;gr�f gr�fum, m�l m�lum usw., air. gaid, raith, iaich usw., aind.nbsp;sasah�, cakara, sasada, uvaca usw. Die Formen mit -�- dagegennbsp;lassen sich kaum als alte Perfektformen erklaren. Zwar ist aind.nbsp;s�dimd aus einer reduplizierten schwundstufigen Perfektform entstanden,nbsp;denn das alte mufste im Arischen a geben. Dagegen das in dennbsp;italischen, keltischen, germanischen und litauischen Formen lafet sichnbsp;kaum in ahnlicher Weise erklaren. Weil nun der alte Aorist imnbsp;Italischen und Keltischen so bedeutende Spuren hinterlassen hat,nbsp;wahrend im Baltischen das Perfekt, von den -ues- Partizlpia abgesehen,nbsp;v�llig untergegangen und der Aorist mit dem alten Imperfekt semantisch zusammengefallen ist, liegt es doch am nachsten, den �-Typus,nbsp;im Gegensatz zu dem perfektischen �-Typus, als urspr�nglich aori-stisch zu erklaren. Aoristischer Herkunft sind dann Formen wie got.nbsp;b�rum, n�mum, g�bum, m�tum usw., lat. u�ni, s�di, l�gi usw., air. -tr,nbsp;�midair, �fidedar, lit. �mia�, w�'miau, geriau usw. Im Vokalismusnbsp;stimmen die Formen zu der 3. Sing, des altindischen Passivaorists,nbsp;z. B. asadi'. lat. s�dt, got. s�tum, dgami-, lat. u�ni, got. q�ntum.

F�r das Germanische ist weiter Folgendes zu beachten. Als echte Perfektformen hatten wir got. *numum, *baurum, *stuluni er-warten sollen, ganz wie btindum, waurpum, htdpum. Nun findet sichnbsp;wirklich der Typus *numum, und zwar bei den Praterito-prasentia,nbsp;z. B. munum, skulunt, die ja eben alte Perfekta mit erhaltener per-fektischer Bedeutung sind, und die auch im Westgermanischen in dernbsp;2. Sing, die alte Perfektform auf -t bewahrt haben. Daraus darf mannbsp;wohl mit grofeer Wahrscheinlichkeit schlieamp;en, daft Formen wie n�mum,nbsp;b�rum, st�lum nicht perfektischen Ursprungs sein k�nnen, und dannnbsp;liegt es am nSchsten, an den alten Aorist zu denken. Sehr bezeichnendnbsp;ist weiter der Gegensatz von got. gamot gam�tum, ahd. muos muozumnbsp;und got. m�tum, ahd. mdzum. Beide Formen geh�ren zu derselbennbsp;Wurzel *med �messenquot;; aber gam�tum ist ja praterito-prasentisch,nbsp;d. h. ein echter Perfektum; das kann nicht gleichzeitig auch mit m�tum

-ocr page 93-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 53

der Fall sein, darin steekt vielmehr ein alter Aorist, ganz wie in air. ro midair.

Auch unter den nordischen und westgermanischen Praterita, denen im Gotischen reduplizierte Praterita entsprechen, finden sich wahr-scheinlich einige alte Aoristfornien, und zwar bei den Verben, dienbsp;zwischen Prasens und Prateritum die Abstufung ai:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;zeigen. Es

sind dies die Verba germ, aikan, fraisan, haitan, laikan, mailan, skaijgt;an, swaipan, taisan, filaihan. Wir wissen, dafe in bestimmten Fallennbsp;auf idg. �i zur�ckgeht. Das ist auch der Fall mit dem �'^ in Prateritanbsp;wie an. l�k, ags. l�c (vgl. angl. leolc]) an. as. ags. h�t (vgl. angl. heht),nbsp;afries'. h�t, hit, ahd. hiaz] ags. seed, as. sk�th, ahd. sciad] ahd. miaz',nbsp;ahd. zias. Diese Praterita haben also aus �i, wahrend im Prasensnbsp;ai auf 3i zur�ckgeht. Es liegt nahe, den Ablautwechsel ai �ai):nbsp;�^ ��i) bei den germanischen Verben mit dem Wechsel a �a): �nbsp;bei dem lateinischen Typus facio : f�ci, iaci� : i�ci, usw. zu vergleichen.nbsp;Wir haben hier im Lateinischen wie im Germanischen genau dieselbenbsp;Abstufung a : �, nur dab im Germanischen a:�vori steht. Nunzeigtabernbsp;die evidente Zusammenstellung von f�ci mit gr. eamp;rjxa, dab der Typusnbsp;f�ci zweifellos aoristischer Herkunft ist. Wir k�nnen dann nicht umhin,nbsp;anzunehmen, daft die germanischen Praterita mit �^ gegen�ber Pra-sentia mit ai auf alte Aoriste zur�ckgehen. Diese Annahme findetnbsp;auch eine gewisse St�tze an den dehnstufigen s-Aoristen im Alt-indischen, obgleich das Germanische keine Spur von dem sigmatischennbsp;Aorist aufweist; so finden sich s-Aoriste mit �i wie aind. dcaisam �ichnbsp;sammeltequot;, dnaiksam �ich wusch'�, usw.; mit aind. d-chditsam �ichnbsp;schnitt ab� lafst sich hinsichtlich des Vokalismus direkt ags. sc�d, as.nbsp;sk�th, ahd. sciad vergleichen.

Weil also der Aorist bei der Entwicklung des germanischen stanken Prateritums eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat, d�rfennbsp;wir jetzt ohne Bedenken annehmen, dafs der Aorist auch bei dernbsp;Ausbildung des Dentalprateritums nicht unbeteiligt gewesen ist. Welchenbsp;diese Aoristformen sind, werde ich in einem besonderen Kapitel �bernbsp;die Personalendungen des germanischen Dentalprateritums nahernbsp;nachzuweisen versuchen. Indem ich auf meine obigen Ausf�hrungen,

-ocr page 94-

54 JAKOB SVERDRUP

besonders S. 36 ff., 38 fF. und 46 ff., verweise, m�chte ich hier nur betonen, dafe die altindische periphrastische Konstruktion mit dernbsp;Wurzel *kar, die ja zum Vergleich mit dem germanischen Dental-prateritum so oft herbeigezogen wird, nicht nur Perfektformen diesernbsp;Wurzel enthalt, vvie man nach den gew�hnlichen grammatischennbsp;Darstellungen glauben sollte; in der Tat sind Formen mit dem Aoristnbsp;des Hilfsverbs ebenso haufig als die mit dem Perfekt (s. Whitneynbsp;� 1073, b). So heifit es z. B. ramayfi dkar �machte zufrieden�;nbsp;janay^ dkar �erzeugtequot;, sdday(i dkar �setzte�; svaday(i dkarnbsp;wohlschmeckendquot;; vid^ dkran �sie wufetenquot;, usw.

IV. Die Verbalformen der Wurzel im Germanischen.

Es ist auffallend, dafii wir kein gemeingermanisches Verbum der Wurzel *dhe kennen. Nur das Westgermanische hat ahd. tuon, as. don,nbsp;afries. dua, ags. don] daneben stehen mit dem bekannten Bedeutungs-unterschied ahd. mahh�n �zu stande bringen, bewirken, f�genquot;, as. makonnbsp;�zurichten, bereiten, f�genquot;, afries. niakia, ags. macian �bereiten,nbsp;machenquot;, und ahd. wurchen �bewirken, ausf�hren, machen, tunquot;,nbsp;ags. wyrcan. Das Gotische hat taujan �machen, tun, wirken� (vgl. ahd.nbsp;zouwen �verfertigen, bereiten, machenquot;, ags. tawian �bearbeitenquot;,nbsp;as. t�ian, afries. tawa �machenquot;) neben waurkjan �machen, wirkenquot;.nbsp;Das Altnordische hat g�rva, gera �bereiten, machen, tunquot; (vgl. ahd.nbsp;garawen �fertig machen, bereitenquot;, as. garwian, gerwian �bereiten,nbsp;zur�stenquot;, ags. gierwan �bereiten, kochenquot;) nehen yrkja (=got. waurkjan). Das urn'ordische tawido (Gallehus) scheint zwar ein dem got.nbsp;taujan entsprechendes Verb vorauszusetzen, s. jedoch Marstrander imnbsp;3. Bande dieser Zeitschrift; und urn. dalidun (Tune) ist, wie Seipnbsp;ebenda nachzuweisen gesucht hat, wahrscheinlich die Prateritumsformnbsp;eines Verbs *d�lian �machen, tunquot; zur Wz. *dh�, vgl. an. dxll �leicht,nbsp;umganglichquot;, asl. delajfi �arbeitequot;.

Dies gibt nun ein zieralich buntes und uneinheitliches Bild der Verhaltnisse. Jedoch k�nnen wir nicht bezweifeln, dah das alteste

-ocr page 95-

DAS GERMANISCHE DEN'IALPRATERITUM 55

Germanische ein gemeinsames Verb der Wurzel *dh� gehabt hat. Das zeigt auch die zu dieser Wurzel geh�rigen Nominalbildungen:

a. nbsp;nbsp;nbsp;Mit der �-Stufe:

got. gad�ps f. �Tat�, an. dd� {ford�da f. �Zauber, Verbrecherin, Hexe�), ahd. tat, as. dad, gidad, afries. d�d, d�de, ags. dmd) vgl. asl.nbsp;blago-d��t �Wohltatquot;; aind. dddhati �er setzt�, gr. Tidrjfxi, lat. ���nbsp;(: gr. ��rjxa), aslav. d�ti, d�jati) Abl. got. waid�dja m. �Ubeltater�,nbsp;ahd. ubiltato.

an. dxll �leicht, umganglichquot;; vgl. asl. d�lo n. �Werkquot;.

ahd. gitan �gelanquot;, as. gidan {gtd�n), afries. d�n, ags. (ge)d�n; vgl. asl. d�n� �gesetzt, getanquot;.

b. nbsp;nbsp;nbsp;Mit der �-Stufe;

got. doms m. �Urteil, Sinnquot;, an. d�mr, ahd. tuom, as. d�m, afries. d�m, ags. d�m\ vgl. gr.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�Strafequot;, dmju�g �Haufenquot; ; aind. d/ia-

ma(n) �Gesetzquot;.

Die germanischen Nominalbildungen der Wurzel *dk� zeigen also nur die �-Stufe und die �-Stufe. Dies ist auch von Wichtigkeit f�rnbsp;die Beurteilung der Verbalformen dieser Wurzel und der Flexions-formen des Dentalpraterituums. Eine Schwundstufe *dhd wie z. B.nbsp;in lat. fado finden wir im Germanischen nicht; zwar hatten wir einnbsp;to-Partizip *dhdU- (vgl. an. stadr, dmd?_sthitd), dem aind. dhitdh ent-sprechend, erwarten sollen, es findet sich aber nicht, dagegen *dh�no-,nbsp;ahd. gitan.

Warum das Gotische und das Altnordische das Verbum d�n als selbstandiges Verb haben fallen lassen und durch andere Verba ersetzt,nbsp;k�nnen wir nicht bestimmt sagen. Am Ende beruht es auf psycholo-gischen und sozialen Bedingungen. Aber der Schwund hangt gewifenbsp;teilweise mit der periphrastischen Verwendung des Verbs und dernbsp;Entwicklung des Dentalprateritums (vgl. meine Bemerkungen oben S. 47)nbsp;zusammen. Dann ist auch zu beachten, dafe die athematischen Wurzel-prasentia eine ziemlich anomale Stellung im germanischen Verbal-system einnehmen. Das Gotische und das Westnordische haben dienbsp;Verba von dem Typus ahd. gdn, stdn, ags. b�on zugunsten anderernbsp;Verba und Formen aufgegeben. Ein got. *d�n, an. *d� (z. B. Pras.

-ocr page 96-

Althochdeutsch (wesentlich nach Braune, Ahd. Gr., S. 303).

Alteste

Form,

Benedictinerregel,

Hymnen.

Tatian.

Otfrid.

Notker.

Indikativ.

Sg. I

t�tn

tuam

tuon

diian

tuon

2

t�s

*tuas

t�os, tuost, tuis

duas(t) duis(t)

tuost

3

t�t

tuat

tuot

duat, duit

tuot

PI. I

t�m�s

tnam�s

tiioni�s, tuon

ducn

t��n, tuo�n

2

t�t

tuat

tuot

duet

tuont

3

tont

tuant

tuont

ducnt, duant

tuont

Optativ.

Sg. I

t�

t�e

tuo, tuoe, tuca, t�e

due

t�e, tuoe

2

tos

t��s

t��s

duest

t��st, tuo�st

3

t�

t�e

tuo usw. wie I

due

t�e, tuoe

PI. I

tom

*t��m

*tuom, *tuon

ducn

t��n, tuo�n

2

tot

t��t

tuot

*duet

t��nt, tuo�nt

3

ton

tmn

tuon

*duen

t��n, tuo�n

Imperativ.

Sg.

t�

tua

tuo

dua

tuo

PI. I

t�mes

tuam�s

tuom�s

duem�s

*t��n, *tuo�n

2

tot

tuat

tuot

duet, duat

tuont

Infinitiv.

t�n

titan

tuon

duan

tuon, t�en

Gerund.

tOnnt

tuannc

tuonnc

duanne

tuonne, t�en

Partizip.

t�nti.

tnanti.

tuonti, t�anti

*ducHti

tuonte, tuonde, t�endc.

-ocr page 97-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 57

*dc�, *d�r, *ddr, *d�m usw�.) iv�rde im Verbalsystem gar zu absonderlich stehen, und w�rde deshalb um so leichter durch andere, lebenskraftigerenbsp;Verba mit gleicher oder verwandter Bedeutung verdrangt werdennbsp;k�nnen ; und solcher Verba gab es ja, wie wir oben gesehen haben,nbsp;viele. Vielleicht k�nnen bei dem Absterben des Verbs don im Go-tischen und Altnordischen auch satzakzentuelle Verhaltnisse (Schwach-tonigkeit im Satze) mitgespielt haben; doch m�chte ich bei einer sonbsp;fr�hen Stufe der Sprachentwicklung nicht ein zu grofees Gewicht aut'nbsp;dieses Moment legen, und besonders f�r das Gotische scheint es mirnbsp;sehr bedenklich.

Wir gehen nun zu den westgermanischen Verbalformen der Wurzel *dh�-.*dlw �ber, und werden zunachst die Prasensformennbsp;behandeln. Ehe wir aber eine Erklarung der verschiedenen Prasensformen versuchen, scheint es angemessen, zuerst eine �bersicht �bernbsp;die Prasensflexion in den westgermanischen Sprachen zu geben.

Ahd. Formen s. S. 56.

Weitere Formen thematischer Art: Ind. 2. Sg. t�is Cass, 3. Sg. t�it Pa R, tuoii M, git�it Cim, 3. PI. tuoant Gc^; Opt. 2 Sg. gii��snbsp;Bib, tuoiest Nps., 3. Sg. gat�z Freis. Pn. B, git�e Mg, tuoe M, duoenbsp;Is., gituoge Clm, tiioie, iiioge Nps. Im Mittelfrankischen (z. Teil auchnbsp;im Nfr. und im Mnd.) linden sich die eigent�mlichen Formen der 2.nbsp;3. Sg. Ind. deist, deit, die im spateren Mfr. herrschend werden.

Altsachsisch.

Indikativ.

Sg. I. dom, duom, d�n, diion.

2. nbsp;nbsp;nbsp;d�s, duos, duoas.

3. nbsp;nbsp;nbsp;d�d, d�t, duod, diiot, d�it.nbsp;PI. d�d, d�t, duod, d�ad, d�at.

Optativ.

Sg. I. d�e, d�o, d�a, d�e.

2. nbsp;nbsp;nbsp;duoas.

3. nbsp;nbsp;nbsp;d�e usw. wie i.

PI. d�en, d�an, duon, d�an, duoian.

Imperativ.

Sg. 2. d�, duo.

PI. d�d, d�t, duot, d�ad, d�at.

Gerundium.

duonne.

Infinitiv.

d�n, duon, d�an, d�en, d�an, duoian.


-ocr page 98-

58 JAKOB SVERDRUP

Altfriesisch.

Optativ. due, dwe, dwee.

Gerundium. dwane, dwande.

Infinitiv.

dua, dwa, duan, dwan, dwaen.


Indikativ.

Sg. I. dwe, dwee, due.

2. nbsp;nbsp;nbsp;*dest.

3. nbsp;nbsp;nbsp;d�th, d�t, deth, det.

PL duat(h), dwat(h), dwaet, djuae, dwa.


Angelsachsisch

Westsachsisch.

Kentisch.

Mercisch. (Ps)

Nordhumbrisch (Li).

Indikativ

Sg. I

do

do

dom

doam, dOm, dOa, doe, do

2

d�st

d�st

dcest, dees

dOas, dOass, does (do, gedoeb)

3

d��

d�b, d�t

d(�b

doeb, doxb,d�ab (gedoxs)

PL

dob

dob

dob

dOab, doeb, (dOas)

Optativ

Sg.

do, doe,

do, gedoe

doe, dOa, do

doe, dOa

PI.

doH

dOn, gedoen

doen

doe (d�e)

Imperativ

Sg. 2

do

do

doa, do

do, dOa

PL I

don

dOn

dOn

2

dob

dob

dob

dOab, dOxb,doas does

Infinitiv

dOn

dOn, gedOan

dOn, doan

dOa, dom, doe

Gerundium

dOnne

dOnne

dOnne

dOanne, doenne

Partizip

dOnde,

doende.

dOnde.

dOnde.

doende, doend.

-ocr page 99-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 59

Zu beachten sind auch folgende Formen:

RuF Ind. Sg. 1. d�m, 2. dast. 3. d�p, P. d�aj) (einmal doep), d�p (d�d)] Opt. Sg. d� (einmal d�a), PI. d�an, d�a) Imp, Sg. d�,nbsp;PI. d�jp, doej), d�d) Inf. d�an, d�a) Ger. d�anne) Part. d�nde, doende.

RiF: Ind. Sg. i. d�m, 2. dc�s, 3. deed, das, PI. d�ad, d�as) Opt. Sg. doe, PI. doe) Imp. Sg. d�a, d�, PI. d�ab) Inf. d�a) Ger. d�anne)nbsp;Part. doende.

Ri: Ind. Sg. i. d�m, 2. dcest (einmal dost), 3. dab, PI. d�ab, d�as, doxb, d�eb) Opt. doe) Inf. d�a) Part. doende.

Wie man sieht, bietet die PrSsensflexion des Verbs dOn in den westgerm. Sprachen ein ziemlich buntes Bild. Um nun die verschie-denen Formen zu erklaren, bat man eine ganze Reihe von Stammennbsp;*d�-, *d�ia-, *du-, *d�, *d�ia- aufgestellt, die alle aus dem Indogerma-nischen herstamnien sollen. Aber die Annahme einer solchen Buntheitnbsp;von altererbten Formen, alle in ein Flexionssystem zusammenge-worfen, ist doch wenig wahrscheinlich. Meiner Ansicht nach habennbsp;wir es nur mit einem urspr�nglichen Stamm V�- zu tun, und dienbsp;abweichenden Formen glaube ich als Neubildungen nachweisen zunbsp;k�nnen. Aber auch der Stamm *d� als Prasensstamm scheint auf-fallend. Nach dem Verhaltnis von got. saian; saisO, (�kan\ tait�k u. dgl.nbsp;hatten wir als Prasensstamm *d�- (vgl. gr. jid'rj/u, Aor. aind. dhdt, ddhat)nbsp;und als Perfektstamm *d�- (vgl. aind. dadha�) erwarten sollen. Deshalbnbsp;rechnet Brugmann (Grundrife^, II. 3, S. 102 f.) mit einem alten Stammnbsp;*dha- als Neubildung nach der S-Klasse, wahrend Hirt (Ablaut 158 f.,nbsp;192, IF 17, 287) ein enklitisches -dh�-m annimmt, das das alte''�'Ar-wnbsp;verdrangt haben soil. Nun hat aber Meillet (MSL 19,181 ff. undnbsp;20,103 ff.) nachgewiesen, da6 es schon von alters her athematischenbsp;Prasentia mit der Wurzelstufe o gab, und er weist auf Formen wienbsp;aslav. bodix, lat. ton�, domo, uom� u. a. hin. Die Wurzel *dh� gehortnbsp;zwar zu denjenigen, die urspr�nglich Aoriste bildeten, nicht Prasentia. Aber in der westlichen Gruppe des Indogermanischen erscheintnbsp;diese Funktion weniger fest. Von der Wurzel *dh� hat das Italischenbsp;ein imperfektives Prasens, lat. facio, osk. fakiiad (mit *dhd-) gebildet,nbsp;gegen�ber dem Perfekt \at. f�c�, das aoristischer Herkunft ist. Danebennbsp;wendet aber das Lateinische die Wurzel *dh� auch als perfektives

-ocr page 100-

6o JAKOB SVERDRUP

Prasens an, namlich in Bildungen wie con-do, �-d� tra-d� usw. Des-halb bemerkt Meillet (MSL 20,104): �II est done concevable que le th�me radical *dhe *dh�- ait fourni un pr�sent dans un dialecte occidental tel que le germanique. II est tr�s curieux que ce pr�sent aitnbsp;dans tout le germanique occidental le vocalisme de timbre 0. Riennbsp;ne donne lieu de croire a la formation en -a- dont M. Brugmann, Grimd-rifi IP, 3. p. 102, envisage la possibilit�. On apergoit l�antiquit�nbsp;de ce theme *dh�; e�est la plus claire de toutes les formes de pr�sentnbsp;ath�matique a vocalisme radical de timbre o.�

Wie ich oben S. 40 nachzuweisen gesucht habe, war die ur-spr�ngliche Prasensflexion der germ. �-Verba aller Wahrscheinlichkeit nach nur athematisch, und die thematischen Formen muamp;ten deshalbnbsp;als spatere und einzelsprachliche Neubildungen erklart werden. Beinbsp;den Prasensformen der Wurzel *dh�:*dh� wird diese Annahme zurnbsp;Gewifsheit. Ein thematischer Stamm der Wurzel *dhe findet sich nurnbsp;im Altindischen und Baltisch-Slavischen, z. B. aind. dhayate �setzt f�rnbsp;sich�, lett. deju d�d �Eier legen�, aslav. dejfi d�ti �legen, stellenquot;.nbsp;Einen aufeergermanischen Stamm *dh�io- gibt es �berhaupt nicht.nbsp;Die oben gegebene �bersicht �ber die Prasensflexion des Verbs d�nnbsp;zeigt deutlich, dafs der urspr�ngliche Stamm durchgangig athematischnbsp;war. Die weitere Formenentwicklung ist dann in den Hauptz�gennbsp;leicht erkennbar. Der Optativ (ahd. (�, t�s, t�, tont, t�t, ion, ags. d�,nbsp;d�n) ist kein echter Optativ, sondern wahrscheinlich ein alter Injunktiv,nbsp;wie auch bei den �-Verben. Er w'ar nicht gen�gend charakterisiertnbsp;und fiel in mehreren Formen mit dem Indikativ zusammen. Flier hatnbsp;wohl deshalb die Umbildung zunachst eingesetzt, indem der Optativnbsp;von den thematischen Verben thematische Flexion �bernommen hat;nbsp;und wahrscheinlich haben dabei die verba pura eine nicht unwesent-liche Rolle gespielt. lm Althochdeutschen und im Angelsachsischennbsp;k�nnen wir beobachten, wie die thematischen Optativformen durch-dringen, wahrend das Altsachsische nur diese Formen kennt. Weiternbsp;dringen dann thematische Formen auch in den Indikativ, Infinitiv usw.nbsp;ein, ohne jedoch herrschend zu werden. Allein das Altfriesische zeigtnbsp;nur thematische Formen, indem *dest deth wohl aus *d�ist *d�ith zunbsp;erklaren sind (S. Siebs, Grundr. I, S. 1224). Die ahd. Formen mitnbsp;��- erklaren sich bekanntlich durch den �bergang von �, uo (na) zu

-ocr page 101-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 6l

vor Vokal (Braune, Ahd. Gr. � 40, A. 4; Schatz, Ahd. Gr. � 24). Bei den ags. Formen mit -oe- lafst sich nicht immer entscheiden, obnbsp;dieses oe als c� oder als �e zu lesen ist; doch sind wohl die Mehr-zahl dieser Formen zweisilbige, also thematische Formen (Sievers,nbsp;Ags. Gr. � 429, A. 2). Die thematischen Prasensformen des Verbsnbsp;d�n erklaren sich also durch eine ganz nat�rliche und leicht verstand-liche Ubertrag�ng aus den thematischen Verben, und wir brauchennbsp;nicht unsere Zuflucht zu einem hypothetischen idg. Stamm *dh�io- zunbsp;nehmen.

Sehr eigent�mlich und schwierig zu erklaren sind die Formen mit -ne- bei Otfrid: duen, duet, duent, due, duest. Das Merkw�rdigenbsp;ist, dafe ue hier Diphthong ist, und die Formen also einsilbig sind;nbsp;auch duit, duist braucht Otfrid metrisch als einsilbige Formen. Umnbsp;diese Formen zu erklaren, hat man eine germ. Wurzelform *du an-genommen, die jedoch v�llig ohne Anhalt ist; aus idg. *dhd kannnbsp;dieses *du kaum entstanden sein. F�r eine n�chterne Betrachtungnbsp;m�ssen die Formen mit ue in irgendeiner Weise einerseits mit dennbsp;��-Formen und andererseits mit der Neigung zur thematischen Flexionnbsp;in Zusammenhang stehen. Vielleicht k�nnte man dann geneigt sein,nbsp;die Formen mit ue als athematische Formen mit �bergang von uanbsp;zu ue zu erklaren. Weil aber die Formen mit ue bei Otfrid undnbsp;auch sonst ganz sporadisch auftreten: fuelen, irluegetun, bluetes, fuernbsp;er { = fuari er), wo ue durch Assimilation an das folgende e entstanden scheint, mufe diese Erklarung abgelehnt werden. Es gibtnbsp;dann keine andere M�glichkeit als die �brigens ganz nat�rliche An-nahme, dafa duen, duet usw. urspr�nglich thematische Formen sind,nbsp;d. h. duen, duet, duent, due, duest sind auf *dU�n, *d��t, *d��nt, *d�e,nbsp;*d��st zur�ckzuf�hren. Wie sind aber die letzteren Formen einsilbignbsp;und diphthongisch geworden? Ich glaube, dafa diese Frage sich innbsp;befriedigender Weise beantworten lafst.

Bekanntlich haben die satzakzentuellen Verhaltnisse in der leben-digen Rede einen grofeen Einflufs auf die Lautgestalt der W�rter. lm Satzgef�ge stehen einige W�rter starktonig, andere mehr odernbsp;weniger schwachtonig und werden deshalb als enklitisch odernbsp;proklitisch bezeichnet. Besonders Pronomina, Prapositionen, Konjunk-tionen und Partikeln stehen gern schwachtonig im Satze. Die Re-

-ocr page 102-

62 JAKOB SVERDRUP

duktionen, denen die schwachtonigen W�rter ausgesetzt sind, treten zwar ziemlich sparlich in den alten Texten zutage, und natiirlich nichtnbsp;wie in der lebendigen Rede. Aber bei den W�rtern, die normaler-weise schwachtonig stehen, kommen sie doch �fters zum Vorschein,nbsp;und bei ihnen hat dann bekanntlich die Schwachtonigkeit zur Vokal-k�rzung und zur Elision und zu anderen Reduktionen gef�hrt. Bei-spiele brauche ich bier nicht zu geben, sondern kann mich damitnbsp;begn�gen, auf die verschiedenen grammatischen Handb�cher zu ver-weisen (z. B. Wilmanns, Deutsche Grammatik P, S. 413 IF.). Keinernbsp;der altdeutschen Verfasser hat sich (wohl zum Teil aus metrischennbsp;Grunden) so sehr bem�ht, die Formreduktionen wegen Schwachtonigkeit zum Vorschein zu bringen, wie Otfrid. Auf Schwachtonigkeitnbsp;beruht es somit, wenn bei Otfrid das Adv. tho und der Opt. si kur-zen Vokal haben; ja bisweilen schreibt er si er, si in, si itns, undnbsp;er hat dadurch jedenfalls eine sehr schwachbetonte Aussprache desnbsp;unterpunktierten Vokals bezeichnen wollen. F�r sie, sia, sio, thianbsp;hat er �fters die schwachtonigen Formen se, sa, so, tha. Aulnbsp;Schwachtonigkeit beruht weiter die grofte Menge von Elisionen beinbsp;Otfrid, wie z. B. nan, mo, ro f�r inan, iro, imo (sogar ermes f�r ernbsp;imo es)) uuior f�r uuio er, zaltaz f�r zalta is, theiz f�r ther iz) thiunsnbsp;f�r thiu uns, thiuuo f�r thio iiiuo; theih fur then ih; ther (auchnbsp;vor Kons.) f�r thera und them; theis, theih theist f�r thaz iz, thaznbsp;ih, thaz ist; uuol er f�r uuola er; uuar er f�r uuara er, uiianan ernbsp;f�r uuanana er; thar ingan f�r thara ingan; thanan Uz f�r thanananbsp;Us; thann' er f�r thanne er; uuant er f�r uuanta er; ob uns f�r ohanbsp;uns; hart es fur harto es, usw.'.

Auch die Verba k�nnen im Satzgef�ge schwachtonig stehen. In seinen �Vastnordiska Studierquot; I, S. 75 hat B. Hesselmann betont,nbsp;daft der Unterschied zwischen starktonigen und schwachtonigen Verben f�r die lautgeschichtliche Betrachtung sehr wichtig ist. Dienbsp;schwachtonigen Verba sind leichter einer lautlichen Reduktion ausgesetzt als die starktonigen. So sind z. B. giva, bliva, hava, draganbsp;zu neuschw. gi, bli, ha, dra reduziert worden; und D. A. Seip (Maal

^ Ausf�hrlich �ber diese Verhaltnisse bei Otfrid s. Kelle, Otfrids Evangelienbuch,

III; Wilmanns, Beitrage z. G. d. alt. d. Lit. 3, 72 ff.; Kappe, ZfdPh. 42, 199 ff.

-ocr page 103-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 63

og Minne 1922, S. 60 fif.) hat die synkopierte Form an. selda mit Umlaut und d f�r durch Schwachtonigkeit erklaren wollen (doch s.nbsp;Sommerfelt, Falk-Festskrift, S. 47 fif.). Es sind vor allem die Hilfs-verba, die besonders haufig schwachtonig sind. Aber auch anderenbsp;Verba stehen sehr oft schwachtonig im Satze. Starktonig ist ein Verb,nbsp;wenn es allein ein vollstandiges Pradikat bildet: �r trinkt. Dernbsp;K�nig lebt. Dagegen ist es wenigstens sehr haufig schwachtonig,nbsp;wenn es ein Akkusativobjekt oder adverbiale Bestimmungen n�tig hat,nbsp;um ein vollstandiges Pradikat auszumachen; Er trinkt Wein. Dernbsp;K�nig lebt noch. Verba, die haufig schwachtonig stehen, sind z. B.nbsp;haben, lassen, tragen, nelimen, geben, legen, seizen, sagen, schlagennbsp;und viele andere. Jedoch mufs betont werden, dafe es kaum ein ein-ziges Verb gibt, dafs nicht sowohl starktonig als schwachtonig stehennbsp;kann. Deshalb ist die Schwachtonigkeit als Erklarungsgrund nur mitnbsp;grofeer Vorsicht anzuwenden, und nicht ohne bestimmte Anhaltspunkte.nbsp;Am besten k�nnen wir eine Formreduktion durch Schwachtonigkeit kon-statieren, wenn wir aus demselben Sprachgebiete oder aus nahe ver-wandten Sprachgebieten und aus derselben Sprachperiode volle und re-duzierte Formen belegt finden, oder wenn wir beobachten k�nnen, wienbsp;eine altere volle Form durch eine j�ngere reduzierte Form ersetzt wird.

Auch bei Verben findet sich Elision sowohl bei Otfrid als in vielen anderen Texten, z. B. O.: heiz ih, laz ih, gib ih, oug ih, ihnbsp;zeil uns, ougt ih, ih riht es, habet er, del er, usw. Unter den Verben,nbsp;die im Satzgef�ge haufig schwachtonig stehen, geh�ren zweifelsohnenbsp;auch die Verba haben, lassen und hm. Von hab�n finden sich be-kanntlich schon im Petruslied und seit dem ii. Jhd. gew�hnlich ver-k�rzte Formen: Sg. 2. hast, 3. hat, PI. 3. hant, Inf. hm. Prat. hate.nbsp;Daft diese Reduktion die Folge der Schwachtonigkeit des Verbs ist,nbsp;kann wohl kaum bezweifelt werden. Auch von lazan kommen ver-einzelt im Spatahd. und gew�hnlich im Ahd. verk�rzte Formen vor:nbsp;lan, last, lat, lan, lat, lant; Imp. la, lat; Inf. Idn; Part. Prat. gelan. Wienbsp;nun diese Formen auch zu erklaren sind (s. Behaghel, Geschichtenbsp;d. d. Spr., S. 311), am Ende m�ssen sie doch auf Schwachtonigkeitnbsp;beruhen. Das Verbum tuon steht sehr haufig schwachtonig in einernbsp;Menge von Redensarten, wie z. B. zeihhan tuon, wilton tuon, wahsmon

-ocr page 104-

64 JAKOB SVERDRUP

tuon, sunta tuon, gibet iuon, unreht tuon, thiuba tuon, megin tuon, hriuwa tuon, werk tuon, thionOst tuon usw.; kund tuon, mart tuon, wisnbsp;tuon, offan tuon, suosi tuon, wola tuon, usw. �berhaupt spielt tuonnbsp;in vielen Fallen beinahe die Rolle eines Hifsverbs. Dieser Gebrauchnbsp;des Verbs f�hrt zur Bedeutungsminderung oder Bedeutungsschwachung.nbsp;Das Verb verliert an selbstandiger Bedeutung und wird synsemantischnbsp;oder mitbedeutend: thion�st tuon heifiit ungefahr so viel als thion�n,nbsp;redina tuon als redin�n, suozi tuon als suozen, offan tuon als offonon,nbsp;usw. Bei Hilfsverben wie sollen, wollen, mogen, mussen hat Behaghelnbsp;(Geschichte d. d. Spr.quot;*, � 343) starke K�rzungen nachgewiesen, undnbsp;er bemerkt bezeichnenderweise, dafa diese Schwachungen ��ber dasnbsp;Mala des sonst Zulassigen hinausgehenquot;'. Es is deshalb unmittelbarnbsp;verstandlich, dala die zweisilbigen Formen eines Verbs wie tuon innbsp;der lebendigen Rede leicht reduziert werden k�nnen. Weil wir nun,nbsp;wie oben ausgef�hrt, Otfrids duen, duet, duent, due, duest (beziehungs-weise du�n usw.) unm�glich von den entsprechenden zweisilbigennbsp;Formen anderer Texte, wie z. B. den alemannischen t��n, t��t, t��nt,nbsp;t�e, t��st, trennen k�nnen, scheint es mir eine naheliegende und ein-leuchtende Erklarung, da� Otfrids einsilbige �e-Formen (und ui-�ov-men) durch Schwachtonigkeit entstanden sind. Ob wir als Vorformennbsp;*d��n, *d��t usw. oder *dua�n, *dua�t usw. (beziehungsweise *d�ist,nbsp;*d�it oder *duaist, *duatt) setzen, bleibt dabei gleichg�ltig. In dernbsp;lebendigen Rede der Sprache Otfrids haben nat�rlich die verk�rztennbsp;schwachtonigen und die vollen starktonigen Formen nebeneinandernbsp;bestanden. Aber Otfrid, der doch die Schwachtonigkeit der W�rternbsp;in solchem Umfang metrisch ausgen�tzt hat, dafa man ihm sogar vor-geworfen hat, sprachwidrige Formen gebildet zu haben, er hat es

^ Ich verweise hier auf die h�chst interessanten Ausf�hrungen bei W. Hom, Sprachk�rper und Sprachfunktion, besonders S. 46 ff. Horn sucht die Wirkungnbsp;der Funktion der sprachlichen Elemente in der Sprachentwicklung zu erforschen,nbsp;und er betont, da� das Verhaltnis von Sprachk�rper und Sprachfunktion dienbsp;innersten Fragen des Sprachlebens ber�hrt. Sprachelemente, die funktionslosnbsp;geworden sind, werden geschwacht oder schwinden, wahrend Sprachelemente,nbsp;die funktionswichtig sind, erhalten bleiben. Es mag sein, daf� Horn in Einzel-heiten zu weit gegangen ist oder fehlgegriffen hat, und soweit mag die Kritiknbsp;Luicks (Englische Studi�n, 56, S. 185 ff. und 58, S. 235 ff.) berechtigt sein. Abernbsp;es ist doch m. E. nicht zu leugnen, da6 Horn mit vielen guten Beispielen ein

-ocr page 105-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 65

eben f�r seinen metrischen Zweck gewShlt, das Verb duan im Prasens durchaus einsilbig zu flektieren.

Diese Erklarung der ?i'^-(resp. tii-) Formen bei Otfrid findet, glaube ich, eine bedeutsame St�tze an gewissen Flexionsformen dernbsp;Verba gan, g�n und stan, si�n, die ja auch sehr haufig eine schvvach-tonige Stellung im Satzgef�ge einnehmen. Ich denke an die einsilbi-gen eZ-Formen bei Otfrid, der in der 2. Sg. stets geist, steist und innbsp;der 3. Sg. in der Regel geit, steit braucht, welche Formen im Mfr.nbsp;�blich werden (s. Behaghel, Geschichte d. d. Spr.^ S. 304 f.). Ich lindenbsp;es ganz unzulassig, diese Formen, die ja erst bei Otfrid auftauchen,nbsp;aus irgendeinem indogermanischen Lautstand heraus erklaren undnbsp;auf uralte Vorformen zur�ckf�hren zu wollen, wie die meisten Forschernbsp;es tun (s. z. B. Brugmann, IF 15, 126 f., Wilmanns, ZfdA 33, 424 ff.).nbsp;Sie m�ssen doch Neubildungen sein, die auf gleicher Linie mit duistnbsp;duit, und deshalb auf neugebildete thematische Formen *gais(t), *sidis(t),nbsp;*gdit, *stait oder vielleicht lieber ^g�isftj, *st�is(t), *g�it, *st�it zur�ck-zuf�hren sind, die durch Schwachtonigkeit zu geist, steist, geit, steitnbsp;verk�rzt worden sind.

Noch ein Verhaltnis ist ganz beachtenswert. Wie Braune (Ahd. Gr. � 380, Anm. 3) mit Recht bemerkt, vermischt sich vielfachnbsp;die Prasensflexion von tuon mit den Prasensformen der schwachennbsp;Verba pura auf uo. Es besteht hier gewiL ein assoziativer Zu-sammenhang. Nun heifet es aber bei Otfrid nur m�ent, m�en, bl�ent,nbsp;die nicht einsilbig sind wie duent, duen. Der Grund des Unter-schieds scheint inir einleuchtend: die ersteren sind starktonig, dienbsp;letzteren dagegen schwachtonig, weshalb sie auch reduziert worden sind.

sehr vvichtiges Prinzip in der Sprachentwicklung hachgewiesen hat, obvvohl er auf diesem Gebiete nicht der erste ist. In vielem entsprechen die Anschau-ungen Horns der modernen Auffassung des Sprachsystems. Die Sprachelemente,nbsp;die dem System entbehrlich oder �berfl�ssig sind, werden reduziert oder schwin-den; die Sprachelemente dagegen, die dem System unentbehrlich sind, die imnbsp;System funktionell bedeutungsvoll sind, m�ssen erhalten bleiben, wenn auch �dasnbsp;blind wirkende Lautgesetz� ihren Untergang fordert. Es ist eben diese prin-zipielle Betrachtung, die f�r meine Auffassung der 2. Sg. Prat. hundi^ hulpi (Falk-Festskrift, S. 311 ff.) und des Verlusts der Reduplikation (ib., S. 298 ff.) ma6*nbsp;gebend gewesen ist.

5 � Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap

-ocr page 106-

lm Mfr. tauchen die Formen 2. Sg. deist, 3. deit auf und werden allmahlich herrschend^ Sie finden sich zum ersten Male im Arnsteinernbsp;Marienleich aus dem 12. Jahrh. Ganz ungereimt scheint mir die nochnbsp;heute gew�hnliche Erklarung, wonach diese spaten Formen auf altenbsp;idg. Urformen mit der Wurzelstufe *dh� zur�ckgehen sollen. Sienbsp;lassen sich m. E. ganz befriedigend als Neubildungen durch Anglei-chung' an geist, steist, geit, steit erklaren. Es ist eben bezeichnend,nbsp;daft deist, deit nur in Texten vorzukommen scheinen, die auch ent-sprechende Formen von gan und stan haben. Diese Umbildung gehtnbsp;wohl von einsilbigen Formen wie duist, duit aus.

Durch die obige Darstellung glaube ich nachgewiesen zu haben, das die westgermanische Prasensflexion des Verbs don urspr�nglichnbsp;nur auf einen athematischen Stamm *dh�- aufgebaut ist, und dafe allenbsp;abweichenden Formen und Bildungen sich als spatere Umbildungennbsp;erklaren lassen, die im wesentlichen alle auf der ganz nat�rlichennbsp;Tendenz beruhen, die athematische Flexion durch die thematische zunbsp;ersetzen.

Wir gehen dann zu einer Betrachtung der Prateritalformen

�ber.

Althochdeutsch.

Indikatlv.

Sg. I. teta

2. nbsp;nbsp;nbsp;tati

3. nbsp;nbsp;nbsp;tetanbsp;PI. I. tatum,

2. nbsp;nbsp;nbsp;tatut

3. nbsp;nbsp;nbsp;tdtun.


Optativ. tati, -� (alem.)nbsp;ta.lt s(t)

3. tati, -� (alem.) PI. I. tat�m, -tn

2. nbsp;nbsp;nbsp;tatit

3. nbsp;nbsp;nbsp;tatin.


Sg. I

2


-un


Partizip.

^ Sie finden sich auch im Mnd. und im Mfr.; �ber die modernen mundartlichen Verhaltnisse s. �brigens S�tterlin, Neuhochd. Gramm., S. 480 ff.

-ocr page 107-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 67

Altsachsisch.

Indikativ. nbsp;nbsp;nbsp;Optativ.

Sg. I. deda, dxda, dede Sg. i. dedi, d�di; dadi

2. nbsp;nbsp;nbsp;dedos; dadinbsp;nbsp;nbsp;nbsp;2.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�

3. nbsp;nbsp;nbsp;deda, dxda, dedenbsp;nbsp;nbsp;nbsp;3.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dedi,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;d�di;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dadi

PI. dedun; dadtin, d�dun. PI. dcdin, d�din; dadin.

Partizip.

gidan, gidOn, gid�an, gid�cn.

Vgl. Gall�e, As. Gr.^ � 86, Anm. 3, � 423, und B�lbring, As. Eb.^ � 95 u. 474quot;-5-

Altfriesisch.

Sg. dede nbsp;nbsp;nbsp;Sg.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;dede

PI. deden nbsp;nbsp;nbsp;PI.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;deden (dede).

Partizip.

d�n, welche Form auf die Neubildung *d�in f�r *d�n zur�ckgeht.

Angelsachsisch.

Die normale Flexion ist die folgende:

Indikativ. nbsp;nbsp;nbsp;Optativ.

Sg. I. dyde nbsp;nbsp;nbsp;Sg. dyde

2. nbsp;nbsp;nbsp;dydes, dydestnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;PI. dyden

3. nbsp;nbsp;nbsp;dyde,

PI. dydon.

Partizip.

ged�n, ged��n (ged�n), ged�an, gedoen.

Es gibt doch auch abweichende Formen. Erstens Formen init x, � in der ersten Silbe: Pt. dxdun Psalmen 61^, 77^^, 108^ (Ms. -uni),nbsp;di�don Gen. 722, Opt. dxde Daniel, gedi�de Gen. 2893; PI. d�dun^iv?,nbsp;d�don Li. Zweitens die kentischen Formen mit e: dede, dedon, welche

-ocr page 108-

68 JAKOB SVERDRUP

jedoch wohl durch den kentischen Ubergang von jy zu � zu erklaren sind, obwohl wir dessen nicht ganz sicher sein k�nnen.

lm Mittelniederlandischen findet sich unter anderen Formen Ind. Sg. dede, dedes, dede, PL i. 3. deden, Opt. dede usw. Das Mittelnieder-deutsche hat Ind. und Opt. Sg. i. 3. dede, 2. d�dest, PL deden, alternbsp;daden (naheres s. Lilbben, Mndd. Gramm. S. 84, Lasch, Mndd. Gramm.nbsp;S. 246, Sarauw, Niederdeutsche Forschungen II, S. 212 ff.; die mndd.nbsp;Formen bei Collitz, Schwach. Prat. S. 164 sind kaum richtig).

Mit den westgermanischen Prateritalformen des Verbs don sind endlich auch die gotischen Flexionsformen zu vergleichen: Ind. Du.

1. nbsp;nbsp;nbsp;*-d�du, 2. -d�duts, PL i. -dednm, 2. -d�dnj), 3. -d�dun; Opt. Sg. i.nbsp;-d�djau, 2. *-d�deis, 3. -d�di. Du. i. *-d�deiwa, 2. *-d�deits, PI. i. -d�deima,

2. nbsp;nbsp;nbsp;-d�deip, 3. -d�deina.

Wie man sieht, bieten auch die Prateritalformen des Verhs d�n ein ziemlich buntes Bild. Es muE gestanden werden, daft es sehrnbsp;schwierig ist, zu einer evidenten Erklarung der verschiedenen Formennbsp;zu gelangen; auch gehen ja bekanntlich die Meinungen weit ausein-ander. Wir wollen nun zunachst die Vokale der ersten Silbe betrachten, und dann die Flexionsausgange, um dadurch die Grundformennbsp;leichter herausfinden zu k�nnen.

Wenn wir von dem ratselhaften ags.jy absehen, das einer naheren Er�rterung bedarf, scheint germ, e im Sing, des Ind. zu herrschen, �nbsp;dagegen im Plural und im ganzen Optativ. Die Formen mit kurzemnbsp;e aufaerhalb des Sing, des Ind. im Altsachsischen {dedun und dedinnbsp;sind durch das Metrum erwiesen, dedi dagegen ist zweifelhaft undnbsp;wohl lieber als d�di zu lesen, s. �brigens Holthausen, As. Eb. S. 169),nbsp;im Mittelniederlandischen und m�glicherweise im Altfriesischen' werdennbsp;vielleicht bei dieser Sachlage als Neubildungen nach dem Sing, desnbsp;Indikativs zu betrachten sein, und die Schwachtonigkeit des Verbsnbsp;mag diese �bertragung gef�rdert haben. Jedoch lafat die M�glichkeitnbsp;sich nicht abweisen, dafii die as. und mndl. Pluralformen (und Optativ-formen) mit kurzem e alt sein k�nnen. Gegen diese Annahme sprichtnbsp;zwar die allgemeine Verbreitung der e-Formen (ags. d��don, d�don.

Nach Siebs, Pauls Griindr. S. 1333 sollen afries. dede^ deden auf Grund der neufriesischen Dialekte und altfricsischer Schreibung mit langem anzusetzen

-ocr page 109-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 69

d�dun kommen doch verhaltnismafeig sehr selten vor). F�r sie sprechen aber die ags. Formen mit y, wenn diese, wie ich glaube, sich aufnbsp;alte Formen mit e zur�ckf�hren lassen. Ich mufe die Frage unent-schieden lassen, bin doch geneigt, die genannten as. und mndl. Formennbsp;f�r altert�mlich zu halten. � As. d�di, d�din sind entweder als fr�henbsp;Umlautsformen oder als anglofriesische Formen aufzufassen. Die 2. Sg.nbsp;des Ind. ahd. tati, as. dadi ist eine leicht begreifliche Neubildung nebennbsp;tatun, dadun nach dem Muster von nami-.namun. Sowohl die Singular-formen mit kurzem e als die Plural- und Optativformen mit langem �nbsp;m�ssen im Germanischen alt sein; ob sie aber gleich alt sind, istnbsp;eine andere Frage. Das kurze e ist gewiamp; als Vokal der Redupli-kationssilbe aufzufassen; den wir m�ssen deda der Bildung nach aufnbsp;gleiche Linie mit Formationen wie got. sais�, an. sera stellen. Dienbsp;Beurteilung des langen ist dagegen eine heikle Sache. Die meistennbsp;Forscher sehen wohl jetzt in germ, d�dum eine Bildung mit langemnbsp;Reduplikationsvokal, der nach Streitbergs Dehnstufentheorie durchnbsp;Ersatzdehnung wegen des v�lligen Schwundes des Wurzelvokalsnbsp;entstanden sein soil. Mir scheint diese Annahme unhaltbar, weil sienbsp;nicht mit den Tatsachen im Einklang steht. Wir kennen sonst keinenbsp;Eormen der Wurzel *dh� mit langem Reduplikationsvokal (s. Whitney,nbsp;Ind. Gramm. � 786, Brugmann, Grundrift^ II, 3, S. 27). Wenn mannbsp;wie V. Friesen und andere � und ich glaube mit Recht � deda mitnbsp;aind. dadha� zusammenstellt, muL man auch d�dum zu aind. dadhimanbsp;stellen, wo doch der Reduplikationsvokal kurz ist. Und daft dadhimanbsp;das Urspr�ngliche, idg. ^dhedhdm�, vertritt, betont Collitz (Schwach.nbsp;Prat. S. 158) mit Recht. Dem aind. dadhimd entspricht aber genaunbsp;as. dedun, wenn diese Form als alt anzusehen ist, und das tut auchnbsp;ags. dydon, wenn es, wie ich glaube, auf eine altere Form mit enbsp;zur�ckzuf�hren ist. F�r die Annahme einer Ersatzdehnung des Re-duplikationsvokals d�rfen nicht die Formen des r-T3'pus wie b�rum,nbsp;s�tum ins Feld gef�hrt werden, weil dieser Typus h�chstwahrscheinlichnbsp;eine ganz andere Herkunft hat (s. oben S. 51 ff. u. Falk-Festskrift, 316 ff).nbsp;Die von Flirt (Idg. Gramm. II, S. 43 ff., IV, S. 264 ff.) angesetzten

sein; das mu� dann verallgemeinert worden sein; s. doch auch van Helten, Aostfries. Gramm. � 310.

-ocr page 110-

70 JAKOB SVERDRUP

�Vorformen wie *gegbum, *b�brum, *s�zdum sind nur hypothetische Papierformen, und gegen sie sprechen entschieden aind. Formen wienbsp;paptimd �wir sind geflogenquot;, jagmimd �wir sind gegangenquot;, cakhnimdnbsp;�wir haben gegrabenquot;, usw. mit kurzem Reduplikationsvokal (vgl.nbsp;Collitz, Schwach. Prat. S. 159). Es lafet sich natiirlich nicht leugnen,nbsp;dafe lange Vokale und Diphthonge haufig durch Ersatzdehnung ent-standen sein k�nnen. Aber die Dehnstufentheorie ist doch keinnbsp;Patentmittel zur Erklarung aller m�glichen langen Vokale und Di-phtonge (vgl. auch die kritischen Bemerkungen von Marstrander, NTS I,nbsp;S. 235). Obwohl die Ubereinstimmung zwischen dem Gotischen undnbsp;dem Westgermanischen dem der Formen d�dum usw. ein ziemlichnbsp;hohes Alter zu verbiirgen scheint, braucht es deswegen doch nichtnbsp;urspr�nglich zu sein; und ich sehe keine M�glichkeit mehr, dieses �nbsp;als urspr�nglich zu erklaren. Das muls deshalb m. E. eine germa-nische Neubildung sein, und es mufe dadurch entstanden sein, daftnbsp;die prateritalen Plural- und Optativformen des Verbs d�n sich anderennbsp;Formen des Verbalsystems angeglichen haben. Wir kommen dannnbsp;mit Brugmann, Grundrila^ II, 3, S. 480, zu dem Typus s�tum, g�bumnbsp;usw. Jedoch glaube ich, daft bei der Umbildung eines altererbtennbsp;*dedum zu d�dum auch Dentalpraterita der Verba pura wie ahd. sdtiim,nbsp;drdtunt, kndtuni, ndtum usw. eine nicht unbedeutende Rolle gespieltnbsp;haben. Zwar heifet es got. saiso (ai. sera], waiw� und ags. bl�ow,nbsp;cn�ow, s�ow usw. (s. Karstien, Die redupl. Perf. des Nord- und West-germ., S. 77 ff.), aber das verhindert nicht, dais die Verba pura �nbsp;Oder wenigstens viele von ihnen � sehr fr�h Dentalpraterita gehabtnbsp;haben k�nnen. Auch das Partizip. Prat, mit seinem alten hat wohlnbsp;zu dieser Umbildung mitgewirkt.

Wie ist nun aber das ags. y in dyde, dydon usw. zu erklaren? Das y erscheint ja in der ganzen Prateritalflexion durchgef�hrt. Wiedernbsp;hat man zu idg. Vorformen zur�ckgreifen wollen. So hat Sieversnbsp;(PBB 16, 235 ff.) angenommen, dafa neben dem Ind. dcda ein Optativnbsp;*dudt, *dudts, *dudi bestanden habe, woraus ags. dyde, *dydcs, dyde;nbsp;und *du- in �dudt sei die tiefstufige Form *dh3- der Reduplikationssilbe,nbsp;also *dudt aus *dhd-dh-i. Diese Erklarung ist aber unannehmbar, weilnbsp;sie eine reine Konstruktion ist, die jeglicher Grundlage entbehrt. Eine

-ocr page 111-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 71

bessere M�glichkeit scheint mir dann die Annahme, daft wir es bei dem ags. dyde mit dem w-Typus in der Reduplikationssilbe wie innbsp;aind. rur�dha, tutud�, lat. tutud� (s. Meillet-Vendryes, Trait� denbsp;Gramm. Comp., S. 253, Brugmann, Grundr.^ II, 3, S. 25) zu tunnbsp;haben k�nnten; dyde k�nnte auf alteres *dud�- zur�ckgehen, und dasnbsp;y k�nnte aus dem Optativ herr�hren. Ich m�chte die M�glichkeit einernbsp;solchen Erklarung nicht v�llig ablehnen; weil aber cjer �lt;-Typus innbsp;der Reduplikationssilbe dem Germanischen sonst unbekannt ist, bleibtnbsp;sie doch kaum mehr als eine Konstruktion ohne sicheren Anhalt,nbsp;obwohl ich sie besser finde als die Erklarung von Sievers, dessennbsp;*dhd- eine unbekannte Gr�fae ist, und dessen Annahme eines �ber-gangs von *dh3- zu *du- sehr problematisch ist. Es lafiit sich �berhauptnbsp;aufaerhalb des Germanischen schwerlich einen Anhalt f�r eine befrie-digende Erklarung des ags. y in dyde linden, und deshalb mufe wohl dienbsp;L�sung des Problems im Ags. selbst gesucht werden. Nun hat Sievers mitnbsp;Recht hervorgehoben, dafe das y in dyde alt sein mufe, und allen ags. Dia-lekten gemeinsam, und also nichts zu tun hat mit dem spateren y, dasnbsp;dem Westsachsischen so charakteristisch ist (Sievers� �unfestesnbsp;s. Luick, Hist. Gramm., � 263). Jedoch ist es aufl'allend, wie allgemeinnbsp;verbreitet die Formen mit y erscheinen. Es hat den Anschein, alsnbsp;ob die westsachsische Lautgestalt sich �her alle ags. Dialekte verbreitet hatte; die y-Form scheint gewissermalken zur �Standardformquot;nbsp;geworden zu sein. Dafs aber das y dennoch ziemlich alt sein mufs,nbsp;scheint zweifellos. Danach w�rde man wohl geneigt sein, in diesemnbsp;y den 7-Umlaut eines fr�heren u zu sehen, welches das urspr�nglichenbsp;e � und nur von einem e kann hier die Rede sein � ersetzt hatte.nbsp;Dieses u k�nnte man weiter in Zusammenhang mit der Assoziationnbsp;zu erklaren suchen, welche die Formen mit (got. -d�dum, ahd. tatumnbsp;usw.; s. oben S. 70) hervorgerufen hat, m. a. W. die Assoziation mitnbsp;den prateritalen Plural- und Optativformen der 2. und 3. Ablautsreihe,nbsp;wie budon bude, hulpon hulpe, wurpon wurpe, brugdon brugde, usw.,nbsp;hatte zum Ersatz des alten e durch u gef�hrt. Die Umlautsformnbsp;y m�fste dann aus dem Optativ herr�hren und verallgemeinertnbsp;worden sein.

-ocr page 112-

72 JAKOB SVERDRUP

F�r ags. y in dyde usw. m�chte ich jedoch eine andere Erklarungs-m�glichkeit vorziehen. Wenn keine Umbildungen stattgefunden batten, batten wir Ind. *dede, *dedes, *dede, *dedon, Opt. *didi, *didm, spaternbsp;*dide, *diden erwarten sollen. Bei einer solchen sonderbaren Lagenbsp;der Verhaltnisse ist es verstandlich, daL Umbildungen und Ausglei-chungen stattfinden muLten. Die obige Erklarung sucht diese Umbildungnbsp;und Ausgleichung darzulegen. Es ist aber auch denkbar, daft einenbsp;Regelung dieser Vokalverhaltnisse durch eine vokalische Dissimilationnbsp;erfolgt sei. Sbwohl das e im Indikativ als vor allem das i im Optativnbsp;mag durch Dissimilation zu y geworden sein; also Opt. *didi, * didinnbsp;zu *dydi, *dydin, woraus spater dyde, dyden. Die ags. Vokalverhaltnissenbsp;machen ja einen sehr verwickelten und oft wenig �lautgesetzlichenquot;nbsp;Eindruck. Dafe dissimilatorische Tendenzen sich geltend gemachtnbsp;haben, scheint mir sehr wahrscheinlich. Wenn wir z. B. Formen findennbsp;wie spurnan neben spornan, murnan f�r *mornan, ufan f�r *ofannbsp;(das a in -an hatte a-FSrbung), fugol f�r *fogol, me. murder ausnbsp;*tnurdor f�r nior�or, sty de (besonders kentisch) neben stede, scheintnbsp;es mir sehr annehmbar, dafs eine Dissimilation stattgefunden hathnbsp;Besonders in schwachtonigen Mittelsilben scheint eine dissimilatorischenbsp;Tendenz sich geltend gemacht zu haben. Sehr bezeichnend bemerktnbsp;Luick (Hist. Gr. � 347): �In der zweiten Halfte des achten Jahrhun-derts ungefahr kam ein Streben nach Vokalwechslung in Endsilbennbsp;zur Geltung: wenn in solchen zwei Velarvokale aufeinander folgten,nbsp;wurde der erste zu e, vermutlich 3, reduziert. So in (e)afera �Nach-kommequot;, nafela �Nabelquot;, adesa �Axt� f�r alteres (e)afora, nafulanbsp;(Cp.), adosa, in vielen Pluralformen wie fugelas �Vogelquot;, munecasnbsp;�M�nchequot;, ruderas �Himmelquot;, hear etas �Hirschequot;, nh. hlaferdasnbsp;�Herrenquot; zu fugol, munuc, rodor, heorot, hlaford; in Verbalformennbsp;wie stadela� �befestigtquot;, sta�elo�e �befestigtequot; gegen�ber stadol �St�tzequot;;nbsp;in Genitiven des Plurals wie gumena �der Mannerquot;, tungena �dernbsp;Zungenquot;, �agena �der Augenquot; f�r alteres -ana] in Prateritalformennbsp;wie l�cedon �blicktenquot; f�r alteres -o on, -adon] im Superlativ wienbsp;heardesta �hartestequot; f�r -osta.^ Diese Verhaltnisse sind sehr bezeich-

In der ags. Lautwandlung iu'gt;io {liode^ aber as. hudi] die altesten Texte haben noch \u) m�chte ich eine Differentiation sehen (vgl. NTS S. 197 ff.).

-ocr page 113-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 73

nend; aber in diesem �Streben nach Vokalabwechslungquot;, das doch kaum als Erklarungsgrund geiten kann, sehe ich eben lieber einenbsp;Tendenz zur Dissimilation. Nicht zum wenigsten Falie wie Nom. PI.nbsp;frace�u (zu fraco� n.) �Beleidigungenquot; gegen�ber Nom. PI. fraco�enbsp;�elende, verachtliche,quot; nacedum gegen�ber nacode �nackte�, macedonnbsp;gegen�ber macode, usw. scheinen mir f�r die Annahme einer voka-lischen Dissimilation zu sprechen. Bei dem dissimilatorischen Wandelnbsp;von *dede, *didi, *didin zu dyde, dyden mag auch die Schwachtonigkeitnbsp;des Verbs mitgewirkt haben. Es ist aufserdem zu beachten, daft sichnbsp;bei schwachtonigen Silben und W�rtern eine Tendenz zeigt, e und inbsp;zu _y zuwandeln:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;�gingestquot;, nihtys �nachtsquot;, h�lynd �Heilandquot;,

fcedyr �Vaterquot;, �htyss �Verfolgungquot;, belocyn �verschlossenquot; (B�lbring Ae. Eb. � 360, Anm.): ys �istquot;, hyt �esquot;, dyder �dorthinquot;, synfnbsp;�sind�; so wahrscheinlich auch stynt �stehtquot;, �yr� �tragtquot;, �ryc�nbsp;�brichtquot;, sprycd �sprichtquot;. Die meisten dieser Falie geh�ren zwarnbsp;der spateren Sprache an; aber die Tendenz kann doch sehr fr�hnbsp;ihre Wirkung ausge�bt haben. Und es scheint mir somit nichtnbsp;unwahrscheinlich, dalii auch die ws. Pronominalformen pyssum, jgt;ysne,nbsp;die ja alt sind, auf Schwachtonigkeit beruhen k�nnen. � Ich m�chtenbsp;also ags. dyde usw. durch Dissimilation in Verbindung mit Schwachtonigkeit erklaren; und ich glaube, daft diese beiden Faktoren gemein-sam gen�gen, um den fr�hen Eintritt des Wandels c, i zu y innbsp;diesem Falie erklarlich zu machen. Jedoch braucht das y nicht alternbsp;als der Anfang des 8. Jahrhunderts zu sein.

Wie schon erwahnt, m�ssen wir westgerm. deda auf gleiche Linie mit reduplizierten Perfektformen wie got. saisO, waiw� stellen. Aufaer-halb des Germanischen ist wohl dann deda am nachsten mit aind.nbsp;dadha� zu vergleichen. Die Entsprechung aind. dadhimd: ags. dydonnbsp;(aus *dedum) und m�glicherweise as. dedun kann doch kaum einenbsp;Zufalligkeit sein. Ubrigens stimmen die Pluralendungen und dienbsp;Optativendungen zu denjenigen des Dentalprateritums und des starkennbsp;Prateritums. Einer naheren Erklarung bed�rfen deshalb nur dienbsp;Singularendungen des Indikativs. Mit von Friesen setze ich als idg.nbsp;Vorformen: i.*dhedh�a, 2.*dhedh�tha, 3. ��dhedh�e. K�nnen nun dienbsp;I. und 3. S. ahd. teta, as. deda, ags. dyde unmittelbar aus *dhedh�a,

-ocr page 114-

74 JAKOB SVERDRUP

*dedh�e hergeleitet werden? Man w�rde vielleicht diese Frage vernemen, weil die Endungen -oa und -oe zum schleiftonigen (dreimorigen) -� werden miifeten, woraus sich ahd. -o, as. -o, ags. -a entwickelnnbsp;sollten. Nun sind aber die sogenannten �Auslautgesetzequot; � vornbsp;allem die Behandlung der auslautenden langen Vokale � ein sonbsp;verwickeltes und unklares Gebiet der altgermanischen Lautgeschichte,nbsp;wo sich die willkilrlichsten Hypothesen herrlich umhergetollt haben,nbsp;daft ich es ganz unzulassig finde, wegen dieser oder jener Hypothesenbsp;einen sonst recht plausiblen Lautwandel abzulehnen, besonders wennnbsp;dieser Wandel nur die qualitative Farbung der Vokale, nicht dienbsp;Quantitat betrifft. Wir kennen verhaltnismafiiig wenige Formen mitnbsp;auslautendem -o, und sie sind kaum zweifellos. So haben wir abla-tivische Formen wie got. galeiko, ahd. gilicho, as. giltko, aber mitnbsp;-od. Ahd. gomo, ags. guma sollen -o aus -on enthalten; dann mufenbsp;aber in got. guma, an. gumi eine ganz verschiedene Endung (vermutlichnbsp;-m) vorliegen, weshalb viele Forscher die westgerm. Endungen durchnbsp;�bertragung aus dem Akkusativ erklaren wollen (z. B. Wilmanns,nbsp;Deutsche Gr. Ill, 2, S. 346), und in derselben Weise wird dann ahd.nbsp;as. namo (M.) gegen�ber got. nam� (N.) zu beurteilen sein. Die Formen des Gen. PI. wie got. gibo, ahd. tago, gebOno, gesteo, as. geio,nbsp;dago, nahto, ags. giefa, daga, wina haben urspriinglich -om. Wienbsp;man sieht, stehen diese Formen nicht v�llig auf derselben Linie mitnbsp;*dhedh�a, *dhedh�e. Dagegen entsprechen dem got. Gen. Sing, undnbsp;Nom. Akk. Plur. gib�s mit -os (aus -�s) ahd. geba (geba), as. geba,nbsp;ags. giefe. Bei dieser Sachlage finde ich es ganz unbedenklich, anzu-nehmen, dafi ahd. tcta, as. deda, afries. dede (?), ags. dyde direkt aufnbsp;*dhedh�a und *dhedh�e zur�ckgehen k�nnen. Dazu mufe auch dienbsp;funktionelle �bereinstimmung mit den entsprechenden Formen desnbsp;Dentalprateritums in Betracht gezogen werden: ahd. teta wie nerita,nbsp;as. deda wie nerida, ags. dyde, dydes, dyde wie nerede, neredes, nerede.nbsp;�berhaupt ist man geneigt gewesen, �Auslautgesetzequot; aufzustellen,nbsp;ohne auf die funktionellen Verhaltnisse (Funktionslosigkeit und Funk-tionswichtigkeit) der flexivischen Elemente R�cksicht zu nehmen. Mitnbsp;vollem Recht betont W. Horn (Sprachk�rper, S. 104), dafi die flektier-baren W�rter in bezug auf die Behandlung des Auslauts ganz anderen

-ocr page 115-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 75

Bedingungen als die nichtflektierbaren W�rter unterliegen. So ist wohl die Erhaltung des -s in den Optativformen der 2. Sing, wienbsp;ahd. Pras. btz�s, biot�s, Prat. bizzts, butts, as. Pras. b�tes, biodes, Prat.nbsp;bitis, budis gar nicht einer �bertragung aus dem Indikativ, sondernnbsp;der Funktionswichtigkeit des -s zu verdanken (vgl. Falk-Festskr.nbsp;S. 304 flf.)'. Daneben stand das Dentalprateritum, dessen 2. Sg. vonnbsp;alters her auf -.s {-z) auslautete. Somit ist dieses -s zur Endung dernbsp;2. Sg. �par excellencequot; geworden, wie spater im Deutschen -st diesenbsp;Rolle �bernahm. Dies ist wohl zu beachten bei der Beurteilung dernbsp;2. Sg. as. dedos, ags. dydes; denn tati (dadi) mufs nat�rlich als Neu-bildung ausscheiden. Mit von Friesen (Det svaga pret., S. 32 f.) findenbsp;ich deshalb die Umbildung von *dhedh�tha zu germ. *deb�s (odernbsp;*de�ds?) leicht verstandlich. Vielleicht mag bei urspr. *de��fgt;(a), wienbsp;V. Frisen meint, auch eine Tendenz zur Dissimilation mitgewirkt haben.nbsp;Wir hatten vielleicht ags. *dyda(s) erwarten sollen; aber die Flexionnbsp;von dyde ist doch v�llig mit der Flexion des Dentalprateritums zu-sammengefallen.

V. Die Flexionsendungen des Dentalprateritums,

Die Plural- und Optativendungen des Dentalprateritums stimmen bekanntlich zu denjenigen des starken Prateritums. Nur im Althoch-deutschen finden sich einige Besonderheiten, die weiter unten nahernbsp;besprochen werden sollen. Zunachst haben wir dann die Singular-endungen des Indikativs zu betrachten. Diese ergeben sich aus fol-gender �bersicht:

Gotisch. nbsp;nbsp;nbsp;Altnordisch (anorw.).

1. nbsp;nbsp;nbsp;nasidanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;i.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;tal�a

2. nbsp;nbsp;nbsp;nasid�snbsp;nbsp;nbsp;nbsp;2.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;tal�er

3. nbsp;nbsp;nbsp;nasidanbsp;nbsp;nbsp;nbsp;3.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;talbe


-ocr page 116-

76 JAKOB SVERDRUP

wido (Kj�levig). � 3. Sing, wurte (Tjurk�), orte (By), sAte (Gum-marp), niAde (Eggjum), urti (S�lvesborg); auf der Spange zu Etelhem auf Gotland (vor 500) steht wrta (d. h. worta), dessen -a als -se zunbsp;fassen sein soil (Walde, Auslautgesetze, S. 102 ff.), aber das -a k�nntenbsp;wohl eine gutnische Endung sein, dem got. -a (waurhta) entsprechendnbsp;(vgl. Bugge, No. I., S. 152 ff.). � 3. Plur. dalidun (Tune).

Altfriesisch.

1. nbsp;nbsp;nbsp;nercde (nerde)

2. nbsp;nbsp;nbsp;*neredest (*nerdest)nbsp;2. nerede (nerde)

Altsachsisch.

1. nbsp;nbsp;nbsp;nerida, -e

2. nbsp;nbsp;nbsp;nerides, -as, -os

3. nbsp;nbsp;nbsp;nerida, -e


Angelsachsisch.

1. nbsp;nbsp;nbsp;nerede, alter

2. nbsp;nbsp;nbsp;neredes(t),nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-xs

3. nbsp;nbsp;nbsp;nerede,nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-X.

Althochdeutsch.

1. nbsp;nbsp;nbsp;nerita

2. nbsp;nbsp;nbsp;nerii�s, -�st

3. nbsp;nbsp;nbsp;nerita.


Die as. Endung -e in der i. und 3. Person kommt sehr haufig vor; dar�ber bemerkt Holthausen, As. Eb., S. 146: �Nur in Gen., M, C,nbsp;Greg., Lam., und Oxf. Gl. kommt -e vor, und zwar in M und Oxf.nbsp;Gl. etwa doppelt so oft als -a, wahrend letzteres in Gen. stark �ber-wiegt; C hat nur 4, Greg. Gl. i -e (neben i -a), Lam. und Par. Gl.nbsp;nur -e (je i mal)�; vgl. auch Gall�e, Alts. Gr.^, S. 149 f. In der as.nbsp;2. Person hat M nur -es, C 4 mal -os, 3 mal -as, Gen. und Trier.nbsp;Gl. B je I mal -os. � Im Ahd. findet sich die Endung -es der 2. Personnbsp;viermal: chiminnerodes minuisti bei Isidor, altinotcs distulisti, fr�hfrank.nbsp;Gl. 2, 142, 63, uuoltes Gl. Jun., garates in der Handschrift D beinbsp;Otfrid; Tatian hat 5 -as, das auch sonst vorkommt; auch -ns findetnbsp;sich vereinzelt.

Die Flexionsendungen des Dentalprateritums m�ssen wir zunachst aus ihnen selbst heraus zu beurteilen suchen. Das hat von Friesennbsp;in dem 3. Abschnitt seiner Abhandlung �ber �Det svaga preteritumquot;nbsp;nicht getan, weil er eine �bereinstimmung mit den Endungen vonnbsp;dcda hat hervorzwingen wollen, was ihm nicht ohne sehr k�nstlichenbsp;und unwahrscheinliche Hypothesen gelungen ist. So beruht seine

-ocr page 117-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 77

Annahme, dafe die ahd. Endung -�s der 2. Sing, die urspr�ngliche sei, auf einer falschen Beurteilung des Tatbestands, weil es dochnbsp;got. -�s, an. -er, ags. -es. as. -es (neben -os) hei�t, und auch dem Ahd.nbsp;die Endung -es nicht ganz unbekannt ist. Um dann weiter die got.nbsp;und an. Endungen zu erklaren, nimmt er eine sehr eigent�mliche undnbsp;unglaubliche Ausgleichung an: von den Plural-, Dual- und Optativformen,nbsp;die nach v. Friesen auch im Westgerm. und im An. urspr�nglich wienbsp;im Got. mit -*d�bum usw. gebildet seien, was an sich wenig glaublichnbsp;ist, soil der Mittelvokal -�- in die got. Endungen des ganzennbsp;Sing, und in die an. Endungen der 2. und 3. Sing, eingedrungennbsp;sein! Derartige Bem�hungen zeigen deutlich genug, dafii es ganznbsp;unm�glich ist, die Singularendungen des Dentalprateritums mit den-jenigen von deda in �bereinstimmung zu bringen, und auch ausnbsp;diesem Grunde mufs die Annahme, dafe das Dentalprateritum mitnbsp;reduplizierten Perfektformen der Wurzel *dh� fvon got. -d�dumnbsp;usw. abgesehen) zusammengesetzt sei, als verfehlt betrachtet werden.nbsp;Daft wir im Westgerm. eine �bereinstimmung zwischen deda und demnbsp;Dentalprateritum finden, ist eigentlich selbstverstandlich; aber diesenbsp;�bereinstimming ist v�llig belanglos bei der Beurteilung der got. undnbsp;an. Endungen des Dentalprateritums.

Durch eine vergleichende Betrachtung der in den germanischen Sprachen tatsachlich vorliegenden Singularendungen des Dentalprateritums k�nnen wir jedoch, glaube ich, zu einer befriedigenden Erklarungnbsp;gelangen. Die Endungen der i. Sing. got. -a, urn. -�, an. -a, afries.nbsp;-e, ags. -e, as. -a, ahd. -a lassen sich samtliche auf eine, aber auchnbsp;nur auf eine Grundform zur�ckf�hren, namlich germ. -�m. Es istnbsp;dies eine Tatsache, die ich fr�her betont habe (IF 35, Ans. S. 13),nbsp;und worum nicht herumzukommen ist. Es erscheint deshalb ganznbsp;zwecklos, hier eine analogische Urabildung anzunehmen. Auf germ.nbsp;-�s lassen sich ungesucht die Endungen der 2. Sing. got. -�s, an. -ernbsp;{-ir), ags. -es, as. es zur�ckf�hren; nur ahd. -�s, as. -os bedarf einernbsp;besonderen Erklarung, und dar�ber weiter unten. Endlich k�nnennbsp;die Endungen der 3. Sing. got. -a, urn. -e {-i), an. -e [-i], afries. -e,nbsp;ags. -e, as. -e auf germ, -�j) zur�ckgehen. Die 3. Sing. ahd. nerita,nbsp;as. nertda hat wohl ihr -a von der i. Sing, �bernommen, wie auch

��


-ocr page 118-

78

JAKOB SVERDRUP

die 2. Sing, -es zu -as umgebildet worden ist; bei dieser Umbildung der 3. Sing, glaube ich aber, dafii auch die �bereinstimmung zwischennbsp;der 1. und 3. Sing, sowohl besonders bei deda (teta) als auch beinbsp;dem starken Prateritum mitgewirkt hat. Das Nebeneinander von neridanbsp;und nerijde in der i. und 3. Sing, im As. scheint mir eben daraufnbsp;hinzudeuten, daft die urspriingliche Flexion i. nerida, 2. nerides,nbsp;3. neride gewesen ist, welche Formen ganz zu den entsprechendennbsp;ags., got. und an. Formen stimmen.

�Lautgesetzlich� batten wir sowohl im Westgerm. als im Nord. den Schwund des -e in der 3. Sing, und im Westgerm. auch dennbsp;Schwund des -s in der 2. Sing, erwarten sollen. Dieser Schwund w�rdenbsp;aber dem System widersprechen, und die Erhaltung erklart sichnbsp;deshalb einfach durch die funktionelle Bedeutsamkeit dieser Sprach-elemente.

Die Flexionsausgange des Dentalprateritums im Singular des Indikativs werden somit auf germ. i. -horn, 2. -bes- 3. b�jgt; zur�ck-zuf�hren sein. Darin sehe ich einen alten augmentlosen Aorist, demnbsp;aind. Aorist i. ddham, 2. ddhas, 3. ddhat neben dham, dhas, dimt undnbsp;den griech. Formen aufnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-d-rj (vgl. oben S. 38 f.) entsprechend.

Wir kommen somit zu einem idg. Aorist *dh�m, *dh�s, *dh�t. Auffallend bleibt dabei nur das in der i. Sing, des Germanischen. Es solltenbsp;aber nicht so merkw�rdig erscheinen, weil ja das im germ. Prasens-system der Wurzel *dh� alleinherrschend ist. Man hat eben im Germanischen einmal den Aorist *d�m neben dem Prasens *d�nit gehabt.nbsp;Dabei mag vielleicht auch eine Assoziation mit den ��-Verben innbsp;Betracht kommen.

Dagegen mufa die ahd. und as. 2. Sing, auf -�s, -os m. E. eine spatere einzelsprachliche Neubildung sein. Denn die Sachlage istnbsp;hier eine ganz andere als bei der 1. Sing. In der 2. Sing, ist namlichnbsp;die Endung -�s alleinherrschend im Got. (-fs), An. (-er) und Ags. (-es);nbsp;sie �berwiegt im As., wo Monacensis nur -es kennt, wahrend Cotto-nianus, der eben in der Formenlehre hochdeutschen und nieder-frSnkischen EinfluB zeigt (s. Holthausen, As. Eb., � 31), -os und -asnbsp;hat; und endlich ist -es auch dem Ahd. nicht unbekannt. Bei diesernbsp;Sachlage ist es das methodisch Richtige, in der -�s-Endung eine Neu-

-ocr page 119-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 79

bildung zu sehen. Es ist dann recht wohl m�glich, dafa die 2. Sing, ihr dem Einflufe der 1. Sing., die ja einmal auf -� endigte, verdankt.nbsp;Das Bedenkliche dabei ist nur, ob wir nun auch diese Umbildung sonbsp;fr�h ansetzen d�rfen. Wenn nicht, dann kommt mir Collitz� ErklSrungnbsp;(Schwach. Prat., S. 152 f.) gar nicht so unwahrscheinlich vor, vrienbsp;V. Friesen sie findet, obwohl ich sie ein wenig geandert formulierennbsp;m�chte: Bei der zahlreichen 2. Verbalklasse sei zuerst die Endungnbsp;��s der 2. Sing. Pras. {salb�s) auf die 2. Sing. Prat. �bertragen, alsonbsp;salb�t�s nach salb�s, und von dort aus in die 2. Sing, der �brigennbsp;Dentalpraterita �bernommen worden, also nach salb�t�s auch suoht�s,nbsp;hab�t�s, dorft�s usw. F�r die Richtigkeit dieser Annahme scheint mirnbsp;auch der Umstand zu sprechen, daE wir auch spater eine ahnlichenbsp;�bertragung von der 2. Sing. Pras. aus noch einmal beobachten k�nnen,nbsp;indem namlich das in der 2. Sing, zugef�gte -t zunachst nur demnbsp;Pras. Ind. zukommt (suochist, salb�st, hab�st) und erst spater auch innbsp;die 2. Sing. Prat. eingedrungen ist [snocht�st, salb�t�st, hab�t�st]) vgl.nbsp;Braune, Ahd. Gr., � 306, Anm. 4. �brigens ist bei dieser Umbildungnbsp;der 2. Sing, des Dentalprateritums besonders f�r das As. wohl auchnbsp;dedos in Betracht zu ziehen, und auch das Ahd. mufe einmal eine ent-sprechende Form gehabt haben.

lm Dual und Plural des Indikativs und im ganzen Optativ stimmen bekanntlich � von einigen Ausnahmen im Ahd. abgeseh�n � die En-dungen des Dentalprateritums zu denjenigen des starken Prateritums.nbsp;Das verhindert aber nicht, dafs auch mehrere dieser Flexionsaus-gSnge des Dentalprateritums unmittelbar auf aoristische Formen dernbsp;Wurzel *dh� zur�ckgehen k�nnen, z. B. die i. Plur. -dunt auf *dh3m�,nbsp;vgl. gr. �amp;efiev, und die 3. Plur.-dun auf *dhnt (oder dhdnt?), vgl. aind.nbsp;adhuh, nur dafs hier das Altindische die Endung -ur gegen�ber dem germ.nbsp;�nt hat (s. Falk-Festskrift, S. 313 ff.). � Auch in der Optativflexionnbsp;des Dentalprateritums mogen uralte Optativformen der Wurzel *dh�nbsp;versteekt liegen: Indogerm. Sing. i. *dhi�m, 2. *dhi�s, 2- *dhi�t � Plur.nbsp;I. *dh�m�n, 2. *dh�t�, 3. *dhi�nt (s. Streitberg, UG., S. 344, vgl. Brug-mann, Grundr.^ II, 3, � 458). Mit Ausnahme von an. tel�a stimmennbsp;dazu die an. und westgerm. Optativausgange des Dentalprateritumsnbsp;(z. B. ahd. Sing. i. -ti, 2. -tis, 3. -ti � Plur. i. -ttm, 2. -tit, 3. -tin), nur

-ocr page 120-

8o JAKOB SVERDRUP

daft das Germanische auch hier wie �berall sonst beim athematischen Optativ die schwache Formengestalt durchgefuhrt hat.

Was die Pluralformen auf j. -tom, 2. -tot, 3. -ton (neritom, neritot, neritOn) im Alemannischen und bei Isidor betrifft, dann ist Schulzesnbsp;Erklarung (KZ 45, S. 338 f.) mir ebenso wenig glaubhaft wie Collitz�nbsp;(IF 34, S. 215 ff.), und sie (-t�n, -tt aus *-daun, *-dai aus *-dadun,nbsp;*-dadi durch Dissimilation) ist nach Streitberg (IF 35, 197 f.) alsnbsp;v�llig gescheitert zu betrachten. Collitz .selbst (IF 34, S. 2:5 fif.)nbsp;scheint sich fiir die Annahme entschlossen zu haben, dais diese Pluralformen ihr 0 von der 2. Sing, erhalten haben. Daft sie durch spaterenbsp;Umbildung entstanden sind, wind wohl jetzt niemand mehr bezweifeln.nbsp;Ich m�chte nicht leugnen, da6 die 2. Sing, auf -t�s, die wohl alter ist,nbsp;zu dieser Umbildung zwar habe mitwirken k�nnen; aber ich glaubenbsp;nicht, daft die 2. Sing, genilgt, urn das in den alem. Pluralformennbsp;zu erklaren; eine solche �bertragung scheint mir nicht hinreichendnbsp;begr�ndet und etwas befremdlich. Vielmehr glaube ich, daft diesenbsp;Formen auf derselben Entwicklung beruhen, welche die ahd. (und zumnbsp;Teil as.) 2. Sing, des Dentalprateritums hervorgerufen hat. Zuerst istnbsp;bei den zahlreichen Verben der 2. schwachen Konjugation das ausnbsp;dem Prasens in das Prateritum eingedrungen, also salb�t�m, salb�t�t,nbsp;salb�t�n nach salb�m�s (salb�n) salb�t, salb�nt; und von dort aus istnbsp;dann das auch auf die Pluralformen der anderen Dentalprateritanbsp;�bertragen worden. Auch die Pluralformen des Pras. Opt. (salb�m,nbsp;salb�t salb�n) d�rften wohl hier mitgeholfen haben, und sie machennbsp;es nur um so begreiflicher, dafe diese �bertragung bei der 2. schwachennbsp;Klasse angefangen hat. Andere �bertragungen bestarken nur diesenbsp;Erklarung der alem. Pluralformen des Dentalprateritums. So ist innbsp;vielen alem. Quellen des 9. Jahrhs. (H, B, Rb, Ja.) und bei Tatiannbsp;die Endung -mes aus dem Prasens in das Prateritum �bernommennbsp;(s. Braune, Ahd. Gr., � 307, Anm. i und Schatz, Ahd. Gr., � 523).nbsp;Bei Notker und �berhaupt im Spatalemannischen bis in die mittel-hochdeutsche Zeit finden wir die Endung -nt statt -t in allen Formennbsp;der 2. Plur., und h�chstwahrscheinlich ist diese Umbildung von dernbsp;3. Plur. Ind. PrSs. auf -nt ausgegangen (Braune, � 308, Anm. 3). Esnbsp;kann somit kein Zweifel sein, dafs eine enge Assoziation zwischen

-ocr page 121-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 8i

den Formen des Prasens und denen des Prateritums stattgefunden hat, wodurch mehrere Umbildungen und Ausgleichungen veranlafetnbsp;worden sind. Dabei m�ssen wir beachten, daft er ja der Dental ist,nbsp;der das prateritale Tempusmerkmal bildet, und eben deshalb konnten dienbsp;Endungen des Prasens und des Prateritums um so leichter zusammen-fliefaen. Und wir haben es hier mit einer zusammenhangenden Reihenbsp;von Vorgangen zu tun, die im Zusammenhang beurteilt werden m�ssen.nbsp;Die Umbildung der 2. Sing. Prat. Ind. finden wir schon auf dem ganzennbsp;althochdeutschen Sprachgebiete und zum Teil auch im Altsachsischen;nbsp;aber am weitesten in der Umbildung und Ausgleichung ist das Ale-mannische gegangen. � Das alem. -t (auch bei Isidor) in der i. undnbsp;3. Sing. Opt. Prat. [suoht�) ist gewifa aus den �brigen Personen �ber-tragen (s. Collitz, IF 34, S. 214 ff.); das ist ebenso einfach als ein-leuchtend und allen anderen Erklarungen vorzuziehen (vgl. Streitberg,nbsp;IF 35, S. 197 f.).

VI. Dentalpraterita ohne Mittelvokal.

Es gibt bekanntlich eine Reihe Dentalpraterita, die anscheinend von Haus aus ohne Mittelvokal gebildet worden sind, und derennbsp;Dental, von got. munda und skulda abgesehen, anscheinend nicht aufnbsp;idg. (f/i zur�ckgehen kann. Ich sage absichtlich anscheinend. Dennnbsp;erstens k�nnen wir nicht von vornherein wissen, ob nicht eine Formnbsp;wie z. B. got. wissa doch letzten Endes eine Bildung ahnlicher Art wienbsp;aind. vid^ dkar (also z. B. ein *vid-dh�m oder *vid x dh�m, wo x dasnbsp;unbekannte formantische Element eines Verbalabstraktums bezeichnet)nbsp;sein k�nnte; und zweitens ist noch kein entscheidender Beweis daf�rnbsp;beigebracht worden, daia der Dental der alten mittelvokallosen Prate-rita wie got. panrfta, wissa, j)alita usw. unm�glich am Ende auf idg.nbsp;dh zur�ckgehen k�nnte. Was w�rde sich z. B. aus einem idg.nbsp;dh�m im Germanischen ergeben?

Zunachst gebe ich nun ein Verzeichnis der alten Dentalpraterita ohne Mittelvokal. Es ist schwierig, die Anzahl dieser PrSterita genaunbsp;festzustellen; f�r die Beurteilung des Problems hat das aber wenignbsp;zu sagen. Das nachstehende Verzeichnis schliefet deshalb nur die,

6 � Norsk Tidsskrift for Sprogvidenskap

-ocr page 122-

82 JAKOB SVERDRUP

Dentalpraterita ein, die aller Wahrscheinlichkeit nach schon von alters her mittelvokallos waren, die also alien germanischen Sprachen ge-meinsam sind oder gewesen sind, und nicht durch einzelsprachlichenbsp;Entwicklung oder Umbildung entstanden sein k�nnen.

I. Die Praterita der Praterito-prasentia.

1. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. wissa �wufiitequot;, an. vissa, ags. wisse, as. wissa, ahd.nbsp;wissa, wessa; zu got. wait usw., gr. olda.

Part. got. unwiss (? nur du unwisamma K 9, 26 A, vielleicht far imweisammd), an. viss, ags. wiss, gewiss, as. wiss, afries. wiss, ahd.nbsp;giwiss�r] vgl. got. mipwissei f. �Gewissen�.

Vgl. an. vit n. �Wissen, Bewufetseinquot; {vitiigr �verstandigquot;), got. unwiti n. �Unwissenheitquot;, ahd. wizzi �Wissen, Verstandquot;, usw.; gr.nbsp;el�oQ n. �Aussehenquot;, aind. v�dah n. �Erkenntnisquot;, v�da- m. �Wissenquot;,nbsp;aslav. vidu m. �Anblickquot;; aind. vitti f. �Bewufetseinquot;.

2. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. ahd. tohta �taugte, niitztequot;, ags. dohte] zu ahd. toug,nbsp;ags. d�ag (d�ah), got. daug.

Part. Prat. ahd. doht, indem bei Otfrid sowohl dem dohia (Akk. Sing., V, 23, 236, 240) als dem doht� (V, 12. 87, S 13) wohl einnbsp;partizipiales Adj. doht �tuchtigquot; zugrunde liegt (vgl. Schatz, Ahd.nbsp;Gramm. � 543).

Vgl. mhd. tucht, ducht f. �T�chtigkeitquot;, ags. dyhtig, mhd. t�htec. Die Etymologie ist kaum gesichert; man vergleicht gr. rsv^fco �bereite,nbsp;r�stequot;, revxog �Geratquot;, rvyr] �Geschickquot;; air. dual �passendquot;; lit. da�gnbsp;�vielquot;, russ. d�zij �kraftigquot; (vgl. Feist, Etym. Wb. d. got. Spr.^ S. 94 f.).

3. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. kunpa, an. kunna, ags. c��e, ahd. kunda (konda)nbsp;�konntequot;; zu got. kann �kenne, weifequot; usw.

Part. Prat. got. kunps �bekanntquot;, frakunps usw., an. ku�r, kunnr �bekanntquot;, ags. c�p, as. k�th, afries. k�th, ahd. kund.

Vgl. got. gakimds f. ��berredungquot;, uf gakunpai �aQ^ofievogquot;, an. forkunnr, -ku�r f. �Verlangenquot;, einkunn usw., ags. uncy�ig, ahd.nbsp;kundig) Va. pa-zinti �ke.nnen�, pa-�intas �erka.r\rA�, pa-zintis f. �Erkenntnisquot;, a:v. paiti-zanta �erkanntquot;, d-zainti f. �Kundequot;; 2VmA. janati �ernbsp;kennt, weifequot;, gr. y�.ycova �bin vernehmlichquot;.

-ocr page 123-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 83

4. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. patdrfta �bedurfte�, ica. ^urfta, ags. porfte, bs. thorfta,nbsp;ahd. dorfta-, zu got. jgt;arf, usw.

Part. Prat. got.�n�tig, n�tzlichquot;, ahd., mh�. durft.

Vgl. got. paurfts f. �Bed�rfnisquot;, an. j)urft, usw.; got. parba f. �Mangelquot;, an. j)Qrf f. �Bedarf, Nutzenquot;, as. tharf f. �Mangelquot;, usw.;nbsp;an. jyarfr �n�tzlichquot;, fgt;arfe �n�tigquot;. Die Etymologie scheint mir auchnbsp;in semantischer Hinsicht ziemlich sicher (dagegen Feist, Et.Wb., S. 371):nbsp;apreuft. en-terpo �n�tztquot;, en-terpon �n�tzlichquot;; aind. tfpyati, trpn�tinbsp;�sattigt sich, wird befriedigtquot;, tdrpayati �sattigt, befriedigtquot;; gr. tegnconbsp;�sattige, erfreuequot;, r�giiofiai �freue michquot;.

5. nbsp;nbsp;nbsp;VrzX.' got.'gadaursta, ags. dorste, as. gidorsta, ah�. gitorsta]nbsp;zu got. gadars �wagequot;, usw., aind. dadhdr^a,

Das Part. Prat. fehlt.

Vgl. ahd. giturst f. �K�hnheitquot;, ags. gedyrst f. �tribulationquot; (? nur einmal), dazu ahd. giturstig, ags. dyrstig) aind. dhr^ti f. �K�hnheitquot;,nbsp;dhr�tdh �k�hn, keekquot;, dhdr^ati, dhr^noti �wagtquot;, dhr^�h, dhr^mih �k�hnquot;,nbsp;usw.; gr. �agoEOO �bin mutigquot;, ��gaog, d�dgoog �Mut, K�hnheitquot;, dagatgnbsp;(= aind. dhrs�h)] usw.

6. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. munda, an. munda (s. Collitz, Schwach. Prat., S. 64),nbsp;ags. munde) zu got. man �glaubequot;, an. man, ags. man �gedenkequot;, gr.nbsp;fji�jxova.

Part. Prat. got. munds.

Vgl. got. muns m. �Gedankequot;, an. munr �Sinnquot;, ags. myne �Er-innerungquot;; got. gamunds f. �Gedachtnisquot;, ags. gemynd, ahd. gimunt', aind. mdnah n. �Sinnquot;, gr. g�vog n. �Geist, Mutquot;; aind. matt f. �Gedankequot;;nbsp;at. mens �Geistquot;, aslav. pa-m^ti �Gedachtnisquot;, usw.; gr. uruvojuai �binnbsp;verz�cktquot; (lt;*mni-�-); usw.

7. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. skulda, an. skylda, spater und anw. skulda, afries.nbsp;scolde, ags. scolde, sceolde, as. skolda, ahd. scolta) zu got. skal �binnbsp;schuldig, soilquot;, an. skal, usw.

Part. Prat. in got. skuld ist, an. skyldr �passend, geziemend, schuldigquot;.

Vgl. an. skuld, skyld f. �Schuld, Abgabequot;, ags. scyld, afries. skelde, as. skidd, ahd. sculd] got. skula m. �Schuldnerquot;; lit. skeli� �bin schul-,nbsp;digquot;, skold �Schuldquot;, kaltas �schuldigquot;, kalt� �Schuldquot;.

�l


-ocr page 124-

84 JAKOB SVERDRUP

8. Prat. ags. benohte zu beneah, geneah �es gen�gt�, got. ganah, ahd. ganah.

Part. Prat. got. binauht �erlaubtquot;, ahd. durchnoht �vollkommenquot;.

Vgl. an. gn�tt f. �Gen�ge, F�lle, �berflufs'', ags. genyht, ahd. gi-nuht\ man vergleicht an. nd^ati �erreichtquot;, �veyxslv �tragenquot;, aslav. nesf �tragequot;, usw.

g. Prat. ahd. onda (aus *unfgt;a', das o ist sekundar wie in konda, vgl. Collitz, Schw. Prat., S. 57 u. 60), ags. ude, an. unna\ zu ahd. annbsp;�g�nne�, ags. an, an. ann.

Part. Prat. mndl. ge-ont (aus *unjgt;a-)', das Ags. hat geimnen wie auch gemunen, oncnnnen', das An. hat un(na)t, vgl. kunnat, niimabr.

Ein Verbalsubstantiv *imdi-i. findet sich vielleicht in 3.0. Qfund f. �Abgunst, Neidquot; (anders Collitz, Schw. Prat., S. 60), neben *unsti- innbsp;ahd. abunst f. �Neidquot;, as. atunst, an dst, ags. �st, as. ahd. anst. Dienbsp;Etymologie ist ganz unsicher, s. z. B. Feist, Etym. Wb. unter ansts.

10. Prat. ahd. w/msa, mh�. muose �mufstequot;; daneben got. m�sta (nur gam�st�dun Mc. 2,2: �swaswe juljan ni gamostedun nih at dauraquot;nbsp;= �so daft sie 'schon nicht Raum hatten auch vor der Tiirquot;),nbsp;afries., ags. m�ste, ahd. mnoste (erst bei William); zu got. gamot �habe,nbsp;finde Raumquot;, ags. mot �darfquot;, ahd. muoz �habe Gelegenheit, magquot;.nbsp;Collitz ist der Ansicht, dais got. gam�sta usw. fiir alteres *m�sa, ahd.nbsp;muosa sich nach der 2. Sing. Pras. gadarst, Prat, gadaursta zur 2. Sing.nbsp;gam�st eingestellt habe. Dagegen sieht v. Friesen in m�sta die ur-spriingliche Form, weil sie dem Gotischen und Anglofriesischen gemein-sam ist, und er legt ein Verbalsubstantiv idg. ^ mOd-tu-, das doch nir-gends belegt ist, zugrunde; fiir ahd. muosa gibt er keine Erklarung.nbsp;Collitz� Auffassung scheint mir die wahrscheinlichste.

Es ist R. Meringer (IF 18, 211 ff.), der zuerst gamot mit got. mitan usw. (vgl. Falk-Festskrift, S. 330) zusammengestellt hat, und diesernbsp;Zusammenhang scheint mir sowohl in morphologischer als in seman-tischer Hinsicht einleuchtend. Bei gam�t wird dann die Bedeutungs-entwicklung: ich habe ermessen gt; ich habe, finde Raum gt; ich habenbsp;Gelegenheit, Erlaubnis gt; ich mag, darf. Fiir Meringers Etymologienbsp;scheinen mir nicht zum wenigsten Falie wie kymr. meddu �to possess

-ocr page 125-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 85

to be ablequot;, air. midiiir (i. Sing. Pras.) �putoquot; (s. Pedersen, Vgl. Gr. II, � 780, A. 2) und lat. modus �Mafsquot;, aber dann �Art und Weisequot;,nbsp;zu sprechen.

11. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. �hta zu �g �f�rchtequot;.

Vgl. got. afagian �abschreckenquot;, inagjan �bedrohenquot;, usagips �erschrockenquot;, �gan �f�rchtenquot;, �gian, an. cegja �schrecken, er-schreckenquot;; got. agis n. �Furchtquot;, usw.; an. �gn f, �Schreckquot;, �tte m.nbsp;�Furchtquot;, ags. �ga m., �ht f. �Schreckenquot;; gr. dyolt;; n. �Schmerz, Leid,nbsp;Beangstigungquot;, dyo^iai �angstige michquot;, ir. dgathar �er f�rchtet sichquot;.

12. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. mahta, an. mdtta, afries. machte, mochte, ags.meahtenbsp;(mehtc, niihte), as. ahd. mahta, mohta] zu got. mag �kann, vermagquot;, usw.

Part. Prat. got. mahts, an. matt, ags. meaht �machtigquot;.

Vgl. got. mahts f. �Machtquot;, as. ahd. maht, afries. macht, ags. meaht, an. nidttr m.; got. mahteigs usw.; aslav. mog^ �vermagquot;, most�f. �Machtquot;,nbsp;gr. /arjxos n. �Hilfsmittelquot;.

13. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. aihta, art. dtta, afries. dchte, ags. dhte, as. �hta', zunbsp;got. aih �habe, besitzequot;, PI. aigum, an. d, usw.

Part. Prat. an. dttr.

Man vergleicht aind. i^� �hat zu eigenquot;, andere Beziehungen sind aber unbekannt.

2. Andere mittelvokallose Dentalpraterita.

14. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. pdhta, an. fgt;dtta, ags. j)�hte, as. thdhta, ahd. thdhta,nbsp;datha-, zu got. ^agkjan �denkenquot;, usw.

Part. Prat. andaj)dlits �bedachtigquot;, ags. bcjgt;�ht, ahd. beddht, irdaht.

Vgl. ags. ^anc, jgt;onc m. �Denken, Gedanke, Dankquot;, as. thank �Denken, Dankquot;, ahd. danc �Denken, Gedanke, Dankquot;; ags. gefreaktnbsp;f. �Gedankequot;, as. ahd. githdht; man vergleicht lat. tong�re �nosse, scirequot;,nbsp;osk. tangin�d, Abl. �sententiaquot;.

15. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. f�hta, an. f�tta, ags. f�hte, as. ahd. th�hta\ zu got.nbsp;jmgkjan �d�nkenquot;, usw.

Part. Prat. got. hauhf�hts, mikilfuhts �hochm�tigquot;, an. f�ttr, ahd. kad�ht (B, Rb).

Vgl. got. f�htus m. �Gewissenquot;, an. f�ttr, f�tte m. �Meinung, Gefallenquot;; f�hta, im Ablautsverhaltnis zu fdhta.

-ocr page 126-

86 JAKOB SVERDRUP

16. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. brUhta, spatahd. brUhte {bruhte WGen, verbmchtenbsp;spate Gl. 3, 413, 19), mhd. br�hte\ zu got. brUkjan �brauchenquot;, ags.nbsp;brUcan (Prat, breac), as. brUkan (Prat, br�k), afries. brUka.

Part. Prat. mndd. gebr�cht, nhd. gebraiicht] das Ahd. hat Part. kepruhchit B, gebruchet Np, gebruochct N; das Mndd. hat Prat. brUkede,nbsp;Part, gebrUket.

Vgl. got. brttks �brauchbarquot;, ags. bryce, ahd. pr�chi\ lat. fruor (aus *frUgvor) �geniefaequot;, frUctus sutn.

17. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. ivaurhta, urn. worahto, an. orta, afries. wrokte, ags.nbsp;worhte (woruhte, wrokte, warhte), az. war(a)kta', zhd. wor(a)hta', zu got.nbsp;waurkjan �wirkenquot;, usw.

Part. Prat. got. frawaurhts �s�ndhaftquot;, uswaurhts �gerechtquot;, an. ortr, afries. ewrocht, ags. world, as. giwar(a)kt, ahd. giworkt (obd. auchnbsp;giwurchit).

Vgl. got. frawaurkts f. �S�ndequot;, uswaurhts �Gerechtigkeitquot;, ags. wyrht �Werkquot;, as. farwurht �S�ndequot;, gkvurht �Tatquot;; an. verk, ags.nbsp;weorc, usw.; gr. EQyov �Werkquot;, q�^w �tuequot; (aus *vrg-), usw'.

18. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. an. s�tta, afries. s�hte, ags. s�hte, as. s�hta, ahd. suohta\nbsp;zu got. sokjan �suchenquot;, usw. Das Got. hat s�kida, ahd. sohhUuit M.

Part. Prat. an. s�ttr, afries. s�ht, ags. ges�ht, as. gis�kt, ahd. ir-suohter (Notker); das Ahd. hat auch gisuochd.

Gew�hnlich stellt man s�kjan usw. zu lat. sagtre �nachsp�renquot;, sagax �scharfsinnigquot;, gr. ijyso/iai �meine, glaubequot;, air. saigim �suchequot;. Obnbsp;auch got. sakan s�k �streiten, rechtenquot;, an. sqk i. �Rechtssache, Sachequot;,nbsp;usw. heranzuziehen sind, scheint zweifelhaft; es ist auch fraglich, obnbsp;s�kida nicht eine ebenso alte Bildung sein kann wie s�hta.

19. nbsp;nbsp;nbsp;Prat. got. bauhta, ags. bokte-, zu got. bugian �kaufenquot;, usw.

Part. Prat. got. frabauhts �verkauftquot;, usbauhts �erkauftquot;, ags.

gebokt, as. giboht.

Vgot. andabaukts i. �\^�amp;og�id.quot;, faurbauhts �Loskaufungquot;. Die Etymologie ist ganz unsicher. Collitz (Schw. Prat., S. 41) stellt got.nbsp;bugian usw. zu aind. bhuj �Genufa schaffen, b�fsen, geniefeenquot;, undnbsp;er bemerkt, �dafa in aind. bhuj- wahrscheinlich zwei verschiedenenbsp;Verben zusammengeflossen sind, deren eines mit av. buj- und got.nbsp;bugian auf idg. bhugh- �Ersatz geben, Entgelt gebenquot; zur�ckgehtquot;.

-ocr page 127-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 87

20. Prat. got. brahta, ags. brokte, afries. br�chte, as. ahd. brahta\ zu got. briggan �bringen�, ags. ahd. bringan, afries. bringa', danebennbsp;steht eine Bildung 'brangian in ags. brengan, afries. brenga (branga),

as. brcngian.

Part. Prat. ahd. braht, afries. brokt, ags. brokt', daneben ags. brtm-gcn und ahd. brungan (viel haufiger als br�ht).

Die Etymologie des Verbs bringan scheint unsicher. Die meisten Forscher vergleichen kymr. he-brwng �deducere�, corn, kem-bronk �de-ducet�, usw., und in diesem *brenk : *bronk sieht man eine Kontamina-tion der Wurzel *bher �tragenquot; (got. bairan, \amp;i. fer� usw.) und *(e)neknbsp;in got. ganah, gr. �ve'/x�iv �tragenquot; usw. (s. pben). Wie es sich nunnbsp;auch damit verhalt, ist das Prateritum brahta jedenfalls sehr interessantnbsp;und charakteristisch f�r die Entstehung der mittelvokallosen Dental-praterita. Wir batten namlich bringan, *brang erwarten sollen, undnbsp;brang (PI. brungun) findet sich auch z. B. bei Otfrid, ist aber gewifenbsp;eine Neubildung; dagegen scheint das Part. ags. brungcn, ahd. brungannbsp;alt zu sein, ohne jedoch die Existenz eines alten *brang zu verb�rgen.nbsp;Nun hat aber R. Gauthiot (M�langes Saussure, S. 115 ff.) nachgewiesen,nbsp;dafe das Verb bringan urspr�nglich wohl ein Prasens, aber keinennbsp;Aorist und kein Perfekt bildete, gleich wie auch beran, weshalb barnbsp;als eine germanische Neubildung zu betrachten ist, vgl. lat. tuit nebennbsp;Pras./rr�. In diesem Verhaltnis liegt die Voraussetzung f�r die Entstehung eines Dentalprateritums brahta zu bringan. Dieses brahta istnbsp;dann nach Gauthiot die regelrechte Prateritalform zu |germ. *brangiannbsp;(as. brcngian usw.), die als Suppletivform zu bringan Verwendung fand,nbsp;weil bringan selbst kein altes Prateritum hatte. �Le couple got. brig-gan : brahta peut done s�expliquer sans faire intervenir aucune consi-d�ration analogique; l�anomalie qu�il pr�sente a pour cause l�absencenbsp;de parfait et d�aoriste qui, d�s l�indo-europ�en, caract�risait la racinenbsp;qui fournit le pr�sent de �porterquot;.�

21. Prat. got. wilda �wolltequot;, an. vilda, afries. welde, ags. wolde (angl. walde), as. welda und wolda (besonders in C), walda (2 mal in C;nbsp;s. �brigens Holthausen, As. Eb. � 497, Gall�e, As. Gr.^ � 426), ahd.nbsp;welta in Ra, M und Cass., sonst wolta', zu got. Pras. wiljan, ahd.nbsp;willu usw.

-ocr page 128-

88 JAKOB SVERDRUP

Part. Prat. an. vildr �beliebt, angenehmquot;.

Bei diesem Verb sind bekanntlich im Westgermanischen zwei verschiedene, aber verwandte Verba zusammengeflossen; got. wiljaunbsp;�ich willquot;, usw. und got. waljan �wahlenquot;, ahd. wellen �wollenquot;, usw.nbsp;Die Vokalverhaltnisse des westgerm. Prateritums beurteile ich dannnbsp;folgendermafaen: Urspr�ngliches e findet sich in afries. welde, as. welda,nbsp;ahd. welta] urspr. a wohl in angl. walde und as. walda-, das o in ahd.nbsp;wolta, as. wolda, ags. wolde ist eine Rundung von a oder e, die durchnbsp;zwei zusammenwirkende Faktoren hervorgerufen ist, namlich den Ein-flufe des vorhergehenden w und die Assoziation mit ahd. scolta, as.nbsp;skolda, ags. scolde. Got. wilda und an. vilda haben i durch Assoziation mit den �brigen /-Formen, wo i durch /-Umlaut aus e entstandennbsp;ist (vgl. NTS I, S. 199 ff.). � Vgl. laX. veile, asl. volj(i usw.

Auch einige Dentalpraterita der Verba pura k�nnen sehr wohl alt sein. Collitz verzeichnet Formen wie ahd. sdta, knata (an kndda),nbsp;krata, drata, gluota, spuota (vgl. oben S. 70). F�r di� Beurteilung dernbsp;Natur des Dentals der oben angef�hrten Dentalpraterita spielen dochnbsp;diese Praterita keine Rolle.

Sonst gibt es kaum viele andere Dentalpraterita, die schon von alters her mittelvokallos waren. Die Anzahl dieser Bildungen ist alsonbsp;ziemlich beschrankt. Das ahd. forhta �f�rchtetequot; zu furhten (got.nbsp;faurhtjan, ags. fyrhteri) ist kaum ein altes mittelvokalloses Prateritumnbsp;zu einem *forhan, wie Collitz vermutet (S. 34), sondern das gew�hn-liche synkopierte Prateritum zu furhten; das o in forhta ist leicht ver-standlich wegen forahta, forahten, forhta f. �Furchtquot;,forhtagnbsp;usw. (vgl. auch as,, forhlon nohen forhtian, ags. forhtian). Das an. ollanbsp;zu valda �waltenquot; ist aller Wahrscheinlichkeit nach eine Neubildungnbsp;des Altnordischen (s. v. Friesen, Det svaga pret., S. 24). Auffallendnbsp;ist dagegen ags. rohte (mit langem Vokal?) zu reccean �sich kiimmernquot;,nbsp;das wie ein altes mittelvokalloses Dentalprateritum aussieht; wir hattennbsp;*recte oder *r�hte zu * recan (wie s�can', vgl. rece we in JE\fr. Coll., nenbsp;reces du Ru^, Li, r�cel�as �unbek�mmertquot;) = ahd. r�hhen, ruochen, Prat.nbsp;ruohta erwarten sollen. Uber ahd. as. gionsta, ahd. bigunsta, bigonda,nbsp;as. konsta, farmonsta s. Collitz, Schw. Prat., S. 48 f., 49 ff., 55, 56; sienbsp;sind alle als Neubildungen zu betrachten. � Das got. kaupatjan �ohr-

-ocr page 129-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 89

feigen�, Prat. kaupasta, ist ein v�llig unerklartes Wort, und es ist un-gereimt init kaupasta als eine �urgermanischequot; Bildung zu rechnen-

Weiter gibt es in den westgermanischen Sprachen eine Reihe mittelvokalloser Dentalpraterita zu Verben mit kurzer Stammsilbe.nbsp;Aus verschiedenen Gr�nden (s. Paul, P B B 7, 136 fF.), besonders wegennbsp;des Fehlens des Umlauts, werden auch diese Forrnen �fters als ur-spr�nglich mittelvokallose Bildungen betrachtet. In den alteren Textennbsp;handelt es sich nur um Verba mit kurzer Stammsilbe, die auf germ.nbsp;p, t, k, d, l endigt. Spater kommen auch andere Praterita ohne Mittel-vokal vor, bei denen j edoch die Synkope des Mittelvokals leicht er-kennbar ist. Ich gebe deshalb nur ein Verzeichnis der Praterita, dienbsp;scheinbar urspr. mittelvokallos und mehreren westgerm. Sprachen ge-meinsam sind, ohne jedoch auf Vollstandigkeit des Materials hinzu-zielen. Ubrigens verweise ich auf die verschiedenen Flandb�cher undnbsp;besonders auf Schatz, Ahd. Gr., S. 302 ff. und Kr�er, Der Bindevokalnbsp;und seine Fuge im schwachen deutschen Praeteritum bis 1150, Palaestra 125.

1. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Verbalstamm auf p-.

ahd. scafta zu scephen �schaffenquot; (sonst starke Flexion); ahd. stafta zu stepfen �schreitenquot; (sonst stark), usw. (Kr�er, S. 211 ff.).

2. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Verbalstamm auf t:

ahd. sazta, as. satta. setta, ags. sette zu ahd. sezzen �setzenquot;, usw'.; as. latta, letta, ahd. lazta zu as. lettian �hindernquot;, usw.; ahd. nazta, wazta,nbsp;ginuzta usw., s. Kr�er, S. 222 ff.

3. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Verbalstamm auf k:

ahd. wahta, as. uuahte, ags. weahte zu ahd. wecken �weckenquot;, usw.; ahd. dahta, ags. fieahte zu ahd. decken �deckenquot;; ags. streahte, ahd. strahtanbsp;(stracta) zu ags. streccean �streckenquot;; ags. cweahte zu cweccean �sch�t-telnquot;; ags. dreahte zu dreccean �qualenquot;; ags. leahte (ahd. lacta) zunbsp;leccean �benetzenquot;; ags. reahte, ahd. mhta {racta) zu ags. reccean �er-klarenquot;; s. Kr�er, S. 215 ff., Schatz, Ahd. Gr. � 472 und 480.

4. nbsp;nbsp;nbsp;Nach Verbalstamm auf d:

as. quadda [quedda), ahd. quatta zu as. queddian �gr�faenquot;, usw.; as. skudda, ahd. scutta {scutita) zu as. skuddian �sch�ttelnquot;, usw.; ahd.nbsp;ratta [retita], zatta (zetita) usw; s. Kr�er, S. 222, Schatz, � 470.

-ocr page 130-

90 JAKOB SVERDRUP

5. Nach Verbalstamm auf 1:

ahd. salta (selita), as. salda, ags. sealde (vgl. an. selda) zu ahd. sellen ��berliefernquot;, usw.; ahd. zalta {zelitd), as. talda, d.gs. tealde zu zeilennbsp;�zahlen�, usw.; ahd. stalta, ags. stealde zu ahd. stellen usw.; ahd. twaltanbsp;[dualtd), ags. dwealde zu ahd. twellen �hindern�, usw.; ahd. qiialta [que-lita), ags. cwealde zu ahd. quellen �qualen�, usw.; s. Kriier, S. 200 fl'.,nbsp;Schatz, � 470.

Kein einziges dieser Dentalpraterita ist m. E. urprunglich ohne Mittelvokal gebildet worden; sie sind alle als fr�h synkoplerte For-men zu betrachten. Daf�r spricht im allgemeinen die Tatsache, dafenbsp;wir es hier �berall mit y-Verben, meistens Kausativa und Denomina-tiva, zu tun haben, deren Praterita dem germanischen System gemafsnbsp;von Haus aus mit Mittelvokal gebildet wurden. Das Altnordische undnbsp;das Westgermanische zeigen eine Starke Tendenz zur Synkope desnbsp;Mittelvokals. Im Altnordischen ist diese Tendenz �berall, sowohl beinbsp;den kurzstammigen als bei den langstammigen Verben, durchgedrun-gen, im Westgermanischen nur bei den langstammigen. Wenn wirnbsp;nun aber im Altnordischen synkopierte Formen finden wie z. B. skapta,nbsp;sella, latta,vakjgt;a, pakta, rakta, kvadda, talda, selda, kvalda, dann erscheintnbsp;es doch wenig nat�rlich, in den entsprechenden westgerm. Formen,nbsp;ahd. scafta, as. salta, latta, ags. weahte, peahte, reahte, as. quadda, ahd.nbsp;zalta, salta, ags. cwealde, urspr�nglich mittelvokallose Praterita zu sehen.nbsp;Das Verhaltnis ist vielmehr folgendermaften zu beurteilen: Auch imnbsp;Westgermanischen sind die kurzstammigen Verba von der Tendenznbsp;zur Synkope des Mittelvokals nicht unber�hrt geblieben, obwohl dienbsp;Synkope nicht �berall in der altesten �berlieferung durchgedrungennbsp;ist. Besonders die Stellung des Mittelvokals nach bestimmten Konso-nanten, germ, p, t, k, d, I (vgl. an. setta), scheint dieser Synkope g�n-stig gewesen zu sein; und allmahlich breitet sich dann die Synkopenbsp;immer weiter. F�r das Althochdeutsche ist weiter zu beachten, dafanbsp;die Affrikaten und Spiranten, die durch die hochdeutsche Lautverschie-bung entstanden sind, stets Position bilden, weshalb die kurzstammigennbsp;Verba auf germ, p, t, k wie die Verba mit langer Stammsilbe behandelt werden; Formen wie ahd. scafta, stafta, sazta, lazta, wahta, dahlanbsp;usw. brauchen deshalb keine alten Bildungen ohne Mittelvokal zu sein

-ocr page 131-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 91

{s. Wilmanns, Deutsche Gramm. Ill, S. 78). Endlich mussen wir auch damit rechnen, dafe in einigen Fallen die Schwachtonigkeit des Verbsnbsp;die Synkope des Mittelvokals hat f�rdern k�nnen, z. B. bei Prateritanbsp;wie as. satta, latta, ags. peahte, ahd. zalta, stalta, salta (vgl. an. seldd) usw.

Noch finden wir im Westgermanischen f�nf Dentalpraterita, die von vielen Forschern als urspr�ngliche Bildungen ohne Mittelvokalnbsp;aufgefa�it werden:

as. lagda, legda, ags. legde, afries. lelde] dagegen got. lagida, an. lag()a, ahd. legita] zu got. lagian �legenquot;, usw.

as. sagda, ags. ssegde, westfries. seide] aber an. sagda, ahd. sag�ta, sa gala (besonders bei Otfrid); zu as. seggian �sagenquot;, ags. secgan,nbsp;afries. sedza, an. segja, ahd. sagen.

as. hogda, hugda, ags. hogde, ahd. hogta] dagegen got. hugida, an. hugda, ahd. hog�ta, hogata, hugita (ags. hogode zu Itogian)] zu got.nbsp;hug jan �denken, meinen, gesinnt seinquot;, an. hyggja, ags, hycgan, as.nbsp;huggian, ahd. huggen.

as. HMa, lebda, afries. lifde, ags. lifde] dagegen got. libaida (an. Hf da), ahd. leb�ta (Opt. Prat. libiti, s. Gerrnanica, S. 364); zu got. libannbsp;�lebenquot;, an. Ufa, afries. libba, ags. libban, as. libbian, ahd. leb�n.

as. habda, ahd. hapta (nur Is. und M), afries. hede, ags. heef de] dagegen got. habaida (an. hafda), ahd. hab�ta (obd. Pras. hebis, hebit. Prat. hebita, s. Gerrnanica, S. 363); zu got. haban �habenquot;, an hafa, afries.nbsp;hebba, ags. habban, as. hebbian, ahd. hab�n.

Nachdem nun die oben behandelten Praterita sich als synkopierte Formen erwiesen haben, ist es auch bei den letzteren f�nf Verbennbsp;doch das wahrscheinlichste, dafs die Praterita ohne Mittelvokal alsnbsp;fr�h synkopierte Bildungen aufzufassen sind; das Nebeneinander vonnbsp;sjmkopierten und unsynkopierten Formen von einer Sprache zu dernbsp;anderen spricht doch daf�r, dafe die unsynkopierten Formen die alte-ren sind., Das Verb lagjan gehort in allen germ. Sprachen zu dennbsp;y'aw-Verben. Die �brigen vier Verba zeigen eine Mischung der jan-und der aussterbenden r�-Klasse. Darin liegt vielleicht die Voraus-setzung f�r die Synkope. Nun ist es aber sehr bezeichnend, dafe wirnbsp;es eben hier mit Verben zu tun haben, die im Satzgef�ge besondersnbsp;haufig schwachtonig stehen; das braucht nicht naher nachgewiesen zu

-ocr page 132-

92 JAKOB SVERDRUP

werden (vgl. oben S. 64 fF.). In dieser Schwachtonigkeit sehe ich den Hauptgrund der fr�hen Synkope. Sehr bezeichnend ist bei Otfridnbsp;das Nebeneiander der Formen hog�ta, hogata und hogta\ wir sehennbsp;hier, wie die Schwachtonigkeit sowohl zur Schwachung als zumnbsp;v�lligen Schwund des Mittelvokals gef�hrt hat. Aber auch diesernbsp;Schwund mufs selbstverstandlich im Zusammenhang mit der ganzennbsp;Tendenz zur Synkope des Mittelvokals bei den Dentalpraterita betrach-tet werden.

Wir kehren zur�ck zu den 21 Dentalpraterita, die augenschein-lich schon im altesten Germanischen mittelvokallos waren. Wie sind diese Bildungen zu erklaren? Es ist einleuchtend, dafe eine plausiblenbsp;Erklarung nur im Einklang mit dem germanischen System gesuchtnbsp;werden darf. Dann fragt es sich aber, ob es �berhaupt m�glich ist,nbsp;eine solche Erklarung durch Ankn�pfung an irgendeinen idg. Verbal-stamm oder Flexionsausgang zu finden.

Die Erklarung Brugmanns habe ich schon oben S. 12 IF. be-sprochen und habe sie im Ganzen unannehmbar geFunden. Neulich hat aber A. Sommerfelt (Symbolae Grammaticae in honorem Johannisnbsp;Rozwadowski 1927, S. 255 if.) nachzuweisen gesucht, daft das alt-irische FPrateritum (z. B. 3. Sing, birt zu her- �tragenquot;, ni-chelt zu cel-�hehlenquot;, ro-da-acht zu ag- �F�hren, treibenquot;, anacht zu anag- �vertei-digenquot;, do-r-or-macht zu mag- �vermehrenquot;, i. Sg. con-ait-echt zu saig-�bitten, suchenquot;, usw.), wie auch das oskische PerFekt auF -tt- (z. B.nbsp;pnifatted �probavitquot;), auF die mit -te : -to- Formans gebildeten idg.nbsp;Prasentia zur�ckzuF�hren sind, und er sucht auch den Ausgangspunktnbsp;und das semantische Verhaltnis dieser air. Formation darzulegen. Viel-leicht k�nnte man hier eine St�tze der Theorie Brugmanns findennbsp;wollen, und es k�nnte verlockend erscheinen, germ, s�hta mit con-ait-echt, mahta mit do-r-or-macht (etymologisch sehr unsicher) zu ver-gleichen. Aber derartige Falie stehen doch ganz isoliert, und sie k�n-nen unm�glich den Ausgangspunkt des germ. Dentalprateritums bilden.nbsp;Somit bleibt Brugmanns Erklarung noch immer ohne Anhalt, und sienbsp;findet �berhaupt keine Ankn�pfung an das germanische System.

Besser ist auch nicht die Hypothese Behaghels (s. oben S. 32 f.). Eine Gleichung germ. *wuldls : aind. vrthdh existiert �berhaupt nicht.

-ocr page 133-

93

DAS GERMANISCHE DENTALPRATEKITUM

wie hartnackig sie auch wiederholt wird (vgl. oben Nr. 21). Es bleibt nur die Gleichung got. mund�s : aind. mathak. Darin kann man dochnbsp;nicht den Ausgangspunkt des ganzen germ. Dentalprateritums sehen;nbsp;das w�rde die weitere Ausbildung und Flexion dieser Formation ganznbsp;unbegreiflich machen. Und ist es wirklich eine vern�nftige Annahme,nbsp;dafe sich eine solche isolierte Medialform in ein Prateritalsystem ein-genistet habe, wenn es sich zeigt, daft dieses System einen ganznbsp;anderen Ursprung hat, ja sogar nichts mit dem idg. Flexionssystemnbsp;zu tun hat? So wie das germ. Dentalprateritum sich entwickelt hat,nbsp;mufste die Form mund�s kommen; deshalb ist die lautliche �berein-stimmung mit mathak zufallig und v�llig belanglos.

lm Germanischen finden wir zwei Prateritalsysteme: ein Ablaut-prateritum und ein Dentalprateritum. Das Dentalprateritum war urspr�ng-lich eine periphrastische Konstruktion, die aus einem Verbalnomen und verschiedenen Flexionsformen der Wurzel *dh� bestand. Wie alt diesenbsp;periphrastische Konstruktion ist, wissen wir nicht. Auch wissen wirnbsp;nicht, wie das Verbalnomen, das der eine Bestandteil der periphrasti-schen Konstruktion bildete, genau aussah. Es scheint mir aber nichtnbsp;ausgeschlossen, dafe dieser Bestandteil urspr�nglich das war, was vonnbsp;den Redenden als �Stammquot; oder �Grundformquot; gef�hlt wurde: mannbsp;hat gesagt etwa *sodio dh�m, *doma dh�m (vgl. lat. domabam), *takinbsp;dh�m (vgl. lat. tac�ham)) eine solche Ausdrucksweise ist doch nicht sonbsp;grundverschieden von der jetzigen: setzen tat, zahmen tat, schweigennbsp;tat (ahd. dag�ta). Man hat dann einfach diesen �Stammquot; als Verbalnomen in der periphrastischen Bildung gebraucht. In diesem Sinnenbsp;k�nnte man vielleicht mit Hirt von einem �Kasus indefinitusquot; (s. obennbsp;S. 43) reden, der in der periphrastischen Bildung gebraucht wurde zunbsp;einer Zeit, wo der Infinitiv noch nicht dem Verbalsystem einverleibtnbsp;worden war. Wenn dies richtig ist, dann versteht man um so leichter,nbsp;warum wir auch Dentalpraterita ohne Mittelvokal finden. Hiermit magnbsp;es sich nun verhaken wie es will; als die periphrastische Konstruktion zur Komposition wurde, mufste jedenfalls die ganze Formationnbsp;den Prinzipien unterworfen sein, die im System der Komposition herr-schend waren. Aber auch dann ist es recht wohl m�glich, dafs dienbsp;Kompositionsfuge ohne Mittelvokal sein k�nnte.

-ocr page 134-

94 JAKOB SVERDRUP

A priori war die Verwendung der periphrastischen Konstruktion �berall m�glich. Sie mufate aber Verwendung finden bei den Verben, die aus verschiedenen Gr�nden kein Ablautprateritum bildennbsp;konnten, also auch bei primaren Verben. Als nun die periphrastischenbsp;Konstruktion durch Zusamnienschmelzung zu einer einheitlichen Ver-balform, zum Dentalprateritum wurde, dann war gewifa bei diesemnbsp;Vorgang die Assoziation mit dem Dentalpartizip ein sehr wichtigernbsp;Faktor. Diese Assoziation mulate dazu f�hren, dala Dentalprateritumnbsp;und Dentalpartizip ein System bildeten, so dafa sich sowohl ira Stammnbsp;als im Dental eine v�llige Ubereinstimmung einstellte. Es scheint mirnbsp;dies eine Tatsache, die man auch bei der Beurteilung der mittelvokal-losen Dentalpraterita im Auge haben mufa. Auch diese Praterita m�s-sen wohl deshalb am Ende auf eine periphrastische Konstruktion mitnbsp;einem Verbalnomen und Formen der Wurzel *dhi zur�ckgehen, beinbsp;den Praterito-prasentia, weil ihr Ablautprateritum prasentische Bedeu-tung bekommen hatte, bei den �brigen Verben, weil sie kein Ablautprateritum bilden konnten. Aber �berall hat die Assoziation mit demnbsp;Dentalpartizip dazu gef�hrt, daft diese Dentalpraterita bei der Zusam-menschmelzung der periphrastischen Konstruktion von Haus aus mit-telvokallos wurden, gleichviel ob das Verbalnomen in der urspr�ng-lichen periphrastischen Konstruktion auf Vokal endigte oder nicht.nbsp;Denn dar�ber k�nnen wir nichts wissen; nach dem oben Ausgefuhrtennbsp;ware eine Ausdrucksweise wie etwa *vid dh�m auch denkbar. Imnbsp;Folgenden beabsichtige ich deshalb nicht den tatsachlichen Vorgangnbsp;festzustellen, sondern nur ein Bild der lautlichen Entwicklung durchnbsp;Assoziation mit dem Dentalpartizip zu geben;

Vorform.

*trp-dh�m

*dhrs-dh�m

*mn-dh�m

*skl-dh�m

*nk-dh�m

��oik-dh�m

*tong-dh�m

Dentalprat.

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. paurfta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. daursta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. munda

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. skulda

gt; nbsp;nbsp;nbsp;ags. nokte

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. aihta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. pahta

Partizip.

got. paurfts got. *daurstsnbsp;got. mundsnbsp;got. skuldsnbsp;got. nauhtsnbsp;an. dttrnbsp;got. jgt;ahts


-ocr page 135-

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 95

DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM 95

Dentalprat.

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. fnihta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. br�hta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. waurhta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. s�hta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. brahta

gt; nbsp;nbsp;nbsp;got. wilda

Vorform.

*tng-dh�m * bhrug-dh�mnbsp;*vrg-dhom

* nbsp;nbsp;nbsp;sag-dh�m

* nbsp;nbsp;nbsp;bhronk-dh�mnbsp;*vel-dh�m

Partizip.

got. j)�hts got. *br�htsnbsp;got. waurhtsnbsp;as. s�htnbsp;ahd. brahtnbsp;an. vildr


F�r die Lautgestalt der �brigen Dentalpraterita, got. wissa (aus *vid-dhOin?), ahd. tohta, got. kunpa, ahd. onda, ahd. niuosa (aus *m�d-dh�m?], got. �hta, mahta, bauhta, mufa die Assoziation mit den zuge-horigen Dentalpartizipia und nominalen (�-Bildungen restlos mafegebendnbsp;gewesen sein. Es ist dies gar keine k�hne Annahme; denn es mufstenbsp;so werden, das fordert das System.

Einige der mittelvokallosen Dentalpraterita mogen als Musterfor-men gedient haben, andere erst nachtraglich gebildet worden sein, wie man ja auch nasida als Typus betrachten mufs. Wenn wir abernbsp;diese Bildungen ohne Mittelvokal im Einklang mit dem ganzen Systemnbsp;betrachten, dann scheinen sie mir kein Problem mehr zu bieten. Wirnbsp;k�nnen zwar nichts Bestimmtes mehr �ber die genaue Form undnbsp;Gestalt des ersten Bestandteils der urspr�nglich periphrastischen Kon-struktion sagen. Es mogen alte Wurzelnomina (s. Brugmann, Grundr.^nbsp;II, I, S. 130 ff.) oder o-Abstrakta (vgl. an. vit), die einst im Germa-nischen sehr produktiv waren (s. E. Olson, De appellativa substanti-vens bildning i fornsvenskan, S. 341 flf., Wilmanns, Deutsche Gramm.^nbsp;II, S. 184 fF.) oder f-Abstrakta (vgl. got. muns), die auch einst ziem-lich produktiv waren (s. Wilmanns, S. 184 ff. und 209 ff., Olson,nbsp;S. 531 ff.) zugrunde liegen. Vielleicht ware es sogar denkbar, dafsnbsp;z. B. ein germ. *mtim��ni � (vgl. got. mtms, an. munr usw.) wegennbsp;Schwachtonigkeit schon im Gotischen zu mttnda geworden sei, undnbsp;so auch bei anderen Hilfsverben, obgleich mir diese Annahme nichtnbsp;ohne Bedenken erscheint. Aber wie es sich nun auch mit diesennbsp;Spekulationen verhalt, so mufste doch die Assoziation _ mit den Dentalpartizipia sehr fr�h zur Mittelvokallogigkeit f�hren, eben weil dasnbsp;Entstehen des Dentalprateritums und die Assoziation mit dem Dental-

-ocr page 136-

96 JAKOB SVERDRUP: DAS GERMANISCHE DENTALPRATERITUM

partizip Hand in Hand gingen. Wir d�rfen deshalb mit den oben aufgestellten Entwicklungeii i^trp-dhoni gt; jgt;aurfta usw.) recbnen, undnbsp;sie scbeinen mir in lautlicber Hinsicbt ganz einwandfrei zu sein. �nbsp;Auf der anderen Seite ist es auffallend, daft die Dentalpraterita dernbsp;Praterito-prasentia alle zum Perfektstamm gebildet worden sind. Esnbsp;hat den Anschein; als ob Praterita wie wissa, kunpa usw. verhaltnis-mafaig junge Bildungen sein k�nnten. Ich w'eife, daft dies vielen For-schern als eine �berk�hne Behauptung erscheinen mag, well sie es ge-wohnt sind, in wissa, kunpa etwas recht Uraltes zu sehen. Aber waitnbsp;und kann m�ssen doch so alt sein wie das Perfekt selbst, und nasidanbsp;mufa als Typus so alt sein wie das Dentalprateritum selbst. Dagegennbsp;ist es wenigstens eine M�glichkeit, dafa wissa, kunjgt;a u. a. erst entstan-den sind, nachdem das Dentalprateritum schon fertig ausgebildet war.

0.

-ocr page 137- -ocr page 138- -ocr page 139- -ocr page 140-