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BRITANNIEN UND BIBELTEXT

DER VULGATATEXT DER EVANGELIEN IN SEINEM VERHALTNIS ZUR IRISCH-ANGELSACHSISCHENnbsp;KULTUR DES FRÜHMITTELALTERS

VON

Dr. hans glunz

MIX VIER KAKTEN

LEIPZIG

VERLAG VON BERNHARD TAUCHNITZ 1930

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Alle Rechte vorbehalten


Druck von Bernhard Tauchnitr, Leipzig


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Vorwort

DIESER Versuch, einen Brvichteil der Vulgatageschichte mit neuen Mitteln zu erfassen, schlieBt sich an die frühere Studienbsp;des Verfassers über Die lateinische Vorlage der wcstsdchsischennbsp;Evangelienversion an. Von dem Spezialfall einer einzelsprachlichennbsp;Evangelienübersetzung geht die Untersuchung zum Original selbstnbsp;und seiner Geschichte über. Vor allem in einem Punkt greift dienbsp;Arbeit unmittelbar die bisherige Forschung auf; Aus der Möglich-keit, die Varianten, die die kritische Vulgataausgabe bietet, zunbsp;„lesen“, ergibt sich wie von selbst die Kenntnis der Text geschichte.nbsp;Einzelne, bisher zusammenhanglose Fakta, die T3rpen des Vulgata-textes, treten nun in Beziehung zueinander. Man erkennt, wienbsp;eine Textklasse aus der anderen hervorgegangen ist; wie ursprüng-liche, geographisch festlegbare Texttypen sich mischen; wie neuenbsp;Produkte entstehen; und wie schlieBlich der moderne Vulgatatextnbsp;sich zu bilden beginnt. So laBt sich mit Hilfe der Kenntnis dernbsp;Texttypen und der historischen Gegebenheiten die Geschichte desnbsp;mittelalterlichen Vulgatatextes formen und kartographisch fixieren:nbsp;denn Vulgatageschichte hat letztlich Text-, nicht Handschriften-geschichte zu sein.

Ein zweiter Punkt ist noch wichtiger und verdient noch gröBere Beachtung in einer Textgeschichte: das Bedürfnis, das Werden desnbsp;Bibeltextes zu erklaren, seine verborgenen Triebkrafte aufzusuchen.nbsp;Hier klafïte bisher noch die empfindlichste Lücke — trotz Samuelnbsp;Bergers klassischem Buche —, und auch die vorliegende Darstel-lung kann sich nicht rühmen, sie völlig und endgültig geschlossennbsp;zu haben. Hier nur ein Hinweis auf das zu erstrebende Ziel.

Die Frage nach den Gründen für das Zustandekommen eines Texttypus oder für das Entstehen von Mischtexten ist im letztennbsp;Sinne identisch mit der nach der Ursache von Textvarianten. Diesenbsp;nur als Ergebnisse von Versehen oder Schreiberlaunen anzusehen,nbsp;ist mehr als willkürlich und einseitig. Und wer wollte behaupten,

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— 8 —

daB ein so charakteristisches Gebilde wie der irische Vulgatatypus ein Zufallsprodukt sei? oder gar, daB Alkuins Rezensionstext ausnbsp;der „einfachen Tatsache“ zu erklaren sei, daB es im Skriptorium zunbsp;Tours eben die verschiedensten Handschriften kontinentaler undnbsp;insularer Herkunft gab? Eine Persönlichkeit wie Alkuin, ein ge-schlossener, festgefügter, in sich selbst ruhender Kulturkreis wienbsp;der irische sind zwar auch —¦ und vielleicht zuerst — rezeptiv ge-wesen; darüber hinaus aber waren sie geistige Kraftzentren, Re-alitaten, die ihre Lebenssphare nach eigenen Gesetzen gestaltet haben.nbsp;Da sind denn auch die wahren Ursachen der Vulgatageschichte zunbsp;suchen: in den geistigen, kulturellen, historischen Tendenzen undnbsp;Orientierungen der Trager des Textes. Mit fortschreitender Forschungnbsp;erfahrt man immer mehr, wie sehr auch Textgeschichte der Bibelnbsp;Geistesgeschichte ist. — Allerdings macht sich hier standig dernbsp;Mangel an eingehenderer Kenntnis frühmittelalterlichen Geistesnbsp;selbst der Schichten, denen die Sorge für den Bibeltext oblag,nbsp;schmerzlich geltend. Dicht rücken die Ereignisse und die Jahrhun-derte des frühen Mittelalters zusammen, und nur peinlich genauesnbsp;und verantwortlichkeitserfülltes Quellenstudium laBt die geistigennbsp;Hintergründe dieser Zeit wenigstens in ihren Umrissen erkennen.

SchlieBlich wird das konsequente Ausdeuten der methodischen Struktur dieser Studie auch der wissenschaftlichen Bibeltextkritik,nbsp;von deren Domane sie sich im übrigen, besonders auch in den prin-zipiellen Erörterungen, femhalten möchte und mufi, eine SchluB-folgerung nahelegen. Die heute im allgemeinen und mit groBemnbsp;Erfolg angewandte Methode der Textkritik, deren Aufgabe ja ist,nbsp;das echte Bibelwort vom unechten zu scheiden, untersucht dienbsp;Glaubwürdigkeit der einzelnen handschriftlichen Zeugen, um dienbsp;Lesarten eines oder mehrerer anzunehmen, diejenigen anderer zunbsp;verwerfen. Aber trotz der unbestreitbaren und angesichts der groBennbsp;und mannigfachen Schwierigkeiten hervorragenden Ergebnissenbsp;klagt die Forschung, wenigstens soweit sie sich mit dem griechi-schen Text des Neuen Testaments befaBt, daB in vielen Fallen dienbsp;letzte Entscheidung zwischen zwei Lesarten nicht getroffen werdennbsp;kann. Hier wird man darangehen können — und das ist ja keinnbsp;ganz neues Verfahren —, die strittigen Lesarten selbst zu unter-suchen. Aber alle bisherigen Arten der „inneren Kritik“ behandel-ten den Text als von immanenten Regeln beherrscht; sie sahen

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kaum über die Zusammenhange innerhalb seiner selbst und über die Psychologie des Schreibers hinaus. Aber jeder Schreiber istnbsp;auch an ein Stilgefühl, eine sprachliche Welt, an eine bestimmtenbsp;soziale, religiöse und selbst wissenschaftliche Sphare gebunden. Einnbsp;bestimmter kultureller Hintergrund, eine geistige Einstellung, einenbsp;sprachliche Geschmacksrichtung, eine Tendenz mu6 demnachnbsp;manche Variante ganz bestimmter Art hervorgerufen haben, dienbsp;mit einer anderen darum streitet, als Urlesart anerkannt zu werden.nbsp;Kennt man nun jenen ursachlichen Hintergrund, so kann man haufignbsp;mit ziemlicher Sicherheit entscheiden, welche der beiden Lescirtennbsp;spater entstanden sein wird. Zum völlig erfolgreichen Gebrauch dieses textkritischen Verfahrens würde allerdings eine eindringendenbsp;und umfassende Kenntnis der hier hineinspielenden Verhaltnisse innbsp;den beiden ersten christlichen Jahrhunderten nötig sein, der Zeit, innbsp;der die meisten Textvarianten der griechischen Bibel entstanden,nbsp;und es fragt sich, ob überhaupt unsere Kenntnis davon jetzt schonnbsp;genügt. —

Dankbar nennt der Verfasser die Namen derjenigen, die ilin mit Rat und Auskunft unterstützt haben: Herr Prof. D. E. v. Dob-schütz und Mr. M. R. James, die ihm mit manchen Anregungennbsp;und Hinweisen geholfen haben; Erl. E.Jörgensen von der Königl.nbsp;Bibliothek in Kopenhagen, die eine Hs. koUationierte; und Herrnbsp;Prof. Dr. H. Schöffler, der sich des Buches vom ersten Entwurfnbsp;bis zur Drucklegung in freundlicher Weise angenommen hat.

Köln a. Rh.

HANS GLUNZ

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Seite


Handschriftenverzeichnis.............. 13

VoraussetzuBgen. Der Bibeltext als Funktion geistiger Tendenzen 19—52 Probleme des Texttypus 19 — Zwei entgegengesetzte Verhal-tungsweisen dem Bibeltext gegenüber 20 — Die textverandern-den Faktoren 23 — Solche sprachlicher Art. Innere Sprachform 24nbsp;— Ein Beispiel: Tertullian und Cyprian 27 — Problem dernbsp;Übersetzung 30 — Einfluö der Sprach- und Gesinnungsgemein-schaften auf den Bibeltext 34 — Entstehen einer Textnorm 37nbsp;— Beispiel der Texterstarrung 41 — Die textkonservierendennbsp;Faktoren 43 — Verhaltnis der textandernden zu den textkonservierenden Faktoren 46 — Der Bibeltext, eine Funktion dernbsp;kulturellen Entwicklung 47 — Der „west1iche“ Text, ein Fak-tor in der Vulgatageschichte 50 — Stanimbaum der beidennbsp;Textmassen, aus denen sich die frühen Vulgata-Hss. konsti-tuieren 51.

Kapitel I. Kontinentale Ittischtypen der Vulgata und die Wir-

kung des irischen Möuchtums............53—88

Vetus Itala und Vulgata 53 — Mischtexte 55 — Der frühitali-sche Vulgatatypus 56 — Der kulturelle Hintergrund 59 — Die spanische Kirche 60 — Der spanische Vulgatatext 62 — Dasnbsp;Christentum im frankischen Reich 63 — Frühkontinentalenbsp;Bibel-Hss. 66.

Das irische Mönclisweseu und der Vulgatatext......67—88

Entwicklungsgeschichte des irischen Geistes 67 — Die irische Mission auf dem Festlande 71 — Klosterwesen 72 — Die Bibelnbsp;bei den irischen Mönchen 74 — Der irische Anteil an der kon-tinentalen Kulturentwicklung 77 — Die irische Sonderart 78 —

Sie erklart den irischen Vulgatatypus 80 — Beschreibung des irischen Texttypus 82 — Sein EinfluB auf andere Textklassen 87.

89—133

89—114

Kapitel II. Die Entwicklung des Meronymianischen. Textes . .

I. Sein Verhaltnis zur angelsachsischen Kirche

Geschichte der angelsachsischen Kirche im Zusammenhang init dem frühangelsachsischen Texttypus 89 — Verkehr der Angel-sachsen mit den Iren 91 — Süditalien als Kulturzentrum imnbsp;6. Jahrhundert 94 — EinfluB dieser Kultur auf England imnbsp;7- Jahrhundert 95 — Literarische Produktivitat in England.

Der nordhumbrische Bibeltexttypus 98 — Umschwung in der geistigen Orientierung Englands im 8. Jahrhundert; die angel-

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sachsische Mission auf dem Kontinent 102 — Nordhumbrische Seite Textformen auf dem Festland 106 — Geistige Beziehungennbsp;zwischen England und dem Kontinent im 8. Jahrhundert to8 —

Der „angelsachsische Missionstextquot; 110.

2. Rezensionen der Vulgata auf dem Kontinent mit eng-

lischen Texttypen als Vorlage..........114—133

Das frankische Reich unter Karl dem GroBen, eine Kulturein-heit 114 — Karolingische Renaissance 115 — Textrezension Theodulfs von Orléans 118 — Ihr angelsachsischer Grund-text 120 — Karls des GroBen Formwille 122 — Alkuin ver-mittelt angelsachsischen EinfluB auf dem Kontinent. Sein Hu-manismus 124 — Der Bibeltext in Tours 128 — Analyse vonnbsp;Alkuins Evangelientext 129 — Alkuins nordhumbrische Verlagen 130 — Rückblick 133.

K a p i t e 1 III. Die Synthese: der spatkontinentale, der spatenglische

nnd der Pariser Text................134—177

Frankische Geisteskultur im 9. Jahrhundert 134 — Der nach-karolingische Bibeltext, ein Mischtext 137 — Vorwiegen des Alkuinschen Textes darin 138 — Die kirchliche Lage in England 139 ¦— Erwachen des Nationalgefühls 141 — Volkssprach-liche Übersetzungen 142 — Althochdeutsche Übersetzungen 144nbsp;— England unter Ecgbert und Alfred 148 — Alfreds Übersetzungen und der Bibeltext 149 — 10. Jahrhundert; Cluniacen-ser Reform 154 — Ihre Wirkung auf England 157 — AElfric 159nbsp;— Die westsachsische Evangelienversion 162 — Der spatenglische Text in den Winchester-Hss. 167 — Der traditionellenbsp;Text im ii. und 12. Jahrhundert 170 — Scholastik und Bibeltext 172 — Die Universitat und die geistig führende Schicht 173nbsp;— Der Pariser Text 174 — Anfange empirisch-wissenschaft-licher Textkritik im 13. Jahrhundert 176 —• Stammbaum dernbsp;Textgeschichte der Vulgata 177.

Literaturverzeichnis................ 178

Register..................... 182

Karten; 1. Die Mischtypen der Vulgata mit besonderer Berücksichti-

gung der irischen Missionstatigkeit........ 64

2. nbsp;nbsp;nbsp;Der Vulgatatext in England und seine Verbreitung auf dem

Kontinent durch die angelsachsischen Missionare ... nbsp;nbsp;nbsp;96

3. nbsp;nbsp;nbsp;Entstehung von Theodulfs und Alkuins Rezensionen .nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;128

4. nbsp;nbsp;nbsp;Der Vulgatatext in nachkarolingischer Zeit...... 144

Stammbaum der Typen des Vulgatatextes....... 177

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Handschriftenverzeichnis

1. nbsp;nbsp;nbsp;Der Italische Mischtext

Z = codex Harleianus, Brit. Mus. Harley 1775, früher in Paris (Bibl. du Roi 4582), Evangeliën; s. 7. Stammt wahrscheinlich aus Oberitalien und enthalt,nbsp;wie alle Hss. dieses Typus, einen starken altlateinischen Einschlag. Lesartennbsp;spaterer Hande (Z^i i-») geboren der karolingischen Zeit an und scheinen imnbsp;Frankenreich zugefügt worden zu sein.

Vgl. p. sóiif., Note 5; 62, 91, 131, 139.

M = codex Mediolanensis, Mailand, Bibl. Ambrosiana C. 39. inf., Evangeliën; s. 6. Aus Norditalien. Die Vorlage war wolil eine Graeco-Latine, wie grie-chische Buchstaben im Text und orthographische Züge vermuten lassen.nbsp;Vgl. p. 56, 58.

J = codex Foro-Juliensis, Cividale (Teile in Venedig und Prag), Evangeliën; s. 6-7. Norditalisch, aus der Umgegend von Mailand (?)

Vgl. p.s6, 58 f.

P = codex Perusinus, Perugia, Kapitelbibliothek, Lucas-Fragment; s. 6. Aus Oberitalien.

Vgl. p. 56, 59-

2. nbsp;nbsp;nbsp;Der spanische Texttypus

C — codex Cavensis, Klosterbibliothek La Cava, ms. 14, Bibel; s. 9. Eine moderne, handschriftliche Kopie davon ist Bibl. Vaticana MS. 8484. Dienbsp;Heimat des Cavensis ist Spanien (Castilien oder Leon). Die Schrift istnbsp;typisch westgotisch.

Vgl. p. 62, 88.

T = codex Toletanus, Madrid, Bibl. Nacional, Bibel; s. 8. Früher in Toledo; Heimat scheint Sevilla zu sein. Der Text der spanischen Hss. tragtmannig-fache Spuren von Überarbeitung.

Vgl. p. 62, 88.

3. nbsp;nbsp;nbsp;Der gallisch-franMsche Mischtext

G = codex San-Germanensis 15 et 86, Paris, Bibl. Nat. lat. 11553, Bibel; s. 7. oder 9. (nach Berger). Seine Heimat ist die Gegend um Lyon. Altlateinischenbsp;Elemente sind sehr stark; Matthaus ist ganz altlateinisch, zitiert als g,. Dienbsp;Hs. ist typisch für den frühen südgallischen Text.

Vgl. p. 66, 87.

Bv == codex Beneventanus, Brit. Mus. Add. 5463, Evangeliën; s. 9. Es ist mög-hch, daB Benevent, wie eine Inschrift anzudeuten scheint, die Heimat der quot;S- ist. Dem Texte nach aber gehort sie nach Frankreich.

Vgl. p. 67, 87.

^ nbsp;nbsp;nbsp;Bigotianus, Paris, Bibl. Nat. lat. 281 et 298, Evangeliën; s. 8. Aus

dem Kloster Fécamp. Der Text ist eine Mischung des gallischen mit dem

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14 nbsp;nbsp;nbsp;—

irischen Text, die Hs. ein Beispiel für die Tatigkeit insularer Schreiber auf dem Kontinent.

Vgl. p. 67, 87.

4. nbsp;nbsp;nbsp;Der irische Typus

D = codex Dublinensis (Book of Armagh), Dublin, Trinity College, Neues Testament; s. 9. In Irland geschrieben (von Ferdomnach); er weist, wie fastnbsp;alle irischen Texte, Spuren von Korrektur nach dem Griechischen auf.

Vgl. p. 82.

R = codex Rushworthianus (Gospels of MacRegol), Oxford, Bodleiana Auct. D. 2. 19., Evangeliën; um 800 von dem Iren MacRegol geschrieben. Imnbsp;lateinischen Text fallen die haufigen Wortumstellungen auf. Mt. ist mitnbsp;einer mercischen Interlinearversion, Me. Lc. Jo. mit einer nordhumbrischennbsp;Interlinearglosse versehen. Der altenglische Text (mit einer Kollation desnbsp;lateinischen) ist abgedruckt bei W. W. Skeat, The Holy Gospels in Anglo-Saxon, Northumbrian, and Old Mercian Versions, Cambridge 1871-87.nbsp;Dazu A. S. Cook, Biblical Quotations in Old English Prose Writers I, p. nil.nbsp;Vgl. p. 82, 87, 153 f.

O = codex Kenanensis (Book of Kells), Dublin, Trinity College A. I. 6., Evangeliën; s. 7-8. Vielleicht stammt er aus Iona, jedenfalls aus einem schotti-schen Kloster. Die zahlreichen Konflationen sind bemerkenswert.

Vgl. p. 82, 84.

L = codex Lichfeldensis (Book of St. Chad), Lichfield, Kathedralbibliothek, Evangeliën (exc. Jo.); s. 8. Aus Wales (Llandafif).

Vgl. p. 82.

E = codex Egertonensis, Brit. Mus. Egerton 609, Evangeliën; s. 9. Aus Mar-montier bei Tours, ein Beispiel filr rein irischen Text auf dem Festland. Die Schrift ist karolingisch, Ornamentik und Text aber sind irisch. Viele selb-standige Lesarten.

Vgl. p. 8z, 85, 87.

gat = codex S. Gatiani, Paris, Bibl. Nat. nouv. acq. lat. 1587, Evangeliën; s. 9. Wie E eine kontinentale Hs. des irischen Typus aus St. Gatien in Tours.nbsp;Vgl. p. 88.

5. nbsp;nbsp;nbsp;Der fiiihangelsachsische Text

O = codex Oxoniensis (Gospels of St. Augustine), Oxford, Bodleiana 857 et Auct. D. 2. 14.,Evangeliën; s. 7. Aus St. Augustine in Canterbury; Abschriftnbsp;eines Evangelienbuches, das mit Augustins Mission (597) nach England kam.nbsp;Der Text ist verwandt mit dem römischen Gregors des GroBen (Chapman,nbsp;Notes on the Early History of the Vulgate Gospels, cap. i).

Vgl. p. 9of. u. Note 5; 93, loi, 113, 131, 164, Note 90.

X = codex Cantabrigiensis, Cambridge, Corpus Christi College 286, Evangeliën; s. 7. Eng verwandt mit O und wie dieser aus St. Augustine in Canterbury. Auch diese Hs. kann aus inneren Griinden nicht direkt aus Rom stammen. Die zahlreichen Lesarten spaterer Hand (X'=) sind im 8. Jahr-hundert dem nordhumbrischen Texttypus entnommen.

Vgl. p. 56, Note 5; gof. u. Note 5; 93j loi, ’3i.

6. nbsp;nbsp;nbsp;Der italisch-nordhumbrische Tsrpus

A = codex Amiatinus, Florenz, Bibb Laurenziana, Bibel; um 715 in Wear-mouth Oder Jarrow nach einer von Theodor und Hadrian eingefiihrten süd-

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— nbsp;nbsp;nbsp;15

italischen Vorlage geschrieben, von Abt Ceolfrid, der unterwegs stirbt, nach Italien gebracht und dem Papst geschenkt. Textlich eine der besten Vul-gata-Hss.

Vgl. p. gi, 94, Note 17; 98, loof., 130.

Y = codex Lindisfarnensis (Gospels of St. Cuthbert), Brit. Mus. Cotton Nero D. IV., Evangeliën; Anfang s. 8. Für Bischof Eadfrid (698-721) geschrieben,nbsp;ein Prachtexemplar irischer Schreib-, Illuminations- und Ornamentkunst.nbsp;Der Text geht auf eine neapolitanische Vorlage zurück. Die Hs. enthaltnbsp;eine nordhumbrische Interlinearglosse und ist vollstandig abgedruckt beinbsp;W. W. Skeat, The Holy Gospels . . . Über die Geschichte des Codex A. S.nbsp;Cook, Biblical Quotations I, xnilfF.

Vgl. p. 94, Note 17; loof., 130, 153.

A = codex Dunelmensis (“de manu Bedae”), Durham, ChapterLibraryA.il. 16., Evangeliën; s. 8. Vielleicht aus Jarrow.

Vgl. p. I oof.

S = codex Stonyhurstensis, Stonyhurst College, Johannes; s. 7. Früher in Durham.

Vgl. p. loof.

F = codex Fuldensis, Bibl. Fulda, Neues Testament; um 545 geschrieben fiir Victor von Capua (Bischof 541-46). Der Text der Evangeliën, die zu einernbsp;Harmonie (nach Tatians Vorbild) vereinigt sind, ist typisch süditalisch. Dienbsp;Hs. ist ein Bevveis dafiir, daB die angelsachsischen Missionare (Bonifatius)nbsp;wirklich aus Süditalien nach Nordhumbrien gewanderte Hss. in Handennbsp;hatten und in ihrem Missionswerk benutzten.

Vgl. p. 95, 98, 107.

7. Der Text der angelsachsischen Missionare H* = codex Hubertianus, Brit. Mus. Add. 24142, Bibel; s. 9. Aus St. Hubertnbsp;in den Ardennen. Der Grundtext dieser Hs., deren grofier Apparat vonnbsp;Marginalglossen und übergeschriebenen Varianten (H*^) dem Rezensionstextnbsp;Theodulfs von Orléans angehort, steht dem nordhumbrischen Typus sehrnbsp;nahe und verdankt sein Vorhandensein in einem karolingisch-frankischennbsp;Codex den angelsachsischen Missionaren.

Vgl. p. 107 u. Note 51.

Ep* = codex Epternacensis, Paris, Bibl. Nat. lat. 9389, Evangeliën; s. 8. Aus Echternach, der Griindung angelsachsischer Missionare; ein charakteristi-sches Beispiel fiir die Mischung der Typen im angelsachsischen Missions-text. Eine Inschrift besagt, der Text sei korrigiert nach der hibliotlieeanbsp;Bugipi praespiteri, der mit Cassiodor in Verbindung stand. Dazu kommennbsp;aber frühangelsachsische und irische Textelemente. — Die Randlesartennbsp;(Epmg) sind irisch und stimmen stets zu D E L O R.

Vgl. p. iioff.

Codex Würzburg Mp. th. q. 1% Evangeliën; s. (7.-)8. „St. Kilians Handschrift “; im Sarge Kilians gefunden worden sein. Sie scheint typisch angelsachsischer Missionstext zu sein.

Vgl- p. 113.

Codex Würzburg Mp. th, f. 61, Evangeliën; s. 8. Stammt aus England (ags. Schrift).

Vgl. p. 113.

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— i6 —

Codex Paris, Bibl. Nat. 11504 et 11505, Bibel; um 822 im Frankenreich (St. Riquier) geschrieben, voralkuinianischen Textes. Naheres bei H. Ouentin,nbsp;Texte de la Vulgate, p. 395 ff.

Vgl. p. 113.

Codex Adae (Adahandschrift), Trier, Stadtbibl. 22, Evangeliën; s. 8. Eine Goldhs., wie sie vor Alkuins Zeit in Tours zahlreich hergestellt wurden.nbsp;Der ersteTeil derHs. stellt den voralkuinianischen Text dar; der Schreibernbsp;der zweiten Halfte hatte Alkuins Text als Vorlage.

Vgl. p. 128.

Codex Hamilton 251, jetzt Eigentum von Pierpont Morgan in New York, Evangeliën; um 800. Ein typisches Exemplar der Goldhss. aus Tours mit vor-alkuinianischem, im wesentlichen durch das angelsachsische Element auf dem Kontinent zustandegekommenem Text.

Vgl. p. 128.

8. nbsp;nbsp;nbsp;Der Theodulfsche Rezensionstext

0 = codex Theodulfianus, Paris, Bibl. Nat. lat. 9380, Bibel; s. 9. Dieser sog. Codex Memmianus ist der Prototypus des theodulfianischen Rezensionstextes,nbsp;dem angelsachsischer Missionstext zugrunde liegt, wozu aber ein Apparatnbsp;von Varianten, der eigentlichen Theodulfschen Lesarten, kommtnbsp;Vgl. p. 113, iipff.

Codex von Le Puy, Domschatz, Bibel; s. 9. AuBeres und Text derHs. stimm-ten aufs engste zu 0.

Vgl. p. 120.

IP = codex Hubertianus; vgl. unter 7. Die Lesarten zweiter Hand des Huber-tianus stellen theodulfianischen Text dar.

Vgl. p. 113, 120.

9. nbsp;nbsp;nbsp;Der Alkninsche Rezensionstext

Mr = codex Martini-Turonensis, Tours, Bibl. publ. 22, Evangeliën; um 800. Eine Goldhs. aus St. Martin in Tours, die dem AuUeren nach zu Klasse 7nbsp;gehort, dem Text nach aber alkuinianisch ist.

Vgl. p. 127 ff., 139.

V = codex Vallicellanus, Rom, Bibl. Vallicellana B. 6., Bibel; s. 9. Er repra-sentiert den besten Alkuinschen Text.

Vgl. p. 127, 129, 139.

K = codex Karolinus, Brit. Mus. Add. 10546, Bibel; s. 9. Vielleicht für Karl den Kahlen im Kloster Granfelden geschrieben.

Vgl. p. 127, 129, 139.

10. nbsp;nbsp;nbsp;Nachkarolmgischer (spatkontinentaler, spatenglischer) Text

Zweite Bibel Karls des Kahlen, Paris, Bibl. Nat. lat. 2., Bibel; s. 9. Aus der frankisch-angelsachsischen Schreibschule in St. Denis, wo die Vermischungnbsp;der beiden nach 800 sich gegenüberstehenden Typen, des alkuinianischennbsp;und des irisch-angelsachsischen, vor sich geht und den spatkontinentalennbsp;Text ergibt.

Vgl. p. i37f-

Codex Lyon 357, Evangeliën; s. 9. Der Text ist eine ahnliche Mischung wie der der Zweiten Bibel Karls des Kahlen.

Vgl. p. i37f.

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17 nbsp;nbsp;nbsp;—

Codex Paris, Bibl. Nat. lat. 257, Evangeliën; s. 9. Text wie Lyon 357.

Vgl. p. i37f.

Evangeliar aus St. Emmeram in Regensburg, München, Staatsbibl. clm. 14000, cimelie 55; A. D. 870. Eine Goldhs., Karl dem Kahlen gewidmet.

Vgl. p. 138.

Bibel von Corbie, Paris, Bibl. Nat. lat. 11532 et 11533; s. 9. Spatkontinen-taler Text.

Vgl. p. 138.

Codex Wien, lat. ngo, Bibel; s. 9. Aus St. Vaast in Arras.

Vgl. p. 165, Note 91.

Codex Brit. Mus. I. B. Vll, Evangeliën; s. 9. Bekannt als yEthelstans Handschrift. Sie tragt die Inschrift ^pelstan eyng.

Vgl. p. 164, Note 90; 169.

Codex Brit. Mus. I. A. XVIII, Evangeliën; Anfang s. 10. Wurde von .^dithelstan der Kirche St. Augustine in Canterbury geschenkt. Die Heimat der Hs.nbsp;könnte Flandern sein. Ihr Text ist die typische Mischung aus nachkarolin-gischer Zeit mit Alkuins Text als Grundelement.

Vgl. p. 157, 164, Note 90; 169.

Codex Kopenhagen, Kgl. Bibl., Gl. Kgl. S. 10. fol., Evangeliën; s. ii., aus Winchester. Der Text dieser Hs. ist, wie Stichproben ergeben haben, mitnbsp;dem spatkontinentalenengverwandt; erstellt die nachkarolingische Mischungnbsp;von Vulgata- und Nichtvulgatalesarten dar. Beispiel für den spatenglischennbsp;Text.

Vgl. p. 169.

11. Der Pariser Text

W = codex des Schreibers William of Hales, Brit. Mus. Reg. I. B. Xll, Bibel; um 1254 für Thomas de la Wile geschrieben; früher in Salisbury. Ein Beispiel für den im 13. Jahrhundert an der Universitat Paris aufkommendennbsp;iaxtus modernm, der in vielen Exemplaren — auch in England — verbreitetnbsp;wird. In ihm halten sich die hieronymianischen und die nichthieronymiani-schen Bestandteile etwa das Gleichgewicht.

Vgl. p. 175 f. u. Note 109.

18. Kritische, gednickte Ausgaben

? = editio Stephanica (Etienne), Paris 1538 und 1546.

® = editio Henteniana (Johannes Henten), Löwen 1547 und Antwerpen 1583.

© == editio Sixtina, Rom 1590.

E = editio Clementina, Rom 1592.

''g = diese vier Ausgaben zusammen.

Keschreibungen der angeführten Vulgata-Hss. mit Literaturangaben bei Words-'vorth-White, Novum Testamentum, p. xiff.; S.Berger, Histoire de la Vulgate;

T. auch bei H. Quentin, Mémoire sur 1’établissement du texte de la Vul-g^tte, 1922, 250ff.

Punkte hinter Hss.siglen bezeichnen, daB nicht alle Zeugen für die betr. Lesart aufgeführf sind. Die Zeugen werden nach innerlich zusammenhangendennbsp;Gruppen aufgezahlt.

vuig. = der kritische Vulgatatext des Hieronymus nach Wordsworth-White, N.T.

G I u n z, Britannien und Bibeltext nbsp;nbsp;nbsp;2

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— i8 —

vett = die Mehrzahl der altlateinischen Codices (bezeichnet durch Kleinbuch-staben). Sie zerfallen in drei Hauptgruppen. af. = die altafrikanisch-lateinische Version in den Hss. e k.nbsp;europ. = die auf dem Festland verbreitete Überarbeitung der afrikanischen Version, enthalten in den Hss. b if, a c (d).nbsp;it. = die italische Abart des europaischen Textes in den Hss. f 1 q r.

S = die altlateinische Interlinearversion von gr. A. gr. = griechisch; die Mehrzahl der griechischen Codices (in der üblichennbsp;Signierung).

syc = die Cureton-Hs. der altsyrischen Version, Brit. Mus. Add. 14451. sys = die Sinai-Hs. der altsyrischen Version, Katharinenkloster, Sinai, syr. 30.nbsp;ws. = westsachsisch.nbsp;ahd. = althochdeutsch.

om = nbsp;nbsp;nbsp;omittit (omittunt).nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;|nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;“nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;=nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Korrektur-Lesart.

-|-= nbsp;nbsp;nbsp;addit (addunt).nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;¦nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;3nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;=nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Lesart erster, zweiternbsp;nbsp;nbsp;nbsp;usw.

gt; = umgestellt. nbsp;nbsp;nbsp;'nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Hand,

exc. = nbsp;nbsp;nbsp;ausgenommen.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;=nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Grundtext der Hs.

s' = Glosse, mg = Marginalglosse.

snx = Anderung von angeUachsischer Hand.

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The Vulgaie, the English Bible, the English Prayer-Book, the writings of Swedenborg, the Tracts for the Times:there, we have mstances of widely differentnbsp;and largely diffused phases of religious feeling tnnbsp;operation as sold in style.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Walter Pater

Voraussetzungen:

Der Bibeltext als Funktion geistiger Tendenzen

Die Feststellung der lokalen Typen des biblischen Textes ist heute eine der ersten Aufgaben der Textkritik. Man erkenntnbsp;die Notwendigkeit von in dieser Richtung sich bewegenden Unter-suchungen mehr und mehr, seitdem zuerst Samuel Berger diesernbsp;Methode den Weg gewiesen hatte.^ Schon praktische Griinde zwingennbsp;zu dieser Art des Vorgehens. Die bis jetzt bekannten Handschriftennbsp;der Bibel und ihrer Teile lassen sich eben nicht mehr zu einemnbsp;Stammbaum aufstellen, aus dem die Textentwicklung abzulesennbsp;ware. An die Stelle der Handschriften^ haben die Typen zu treten,nbsp;d. h. die Textformen, die in einer gewissen Epoche einem gewissennbsp;geographisch zusammenhangenden Gebiet angehörten. In diesernbsp;Definition des Texttypus geben die beiden letzten Merkmale nichtnbsp;den Ausschlag; aber sie charakterisieren den urspriinglichen Zustandnbsp;in der Geschichte eines Typus. Das wesentliche Merkmal einesnbsp;Texttypus ist seine einheitliche Textform. Darin aber liegt auchnbsp;zugleich das Problem ausgesprochen. Denn abgesehen davon, dafinbsp;man in vielen Fallen, besonders für die frühe Zeit der Entwicklung

Samuel Berger, Histoire de la Vulgate pendant les premiers siècles du moyen É,ge, Paris 1893.

“ Vgl. Eberhard Nestles Einfuhrung in das griechische Neue Testament^, ed. E. V. Dobschtltz, Gottingen 1923, p. 123. Die Forderung, daB zunachst die Lokaltypen hergestellt werden mUssen, ib. p. 26. Liste dernbsp;Hss. bei Gregory, Textkritik des NT., I, 1900, p. i8ff.

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des griecWschen und altlateinischen Textes, das Vorhandensein von lokalen Typen noch mehr vermutet und ahnt als darum weifi, sindnbsp;auch die Ursachen für das Entstehen verschiedener Textformen, fürnbsp;ihre Vermischung und ihre spateren Schicksale noch sehr unklar.nbsp;Man weist zwar immer wieder auf Ursachen für die Veranderungnbsp;des traditionellen Textes hin,^ die alle mehr oder minder mit demnbsp;Abschreiben der Hss. und den dabei sich leicht ergebenden Ab-weichungen von der Vorlage zusammenhangen. Viele diesernbsp;Gründe kann man geiten lassen, besonders wo es sich um wirk-liche, aus Unachtsamkeit oder Ungenauigkeit entstandene Fehlernbsp;handelt (Hör- und Lesefehler, Falie von Homoioteleuton und ahn-liche). Sobald jedoch nur einfache Anderungen, wie Zufügung vonnbsp;Partikeln zum Text, Umstellen von Worten und dergleichen innbsp;Betracht gezogen werden — nicht zu reden von bewufit vorge-nommenen, schwerwiegenden Veranderungen —, versagen die mei-sten Erklarungsversuche. Kein Schreiber wird ohne weiteres dennbsp;Text abandern, nur weil er denkt, dafi eine Partikel, das Umstellennbsp;von Worten oder Zufügen des Satzsubjektes die Textform verbes-sern, d. h. dem Urzustand annahern würde. Das Umgekehrte istnbsp;doch in den meisten Fallen das Ergebnis gewesen, und dessen werden sich auch denkende Schreiber — soweit solche überhaupt ab-anderten — bewufit gewesen sein.

Jedenfalls finden wir schon in den ersten uns bekannten Stadiën des Bibeltextes keine Einheitlichkeit vor. Wenn wir zunachst absehen von den frühen bewufiten Anderungen am Text, von denennbsp;die Vater des 2.-3. Jahrhunderts berichten (bei den Gnostikern,nbsp;Marcion etc.), so stellt sich uns der griechische Text in provin-zialen oder nationalen Sonderformen gegenüber, wie etwa in Agyp-ten, Palastina, Syrien, Kleinasien, Westeuropa. v. Dobschütz ziehtnbsp;angesichts dieser Tatsache die richtige Konsequenz, wenn er^ nochnbsp;weiter unterteilt und auch zwischen dem alexandrinischen Text,nbsp;dem oberagyptischen, dem antiochenischen, edessenischen, ephesini-

® Vgl. etwa Scrivener-Miller, A Plain Introduction to the Criticism of the NT.^, London 1894, wo 17 Gründe für das Zustandekommen unechternbsp;Lesarten gegeben sind. Nestle-v. Dobschütz, op. cit., p. 2ff.; J. W. Burgon,nbsp;The Causes of the Corruption in the Traditional Text of the Gospels,nbsp;London 1896.

^ Nestle-v. Dobschütz, p. 2 5 f.

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schen, kappadokischen, römischen, afrikanischen, gallischen, spani-schen ebenfalls Unterschiede vermutet. Theoretisch könnte man noch weiter gehen und nicht nur in einer nationalen, provinzialen,nbsp;stadtischen Gemeinschaft einen besonderen Text voraussetzen, son-dern auch in jedem Kloster, in jeder Kirche, in jeder Gemeinde,nbsp;ja in jeder Familie. So ist zu vermuten, daB in den Hausern dernbsp;ersten christlichen Familien Hss. zirkulierten und ab^eschriebennbsp;wurden, die nur für die Bedürfnisse des Augenblicks, für erbau-liche Lektüre, für einen ganz bestimmten, einmaligen Zweck, einenbsp;Konversion, eine kultische Verrichtung berechnet waren,^ und dienbsp;durchaus keinen Anspruch darauf machten, Literatur zu sein. Sienbsp;waren Schriften der Praxis, und sie wurden daher auch jeweilsnbsp;dem gewünschten Zweck entsprechend an die Forderungen desnbsp;Augenblicks angepafit. So ist das Milieu geschaffen, in dem nichtnbsp;nur verschiedene Formen eines ursprünglichen Textes, sondernnbsp;auch ganz neu hergestellte Schriften (Apokryphen) Wurzel fassennbsp;können. Aber auch spater ist in der Geschichte des Textes wahr-zunehmen, daB ein bestimmter Ort, ein bestimmtes Kloster einennbsp;Text schreibt und verbreitet, dem man sonst nicht wieder be-gegnet.®

Dieser Tatsache der unbegrenzten Mannigfaltigkeit der Text-form, die sich in der Masse der Hss. auBert, stellt sich eine Über-legung gegenüber, die in andere Richtung weist. Man sollte vermuten, daB die Worte der Heiligen Schrift als eines von Gott ge-offenbarten und zum Teil von ihm selbst gesprochenen Wortlautes schon von den ersten Christen sowie von alien denen, die diesenbsp;Worte spater in den Mund nahmen, für heilig, unveranderlich undnbsp;unantastbar gehalten worden seien. Wir fassen es heute so auf;nbsp;„Wenn der Glaube an den Bibeltext als das Gotteswort nicht ge-wesen ware, so batten wir es schwerlich zu einer so scharfen, un-erbittlich gewissenhaften Textkritik gebracht, wie sie heute unser

I nbsp;nbsp;nbsp;Geschichte der urchristlichen Literatur, I, Berlin-Leipzig

1926 (Saramlung Göschen), p. yf.

Beispiele: Nur in Süditalien findet sich im 5. Jahrhundert der reine hieionymianische Vulgatatext. Gleichzeitig hat Lerins eine ganz indivi-duelle Form des Textes, vgl. Chapman, Notes on the Early History of thenbsp;Vulgate Gospels, Oxford igo8. Irenaus von Lyon weist, wie andere Vater,nbsp;in seinen Zitaten einen ganz individuellen Text auf.

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Stolz und manchmal unsere Plage ist.“^ Aber gerade die Not-wendigkeit einer gevvissenhaften Textkritik zeigt ja, dafi dieser Glaube nicht immer verhanden gewesen sein kann, oder vorsich-tiger ausgedrückt, dafi er sich nicht immer und überall zeigte.nbsp;Und doch tritt er zum Vorschein. Die frühesten Zeugnisse, die da-von berichten, dafi man sich mit Fragen der Textkritik beschaftigte,nbsp;sind nur Berufungen auf die Heiligkeit des göttlichen Wortes.nbsp;Irenaus, Dionysius von Korinth, Clemens von Alexandria, Origenesnbsp;wenden sich gegen die gnostischen Sekten, die den Text falschen,nbsp;falsch lesen und zitieren,* und Tertullian eifert gegen die will-kürlichen, gewaltsamen Textanderungen der Marcioniten. Auchnbsp;ganze Gemeinden haben sich gegen ihnen ungelaufige und neuenbsp;Textanderungen gestraubt. Bekannt und typisch ist die oft an-geführte Episode, die Augustin berichtet, und die sehr gut zeigt,nbsp;wie sehr schon damals am einmal eingebürgerten, biblischen (d. i.nbsp;göttlichen) Wort zah festgehalten wurde.® In dieselbe Linie gehórt es, wenn spater z. B. Roger Bacon klagt: „Textus est pronbsp;majori parte corruptus horribiliter in exemplari vulgato, hoc estnbsp;Parisiensi.“io Die Schwierigkeiten, denen sich die hieronymianischenbsp;Übersetzung auf ihrem Verdringen gegenübergestellt sah,ii er-wuchsen ihr am wenigsten aus Einwanden sachlicher Art; in diesernbsp;Hinsicht war sie ziemlich unanfechtbar. Aber sie bedeutete einenbsp;Anderung des Altgewohnten, ein Verlassen der Norm, und dasnbsp;lieb sie in vielen Fallen als verwerflich erscheinen.

Es finden sich also zwei historisch immer wieder bezeugte Ver-haltungsweisen dem Bibeltext gegenüber, und auf sie lassen sich alle Schicksale des biblischen Textes in spaterer Zeit zurückführen.nbsp;Der Wortlaut wird gewandelt, abgeandert, frei behandelt, und ernbsp;wird zu erhalten, zu retten, wiederherzustellen gesucht. Der zweite

^ K. VoBler, Geist und Kultur in der Sprache, Heidelberg 1925, p. 3if. Was Gregory in diese Worte kleidet (p. 3): „Die Bibel ist nichtnbsp;nur unsere Lieblingsschrift, sondern unser Lebenswegweiser, und für einenbsp;solche Schrift wollen wir einen guten Text haben.“

8 Nestle-v. Dobschütz, p. I2f.; 11, 16.

Migne 22, col. 833, § 5. Es handelt sich um Jonas IV 6.

10 Opus minus, ed. J. S. Brewer, London 1859, P- 330-

Einige Zeugnisse dafür sind zusammengestellt bei Glunz, Die lat. Vorlage der ws. Evangelienversion, p. 13 ff.

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Vorgang folgt gewöhnlich dem ersten; die Abanderungen am Texte rufen Korrektui' und Rezension hervor. Auf das Zustande-kommen der Veranderungen mufi daher zunachst eingegangennbsp;werden.

Dafö man die Typen des Bibeltextes nach den Landern, Pro-vinzen oder Stadten ihrer Heimat zu benennen pflegt, ist mehr als eine bloSe Aufierlichkeit. Betrachte! man die Textvarianten, dienbsp;mit Bewufitheit, nicht aus Nachlassigkeit, Ermüdung, Irrtum dernbsp;Schreiber {“errors”) in den Text eingesetzt worden sind, so zeigtnbsp;sich, dafö jeder Typus gewisse Varianten aufweist, die ihm eigen-tümlich sind und nur ihm in dieser speziellen Eigenart zukommen.nbsp;Das gilt, soweit die Typen überhaupt scharfer charakterisiert sind,nbsp;und das sind die meisten.i^ Man wird also den SchluB ziehen kön-nen, dafi mit dem Augenblick, wo eine engere oder weitere nationale oder Gesinnungsgemeinschaft einen Text annimmt, dieser innbsp;einer bestimmten Richtung verandert wird. Das Ergebnis ist innbsp;den meisten Fallen nicht derart, da6 die Bedeutung oder der Sinnnbsp;einer Stelle geandert, die Auffassung oder der dogmatische Gehaltnbsp;gewandelt würde.i^ Sondern fast alle die Varianten, die dem Text-kritiker die meisten Schwierigkeiten bereiten, sind in erster Linienbsp;rein sprachlicher, stilistischer, grammatisch-syntaktischer, vielleichtnbsp;auch euphonischer Art. Hierhin gehören etwa die Umstellungen.nbsp;Statt Mc.V 36 iesus autem verbo quod dicehatur audito ait setzennbsp;jüngere Hss. iesus autem audito verbo quod dicehatur ait. Anderennbsp;Natur ist eine Anderung wie diese, Lc. XIII 15 resfondit autemnbsp;ad ilium dominus et dixit wird zu res-pondens autem ad ilium domi-nus dixit; oder XIII17 et cum haec dicer et zu haec dicente eo.nbsp;Auch das Ersetzen eines Wortes durch ein .Synonymon ist einenbsp;Anderung, die allein der Sprachgeschmack trifft, und deren Ur-sache kaum eine veranderte begriffliche Anschauung ist: Mt. VIIInbsp;20 valuer es caeli habent tabernacula : volucres caeli habent nidos,nbsp;WO Doppelübei^setzung von xaxao’uiqvdoeiQ vorliegt; Mc. XIV 43nbsp;cum gladiis et lignis : cum gladiis et fustihus. Aber auch wo Par-

den Vulgatatext können Wordsworth-White, NT., p. 709 ff., ypische Merkmale für fast alle Textklassen, oft sogar für einzelne Hss.nbsp;feststellen.

Von Anderungen, die aus bewuBt haretischerTendenz vorgenommen sind, wird zunachst abgesehen.

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tikeln oder andere den Sinn verdeutlichende Zusatze eingeführt werden, Oder wo einSubjekt oderPradikat ersetzt wird, vielleichtnbsp;unter Zuhilfenahme von Parallelstellen aus den synoptischen Evangeliën, laföt sich eine solche Anderung rein sprachlich versteken,nbsp;d. h. sie betrifft nur den Ausdruck eines im übrigen festbleibendennbsp;Sinnes. Wenn anstatt dixit gesetzt wird iesus dixit discifulis suis,nbsp;so ist durch die erweiterte Formulierung am auszudrückenden Sinnnbsp;nichts geandert worden. Wohl aber hat sich die Form, in der diesernbsp;Sinn vor der Seele des Spreekenden oder Horenden stekt, gewan-delt. Im gegebenen Beispiel könnte man von einer Analyse desnbsp;Gedankens sprechen. Nicht die Wandlung dessen, was gedachtnbsp;wird, ist der Kausalgrund der neuen Formulierung, sondern dienbsp;Art und Weise, wie gedacht wird: die innere Sprachform hat sichnbsp;verandert.

In der Tat ist die grobe Mehrheit der am Bibeltext auftreten-den Varianten dadurch zu erklaren, dafi sich das hinter der Formulierung Liegende, die innere Sprachform, gewandelt hat.i* Der Bibeltext, der gleichzeitig mit der Ausbreitung des Christentumsnbsp;in den verschiedenen Landern eingeführt wurde, kann hier zu-nachst nicht als unantastbares Wort Gottes aufgefafit worden sein,nbsp;sonst hatte er nicht verandert werden können. Jedenfalls standnbsp;eine solche Auffassung des Bibeltextes nicht im Vordergrund.nbsp;Vielmehr wurden die Bücher des Neuen Testaments, die Evangeliën insbesondere, als eine Art Lebensbeschreibung Christi, alsonbsp;als Dokumente, die von einem bestimmten historischen Ereignisnbsp;berichteten, angesehen und von den Christen, die in Palastina,nbsp;Syrien und Agypten die neue Lehre verbreiteten, als Belege undnbsp;Quellen für ihre Berichte, mit denen sie bekehren wollten, vor-gelegt, propagiert, abgeschrieben, und ebenso begierig aufgenom-men, von Hand zu Hand gereicht und verbreitet. Man sah in dennbsp;Evangeliën nicht den Text, sondern die Botschaft, nicht die Worte,nbsp;sondern den Sinn, nicht die Form, sondern den Inhalt. Die grie-chische Kultur der Gegenden, in denen das Christentum mit unge-heurer Macht sich Bahn brach, war für diese Auffassung allesnbsp;Gegenstandlichen, also auch eines an sich starren, unveranderlichennbsp;Textes, schon vorbereitet. Der mythische Götterglaube der

Über diesen BegrifF Vofiler, p. 202 f., passim.

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Griechen war im Zerbröckeln begriffen. An Stelle der zahlreichen einmaligen göttlichen Persönlichkeiten, die in menschlicher Gestaltnbsp;als Individuen mit bestimmten Schicksalen, Eigenschaften, mitnbsp;einem gewissen Aufgabenkreis versehen vorgestellt worden waren,nbsp;trat nun der ayvcoarog êsóg, die Idee des Göttlichen, das Göttlichenbsp;an sich. Diese symbolische Geisteshaltung, die mit dem Aufkom-men des Christentums in den europaischen Kulturkreis eintritt undnbsp;sich auf allen Gebieten geistigen Lebens aufiert, macht den wesent-lichen Unterschied zwischen Altertum und Mittelalter aus. Nichtnbsp;die Dinge selbst, in ihrem einmaligen So-sein, so wie man von ihnennbsp;spricht, sie handeln lafit, sie mit individuellen Zügen versieht, innbsp;Fabeln gestaltet, stehen nun im Mittelpunkt des Denkens. Sondernnbsp;was sie bedeuten, ihr tieferer Sinn, das allgemein Gültige, fürnbsp;immer Bestehende und Wertvolle, die ihnen zugrunde liegendenbsp;Idee, das erfüllt nun ganz den Gesichts- und Gedankenkreis dernbsp;Menschen. An die Stelle des mythischen Denkens tritt das symbolische,

Dieser Wandel der geistigen Orientierung hat auch die Auffas-sung von der Sprache und das sprachliche Denken im allgemeinen beeinflufit. Auch die Sprache ist nun ein Zeichen, ein Symbol fürnbsp;etwas, das hinter ihr liegt, für etwas eigentlich Unaussprechbares,nbsp;für den Glauben. Glauben kann man aber nur haben, nicht aus-sprechen; nur wenn das Wort als symbolhaftes Zeichen aufgefabtnbsp;wird, lafit er sich zum Ausdruck bringen. Das Wort, das das Altertum rein mythisch, als Erzahlung, einmaliges Sprechen, als Ge-schichte aufgefafit hatte, wird nun umgedeutet. Hinter ihm stehtnbsp;der allgemeine, immer geltende Sinn. Auf dem Gebiet des Bibel-textes macht Philon von Alexandria, der seinem ganzen Systemnbsp;nach zur griechischen Philosophic zu rechnen ist, den Anfang, in-dem er die Worte des Alten Testaments nur als Zeichen und Sym-bole für einen in Wahrheit tiefer liegenden Sinn betrachtet.i® Jrnnbsp;Christentum, das nie eine Religion des Buchstabens gewesen ist,nbsp;^®igt sich die symbolische Auffassung des Wortes schon von An-an. Dej- fJbergang vom Alten zum Neuen Testament be-deutete den Anbruch einer neuen Zeit; Christi Tod hatte eine neue

ifi nbsp;nbsp;nbsp;P- 78f.

Siegfried, Philon von Alexandria als Ausleger des AT., Jena 1875.

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Welt geschaffen. Paulus sieht seine Aufgabe darin, der neuen Zeit zum Siege zu verhelfen. Sie ist die wirkliche. Das AT.nbsp;wird als die Verheifiung, als Voraussage, als mythische Vor-stufe dessen angesehen, was das NT. erfüllte und mit Geistnbsp;und Bedeutung umgab. Der Geist des Evangeliums war es,nbsp;den Paulus und die Apostel in der Welt verbreiteten; von dernbsp;Wirkung dieses Geistes in diesen Mannern legen die Acta Aposto-lorum Zeugnis ab, jenes Denkmal „der Kraft des Geistes Jesu innbsp;den Aposteln, wie sie die Urgemeinde begründet, die Heidenmis-sion hervorgerufen, das Evangelium von Jesus bis nach Rom ge-führt und an die Stelle des immer mehr sich verstockenden Juden-volkes die empfangliche Völkerwelt gesetzt hatquot;.!’

Dieser Geist, der zunachst im griechischen Kulturgebiet so begierig erfafit wurde, hatte die Quelle, aus der er entsprang undnbsp;sich immer wieder erganzte, in sich selbst, im lebendigen Glauben.nbsp;Das geschriebene Wort, der Buchstabe, muSte demgegenüber einenbsp;untergeordnete Stelle einnehmen. Gewifi wurde der Bibeltext ab-geschrieben, aber von solchen, die in diesem Geiste wirkten. Dienbsp;Textform rückte in den beiden ersten christlichen Jahrhundertennbsp;gar nicht in den Bereich des wissenschaftlichen Interesses. Dasnbsp;rein praktische Interesse veranlafite das Kopiëren der Hss. Dennnbsp;die Dokumente, die die Tatsachen enthielten, auf die der neuenbsp;Glaube, das neue Gesetz, der neue Geist sich stützten, mufiten innbsp;den Handen aller Interessierten, besonders der Neubekehrten, sein.nbsp;Dieses praktische Bedürfnis verhinderte, da6 man etwa die Evangeliën als Literatur ansah. Die zahllosen Ungenannten, die sie ab-schrieben, taten das nicht aus literarischem Interesse, sondern ausnbsp;ihrem Glauben heraus; es kam ihnen nicht auf den Wortlaut, sondern auf den Sinn an.

Die wesentlich symbolische Geisteshaltung der christlichen Zeit also erklart die Tatsache, dafi der Text des NT. ab-geandert und umgeformt werden konnte. DaS von dieser Möglich-keit, den Text zu überarbeiten, reichlich Gebrauch gemacht wurde,nbsp;zeigt die Textgeschichte der ersten beiden Jahrhunderte.i® Alle

A. V. Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Christentums in den ersten drei JahrhundertenLeipzig 1924, I, 99.

18 Nestle-v. Dobschütz, p. 8 ff., 16.

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Textvarianten, die in spaterer Zeit anzutreffen sind, gehen bis in jene friihe Zeit der Ausbreitung des Textes zurück. — Das ist einnbsp;Erklarungsgrund; er macht das Vorhandensein sprachlicher Unter-schiede im Text verstandlich. Dazu kommt ein anderer. Dafinbsp;Varianten in ihrer spezifischen Eigenart in bestimmten ITandschrif-tengruppen aufkommen konnten, erklart sich dadurch, dafi dernbsp;Text landschaftlich verbreitet wurde, dafi eine Unterabteilung dernbsp;allgemeinen Kirche, eine Provinz, eine gewisse Textform ent-wickelte. Diese ergab sich daraus, dafi der Text um gewisser kritischer, dogmatischer, haretischer Tendenzen willen abgeandertnbsp;wurde.

Beide Ursachen lassen sich auf eine zurückfiihren; auf die ver-schiedenartige Stellung, die national, landschaftlich, politisch, welt-anschaulich, geistig unterschiedene Sprach- und Gesinnungsgemein-schaften der Sprache und damit einem Sprachdenkmal gegeniiber einnehmen.

Der Bibel- und Evangeliën text kommt im Laufe seiner Ent-wicklung mit den verschiedenartigsten Gemeinschaften und Inter-essenspharen in innige Berührung, und sie alle lassen mehr oder minder ihre Spuren an ihm zurück. Ein charakteristischer Fall vonnbsp;Textbehandlung sind die Zitate Tertullians, die sehr klar illustrie-ren, was sich ergibt, sobald nicht das Wort, sondern ein tieferernbsp;Sinn, eine Absicht hinter dem Zitieren von Bibelstellen steht undnbsp;die Inspiration bildet, aus der heraus der Verfasser eines Werkesnbsp;schreibt. Tertullians lateinische Bibelzitate weichen von alien be-kannten Formen des altlateinischen Textes ab. Es ist aber sicher,nbsp;dafi es zu seiner Zeit im afrikanischen Christentum schon eine be-stimmte lateinische Textform gab, die sein kurz nach ihm schrei-bender Landsmann Cyprian in der Tat auch aufweist. Aus einemnbsp;Text zitieren also beide,und man kann die Ursache für die ver-

j nbsp;nbsp;nbsp;H. A. Kennedy in Hastings’ Dictionary of the Bible, Artikel “Old

n'V*^ Torsion” (111 55). v. Dobschiitz scheint demgegenüber (p. 25) anzu-h nbsp;nbsp;nbsp;Tertullians Zeit der Text der lateinischen Version Uber-

Ilriih nbsp;nbsp;nbsp;Font! besafi, obwohl auch er (p. 17, 20) eine lateinische

h nbsp;nbsp;nbsp;annimmt. Es ist aber doch unwahrscheinlich, dafi eine kurz

vor er entstandene Übersetzung zur Zeit Tertullians charakterlos, zu Cyprians eit jedoch wieder in ursprUnglicher Reinheit erscheinen solle (im afrikanischen Text). Tertullians Zitate weichen von alien bekannten Texttypen

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schiedene Art und Weise des Zitierens bei beiden Vatern nur auf ihre verschiedene geistige Einstellung zurückführen. Die Rollenbsp;Tertullians in Fragen der Kirche, des Glaubens und der Religionnbsp;ist die eines Kampfers und Apologeten. Die Willenssphare,nbsp;ein Interesse steht bei ihm im Vordergrund. Er verteidigt:nbsp;„(Causa Christi) scit se peregrinam in terris agere, inter ex-traneos facile inimicos invenire.quot; Die Heilige Schrift wirdnbsp;mit Gegenwartsinteresse betrachtet. Das wahre Verstandnis fürnbsp;ihren Gehalt haben nur die Christen; sie allein erkennen ihrennbsp;eigentlichen Sinn und ihre Bedeutung für Gegenwart und Zu-kunft;2i „(Scripturae sanctae), dum patimur, leguntur; dum re-cognoscimus, probantur. Idoneum, opinor, testimonium divinitatisnbsp;veritas divinationis. Hinc igitur apud nos futurorum quoque fidesnbsp;tuta est, iam scilicet probatorum, quia cum illis, quae quotidie probantur, praedicebantur. Eadem voces sonant, eadem litterae notant,nbsp;idem spiritus pulsat, unum tempus est divinationi futura praefantinbsp;apud homines, si forte distinguitur dum expungitur, dum ex futuronbsp;praesens, dehinc ex praesenti praeteritum deputatur. Quid delin-quimus, oro vos, futura quoque credentes, qui iam didicimus illisnbsp;per duos gradus credere?quot; Wer so fanatisch sich allein im Besitznbsp;der Wahrheit glaubt, zitiert die Bibel nicht verbatim. Wem esnbsp;nur auf den Inhalt, auf das Herauslesen eines bestimmten Wahr-heitsgehaltes aus dem Text ankommt, der andert zwar nicht mitnbsp;Bewufötheit das Wort Gottes um, aber er giefit seine Form um innbsp;eine solche, die seiner Absicht, seinem Zweck, seiner Ausdrucks-weise, seinem Stil, mit dem er überzeugen zu können glaubt, ent-spricht. Er richtet seine Aufmerksamkeit gar nicht auf den Wort-laut, sondern auf das, was durch ihn zum Ausdruck gelangt. Dienbsp;Identitat des Geistes, der sich in der biblischen Stelle kundgibt,nbsp;mit dem des für die Wahrheit Kampfenden geht hier so weit, dafinbsp;Wortlaut und Stil des Zitats dem Eormtrieb der eigenen Sprachenbsp;angeglichen werden:22 „Cur enim et lateas, cum ignorantia alteriusnbsp;ab, nicht weil die vor ihm liegende Übersetzung charakterlos war, sondernnbsp;weil er dieser eben nicht folgte, weil er nicht im strengen Sinn zitierte.

20 nbsp;nbsp;nbsp;Tertullian, Apologeticus adv. gentes pro Christianis, Migne I (1879),nbsp;col. 307.

21 nbsp;nbsp;nbsp;Ib., col. 449.

De idolatria, cap. XIIl, Migne I, col. 757.

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tuam consdentiam contamines? Si non ignoraris quod sis christi-anus, tentaris, et contra conscientiam alterius agis, tanquam non christianus. Enimvero etsi simulaveris, tentatus, addictus es. Certenbsp;sive hac, sive iliac, reus es confusionis in Deo. Qui autem confususnbsp;super me juerit penes homines, et ego confundar super illo, inquit,nbsp;penes Patrem meum, qui est in coelis.“ Dieses Zitat halt sich annbsp;keinen Wortlaut. Es gibt nur den Sinn des Bibelwortes wieder,nbsp;der sich in diesen beiden Stellen aufiert (Mt. X33, vett-Lesart);nbsp;Qui autem negaverit me coram hominibus, negabo et ego eumnbsp;coram Patre meo qui est in caelis, und (Lc. IX 26, vett): Qui enimnbsp;me conjusus juerit, aut meos sermones, hunc filius hominis con-jundet eum cum venerit in maiestate sua, et Patris, et sanctorumnbsp;angelorum. Wer will z. B. hier entscheiden, ob das von Tertulliannbsp;gewahlte Wort conjusio {reus est confusionis) aus der Bibelstellenbsp;übernommen ist, oder ob diese von jenem Wort als dem Primarennbsp;beeinflufit ist? Beides flieflt hier ineinander über. Sicher ist dasnbsp;Zitat im Cap. xii derselben Schrift von des Verfassers Worten undnbsp;Stilwillen beeinflufit; er gerat nait einem zaghaften Nachfolgernbsp;Christ! ins Gesprach: „Sed et nunc habes dicta Domini, et exemplanbsp;adimentia tibi omnem causationem. Quid enim dices? ,Egebo.‘nbsp;Sed jelices egenos Dominus appellat. ,Victum non habeo.‘ Sednbsp;nolite, inquit, cogitare de victu.“ (Die entsprechenden Evangelien-stellen haben hier, Mt. VI 25 Ideo dico vobis, ne cogitetis animaenbsp;vestrae quid manducetis, und Lc. XII 22 Nolite solliciti esse animae quid manducetis i) Diese Zitate stellen gewifi nicht den Tertullian vorliegenden lateinischen Evangelientext dar. I'ertulliannbsp;zitiert überhaupt nicht, weil er nicht so sehr Worte Gottes, ge-heiligte, feststehende Buchstaben anführt. Sondern er benutzt dienbsp;Bibel aus dem Bedürfnis heraus, Bestatigungen für seine eigenennbsp;Absichten und Tendenzen zu haben, die sich aber seiner individuel-len, sprachgestaltenden Neigung unterwerfen müssen. Der voluntaristisch orientierte Gestaltungstrieb seiner Sprache setzt demnbsp;sprachhchen Stil des Bibeltextes einen Widerstand entgegen. Dernbsp;Wortlaut des lextes wird von einer anderen sprachlichen Inspiration umgestaltet und assimiliert.

Der ungestümen Sprachgestaltung, die der ITerrschaft eines zweckbestimmten Geistes entspringt, steht eine andere gegenüber,nbsp;die sich in das fremde Wort einfühlt, es versteht, achtet, hoch-

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schatzt und beibehalt. Sie lafit einen anderen Stil neben sich selbst bestehen. So sind die Zitate Cyprians zu verstehen. Er ist sichnbsp;bewufit, dafi er grofie, bei besonderer Gelegenheit, von einem besonderen Wesen ausgesprochene Worte zitiert. Mit einer gewissennbsp;Scheu vor dem Heiligen tragt er sie vor, in das göttliche Mysteriumnbsp;einführend. Er will nicht bekehren, verteidigen und kampfen. Ernbsp;schreibt für Eingeweihte und weist sie auf das biblische Wort hin.nbsp;„Bei allen seinen vortrefflichen Eigenschaften als Redner undnbsp;Schriftsteller vermag er über die Worte hinaus bei denen, die dasnbsp;christliche Mysterium nicht kennen, keinen Beifall zu gewinnen,nbsp;weil seine Reden mysteriös und nur auf Gehör bei den Glaubigennbsp;eingerichtet sind.“23 Bei solcher Einstellung zitiert er im wirk-lichen Sinne des Wortes: „Qui gloriosi voce fuerunt, sint et moribusnbsp;gloriosi, faciant se dignos ut, in omnibus Dominum promerentes,nbsp;ad coelestem coronam laudis suae consummatione perveniant. Plusnbsp;enim superest quam quod transactum videtur, cum scriptum est.nbsp;Ante mortem ne laudes hominem quemquam (Ecclesiasticus XI30).nbsp;Et iterum, Esto fidelis usque ad mortem, et dabo tibi coronam vitaenbsp;(Apoc. II 10). Et Dominus quoque dicat, Qui toleraverit usque adnbsp;iinem, hic salvabitur (Mt. X 22). Imitentur Dominum, qui sub ipsonbsp;tempore passionis non superbior sed humilior fuit. Tune enim dis-cipulorum suorum pedes lavit dicens. Si ego lavi -pedes vestros,nbsp;magister et dominus, et vos debetis aliorum pedes lavare. Exem-plum enim dedi vobis ut sicut ego feci et vos faciatis (Jo. XIII14,nbsp;15).“ 24 Diese Zitate folgen genau dem Text, der zur Zeit Cypriansnbsp;in Afrika in Gebrauch war, und den die Hss. e k ziemlich rein über-liefert haben.^s

Man sieht, daB bei der Übertragung des eigenen spreichlichen Form willens auf f remden Sprachstoff, wie sie da vorliegt, wo dasnbsp;Wort des Bibeltextes abgeandert wird, etwas vor sich geht, wasnbsp;man in gewissem Sinne schon Übersetzung nennen kann. Wie beinbsp;jeder Übersetzung, so bleibt auch hier der Sinn des fremdennbsp;Sprachgebildes zunachst erhalten. Was sich andert, ist die aufierenbsp;Form, die Denk- und Sprechweise. Ein solches Hereinziehen frem-

Harnack, op. cit., p. 389.

V.

2^ Cyprian, Epistola V, Migne IV, col. 238! (ed. 1891).

25 Über den Unterschied zwischen Tertullian und Cyprian auBert sich sehr treffend auch Hieronymus, Epist. 58, § 10, Migne 22, col. 585.

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or

den Sprachstoffes in den Bereich der eigenen sprechenden Tatig-keit verlangt eine aggressive oder auch verteidigende Einstellung. Der für das Verstandnis zunachst starre fremde Sprachgeist wirdnbsp;umgeformt und in den anderen, dem Individuum oder der Sprach-gemeinschaft eigenen Geist und seine Ausdrucksform eingefügt.nbsp;Diesen Assimilierungsprozefi nennt man Übersetzen. Übersetzennbsp;gibt es nicht nur zwischen zwei selbstandigen, nach Laut-, Formen-material usw. verschiedenen Sprachen, soridern auch zwischen stilistisch verschiedenen persönlichen Sprech- und Ausdrucksweisen;nbsp;nur dafi in diesem Fall das zu überwindende Hindernis, der Unter-schied zwischen der fremden Form und der dem Übersetzer eigenen, geringer ist als im Falie zweier verschiedener Sprachen. Diesenbsp;übersetzende Finstellung, die den fremden Text nicht einfach hin-nimmt, sondern ihn sich aneignet, ihn zur eigenen Persönlichkeitnbsp;in Beziehung setzt, ist eben die Figentümlichkeit des mittelalter-lichen Geistes. Er zieht allen fremden Stoff in den eigenen Lebens-kreis hinein, macht das ihm ursprünglich Wesensfremde sich zumnbsp;Eigentum, indem er umdeutet, umdenkt, übersetzt. So bekommtnbsp;das AT. Bedeutung für die Gegenwart, so wird in der An-tike das Vorbereitungsstadium für die jüngst angebrochene neuenbsp;Zeit gesehen, so erhalt das ehemals Mythische symbolischen Sinn.nbsp;Aus übergrofier Lebenskraft heraus eignet man sich den fremdennbsp;Stoff an (Hroswitha von Gandersheim). Man kann diesen Prozefinbsp;des Sich-Aneignens von ursprünglich Wesensfremdem in seinennbsp;verschiedenen Phasen das ganze Mittelalter hindurch verfolgen.^®nbsp;Und in den Zeiten des frühen Christentums, als man sich mitten imnbsp;Anbruch der neuen Zeit stehen und handeln sah, mufi er besondersnbsp;stark gewesen sein. Paulus fühlte sich mitten in jenem umstürzen-den Prozefi darin stehen; auf dieses Gefühl gründet sich seinenbsp;Missionstatigkeit. Aufnehmen, Empfinden, Ahnen, Nachfühlennbsp;namlich geht parallel mit dem Abgeben, Belehren und Bekehren.nbsp;Beide Arten des Verhaltens finden sich meist miteinander ver-knüpft, und so sieht man denn, wie der symbolische Wesenszug desnbsp;Mttelalters seine praktische Seite hat. Die Umdeutung, das Ein-beziehen fremder Formen in den eigenen Lebenskreis dient

Schwietering, Typologisches in mittelalterlicher Dichtung, Ehrismann-Festschr. 1925, 4ofF. Ders., Anz. f. dt Altert. 46, 24ff.

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_ nbsp;nbsp;nbsp;32nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;—

allem dem Lehren, dem Unterricht, der Unterweisung über die Art des Lebens und Handelns. Der allegorische Charakter mittelalter-licher Schriftauslegung, Dichtung und Geschichtsauffassung^? warnbsp;in erster Linie zweckbedingt. Er diente der Scholastik im weitestennbsp;Sinne. Die Mehrzahl der mittelalterlichen Schriftsteller will lehren,nbsp;über die Wahrheit aufklaren, den Weg zum rechten Leben weisennbsp;und vor dem Irrtum warnen. Daher die Tendenz zum Übersetzennbsp;in dem weiten Sinne, den wir dem Worte hier geben. Deshalb sindnbsp;Traktate verschiedenster Art, Kommentare über die Heilige Schrift,nbsp;die immer wieder abgeschrieben werden, so beliebt und notwendig.nbsp;In solchen Werken aber braucht ein bestimmter Text wie dernbsp;Bibeltext nicht peinlich genau beibehalten zu werden. Er soil janbsp;dem Geist der Unterweisungsbedürftigen nahegebracht werden;nbsp;er wird daher in ihre Sprache übersetzt. Wie unwillkürlich dies vornbsp;sich gehen kann, zeigen Stellen aus Bibelkommentaren, in denennbsp;sich unbewufit, nur aus dem Trieb nach Deutlichkeit heraus. Varianten des Bibeltextes einschleichen, die in davon ganz unabhangigennbsp;Bibeltexten wieder anzutreffen sind. So zitiert Hieronymus imnbsp;Kommentar zu Mt. II 12 den Vers nach der Vulgata;^» Per alianinbsp;viam reversi sunt in regionem suam. In der darauffolgenden Be-sprechung dieser Stelle aber begegnet der Satz: Revertuntur autemnbsp;fer aliam viam. Damit ware für einen, der den Evangelientext desnbsp;Hieronymus feststellen wollte und im Kommentar danach suchte,nbsp;hier eine Textanderung zu buchen. Die Zufügung der adversativennbsp;Partikel autem namlich bedeutet eine Analyse des Ausdrucks; dienbsp;Stelle wird leichter verstandlich. Das Interessante ist, daS fastnbsp;dieselbe Lesart, die Hieronymus hier „erzeugte“, sich in den vielnbsp;spateren irischen Hss. der Vulgata wiederfindet, wo es heiöt: sednbsp;fer aliam viam reversi sunt (Hss. DELQ). An irgendeine direktenbsp;Beziehung zwischen Hieronymus und dem irischen Vulgatatypusnbsp;ist kaum zu denken. Vielmehr beweist das Beispiel, dafi dieselbenbsp;Tendenz, die Hieronymus veranlafite, autem zum Text hinzuzu-setzen, auch die Ursache für den Zusatz von sed bei den Iren ge-wesen ist. In beiden Fallen wird der Text in ein anderes sprach-

27 nbsp;nbsp;nbsp;Die wesentlichsten Denkmaler mittelalterlichen Allegorismus führtnbsp;an VoBler, Die Göttliche Komödie^, ^26ff.; passim.

28 nbsp;nbsp;nbsp;Migne 26, col. 27.

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liches Milieu übertragen, da die klare analytische Ausdnicksweise Bedürfnis war. Die Falie lassen sich vermehren. Zuweilen wird einenbsp;schon vorhandene Lesart aufgegriffen, obwohl sie nicht zum gutennbsp;Text gehort, nur weil sie dem Klarheitsbedürfnis besonders ent-gegenkommt. Zu Mt. XVIII lo zitiert Hilarius Pictaviensiss» dienbsp;Vulgata; Videte ne contemnatis unum ex his fusillis. In der Be-sprechung dieser Stelle aber findet sich die Form: „Arctissimumnbsp;vinculum mutui amoris imposuit, ad eos praecipue, qui vere innbsp;Domino credidissent“ Dieser Zusatz findet eine Entsprechung (undnbsp;Quelle?) in einigen altlateinischen und irischen Hss., in denen dienbsp;Stelle lautet: Videte ne contemnatis unum ex his pusillis qui cre-dunt in me (bedff^,^ g^,2 ELQR*). Eine Parallele aus densyn-optischen Evangeliën kommt hier für Hilarius nicht in Erage. Wasnbsp;der Interpolation bei Hilarius und in den irischen Hss. Aufnahmenbsp;verschaffte, war dasselbe Bedürfnis oder dasselbe Streben, einerlei,nbsp;welcher Natur es in diesem Falie war. Auch im Kommentar Bedasnbsp;lassen sich ahnliche Falie nachweisen.^o

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafi da, wo Varianten des biblischen Textes zuerst auftauchen, die individuellen Ansichtennbsp;und Bedürfnisse eines einzelnen, u. a. etwa eines Abschreibers, sienbsp;verursachten. Dieser betrachtet seine Verlagen als Stoffe, die er sichnbsp;aneignen mufi, oder die irgendeinem Zwecke zu dienen haben. Dienbsp;nachstliegende Beziehung, die er zu seiner Vorlage gewinnt, ist reinnbsp;sprachlich-formaler Art. Dabei ist es leicht möglich, dafi er seinenbsp;eigene sprachliche Orientierung oder die einer Anzahl von Individuen, einer Gemeinschaft, dem fremden Text aufzwingt, dafi er dennbsp;fremden Sprachgestaltungstrieb auflöst und seinen eigenen an dessen Stelle setzt. Es ist imGrunde derselbe Vorgang, der zum Glos-sieren von Hss. Anlafi gegeben hat. So zeigen z. B. die lateinisch-lateinischen Glossare deutlich, wie das bekannte, völlig verstandenenbsp;Wort zur Abwehr gegen das fremde, unverstandene benutzt wird.^inbsp;Die Glossen gehören der gesprochenen, lebenden, vielleicht sich

Z nbsp;nbsp;nbsp;I°20.

43) Lc. V 34, Migne 02. Über Bedas Quellen Mani-

’sPri’ nbsp;nbsp;nbsp;München 1911, p. 87.

* \ ^2-Glossar. Naheres bei Steinmeyer-Sievers, Ahd. Glossen V (1922) I35ff. Proben des Reichenauer und Kasseier Glossars beinbsp;Foerster-Koschwitz, Afrz. Übungsb., i ff.

G1 u n z, Britannien vind Bibeltext

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zur Nationalsprache entwickelnden Sprache (wie die Reichenauer Glossen) an, die gegenüber der fremden, erstarrten Sprache dernbsp;Lemmata ihr Recht behauptet. Noch einen Schritt weiter, und wirnbsp;finden das Wort der Volkssprache, einer ganz neuen Sprache, demnbsp;gelehrten lateinischen Wort gegenübergestellt (Kasseier Glossen).nbsp;Hier haben sich die beiden Sprachkreise völlig getrennt, und dienbsp;letzte Konsequenz ist dann der Weg über die Interlinearversionnbsp;zur selbstandigen, ganz in der volkstümlichen Sprache wurzelndennbsp;Übersetzung.

Hinter allen Textanderungen, die sich aufierlich zunachst als Anderungen der sprachlichen Form kundtun, steht ein bestimmternbsp;Wille. Solange die Sprache des Textes und des Schreibers dieselbenbsp;ist, betreffen die Textanderungen, die dieser vornimmt, nur stilistischenbsp;Merkmale, Vertauschung von Synonymen, Partikeleinfügungen,nbsp;verdeutlichende und erganzende Zusatze usw. Starker zeigt sichnbsp;dieser Wille in den Übersetzungen des Textes in andere Sprachen.nbsp;Hier ist es eine Sprachgemeinschaft, die sich als Ganzes fühlt ebennbsp;um der einheitlichen Sprache willen. Diese bildet gewissermafiennbsp;das Bollwerk, hinter das sich der Nationalcharakter, die Eigentüm-lichkeiten, speziellen Denkformen, Meinungen und Eigenheiten desnbsp;Volkes verschanzen gegen die gleichmachende, übernationalenbsp;Sprache. Wo es nicht zur Übersetzung kommt, verschafft dernbsp;Sprachgeschmack einzelner durch Einführung von Textvariantennbsp;sich Geltung. In allen Fallen aber ist für diese Art abwehrendernbsp;Einstellung der Wille charakteristisch, die eigenen Sonderheitennbsp;nicht untergehen zu lassen. In der Tat lafit sich im Laufe der Bibel-text- und Kirchengeschichte feststellen, wie nationale Bewegungen,nbsp;die sich von dem Körper der Grofikirche („katholischquot;) zu trennennbsp;drohen oder tatsachlich loslösen, ihre eigene Textform entwickeln,nbsp;die sich in ihrem Inhalt gar nicht von der Urform zu unterscheidennbsp;braucht. Sie will nur Textform einer Gemeinschaft sein, die sichnbsp;selbst als besonders zusammengeschlossen und von anderen unter-schieden fühlt. In dem Verhaltnis der Texttypen der altlateini-schen Version zueinander kommt das sehr deutlich zum Ausdruck.nbsp;Dab diese Übersetzung auf eine Urform zurückzuführen ist, unter-liegt kaum einem begründeten Zweifel. Wie aber kommt es zu-stande, dafi wir heute drei grofie Gruppen altlateinischer Hss.nbsp;unterscheiden können, und dafi überdies keine der Hss. denselben

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Text aufweist wie die andere? Dieses rein sprachliche Problem ist nur mit Hilfe der Annahme zu lösen, daS verschiedene National-und Individualstile sich den Urtext, der in Afrika entstanden seinnbsp;mag, assimiliert haben. So ist der sog. europaische Typus dernbsp;altlateinischen Version nur eine sprachliche Überarbeitung, einenbsp;Ubersetzung desjenigen, der in Afrika entstanden war, der durchnbsp;seine Provinzialismen die „Übersetzung“ in eine glattere, mehrnbsp;dem klassischen Ideal angenaherte Sprache veranlaföte. Auchnbsp;der durch die Hss. flqr vertretene Typus ist das Produkt einernbsp;ahnlichen sprachlichen Umsetzung, die in (Nord-) Italien vor sichnbsp;gegangen sein wird. Die sprachlichen Verschiedenheiten, durch dienbsp;sich die Hss. einer Klasse selbst wieder unterscheiden, sind Wirkun-gen des individuellen Stilwillens eines oder des Schreibers. Dafinbsp;dieser Stilwille oft auch von anderen Bestrebungen begleitet undnbsp;angetrieben ist, durch gewisse Absichten, denen der Text dienennbsp;soli (Predigt, Ermahnung, Morallehre, Apologie usw.), fandennbsp;wir durch das Beispiel Tertullians bestatigt. Die Macht diesernbsp;Persönlichkeit, die sich in Zweck und Inhalt wie im Stil seinernbsp;Schriften auföert, ist der Grund dafür, dafi bei ihm ganz individuellnbsp;ausgebildete und nirgends sonst zu findende Bibelzitate sich ein-stellen. Das lafit schon auf seine Stellung der Kirche gegenübernbsp;schliefien; ohne es selbst zu wollen oder zu bemerken, und nurnbsp;unseren durch den historischen Abstand gescharften Augen sicht-bar, bringt er zuweilen im Eifer Formulierungen, die sich sehrnbsp;dem montanistischen Schisma zuneigen.^^ — p)ie Kommentare dernbsp;Vater dienten der Belehrung und dem Unterricht, wuchsen alsonbsp;aus einer Notwendigkeit heraus. — Aus dem praktischen Zwecknbsp;der Volksbildung und der Mission bei fremden Völkern heraus ent-stehen Ubersetzungen.

Wir haben hier nur von sprachlichen Unterschieden und dem Auf kommen sprachlicher Varianten gesprochen. Eine nicht geringere Roiie spielen die Varianten, die eine Anderung des Sinnesnbsp;zur Folge haben. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie für sichnbsp;bestehende, zur Loslösung von der allgemeinen Kirche neigendenbsp;Gruppen und Einzelpersönlichkeiten die Kreise sind, von denennbsp;solche Varianten ausgehen. Hier versucht die Sprachgemeinschaft

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v. Harnack, op. cit., p. 389, 900.

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als eine Gesinnungsgemeinschaft sich gegen ihr entgegenstehende Krafte zu wehren. Beide, die sprachlich orientierte und die in dernbsp;Gesinnung übereinstimmende Gemeinschaft, wirken dabei auf dienbsp;Textform ein. Schon der Text Marcions und seiner Schüler33 muö,nbsp;nach dem Urteil der Kirchenvater zu schliefien, Anderungen vonnbsp;dogmatischer Tragweite enthalten haben. Ahnliches gilt vom Textnbsp;der Gnostiker. Aber auch Anhanger der Kirche brachten aus anti-haretischer Tendenz haufig Interpolationen zur Stützung kirch-licher Dogmen in den Text. Ein sehr auffalliges Beispiel dafür istnbsp;eine Interpolation, die in gewisse Vulgata-Hss. Eingang gefundennbsp;hat. In den arianischen Streitigkeiten um die Erage der Göttlich-keit des heiligen Geistes zitiert z. B. Ambrosius (De spiritu III, ii)nbsp;das Evangelium zum Beweis, dafi die Erage bejaht werden müsse,nbsp;und er fügt hinzu, dafi die Haretiker diese Stelle (Jo. III 6) hattennbsp;unterdrücken wollen. Dabei aber stand sie in der Tat nie im Evangelium. Die Hss. Z* O Q B Bv 0 aber haben den strittigen Zu-satz in ihrem Text; quod natum est ex sfiritu, spiritus est quianbsp;spiritus est deus et ex deo natus est. (Nicht vett; gr. nur i6i*.)nbsp;Im II. Jahrhundert spricht Fulbertus Carnotensis^i von der Interpolation als von etwas „quod salvator ait“. Das ist der Weg einesnbsp;Satzes, der zur Verteidigung einer Lehre gepragt worden war, zunbsp;einem geheiligten Gotteswort. Eine Variante, ein Zusatz, der be-stimmt war, ein kirchliches Dogma zu verteidigen, gerat, vielleichtnbsp;über das Zwischenstadium einer Bibelglosse, in den Text und wirdnbsp;bis in Hss. des lo. Jahrhunderts hinein mitgeschleppt. — Leidernbsp;ist die Zahl derart konkret anschaulicher Falie nicht allzu groB. Dienbsp;meisten Bibeltextvarianten sind eben viel weniger grob und massiv;nbsp;und so lafit sich denn auch ihrWerdegang mit unseren immerhinnbsp;doch recht groben Beobachtungsmitteln nicht mehr verfolgen. —

Aber meist geben Haresien, d. h. Gesinnungsgemeinschaften, den Anlafi zu solchen Anderungen wie die hier besprochene. Hare-tische Gemeinschaften gibt es überall, wo es Christentum gibt.nbsp;Sie folgten dessen Siegeszug, und keine der frühen Klrchenprovin-zen war ganz frei davon.^® Schon Tatians Evangelienbuch, das in

33 Nestle-v. Dobschütz, p. 11 f.

31 Epistola V, Migne 141, col. 197.

33 V. Harnack, 67 8 ff., besonders das über Haresien in den einzelnen Provinzen Gesagte.

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einem bestimmten Teil des frühen christlichen Reiches, in Edessa, verbreitet gewesen zu sein scheint, war nicht ganz orthodox. Innbsp;Alexandrien erwahnt Clemens das svayyékov xar Acyvnriovg, dasnbsp;Ende des 2. Jahrhunderts wegen haretischer Tendenz aus dem Ge-brauch entfernt wurde. In Kleinasien, Britannien, Afrika, Spaniennbsp;gab es Haresien oder bestand doch die Gefahr, dafi solche ausbre-chen würden. Überall da aber, wo Lander, Parteien, Persönlich-keiten einen Sondertext aufweisen, wo ihnen von der Kirche dernbsp;Vorwurf willkürlicher Textabanderungen gemacht wird, steht esnbsp;fest, dab dieser oder ein anderer Text zum Symbol geworden ist,nbsp;das man heilig halt, weil es den Glauben einer Gemeinschaft usw.nbsp;verkörpert, die Verbundenheit derjenigen, die dem wahren Gottnbsp;dienen und die wahre Lehre besitzen. Sobald eine Gemeinde, einnbsp;Bistum, eine Provinz in diesem Sinne Gesinnungsgemeinschaft geworden ist, sobald sie den Glauben an ihre eigene Sendung undnbsp;individuelle Bedeutung hat, halt sie an ihrer Textform fest, so wienbsp;sie an ihrer Sprache, an ihren Zeremonien, Gebrauchen, an ihrernbsp;Liturgie festhalt. Dieser Zustand, dafi mindestens jede Provinznbsp;ihren eigenen Text hatte, ist schon sehr früh festzustellen, ja er istnbsp;in der Geschichte des Bibeltextes die erste Phase der Entwicklung,nbsp;Schon Hieronymus weist auf die Verschiedenheiten der einzelnennbsp;Provinzen bezüglich der Lehrtradition hin, und bezeichnenderweisenbsp;wahlt er gerade die sprachlichen Unterschiede als Parallele da-zu;36 ,^Certe si etiam praeclarus orator reprehendendum nescionbsp;quem putat, quod litteras Graecas non Athenis, sed Lilybaei, Lati-nas non Romae, sed in Sicilia didicerit: quod videlicet unaquaequenbsp;provincia habeat aliquid proprium, quod alia aeque habere nonnbsp;possit; cur nos putamus absque Athenis nostris quemquam ad stu-diorum fastigia pervenisse?“

Doch setzt allein die Tatsache, dab man von textlichen Verschiedenheiten reden kann, voraus, dab auch damals schon eine Norm des Textes bekannt gewesen sein mub; oder anders ausge-druckt: Es kam denen, die den Text benutzten, ihn zitierten, ihnnbsp;predigten, zum Bewubtsein, dab es eine Norm desselben gab, dienbsp;das geoffenbarte Wort war, wahrend ihre eigenen Worte, ihre Zi-tcte ihnen nicht unter diesem Aspekte erschienen. Sie wollten nur

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Hieronymus, Epistola 46, § 9, Migne 22, col. 489.

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den Gehalt vermitteln. Sie wandelten den Text ab, übertrugen ihn in die ihnen genehme Form, übersetzten ihn in andere Sprachen.nbsp;So gibt es eigentlich zwei Arten von Bibeltext: den, der dasnbsp;Wort Gottes ist, den Urtext, der etwa für das AT. in hebra-ischer Sprache vorliegt, und den, welcher gebraucht, angewendet,nbsp;zitiert wird, der stets zur Benutzung bereit ist. Das beweist schonnbsp;die frühe Geschichte des Textes, soviel wir überhaupt davon wissen.nbsp;Solange in den beiden ersten christlichen Jahrhunderten dernbsp;griechische Text des NT. allein bestand, lassen sich nur viel-faltige Wandlungen an ihm feststellen. Von dem Vorwiegennbsp;einer bestimmten Form, einer Norm, kann noch keine Rede sein,nbsp;weil der geoffenbarte Text mit dem Gebrauchstext noch identischnbsp;ist. Es lafit sich höchstens vermuten, dafi man sich eine Textnormnbsp;als bestehend dachte, die wohl auch abgeschrieben wurde. Darübernbsp;wissen wir nichts. Es ist charakteristisch, dafi wir nur von demnbsp;Text horen, den wir als den Gebrauchstext ansprechen müssen, wienbsp;ihn Vater wie Irenaus von Lyon oder Clemens von Alexandria zi-tieren. Diese knetbare, wandlungsfahige Textform mufi man sichnbsp;als die eigentlich lebendige vorstellen, an die sich kein Buchstaben-glaube heftete, weil sie sich nicht Selbstzweck, nicht Norm war,nbsp;sondern Mittel, das gewissen Zwecken zu dienen hatte. Wenn sichnbsp;nun um das Jahr 230 eine Verfestigung des Textes bemerken lafit,^’nbsp;so ist dies darauf zurückzuführen, dafi man sich des Unterschiedsnbsp;zwischen dem Gebrauchstext und einer festen, normierten Form be-wufit wird. Es tritt etwas wie eine Spaltung in dem griechischennbsp;Kulturkomplex ein, auf dem das Christentum sich erhebt. Ein Pri-mat macht sich geltend, der den eigenwillig sich entfaltenden Pro-vinzen das Gegengewicht halt, der Text und sprachlichen Charak-ter der Bibel bestimmen will. Ein solcher Primat und damit einnbsp;normierter Bibeltext waren nötig. Das zeigen nicht nur die mannig-faltigen Blüten, die der griechische Text in den einzelnen Teilennbsp;der Griechisch sprechenden Welt getrieben hatte, sondern auch dasnbsp;Entstehen der ersten Übersetzungen, der altlateinischen und dernbsp;syrischen. Sie entsprangen gewifi rein praktischen Gesichtspunkten,nbsp;aber die Gefahr der Ausbildung schismatischer Kirchen drohte damit doch. Andererseits waren sich die Kreise, denen die Version

Nestle-v. Dobschütz, p. 2 5.

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Bedürfnis war, klar darüber, daö sie in dem Text ihrer eigenen Sprache vorerst nur ein Hilfsmittel besaBen, nicht aber das un-mittelbare Wort Gottes, den geheiligten Text. Dieser wird viel-mehr in der griechischen Bibel gesehen: einer festen Form, dienbsp;unter der Obhut der Kirche steht und als offizieller kirchlichernbsp;Text bis ins Mittelalter hinein sich im wesentlichen erhaltennbsp;kat. Tertullian, der zuerst das NT. auf lateinisch zitiert, sprichtnbsp;von einem vorhandenen alteren, authentischen griechischen Text,nbsp;eben weil er deutlich den Unterschied zwischen der jungennbsp;afrikanisch-lateinischen Version und ihrem griechischen Originalnbsp;sieht. Dieses erscheint ihm nun als der geheiligte Buchstabe, dernbsp;die unantastbare Norm darstellt, wahrend sein eigener lateinischernbsp;Text durchaus nicht diese Geltung hat.^s

Ein Beispiel aus spaterer Zeit für die Auffassung des Verhalt-nisses vonVersion zu Original bietet eine Stelle aus Agobard von Lyon, der ca. 830 an Abt Fredegis von St. Martin in Toursnbsp;schreibt;39 „Ista tarnen inconcussa et firma auctoritas illorum aucto-rum (= der Verfasser der heiligen Schriften) est, per quos Spiritusnbsp;sanctus novi et veteris testamenti volumina confecit, de quibus nullinbsp;umquam homini licuit aut licet cogitare, vel unam litteram aliternbsp;eos dicere debuisse, quam dixerunt, quoniam eorum auctoritas fir-mior est caelo ac terra secundum quod Dominus ait: Facilius estnbsp;celum et terram transire, qiiam de lege unum apicem cadere. Postnbsp;kos quoque firma auctoritas est LXX interpretum, quos constatnbsp;ante adventum Domini de Hebraico in Grecum eloquium vetusnbsp;testamentum transtulisse. Interpretis quoque nostri Hieronimi pres-biteri fidelis est editio, que de Hebraico in Latinum magnifice trans-tulit. Fuerunt preterea aliqui venerandi et catholici interpretesnbsp;Latini, qui LXX editionem in Latinum transtulerunt eloquium.nbsp;Extra hos itaque multi fuerunt interpretes reprehensibiles et iustenbsp;i^eprehensi: sicut illi famosissimi interpretes iudaizantes et here-fici . . ,« D. h. der Urtext der heiligen Schriften ist inspiriert; dernbsp;kebraische und griechische Text ist die Autoritat dafür, wahrendnbsp;le lateinischen Versionen, auch die des Hieronymus, nur mehr

IIT nbsp;nbsp;nbsp;‘nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;“Old Latin Versions” in Hastings’ Diet, of the Bible

’1,^^ betreffenden Stellen aus Tertullian gegeben sind. mg. Epp. V 214.

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Oder weniger gute inter-pretationes sind, die aber niemand als letzte Autoritaten ansehen wird.

So verlagert sich mit dem Aufkommen von Übersetzungen der Schwerpunkt der Textgeschichte. Was nun eigentlich lebt und sichnbsp;entfaltet, ist der Text der Version. Er wandelt sich, entwickeltnbsp;Varianten, erhalt die verschiedensten Formen, bis auch bei ihmnbsp;das eintritt, was mit dem griechischen Original geschehen war:nbsp;Er wird normiert dadurch, dafö er gemeinkirchlicher Text wird,nbsp;der provinziellen Verschiedenheiten, volkssprachlichen Übersetzungen gegenüber nun die Stellung des geheiligten Wortes einnimmt.nbsp;Dieses Gefühl, dafi der Text in der alteren, fast möchte man sagennbsp;toten Sprache in Wahrheit das geheiligte Wort Gottes darstellt,nbsp;an das sich der Buchstabenglaube hangt, und das er nicht zu ver-andern wagt, scheint auf einer grundsatzlichen Einstellung desnbsp;Menschen dem Gotteswort gegenüber zu beruhen. Ein fast my-thisch-magischer Wortglaube, den wir Modernen als Gefühl dernbsp;Pietat und der Verehrung für religiose Dinge kennen, lafit einenbsp;möglichst altertümliche Stufe der Sprache als Sprache, durch dienbsp;man mit Gott verkehrt, beibehalten.*® So liest die griechisch-katho-lische Kirche ihre heiligen Texte in altbulgarischer Kirchensprache,nbsp;das Lateinische ist die kultische Sprache der römisch-katholischennbsp;Kirche, und selbst für den Protestanten der englischen oder deut-schen Kirche ist die Sprache des Gebets und der Bibel, das Wortnbsp;Gottes, wie es sich in der Authorised Version oder in Luthers Bibel-übersetzung darstellt, eine andere als die der taglichen Rede. Dasnbsp;zeigt umgekehrt wieder, wie erst mit Sprach- und damit mit Ge-sinnungsunterschieden, mogen sie sich nun innerhalb einer Sprachenbsp;oder in anderen volkstümlichen Sprachen geltend machen, einenbsp;Lage geschaffen wird, die berechtigt, von einem festen, normiertennbsp;Text zu sprechen, von dem sich dann um so deutlicher die Vielheitnbsp;der gebrauchlichen, volkstümlichen, erlebten und lebendigen Text-formen abhebt, die den zeitlich primaren Zustand in der Textent-wicklung darstellen.

Anmerkung. Nach dem Gesagten und nach unserem bis-

HierUber die sehr erleuchtenden Ausführungen bei Hermann GUn-tert, Von der Sprache der Götter und Geister, Halle 1921, besonders P- 34f-

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herigen Wissen erscheint es also, dafi der früheste Zustand des biblischen Textes der der ungehemmten Bearbeitung und Abande-rung gewesen ist. Unter den Klassen des griechischen Textes istnbsp;die, welche dieser Behandlung unterzogen worden ist, der sog.nbsp;westliche (w-) Text. Er ist die erste Form, in der der Evangelien-text anzutrefien ist. “With Clement’s evidence before us we mustnbsp;recognise that the earliest texts of the Gospels are fundamentallynbsp;‘Western’ in every country of which we have knowledge, even innbsp;Egypt.” (F. C. Burkitt, in Einleitung zu Barnard, Clement ofnbsp;Alexandria, 1899.) Auf die individuelle, bewuBt stilisierende, freienbsp;Weise des Zitierens der Evangeliënworte bei Vatern wie Clemensnbsp;und Poly carp macht nachdrücklich aufmerksam H. C. Hoskier,nbsp;Concerning the Genesis of the Versions of the NT., I, Londonnbsp;19ÏO, 98ff.

Wie sich das Verhaltnis des volkssprachlichen Textes, einer Version oder Interpretation, die einem praktischen Zweck zuliebenbsp;angefertigt ist, zu dem dahinter stehenden, als Norm geitendennbsp;Text darstellt, sei an einem Beispiel aus spaterer Zeit gezeigt. Dienbsp;Blickling-Homilien, aus der zweiten Halfte des 10. Jahrhundertsnbsp;(960-70), sind eine volkstümliche, für die Festtage des Kirchen-jahres bestimmte Auslegung der Heiligen Schrift. Sie gehörennbsp;einer Zeit an, da die Sprache der Angelsachsen anfangt, sich nichtnbsp;nur in der Dichtung, sondern auch im gelehrten Studium und innbsp;der Theologie einen Platz zu erwerben. Das Streben der Geistlich-keit ist darauf gerichtet, die Glaubigen und Kleriker zu belehren,nbsp;die Heilswahrheiten mitzuteilen und die theologischen und bib-hschen Schriften zu iibermitteln. Das innere Leben, die monastischenbsp;Erömmigkeit ist nach dem asketischen Ideal der Cluniacensernbsp;Bewegung durch Erzbischof Dunstan vertieft und gereinigt worden.nbsp;Blickling-Homilien nun enthalten zahlreiche Bibelzitate, dar-lateinische. Der lateinische Text aber ist voUignbsp;' gefafit, d. h. als Teil eines feststehenden, normierten, un-IlsT?'Wortlautes. Er wird gewissermaBen als das Gerüst,nbsp;as ein Substrat für den darauf sich aufbauenden volkssprachlichennbsp;^xt hingestellt. Er steht ganz unvermittelt im Zusammenhang

41

Ed. R. Morris, BETS., London 1880.

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der Predigt. In der Gründonnerstagshomilie, wo von der Himmel-fahrt Christi die Rede ist, heiBt es:^2 ,^Swa we leornia^ paet sona sefter pon pe Drihten on heofenas astag, and hie mid Halgan Gastenbsp;getrymede wteron, pa wees eefter pon peet hie pysne middangeardnbsp;on twelf tanum tohluton, and aeghwylc anra heora in paem daele penbsp;he mid tan geeode, paet he purh Godes gife manige peode urumnbsp;Drihtne purh his lare gestreonde. Hec cum dixisset usque adnbsp;eorum et cetera. Nalas paet wolcn paer py forp com pe ure Drihtennbsp;paes wolcnes fultomes pearfe haefde aet paere upastignesse, oppe paetnbsp;wolcn hiene up ahofe, ah he paet wolcn him beforan nam ..Dasnbsp;lateinische Zitat nimmt sich hier wie ein Stichwort aus, es kommtnbsp;ganz unvermittelt und gibt dem folgenden Gedanken nur die Rich-tung. Es stellt nur ein Gerüst dar, eine Form, die durch die leben-digen Worte der Volkssprache gefüUt wird. Die Worte der Homilienbsp;folgen ihrem eigenen Gestaltungsprinzip, dem, das der Verfassernbsp;ihnen gibt. Sie schlieBen sich nicht sklavisch an den lateinischennbsp;Text an, denn sie haben einen Selbstzweck und sollen mehr alsnbsp;bloBe Interpretation sein. Auch wo der lateinische Text übersetztnbsp;wird, laBt sich das noch sehen:^^ „Pa cwaep he. Et eritis mihinbsp;testes iti Hierusalem et omni ludea et Samaria et usque ad ulh-mam terre. He cwaep, And ge heap mine gewitan in Hierusalemnbsp;and on eallum ludea and Samaria and (zt pam ytemestan eorpannbsp;gemarum. Hwaes sceoldan hie pa halgan urum Drihtne gewitannbsp;beon? buton paet hie paet sceoldan mancynne cypan . . .“ Einenbsp;solche SteUe besteht aus drei Teilen: dem lateinischen Text, dernbsp;Übersetzung und der Interpretation derselben. Aber die beidennbsp;letzten Punkte lassen sich nicht mehr scharf scheiden. Dennnbsp;die Übersetzung ist nicht Selbstzweck, die nur, um den lateinischennbsp;Wortlaut verstandlich zu machen, gegeben ware. Sie dient einernbsp;anderen Absicht, der Predigt, der Belehrung und der erbaulichennbsp;Moral. Die Übersetzung kommt aus dem tiefsten Herzen des Pre-digers, sie ist schon Predigt. Deshalb aber ist sie keine Versionnbsp;im strengsten Sinne, sondern eine freie, aus bestimmter Absichtnbsp;geborene Übertragung. Es ist denkbar, daB andere Zeiten mitnbsp;anderer Einstellung das Zitat als geoffenbartes Wort Gottes batten

12 Ib., 121. Ib., 119.

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ansehen können; daS etwa die Textkritik behauptete, dem Ver-fasser der Homilie habe ein Text dieser Form vorgelegen: (Actal 8) Et dixit illis, Et eritis testes mei in Hierusalem et omni ludea etnbsp;Samaria et usque ad fines terrae. Zu so falschen Ergebnissennbsp;könnte die MiBachtung der einer Version zugrunde liegendennbsp;geistigen Voraussetzungen im allgemeinen und der Inspiration, ausnbsp;der ein einzelner Übersetzer schafft, im besonderen führen. Dernbsp;Bibeltext, der dem Verfasser wirklich vorlag, ist der in der ganzennbsp;Kirche gebrauchliche, die Vulgata. Was wir aber in westsachsi-scher Sprache hier vor uns sehen, ist die einzigartige und einmaligenbsp;Version eines Individuums, die aus einer bestimmten Geistes- undnbsp;^^illenseinstellung heraus geboren und daher sonst nicht wiedernbsp;anzutreffen ist.

Wir haben uns bis jetzt nur mit den Faktoren beschaftigt, die ein Werden, Entwickeln, Verandern des Bibeltextes bewirkten.nbsp;Demgegenüber darf man diejenigen nicht vernachlassigen, die dieser Bewegung, die ins Ungewisse zu wachsen drohte, Widerstandenbsp;entgegenstelltén; namlich in der Tatigkeit gelehrter Korrektoren.nbsp;Diese setzt immer voraus, dafi man die Textverderbnis erkennt,nbsp;daS man sich also schon das Gefühl für den Unterschied zwischennbsp;dem veranderten, verderbten, überarbeiteten Gebrauchstext undnbsp;seinen vielen Abarten und einem feststehenden Text erworben hat.nbsp;Zu Textkorrektoren im strengen Sinne des Wortes sind noch nichtnbsp;Irenaus, Origenes, erst recht nicht Tertullian zu rechnen, ob-wohl sie sich zum Teil sehr eingehend mit Textvarianten ausein-andersetzen. Aber sie tun das nicht aus der interesselosen Absichtnbsp;heraus, den Text in seiner Reinheit wiederherzustellen. Sondernnbsp;sie tun es, um den ihrer Gesinnungsgemeinschaft eigentümlichennbsp;Text, welcher Art er auch immer gewesen sein mag, von dem an-derer, z. B. haretischer Gemeinschaften abzugrenzen. Sie wollennbsp;beweisen, daS ihr Text der richtige ist, und diesem Zweck dientnbsp;ihre gelehrte Tatigkeit. So bespricht Irenaus die berühmteVariantenbsp;zu Apoc. XIII i8 in seiner Schrift gegen die Haretiker; dernbsp;Johannes-Kommentar des Origenes ist von antignostischen Tenden-zen inspiriert, und bei Tertullian ist der Angriff gegen den Textnbsp;Mar cions in seinem Zusammenhang mit seiner gegen die Ketzernbsp;gerichteten Streitschrift zu versteken. Erst um das Jahr 300 schei-

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nen von Hesych, Lukian, Pamphilus provinziale Texte als Aus-gangspunkt für Textrezensionen und Festlegung von Normaltexten benutzt worden zu seind^ Wir wissen zu wenig tiber ihre Methode,nbsp;um mit Sicherheit daraus Schlüsse ziehen zu können. Aber wennnbsp;wir nach Analogie spaterer Korrektoren urteilen dürfen, so scheintnbsp;auch diesen friihen Rezensenten eine Art klassischen Ideals vor-geschwebt zu haben. Dem christlichen Geist ist der Buchstaben-glaube an sich fremd; er sieht hinter dem Wort den tieferen Sinn.nbsp;Die klassisch-gelehrte Tradition aber, wie sie in den Schulen vonnbsp;Alexandria, Casarea und Antiochia gepflegt wurde, war nie unter-brochen. Ihre wesentlich auf das Wort, auf die auBere dinglichenbsp;Form gerichtete geistige Haltung scheint auch den Herstellernnbsp;von Normaltexten eigen gewesen zu sein. Der Anstofö zum An-fertigen eines bestimmten Normaltypus muB auch hier von sprach-lichen Momenten ausgegangen sein, also von solchen rein formalernbsp;Art. Augustin sind diese zuerst aufgestofien, als er sich, vom klassischen Latein herkommend, der lateinischen Bibel gegenübernbsp;fand:i5 „Institui animum intendere in Scripturas sanctas, ut vide-rem quales essent . . . (Scriptura) visa est mihi indigna quam Tul-lianae dignitati compararem. Tumor enim meus refugiebat modumnbsp;eius, et acies mea non penetrabat interiora eius.“ Was Augustinnbsp;hier abstiefi, hatte eine ahnliche Wirkung auf seinen Freund Hieronymus. Dessen Revisionstatigkeit am lateinischen NT. war nur zurnbsp;Halfte durch das Zurückgreifen auf die „graeca veritas“ bestimmt.nbsp;Zum groSen Teil war die Besserung der sprachlichen Form seinnbsp;Ziel. Bezüglich der Lesarten erstrebte man bei der Herstellung vonnbsp;Rezensionen nur die alte, von spater entstandenen Varianten undnbsp;Verderbnissen freie Textform. Nur wo diese humanistisch an-mutende Interesselosigkeit verhanden ist, können wir von gelehrternbsp;Rezensionstatigkeit sprechen. Sie ist in der ersten Zeit und imnbsp;Mittelalter nur bei wenigen Gelehrten anzutreffen. Ihre eigentlichenbsp;Zeit beginnt erst sehr viel spater, mit dem Humanismus oder garnbsp;mit dem Aufblühen der historisch-philologischen Wissenschaftennbsp;im ig. Jahrhundert.^®

Nestle-v. Dobschütz, p. 26.

Confessiones III, cap. 5, Migne 32, col. 686.

Unter die gelehrten Bestrebungen wird man auch die Harmoni-sierungsbestrebungen zu rechnen haben, die sich vor allem an den Namen

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An me r kun g. Es sei darauf hingewiesen, dafi die Tatigkeit gelehrter Korrektoren nur da einsetzt, wo ein als feststehend undnbsp;unveranderlich geltender Text als Norm hinter dem zu korrigieren-den steht. Für die Korrektoren ist das, was wir als Bibeltextnbsp;schlechthin ansehen, ein Zweifaches: der feststehende Text, der alsnbsp;Autoritat gilt, und Paraphrasen, Überarbeitungen oder Versionen,nbsp;die aus Gründen irgendwelcher Art angefertigt oder entstandennbsp;waren. Dieses Verhaltnis bestand für Hieronymus. Hier handelte esnbsp;sich um die Revision des altlateinischen Textes, für den die Graecanbsp;auctoritas, auch die Hehraica veritas, unbedingt Geltung battennbsp;„De vertendis autem in linguam Latinam sanctis litteris Canonicis,nbsp;laborare te nollem nisi eo modo quo Job interpretatus est: ut signisnbsp;adhibitis, quid inter banc tuam, et Septuaginta, quorum est gravis-sima auctoritas, interpretationem distet, appareat. Satis autem ne-queo mirari, si aliquid adbuc in Hebraicis litteris et exemplaribusnbsp;invenitur, quod tot Interpretes illius linguae peritissimos fugerit.nbsp;Omitto enim Septuaginta, de quorum vel consilii, vel majori spiritus concordia, quam si unus bomo esset, non audeo in aliquam partem certam ferre sententiam; nisi quod eis praeeminentem auctori-tatem in boe munere sine controversia tribuendam existimo.“ Undnbsp;an anderer Stelle sebreibt Augustin ^Ego sane te mallem Grae-cas potius canonicas nobis interpretari Scripturas, quae Septuagintanbsp;Interpretum auctoritate perbibentur. Perdurum enim erit, si tuanbsp;interpretatie per multas Ecclesias frequentius coeperit lectitari,nbsp;quod a Graecis Ecclesiis Latinae Ecclesiae dissonabunt, maximenbsp;'luia facile contradictor convincitur, Graeco prolate libro, id est

Tatians knUpfen. Sie gehen namlich auf Feststellung eines berichtigten lextes aus. Doch könnte man darin auch eine ausgleichende Haltungnbsp;^rblicken, die auf neutrale, weder gelehrte noch spontan andernde Ein-^ellung sich grUndet. Damit ware die harmonisierende Tendenz auf einenbsp;Ynbsp;nbsp;nbsp;nbsp;stellen mit der mittelalterlichen „glossa“, die ein Sammeln von

™ einem ausgeglichenen, unberechtigte Varianten und des^H^ ®^^lialtenden Texte fuhrte, worüber unten. — Auf die Wichtigkeitnbsp;mehnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;für die Erklarung vieler Varianten braucht heute nicht

altpst nbsp;nbsp;nbsp;zu werden, vgl. v. Soden, Die Schriften des NT. in ihrer

en erreichbaren Textgestalt, I, 1545 ff., 1633; dazu v. Dobschutz, *5i 7Slid :^'^Sustin an Hieronymus, Migne 22, col. 566.

Ib., col. 833f.

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linguae notissimae.“ Der lateinische Text ist also der, den man be-nutzt, über den man predigt, den man lehrt. Aber die Autoritat der Heiligen Schrift kommt nicht ihm, sondern dem hinter ihm stehen-den griechischen Text zu; er weist die contradictores zurecht. Ernbsp;bildet die feststehende Norm, der die Version sich anpassen soil:nbsp;„Non parvas Deo gratias agimus de opere tuo, quo Evangelium exnbsp;Graeco interpretatus es: quia pene in omnibus nulla oEensio est,nbsp;cum Scripturam Graecam contulerimus. Unde si quisquam veterinbsp;falsitati contentiosus faverit, prolatis collatisque codicibus, vel doce-tur facillime, vel refellitur.quot;^® Wie hoch auch Hieronymus dienbsp;Graeca auctoritas schatzte, ist hinreichend bekannt.^o

Wenn wir hier grundsatzlich zwei an der Entwicklung des bib-lischen Textes beteiligte Tendenzen unterscheiden, eine Einstel-lung dem Text gegeniiber, die zum Umarbeiten und zur Entstehung von Varianten Anlafi gibt, und eine andere, die durch Beseitigungnbsp;solcher Auswüchse zur möglichst reinen, frühen, normierten Text-form zurückkehren will, so soil damit nicht gesagt sein, dafi diese

Ib., col. 834. Der lateinische Text steht also nur dem Sinne, nicht dem Text nach fest. Die Textnorm, an der nicht zu mtteln ist, gibt dernbsp;hebraische und griechische Text. Vgl. die folgenden, sehr charakteristi-schen AuBerungen: Augustinus, De Doctr. Christ. II 11 (Migne 34, 1887,nbsp;col. 42): „Et latinae quidem linguae homines, quos nunc instruendos sus-cepimus, duabus aliis ad Scripturarum divinarum cognitionem opus habent,nbsp;hebraea scilicet et graeca; ut ad exemplaria praecedentia recurratur, sinbsp;quam dubitationem attulerit latinorum interprelum infinita varietas.quot; Undnbsp;Hieronymus, Epist 106, § 2 (Migne 22); „Sicut autem in Novo Testa-mento si quando apud Latinos quaestio exoritur, et est inter exemplarianbsp;varietas, recurrimus ad fontem Graeci sermonis, quo Novum scriptum estnbsp;Instrumentum: ita in Veteri Testamento, si quando inter Graecos Lati-nosque diversitas est, ad Hebraicam confugimus veritatem: ut quidquid denbsp;fonte proficiscitur, hoc quaeramus in rivulis.quot; Erst die im Spatmittelalternbsp;beginnende Textkritik ftihlt das BedUrfnis, ftlr den erlebten und emp-fundenen Gehalt der Bibel eine normierte Textform zu haben. Mit anderen Worten, man besinnt sich darauf, dafi die Vulgata nicht einfach einenbsp;Interpretatio, mit der man nach Belieben verfahren kann, sondern dasnbsp;mindestens stilistisch selbstandige Werk eines literarisch Gebildeten war.nbsp;Vgl. die treffenden Darlegungen von H. Quentin, Mémoire sur l’établisse-ment du texte de la Vulgate, Rom-Paris 1922, qóoff.

50 Epistola II2, Migne 22, col. 929.

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beiden Tendenzen im Laufe der Textgeschichte immer scharf aus-einandergehalten werden können. Sie gehen im Gegenteil inein-ander über und vermischen sich. Fast jeder Schreiber — und die Schreiber sind ja in erster Linie die Trager der Textgeschichte —nbsp;ist Lehrer und Gelehrter zugleich. Er ist Neuschöpfer vonVariantennbsp;und damit in vielen Fallen der Urheber des Zustandes, dafi nichtnbsp;zwei Hss. vollkommen miteinander im Text übereinstimmen, undnbsp;er ist gelehrter Rezensent, der auf alte Text- und Sprachformennbsp;zurückgreift und „bessert“. Selbst im griechischen w-Text, dessennbsp;Lesarten aus ganz heterogenen Elementen bestehen, die sich nurnbsp;darin ahneln, dafi sie alle Überarbeitungen, Neuentwicklungen einesnbsp;Urtextes sind, lafit sich die Tatigkeit gelehrter Hande sehr gutnbsp;verfolgen. Dazu ist etwa zu rechnen, wenn der harmonisierendennbsp;Tendenz dieser Textgruppe durch einen Rezensenten, der vielenbsp;dieser Interpolationen als unecht erkannt haben mag, dadurch ent-gegengewirkt wird, dafö er solche Stellen ausmerzt und dabei zu-weilen auch wirklich zum Text gehorige Stellen verurteilt. Das ge-schieht etwa bei Lc. XI 35, 36, welche beiden Verse in gr. D undnbsp;in abeffgi ausgelassen sind, weil sie irgendwann einmal für einenbsp;Interpolation aus Mt. VI 23 angesehen worden waren. Derartigenbsp;Stellen sind im w-Text sehr zahlreich. — Dem Heere der Schreibernbsp;und anonymen Erzeuger von Varianten steht eine kleinere Gruppenbsp;von gelehrten Konservatoren des Textes gegenüber, und auch vonnbsp;diesen werden nur einige hervorragende mit Namen bekannt sein.

Wir können aber doch sehr wohl von dem Vorwiegen einer der beiden besagten Tendenzen zu gewissen Zeiten in gewissen Lan-dern reden. Die grofien Kulturbewegungen und geistigen Interessen einer Zeit auBern sich unter anderem auch in der Einstellungnbsp;zur formalen Seite des Bibeltextes.

Und das soil überhaupt der Zweck dieser Einleitung sein; nicht so sehr zu erklaren, auf welche Weise grundsatzlich Varianten amnbsp;Eibeltext entstehen können, als vielmehr zu zeigen, wie die Ge-^ chte des Evangelientextes nur eine Funktion der Geschichte desnbsp;vangeliums ist. Das heiBt, die Textentwicklung der Bibel ist nurnbsp;mne Begleiterscheinung dessen, was den Text tragt, womit seinenbsp;edeutung steht und fallt, des religiösen Geistes und Glaubens.nbsp;einer Text, leerer Buchstabe ohne diesenGeistist aufierlichesGetuenbsp;und kann nie eine Geschichte haben. Ohne den hinter ihm stehen-

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den Geist ist der Buchstabe nicht wandlungsfahig. Wie aber das christlich-religiöse Gefühl sich wandelt, steht seinerseits wiedernbsp;in Verbindung mit den allgemeinen kulturellen und politischennbsp;Verhaltnissen. Ideale Bibeltextgeschichte hatte Missions- und Kir-chengeschichte zu sein; sie müfite sich mit der Art der Verbi'ei-tung, dem Vordringen, der Aufnahme des Christentums befassen;nbsp;den allgemeinen kulturellen Zustand, besonders den, in dem Wissenschaften und Künste sich befanden, berücksichtigen; auf sprach-liche, politische, geographische Verhaltnisse, auf die Handels- undnbsp;Verkehrswege achten. Diese Forderungen können hier nur zumnbsp;geringsten Teil erfüllt werden. Nicht der letzte Grund dafür ist,nbsp;dafi unsere Kenntnis aller dieser Faktoren trotz vieler Vorarbeitennbsp;für die frühe Zeit der Vulgatatextentwicklung aufierst lückenhaftnbsp;und unsicher ist.

Anmerkung. Wir wissen uns mit dem, was hier über Ent-stehung und Verbreitung von Varianten des Bibeltextes gesagt wurde, durchaus im Einklang mit denjenigen Textkritikern, dienbsp;über das blofie Aufzeigen des vorhandenen Materials hinaus zunbsp;einer wirklichen Erklarung der verschiedenen Erscheinungen zunbsp;gelangen versuchen, die sich in der Textgeschichte geltend machen.nbsp;Leider sind für die Anfange des griechischen und altlateinischennbsp;Textes genau fafibare Tatsachen aufierst rar. Die Hss., Vater-zitate, Lektionarien reprasentieren einzelne Stufen, die der Textnbsp;im Laufe seiner Entwicklung erreicht hat. Aber in diese Entwick-lung selbst erhalten wir kaum einen Einblick. Und doch kannnbsp;über den Gang der Entwicklung wenig Zweifel sein. Schon 1909nbsp;legte sich Gregory in seiner Textkritik des NT. (p. 997ff.) dienbsp;Frage vor; Woher kommen die Textklassen? Die Antwort kannnbsp;nach seiner Meinung sich nicht darauf berufen, daS jeder Kopistnbsp;mehr oder weniger anderte und so die Hss., einzig durch die Schrei-beruntugenden — von denen man sich aber keinen rechten Begriffnbsp;machen konnte; auch vergafö man darüber die Tugenden der Schrei-ber — ihre vom Urtext abweichende Form erhielten. Demgegen-über stellt Gregory fest, da6 bewufiter Wille, absichtliche Ande-derungstatigkeit die Klassen des neutestamentlichen Textes her-vorgebracht haben, selbstverstandlich ohne dafi jemand dabei annbsp;Erzeugung einer Klasse dachte (p. 999). Die persönliche Anschau-ung einzelner, der Schreiber, die ihren Text nicht als kanonisch

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unantastbar ansahen, bringt abweichende Lesarten hervor. Auch darauf macht Gregory schon aufmerksam, wie die dem Entstehennbsp;von Varianten günstige geistige Einstellung nicht die eines ge-lehrten Geistes war; sie war weniger gelehrt als volkstümlich,nbsp;praktisch imd urwüchsig. Was man den überarbeiteten, westernnbsp;Oder I-Text (w) nennt, ist nicht eine Einzelarbeit gewesen im Sinnenbsp;einer Arbeit, die nur ein Mann an einem Ort geleistet hat. Viel-mehr ist die Urheberschaft dieser Textklasse einer Menge einzelnernbsp;zuzuschreiben. „Der überarbeitete Text ist ein Chamaleon, das sichnbsp;der lokalen Farbung der Stadt oder des Bezirks, wo jeder (jc.nbsp;handschriftliche) Zeuge sich aufhalt, anpafit.quot; Gerade deswegennbsp;sind keine zwei Zeugen für diesen Text sich gleich. Ein Land hatnbsp;Lesarten und Zusatze, die ein anderes nicht kennt. Der eine all-gemeine Stoff wird zu der gegebenen Zeit unter den gegebenennbsp;Umstanden in einem Land und in dem anderen verschieden ge-staltet. Daneben wird ebenso stark betont, wie der „poliertequot;,nbsp;alexandrinische (H-) Text und auch der „offizielle“ antiochenischenbsp;(K-) Text Produkte gelehrter Revisionstatigkeit sind. Doch diesenbsp;verschiedenen der Textentwicklung zugrunde liegenden geistigennbsp;Orientierungen als Ursachen der Textveranderung konsequentnbsp;durch die Menge der überlieferten Zeugen hindurch zu verfolgen,nbsp;dazu dringt Gregory infolge seines andersartigen Interesses undnbsp;der anderen Richtung, aus der er sich dem Problem nahert, nochnbsp;nicht durch. — Wieviel klarer alle die hierhergehörenden Fragennbsp;werden, wenn man sie von der allgemeinen Geschichte des Christen-tums, des christlichen Geistes und der christlichen Kultur her innbsp;Angriff nimmt, zeigt die Abhandlung, die v. Harnack in seinemnbsp;Buch „Die Mission und Ausbreitung des Christentums“ (^, 1924),nbsp;der Gestalt des Bibeltextes in den verschiedenen christlichen Pro-vinzen widmet (p. 933ff-)- Aufkommen engerer lokaler Ge-nieinschaften, die etwa noch durch nationale Bande zusammenge-halten werden, lassen Texttypen und Übersetzungen entstehen, dienbsp;der individuellen Eigenart der Gemeinschaft zur Verteidigungnbsp;gegen die Gleichmacherei dienen. Dem ware allerdings noch er-ganzend hinzuzufügen, wie zugleich damit ein autoritativer, starrernbsp;Text in Erscheinung tritt.

Glunz, Britannien und Bibeltext

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Was hier über den griechischen und altlateinischen Text und über die Entstehung von Typen dieser alten Texte gesagt wurde,nbsp;hat in doppeltem Sinn engere Beziehung zur Geschichte der Vulgata. Einmal bildet der griechisch-altlateinische Text das Fundament, auf das die Vulgata gegründet ist, und er ist lange dienbsp;Autoriteit für sie gewesen. Daneben aber spielt in der Text-geschichte der Vulgata eine gewisse Form des griechisch-altlatei-nischen Textes eine Rolle, auf die kurz eingegangen werden mufi.

Schon eine oberflachliche Betrachtung der von der hierony-mianischenVersion abweichenden, aber inVulgata-Hss. enthaltenen Lesarten führt zu der Feststellung, dafi sie in der Mehrzahl der-jenigen Falie, die Entsprechungen im Griechischen haben, auf dennbsp;überarbeiteten, westlichen Text zurückgehen.^i Diese Textklassenbsp;hat, einerlei ob direkt oder durch Vermittlung altlateinischer Hss.,nbsp;spater immer wieder als Korrektiv für den Vulgatatext gedient.nbsp;Gerade frühe Zeugen, in denen die Existenz der Vulgata in Er-scheinung tritt, pflegen neben den Vulgataelementen Lesarten ausnbsp;dieser Textklasse zu enthalten. Über das Zustandekommen desnbsp;westlichen Typus besteht noch keine einheitliche Meinung,®® abernbsp;das steht fest, dafi der erste AnstoB zu seiner Entwicklung dernbsp;griechische Text war, der sich mit der Ausbreitung des Christen-tums in den Landern griechisch-christlicher Kultur formte, ohnenbsp;je im Laufe der Zeit eine durchgreifende Revision zu erfahren.nbsp;Unter anderem trifft das auch zu für den westlichen Teil des christ-lichen Gebietes mit Rom als Zentrum. Die unrezensierten Ge-

Vgl. Glunz, Die lateinische Vorlage der ws. Evangelienversion, Leipzig 1928, p. 75 ff-, 97 f-

über die verschiedenen Erklarungsversuche Nestle-v. Dobschütz, 2 8 ff. Der westliche Text ist nichts Einheitliches. Der Ausdruck bezeichnetnbsp;die Gesamtheit der lokalen Texttypen, und er ist nur berechtigt in Hin-sicht auf die hinter den Typen stekende gemeinsame Tendenz. Derw-Typusnbsp;ist der lebendige Text in seiner jeweils nach Bedürfnis angefertigten odernbsp;umgeformten Gestalt. So und nicht allein durch die Einwirkung Tatians,nbsp;wie V. Soden wollte, ist diese lebendige Gebrauchsform des Textes ent-standen. Unter dem Siglum I fafit v. Soden ganz verschiedene Texte zu-sammen (v. Dobschütz, p. 75). Und doch gehören sie alle dem „westlichenquot; Text an, wenn man darunter den überarbeiteten, sich eigenmachtignbsp;entwickelten, dem jeweiligen Bedürfnis angepaBten, interpolierten Textnbsp;versteht.

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brauchsformen des w-Textes dienten der syrischen wie der alt-lateinischen Version als Vorlage — beide Versionen aus dem 2. Jahrhundert —, und so erklart sich das haufige Übereinstimmennbsp;beider in ihren Varianten. Dafi der w-Text überhaupt, wie gewissenbsp;Hss. es nahelegen, festere Formen annehmen konnte, zeigt, dafinbsp;auch dieser Text schon anfing, bearbeitet und verfestigt zu werden.nbsp;Dazu war er von Haus aus nicht geeignet, da er ursprünglich keinnbsp;unumstöfilicher Wortlaut, sondern eine notwendige Gelegenheits-

Graeca verltas

^

® nbsp;nbsp;nbsp;®nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;3?nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;* S'DÖW. Ferrar-Gruppe. 1-Gruppe

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Vulgata

(.Hieronymus^

Qaelle dcT Nicht-Vulgatanbsp;Lesarten

Schematische Darstellung (zu S. 52)

abart oder „-version** war. Seine Verfestigung ist nur im Zusam-menhang mit den beiden Übersetzungen zu erklaren. Damit nam-lich begann man, ihn als feststehende Autoritat zu betrachten. Die Hauptzeugen für den w-Text sind die altlateinische und altsyrischenbsp;Übersetzung, von den griechischen Majuskeln vor allem D, von dennbsp;Mnuskeln die Ferrar-Gruppe (I‘) und die i-Gruppe (!’?). Auchnbsp;© W und eine weitere Anzahl von Minuskeln stellt sich oft zu die-sem Typus. Im lateinisch-christlichen Gebiet, der Heimat der alt-lateinischen Version, erstarrt der griechische Text. Der eigentlichnbsp;lebendige und entwicklungsfahige wird der lateinische, und dafi

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er sich wirklich entwickelt hat, liegt in der frühen Geschichte der altlateinischen Version klar zutage. Zwischen den beiden Polennbsp;der Gestaltung des altlateinischen Textes, Tertullian und Hieronymus, tauchen neue Varianten auf, entstehen Interpolationen, werden Anderungen sprachlicher Art vorgenommen. Und dieser Ver-schiedenheit lateinischer Formen, die doch wieder eine Einheit bilden, tritt nun vom Ende des 4. Jahrhunderts ab der revidierte Textnbsp;des Hieronymus gegenüber und an die Seite. Das ist die Lage desnbsp;lateinischen Bibeltextes zu Beginn der Vulgatageschichte.

In vorstehender Skizze ist versucht worden, die beiden Text-gruppen in ihrem Verhaltnis zueinander schematisch darzustellen.

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Kapitel I

Kontinentale Mischtypen der Vulgata und die Wirkung des irischen Mönchtums'^

FÜR die Geschichte des Vulgatatextes ist es von ausschlag-gebender Bedeutung gewesen, dalS er von der Kirche nicht als autoritativ erklart wurde. So wenig Rom der Gesamtkirche einenbsp;Liturgie oder ein Rituale aufzwang, sondern eher durch sein Bei-spiel die Annahme der römischen Norm bewirkte, so wenig suchtenbsp;es auch die Annahme eines bestimmten Bibeltextes durchzusetzen.nbsp;Die Kirche konnte diese Angelegenheit ganz ihren Anhangernnbsp;überlassen, solange das, was in der Bibel an Geistigem, an Wahr-heitswert enthalten war, nicht geandert wurde, solange aus veran-dertem Bibeltext keine Glaubens- und Lehrunterschiede erwuchsen.nbsp;So konnten sich individuelle, für einzelne Teile des lateinisch-christ-lichen Gebiets charakteristische Textformen da weiterentwickeln,nbsp;WO sie schon vorhanden gewesen waren, oder neue konnten ent-stehen.

Solche individuellen Textformen waren nun die der altlateini-schen Version. Diese hatte sich in den einzelnen Provinzen an deren sprachliche Eigenheiten im weitesten Sinne angepaföt, so daSnbsp;auch die Denkweise, das, was in der inneren Sprachform zum Aus-druck kommt, auf den Text abgefarbt hatte. Daher die Tendenznbsp;nach genauerer Umschreibung, Zusatzen, analytischer Ausdrucks-weise usw. Die in Italien beheimatete Form des altlateinischennbsp;Textes war vor allem in sprachlich-formaler Hinsicht verbessertnbsp;und geglattet worden, damit sie italisch-römischem Geschmacknbsp;besser entsprechen soUte als das barbarische Afrikanerlatein. Es istnbsp;anzunehmen, daS der altlateinische Typus Italiens daher dort alsnbsp;besonders gelaufig, gefallig, untadelig, keiner weiteren Verbesserung

' Vgl. hierzu Karte i.

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bedürftig galt, und dal5 er so durch mannigfache Beziehungen mit den Christen, für die er der Bibeltext war, verbunden war. Diesemnbsp;volkstümlichen Text tritt nun die durchaus gelehrten Charakternbsp;tragende Rezension des Hieronymus entgegen, deren neueErrungen-schaft sowohl auf sprachlichem wie textlichem Gebiet liegt (Besei-tigung von Fehlern, Ungenauigkeiten, Schiefheiten durch Zurück-gehen auf den griechischen Text). Das konnte zwar dem hierony-mianischen Texte nur zur Empfehlung dienen, aber der volkstüm-liche lieS sich dadurch nicht verdrangen. Seine formalen Eigen-tümlichkeiten traten allzu stark hervor, schmeichelten sich einnbsp;und erschienen zu sehr mit dem „heiligen Text“ verbunden, umnbsp;kurzerhand aufgegeben zu werden. Noch etwas anderes hat veran-laBt, daB der hieronymianischeText sich in den ersten Jahrhundertennbsp;seines Bestehens nirgends rein vorfindet. Er stellt namlich (zumindestnbsp;in den Evangeliën) eine Bearbeitung des altlateinischen dar undnbsp;konnte daher leicht als eine Abart, als eine Sonderentwicklung dieses Textes geiten. Die Vetus Itala schien für die neue Form die Au-toritat zu bilden, die Wortlaut und Sinn besser und richtiger bewahrtnbsp;hatte. Diese Auffassung muB vor allem bei gebildeten Schreibern dasnbsp;Zurückgehen auf die wahre, gute, alte Quelle, den unrevidierten Text,nbsp;veranlaBt haben. Nur so laBt es sich verstehen, wenn der gelehrtenbsp;.^Ifric noch im zehnten Jahrhundert sich mit dem Stolz des Gelehrten auf die „alte und richtige“ Textform beruft, indem er beinbsp;einer strittigen Lesart zu Mt. IV lo bemerkt:^ „Crist cwaeS 8a tonbsp;8am deofle. Ga du underbcecc, sceocca! Hit is awriten, Man scealnbsp;hine gebiddan to his Drihtne, and him anum deowian. Quidam di-cunt non dixisse Salvatorem, Satane, -vade retro, sed tantum Vade:nbsp;sed tarnen in rectioribus et vetustioribus exemplaribus ha-betur, Vade retro Satanas, si cut interpretatie ipsius nominis declarat;nbsp;nam diabolus Deorsum ruens interpretatur. Apostolo igitur Petronbsp;dicitur a Christo, Vade retro me, id est, Sequere me. Diabolo nonnbsp;dicitur, Vade retro me, sed, Vade retro, sicut iam diximus, et sicnbsp;scripsit beatus Hieronimus, in una epistola. “ (Die Lesart Vade retronbsp;satanas ist altlateinisch und irisch.)

Man hat sich den ProzeB der Vermischung des altlateinischen

2 Homiliae Catholicae, ed. B. Thorpe, I 172. Vgl. Max Förster, Üher die Quellen von Alfric’s Homiliae Cath., Berlin 1892, p. 14.

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und des Vulgatatextes so vorzustellen, dafi Glossen aus dem alten italischen Text in Vulgatahss., durchgehende Korrekturen vonnbsp;Vulgatahss. nach alten Verlagen, Vergleichungen von Hss. ausnbsp;dem Bestreben entsprangen, einmal auf die alte, sichere Grundlage,nbsp;auf der Hieronymus fuBte, direkt zurückzugehen und diesesnbsp;Streben ist eben ein gelehrtes —, dann aber auch, dem neuen Textnbsp;die gebrauchliche, erprobte alte Form, die in Italien alteingesessennbsp;war, aufzupragen — und das ist nichts anderes, als was wir einenbsp;Übersetzung nannten: einen der inneren und auBeren Sprachformnbsp;eines Volkes, einer Provinz nicht entsprechenden Wortlaut in dienbsp;sprachlichen, stilistischen, logischen, geistigen Ausdrucksformennbsp;dieses Volkes und dieser Provinz überzuführen. So sind denn beinbsp;der Entstehung der italischen Mischtexte zwei Tendenzen ver-einigt; eine volkstümliche, die den neuen Text ummodelt, ihn nachnbsp;Uirem Geiste umformt, so daB er der geistigen Haltung der Men-schen, die den Text zu gebrauchen, zu erfassen, zu glauben haben,nbsp;entspricht; die Varianten, die so in die Vulgata gelangen, sind keinenbsp;anderen als die, die schon im vorhieronymianischen Texte auf ahn-licheWeise entstanden waren. Die andere Tendenz ist eine gelehrte.nbsp;Man geht auf die der neuen Version zugrundeliegende „auctoritas“nbsp;zurück als der Form, die den Text in alterer — und daher besserer —nbsp;Form bewahrt hat. Beide Tendenzen wirken überall da zusammen,nbsp;WO Textformen gemischt werden. Mischtexte sind Schreibstuben-produkte in dem Sinne, daB in ihnen eine Vielseitigkeit sich geltendnbsp;macht, die ihre Wurzel in der mannigfach interessierten Tatigkeitnbsp;der Schreibermönche hat. Man darf sich die Übertragung vonnbsp;Lesarten einer Hs. auf die andere nicht allzu mechanistisch vorstellen. Der Schreiber, der Lesarten aus einer Hs. als Marginal-glossen in eine andere eintrug, verfolgte damit sicher eine Absicht.nbsp;Er wuBte oder dachte, daB er damit den Text verbesserte, oder ernbsp;wollte einem für ihn spröden Text die bessere Form verleihen, dienbsp;in der anderen Hs. vorlag. Die „Charakterlosigkeit“ der Mischtextenbsp;kommt daher, daB aUe diese Tendenzen durcheinander gehen,nbsp;daB die verschiedenen Hande, die an der endgültigen Gestaltnbsp;eines Textes, wie er in unseren Hss. vorliegt, mitgearbeitet haben,nbsp;nicht einem einheitlichen Willen und Streben folgen. In dernbsp;Unklarheit über das, was man von einem guten Text — wie rela-tiv ist dieser Begriff! — zu verlangen hat, im Mangel an einer ein-

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heitlichen, starken Persönlichkeit ist der Grund für das Phanomen der Mischtexte zu sucheti. Das brachte die Eigenart der klöster-lichen Bildung mit sich. Die Haufung und das Gegeneinander-arbeiten der verschiedensten Bestrebungen führte zu einem Ergebnis,nbsp;das nur in seiner Erscheinung, nicht in seinem Wesen Beachtungnbsp;verdient: zu der grofien Glossensammiung, die sich um den Parisernbsp;Text bei den Scholastikern auftürmt.

DaB die italischen Mischtexte der Vulgata alle aus der Pro-vinz Oberitalien stammen, ist bezeichnend für ihren Charakter. In der Provinz bilden sich spezifische Eigentümlichkeiten am leich-testen aus und geht das Anpassen fremder Texte in besondersnbsp;hohem MaBe vor sich, starker jedenfalls als in Rom selbst. Auchnbsp;hier mischten sich die Texte, wie die Zitate Gregors des GroBennbsp;bezeugen 1 2, und bekannt ist Gregors Aussage, daB der apostolischenbsp;Stuhl (zu seiner Zeit) beide Versionen nebeneinander verwende.nbsp;Doch wahrend sonst über den Vulgatatext Roms in der frühen Zeitnbsp;nichts bekannt ist, treten uns die norditalischen Hss. mit ihrer eigen-tümlichen Textform als geschlossene Gruppe entgegen. Sie ver-leugnen ihre Italische Abstammung in keiner Weise. Denn dienbsp;vorhieronymianischen wie die hieronymianischen Elemente sind innbsp;ihnen rein, ohne jeden eigenmachtigen, neu entwickelten Zusatznbsp;enthalten. Gerade so aber geben sie uns ein Bild von dem Standnbsp;des geistigen Lebens in den italischen Klöstern.

Die uns naher bekannten Evangelien-Hss. mit itcilischem Misch-text sind Z(2)JMP, die alle im 6. Jahrhundert geschrieben sind.^ Der wichtigste Codex dieser Gruppe ist Z, dessen Text auf Nord-italien als Heimat deutet. ^ In den Lesarten heben sich deutlich die

1

3 J. Chapman, Notes on the Early Hist, of the Vulgate Gospels, Oxford igo8, cap. The Gospels of St. Augustine.

2

Uber die Hss. des Evangelientextes, ihre Eigentümlichkeiten, Heimat, Abfassungszeiten, Varianten usw. sind hier und im folgenden zu vergleichennbsp;Wordsworth-White, NT. latine, p. xff., 705ff.; S. Berger, Hist, de la Vulgate; White, Art. “Vulgate” in Hastings’ Diet, of the Bible IV; Chapman,nbsp;op. cit.; H. Quentin, Texte de la Vulgate, 24Qff

® Neben den Übereinstimmungen von Z mit den anderen italischen Hss. ist ein anderer zwingender Grund für diese Annahme die Verwandt-schaft von Z mit X2. Diese Hs., oder besser ihr Vorfahre, kam im Zu-sammenhang mit der Sendung Augustins (597) nach England, ihre Heimatnbsp;ist Italien. Ihre Lesarten stimmen auffallend mit denen von Z überein.

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beiden Gruppen reiner Vulgataelemente und vorhieronymianischer Bestandteile voneinander ab. Zur Illustration seien einige Falie guternbsp;Vulgatalesarten angeführt:

Lc. XIX3I dominus operam eius desïderat ZJFEpCBDE* MrQRVWvgaffgilqr:.. . opera ... AM Y OXH © GBvE-^Knbsp;T c. Dieses Beispiel zeigt, wie die Zeugen sich in zwei Gruppennbsp;scheiden, die dem Alter nach ebenbürtig sind. Das Griechischenbsp;gibt hier leicht Auskunft. Die Variante opera kann demnach nichtnbsp;die hieronymianische Lesart sein, sondern sie ist in Italien spaternbsp;entstanden und hat sogar in die besten Vulgata-Hss. AY Eingangnbsp;gefunden. Z aber hat zusammen mit einer Reihe anderer Hss. dienbsp;hieronymianische Lesart beibehalten. Lc. XX 5 üh Z O X* . ..: etnbsp;A Y .. .; 26 responso Z J V ... vett; responsis A Y O X M ...; XXI4nbsp;ex abundanti Z X* M J A*quot; V B vg 1 c ff2 i m : abundantia A* Y F Onbsp;X' .. . q. Die altlateinisch-italische Hs. q hat die Anderung ahun-dantia der leichter verstandlichen Sprache wegen vorgenommen,nbsp;und andere Hss. haben sich angeschlossen, nicht aber Z, dasnbsp;der Vulgata folgt. Jo. Vqom den Vers flqdDZ* und Vulgata.

Auf der anderen Seite stehen Lesarten aus der altlateinischen Version; Lc. XIX 30 in quod: in quo Z X* O Ep Bv G D E vett; XXnbsp;14 ««/raqffjZDRVWvg; it. ZJEpRKV; iiytri-butum dari caesari q Z* M; 35 habebuntur: habentur Z O X* H^ 0nbsp;qlciffjó; 37 resurgant'. resurgunt Z* J O T Ep Bv vett; 39 respon-dentes ; respondens ZB O qffg di; X 20 in caelis: in caelo vett Z* D;nbsp;^YIII4 etsi: si vett Z D; Mt. X 13 domus -f- illa it. Z O X B E Q Knbsp;Mr V W vg.

Diese wahllos herausgegriffenen Falie zeigen, wie die Text-mischung in Z von einigermafien gelehrten, auf Reinheit des Textes bedachten Schreibern vorgenommen worden ist. In dieser Ansichtnbsp;worUber Wordsworth-White, 710 Note 4. Dazu; Lc. XVI 22 sinum ; sinunbsp;B*BvCETX*Z; 24 in aquam ; in aqua ZXOMFEp*B C0TVW;nbsp;XVII 5 adauge ; auge X* O Ep D Q R K a ffj i r*; 7 bovem (om vuig.)nbsp;pascentem Z^ X* O W; dieet: dicat ZXOBMrKVWvgf; 13 nostri: nobisnbsp;Z* X^ velt; 27 nuptias : nubtias ZXBv CT; dabantur ; dabant Z^X*; 28 omnbsp;sieut ZX^Mrbcffjqs; 33 quicumque : qui ceZ*X*; XVIII 31 scribtanbsp;ZX* Y Bv E I; 34 et erat: erat autem Z X* O K V W; XIX 13 mnas : minasnbsp;e r Z X* O J F Ep B G* R; 2 2 sum ; sim Z^ X 0quot;= K; 30 in quod: tn quo vettnbsp;ZX*OEpBvDEG, etc.

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wird man noch bestarkt durch Spuren, die ein Zurückgreifen auch auf den griechischen Text vermuten lassen und sogar sichernbsp;machen;

Lc. XIX 28 ascendens 4- in {hierosolyma) ZJ M Ep Bv D Q R K dffgr, gr. ecg quot;legoaóXvjua; XX 5 om ergo Z*MrEpEcr, gr. n Bnbsp;EG ... DaS nicht immerVermittlung von altlateinischen Hss. beinbsp;diesen mit dem Griechischen übereinstimmenden Elementen mit-gespielt zu haben braucht, legen folgende Falie nahe: XVIII34^/nbsp;er at: erat autem Z O X* K V W (vett; sed eraf), gr. altf rjv i. 142'°^.nbsp;2og; VIII 52 mortua -j-nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Z0‘^BvGH0KVWvg,gr.FL

MX ...

So kann man vom Text dieser Hs. sagen, dab in ihm eine gewisse, auf exaktes Kopieren und Vergleichen gegriindetenbsp;Sauberkeit herrscht. Ganz fehlen auch ihr eigentümliche, neue Varianten nicht. Sie dienen alle nur der sprachlichen Glattung, dem Stil:

Lc. XX 24 hahet: haheat ZBv; dixerunt ei Z Bv K V W lt;S (£; 29 accepitearn {uxorevi) Z*; 33 habuerunt •. hahehant Z*; 40 omnbsp;quicquam ZKV; 47 accipient:percipient ZXKW.

Was von Z zu sagen ist, gilt ebenso für die anderen Hss. dieses Typus: sie enthalten gute Vulgatalesarten neben solchen der alt-lateinisch-italischen Version.

Beispiele für M: Mt. VI16 demoliuntur-. exterminant vett A H J M Y Z^X V .. .; VIII 20 tahernacula : nidos AMY... vett. Wonbsp;M mit Z zusammengeht, ist der italische Ursprung besondersnbsp;deutlich: Mt. VIII 26 increpavit imperavit ZM . . .; Lc.XXII43nbsp;factus in agonia prolixins orahat Z M C G W. Die hieronymianischenbsp;Lesart ist bewahrt z. B. in Mt. VI 11 supersubstantialem\ VIII 2~i etnbsp;¦ventr, IX 12 medico-, 38 eiciat. Auch hier ist Korrektur nach griechischen Hss. anzunehmen. Vielleicht ist M Kopie einer graeco-lateinischen Hs. (Orthographic aggelus). Mt. V 25 consentiens-.bem-volus aut fidelis M, gr. svvoamp;v, benivolus d. Die Variante ist gelehrt;nbsp;wenn nicht das Griechische, so sind die Kommentare ihre Quelle.nbsp;(Ambrosius zu Lc. XII: „evvomv graecus dixit hoc est benevolens.“nbsp;Hieronymus: „pro eo quod noshabemus inlatinis codicibus consen-tiens, in graecis scriptum est evvomv quod interpretatur benevolensnbsp;aut benignus“t) 40 remitte : remittee M, dg2tjaelt;gD;Mc.III loplagas:nbsp;flagella M, gr. fidoryag. — Aus J und P ahnliche Beispiele anzu-führen, erübrigt sich; man kann sie bei Wordsworth-White fast auf

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jeder Seite finden. Nur ist beztiglich dieser beiden Hss. zu bemerken, daB sie mehr neue, spontan entwickelte Lesarten enthalten, die sichnbsp;vorher nicht nachweisen lassen, und die auch schon über das reinnbsp;sprachliche Bedürfnis hinausgehen und einem bestimmten Zweck-gedanken des Schreibers entsprungen sind: Mt. XXI22 accipietis nbsp;a patre meo J; XXIII13 sinitis : sustinetis]', Lc. II17 cognoverunt:nbsp;cogitaverunt J; XII 24 corvos ; volucres J (MtVI 26); Jo.XI50 co-gitatis : cognoscitis J; XIII19 ego sum -\-de quo scriptum- esi]. Ausnbsp;P: Lc. VIII4 conveniret •. convenirent P@Ë; II40 confortahatur nbsp;aetate P (-j- spiritu f qlt;5). Diese letzte Variante kann keinen ge-lehrten Ursprung haben, denn es liegt nicht Korrektur nach alt-lateinischen Hss. vor. Vielmehr entstand sie aus dem Bedürfnisnbsp;heraus, zu verdeutlichen, einen gewissen Sinn, der aus dem Textnbsp;selbst nicht mit genügender Deutlichkeit hervorgeht, zu interpre-tieren und hervorzuheben. Die Parallelstelle Vers 52 diente dabeinbsp;nur als AnlaB und gab die auBere Form ab fur eine Anderung, dienbsp;innerlich Bedürfnis war.

Wir wissen zu wenig über die fruhe Geschichte der Hss. mit

italischem Vulgatamischtext, um ihre spezifische Eigenart aus einer

bestimmten historischen Situation erklaren zu können. Es laBt sich

aber vermuten, daB sie mit der Ausdehnung der papstlichen Macht

unter Gregor dem GroBen und mit der Neubelebung, die Mönch-

tum und Wissenschaft unter ihm erfuhren, in engerem Zusammen-

hang stehen. In Oberitalien lag seit dem Einfall der Langobarden

J- 568) das geistige Leben danieder. Die Vorherrschaft von

Byzanz war damit beseitigt worden, und der Einwirkung von Rom

aus war der W^eg frei. Die Diözese Mailand war schon vor Gregor in

ein engeres Verhaltnis zu Rom getreten, und Gregor selbst wurde

förmlich das Recht der Zustimmung zu der Wahl des Erzbischofs

von Mailand zugestanden. Auch in dem dogmatischen Kampf gegen

die arianischen Langobarden hatte Gregor soweit Erfolg, daB bei

seinem Tod wenigstens die Aussicht auf die endgültige Zugehörig-

eit der Langobarden zum Katholizismus begründet war.s ]y[it der

und die Starkung der inneren Krafte Hand in Hand. Alles

wac senden auBeren Macht der Kirche ging eine Hebung der Bildu-*

Vgl- V. Schubert, Gesch. der christl. Kirche im FrUhmittelalter, 1921, P- 197.

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was an wissenschaftlicher Betatigung und Pflege der literarischen Einzeldisziplinen iibriggeblieben war, hatte sich in den Klösternnbsp;konzentriert, die so die einzigen Orte waren, in denen sich etwasnbsp;der klassischen Bildung Paralleles, wenn auch Unterlegenes, er-halten hatte. Hier waren die Orte, wo Hss. abgeschrieben undnbsp;verglichen warden, wo man mit Sorgfalt auf altere Texte zuriick-grifF, und wo Provinzialismen in der Textgestalt nur schwer auf-kommen konnten. Die von Gregor ausgehende Bildungsbewegungnbsp;war keine Renaissance. Sie setzte sich zum Ziel, Bildung zu verbreken und zu popularisieren, dem Klerus ein gewisses Mindest-maB an theologischer und philologischer Schulung und Wissenschaft zu übermitteln. Im Vordergrund aber stand stets der praktischenbsp;Unterricht, nicht die Wissenschaft. Dieses Verhaltnis spiegelt sichnbsp;getreu in dem textlichen Zustand der Vulgata jener Zeit. Gelehrtenbsp;und volkstümliche Tendenzen machen sich gleicherweise darin bemerkbar. Eine Mischung aus jüngeren und alteren Bestandteilennbsp;ist das Ergebnis, das mit Notwendigkeit daraus folgen muSte, undnbsp;das nicht nur im friihitalischen Vulgatatypus, sondern auch in dennbsp;Zitaten Gregors des GroBen und in dem Text, den seine zu dennbsp;Angelsachsen gesandten Missionare mitnahmen, vorliegt.

Um diese Zeit waren auch schon in andere Lander Mischtexte der Vulgata gelangt. Überall, wo die vorhieronymianische Versionnbsp;bekannt war, ist die Vulgata ohne weiteres vorgedrungen. So er-gibt sich als erstes Stadium der Textgeschichte überall ein Misch-text, in dem aber die individuellen Eigenheiten eines Landes sichnbsp;auspragen. Die Sonderstellung der spanischen Landeskirche innbsp;Westeuropa, die noch nach der endgültigen Beseitigung des Aria-nismus (3. Konzil von Toledo, 589) bestehen blieb, gab auch dernbsp;inneren Entwicklung dieser Kirche eine verhaltnismaBig groBenbsp;Selbstandigkeit. Der enge ZusammenschluB von König und Klerusnbsp;rundete sie nach auBen ab und lieB sie ihre ganze Energie auf dasnbsp;Innere konzentrieren. Dabei stützte sich (im 6. Jahrhundert) dienbsp;Macht des Klerus völlig auf den Papst. Von ihm empfing man dienbsp;Weisungen in kirchlichen Angelegenheiten, die aber in Spaniennbsp;bezeichnenderweise abgeandert, auf die spezifischen spanischen Ver-haltnisse übertragen warden. So warden auf dem 14. Toletanumnbsp;{684) die Beschlüsse des ökumenischen Konzils von 680 zwar an-

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genommen, aber an Stelle der papstlichen setzte der spanische Oberhirte eigene Dekretalien.'' Die Sonderstellung der spanischennbsp;Kirche machte sich seit ihren Anfangen immer wieder in der Neigungnbsp;zu haretischen Absplitterungen bemerkbar, es sei nur erinnert annbsp;den Priscillianismus, die christologischen Debatten des 7, Jahr-hunderts und den sich daran anschlieJSenden Adoptianismus. Darinnbsp;aber auBert sich ein reges inneres Leben. Die theologischen undnbsp;mit dem Schriftstudium zusammenhangenden Wissenschaften standen in Blüte. Auf gediegene Ausbildung der Priester wurde immernbsp;Wert gelegt, wie die Konzilsbeschlüsse beweisen (z. B. von 633).nbsp;Schon im 6. Jahrhundert kamen die Domschulen auf, unter denennbsp;die berühmteste die von Sevilla war, an der Isidor wirkte. Altenbsp;Bibliotheken und Schulen gab es in Galicien, wo im 6. Jahrhundertnbsp;Braga mit dem Kloster Dumio (Monasterium Dumiense) ein Mittel-punkt wissenschaftlichen Lebens gewesen zu sein scheint. Vonnbsp;einem Einsiedler in Vierzo (westlich von Astorga) wird berichtet,nbsp;er habe sein ganzes Leben mit dem Schreiben von Traktaten, litur-gischen und biblischen Büchern zugebracht.® In Zaragoza und Barcelona bestanden berühmte Schulen, und die Bibliothek von Toledonbsp;besaB zu Ende des 7. Jahrhunderts eine betrachtliche Anzahl vonnbsp;Büchern und nicht zum mindesten von Bibeln.

Die Vulgata gelangt zwar nach Spanien — wir wissen leider nicht wann, noch in welchem Grade der Reinheit —, aber sie wirdnbsp;sofort von dem spanischen Milieu umgeben und durchdrungen. Sienbsp;tritt in die Tradition der spanischen Bibelwissenschaft ein und wirdnbsp;von den einheimischen Hss. assimiliert. Das auBert sich vorwiegendnbsp;im Vergleichen mit den traditionellen alteren Hss. Lesarten werdennbsp;aus allen zuganglichen Quellen übernommen, und es entstehen förm-liche Variantenapparate um den Text, der im Laufe der Zeit zunbsp;einem typischen Mischtext wird. Damit aber nicht genug. Neuenbsp;Lesarten kommen auf, Interpolationen geraten in den Text, die ihnnbsp;zum Typus werden lassen. Hier ist sicher auf einen Zusammenhangnbsp;zwischen der selbstandigen, zur Haresie- und Schismenbildungnbsp;neigenden Tendenz im spanischen Kirchenwesen und diesen beson-

’’ Ib-, p. 255.

® H. Leclercq, L’Espagne chrétienne (Bibl. de 1’enseignement de l’hist. ecclés.), Paris, p. 3i6ff.

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deren Textveranderungen zu schlieSen, wenn das auch an der einzelnen Textvariante nicht nachzuweisen ist. Dazu müBten vornbsp;allem die Evangelienzitate bei den kirchlichen Schriftstellern unter-sucht werden. Als Parallelerscheinung zum spanischen Bibeltextnbsp;soU die spanische (mozarabische) Liturgie erwahnt werden, derennbsp;Abweichung von der römischen man von jeher der mangelndennbsp;Verbindung der spanischen Kirche mit Rom und dem haretischennbsp;Wesen im Innern zugeschrieben hat.® Auch auf diesem Gebiet abernbsp;wird im 6. Jahrhundert von Rom auf Spanien einzuwirken versucht;nbsp;so schickt Papst Vigilius dem Erzbischof Profuturus von Braganbsp;einen römischen MeBkanon. Besonders unter Gregor dem Grofiennbsp;sind die Beziehungen zwischen Rom und Spanien wieder sehr rege,nbsp;und es ist anzunehmen, daB um diese Zeit der EinfluB italischernbsp;Vulgatamischtexte auf den in Spanien heimischen Text begonnennbsp;haben wird.

Hss. des spanischen Vulgatatypus stammen allerdings erst aus spaterer Zeit, und sie reprasentieren wohl auch eine spatere Text-form (CT aus dem 9. bzw. 8. Jahrhundert). Soweit ihr Text mitnbsp;anderswo bezeugten Varianten hervortritt, bietet er wenig Inter-essantes. Der EinfluB eines Z-ahnlichen Typus ist offensichtlich:

Mt. XV 6 matrem suam it. Z J 0“= X C T Ep“B L R 0 K Mr V vg; XXIV 13 perseveraverit: permanserü

XXI 9 qui venturus est : qui venit Z*OFCT0DEEp™ff Q R W vg vett; XXIII 25 pleni sunt: pleni estis ecfFifXCT0DRWvg;nbsp;Mc.II20 in üla die : in illis diebus it. ZO CT ... etc. Die Vulgata-lesart wird weniger oft von den Hss. CT vertreten: Mt.XXIV 26nbsp;penetralihus (: penetrahilihus) a b fF^ g^ h AHJXCTDQW'= vg;nbsp;Mc.V40 et ingredttur (: ingrediuntur ZO...) AYCT...; ahnlichnbsp;VIII13 ascendens iterum abiit\ XIV 20 qui intingit (om ma?ium)nbsp;A Y Z* C T . ..; Lc. VI40 perfectus autem omnis erit sicut magisternbsp;eius A Y C T..., etc. Im allgemeinen treten altlateinische Eigentüm-lichkeiten in diesen beiden spaten Codd. in den Hintergrund. Solchenbsp;sind: Mt. VI ii supersuhstantialem : cotidianum vett CTDEEp^snbsp;L W; Mc. IV 19 et sine fructu efjiciuntur (; efficitur vuig.) vett O C

® P. B. Gams, Die Kirchengeschichte von Spanien, I, Regensburg 1862, p. 81 ff. Über die Spezifika des spanischen Vulgatatextes D. de Bruyne,nbsp;Étude sur les origines de la Vulgate en Espagne (Revue Bénédictine 1919,nbsp;373ff.). Über die einzelnen Hss. H. Quentin, a. a. O., 3ioff.

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TGDELRH^0K Mr; Lc. XX 14 hic est her es ventte (om vuig.) occidamus ilium e d C T, usw. Sie müssen früher viel starker ge-wesen sein, denn schon zwischen T und C, die etwa ein Jahrhun-dert trennt, macht sich in dieser Hinsicht ein groBer Unterschiednbsp;bemerkbar. C enthalt verhaltnismaBig wenig alte Lesarten, wahrendnbsp;sie in T noch ungemein haufig sind. Das ist nur so zu erklaren,nbsp;daJ3 Schreiber auf den vorher in Spanien benutzten und gelaufigennbsp;alten Text zurückgrifFen. Da6 die reine Vulgata sich dann all-mahlich ausbreitete und über die in Spanien heimischen Tendenzennbsp;des Vergleichens, Glossierens und Interpolierens sich erhob, bringtnbsp;die Wandlung zum Ausdruck, die die spanische Kirche zwang, ihrenbsp;Eigenheiten dem kirchlichen Einheitsgedanken zuliebe zu opfern.nbsp;Karl der GroBe trat Ende des 8. Jahrhunderts im adoptianischennbsp;Streite Spanien als Vertreter Roms und Verteidiger der Orthodoxienbsp;entgegen. Aber immerhin Enden sich typisch spanische Lesartennbsp;in CT noch in groBer Zahl:

Mt. II 6 nequaquam: numquid C T; Mc. XIV 61 interrogabat'. interrogavit CT; Lc.VIII 34 in villas-, in villis CT; XI28 quif-pini-, manifestissime CT; XVII34 in lecto (om und) CT,gr.B; Jo.nbsp;I29 iesum christum CT; VI14 signum ; signorum CT; VII48nbsp;credidit: crediderunt C T, usw. Auch hier hat die altere Hs. T nochnbsp;mehr altertümliche Spezifika bewahrt: Mc. VII4 a for o quumnbsp;venerint T © vett, gr. D; Mt. X 8 date: reddite T; XII34nbsp;T; 35 de bono thesauro -f- suo T; XXI21 iacta te in via (: in marenbsp;vuig.) T; Mc. VI49 putantes eum T; XIII10 omnes gentes nbsp;sed constanter estote T; Lc. II33 pater eius et materparentes eiusnbsp;T; XIV 3 respondens : intuens T; Jo. XVIII4 processit venitnbsp;T; XX 25 fixuram : fixuras T.

Auch über die frühe Geschichte der Vulgata im frankischen Reich ist nichts bekannt. Doch besteht die Wahrscheinlichkeit, dafinbsp;sie noch im 6. Jahrhundert dorthin kam. Darauf lassen die Hss.nbsp;aus spaterer Zeit (s. 8.-9.) schliefien, und die historischen Verhalt-nisse legen eine solche Vermutung nahe. Ein fester Punkt in dernbsp;Textgeschichte ist der Text Gregors des GroBen, der gegen Endenbsp;des 6. Jahrhunderts in Rom und nördlich davon, in Oberitalien, innbsp;Gebrauch war. Eine wichtige Etappe für die Mischtexte, die nachnbsp;Irland und ins Frankenreich wanderten, scheint das Inselkloster

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Lerins gewesen zu sein, denn ein Text, der im 5. Jahrhundert in Lerins zitiert wird, hat groföeVerwandtschaft mit spateren Misch-texten, was darauf hinzudeuten scheint, dafi vom 5. Jahrhundert ab italische Vulgatamischtexte nach den übrigen christlichennbsp;Landern zu dringen begannend» Auch das Ghristentum Südgalliensnbsp;wird zu Anfang des 6. Jahrhunderts, als so bedeutende Manner wienbsp;Avitus von Vienne und Caesarius von Arles die erzbischöflichennbsp;Stühle innehatten, Vulgatamischtexte erhalten haben. Hier misch-ten sich vor der Bildung des einheitlichen frankischen Reiches dienbsp;völkischen Elemente so, dab sie unter dem Primat Roms einen gei-stigen und kulturellen Komplex bilden konnten. Ende des 5. Jahrhunderts war Caesarius Mönch in Lerins, und die Schulung, die ernbsp;dort erfuhr, kam ihm dann wahrend seiner langen bischöflichennbsp;Wirksamkeit sehr zustatten (502-4.3). In demVölkergemisch und beinbsp;der wechselnden Herrschaft der West- und Ostgoten, der Burgun-der und Franken war ihm Rom die unwandelbare Macht, die demnbsp;bewegten Wechsel Einheit und Halt verlieh. So bestand die engstenbsp;Beziehung zwischen dem erzbischöflichen Stuhle von Arles undnbsp;Rom; Papst Symmachus machte 513 Arles zum Primatsitz übernbsp;Südgallien. Auch die Verbindung mit der westgotisch-spanischennbsp;Edrche blieb weiterhin bestehen und festigte sich noch, als diesenbsp;sich mehr der allgemeinen Kirche zuneigte. Im Innern dieses sichnbsp;kraftig entwickelnden kirchlichen Gemeinwesens herrschte das mo-nastische Ideal. Lerins war Vorbild und blieb es teilweise bis insnbsp;7. Jahrhundert hinein. Im nördlichen Gallien aber fanden die Bestre-bungen des Südens keinen Widerhall. Chlodovech und seinen Nach-folgern kam es zunachst auf die Sicherstellung ihres groben Besitzesnbsp;an. Wenn auch Arles das Vorbild für die kirchliche Verfassungnbsp;des frankischen Reiches (Abhalten von Synoden usw.) war, sonbsp;herrschte doch ein Tiefstand der Bildung, an dem auch die zahl-reichen Klostergründungen, die sich im Laufe des 6. Jahrhunderts

Chapman, op. cit. 177. Der Erklarungsversuch, dafi durch Patrick die Vulgata zuerst nach Irland gekommen sei, ist mindestens sehr kühnnbsp;und wird hinfallig, sobald man die Existenz Patricks als legendar ansicht.nbsp;Mit Sicherheit lafit sich nur sagen, dafi in der britischen Kirche wohl einnbsp;Mischtext in Gebrauch war, von dem erst spatere Hss. Zeugnis ablegen,nbsp;und der mit einem in Südgallien (Lerins) gebrauchlichen Text gewissenbsp;Übereinstimmungen zeigt.

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quot; —— — ¦quot; '

Irisches Mij^'ensjfe^iet U- frische Vulgatatexte

Sparttscher

Tèrttypus

Italische Mischhrte aus eter alUat u- d hterongm. lérjiiei


Die /ifschtifpen der Vulgate niit besPncferer SerudCsichtijurfj

itischerf ftijsicnsfah^kett

Handschtifi-en: J)£Ep'^lQ7i,BBv6, CT, ZM7P

yyy.

^iVidaie o

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65 —

unter den Merowingern nachweisen lassen, nicht viel geandert haben. Das asketische Ideal ist eben da, wo es allein hochgehaltennbsp;wird und keine anderen Krafte ihm zur Seite stehen, keines, dasnbsp;der Pflege der Wissenschaft und der gelehrten Studiën entgegen-kame. Die Klöster, die in Dijon, Chalons, Bourges, Soissons, Autun,nbsp;Clermont, Tours, Le Mans, Reims, Poitiers entstanden,ii besorg-ten höchstens das traditionelle Weiterreichen des Wissensstoffes;nbsp;neue, tiefer gehende Bestrebungen fehlen. Das ist erklarlich in einernbsp;Zeit, WO die Hauptkraft desKlerus und derMönche auf dieKon-stitutionierung der aufierenForm und der kir chlichen Organisationnbsp;konzentriert werden mufite. Aus den Klöstern nahm man die ge-eigneten Manner, die die Bischofsstellen einnehmen sollten,^^ dienbsp;Klöster selbst wurden in den Verwaltungsbereich der Kdrche, innbsp;die Diözese, eingeordnet, bildeten also Organe der kirchlichen Hiërarchie.

Wir wissen schon, wie der Charakter des Bibeltextes sich in einer solchenUmgebung bilden wird. Die alten, einmal vorhandenennbsp;Texte werden beibehalten. Die Wirkung der Vulgata (vom 6. Jahr-himdert ab oder spater?) wird sich darauf beschrankt haben, daönbsp;einige ihrer Lesarten in die alten Texte Eingang fanden, oder daönbsp;umgekehrt dieVulgata vonden Varianten des vorhieronymianischennbsp;Textes durchsetzt wurde. Originelle Auspragungen finden sich nicht.nbsp;Dazu ist das innere Leben in der frankischen Kirche, sind die Reizenbsp;und Antriebe, die sie von allen Seiten, von Rom, Spanien, Irlandnbsp;begierig aufnahm, zu heterogen und nur angenommen, nicht er-worben imd entwickelt. Zur Entwicklung fehlte die Mufie, die Be-schaulichkeit, das Interesse für die Vertiefung des geistigen Be-sitzes und für das Hervorbringen einer individuellen geistigen Kul-tur. Dab dies keine Konstruktion ist, beweisen die Hss. selbst, dienbsp;aUe den Satz Bergers bestatigen, dafi es einen eigentlichen fran-zösischen Vulgatatext nicht gibt.^® Die bisher auf ihren Text hinnbsp;untersuchten Hss. sind allerdings aus spaterer Zeit, dem 8.-9. Jahr-hundert. Daher sind sie weitgehend mit einem anderen Text-typus, dem irischen, durchsetzt, der im Laufe des 7. Jahrhun-

!! nbsp;nbsp;nbsp;Kirchengeschichte, I 2 5off.

Hauck, I 241 f.

13 quot;R

.erger, op. cit., p. 65: «II n’y a pas, k proprement pari er, de textes tranf ais.»

o I u n z, Britannien und Bibeltcxt nbsp;nbsp;nbsp;c

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derts in den gallisch-frankischen Text eindrang. Für die vorher-gehende Zeit ist das Vorhandensein von Vulgataelementen vor allem in Südgallien anzunehmen. Das erwahnte Zusammentreffennbsp;römischer und spanischer Kultur in diesem Teil tritt sehr ein-leuchtend in der Hs. G in Erscheinung, deren Heimat bei Lyon zunbsp;suchen sein wird. Ihr Stammbaum mufi sehr weit in die frühestenbsp;Geschichte der Vulgata in Gallien zurückreichen, denn sie hat, oftnbsp;zusammen mit italischen Codices, zuweilen sehr gute Lesarten be-wahrt;

Mc. IX 2 ducit ïllos in montem excelsum seorsum solos vuig. und MGBKVWvg, (andere haben .. . solus)-, Lc.VI 7 ut inveni-rent accusare ilium vuig. und AFMJYGQ, alle anderen undenbsp;{accusare ilium); XI 8 om et ille si perseveraverit pulsans vuig.nbsp;F J M P Y G Ep B*; XIX 3 7 turbae discentium M G (Ep) und vuig.;nbsp;Jo. III 20 qui mala agit vuig. F M Ep G I; VI 23 gratias agentenbsp;domino vuig. ff‘=2 G V ; XXI 2 3 si sic eum volo manere vuig. M G V.

Wenn so der Vulgatabestand der Hs. sicher nachweisbar ist, so enthalt sie andererseits ein sehr starkes altlateinisches Element, da.snbsp;stellenweise, so in Mt. (= g^) oder im Anfang von Mc. und Lc.,nbsp;ganz rein zutage tritt;

Lc. V 20 dixit, homo . . . ; dixit homini. . . eablqrcG; remit-tuntur : remissa sunt abff2l(q)rG; 23 peccata tua ahcff^lqr öGCTDX; II 15 loquehantur ad invicemdicentes eabffalqrnbsp;GL; VIII 23 descendit procella venti in stagnum : om in stagnumnbsp;eblqG; usw.

Es ist nicht ausgeschlossen, daH dieser starke altlateinische Ein-schlag in G in SüdgaUien hineingekommen ist, aber wahrschein-licher ist, worauf auch der Text der übrigen biblischen Bücher weist, daB Wirkung des frühen spanischen Textes mit seinen über-wiegend altlateinischen Lesarten vorliegt. Dazu stimmt auch dasnbsp;Auftreten von Konflationen in G, die eine Eigentümlichkeit spanischer Textbehandlung bilden;

Jo. XVII \ \ ad te venio -f- et iam non sum in hoe mundo et in hoe mundo sum G*adr, gr. D; Lc. XXIII 15 sed neque herodes innbsp;aliquo {sc. codice) remisit enim eum ad nos. nam remisi vos adnbsp;ülum GQ.

So stellt dieser südgaUische Codex einen typischen Mischtext dar, dessen Bestandteile klar voneinander geschieden werden kön-

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nen, da sie wenig verandert oder umgearbeitet worden sind. Das-selbe laBt sich nicht von den nordfranzösischen Hss. Bv (aus der Pariser Gegend? Berger, p. 92) und B (aus Fécamp) sagen. Hiernbsp;sind die verschiedenen Mischelemente inniger miteinander ver-bunden, und der groBe Prozentsatz irischer Lesarten tragt nichtnbsp;dazu bei, den Ursprung der einzelnen Varianten klarer hervortretennbsp;zu lassen. Doch ist nicht zu bezweifeln, daB auch hier die erstenbsp;Spur der Vulgata, die in Nordgallien sich bemerkbar machte, ausnbsp;Italien kam zusammen mit den italischen Mischtexten;

Mt. XV 15 om istam BX; Lc. I 80 in deserto : in desertis vett Z J C T B Bv L Q R K Mr V W vg; III 13 quam -f- quod (constitutumnbsp;esi) vett ZJMPXTGB Bv D K Mr V WI vg; II 12 koc esinbsp;ZOX*BBv; 15 pastoresvero ZOBBv; XI 28 quippini ¦. qui-nimmo : ó Z J B* K V W vg; Jo. Ill 6 caro est -|- quia de camenbsp;natum est.,. spiritus est quia deus spiritus est et ex deo natus estnbsp;Z* Bv B O Q (X).

Schon verschiedentlich war im Vorstehenden auf den irischen Vulgatatext zu verweisen, der insbesondere den frühen frankischennbsp;T)qjus beeinfluBt hat. Er hat darüber hinaus auf jede der bishernbsp;besprochenen Textformen in verschieden hohem MaBe gewirkt.nbsp;Mit den von den britischen Insein ausgehenden rehgiösen Be-wegungen war das Schicksal des Vulgatatextes aufs engste ver-bunden, denn das klösterliche Ideal, das sich auf das praktischenbsp;Leben bezog, und die organisierende Missionstatigkeit waren nichtnbsp;die einzigen Gaben, mit denen Iren und Angelsachsen nicht nurnbsp;ihr eigenes Land, sondern fast ganz Westeuropa beschenkten.nbsp;Neben oder hinter dieser an die Oberflache tretenden Wirkungnbsp;steht das, was sie an rein geistigen und kulturellen Werten demnbsp;Abendland übermittelten.

Das irische Mönchswesen und der Vulgatatext

Mit der Einführung des Christentums in Britannien und Irland (4. Jahrhundert) entstand auf der von den Wechselfallen der kon-tinentalen Geschichte unberührten Insel Irland ein Zentrum fürnbsp;die Tradition und Weiterentwicklung der hohen Kultizr, die sichnbsp;um 400 in der abendlandischen Kirche herausgebildet hatte. Dienbsp;innere Verfassung der iro-schottischen Earche war ganz dafür

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geeignet, diese zum Trager und Konservator einer Kultur werden zu lassen. Sie war eine monastische, eine Klosterkirche, die zwar des Episkopats nicht entbehrte; aber die bischöfliche Gewaltnbsp;war der des Abtes nur nebengeordnet. Der Bischof war gewöhnlichnbsp;Abt eines Klosters, und die übrigen Klöster waren von ihm weit-gehend unabhangig. Sie bildeten die Zeilen, in die die christlich-wissenschaftliche Bildung sich vor dem angreifenden Germanen-tnm gerettet hatte, und aus denen sie als Frucht einer zweihundert-jahrigen Entwicklung dem Festland wieder zugute kommen sollte.nbsp;Die alten Klöster wie Emly in Munster oder Armagh in Ulsternbsp;wurden im 6. Jahrhundert die Ausgangspunkte für neue Kloster-gründungen. Hier treten irischer Geist und die regsame Lebens-kraft der irischen Kultur zum erstenmal ins Licht der Geschichte,nbsp;und es zeigt sich, wie seit der Gründung dieser Kirche ihre ganzenbsp;Energie auf Vertiefung, nicht aber auf Verbreiterung gerichtetnbsp;war. Eine tiefe Frömmigkeit und Weltabgewandtheit ohne allenbsp;steife und verknöcherte Askese veranlafite die Klostergründungennbsp;zwischen 540 und 560 und beseelte die Mönche in diesen Klöstern.nbsp;Der Urheber der neuen asketischen Bewegung ist Finnian, Abt vonnbsp;Clonard, der Vater der zwölf Apostel Irlands; der bedeutendstenbsp;Missionar sein Schiller Columba von lona. Unter ihm entstehennbsp;die Klöster Derry, Clonmacnoise, Durrow, Clonfert. Seine Genossen Ciaran, Comgell, Brendan unterstützen ihn. Seine wichtigstenbsp;Gründung ist die des Klosters Hi (Iona) 563, das zum Zentrumnbsp;der Christianisierung Schottlands und selbst Nordhumbriens wurdenbsp;zu einer Zeit, als die angelsachsische Kirche verwaltungsmafiignbsp;schon in Nordhumbrien festen Fufi gefafit hatte. Auch mit dernbsp;Klirche von Wales, die als einzige sich nach den Angelsachsen-einfallen noch gehalten hatte, standen die irischen Mönche vonnbsp;lona und Irland aus in Verbindung. Ihre Rolle war dabei stets dienbsp;der Gebenden. In den irischen Klöstern wurden die klassischennbsp;Schriftsteller eifrig studiert. Von dieser Tatigkeit zeugen die erhal-tenen Hss. Überall, wo Beda britische Mönche und Bischöfe nennt,nbsp;deutet er auf ihre Gelehrsamkeit und ihre Belesenheit in der Heiligen Schrift hin.i* Von der Starke der religiösen Bewegung in Ir-

Hist. Eccles. (Migne 95) II 2 bei Gelegenheit der ersten Begegnung Augustins mit den Briten: „venerunt . . . septem Brittonum episcopi etnbsp;plures viri doctissimi,quot; und so öfter.

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land im 6. Jahrhundert gibt eine Notiz Bedas eine Vorstellung, die erzahltjis dafi im Kloster Bangor (Wales) über 2000 Mönche waren,nbsp;so dafö man zur Teilung des Klosters in sieben Unterklöster schrei-ten mufite. So erklart sich die grofie Zahl der gleichzeitigen Neu-gründungen.

Was die irischen Mönche aber zum Wandern — und damit verband sich fast zwangslaufig das Christianisieren und Kolonisieren — trieb, war ihr asketisches Ideal. Fern von der Welt derBetrach-timg, Bufie und Wissenschaft zu leben, steilten sie höher als jedenbsp;aufiere Form und selbst als das Zusammenleben in Klöstern.i® Fürnbsp;ein geordnetes, organisiertes Gemeinwesen waren diese Eigenschaften nicht wünschenswert, und die Klagen angelsachsischer undnbsp;frankischer Mönche über die Disziplinlosigkeit der Iren, die auchnbsp;in Konzil- und Synodalbeschlüssen ihren Niederschlag finden, sindnbsp;vom Standpunkt derer, die eine straffe Zusammenfassung der kirch-lichen Organe wünschten, wohl verstandlich. Aber gerade in dernbsp;unorganisierten Planlosigkeit der Iren liegt ihre Starke und ihrnbsp;schneller, wenn auch nicht nachhaltiger Erfolg. Sie wollten nichtnbsp;bekehren; aber man fafite zu ihnen Vertrauen, kam zu ihnen undnbsp;bat um Aufnahme. Sie wirkten durch ihr Beispiel mehr als durchnbsp;systematische Bekehrungssucht, so Columbanus in Anegray undnbsp;Luxeuil und Aidan in Nordhumbrien. Von diesem sagt Beda aus-drücklich:!^ „Cuius doctrinam (exemplum eius) maxime commen-dabat omnibus, quod non aliter quam vivebat cum suis, ipse doce-bat,“ und sehr treffend schildert er seine by-the-way-Methode dernbsp;Bekehrung, die keinen Zwang auferlegte, der es nicht auf die Zahlnbsp;der Getauften, sondern auf völlige innere Umkehr und Hinwendungnbsp;zu dem Ideal des gottgefalligen, der Betrachtung und der Wissenschaft ergebenen Lebens ankam: „Nil enim huius mundi quaerere.

Hist. eed. II 2.

Die mannigfachen Anspielungen zeitgenössischer Schriftsteller auf die „ consuetude peregrinandiquot; der irischen Mönche sind bekannt, vgl.nbsp;H. Zimmer, „Keltische Kirche“ (Herzogs Protest. Realenzyklop.®, X 223!).nbsp;— Von Furseus, der nach Ostanglien gerat, sagt Beda, Hist. eed. Ill ig;nbsp;„Supervenit de Hibernia vir sanctus, nomine Furseus, verbo et actibusnbsp;clarus, sed egregiis insignis virtutibus, cupiens pro Domino, ubicumque sibinbsp;opportunum inveniret, peregrinam ducere vitam.“

Hist. eed. III 5.

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nil amare curabat . . . Discurrere per cuncta et urbana et rustica loca, non equorum dorso, sed pedum incessu vectus, nisi si maiornbsp;forte necessitas compulisset, solebat: quatenus ubicumque aliquosnbsp;vel divites vel pauperes incedens aspexisset, confestim ad hos diver-tens, vel ad fidei suscipiendae sacramentum, si infideles essent, in-vitaret; vel si fideles, in ipsa eos fide confortaret, atque eleemosynasnbsp;operumque bonorum executionem, et verbis excitaret et factis. Innbsp;tantum autem vita illius a nostri temporis segnitia distabat, utnbsp;omnes qui cum eo incedebant, sive adtonsi, seu laici, meditari de-berent, id est, aut legendis Scripturis, aut psalmis discendis operamnbsp;dare.“ So mufi der Sinn für literarisch-wissenschaftlicheTatigkeitnbsp;in Verbindung mit der Kenntnis von Sprachen und Hss. bei dennbsp;irischen Mönchen überall gewirkt haben. Auf diese allmahliche,nbsp;friedliche Art wurde von Iona aus das Gebiet der Nord- und Süd-pikten dem Christentum erschlossen, und als Columba 597 starb,nbsp;war das Land nördlich der Linie Glasgow-Edinburgh christlich undnbsp;mit Kdöstern besetztd® In Nordhumbrien war zu Anfang des 7. Jahr-hunderts von dem römischen Mönch Paulinus das Christentum ge-predigt worden. Aber die heidnischen Rückschlage, die unterKönignbsp;Penda von Mercien erfolgten, machten es nötig, dafi der 635 ausnbsp;dem Exil zurückkehrende König Oswald von Nordhumbrien sichnbsp;nach Iona wandte mit der Bitte um Hilfe und Beistand bei der Be-kehrung seiner Untertanen. Nun griindete Aidan aus Iona dasnbsp;Kloster Lindisfarne und schuf damit einen Stützpunkt für die Ver-breitung des Christentums in Nordengland unter dem EinfluS dernbsp;irischen Kultur.

Hinter diesen wenigen historischen Tatsachen erhebt sich als tragende Macht die Stofikraft und die überlegene Höhe desnbsp;irisch-christlichen Geistes, der auch von den Angelsachsen bereit-willig Oder unwillkürlich anerkannt wurde und für sie muster-gültig war. Die irischen Mönche erhielten gewaltigen Zuzug, mannbsp;begehrte Zucht, Belehrung und Unterricht von ihnen; Beda ist da-für ein zuverlassiger Zeuge.^^

H. Zimmer, 1. c., p. 227 f.

H. e. Ill 3: „Exin coepere plures per dies de Scottorum regione venire Brittaniam atque illis Angloram provinciis quibus regnavit rex Osuald,nbsp;magna devotione verbum fidei praedicare, et credentibus gratiam baptismi,nbsp;quicumque sacerdotali erant gradu praediti, ministrare. Construebantur

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Von der Missionstatigkeit der Iren kann ihr Einflufi, der sich auf dem Festland auswirkt, nicht getrennt werden. Es gibt hiernbsp;keine grundsatzlichen Unterschiede. Die lange Abgeschlossenheitnbsp;des britisch-irischen Christentums war seiner inneren Entwicklungnbsp;nur dienlich gewesen; die Fundamente wurden gelegt für dennbsp;Bestand an gelehrter Hterarischer Bildung, der den aus innerennbsp;und aufieren Impulsen auswandernden irischen Mönchen das Über-mitteln ihres Wissens ermöglichte. In dieser Hinsicht ist ihre Wir-kiing bei den Pikten und Angelsachsen wie bei den Franken die-selbe gewesen. Des groBen Columbanus frühes Leben stand durch-aus nicht im Zeichen der Mission,sondern schon in seiner Heimatnbsp;Leinster, dann im Kloster Banchor (Ulster) war seine Sehnsucht,nbsp;sich selbst auszubilden, sich an geistigen Schatzen zu bereichernnbsp;und sein Inneres zu vertiefen. Der unmittelbare Zweck seinernbsp;Reise war, in die Einsamkeit zu entfliehen.^i Die Zu.stande, dienbsp;er nach seiner Landung in der Bretagne im frankischen Reichnbsp;vorfand,22 weckten bei ihm nicht den Wunsch zu reformieren.nbsp;Seinem Ideale treu, wanderte er mit seinen Gefahrten nach Bur-gund, WO er sich in der Wildnis der Vogesen, in Anegray, 590 nie-derliefi. Er suchte nur das eigene Bedürfnis zu befriedigen; nachnbsp;der Welt, der Kirche, der Erlaubnis des Bischofs von Besan9onnbsp;fragte er zunachst nicht. Dafi ihm hier die frankischen Mönche,nbsp;von Wifibegier und der Neigung zur Askese getrieben, und vonnbsp;seinem Beispiel und Ruhm angelockt, zuliefen,^» geschah ohnenbsp;sein eigenes Zutun. Er war durch die Umstande zu den Neugrün-ergo ecclesiae per loca, confluebant ad audiendum verbum populi gaudentes,nbsp;donabantur munere regio possessiones, et territoria ad instituenda mona-steria, imbuebantur praeceptoribus Scottis parvuli Anglorum, una cumnbsp;maioribus studiis et observatione disciplinae regularis. Nam monachi erantnbsp;maxime qui ad praedicandum venerant.“

20 nbsp;nbsp;nbsp;Vgl. Hauck, Kirchengesch.^, I 263.

21 nbsp;nbsp;nbsp;Von seinem kontinentalen Aufenthaltsort aus schreibt er (MG. Epp.nbsp;III 163): „. . . de loco deserti, quem pro domino meo lesu Christo denbsp;trans mare expetivi.“

Vgl. Jonas V. Bobbio, Vita Columbani cap. V (MG. Script, rer. Mer. IV, 1902, p. 71).

23 Columbani Vita, 1. c., p. 76: „Ibi residens vir egregius, monasterium construere coepit (= Anegray), ad cuius famam plebes undique concurrerenbsp;et cultui religionis dicare curabant, ita ut plurima monachorum multitudo

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dungen Luxeuil und Fontaine gezwungen. So wurde er unwillkür-lich zur Autoritat in Fragen des religiösen Lebens. Für seine Mönche batte er eine Regel auszuarbeiten, dem Lebenswandel dernbsp;Grofien des Reiches und des königlichen Hofes batte er eine Normnbsp;zu setzen. Es ist ganz folgerichtig, daö diese Norm sein eigenesnbsp;Lebensideal war, dafi der Weg dazu Askese, Bufie, strenge Vor-scbriften und Straten waren, dafi er bei der Durchführung seinernbsp;Plane keine Konvention anerkannte. Seinem auf das Innere undnbsp;die persönliche Rettung bedachten Streben gemafi handelte er,nbsp;als er Burgund verlassen mufite und mit einigen seiner Mönchenbsp;den Rhein aufwarts und über die Alpen zog, um sich in Bobbionbsp;niederzulassen und bis zum Ende (615) seinem Ideale zu leben.

Auf wie weite Kreise das Beispiel seines Lebens und Werkes Einflufi hatte, zeigt die frankische Kirchengeschichte des ausgehen-den 6. und 7. Jahrhunderts und noch in spaterer Zeit. Man gewinntnbsp;den Eindruck, dafi der irische Einflufi auf dem Festland genau wienbsp;der Columbas von lona oder der Aidans in Nordhumbrien viel mehrnbsp;von der Persönlichkeit der Beteiligten als von der zwingendennbsp;Macht ihrer Lehre oder ihres Systems ausging. Persönliche Bandenbsp;vereinigen Columbanus mit denen, die spater für die Propaglerungnbsp;seines Klosterwesens tatig sind. Seine persönlichen Schüler odernbsp;Genossen waren Gallus, der die erste Zelle für das spater zu sonbsp;hoher Blüte gelangende St. Gallen gründete; Bertin, der spaterenbsp;Abt von Sithiu, und Eustasius, sein Nachfolger in Luxeuil; undnbsp;wenn den Namen eines Fridolin, der als Gründer von Sackingen,nbsp;und Trudberts, der als Stifter von Klöstern im Breisgau genanntnbsp;wird, eine historische Basis zugrunde liegt, so haben diese Mannernbsp;sicherUch mit Luxeuil in Verbindung gestanden. In Bregenz undnbsp;am Züricher See hat Columbanus noch persönlich gewirkt. Auchnbsp;im Norden ist das Beispiel der Iren nicht ohne Nacheiferung ge-blieben. Der erste Abt von Corbie kommt aus Luxeuil. Mit Columbanus befreundete Grofie des frankischen Reiches gründen Klöster,nbsp;in denen ihre Angehörigen Abte werden, die nach Columbans Regelnbsp;leben.^t den Diözesen Trier, Maestricht, Thérouanne kommen

adunata, vix unius caenubii collegio sistere valeret.“ Auch in der Vita S. Galli, MG. Scriptt. II 6, heifit es ahnlich von Luxeuil mit dem Zusatz, dafinbsp;„mirum in modum ibi crescebat regularis vitae origo“.

2* Hauck, p. 29211

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viele neue Ellöster auf. Die Diözesen Besan9on, Reims und Paris werden mit Klöstern übersat, in denen der irische EinfluÊ nach-weisbar ist. Am Ober- und Niederrhein entstehen die „Schotten-klösterquot;, andere, schon bestehende mönchische Niederlassungen ge-raten unter irische Verwaltung und werden von irischen Mönchennbsp;bezogen. In der Diözese Le Mans sollen um die Mitte des 8. Jahr-hunderts 36 Klöster bestanden haben und etwa 60 im Sprengelnbsp;von Vienne.25 An diesem gewaltigen Aufschwung monastischennbsp;Lebens haben die vielen Nachfolger Columbans einen grofien Anted, irische Mönche, deren Namen nur selten bekannt sind, wienbsp;Furseus, der nach Lagny an der Marne kommt, und an dessen Be-grahnisort das berühmte Kloster Péronne (Peronna Scottorum)nbsp;gegründet wird.^s Es gibt im 7. Jahrhundert keinen hervorragen-den Ort, der nicht mit dem irischen Mönchswesen in Verbindungnbsp;stünde. So bekannt und selbstverstandlich ist die Erscheinung dernbsp;Iren auf dem Festland, dafö es in der Geschichtschreibung der spa-teren Zeit nicht ungewöhnlich ist, die Christianisierung des Fran-kenreiches einfach den Iren zuzuschreiben.^^ Da aber, wo ihre

Über die Verbreitung irischen Klosterwesens und irischer Kultur auf dem Kontinent ist zu vergleichen Haucks erster Band. Dazu H. Zimmer, Über die Bedeutung des irischen Elements für die mittelalterlichenbsp;Kultur (PreuBische Jahrbücher 1887, 27 ff.); W. Schultze, Die Bedeutungnbsp;der iro-schottischen Mönche (Zentralblatt f. Bibliothekswesen VI 1889);nbsp;Gougaud, L’oeuvre des Scotti (Revue d’hist. ecclés. 1908, 2iff.); ders., Lesnbsp;chrétientés celtiques (Bibl. de 1’enseignement de 1’hist. ecclés., Paris 19 ii);nbsp;W. Levison, Die Iren und die frankische Kirche (Hist. Zeitschr. 109, 1912);nbsp;P. W. Finsterwalder, Wege und Ziele der irischen und angelsachsischennbsp;Mission im frankischen Reich (Zeitschr. f. Kirchengesch. N. F. 10, 1928,

203 ff.).

L. Traube, Peronna Scottorum (Sitzungsber. hist.-phil. KI. d. Mün-chener Ak. 1900, 529ff.).

Beispiele dafur sind zahlreich. Z. B. Vita S. Galli auctore Wettino (Mg. script, rer. Mer. IV 257): „Cum de remotis partibus mundi arbiternbsp;orbis lumen nostratibus refulgere disposuisset, praedictus vir, terrena dis-piciens ac caelestia quaerens, cum . . . fratribus, qui electio quaedam Sco-ticae gentis erant, relictis habitis cunctis, Christum secutus est.“ Nochnbsp;^tlicher in der Vita Burchardi (12. Jahrhundert), MG. Scriptt. XV 52:nbsp;” tarnen otiose pretereundum . . ., qualiter a solis ortu usque adnbsp;occasum fulgur evangelie! iubaris parens insulas occiduas in tantum illu-raverit, ut radiorum suorum resplendoribus etiam nostrarum partium cali-gines solem iustitiae notificando fugaverit, dum Scotia, quondam bruta,

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Leistungen im richtigen Licht erscheinen, oder wo man in ihnen nicht nur Störenfriede sieht, die in die imS.Jahrhundertselbstandignbsp;und stark gewordene frankische Kirche eingreifen wollen,^8 wirdnbsp;eine Seite an ihnen besonders geschatzt, dieselbe, der auch Bedanbsp;seine Achtung zollte, ihre Gelehrsamkeit.^® Die Übermittlung dernbsp;Bildimgsschatze, über die sie verfügen, mag spateren Generationen,nbsp;denen das asketische Ideal ferner stand, als der hervorragendstenbsp;Zug irischen Geistes erschienen sein. Man sucht sie nun in ihrernbsp;Heimat selbst auf, um bei ihnen in üiren eigenen Klöstern zu stu-dieren. So hat sich Agilbert, spater Bischof von Paris, um dienbsp;Mitte des 7. Jahrhunderts „legendarum gratia scripturarumquot; innbsp;Irland aufgehalten.®® Der Zuzug nach Irland mufi sehr bedeutendnbsp;gewesen sein. Die irischen Mönche nahmen jeden, der zum Studium der heiligen Bücher kam, gastfreundlich auf, versahen ihnnbsp;mit den notwendigen Büchern und erteilten ihm unentgeltlichennbsp;Unterricht.81

Die Verbreitung des irischen Elements und die eigentümliche Art seiner Einwirkung auf andere Kulturkreise erklart, wie dernbsp;typisch irische Vulgatatext sich auf dem Kontinent so sehr ent-falten konnte. Man mu6 annehmen, da6 schon mit Columbanusnbsp;irische Texte nach dem Festland gelangt sind, obwohl irische Bibel-nunc in Christo prudentissima, nobis lumen nostrum primitivum destinavitnbsp;Kylianum, Burgundis Columbanum, Alemannis Gallum, Anglia vero uni-versae Germaniae magnum Bonifacium.“

Vgl. Bonifatius an CuÖberht, MG. Epp. Ill 354!. Konzilbeschlüsse, etwa Mansi XIV 102, canon xliii. Bestimmung zur Beseitigung vagierendernbsp;Mönche (unter denen Iren gemeint sind?) in den Capitularien Karls desnbsp;Grofien, MG. Capitularia I. Columbanus mufi seine frankischen Glaubens-genossen um Toleranz bitten, MG. Epp. Ill 164: „Nolite nos a vobis alie-nos reputare; unius enim sumus corporis commembra, sive Galli, sivenbsp;Britanni, sive Iberi, sive quaeque gentes.“

Bekannt ist, wie sehr Karl der GroBe sie deswegen schatzte, vgl. Einhard, Vita c. 21 (MG. Scriptt. II 455). Alkuin im Brief an die irischennbsp;Mönche, MG. Epp. IV 437: „ Antique tempore doctissimi solebant magistrinbsp;de Hibernia Britanniam, Galliam, Italiam venire et multos per ecclesiasnbsp;Christi fecisse profectus.“ Der St. Galler Mönch (MG. Scriptt. 11 731)nbsp;nennt sie „viros et in saecularibus et in sacris scripturis incomparabiliternbsp;instructosquot;.

3® Levison, Hist. Zeitschr. 1912 (Bd. 109, p. 5).

31 Beda, H. e. III 27.

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Hss. aus dieserZeit auf dem Kontinent nicht erhalten sind. Aber es fanden jedenfalls Bücher den Weg von Irland nach Gallien undnbsp;Italien, wie das Antiphonarium Benchorense im Kdoster Bobbio,nbsp;das im 7. Jahrhundert dort (und auch in Gallien) in Gebrauch warnbsp;xmd aus Banchor (Ulster) stammt, zur Genüge beweist.^a VonCo-lumbanus ist bekannt, dafi er sich wenigstens in seiner Jugend mitnbsp;dem Kopiëren von Büchern befafite. Vielleicht setzt die Periode, innbsp;der die Iren besonders auf literarischem Gebiet im frankischennbsp;Reiche wirken, erst mit dem 8. und 9. Jahrhundert ein, als irischenbsp;Mönche von den Danen aus ihrer Heimat vertrieben wurden. Sienbsp;fanden nun in der karolingischen Zeit eine beginnende Gelehrten-kultur oder wenigstens die Aufnahmefahigkeit für gelehrte Studiënnbsp;vor. Sie verbreiteten damit nicht mehr ihr asketisches Lebensideal,nbsp;für das sie keine Aufnahmebereitschaft mehr gefunden hatten, son-dern sie konnten nun als Gelehrte, die sich mit dem Bibeltext be-fafiten und zu seinem Verstandnis anleiteten, auf den frankischennbsp;Klerus ein wirken. Man braucht nur an die Iren zu erinnern, dienbsp;mit Alkuin und Karl dem GroBen in Verbindung standen, wienbsp;Joseph Oder Dungal von St. Denis, an die beiden Wandermönche,nbsp;die an seinem Hof ihre Weisheit feilboten. Der Leiter der Hof-schule unter Ludwig, Clemens, war vielleicht einer der beiden. Innbsp;Cambrai, Reims, Soissons, Laon, Lüttich, Reichenau, St. Gallennbsp;lassen sich Schottenkolonien nachweisen.®* Was immer sie auf demnbsp;Gebiet der Philologie leisteten, ihr Unterrichten an den frankischen Schulen diente letztlich der biblischen Wissenschaft, dernbsp;;gt;scientia litterarum“.34 Ihr kam ihr grammatisches und exegeti-sches Wissen und ihre Kenntnis des Griechischen zugute, die ihnen

Levison, p. 5.

V. Schubert, p. 727ff. L. Traube, Vorlesungen und Abhandlungen I 1909 (zur Palaographie und Hss.kunde); Iligii (Lat. Phil, des MA.);nbsp;ders., O Roma nobilis (Abhdl. d. hist.-phil. KI. d. MUnch. Ak. 1891, 297 ff).

Dem diente die Wissenschaft, soweit sie sich mit Philologie und Literatur irgendwie beschaftigte, allgemein. Letztes Ziel war durch dienbsp;Exegese hindurch das Erfassen des tiefsten Sinnes der Heiligen Schrift,nbsp;gh z. B. Aldhelm (an einen Schüler, zitiert von Wilhelm von Malmesbury,nbsp;esta Pont. Angl. V, Migne 179, col. 1623!): „Si quid vero praetereanbsp;saecularium litterarum nosse laboras, ea tantummodo causa id facias, utnbsp;quomam in lege divina vel omnis vel pene omnis verborum textus artisnbsp;oninino ratione grammaticae consistit; tanto eiusdem eloquii divini pro-

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in dieser Zeit als Monopol zugeschrieben werden mufi; denn die Kenntnis der griechischen Sprache, die um 700 in England durchnbsp;Theodor und Hadrian vermittelt worden war, hat fiir den Kon-tinent keine Bedeutung gewonnen. Da, wo im Frankenreich Manner, die Griechisch verstehen, angetrofien werden, lafit das sichernbsp;auf Schulung durch einen Iren schliefien.^s

Trotzdem geht die typische insular-irische Schrift vom Ende des 8. Jahrhunderts ab zurück. Die St. Galler libri scottice serif tinbsp;werden ausdrücklich im Gegensatz zur frankischen Schrift so be-zeichnet. Auf die Verwaltung, die Methode, das System der Schu-len batten die Iren keinen EinfluS, obwohl sie in so groSer Zahlnbsp;lehrend tatig waren. Sie wirken innerhalb des Rahmens der karo-lingischen Kultur rein persönlich als die hervorragenden Anregernbsp;und Lehrer. Was sie unter den Karolingern der frankischen KIrchenbsp;zu geben vermogen, wird von dieser restlos assimiliert und demnbsp;frankischen Geist angepabt. Die Iren bringen ihre Hss. auf dennbsp;Kontinent; aber sofort werden sie in das frankische Milieu hin-eingezogen und in frankischer Schrift kopiert, ohne dafi aller-dings die typische Textform verschwindet.^s In der vorkaro-lingischen Zeit aber haben die Iren einen wesentlichen Antednbsp;an der festlandischen Kulturentwicklung. Die zahlreichen Klo-stergründungen unter Columbanus und seinen Nachfolgern be-deuten einen Umsturz in den kirchlichen Verhaltnissen. Ein neuernbsp;Geist halt Einzug, der das praktische Leben und das theoretischenbsp;Studium auf völlig neue Basis stellt. Der Vorrang, den Lerins,nbsp;Vienne und Arles im 6. und zu Anfang des 7. Jahrhunderts einge-fundissimos atque sacratissimos sensus facilius legende intelligas, quantonbsp;illius rationis qua contexitur diversissimas regulas plenius didiceris.quot;

Alkuin scheint Griechisch gekonnt zu haben (Manitius I 277) gegen Hauck n 139, Note 2. Walafrid Strabo hatte wahrscheinlich in St. Gallennbsp;von Iren Griechisch gelernt (v. Schubert 726).

Nur auf dem Gebiet des Kirchenrechts scheint das irische Element eine nachhaltigere Wirkung ausgeUbt zu haben, wie man aus dem Vor-handensein einer grofien Zahl von Hss. der Collectie Canonum Hibernensisnbsp;(ed. Wasserschleben® 1885) aus der zweiten Halfte des 8. Jahrhundertsnbsp;schliefien kann. Vgl. P. Fournier, Le Liber ex lege Moysi et les tendencesnbsp;bibliques du droit canonique irlandais (Revue celtique xxx 1909, 22iff.).nbsp;Doch scheint sich dieser EinfluB mehr auf die Bretagne als das Zentrumnbsp;des frankischen Reiches erstreckt zu haben.

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nommen hatten, mufite an Luxeuil abgetreten werden. So weit drangen die Iren nach Süden vor, und sogar in Spanien sind sienbsp;nachweisbar.38 Dafi es den Iren möglich war, eine so bedeutendenbsp;Stellung einzunehmen, ist überaus bezeichnend

1. nbsp;nbsp;nbsp;für den Tiefstand, auf dem das religiose und geistige Leben imnbsp;Frankenreich sich bef and,

2. nbsp;nbsp;nbsp;für die neuen Krafte, die das irische Mönchtum dem entgegen-zustellen batte, und

3. nbsp;nbsp;nbsp;für die Wurzeln, denen der irische Geist diese Krafte entnahm.

Punkt I ist schon gestreift worden. Knapp zusammenfassend gibt Gregor von Tours den kulturellen Zustand der alternden merowin-gischen Kirche wieder :39 „Decedente atque immo potius pereuntenbsp;ab urbibus Gallicanis liberalium cultura litterarum, cum nonnullaenbsp;res gererentur vel rectae vel inprobae, ac feretas gentium desaeviret,nbsp;regum furor acueretur, ecclesiae inpugnarentur ab hereticis, a catho-

In der Vita Columbani (MG. script, rer. Mer. IV 113) wird von Athala, dem spateren Schüler Columbans, erzahlt, dafi er in seiner Jugendnbsp;„dam a sodalibus progressus, duobus pueris contentus ad Lirenensemnbsp;coenubium venit; quo diu vitam degens, cum nequaquam cerneret regularisnbsp;disciplinae abenis ceteros colla submittere, coepit anxio animo trutinare,nbsp;quo potioris consilii aditus viam panderet. Progressus ergo inde, ad beatumnbsp;Columbanum Luxovio tenus venit. Quem vir sanctus cum ingenii sagacisnbsp;sollertem esse cerneret, suo ministerie iunxit hac in omnibus divinis monitisnbsp;erudire temptavit“.

Besonders in Galicien. F. E. Warren, The Liturgy and Ritual of the Celtic Church, Oxford 1881, p. 62, weist die Beziehungen zwischen Spanien und der britischen Kirche nach. Beda behauptet I 27, priscillianischenbsp;Bischöfe aus Spanien seien auf die Scilly-Inseln verbannt worden. Dasnbsp;Konzil von Lugo 596 erwahnt den britischen Bischofsitz Bretona in Gali-cien. Das Bragenser Konzil von 572 unterzeichnet auch ein britischernbsp;Bischof, und britische Unterschriften in den Konzilbeschlüssen lassen sichnbsp;1156 feststellen. Um 590 scheint die britische Osterberechnung innbsp;Spanien aufgetaucht zu sein, und das vierte Toletanum wendet sich gegennbsp;eine von der allgemeinen abweichende (britische?) Tonsur. Umgekehrtnbsp;finden sich Spuren mozarabischer Liturgie in keltischen Büchern.

Praefatio zur Hist. Franc., MG. script, rer. Mer. I 31. Als Ziel seines Werkes gibt er an: „Scripturus bella regum cum gentibus adversis, mar-tyrum cum paganis, ecclesiarum cum hereticis.quot; Überall tritt einem ent-gegen, wie sehr Gregor der Historiker einer vergangenen oder noch nichtnbsp;erblühten Kultur ist.

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lids tegerentur, ferveret Christ! fides in plurimis, tepisceret in nonnullis, ipsae quoque edesiae vel ditarentur a devotis vel nuda-rentur a perfidis, nec repperire possit quisquam peritus dialecticanbsp;in arte grammaticus, qui haec aut stilo prosaico aut metrico depin-geret versu: ingemescebant saepius plerique, dicentes; ,Vae diebusnbsp;nostris, quia periit studium litterarum a nobis, nec repperiretur innbsp;populis, qui gesta praesentia promulgare possit in paginis.‘“ Diesenbsp;Klagen waren begründet. Um so lebhafter wurden neue Kraftenbsp;willkommen geheifien. Nur die Anwesenheit und das Beispiel dernbsp;irischen Mönche war nötig, um die Frömmigkeit zu vertiefen undnbsp;zu verinnerlichen, um durch den BuBgedanken den Glauben zunbsp;einem tiefen Erlebnis zu machen, um die Formalbildung der EZleri-ker in denKlöstern so zu heben, dafi Mönche mit den höheren kirch-lichen Amtern betraut werden konnten.^® Im Zusammenhang damitnbsp;wird zum erstenmal in der Geschichte der Vulgata eine Textformnbsp;verbreitet in einem Umfang, an den keine der von Italien ausgehen-den Textformen heranreichte. In Irland nicht nur, auch in Gallien,nbsp;am Rhein, in St. Gallen, in Oberitalien, in Benevento und in Gali-cien gibt es wenigstens Spuren der irischen Vulgata.

Wie sich aber ein eigentümlicher Texttypus in der britischen Kirche überhaupt entwickeln konnte, erklart sich durch die Sonder-entwicklung, die die antike und klassisch-patristische Gelehrsam-keit und literarische Betatigung in Irland genommen hatten.

Der Übergang vom mythischen zum symbolischen Denken in der geistigen Orientierung des Abendlandes pragte sich in demnbsp;abgeschlossenen Inselreich sehr scharf aus. Alles begünstigte diesenbsp;Entwicklung; die abgegrenzte geographische Lage, die Unberührt-heit von der Zerstörungssucht germanischer Eindringlinge, einenbsp;keltische Bevölkerung, die mit Leidenschaft der einmal erkanntennbsp;Wahrheit folgte, sich dem neuen, christlichen Geist voll öffnete undnbsp;sich von ihm bilden lieS,*! und die die erarbeiteten Güter durch die

Hauck, I 299, zitiert Berchar von Montiérender, eine stark rheto-rische, aber doch charakteristische Stelle: „Quis locus non gaudeat ex beat! viri (= Columbani) disciplina rectorem habere pontificem vel abbatem,nbsp;cum constet ex huius virtute magisterii pene totum Francorum orbemnbsp;decretis regularibus fuisse primum decenter illustratum?“

Nur wo der Geist des Christentums und spezifisch christliche (Bibel-) Wissenschaft hingedrungen ist, kann man die symbolische Einstellung be-

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Lehrtradition weitervererbte. Die Abgeschlossenheit, die zunachst ein Ausstrahlen unmöglich machte, zwang zur Steigening im Innern,nbsp;gab der national und religiös verbundenen Gemeinschaft die Mög-lichkeit der individuellen Entwicklung. Wohin diese fuhrte, zeigtnbsp;nach der Öffnung des Landes der Zusammenprall mit Rom, dernbsp;Macht, die der Entwicklung des übrigen Westeuropa den Weg ge-wiesen hatte. Fast unwillkiirlich drangt die Sonderstellung dernbsp;irisch-keltischen Kirche zum Schisma. Nicht nur die Osterberech-nung, das Taufzeremoniell und die Art der Tonsur hatten sich innbsp;Irland in anderer Richtung entwickelt, sondern vor allem auchnbsp;die Denkweise, das Nationalgefühl, das wissenschaftliche Studium, das Mönchswesen, die kirchliche Organisation. Es ist dienbsp;nationale Sonderheit, die sich Augustin gegenüber förmlich als Hafinbsp;aufiert,42 und die sich erst im Laufe des 7. Jahrhunderts mafiigennbsp;lafit. Die Iren sind fest davon liberzeugt, dafi ihre Eigenart die ein-zig richtige ist. Sie treten für den Glauben, den sie sich erarbeitetnbsp;haben, hartnackig ein, weil er der organisierenden, auf das System,nbsp;nicht den Geist, auf den Buchstaben, nicht den Gehalt ausgehendennbsp;Geistesart der römisch-angelsachsischen Kirche widerspricht. Nie-obachten. Wahrscheinlich hat es hier auch bei den verschiedenen Standennbsp;und soziaien Schichten Unterschiede gegeben. Die Schicht der Gebildetennbsp;war der symbolischen, auf den transzendenten Sinn der Tatsachenweltnbsp;gerichteten Auffassung sehr leicht zuganglich; die Bibel und die patristischenbsp;Literatur vermittelte diese Auffassung. Die mythische, stofflich gerichtetenbsp;Auffassung ist demgegenüber volkstümlich und im Kern unchristlich. Sienbsp;halt sich im keltischen Volkstum sehr lange, was die britischen Mabinogion-Erzahlungen oder die irische Cuchulainn-Sage illustrieren mogen.

Bedas Erzahlung von der Begegnung Augustins mit den britischen Bischöfen, H. e. II 2, laSt durchblicken, daS die Gegensatze zwischennbsp;beiden Nationen nicht bloÊ rituelle waren, sondern daË sie auf mangelndemnbsp;gegenseitigem Verstandnis beruhten. — Um der Gefahr der Haresie, zunbsp;der Irland damals offensichtlich neigte, entgegenzutreten, schreibt Papstnbsp;Honorius 640 den von Beda II 19 mitgeteilten Brief an sie („Reperimusnbsp;quosdam provinciae vestrae contra orthodoxam fidem, novam ex veterinbsp;haeresim renovare conantes“). Er verhehlt seine Meinung nicht, daË dienbsp;Iren hinter der Entwicklung der allgemeinen Kirche zurück sind (odernbsp;eine andere Entwicklung genommen haben): „Et hoe quoque cognovimus,nbsp;quod virus Pelagianae haereseos apud vos denuo reviviscit . . ., qualiter . • .nbsp;^xecranda haeresis damnata est, latere vos non debet; quia non solum pernbsp;istos ducentos annos abolita est . . .“

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mand bringt diese selbstbewufite Stellung der irischen Kirche gegenüber allem, was ihrem Glauben fremd ist, besser zum Aus-druck als Columbanus in seinem Brief an den Papst, in dem er sichnbsp;nicht wegen seiner abweichenden Festberechnung rechtfertigt, son-dern der zeigt, wie völlig verstandnislos er den römischen Bestre-

bungen gegenübersteht.*^

Das irische Mönchtum ist an der Heiligen Schrift geschult. Das philologische und exegetische Studium dient ihrem Verstandnis.nbsp;Columbanus kommt es nicht auf die Worte der Bibel an, sondernnbsp;auf ihren Gehalt. Sie ist Führerin im Leben. Der Sinn ihrer Wortenbsp;gilt für den jetzigen Augenblick, für den gegenwartigen Menschen.nbsp;Das Evangelium dient dem praktischen Zweck der Ermahnung,nbsp;der Bufie, dem Innenleben, der Mission.^^ Darauf gründet sichnbsp;die Hochschatzung, die die Bibel in Irland genoS. Sie ist einenbsp;Zweckschrift, sie schreibt den Lebensweg vor. Anachoreten undnbsp;spatere Missionare Tbetreiben in den irischen Klöstern das studiumnbsp;divinarum litterarum, und vom Geist des Evangeliums inspiriertnbsp;ziehen sie über das Meer, um diesem Geist gemafi zu leben. Da istnbsp;kein Platz für Buchstabenglaube. Nur der Geist des Evangeliumsnbsp;wird beachtet; „Hieronymus et . . . Basilius . . . iuxta evangelicinbsp;vim dicti mores exponunt infantium . . . Unusquisque, quod arri-puit, servet; sed toti evangelium et utrique, acsi unius corporisnbsp;membra una consonantia, Christum omnium caput sequantur pernbsp;sua propria mandata, quae sunt ab eo ostensa in caritate et pacenbsp;perfecta esse. Quae duo perfici perfecte non possunt, nisi a verisnbsp;humilibus et ab unanimis, spiritalibus, Christi mandata complen-tibus. Domino ipso testante: Si diligitis me, mandata mea servate;nbsp;hoe est mandatum meum, ut diligatis invicem, sicut et ego dilexinbsp;vos; in hoe enim seient omnes, quia mei discipuli estis, si vos invieem

Columbanus an Gregor L, MG. Epp. III 157: „Quare ergo tu, tam sapiens, nimirum cuius clarissima per orbem, ut antiquitus, sacri ingeniinbsp;diffusa sunt lumina. Pascha tenebrosum colis? Miror, fateor, a te huncnbsp;Galliae errorem acsi scismaticum iam diu non fuisse rasum.“

Das Evangelium dient dem gegenwartigen Leben. Wir müssen es lesen, damit es seinen Zweck an uns erfülle, MG. Epp. Ill 168; „Evangelianbsp;plena sunt de hac causa (= dafi das christliche Leben schwer und reichnbsp;an Verfolgungen ist) et inde sunt maxime conscripta: haec est enim veritasnbsp;evangelii, ut veri Christi crucifixi discipuli eum sequantur cum cruce.“

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diligaiis.“Die Verschiedenheit in den Aufierlichkeiten und For-men ist nicht tadelnswert, sie lafit im Gegenteil die Einheit des Geistes um so deutlicher hervortreten: „Tune ergo potest certanbsp;esse unio animorum et pax et caritas per spiritum sanctum diffusanbsp;visceribus credentium, quando similiter mandata divina complerenbsp;omnes desiderant; nam quanta sit dissimilitudinis in actualibus stu-diis mensura, tanta erit pacis et caritatis inter imperfectos fic-tura.“*« Dafi die Anklange an Bibelstellen in diesen Aufierungen,nbsp;die von einem zweckbestimmten Geist inspiriert sind, keine wört-lichen Zitate sind, laSt der in ihnen herrschende Ton vermuten,nbsp;und der Vergleich mit dem Bibeltext bestatigt die Vermutung.^^nbsp;Damit scheint zur Genüge erklart zu sein, wie sich im irischennbsp;^Vulgatatext ursprüngliche, vorher nicht bekannte Varianten ent-wickeln konnten. Wo das Textstudium zum asketischen Leben er-ziehen soil, da wird das Bibelwort interpretiert, es wird aus einemnbsp;allgemeingültigen Wort zu einem auf den speziellen Fall über-tragenen, seine Bedeutung und Meinung, die vorher vielleicht aufnbsp;verschiedene Arten interpretiert werden konnte, wird spezifiziert,nbsp;eingeschrankt und damit gewandelt. Schon der vorhieronymiani-sche Text Irlands mufi so behandelt worden sein;*® denn dernbsp;irische Vulgatatypus geht zum grofien Teil auf diese alte irischenbsp;Version zurück. Daneben aber ist das Moment der gelehrten Kor-rekturtatigkeit, die sich mit dem irischen Text beschaftigt, nichtnbsp;zu vernachlassigen. Das Vergleichen mit altlateinischen und grie-

“ MG. Epp. ni i63f.

Ahnlich ib., p. 174: „Non enim apud nos persona, sed ratio valet: amor autem pacis evangelicae totum me dicere cogit.“

Man vergleiche etwa das in obigem Beispiel sich findende Zitat in hoe enim scient omnes, qni mei discipuli estis, si vos mvicem diligatis mit dernbsp;Bibelstelle Jo. XIII 35 in hoe cognoscent omnes quia mei discipuli estis, sinbsp;dilectionem habueritis ad invicem. Solche Textanderungen ergeben sich,nbsp;wenn eine bestimmte Inspiration hinter dem sprachlichen Gestaltungsdrangnbsp;dessen steht, der den Text zitiert.

A. Lawlor, Chapters on the Book of Mulling, Edinburgh 1897, daB der in Irland gebrauchliche vorhieronymianische Text ausnbsp;a n anischen, italischen und d-Elementen bestand. Neues Material für dienbsp;enntnis des der irischen Vulgata zugrunde liegenden alteren (altlateinisch-s^ischen?) Textes bringt H. C. Hoskier, Concerning the Genesis of thenbsp;ersions of the NT., London 1910, I 10911.

I u n z, Britznnien und Bibeltext nbsp;nbsp;nbsp;6

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chischen Hss. und das Ansammeln von Lesarten aus Parallelstellen tragen dazu bei, den irischen Vulgatatypus zu einem Mischtext zunbsp;machen. Aber gleichzeitig legt er Zeugnis ab von der originellennbsp;geistigen Eigenart seiner Trager.

Ihrer Herkunft nach können die irischen Vulgata-Hss. DEL Q R, die dem 8. und 9. Jahrhundert angehören, vielleicht so klassi-fiziert werden, dafi D R aus irischen Skriptorien stammen, Q ausnbsp;Schottland, L aus Wales, und daö E auf dem Festland geschriebennbsp;ist.^® Aber für die Textform gilt keine solche Einteilung. Die Zu-gehörigkeit zu einem Typus drangt sich bei naherer Betrachtungnbsp;der Lesarten allerorts auf. Doch geht diese nicht so weit, daB dienbsp;fiinf Hss. immer in ihren Varianten übereinstimmten. Die indivi-duelle Textbehandlung in den irischen Klöstern veranlafit vielmehrnbsp;haufige Abweichungen und Sondervarianten in der einzelnen Hs.,nbsp;die sich sonst nirgends wieder finden lassen.

Dem irischen T)^pus liegt guter hieronymianischer Text zu-grunde, wie Wordsworth-VTiite nachgewiesen haben. Zur Illu-strierung genügen einige Beispiele:

Lc. VI 37 dimittemini {¦. dimittetur vobts) vuig. DEpQX^CT BvHDMrWfqabffadóAiFGMYI; Vin46 nam et ego {¦. ora etnbsp;A‘= Y Z ..,) vuig. A* D E Ep Q R... 1 q b ffj; 52 non est mortua (omnbsp;puelld) vuig. AYO*XDEEpQR...ebff2fqró; XII 27 diconbsp;autem vobis (om quid) vuig. A Y F Ep Q R; Mc. VI 3 2 in navi vuig.nbsp;vett AYZ*DEEpLQROXlt;=...

Sehr oft gehen die irischen Hss. an einer strittigen SteUe aus-einander, so daB ein Teil die hieronymianische, der andere die nichthieronymianische Variante vertritt:

Lc. XV 7 paenitentiam hahente{m) vuig. D Q B G A Y O . . .: pae-^2few/2hOTa^m^éEREpZX*Bv©KMrVWvgvett; XVII 7 servvM vuig. AYEEpBvB ; D Q RHMr K vett; XXIInbsp;52 cum gladiis et fustibus vuig. D E* Ep R A Y Z... : -}- compre-hendere me E- Qffc,; Jo.I 15 quem dixi vobis A F H S Y Bv Epnbsp;G Q ... : om vobis Z B D E R .. .; VII 46 stout hic homo DEpR Anbsp;YV... : sicut loquitur hic homo E Q ZX* 0 KMrWff‘=2; XVIII 36nbsp;ministri mei decertarent R Ep Bv A Y... : ministri mei utique de-certarent it DEZOBH0KMrVWvg; etc.

Wordsworth-White, p. 706!.

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_ nbsp;nbsp;nbsp;83nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-

NichtliieronymianischeLesarten sind in erster Linie altlateinischen Einflüssen zuzuschreiben. Darin auBert sich die gelehrte, text-vergleichende Haltung irischer Mönche. Sie gehen auf alterenbsp;Codices zurück, weil sie dort einen besseren Text vermuten, abernbsp;auch weil die Lesarten dieses Textes schon spezifisch irisch sindnbsp;und damit die Anpassung an die irischen Bedürfnisse schon vor-genommen ist;

Lc. VI 11 facerent -f- de (tesu) b c ffj 1 q^DEp™s Q F P G ?

13 vocavit -j-aafjebcffjlqrDQG; 17 descendens : discendit. . . ^/belF2lqrQ; 45 bonus enim ab cflrDG; malum : malanbsp;b q D Ep“s G P F; VIII 42 0 turhis {comprimehatur) ut suf-focarent eum ff21 r D Ep™e; 47 latuit ilium bcffjflqDQW;nbsp;IX 5 supra : super ecffadDEQREp; XII 23 anima -f- enim ebnbsp;cdE, gr. nBDLMSX; corpusplus abffarERvg; 40 venit ¦.nbsp;venturus é'j/bif IqrDER; 43 inveneritnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;inveniet

D E Q R Ep“8 B; 45 in corde suo dicens b 1 q r D R; Jo. IV 3 iudeam terram ebffjlrDER; Mc.V 28 dicehat enim intra senbsp;a c ff2 i q L Q, gr. D K 11 i-Gruppe; VI 23 et iuravit illi multanbsp;ffj i q d L Q R, gr. D.

Andere nichthieronymianische Bestandteile waren schon in dem italischen Vulgatamischtext enthalten, der nach Irland kam undnbsp;dort überhaupt erst die Vulgata einführte:

Mc. VI 3 faher filius mariae : fabrifilius et mariae a b c gj e i r, X* 0“= T D Q R Ep B G 0 L; 13 aegrotos : aegros vett Z O C T E L Qnbsp;R Ep'ng B K Mr VW; IX 33 qui cum domi essent (: esset vuig.)nbsp;k b 1 Y C T D L Q R Ep B Hl 0 W ? @ Ê; Lc. I 68 redemptionemnbsp;plebis (: plebi vuig.) s^^ae it. J X D Q R L Ep^e Bv K Mr V W vg;nbsp;Mt. IX 18 dicens domine (om vuig.) Jilia mea it. Z E R Ep BH©nbsp;KMrVWvg; XXI 26 habent : habebant acg^fhq] OX* DELnbsp;Q R Ep 0 T W c © lt;3; XXIH 25 intus autem pleni estis (: sunt vuig.)nbsp;ecffifXCTDR0Wvg; etc.

Individuelle Züge treten in den irischen Hss. stark hervor. Sie lassen erkennen, wie Schreiber oder Gelehrte mit verschiedenernbsp;Einstellung zum Texte, verschiedenem Temperament und verschiedener Veranlagung aus verschiedenen Absichten heraus dennbsp;Text behandelt haben. Eine für sie typische Erscheinung ist dienbsp;Konflation; es werden zwei Lesarten für eine Stelle nebeneinandernbsp;in den Text gesetzt oder miteinander kontaminiert. Hier sind also

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verschiedene Lesarten bekannt gewesen, aber die Einsicht in die tieferen Zusammenhange, in den Vulgatatext, in die altlateinischenbsp;und griechische Lesart fehlte. Einige Beispiele dafür seien an-geführt;

Mt. XVIII 7 necesse est enim ut veniant scandala vuig.: necesse est enim venire scandala vett L R, die Konflation aus beiden necessenbsp;est enim ut venire scandala E. In Q sind solche Falie be-sonders haufig; Mt. VI i6 demoliunturnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;exterminant K'Pyi

C D H V . .., demuliuntur exterminant Q; XV 17 emittitur : re-cessit mittitur Q; XXI 31 primus : novissimus, aber primus \ei^ novissimus Q; XXIII 25 pleni sunt: pleni estis; pleni estis suntnbsp;Q; Mc. I 43 et comminatus ei statim eiecit ilium et inspiciens iesusnbsp;austri vultu eicit eum Q (die zweite Halfte ist freie Ubersetzungnbsp;des griechischen Textes); Lc. XXIII 15 nam remisi vos ad iliumnbsp;vuig. (: remisit eum ad nos)\ Q: „in alio sic: remissit earn ad vosnbsp;nam remisi vos ad illum“, wo die Verlegenheit des Schreibers sichnbsp;verrat, der nicht zu entscheiden wagt, welche Lesart die besserenbsp;und richtige ist.

Die zahlreichen Stellen, die nach dem Griechischen korrigiert oder neu übersetzt sein müssen, fallen auf und zeugen von der Ge-lehrsamkeit irischer Schreibermönche.^®

Hierher gehören schon so unbedeutende Anderungen wie Mt. II 3 cum Ulo : cum öö L R Ep“e B; 8 illos : eos D Q R Ep;nbsp;IV 25 i/e : 0 E Q REp“e; V 28 quoniam : quia DE LR. Abernbsp;auch wichtigere: Mt. II 16 pueros : infantes {rovg naldag) Q;fni-bus : regionihus (rolg ÓQioig) R; V 16 glorificent : magnificentnbsp;(doidacoaiv) E R; XII 18 bene placuit animae meae : bene conpla-cuit anima mea (svdoHrjoev 17 yjvx'q fiov) DELQR; XIII 28 colligi-mus : colligemus {avkU^ofiev einige gr.) JDE Q; XIII 35 per esaia^nnbsp;(om vuig.) prophetam R, gr. N* i-Gruppe; XIV 3 fratris sui phi-lippi (om. vuig., gr. D) D E Q R Ep”s ©, alle gr.; XVIII 15nbsp;lucratus es (: eris vuig.) QRCT, gr.; XXI 41 reddant : reddentnbsp;ER?§, gr. anoöóaovaiv, XXVII 55 0 longe videntes {aspicien-

5® In manchen Fallen mogen die Übereinstimmungen mit gr. durch die Vermittlung altlateinischer Hss. zu erklaren sein, so besonders J. H.nbsp;Bernard, The Vulgate of St. John (Hermathena IX 1895, p. 1830quot;.). Dochnbsp;kommt man ohne die Annahme direkter Einwirkung griechischer Hss. nichtnbsp;aus: Wordsworth-White, p. 714.

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tes) M D E L R 0, it, gr. alle. Ohne altlateinische Zeugen: Mt X 23 persequentur : persecuntur dR, gr. DA, Ferrar-Gruppe;nbsp;XIV 30 om validum R, n B* 33.; XXVI 50 amice ad quod veni-sti : amice fac ad quod venisti D Q, mlBverstandene Übersetzungnbsp;von êiaÏQE, èfp o na,Qsi (?); Mc. VI 40 in partes ; per singulas ariasnbsp;L, gr. TiQaaial ngaaial; XIV 44 caute : cum monitione L, anderenbsp;Übersetzung des gr.; XV 12 quid ergo vultis faciam regi -f- Hhnbsp;quem dicitis L, mit den meisten gr.; Lc. XI 37 ingressus -)- domumnbsp;R, langerer Zusatz (ei? r^v olmav. . .) in der Ferrar-Gruppe; Jo. IVnbsp;42 audivimus ab eo R, n i-Reihe.

Auch die vielen Interpolationen mit Parallelstellen aus den synoptischen Evangeliën und anderen Bibelbüchern sind auf ge-lehrte Textvergleichung zurückzuführen.

Etwa: Mt. I 25 primogenitum : unigenitum Q, aus Jo. I 14, 18, III 16, 18; II ^ per prophetamdicentem EDRB; III 5 -p omnisnbsp;(hierusalem) E; IV 25 hierosolymis et idumea E, aus Mc. III 8;nbsp;V 5 lugent -f- nunc DEER Ep Ye', aus Lc. VI 21; VII 4 -|- fraternbsp;EpR®’quot;’quot;W ? aus Lc. VI 42. In E finden sich sogar Quellen-angaben für solche ParaUelen im Text; Mt. XIX 18 non homi-cidium facies -f- „ut in deuteronomio“ E; XXI 42 numquam legi-stis in scripturis -f- „in psalmo“ E.

Anmerkung: Teils dem alten Urbestandteil des irisclien Textes, teils aber den gelehrten Korrekturen nach altlateinischennbsp;und griechischen Texten ist es zu verdanken, daB in der Entwick-lung der Vulgata jene Elemente, die ihre Verunreinigung be-wirken, auch dann nicht ausgeschaltet wurden, als der reine hiero-nymianische Text durch die Angelsachsen im nichtitalischen Europa bekannt wurde. Denn auch ohne lange Listen, die zeigen,nbsp;daB die griechischen Entsprechungen irischer Lesarten fast allenbsp;dem w-Text angehören,^^ stellen die oben angeführten Beispielenbsp;die Verwandtschaft des irischen Typus mit den altlateinischen Hss.nbsp;einerseits und griechischen Hss. (D 0 W, i-Gruppe, Ferrargruppe)nbsp;andererseits klar. Die wichtige RoUe, die der irische Vulgatatextnbsp;die f eigenden Jahrhunderte hindurch auf dem Kontinent gespieltnbsp;hat, machte ihn zu einem bedeutenden Faktor in der Entwicklung

Solche Listen sind zu finden u. a. bei Glunz, Lat. Vorlage der ws. Evangelienversion, p. 75!.

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auf einen feststehenden Text hin; selbst in der clementinischen Vulgata lassen sich irische Elemente erkennen. Dafö sie Lesartennbsp;des w-Textes sind, soil hiermit gezeigt werden.

Was dem irischen Texttypus aber seine Eigenart verleiht, sind nicht die Züge gelehrter Tatigkeit, sondern umgekehrt die volks-tümlichen, die neue Varianten und Abanderungen des Textes spon-tan entstehen lassen. Der Grund dafür ist die irische Art der Text-behandlung und -verwendung, die das Evangelium nicht so sehrnbsp;zum Tatigkeitsfeld phüologischer und exegetischer Bemühungennbsp;macht, als es vielmehr in den Dienst des praktischen handelndennbsp;Lebens stellt und es zum Buch werden laSt, das bei allen Gelegen-heiten Verwendung findet und den Gelegenheiten angepaBt werdennbsp;muB. So wird das Textwort nicht einfach kopiert, sondern haufignbsp;nur interpretiert, erklart, interpoliert, leichter einganglich gemachtnbsp;durch stilistische Umanderungen, Zufügen erklarender Zusatze usw.nbsp;Mit Partikeln wird sehr frei geschaltet:

Mt. IIII om autem DQT; VI 14 om et i^obis patei^ aDLR; ne videaris hominibus : ne videaris ah hominihus EEp^s; XII lonbsp;om et L; XIII 2 3 om porro E Q; 3 2 om quidem Q; XVI2 5 autemnbsp;:nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;R; XIX 12 om sic L; 21 vade et (om vuig.) vende omnia quae

habes ffiELREp; XXI 8 de arboribus : arborum D; XXIII 34 om ecce R; XXVI53 et exhibehit mihi\ ut exhiberet mihi Q; 66 om atnbsp;illi L; XXVII40 salva autem Q; etc.

Daneben sind Zusatze und Auslassungen (des Verbums substan-tivum, eines Pronomens, erganzenden Substantivums) zur Glattung und besseren Verstandlichkeit der Sprache haufig:

Mt. II8 cum inveneritis -f- eum DELQREp”®; III xq et ecce vox-Y facta estTi', VIII6 in domo f mea DL; XI 25 om paternbsp;(domine caeli) D; XVI12 quia non dixerit cavendum a fermentonbsp;panum : . .. cavete a fermento ... LQR; XVII17 ait-\- illis E;nbsp;XXII4 altilia 'gt;nea R; XXVI9 multo : praetio magno Q REp”E;nbsp;Mc. 15m iordane flumine : in iordanis flumine DER vg; XV inbsp;tradiderunt-Y eum Q; Lc. I 26 cui nomen er at DMr; III17 tri-ticum 4* suum R; XIV 22 et adhuc locus est: et adhuc locus vacatnbsp;D; XVI16 iohannen -Y et T)Q Mr; XVII35 duo -f- erunt {in agró)

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~ nbsp;nbsp;nbsp;87nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;-

Q; XXI7 signum nbsp;nbsp;nbsp;D; Jo. 133 sed is {qui) q D R; 47 ecce

vere israhelita ; ecce mr israhelita DER Ep™*; IV 8 emerent -f- sibi D R; VIII3 adducunt autem ad eum D Mr; XI g iesus -f- et dixitnbsp;eis cE; 42 circumstat \ circumstant R; XVIII35 respondit pilatusnbsp;-)- et dixit E; XXI 20 vidit discipulum sequentem je D; XIX 7nbsp;filium dei se fecit:... dicit D*; Lc. V 29 illis : Ulo D Q; VI i cumnbsp;pertransiret iesus QEpF; XII 35 ar dentes in manihus vestrisnbsp;c E W vg; XXII3 6 qui non habet gladium D E Q R sy ; Jo. III31nbsp;supra omnes est J- et de sur sum loquitur E R gat; Mc. VI 34 etnbsp;exiens inde E Ep“g; XI 26 dimiseritis -j- hominibus Q.

Die individueUen Bestrebungen einzelner Schreiber, die bald mehr dazu neigen, Lesarten aus altlateinischen und griechischennbsp;Codices einzuführen, bald mehr dazu, den Text abzuandern in dernbsp;Absicht, ihn zu interpretieren, kommen in den einzelnen Hss. zurnbsp;Geltung, worüber Wordsworth-White, p. 715, Auskunft geben. Sonbsp;enthalt E viele interpretierende Zusatze; R hebt sich durch zahl-reiche WortumsteUungen von den übrigen Hss. ab.

Die weite Verbreitung des irischen Elements in der Kultur des frühmittelalterlichen Abendlandes auBert sich auch im EinfluB desnbsp;irischen Vulgatatypus auf Texte anderer Lander. Die Ursachenbsp;dafür ist nicht allein bei den irischen Mönchen und Missionaren zunbsp;suchen, sondern ebenso in der geistigen EinsteUung frankischernbsp;Mönche etwa und in dem Zustand des Mönchswesens auf demnbsp;Kontinent überhaupt. Das irische Klosterwesen galt als muster-gültig und wurde nachgeahmt. Damit galten aber auch die Büchernbsp;der Iren als Autoritaten, die den guten Bibeltext vertraten. Sonbsp;wurden irische Bibel-Hss. Jahrhunderte hindurch immer wieder ab-geschrieben und als Vorlagen bei der Korrektur oder Glossierungnbsp;einheimischer, kontinentaler Hss. benutzt. So kam z. B. der konti-nentale Mischtypus zustande, den wir in den Hss. BBvG zu erkennen glaubten. Es erübrigt sich fast, angesichts des starkennbsp;Prozentsatzes irischer Lesarten in diesen Hss. Beispiele anzuführen.

Vergleiche etwa: Mt. IV 18 ambulans autem iesus acDER EpBvg; VIII16 eiciebat spirihis f inmundosnbsp;Ep O K W; XIII43 qui habet aures f audiendi it. B D E L Q R ..;nbsp;XXII43 ait illis -f iesus f B D E Q R O H^ 0; Mc. II26 nisi solisnbsp;(om. vuig.) sacerdotibus it. BGDELQREp^eCTOMr?®; X29gt;nbsp;autpatrem aut matrem b 1B G D Ep O MrWvg; XI32 timebant: ti-

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memus it. G D L Q R Ep Mr W ? 0 ($; Lc. 168 plebï; plebis it. Bv D QREp”sKMr V ...; 71 salutem ex mimicis nostriset liberavitnbsp;nos ab inimicis nostris it. GDQRgat; om Vers IX55, 56 GDQnbsp;Ep F Y gat, gr.; etc.

Die Spuren irischen Mönchswesens in Spanien verursachten dort Vermischung des spanischen mit dem irischen Vulgatatypus,nbsp;was sich in Lesarten der spanischen Hss. zeigt;

Mt. VI11 panem nostrum cotidianum (: supersubstantialem vuig.) vett C T D E LEp“B W; VIII9 ego homo sum sub potestate -1- consti-tutus vett T 0 D E Q Rvg; XIII36 parabolam -)- tritici et a b c gjnbsp;TDQREp”sWgat; XIV8 om hic europ. CTDER; XVIII 15nbsp;eris : es vettQRCT; XXII 17 an : aut CTELQB; XXIV 37nbsp;autem : enim C T E Q R; XXVI 63 dei vivi ffa C T D Q R;nbsp;XXVII43 in deo : in domino C T E Q (D REp); Mc. IV 11 scire :nbsp;nosse cff2 CTELQREp”amp;Kvg; Jo. I 26 non scitis ; nescitis it.nbsp;CTDERGHvg; III 5 spiritu -f- sancto ffgmraCTDERW?nbsp;0 (S; IX 6 levit: linuit a d C T D E R Ep; etc.

Irische oder vom irischen Typus beeinfluBte Hss. finden sich im Frankenreich des 8. und 9. Jahrhunderts in groBer Zahl, es seinbsp;nur an den Codex Gatianus (gat) erinnert.^^ Wahrend der nun zunbsp;betrachtenden Entwicklungsperiode der Vulgata hört der irischenbsp;Text nicht auf, einen hervorragenden Platz unter den mannigfachennbsp;Textformen einzunehmen.

53

DarUber Berger, op. cit., p. 461!.

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Kapitel II

Die Entwicklung des hieronymianischen Textes

I. Sein Verhaltnis zur angelsachsischen Kirche^

WAHREND der irische Texttypus sich auf dem Festlande als die charakteristische Form des Bibeltextes einbürgerte, gingnbsp;der ZufluB von Vulgata-Hss. aus Italien, der Heimat des Vulgata-textes, nach auBeritalischen Gegenden weiter vor sich. Auf diesenbsp;Weise sollten neue Texttypen entstehen, die dem irischen seinenbsp;AUeinherrschaft streitig machten.

Die irische Mönchskirche war gemafi ihrer anders gearteten und von der römischen abweichenden Tradition in Gefahr gewesen,nbsp;in Konflikt mit Rom zu kommen, der Macht, die für die übrigenbsp;abendlandische orthodoxe Kirche Hüterin der Tradition und Füh-rerin in der Entwicklung war. Columbanus machte dem Papstnbsp;Vorwürfe; aber es war vorauszusehen, daB Rom mit seinen For-derungen Irland gegenüber die Oberhand behalten würde. Undnbsp;wahrend irische Missionare in Schottland und Nordhumbrien undnbsp;irische Mönche im Merowingerreich die lebhafteste Tatigkeit ent-falteten, sandte Papst Gregor 596 Augustinus mit seinen Begleiternnbsp;nach der Insel der Angli. Es ist bekannt, wie groB der Erfolgnbsp;und der EinfluB war, den die römischen Missionare in Kent undnbsp;bald auch in Ostanglia und in Nordhumbrien (Eadwine von Nordhumbrien getauft 627) erlangten. Von groBer Bedeutung ist es,nbsp;daB die römischen und spater angelsachsischen Mönche, Abte undnbsp;Bischöfe die Verbindung mit Rom stets aufrechterhielten. Sienbsp;waren auf die kirchliche Organisation des Landes bedacht, undnbsp;zwar die, welche dem römischen Vorbild entsprach. Augustin lieBnbsp;sich schon 597 vom Erzbischof von Arles zum Erzbischof dernbsp;Angelsachsen weihen. Er sorgte für Bischöfe in London und

^ Vgl. hierzu Karte 2.

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Rochester und im westlichen Kent (Justus). Alles dies unternahm er im Auftrag und mit Genehmigung des Papstes, dem er 598nbsp;durch Laurentius und Petrus über seine Erfolge Bericht erstattete.nbsp;601 kam Verstarkung aus Rom mit Mellitus, dem spateren Bischofnbsp;von London und Erzbischof, Paulinus, der die Hauptarbeit in Nord-humbrien leistete, Justus, Rufinianus u. a. Ehe noch die Bekehrungnbsp;vollendet war, hatte Gregor schon den Plan für die kirchenpoli-tische Organisation des Landes ausgearbeitet.^ Aber auch was dienbsp;innere Verfassung der Kirche anbelangte, Fragen über unklarenbsp;liturgische, kirchenrechtliche, rituelle und zeremonielle Punkte wur-den Rom zur Entscheidung vorgelegt und von dort beantwortet.»nbsp;Die junge angelsachsische Kirche war also wenig originell. Römischenbsp;Verfassung und Liturgie, römische Zeremonien und, fügen wir nunnbsp;hinzu, römischer Bibeltext waren eingeführt. Beda erwahnt aus-dnicklich, daB mit der zweiten Sendung römischer Missionare auchnbsp;Hss. nach England gelangten.^

Die beiden berühmten Canterbury-Mss. O und X (aus dem 7. Jahrhundert) stehen zweifeUos mit dieser Sendung von Codices,nbsp;der vielleicht noch andere gefolgt sind, in irgendeiner Beziehung.nbsp;Lange hielt man sie (besonders O) für die Original-Hss., die Bedanbsp;erwahnt; 6 doch ist diese Ansicht sicher unberechtigt. Sie sind frühenbsp;und gaite Kopien der Originate. Wie ihr Text beschalFen ist, kannnbsp;kaum zweifelhaft sein. Sie bilden noch keinen charakteristischennbsp;angelsachsischen Typus, sondern stellen ganz den Text dar, dernbsp;zur Zeit Gregors in Rom üblich war, jene schon erwahnte Mischung

2 W. Hunt, The English Church from its Foundations to the Norman Conquest, London 1907, 31 if.

® Beda, H. e. I 27.

^ H. e. I 29: (A. D. 601) „Gregorius Augustino . . . misit . . . plures cooperatores ac verbi ministros: . . . Mellitus, Justus, Paulinus, Rufinianus;nbsp;et per eos generaliter universa quae ad cultum erant ac ministerium Ecclesiae necessaria, vasa videlicet sacra, et vestimenta altarium, ornamentanbsp;quoque ecclesiarum, et sacerdotalia vel clericalia indumenta, sanctorumnbsp;etiam apostolorum ac martyrum reliquias, nec non et codices plurimos.quot;

® So noch Chapman, op. cit, cap. “ Gospels of St. Augustine “. Aber schon Berger (36 f.) hielt sie für Kopien, indem er auf irische Elemente in ihnennbsp;hinwies, die nur in England hineingekommen sein können. DaB O X innbsp;England geschrieben sind, habe ich anderswo (Vorlage der ws. Evangelien-version, p. 17, Note 26) zu beweisen versucht.

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altlateinischer und hieronymianischer Elemente, die sich in Gregors Johanneskommentar und in seinen Homilien findet.® Nur ihm eigen-tümliche Züge enthalt er kaum; das ist schon wegen des gekenn-zeichneten Charakters der frühen angelsachsischen Kirche nichtnbsp;möglich. Die Übereinstimmung mit dem italischen Mischtypusnbsp;Z*MJP tritt stark hervor:

Mt. XXIV 42 duo in lecto unus adsumetur et unus relinque-tur vett Z O XTB RE © gXXVI39 sicut tu “vis ab cffj g2hrZ*OXYlt;^DELQREp”gBTH‘= 0; XXVII 8 acheldemaghnbsp;-|- hoe est affj dJMZOX*BH‘=0KMrVWvg; 32 hominem cy-reneum venientem ohviam sibi Z O ^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Y‘= L R Epn'g BI (E Q);

35 sortem mittentes ut adimpleretur quod . . . (aus Jo. XIX 24) vett Z O X E Q Ep”g B0KMrWg§Ê; Mc.Iio spiritum sanctumnbsp;Z O R‘= H‘= 0 g @; II24 ecce quid faciunt -f- discipuli tui vett Z O X...;nbsp;VII13 per traditionem v es tram stultam abcdiqrZX; X7 nbsp;et dixit {propter hoc ...) vett Z O X L B 0 K Mr W; 20 ait magister

bone Z O K Mr V; XIV 14 refectio mea : diversorium meum et refectio mea ZOBH0Mr; Lc. III 9 securis ad radicem arhorisnbsp;(: arborum vuig.) posita Z X K g @; VI15 gt; thomam et mattheumnbsp;ZOKVW; XIV 14 quia non habentunde Z*JOX*TH0;nbsp;XVIII 34 et erat: erat autem vett Z O X* K V W; XIX 30 zra quodnbsp;: in quo vett Z O X* D E Ep Bv G D; XX 3 5 habebuntur ; habenturnbsp;cilqff^ZOX^Hi©; etc.

Wo die Gruppe Z* O X* nicht auftritt, macht sich das Verdringen der Vulgata in dem italischen Mischtext OX bemerkbar. ZM usw. stellen also eine frühere Stufe dar als OX. Die Kom-bination AYOX(*) gegen Z ist daher anzutreffen:

Mt. XIII 54 virtutes : virtus A F Y O X Ep* H*; XVII 5 com-placui: complacuit g^* f q A F M Y O* X C T H 0; 14 homo genibus provolutis (; provoluhis vuig.) giffaAFMYOXCTQEpB©; Mc.nbsp;III 10 quotquot autem A YHOXEp DRKMr; Jo. X 17 utnbsp;iterum sumam earn : et iterum sumam earn AASYEpOXH^©nbsp;KMrVW; etc.

So setzt der angelsachsische (Canterbury-)Text nur die römische Tradition fort; doch machen sich schon beginnende irische Einflüssenbsp;gekend. Das Zusammentreffen der römisch-angelsachsischen Mis-

® Vgl. Max Förster in Engl. Stud. 28, p. 421; Chapman, op. cit., i8off.

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sionare mit den irischen Mönchen war nur im Anfang ausgesprochen feindlich.'^ Im Laufe der Zeit steilte sich doch die Notwendigkeitnbsp;der Zusammenarbeit heraus. Zuweilen vermittelte ein angelsach-sischer Konig zwischen beiden Parteien, indem er irische wie angel-sachsische Missionare in sein Reich berief. So ist die Christiani-sierung Nordhumbriens vor sich gegangen. Nachdem durch dienbsp;Bemühungen des Paulinus König Eadwine von Nordhumbrien zumnbsp;Glauben übergetreten war, machte der Einfall Pendas von Merciennbsp;das begonnene Werk wieder zunichte, und König Oswald von Nordhumbrien berief Iren aus Iona, die mit neuer Kraft von vorne beginnen muBten. Aidan aus Iona, der in bezug auf die strittigen Punktenbsp;der Osterberechnung usw. noch ganz irischer Mönch war», gründetenbsp;das Kloster Lindisfarne, das unter Erzbischof Theodor ein Ort ge-meinsamer Zusammenarbeit von Briten und Angelsachsen wurde.nbsp;Die Klöster Melrose, Coldingham und Streaneshalh waren irischenbsp;Gründungen auf angelsachsischem Gebiet. In Ostanglien war esnbsp;ahnlich. Sigbert, der 631 König wurde, hatte in einer südgaUischen,nbsp;vielleicht unter Columbans EinfluB stehenden Klosterschule einenbsp;christliche Erziehung erhalten.® Mit angelsachsischen und irischennbsp;Hilfskraften (Furseusi®) wird sein Land bekehrt. So bildete sichnbsp;ganz von selbst ein Nebeneinanderwirken von Iren und Angelsachsen heraus, und oft war es so, daB da, wo die angelsachsischennbsp;Missionare den ersten Samen des Christentums ausgestreut hatten,nbsp;die vertiefende Kulturarbeit von den Iren geleistet wurde. Ja,nbsp;Angelsachsen fanden sich bei den Iren ein und suchten bei ihnennbsp;Belehrung, indem sie sich entweder nach Irlandu oder in frankisch-

^ Unklar ist die Notiz Bedas (II 4) Uber die Absichten des Laurentius, des Nachfolgers von Augustin: „Non solum novae quae de Anglis erat col-lecta, Ecclesiae curam gerebat, sed et veteram Brittaniae incolarum, necnonnbsp;et Scottorum qui Hiberniam insulam Brittaniae proximam incolunt, populisnbsp;pastoralem impendere sollicitudinem curabat.quot; LaBt das auf tolerante Zusammenarbeit der Briten und Angelsachsen unter dem Primat des Laurentius schlieBen, oder war es nur ein Versuch dazu, der wohl an demnbsp;Widerstand der Briten scheiterte?

* Was Beda etwas miBbilligend bemerkt, III 3: „(Oswaldus) accepit . . . pontificem Aedanum summae mansuetudinis et pietatis ac moderaminisnbsp;virum, habentemque zelum Dei, quamvis non plene secundum scientiam.“

9 Hunt, op. cit., p. 64.

19 Beda, H. e. III 19. nbsp;nbsp;nbsp;n Ib., Ill 27.

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irische Klöster begaben.^^ Der irische Anteil an der Christiani-sierung des Mittellandes ist sehr groB gewesen.^® Die Synode von Whitby, die mit dem Rückzug Colmans von Lindisfarne nach Mandnbsp;endete (A. D. 664), beschloB zwar die Zeit aktiver, bekehrendernbsp;Tatigkeit der irischen Mönche nicht aber den EinfluB Mands aufnbsp;die Angelsachsen in kultureller Beziehung. Nicht nur die irischennbsp;Mönche nahm Colman aus Lindisfarne mit sich nach Mand, „sednbsp;et de gente Anglorum viros circiter triginta, qui utrique monachicaenbsp;conversationis erant studiis imbuti“.i® Die beginnenden Einflüssenbsp;des irischen Texttypus auf den angelsachsischen in den Hss. OXnbsp;erklaren sich auf diese Weise mühelos.

Beispiele: Mt. XIII14 et adimpletur : ut adimpleretur DELQR Ep™» 0= X* B 0; XXII10 malos et bonos : bonos et malos c f EpE Rnbsp;OX*; XXV 23 domtni-\- del BLRO; XXVI7 super caput ipsiusnbsp;recumbentis ; super caput ipsius recu77ibente ipso vett D E* L Q R*nbsp;Ep^sOX*; XXVII I inierunt •. fecerunt acfrjBLQRO*; Mc.nbsp;X I consueverat •. consuerat DEpLQRO*; Lc. II 16 invenerunt :nbsp;inverunt LO; 21 om est (ab angeld) DO*; 40 in Ulo : cum Ulo gatnbsp;D*Ep*QOX*; Jo. IV 17 haheo : habes vettDEQRO; V 2 hebraicenbsp;hebreice E O (R D Ep); 20 demonstrat: demonstravit Q O.

Bedeutung gewinnt dieser angelsachsische Text erst im 8. Jahr-hundert, wo die englischen Missionare ihn auf dem Kontinent ver-breiten. Vorerst wird er in England in den Hintergrund gedrangt durch die zahlreichen Hss., die mit Erzbischof Theodor, seinem Be-gleiter Hadrian (66g) und durch den lebhaften Verkehr mit Italien,nbsp;der ihrer Ankunft in England folgt, in die englischen Klöster ge-langen. In den ersten Jahrzehnten des 7. Jahrhunderts scheint dernbsp;vorher in Rom übliche Mischtext durch die reine Vulgata ersetztnbsp;worden zu sein. In den Akten des Laterankonzils (649) wird dienbsp;Bibel namlich in rein hieronymianischer Form zitiert.^® Die Heimat

Ib., Ill 8: „Necdum multis in regione Anglorum monasteriis con-structis, multi de Brittania monachicae conversationis gratia, Francorum vel Galliarum monasteria adire solebant.“

Die ersten Bischöfe in Mercien waren z. T. Angelsachsen, aber alle in irischen Klöstern erzogen und konsekriert, Beda III 24.

Hunt, p, 113.

Beda, H. e. IV 4. i« Nestle, Herzogs Realenzyklopadie ® III 40.

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dieses Textes aber ist nicht Rom, sondern Siiditalien, und dafi er sich in so reiner Form, wie die besten Hss. sie bieten, erhalten hat,nbsp;ist nicht der allgemein üblichen, von mehr oder weniger gelehrten,nbsp;Hss. vergleichenden, korrigierenden Schreibern vermittelten Hss.-tradition zu verdanken, sondern einer anderen als der nur mönchi-schen Geisteskultur.

Das Wenige, was man von der Kultur Süditaliens im 6. Jahr-hundert weifi, gruppiert sich um eine Gelehrtenpersönlichkeit, um Cassiodor, den Minister Theoderichs. Er gehort derselben Periodenbsp;an, die auch Boethius geboren hat, und in der der Grund für einenbsp;geschlossene christliche Bildung gelegt wurde, die sich in demnbsp;aristokratischen Bevölkerungsbestandteil Süditaliens, der die Tra-ditionen Roms fortzusetzen bestimmt war, zu einem christlichennbsp;Humanismus im wahrsten Sinne erhob. Die Tradition des klassi-schen Roms der spaten Kaiserzeit verschmolz hier mit dem christlichen Lebensgefühl und führte zu einer Synthese, in der die altenbsp;römisch-klassische Formalbildung das Gefafi für den neuen christlichen Lebensinhalt darstellte. Cassiodor hatte sich 540 in seinnbsp;Kloster Vivarium zurückgezogen, wo er sich mit der Wissenschaftnbsp;der klassischen und theologischen Philologie und Literatur beschaf-tigte. Man hat ihn den letzten klassischen Philologen genannt, dernbsp;sich in der Einsamkeit mit der Wiederherstellung des Textes klas-sischer Autoren und mit der Sammlung und dem Abschreiben theo-logischer Schriften und der Bibel befafite.i^ Er war nicht der ein-zige, der mit grofiem Wissen, textkritischer Einsicht und philolo-

An bekannte Tatsachen braucht hier nur erinnert zu werden. Die Hs. A ist Kopie der von Cassiodor angefertigten hieronymianischen Bibliotheca; eine Quaternio des Codex stammt vielleicht unmittelbar aus demnbsp;Cassiodorischen Exemplar. Y stammt aus Neapel, wie die Capitula be-weisen. — Die für Cassiodors Vulgatarezension in Betracht kommendenbsp;Stelle ist De institutione divin. litter, xii, xiv, xv (Migne 70, 1124). Naheresnbsp;bei Berger, p. 39ff.; G. Morin, La liturgie de Naples au temps de S. Gré-goire (Rev. bénéd. VIII 48iff., i8qi); P. Corssen, Die Bibeln des Cassio-dorius und der Codex Amiatinus (Jahrbücher f. protest. Theologie viii,nbsp;1883, xvi 1891); de Rossi, La Bibbia offerta da Ceolfrido abbate alnbsp;sepolcro di S. Pietro, Roma 1887; H. J. White, Biblical and Ecclesiasticalnbsp;Studies II 273!!.; Zahn, Geschichte des NT.lichen Canons, II 267; Chapman, op. cit., cap. i; A. Mercati, Per la storia del Codice Amiatino (Bib-lica 1922); H. Quentin, a. a. 0., 438ff.

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gischer Akribie den hieronymianischen Text rein herstellte und ihn von der altlateinischen Version scharf trennte. Er scheint Nach-ahmer gefunden zu haben, die von demselben Geist erfüllt waren,nbsp;wie den Abt Eugippius von Lucullanum bei Neapel, der nach einernbsp;Notiz in einer spateren Hs. den hieronymianischen Text in seinernbsp;Reinheit wiederhergestellt haben soil, und den Bischof Viktor vonnbsp;Capua, der um 545 die Hs. F in der Vulgatatextform schreibennbsp;liefi. Von der allgemeinen Tendenz der Kirche der damaligen Zeit,nbsp;die auf Lehren, Vermitteln und Verbreiten von Wahrheiten, Sinnnbsp;und Inhalt eingestellt war, steht diese Methode ziemlich weit ent-fernt. Es ist eine frei sich entfaltende, am Wort sich freuendenbsp;Gelehrsamkeit, die die christlichen, theologischen Stoffe übernimmt,nbsp;aber in klassischer, am Buchstaben haftender Weise behandelt.nbsp;Dieses eigentlich nicht-christliche Bestreben, das hinter Cassiodorsnbsp;Textrezension liegt, erklart auch, weshalb die offizielle Kirche sonbsp;wenig auf den reinen, wortgetreuen hieronymianischen Text Wertnbsp;legte. Es kam ihr darauf an, zu missionieren. Heiden zu bekehren,nbsp;ihre Macht zu festigen, das Christentum in den Herzen der christlichen Völker zu starken; weniger auf verhaltnismaËig unfrucht-bare Bemühungen um eine bestimmte Bibeltextform. Die altlatei-nische Version versah ihren Dienst für die praktischen Zwecke dernbsp;Kirche ebensogut wie die hieronymianische. Gregor der Grofienbsp;festigte die kirchliche Organisation und sorgte für die Bekehrungnbsp;der Angelsachsen. Für einen autoritativen Bibeltext hatte er keinnbsp;Bedürfnis; beide Versionen erfüllten ihm, wie er selbst sagt,i® ihrennbsp;Zweck. Vergegenwartigt man sich diese Haltung, so erkennt man,nbsp;wie unzweckhaft, im wahren Sinne renaissancehaft jene Mannernbsp;eingestellt gewesen sein müssen, deren Streben auf die Trennungnbsp;der beiden lateinischen Bibelversionen gerichtet war, und die dienbsp;beiden Versionen getrennt in Pandectes sammelten.

Es war von weittragender Bedeutung, daË Manner dieses Gei-stes im 7. Jahrhundert von Süditalien nach England kamen. Da-durch erhielt der süditalische Text eine Stofikraft, die ihn befahigte, in andere Lander vorzudringen. Papst Vitalian wahlte fremdlan-dische, in Süditalien lebende Gelehrte, Hadrian von Nisita (beinbsp;Neapel) und Theodor von Tharsus, zu Vorstehern der angelsachsi-

ImWidmungsbrief seines Hiob-Kommentars, c. 5 (Migne 75, col. 516).

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schen Kirche, und damit sandte er einen neuen Impuls geistigen Lebens nach England aus. Von Benedict Biscop, der damals zumnbsp;zweiten Male in Rom weilte/® warden sie nach England geleitet,nbsp;und sofort machte sich dort ihre Anwesenheit in mannigfachernbsp;Weise bemerkbar. Zunachst in der Organisation. Es galt, den An-schlufi mit Rom enger zu gestalten, das von den Schottenmönchennbsp;bekehrte Mittelland und Nordhumbrien der Kirche anzuschliefien.nbsp;Dem diente Theodors und Hadrians Visitationsreise (669-71), dienbsp;erfolgreich war; denn willig fügte man sich der römischen Norm,nbsp;so dafi Beda mit dem Gefühl, daS ein Abschnitt in der Geschichtenbsp;der angelsachsischen Kirche erreicht war, feststellen konnte, dafinbsp;Theodor der erste Erzbischof der gesamten angelsachsischen Kirchenbsp;war.20 Die Synode von Hertford 673 und die neue Diözesaneintei-lung gab dem nach auËen hin den Abschlufi.

Was aber Beda vor allem als neuartigen Zug der hier beginnenden Epoche ansieht, ist der frische Geist im monastischen und wis-senschaftlichen Leben, der mit der Ankunft des neuen Erzbischofs seinen Einzug hielt. Immer wieder betont Beda Theodors und Hadrians Gelehrsamkeit und Belesenheit in den heiligen Schriften;nbsp;„Hadrianus, vir natione Afer, sacris literis diligenter imbutus, mo-nasterialibus simul et ecclesiasticis disciplinis institutus, Graecaenbsp;pariter et Latinae linguae peritissimus . . . Theodoras, natus Tharsonbsp;Ciliciae, vir et saeculari et divina literatura, et Graece instructusnbsp;et Latine,“ und ahnlich in der Historia abbatum §1. Es fiel baldnbsp;nicht mehr auf, wenn ein angelsachsischer Mönch lateinisch undnbsp;griechisch gebildet war. Unter Theodor als Erzbischof und Hadrian als Abt von St. Peter und Paul entstand in Canterbury einenbsp;Schule, die alles, was vorher in dieser Hinsicht in England bestanden hatte, hinter sich zurücklieË. Neben Griechisch und Lateinischnbsp;und der Lektüre der Bibel („sacrorum apicum voluminaquot;) 22 wardennbsp;die enzyklischen Wissenschaften, Metrik, Astronomie, Arithmetiknbsp;getrieben. Die Schüler beherrschten das Griechische und Lateinischenbsp;so gut wie ihre Muttersprache (Beda). Nur mit der Zeit, als dienbsp;Angelsachsen des Unterrichts wegen nach Irland pilgerten, kann

19 nbsp;nbsp;nbsp;Beda, Historia Abbatum I (Migne 94, col. 715).

20 nbsp;nbsp;nbsp;H. e. IV 2.

21 nbsp;nbsp;nbsp;Hist. eccl. IV I.

22 nbsp;nbsp;nbsp;Ib., IV 2.

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Beda die Blüte jener Gelehrsamkeit vergleichen.^s Aus der Scliule in Canterbury ging Aldhelm hervor, Abt von Malmesbury, dannnbsp;Bischof von Sherborne (705-09). Der Sinn für die klassische Form,nbsp;wie sie seine Meister zu verbreiten suchten, erfüllte ihn. Seine stili-sierte Sprache sollte Wortkunst sein,^^ die am einzelnen, klingenden, variierten Wort Getallen findet, deshalb aber sehr unklassischnbsp;wirkt. Beda berichtet noch von anderen Schülern Hadrians, die sichnbsp;nicht weniger durch wissenschaftliche Bildung auszeichneten.^^nbsp;Auch in die südenglischen Frauenklöster (Minster unter der Ab-tissin Eadburh; Wimborne unter Lioba; Barking) fand die Pfiegenbsp;des Schriftstudiums und das Interesse für Bücher Eingang. Nebennbsp;Südengland aber spielte Nordhumbrien keine geringere Rolle.nbsp;Hier gründete Benedict Biscop, nachdem er von seiner drittennbsp;Romreise zurückgekehrt war, das Kloster Wearmouth (674) undnbsp;bald danach Jarrow. Benedicts Leben und Persönlichkeit ist typischnbsp;für die neuen Krafte, die in dieser Zeit in England einströmten.nbsp;Die Verbindung mit der italisch-römischen Kultur war aufierstnbsp;eng. Benedict war fast stets auf Reisen, bemüht, die Schatze Ita-

23 Ib.: „Neque unquam prorsus ex quo Brittaniam petierunt Angli, feliciora fuere tempora; dum et . . . quicumque lectionibus sacris cuperentnbsp;erudiri, haberent in promptu magistros qui docerent.“ Nicht vergessennbsp;seien die Worte Wilhelms von Malmesbury, der immerhin ein gewissesnbsp;selbstandiges Urteil über die literarische Vollendung von Persönlichkeitennbsp;und Perioden besaB (De gest. reg. Angl. I, Migne 179, col. 970, ed. Parisnbsp;1899): „Egbertus . . . nihil memorabile fecit . . ., nisi quis adventumnbsp;Theodori archiepiscopi et Adrian! abbatis temporum illius imputet gloriae:nbsp;doctorum virorum, et qui omnem literaturam imis medullis combiberant;nbsp;quod . . . libenter pergerem referre, quantum lucis tune per eos orbi Bri-tannico infulserit, quomodo hinc Graeci, hinc Latini palaestras literarum,nbsp;certantibus studiis, in unum contulerint, et insulam, tyrannorum quondamnbsp;nutriculam, familiare philosophiae domicilium effecerint.quot;

2^ H. Zimmer, Nennius Vindicatus, Berlin 1893, p. 330 (EinfluB des Marcianus Capella).

2“ So Albuin, der Nachfolger Hadrians; H. e. V 20: „(Ab eis) in tantum studiis scripturarum institutus est, ut Graecam quidem linguam non parvanbsp;ex parte, Latinam vero non minus quam Anglorum, quae sibi naturalis est,nbsp;noverit.“ Tobias, Bischof von Rochester (bis 726), (V 23) „erat enim dis-cipulus beatae memoriae magistrorum, Theodori archiepiscopi et abbatisnbsp;Hadriani; unde . . . cum eruditione litterarum vel ecclesiasticarum velnbsp;generalium, ita Graecam quoque cum Latina didicit linguam “.

G1 u n z, Britannien und Bibeltext nbsp;nbsp;nbsp;7

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liens auf jedem Gebiet seiner Heimat zu vermitteln. Was er in Rom an Kenntnissen und Kostbarkeiten wie Gewandern, GefaSen,nbsp;Biichern erwarb, gab er seinem Kloster weiter, verarbeitete esnbsp;und begab sich dann wiederum auf die Suche nach neuen Quellen.nbsp;Sein Nachfolger Ceolfrid tat es ihm gleich. Römischer Ritus,nbsp;römische Gesangsweise,^® römisches Mönchswesen, d. h. die strengenbsp;Regel Benedicts, wurden in England bekannt.^^

Auch die Weise, die Mönche in den Skriptorien der Klöster zu beschaftigen, wird durch italisches Vorbild in England allgemeinnbsp;geworden sein. Hier kommt es zu einer produktiven literarischennbsp;Tatigkeit, die sich unter anderem auf Einfuhr und Abschreibennbsp;von Hss. und Bibeltexten erstreckte. Eine Schreibschule befandnbsp;sich in Canterbury, eine sehr bedeutende wurde Lindisfarne; Wear-mouth und Jarrow standen nicht zurück. Wahrscheinlich warennbsp;selbst römische Schreiber in England tatig, wie die Existenz desnbsp;Codex Amiatinus nahelegt. Römische Hss. kamen mit Theodornbsp;und Hadrian nach England, so die Vorlage des Lindisfarnensis ausnbsp;Neapel, vielleicht auch der Laudianus (Acta; in der Bodleiana,nbsp;Oxford). Benedict Biscop scheint grofie Mengen von Büchernnbsp;nach Wearmouth und Jarrow gebracht zu haben. Überall wolltenbsp;er das römische Vorbild erreichen, das ihm als die höchste Voll-endung erschien.28 Von Ceolfrid istAhnliches bekannt. lm Berichtnbsp;über die Bibel-Hss., die er aus Italien mitbrachte, unterscheidet

26 Beda, H. e. IV i8.

2^ Hist. Abbatum I (Migne 94, 715 f.). Sowohl in Lerins wie in Rom lernte Benedict Biscop römisches Mönchswesen kennen.

28 Benedicts Bücherimporte Beda, Hist. abb. I (Migne 94, ed. 1862, col. 716): „(Benedictus) quod ubi duobus annis monasterium rexit, tertiumnbsp;de Britannia Romam iter arripiens solita prosperitate complevit, librosquenbsp;omnis divinae eruditionis non paucos vel placito pretio emptos, vel ami-corum dono largitos retulit.quot; — Col. 717: „ Quarta illo, post compositumnbsp;iuxta regulam monasterium, profectione completa, multipliciore quam priusnbsp;spiritualium mercium fenore cumulatus rediit. Primo quod innumerabilemnbsp;librorum omnis generis copiam apportavit; secundo . . . reliquias . . .; tertionbsp;quod ordinem cantandi, psallendi atque in Ecclesia ministrandi iuxta moremnbsp;Romanae institutionis suo monasterio contradidit.“ — Col. 720; „Benedictus . . . quinta vice de Britannia Romam accurrens, innumeris sicutnbsp;semper ecclesiasticorum donis commodorum locupletatus rediit, magnanbsp;quidem copia voluminum sacrorum, sed non minori, sicut et prius, sanctorum imaginum munere ditatus.quot;

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Beda zwischen denen der alten und der neuen Version.^** Das ist dieselbe scharfe Trennung von vorher vermischten Elementen, dienbsp;bei Cassiodor festzustellen war. Die Geschichte des Amiatinus imnbsp;Zusammenhang mit der Bibliotheca und den Pandectes Cassiodors,nbsp;sowie Bedas Beschreibung der zweiten Romreise Ceolfrids gebennbsp;uns das klarste Bild von der Richtung, in der sich der Geist innbsp;den englischen Klöstern der damaligen Zeit bewegte. Hier liegennbsp;die Anfange zu einem englischen Nationalstil in kultureller Hin-sicht, ahnlich wie der berühmte Evangeliencodex aus Lindisfarnenbsp;(“Durham Book”, Brit. Mus. Cotton Nero D. IV.) das erste Denkmal angelsachsischer Palaographie darstellt.^o

Dem hier geschilderten Milieu entstammen die Hss. A Y A S. Über die Art, wie der Evangelientext in ihnen behandelt ist,nbsp;kann man schon a priori sichere Vermutungen auSern. Man kannnbsp;sagen, daS überall da, wo antike Tradition gepflegt, neubelebt,nbsp;durch Sprachstudium unterbaut wird, wo eine enge Verbindungnbsp;mit der alten Kultur Italiens besteht,®! jene Krafte ausgeschaltetnbsp;sind, die darauf hinwirken, den Text zu andern und neue Lesartennbsp;zu schaffen. Man trennt die verschiedenen Texte, ordnet die Text-klassen in ihre Gruppen ein und erhalt sich die dazu nötige kritische Einsicht. Solange der von Rom inspirierte klassische Willenbsp;maSgebend bleibt, wird der Unterschied zwischen antiqua undnbsp;nova translatio festgehalten und das Aufkommen von Mischtextennbsp;verhindert. So war es noch um die Wende des 7. zum 8. Jahrhundertnbsp;in den englischen Klöstern. Jene Mönche, die sich nur dem Studiumnbsp;widmeten, die keinen Drang zu extensiver Tatigkeit, zum Missio-nieren in sich verspürten, die auch nicht zur Abtötung alles Welt-lichen in die Einöde flohen, denen es nicht ausschlieBlich darum zu

23 So auch in seinen Kommentaren, vgl. Plummer, ed. Hist. Eed. I, Oxford 1896, p. Livf., Note 7; lvi. Note 2, 3.

3® Die seltsame Geschichte dieses Codex liest man bequem und aus-führlich bei A. S. Cook, Biblical Quotations in Old English Prose Writers I, p. XLinff. — Eine in diesem Zusammenhang zu nennende Bibliothek, dienbsp;Bischof Acca von Hexham (bis 732) sich einrichtete, erwahnt Beda, H. e.nbsp;V 20.

Das war in der irischen Kirche nicht der Fall. Die gelehrte Tradition wurde in Irland zwar gepflegt, aber sie ging ihre eigenen Wege und bildete das klassische Wesen auf ihre Art um. Sie ist eine Sonderentwick-lung.

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tun war, „relinquere domum, cognates et patriam propter Christum et propter Evangelium, ut centuplum acciperent, et vitam aeternamnbsp;possiderent“,32 gind damals wohl sehr haufig gewesen. Zu ihnen ge-hörten die Schüler aus Canterbury, Wearmouth und Jarrow, als derennbsp;typischer Vertreter Beda angesehen werden kann. Ohne Ehrgeiznbsp;nach hoheren Stellen verweilte er fast sein ganzes Leben lang in dem-selben Kloster, in der gleichen Zelle, kaum eine kleine Reise unter-nehmend, nicht von Wanderlust und Bekehrungsdrang getrieben.nbsp;Seine Tatigkeit bestand im Studieren, Lehren und Lernen. Das istnbsp;alles, was er in dem kurzen selbstbiographischen Abschnitt seinesnbsp;Geschichtswerks von sich selbst zu erzahlen hat: „Omnem meditan-dis scripturis operam dedi, atque inter observantiam disciplinae re-gularis et quotidianam cantandi in ecclesia curam, semper aut dis-cere, aut docere, aut scribere dulce habui.“®® Mit wahrem Huma-nistenehrgeiz aber fügt er dem SchluB seines Werkes das langenbsp;Verzeichnis seiner Schriften bei. Durch Originalitat zeichnen sienbsp;sich nicht aus,^^ aber sie sind die Früchte eines unermüdlichen, vonnbsp;selbstandigem Urteil und Erkenntnisvermögen unterstützten FleiBes,nbsp;der im einfachen Faktum, im Herausstellen der nackten Wahrheitnbsp;sein Ziel sieht. Schon daB er die durchaus nicht erdichteten Quellennbsp;seiner Historia angibt,^® ist bemerkenswert und zeugt von dem nachnbsp;unbedingter Wahrheit und Klarheit strebenden Geiste. Derselbenbsp;Geist inspirierte auch andere Mönche seiner Zeit; er hat uns dennbsp;besten Vulgatatext übermittelt.

Der Text der Hss. AY AS tragt völlig den Charakter eines italischen Textes: er ist von Zusatzen, Interpolationen usw. frei, undnbsp;nur selten ist eine vorhieronymianische Lesart darin stehenge-

32 nbsp;nbsp;nbsp;So Beda (Hist. abb. I, Migne 94, col. 714) von dem jungen Benedictnbsp;Biscop. Die Worte mogen in ihrer Anwendung auf ihn hier berechtigt sein.nbsp;Von den spateren Romfahrten Benedicts waren sie sicher unangebracht;nbsp;Beda gibt fUr sie auch wirklich andere GrUnde an. Vielleicht ging mitnbsp;Benedict bei seiner ersten Italienreise eine ahnliche Wandlung vor wie mitnbsp;Goethe (wenn Bedas Worte wirklich mehr als eine gewohnheitsmSBigenbsp;Formel sind).

33 nbsp;nbsp;nbsp;H. e. V 24.

34 nbsp;nbsp;nbsp;Manitius, I 87.

35 nbsp;nbsp;nbsp;V 24: „Historia Ecclesiastica Brittaniarum . . ., prout vel ex litterisnbsp;antiquorum, vel ex traditione maiorum, vel ex mea ipsa cognitione scirenbsp;potui.“

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blieben. Ihre Herkunft aus einem Urtext wird durch die weit-gehendste Übereinstimmung dieser Hss. des „nordhumbrischenquot; Typus untereinander bewiesen, woven fast alle Textvarianten (beinbsp;Words worth-White) Zeugnis ablegen.

Vgl. auch: Mt. IV 15 terra zahulon et terra vuig.) nepthalim AYd, gr.D; Mc. VIII 27 in castella : in castello AYX^; X 52 innbsp;via ; in viam AY; Lc. XVII 26 in diebus (sec.): m A^ Y; Jo. 112nbsp;eis : illis aeqAYS; IV 10 om et A*( '=)ASY; im Wortlaut vonnbsp;Jo.V 4 stimmen überein AAS YH*Ep* FXMr; VI12 quae supera-verunt fragmentorum (: fragmenta vuig.) dlqAASY; XIX 21nbsp;om {pontijices) iudaeorum AASY.

Nur selten laBt sich in Y an der einen oder anderen Stelle Übereinstimmung mit den italischen Mischtexten feststellen. Hiernbsp;war schon die italische Vorlage von Y durch Mischtexte beeinfluBt.nbsp;Beispiele bei Wordsworth-White, p. 708. Nur sehr geringfügig sindnbsp;unbedeutende Textmerkmale, die verraten, daB alle nordhumbrischennbsp;Hss. in England ihre Heimat haben.®®

Bei dem Stand der innerkirchlichen Verhaltnisse Englands um die Wende des 7. zum 8. Jahrhundert ist es ganz natürlich, daBnbsp;genau so, wie die kirchliche Verfassung, die Disziplin und der Glaubenbsp;erneuert wurden, auch der Bibeltext der vorhergehenden Zeit, wie ernbsp;in Canterbury von Augustins Missionierung an in Gebrauch war, demnbsp;neuen, rein hieronymianischen Text angeglichen wurde. Der neuenbsp;Typus, der römische Text, ward also als mustergültige Norm an-gesehen, die nun auch in England überall eingeführt werden muBte.nbsp;Konkret in den Hss. auBert sich dies darin, daB X, eine der Can-terbury-Hss., (noch am Ende des 7. Jahrhunderts?) eine weitgehendenbsp;Korrektur und Glossierung erfuhr, und daB diese Lesarten zweiternbsp;Hand aufs genaueste mit dem nordhumbrischen Typus überein-stimmen. Einige bemerkenswerte Falie dieser Art sind:

Mt. VIII 20 tabernacula : nidos abcff^hqAMYX'^CHGK Mr V W vg; XIII 14 et adimpletur; ut adimpleatur Z A Y X‘= T*^ Knbsp;Mr V ? Lc. X 33 iter faciens : iter transiens A* Y X^ O H*;nbsp;XIV 2 8 non: nonne a ff2 f r d A* Y X‘= E K Mr V. Seltener entsprechennbsp;a^uch in der Canterbury-Hs. O die Anderungen zweiter Hand dem

Wordsworth-White, 709; Hastings, Diet, of the Bible, IV 887; Berger, 38.

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nordliumbrischen Typus: Mt. XXVII40 qui destruit templum-\-

a b c ffi, 2 g2 q A Y Oegt; X'^ Z8 D E Ep QIK Mr V W vg; Jo. XIII i o non indiget nisi (om vuig.) ut pedes lavet b ffj m 1A 0'= X'= C TI Mrnbsp;VWvg.

Die Bedeutung dieser nachtraglichen Korrekturen in Anlehnung an die nordhumbrischen Hss. liegt darin, daB sie erkennen lassen,nbsp;wie sehr doch immer wieder die Neigung zum Vermischen dernbsp;Texte sich durchzusetzen versucht. Nicht in dem Sinne, daB dernbsp;reine hieronymianische Text nun mit altlateinischen oder anderen,nbsp;nicht rein hieronymianischen Typen vermengt worden ware. Dienbsp;Schreiber, die sich in Wearmouth, Jarrow, Lindisfarne das Kopiërennbsp;italischer, guter — fast könnte man sagen, orthodoxer — Hss. an-gelegen sein lieBen, waren von der Richtigkeit der italischen undnbsp;der Fehlerhaftigkeit ihrer eigenen Hss. überzeugt und daher nichtnbsp;zum Vermischen von Texten geneigt. Sie korrigierten ganz kon-sequent ihre eigenen Hss. nach dem Muster der fremden, abernbsp;damit war der Anfang zu neuer Textmischung gemacht. Diese gingnbsp;um so leichter vor sich, als mit dem 8. Jahrhundert das rein wissen-schaftliche Leben in den Klöstern und der englischen Kirche vonnbsp;seiner Höhe herabsank.®’ Als wichtigster Grund für das Ent-stehen eines neuen Mischtypus — diesmal freilich eines vorwiegendnbsp;hieronymianischen — kommt hinzu, daB das Interesse der angel-sachsischen Mönche um diese Zeit nicht mehr so sehr auf die Auf-nahme italischen Bildungsgutes gerichtet war als vielmehr darauf,nbsp;die erworbene hohe Kultur für die Heidenmission auf dem Konti-nent nutzbar zu machen.

Mit dem 7. Jahrhundert hatte sich in den frankischen Klöstern immer mehr der EinfluB Roms geltend gemacht in Gestalt dernbsp;Benediktinerregel, die wahrscheinlich von Gregor dem Grofiennbsp;eifrig propagiert wurde. Obwohl die Regel Columbans noch einenbsp;hervorragende Stellung einnahm, trat die andere ihr konkurrierendnbsp;zur Seite, und in den Stiftungsurkunden von Klöstern ist oft vonnbsp;der „regula sancti Columbani et sancti Benedict!quot; die Rede. Bis zum

Hierüber Bedas bekannter Brief an Ecgbert von York, Migne 94, 657ff. Die Synode von Clovesho (747) versuchte, diese Mifistande abzu-stellen. W. Hunt, 225!

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8. Jahrhundert eroberte sich die Regel Benedikts völlig das Feld.^* Damit aber ging keine durchgreifende Reform des Ellosterwesensnbsp;zusammen. Die Benediktinerregel konnte den Verf all des klöster-lichen Lebens unter Karl Mar teil und Pippin nicht auf halten.nbsp;Bischofs- und Abtstellen wurden als Erwerbsquellen benutzt, dienbsp;Mönche zogen frei umher, taten und liefien, was ihrer Neigung ent-sprach.23 Nur von aufien konnte dem absterbenden kirchlichen Lebennbsp;Hilfe gebracht werden, und sie kam ihm von England, dem Landnbsp;der Hochblüte religiöser Frömmigkeit und des Glaubenseifers umnbsp;700. Zum zweiten Male erleben wir, daS die kontinentale Earchenbsp;und damit die Kultur der bedeutendsten politischen Macht West-europas von Britannien aus nicht nur angeregt, vertieft, gebildet,nbsp;sondern auch nach auBen hin erweitert wird.

Schon der erste Angelsachse, der sich predigend auf dem Kon-tinent betatigte, Wilfrid von York,quot;!® mufi nach Bedas Worten^i einen wahren Kulturdienst verrichte! haben; „Evangelizans autemnbsp;genti episcopus Uilfrid, non solum earn ab aerumna perpetuae dam-nationis, verum et a clade infanda temporalis interitus eripuit.“nbsp;Seine mehr zufallige Arbeit wurde aber nach seinem Weggangnbsp;nicht weitergeführt. Erst zehn oder zwölf Jahre spater machen sichnbsp;Anzeichen bemerkbar, die auf das Expansivbestreben der angel-sachsischen Kirche hindeuten. Angelsachsische Könige begebennbsp;sich als Pilger nach Rom an die Graber der Apostel. König Cead-walla von Wessex kommt 688 in Rom an, sein Nachfolger Inenbsp;macht sich 729 dorthin auf. Coinred von Mercien und Offa vonnbsp;Essex ziehen 709 nach der heiligen Stadt (Beda V 19). Abernbsp;auch hohe und niedere Kleriker wallfahren nach Rom.^^ Aufierlichnbsp;betrachte! gehören diese Fahrten in die Reihe der Romfahrtennbsp;eines Benedict Biscop und eines Ceolfrid. Aber verschiedene Tem-

3* Hauck I 3076 39 Ib., 401 ff.

^^9 Seine Geschichte ausführlich bei Hunt, 12iff., 143 ff-, 153ff- Er wirkte in Friesland, wohin er verschlagen worden war, als er sich auf demnbsp;Weg nach Rom befand.

Hist. eccl. IV 13.

Beda, H. e. V 7. Auch Frauen haben den Wunsch, nach Rom zu pilgern: MG. Epp. III 263, 2771. Bonifatius muB zuweilen sogar von dennbsp;vielen Romfahrten ab raten, ib., 355.

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peramente, Beweggründe und Interessen lassen nun die Fahrt unternehmen. Der Gedanke an einen seligen Tod veranlafit Könige,nbsp;Mönche und Laien zu ihren Romfahrten,i3 wahrend Benedict Bis-cops Ziel war, Organisation und Lehre seiner eigenen Kirche dennbsp;römischen Grundsatzen gemaS zu reformieren. Es vereinigen sichnbsp;also in den Pilgerfahrten der Angelsachsen zu dieser Zeit die ver-schiedensten Beweggründe und geistigen Interessen; sie alle kommen dem Frankenreich zugute.

Wie wenig das Interesse für Mission und Mönchsleben und das für literarisches Wirken identisch sind, lafit sich an einer Persön-lichkeit wie Pirmin erkennen. Wenn er wirklich ein Angelsachsenbsp;war,^i so ist das Fehlen jeder literarischen gelehrten Bildung beinbsp;ihm nur erklarlich aus einem von den in der Canterbury-, Wear-mouth- und York-Schule sich beschaftigenden Mönchen völlig ver-schiedenen Geist und Temperament. Nur das praktische Leben hatnbsp;für ihn Bedeutung. Er sucht es zu organisieren, auf einer angemes-senen Höhe zu halten, wofür ihm die Regel Benedikts den Mafistabnbsp;abgibt. Er führt sie in seiner Gründung Reichenau (724) ein, be-festigt sie in den von ihm erneuerten oder gegründeten Klösternnbsp;Murbach, Maursmünster, Neuweiler, Schuttern, Gengenbach,nbsp;Schwarzach, Hornbach. Von Studiën, gelehrten, philologischen Be-strebungen ist in seinen Klöstern nichts zu verspüren. Das einzigenbsp;unter seinem Namen überlieferte literarische Produkt, die Dictanbsp;abbatis Pirminii, ist aus dem praktischen Interesse heraus entstan-den. Ohne Stilbedürfnis geschrieben, besteht dieses Werk aus Sentenzen und Verhaltungsmafiregeln für ein gottgefalliges Leben.nbsp;Dieses rein praktische Ziel erstreben auch die andern angelsachsi-schen Missionare. Ihre organisatorischen Fahigkeiten stehen im

Beda V 7: „ (Ini rex adiit Romam) cupiens in vicinia sanctorum locorum ad tempus peregrinari in terris, quo familiarius a sanctis recipinbsp;mereretur in caelis.“

Was man in Anbetracht seiner geringen literarischen und wissen-schaftlichen Interessen fast bezweifeln möchte (mit Hauck I 347, aus anderem Grunde). v. Schubert halt jedoch die Aussage auf seinem Epitaph für wahr und unanzweifelbar, MG. Poetae II 224:

„. . . Qui propter Christum praesentia gaudia mundi Spernens, pauperiem elegit atque sibi.

Deseruit patriam, gentem simul atque propinquos,

Ac peregrina petens aethera promeruit.“

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Vordergrund gegenüber den auf geistige Kultur sich richtenden. Das Ziel der Missionare bei den Friesen, Sachsen, Hessen undnbsp;Baiern war Belehrung und Bekehrung. Dabei ging man planmaBignbsp;vor. Schon zu Hause war man sich darüber klar, dafi es sich umnbsp;einen Liebesdienst handelte, den man den festlandischen Stammes-brüdern erwies.^s Man wuBte auch, dafi das Werk nur im Namennbsp;Roms unternommen werden konnte; die Autoritat des Papstesnbsp;muBte hinter der Bewegung stehen, wie Willibrord und Bonifatiusnbsp;erkennen lassen. Man organisierte einen Verbindungs- und Etappendienst, der für den Nachschub frischer Krafte zu sorgen hatte.^®nbsp;Der erste Angelsachse, dessen Friesenmission dauernden Erfolgnbsp;hatte, war Willibrord. 690 beginnt er seine Tatigkeit. Pippinnbsp;unterstützt ihn und gewahrt ihm die alte Kirche Utrecht als frie-sischen Bischofssitz. Willibrord aber will nur mit demEinverstandnisnbsp;des Papstes seine Unternehmungen als berechtigt und ordnungs-gemafi geiten lassen. Daher seine zweimalige Romreise. Als Erz-bischof der Niederlande kehrt er 696 aus Italien zurück. Verschie-dene Klostergründungen folgen noch, darunter als wichtigste dienbsp;von Echternach. Dieses Kloster wird noch unter Willibrord zunbsp;einem Vorposten gegen das Heidentum Hessens und Thüringens,^^nbsp;dessen Bekehrung von Bonifatius unternommen wird. Auch beinbsp;diesem steht das organisatorische Streben und die stete Verbindungnbsp;mit Rom als Kennzeichen seiner Missionsarbeit voran.^® 718 be-

Beda, V 9, spricht von Ecgberhts Absicht, den Heldenstammen zu predigen, „quarum in Germania plurimas noverat esse nationes, a quibusnbsp;Angli vel Saxones qui nunc Brittaniam incolunt, genus et originem duxissenbsp;noscunturquot;. Der Name „Altsaxones“ (MG. Epp. III 269) setzt voraus, daBnbsp;das Gefühl der Stammeszusammengehörigkeit zwischen den kontinentalennbsp;und insularen Sachsen sehr lebendig war.

Z. B. Wigberht an Lullus von Mainz (MG. Epp. III 422): „Quicquid tibi bonum videtur, hoe me fateor laeto animo fecisse et tuum salubre consilium in nullo sprevisse. Si tibi videtur, ut ad vos pergamus, utiles, utnbsp;credimus, viros et, ut aiunt, bonos in nostro desiderant esse comitatu.“

Nach den angelsachsischen Priesternamen in Thüringen zu urteilen, V. Schubert, p. 298.

In zahlreichen Stellen seiner Briefe kommt das zum Ausdruck, z. B. mg. Epp. III 351 ( an Cuöberht von Canterbury, 740-62): „Decrevimusnbsp;autem in nostro sinodali conventu et confess! sumus, fidem catholicam etnbsp;unitatem et subiectionem Romanae ecclesiae fine tenus vitae nostrae veilenbsp;servare; sancto Petro et vicario eius veile subici; sinodum per omnes annos

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gibt er sich nach Rom, wo Papst Gregor II. ihn zum Missionar der deutschen Stamme macht. Von da ab beginnt in den heidnischennbsp;Gegenden seinWirken mit dem Schaffen von Stützpunkten, wienbsp;Amöneburg, Ohrdruf, Fritzlar. Überall sorgt er für die Diözesan-einteilung. In Baiern und Hessen setzt er die Bischöfe von Regensburg, Freising, Salzburg, Büraburg, Würzburg, Erfurt ein. Dienbsp;Lebensarbeit des Bonifatius ist somit auf das Praktische, die Be-kehrung eingestellt, nicht etwa darauf, die Bildung in seinem eigenen Klems zu fördern. Dieser hatte seine Bildung in England emp-fangen und wollte nun ihre Früchte reifen sehen.^» In dieser Ab-sicht kommen Scharen angelsachsischer Mönche zu Willibrordsnbsp;und Bonifatius’ Unterstützung herüber. Adalbert, Alubert,Liafwine,nbsp;Willehad sind nur wenige, zufallig bekannte Namen. Gelehrtenbsp;Frauen bleiben nicht zurück, wie Lioba von Thanet, die in Tauber-bischofsheim Abtissin wird, oder Thecla in Kitzingen, die in ihremnbsp;engen Kreis auch tiefergehende Bildung verbreitet hat, Chunihilt,nbsp;Chunitrud. Die Persönlichkeit des Bonifatius ist für den Geist, dernbsp;sich mit der angelsachsischen Mission ausbreitete, charakteristisch.nbsp;Er erstrebt Festigung des aufieren Bestandes des Christentums innbsp;Verbindung mit dem papstlichen Stuhl. Der Papst ermahnt dienbsp;germanischen Stamme, Bonifatius als ihren Primas anzuerkennen;nbsp;dieser bittet den Papst, seine Neugründungen zu bestatigen.so Lui,nbsp;Burkhard, Willibald, Dadanus folgen ihm in dieser Hinsicht.

Die doppelten Beziehungen der angelsachsischen Missionare zu England und zu Italien bringen es mit sich, daB der von ihnennbsp;verwendete Bibeltext gute Vulgata ist oder doch anfangs war. Einnbsp;congregare; metropolitanos pallia ab illa sede querere; et per omnia prae-cepta sancti Petri canonice sequi desiderare, ut inter oves sibi commen-datas numeremur.“

Bonifatius ermahnt nicht zum Studium, sondern zum Missionieren, MG. Epp. III 294 f.

MG. Epp. III 258, 266; 299 (an den Papst): „lila tria oppida (= Würzburg, Büraburg, Erfurt) sive urbes, in quibus constituti (episcopi)nbsp;et ordinati sunt, scriptis auctoritatis vestrae confirmari et stabiliri precantesnbsp;desideramus, ... ut, si Dominus voluerit, per auctoritatem et praeceptumnbsp;sancti Petri iussionibus apostolicis fundatae et stabilitae sint tres in Germania episcopates sedes, et ut praesentes vel futurae generationes nonnbsp;praesumant, vel parrochias corrumpere vel violare praeceptum apostolicaenbsp;sedis.“

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Vertreter dieses Textes ist die Hs. F, die vielleicht Bonifatius gehórte. Sie bietet, wie das der im Auftrag Viktors von Capua ge-schriebene Codex erwarten la6t, den süditalischen, hieronymianischen Text, der weitgehend mit den Hss. AY übereinstimmt:

Jo. V4, es stimmen überein; AASYFEp*H*XMr; XI 22 om deus A S Y F; Mt. XIII 54 virtutes : virtus AY F Ep* H* O X;nbsp;XVII5 complacut : complacuit f g^* qAYMFO*XCTH0; 14nbsp;homo genibus provoluHs (: provolutus vulg.) ffjg^AYMFOXCTnbsp;QEpB0; etc.

Wahrscheinlich sind noch mehr Hss. italischen oder nordhum-brischen Textes — und damit der reine hieronymianische Text — nach dem Kontinent gekommen. Das legt die Hs. H nahe, die annbsp;sich die Eigentümlichkeiten des Theodulfschen Rezensionstextesnbsp;aufweist. Aber ihre Grundlage ist ein auffallend reiner Vulgatatext,nbsp;der meist mit den nordhumbrischen Hss. zusammengeht. Die einzignbsp;mögliche Erklarung dafür ist, daB eine der nordhumbrischen Hss.,nbsp;wie sie im Laufe des 8. Jahrhunderts in groBer Zahl auf das Festlandnbsp;gekommen sein müssen, die Vorlage von H* bildete, und dafi H* dannnbsp;nach dem theodulfianischen Text korrigiert und glossiert wurde.“inbsp;Nur wenige Beispiele seien angeführt;

Wordsworth-White, p. 709, konstatieren, dafi H* und die nordhumbrischen Hss. eine Familie bilden. Die daselbst geaufierte Verwunderung dartlber, dafi zwei so verschiedene Hss. bzw. Hss.gruppen, die raumlichnbsp;und zeitlich weit voneinander getrennt sind, einen und denselben Textnbsp;haben, ist nicht ganz berechtigt angesichts der Tatsache, dafi unter Bonifatius und seinen Genossen ein reger Hss.austausch mit England vor sichnbsp;ging. Zwar konnten wir keine direkte Beziehung angelsachsischer Missionarenbsp;zu St. Hubert, der Heimat von H, feststellen, obwohl solche bestanden habennbsp;mogen. Aber in der Chronik des Klosters (aus der Mitte des 11. Jahrhunderts)nbsp;wird erzahlt (MG. Scriptt. VIII 569), dafi bei der Translation der Leiche desnbsp;Heiligen am 30. September 825 Ludwig der Fromme dem Kloster „etiamnbsp;multa dona contulit regia largitione, quae licet deperierint vel temporumnbsp;vetustate, vel vastatorum distractione, ex eis tarnen quaedam nostris adhucnbsp;temporibus supersunt ecclesiae. Superest optimm sanctorum evangeliorumnbsp;textus, auro gemmisque paratus; superest psalterium auro scriptum pernbsp;denos psalmos capitalibus litteris distinctum . . .“ Wie die Anmerkung desnbsp;Herausgebers besagt, ist dieser Psalter heute noch bekannt. Der Evan-geliencodex mag leicht ein nordhumbrischer Text gewesen sein, und wennnbsp;nicht H selbst, so doch ein Vorfahre davon. H steht traditionslos in dernbsp;Reihe der theodulfianischen Bibeln (Berger 180), kann also durch eine

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Mt. XIII 54 virtutes: virtus A F Y H* O X Ep*; XXI31 prhnus ; novissimus AYFZ*H* .. Mc.III10, ii Trennung so: ut ülumnbsp;tangerent. Quotquot autem (om vuig.) hahebant plagas A Y O Xnbsp;H D Ep R K Mr; 14 praedicare evangelium vett AY O X H 0...; Jo.nbsp;XI 4 per eum (: earn vuig.) A* AS YH 0 ZOEpBRJK V; Mt.nbsp;XVII11 om eis vett A H; Lc. VIII 2 2 in naviculam: in una naviculanbsp;A Y H; XVIII3 9 clamahat: clamavit A Y H; XX 14 inter se : in senbsp;AYH; Jo. VI3 in montem : in monte AYH; etc.

Wenn auch H nicht schlechthin ein Text des nordhumbrischen Typus ist, so bildet diese Hs. doch einen Beweis dafür, daB durchnbsp;die angelsachsische Mission nordhumbrische Hss. auf das Festlandnbsp;gelangten. Dafür haben wir auch direkte Zeugnisse, denn wir hörennbsp;in dieser Zeit von einem überaus lebhaften Hss.-Austausch zwischennbsp;den verschiedenen Zentren monastischer Gelehrsamkeit. So schicktnbsp;Papst Paul an König Pippin Bücher aus Italien, „ so viel wir findennbsp;konnten; ein Antiphonale und Responsale, dazu die Ars grammatica des Aristo(te)les, die Geometrie, Orthographic und Grammatiknbsp;des Dionysius Areopagita, alle in griechischer Sprache geschrieben;nbsp;auch ein nachtliches Stundenbuchquot;.®^ Die stetige Verbindung desnbsp;Bonifatius mit Eadburh (oder Bugge), Abtissin von Minster (aufnbsp;Thanet), laBt erkennen, wie sehr in den neu christianisierten Ge-bieten Bücher gebraucht wurden.®® Mit Canterbury, Winchester,nbsp;York tauscht Bonifatius Hss. aus.®^ Die Nachrichten darüber lassennbsp;den SchluB zu, daB in den neugegründeten und von Angelsachsennbsp;besuchten Klöstern das Abschreiben von Büchern und der Unter-richt in der Heiligen Schrift nicht vernachlassigt wurden. Von Bonifatius selbst hort man, daB ihm das Lesen, Lemen, Interpretierennbsp;der Bibel eine Hauptbeschaftigung war.®® Die Pflege der Bibelnbsp;wird in den von ihm gegründeten Klöstern und Schulen einenbsp;wesentliche Rolle gespielt haben. Meist sind die Mönche und Ge-solche Schenkung sehr gut als von auBen hineingetragen erklart werden.nbsp;Über H als theodulfianischen Text Berger, p. 179.

®^ MG. Epp. in 529.

®® MG. Epp. III p. 264, 281, 286, 308.

®^ Bonifatius an Nothelm von Canterbury mit der Bitte um Bücher ib., p. 283!.; an Daniel von Winchester 329; an Eadburg von Thanet 338; annbsp;Ecgberht von York 346, 376. Ahnliches bei Lullus von Mainz ib., 403,nbsp;4i3f., 427.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;®® Vita, MG. Scriptt. II 337.

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lehrten, die sich ihr widmeten, Angelsachsen gewesen, wie etwa die beiden Hewalds; Beda (V, lo) berichtet, daS einer von ihnennbsp;„magis sacrarum litterarum erat scientia institutus“. Doch wienbsp;sehr auch das philologische Studium gepflegt wurde, die Höhe, dienbsp;es in England um 700 erreicht hatte, konnte es auf dem Kontinentnbsp;nicht beibehalten. Das klassische Studium der angelsachsischennbsp;Mönche, wie Aldhelm und Beda es trieben, war insofern uninter-essiert, als es nur dem Stoffe, dem Gegenstand zuliebe unternommennbsp;wurde und so wahrhaft klassisch war; daB es auch einen praktischennbsp;Nutzen für den Unterricht hatte, kam erst in zweiter Linie. Ald-helms Dichtung entstand in bewuBtem Wetteifer mit der klassischennbsp;Kunst, aus der Sehnsucht nach der Formung an sich. So wirktennbsp;auch die gelehrten Mönche in Canterbury und Wearmouth; sienbsp;lehrten zwar, aber daneben erfreuten sie sich in uninteressierternbsp;Arbeit am klassischen Vorbild der antiken Dichter. Diese Geistes-art war die des Gelehrten oder Humanisten. Sobald aber dennbsp;Mönchen die praktische Tat, die Missionsarbeit als Aufgabe erschien,nbsp;diente der erlernte BildungsstofF einem Zweck, er wurde dem Lebennbsp;dienstbar gemacht. Der Gelehrte in der Mönchszelle wird zumnbsp;Prediger, Lehrer, Erzieher. Dieser Wandel ging in der Tat mit dennbsp;Angelsachsen, die sich der Mission widmeten, vor sich; „ Qui propriisnbsp;sibi more apostolico manibus victum vestitumque instanter laborandonbsp;adquisierunt, sicque rumor praedicationis eius (== des Bonifatius)nbsp;difFamatus est, in tantum inolevit, ut per maximum iam Europaenbsp;partem fama eius perstreperet, et ex Britaniae partibus servorumnbsp;Dei plurima ad eum, tam lectorum quam etiam scriptorum, aliarum-que artium eruditorum virorum congregationis convenerat multitude.nbsp;Quorum quippe quamplurimi regulari se eius institutione subdideruntnbsp;populumque ab erratica gentilitatis profanatione plurimis in locisnbsp;evocavere.quot;®® Der Gelehrte wird damit zum Missionar. Hinter diesemnbsp;Wandel aber steht ein Wandel des Geistes, eine neue Idee dernbsp;Frömmigkeit und des Lebenszieles, und das auBert sich auch in dernbsp;Art der Behandlung des Bibeltextes. Er wird nicht mehr um seinernbsp;selbst willen kopiert, sondern aus dem Bedürfnis heraus, das Wortnbsp;Gottes den jungen Christen zu vermitteln und neue Christen zunbsp;gewinnen. Der Sinn und Gehalt, der symbolische und allegorische

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Inhalt des evangelischen Wortes wird benötigt, um damit zu wirken. Dazu braucht man nun den Bibeltext. Noch Wilfrid von York scheintnbsp;sich zwar um die reine Form des Textes bemüht zu haben.^^ Boni-fatius aber offenbar nicht mehr. Er braucht Hss. als Bücher undnbsp;Unterrichtsmaterial. Die Sorge für die Textgestaltung fallt damitnbsp;ganz von selbst den Mönchen in den englischen und kontinentalennbsp;Klöstern zu, denen das Kopieren obliegt. Damit aber ist die Mög-lichkeit für Textanderung und besonders für Textmischung ge-schaffen. Alle die verschiedenen Möglichkeiten zur Einführung vonnbsp;Varianten in den Bibeltext sind da wieder gegeben, wo kein ein-heitlicher, bewufit auf die wortliche Form und den Buchstaben sichnbsp;richtender Geist hinter dem Text steht. In England wie auf demnbsp;Kontinent waren die Bedingungen für eine neue Textform verhanden. Irische, frühangelsachsische, nordhumbrische Texte gabennbsp;die Grundlage ab für einen Text, der kein neugeschaffener T3rpusnbsp;ist — die vorwiegende Beschaftigung im Missionswerk stand dernbsp;Beschaftigung mit etwas rein Formalem hindernd im Wege —, son-dern ein Mischtext. Wieder sehen wir, daB Mischtexte da entstehen,nbsp;wo lebendige geistige Regsamkeit herrscht. Gerade dadurch, daSnbsp;man in etwas anderem als einer auBerlichen Textform lebt, daBnbsp;man zum Verstandnis, zum tieferen Sinn durchdringen will, trittnbsp;die Textform als unwichtig nicht in den Vordergrund. Dagegennbsp;entsprechen andere, vielleicht gelaufigere Ausdrucksweisen, Varianten, den Sinn beeinflussende Anderungen oft besser der geisti-gen Einstellung der Schreiber und Benutzer der Hss. So kommennbsp;die Mischtexte zustande.

Aus Echternach, der Abtei Willibrords, stammt Ep (9. Jahr-hundert), eine Hs., die indirekt aus England (Nordhumbrien) kam. Die Schicksale, die der Text der Hs. durchgemacht haben muB,nbsp;haben aber nicht verhindert, daB seine süditalische Herkunft sichnbsp;noch in einer Note verrat, die besagt, daB er nach der Bibel desnbsp;Eugippius, des Abtes von Castrum Lucullanum bei Neapel, im An-fang des 6. Jahrhunderts korrigiert worden sei.®® Wir kennen den

Beda berichtet von ihm (V 19), daB er in Rom „quatuor evange-liorum libros ex ordine didicit“. In seinem Epitaph heiBt es:

„necnon et quattuor auro Scribi Evangelii praecepit in ordine libros “.

Berger, p. 52!.

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Weg, auf dem die süditalische Kultur des 6. und 7. Jahrhunderts nach England verpflanzt wurde, und den andern rheinaufwartsnbsp;zur Mosel und zum Main, den die angelsachsischen Missionarenbsp;gingen. Der Text von Ep ist auBerst interessant; nicht daB er einnbsp;klares, scharf zu umreiBendes Bild irgendeiner Textgruppe gabe;nbsp;aber er hat die typischen Züge eines wandernden Textes, einesnbsp;Missionstextes. Von allen Seiten stromen in den reinen süditali-schen Vulgatatext fremde Lesarten ein. Nur an verhaltnismaBignbsp;wenigen Stellen ist der ursprüngliche Charakter noch klar zunbsp;erkennen:

Mt. X12 salutate earn ohne Zusatz mit Vulgata AMO*Ep*; IV 5 assumit eum diabolus vuig. Ep* F M, gegen alle anderen:nbsp;assumpsit, Lc.XIX37 turhae discentium vuig.GM, dicentium'Es^,nbsp;gegen alle anderen: descendentium-,20 qui mala agit vuig.nbsp;M F Ep GI. Aber auch in nichthieronymianischen Lesarten ist dienbsp;Verbindung von Ep mit den nordhumbrischen Hss. offensichtlich:nbsp;Mt. X 3 mattheuspublicanus et (om vuig.) iacobusalpheiM A Y Hnbsp;Ep O C E Q R K Mr V W ? §; XIII47 ex omni genere pisciumnbsp;ZAYEpO'^X . . . vg; 54 virtutes : virtus FAYEp*OXH*;nbsp;XVII 14 provolutus : provolutis FMAYEpOXQCTGB;nbsp;XXI 31 primus : novissimus JZ*FAYEpOXLRCTH*B;nbsp;Mc. III10, 11 Trennung so (gegen vuig.): ut ilium tangerent. Quot-quot aiitem (om vuig.) habebant plagas AYEpOXRDHKMr;nbsp;Lc. 1X55,56 om die Verse FYEpDQGgat; Jo. V4, es stimmennbsp;überein: AASYFEp*H*XMr; XI4 earn : eum JZA*ASYEpnbsp;O H 0 B R K V; IX 3 manifestentur opera : manifestetur optis A Anbsp;SYEp*FMX*HBv; etc.

Darauf beschrankt sich nicht das Erbe, das der Echternacher Text aus seiner Heimat mitbekommen hat. Wir sahen, wie sich in Englandnbsp;eine Textmischung zwischen dem angelsachsisch-römischen Typusnbsp;Augustins und dem nordhumbrisch-italischen Texte herausbüdete,nbsp;deren letzter Grund in dem Aufgeben der klassischen Bildung innbsp;den englischen Klöstern zugunsten einer im Dienste des Papstesnbsp;stekenden, lebenskraftig sich ausbreitenden Missionstatigkeit zunbsp;suchen war. Dazu ist hier noch nachzutragen, daB auch Elementenbsp;des irischen Vulgatat3rpus in diesem Mischprodukt Aufnahme finden.nbsp;Der Gegensatz zwischen der irischen und angelsachsischen Kirchenbsp;in Britannien war um diese Zeit fast völlig geschwunden; beide

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I 12 nbsp;nbsp;nbsp;-

wirkten gemeinsam nebeneinander her. So ist das irische Element in Ep* ziemlich stark:

Mt. IV lo vade satanas : vade retro satanas Z* D E L Q R X*: Ep, abcffj. Die die Lesart bezeugenden Hss. besagen alles: die ausnbsp;Italien stammende (Z*vett) irische Interpolation findet im angel-sachsischen Text Aufnahme (X*quot;!) und gelangt mit den Missionarennbsp;nach Echternach. VIII i6 spiritus -f- inmundos vett ODEQEpnbsp;BK W; IX i8 dicens domine Z E R B Ep H 0 K Mr V Wvg;nbsp;XIII 43 uures -T audiendt DELQRT'^BEpH© Wvg; X22 innbsp;finem : usqioe in finem vett CTDELQRBEpH0K Mr V Z^ Wnbsp;vg; Me. IX 33 qui cum domi essent (: esset vulg.) C T D L Q R B Epnbsp;Hi0YWg(S(£;Xl32 timebant: timemus D L Q R G Ep Mr W ? @nbsp;6; XIII6 quia ego sum-\- christus DQgatEpH0; Lc.IIi4 paxnbsp;( in vulg.) hominibus P Y D L Q R T Ep Bv H 0 K Mr W vg;nbsp;VIII49 adprincipem (: a principe vuig.) cffgfCTDEQEpKMr

V nbsp;nbsp;nbsp;W vg.

Frühangelsachsische Bestandteile dieses Missionstextes sind etwa diese:

Mt. VI 2 2 oculus -h tuus vett O X Ep 0 K Mr W vg B E D L QCT; XVI 10 neque septem panum et (om vulg.) quattuor milianbsp;hominum vett L Q T O X Ep g-, XVIII9 unoculum : cum unonbsp;oculo J O X Ep K MrV E'^ Z‘= © 6; 19 quacumque : quamcumque F Cnbsp;J Q O* Ep K Mr V W vg, ein lehrreiches Beispiel, denn es zeigt,nbsp;da6 der angelsachsische Missionstext (etwa in Ep) aus England stammt,nbsp;wird doch sogar eine Hs. wie A danach korrigiert; XXI 26 habent:nbsp;habebant acg2fhqJOX*Ep0Ws©SDELQRT; XXII10 gt;nbsp;bonos et malos c f E R O X* Ep; XXVI 39 pater mi J Z B Q R®=gt;^nbsp;OX‘=EpHKMrVvg; Me. IV 10 qui ciim eo erant ( cum vulg.)nbsp;duodecim ZXEp 0 KMr V W vgC E I; VII 5 interrogant \ inter-rogabant Z O X Ep Ri 0 Mr V W vg G L R T; Lc. XIII3 2 tertianbsp; die vett JZOXEpHi0KMrVWvgDERTBBv; XIV 28nbsp;si habet: si habeat J Z O Ep K Mr V B vg; Jo. V 13 declinavit a (omnbsp;vulg.) turba constituta aeffa f IMFCTX A^Ep* Ri 0KMr V Wnbsp;Bv E vg; VIII 49 inhonoratis : inJionorastis Z R T F A X‘= Ep R 0 K

V nbsp;nbsp;nbsp;W vg; X 17 et {: ut vulg.) iterum sumam earn A A S Y O X Epnbsp;Ri0KMrVW; XXI 23 in : inter BERTlt;=XY=“R0EpKMrnbsp;VWvg.

Die Tatsache, dafi die angelsachsischen Missionare (im Falie

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von Ep ware an Willibrord zu denken) einen Evangelientext von der hier vorgeführten Form auf das Festland bringen, ist vonnbsp;Wichtigkeit für die Geschichte der Vulgata überhaupt. Demnachnbsp;haben die reinen nordhumbrischen Texte keine unmittelbare,nbsp;gröfiere Wirkung gehabt (mit Ausnahme eines noch zu besprechen-den Falies). Der Vulgatatext, der sich auf dem Kontinent aus-breitet, enthalt zwar noch nordhumbrische Eigentümlichkeiten undnbsp;stellt zuweilen beste Vulgata dar. Aber damit gemischt sind nicht-hieronymianische Lesarten, die aus anderen Typen, wie demnbsp;irischen und dem frühangelsachsischen, stammen. Der neue Misch-text veranlaBt zuweilen sogar die Korrektur der alteren Hss. innbsp;Nordhumbrien.

Zu den Hss. der angelsachsischen Mission gehören noch viele andere; so die Hs. zu Mayhingen, die ebenfalls Beziehung zu Ech-ternach hat, und deren Text mit Ep eng verwandt ist.®^ Auchnbsp;zwei Würzburger Hss. gehören hierher (Mp. th. q. I^ der „Codexnbsp;des heiligen Kilian“, und Mp.th.f. 6i), beide aus dem 8. Jahrhundert,nbsp;die sich durch die auffallige Interpolation Mt. XX28 vos mitemnbsp;quaeritis . . . auszeichnen, der wir noch begegnen werden. In Hss.,nbsp;die alter als das 8. Jahrhundert sind, scheint sie ein Spezifikum desnbsp;angelsachsischen Missionstextes zu sein. Sie findet sich in O H^snbsp;0, in einer Hs. aus St. Riquier, Bibl. Nat. 11504. 11505, u. a.®* Innbsp;andere Hss. scheint die Stelle aus altlateinischen Codices ein-gedrungen zu sein. Für die beiden Würzburger Hss. genügt sie,nbsp;um ihren Zusammenhang mit dem angelsachsischen Missionstextnbsp;zu erweisen.

Von den auf dem Festland bekannten und gebrauchlichen Vul-gatatexten haben wir nun zwei groBe Gruppen kennengelernt: Mischtexte, unter denen der irische Typus die hervorragendstenbsp;Stelle einnimmt; und hieronymianische Texte, die zwar nicht freinbsp;sind von anderen Elementen, die aber dem irischen Typus einnbsp;Gegengewicht gegenübersteUen. Dieser ist das 9. und 10. Jahrhundert hindurch noch lebenskraftig, wovon die Lesarten zweiternbsp;Hand (Marginalglossen) in Ep zeugen, die fast alle aus irischen

Berger, p. 52.

«« Ib., p. 158.

G i u n z, Britannien \ind Bibeltext

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Texten stammen. Varianten anzuführen erübrigt sich; sie bieten uns nichts Neues. Fast auf jeder Seite tritt uns im Apparat dernbsp;kritischen Vulgataausgabe die Kombination D E Ep”® L Q R ent-gegen.

2. Rezensionen der Vulgata auf dem Kontinent mit englischen Texttypen alsVorlage^

Die zweite Half te des 8. Jahrhunderts steht in kirchlicher Hin-sicht im Zeichen des Ausbaues und der Vertiefung dessen, was in der ersten vorbereitet, neu erworben und begonnen worden war.nbsp;Die Verbindung des Frankenreiches (und Englands) mit Rom, dienbsp;durch zahlreiche Pilgerfahrten gefestigt worden war, erhalt durchnbsp;die Befreiung Roms von der Langobardengefahr und die Grün-dung des Kirchenstaates unter Pippins Auspizien eine Art Sank-tionierung. Der Weg zum römischen Kaisertum deutscher Nation,nbsp;wie es unter Karl dem GroSen zustande kam, war geebnet. Der Aus-druck ist mehr als Name für ein auberliches Verhaltnis. Er be-zeichnet die grofie Synthese, die sich zwischen dem eindringendennbsp;klassisch-christlichen Geist und dem germanischen Wesen vollzog.nbsp;Christentum und Volkstum verschmolzen miteinander so innig, wienbsp;es zuvor bei keiner anderen christlichen Macht des Abendlandesnbsp;der Fall gewesen war. Hier war die Entfaltung des Gutes, das dasnbsp;Christentum in seiner Sendung zu spenden hatte, am vollkommen-sten gewahrleistet. Nicht den geringsten Anteil an der Blütezeit,nbsp;die man wohl die karolingische Renaissance genannt hat, hat dienbsp;Persönlichkeit des Kaisers, in dessen Umgebung sich eine verfei-nerte Geisteskultur entfaltete, innerhalb deren nun die Textge-schichte der Vulgata weiter zu verfolgen sein wird. Denn Karlsnbsp;mehr politische Unternehmungen, die Bekehrung der Sachsen, dienbsp;Mission unter den Slawen und Awaren, die Kampfe gegen dienbsp;Mauren in Spanien verfolgten Ziele, die lediglich die Sicherung undnbsp;Abrundung des Reiches betrafen, wobei das Christentum die wich-tigste Hilfe bot. Hier war für die Weiterentwicklung der Vulgatanbsp;kein Boden. Anders war es schon in Friesland. Hier mubte dienbsp;von Bonifatius liegengelassene Arbeit fortgesetzt werden, wobeinbsp;wiederum Angelsachsen die Hauptarbeit verrichteten. Alubert vonnbsp;York wurde Bischof von Utrecht; Liafwine, Willehad u. a. kamen

Vgl. hierzu Karte 3.

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zur Mission herüber. Aber wahrend die Angelsachsen früher aus freiem Antrieb oder im unmittelbaren Auftrag des römischen Stables gewirkt batten, traten sie nun in den Dienst Karls.2 Die An-regungen verscbiedenster Art, die sie brachten, warden völlig assi-miliert, gingen von der engliscben Kaltar über in die frankiscbe.nbsp;Verscbiedenartige Ströme vereinigen sicb in der Tat in der karo-lingiscben Kaltar; aber sie taacben darin anter and werden znnbsp;etwas Neaem, Originellem, Macbtigem, das sicb in der Herrscber-persönlicbkeit Karls, in der tbeokratiscben Anffassnng seines Am-tes3 vielleicbt am reinsten offenbart.

Das wicbtigste Feld angelsacbsiscber Wirksamkeit war das des gelebrten Arbeitens. Karl selbst wnfite, welcbe Werte in einernbsp;boben Geistesknltnr and im Vorbandensein eines gebildeten Stan-des lagen. Einbard erzablt von seines Kaisers Lerneifer.* Ernbsp;batte ein Urbedürfnis nacb Bildang, Wissen and Erkenntnis. Allenbsp;Unklarbeit bennrnbigte ibn. An Papst Leo III. ricbtete er Eragennbsp;über die Anslegnng nnklarer Bibelstellen.s Den Iren Dangal be-fragte er über Natarerscheinnngen.® Von Petras von Pisa liefi ernbsp;sicb in der Grammatik nnterricbten.^ Ancb bei andern war ibm Un-wissenbeit verbafit. Von den Volkserziebern, den Priestern, ver-langte er einen sicberen Bildangsgrand and ein bestimmtes Wissen.nbsp;Vorscbriften in seinen Kapitnlarien scbarften dies immer wiedernbsp;ein.8 So gat er die Unfabigen ibres Amtes entsetzte, so gut wufite

2 Wie sehr dieser sie schatzte, geht aus seinen freundschaftlichen Be-ziehungen zu König Offa von Mercien hervor. Karl verheifit angelsachsi-schen Romfahrern Schütz, Wilh. v. Malmesb., Gesta reg. Angl. I § 93 (Migne 179, col. 1043); „De peregrinis vero, qui, pro amore Dei et salute animarumnbsp;suarum beatorum apostolorum limina desiderant adire, cum pace sine omninbsp;perturbatione vadant.“

^ Auch sie ist von den Angelsachsen (Bonifatius) angeregt worden: V. Schubert, 358 ff.

^ Vita, MG. Scriptt. II455.

^ MG. Epp. V93f. (Leos Antwort).

** Hauck, II159.

^ Einhard, § 25.

® Hauck, Deutschland und England in ihren kirchlichen Beziehungen, Leipzig 1917, p. 24ff. — Schon 769 erlaSt der junge Herrscher strengenbsp;Vorschriften gegen Ignoranz der Priester, MG. Leges II (Capit. I), Cap. vonnbsp;7^9; § 15, 16. Auch spater (802) die Capitula de examinandis ecclesia-sticis, p. 109, u. ö.

8*

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er auch die geeigneten Manner herauszufinden, die seiner Absicht entsprechend zu wirken imstande waren. Bekannt ist die Berufungnbsp;Arns zum Erzbischof von Salzburg, Leidrads zum Erzbischof vonnbsp;Lyon, Theodulfs von Orleans. Die gelehrte Atmosphare, die sichnbsp;in der Hofschule verdichtete, war den Angelsachsen, Iren undnbsp;Italienern zuzuschreiben. Die Dienste aller suchte Karl zum Unter-richt seiner Kleriker zu gewinnen.^ Gelehrte, die der alten Spra-chen und der Kenntnis der Grammatik machtig waren, suchte ernbsp;mit allen Mitteln an sich zu fesseln. So kam Paulus Diaconus innbsp;seine Nahe, den es am frankischen Hof stets nach seiner Heimatnbsp;zog, und der ganz in der antiken Schönheit und Formkultur Italiensnbsp;lebte, und man hat mit Recht gesagt,i“ dafi er vielleicht die reinstenbsp;Verkörperung des Ideals war, das Karl vorschwebte. SeineWerke,nbsp;vor allem die historischen, zeigen die klassische Ausgeglichenheitnbsp;und stilistische Klarheit, die an die römischen Historiker erinnert,nbsp;und die Karl selbst erstrebte.

An all dies mu6 man sich erinnern, um die persönliche Stellung des Kaisers zur Textkritik zu verstehen. Zwar fragt er den Papstnbsp;über die Auslegung und nicht über den Wortlaut strittiger Evan-gelienstellen. Doch darin aubert sich die allgemeine Grundhaltungnbsp;nicht nur seiner Zeit, sondern auch des ganzen frühen Mittelalters.nbsp;Die Sinnerklarung der Bibel, ihr Inhalt, der sich unter der tropi-schen, allegorischen Form verbarg, war das wesentliche Ziel dernbsp;scientia divinarum litterarum. Das Neue in der nun aufblühendennbsp;Kultur des Frankenreiches war aber, dab für dieses Schriftstudiumnbsp;nun ein sinngemaber, konsequenter, philologischer Unterbau gelegtnbsp;wurde. Der formalistische Zug im Wesen des Kaisers und seinernbsp;Gelehrten ist aus seiner Sehnsucht zur klaren, klassischen, ein-deutigen Form heraus zu verstehen, die in ihm durch seine Be-kanntschaft mit der italischen Kultur erweckt worden zu sein

® Vgl. Ademari Historiarum Liber II 8 (MG. Scriptt. IV ii8): „Et domnus rex Karolus iterum a Roma artis grammaticae et computatoriaenbsp;magistros secum adduxit in Franciam, et ubique studium litterarum expan-dere iussit. Ante ipsum enim domnum regem Karolum in Gallia nullumnbsp;studium fuit liberalium artium.“ Dazu Einhard, Vita § 25 (MG. Scriptt.nbsp;II 4564

V. Schubert, 742.

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— nbsp;nbsp;nbsp;117nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;—

scheint. Was ihm dort an Kultur entgegengetreten war, hat sicher einen grofien Eindruck auf ihn gemacht, obwohl die Quellen hier-über nicht viel zu sagen wissen.^ Karl fühlte sich in Italien alsnbsp;Erbe der römischen Kaiser und damit als Fortsetzer und Erneuerernbsp;ihrer Kultur. Wahrscheinlich faSte er die römische Kaiserzeit alsnbsp;einen Anfang, eine Vorstufe auf, die von ihm nun erfüllt, zumnbsp;Leben gebracht und verwirklicht werden sollte. Die allgemeinnbsp;mittelalterliche Anschauung über das Verhaltnis der Antike zurnbsp;neuen Ara und Karls Auffassung von seinem Amte im besonderennbsp;lassen diesen Schlufi als durchaus berechtigt erscheinen.i^ Die Synthese, die sich unter ihm vollzogen hat, ist aufierst fruchtbar ge-wesen. Antik-romanische Form verband sich mit dem germanischennbsp;Wahrheitsstreben und Einfühlungsvermögen. Das ist in allen neuennbsp;Zügen, die in Karls Zeit hervortreten, zu beobachten, nicht zuletztnbsp;auf dem Gebiet der Bibeltextwissenschaft, der scientia divinarumnbsp;litterarum?-^ Die berühmten Interpretatoren und Kommentatoren

11 Wir können indirekte Schlüsse ziehen, dafi Italien sehr stark auf Karl wirkte, etwa aiis Einhard § 27.

13 Die Kaiserkrönung mag ein Zeichen dafür gewesen sein, daS der Frankenherrscher gesonnen war, die unterbrochene Tradition des Imperiumnbsp;Romanum in neuem Geiste und gröBerer Vollendung in seinem christlichennbsp;Staate wieder aufzunehmen. Das Verhaken Karls in Italien, seine Stellungnbsp;zu diesem Land bezeugen dasselbe. Die Schutzherrschaft, die er über dennbsp;Papst und seinen Staat ausubte, und seine RomzUge, die zu engstemnbsp;Verhaltnis mit dem Papst führten, entsprangen dieser Idee. Nur in Ver-bindung mit dem Christentum, das die eigentliche Seele seines Staatesnbsp;war, konnte er seine Idee verwirklichen. Die „wirkliche Herrschaft“, die dernbsp;König allmahlich über den Papst und Italien erhielt, war nur die Folgenbsp;dieser sich auswirkenden Idee. Aber der Papst sollte und konnte dabeinbsp;nicht ausgeschaltet werden. Es ist keine politische Berechnung auf beidennbsp;Seiten, der es um das Feilschen um Rechte oder um die Befriedigung vonnbsp;Machtgelüsten zu tun gewesen ware, wie das in der Darstellung v. Schubertsnbsp;(§ 24) erscheint. Keinesfalls wurde Rom zu einer frankischen Stadtnbsp;(• P- 349)- Es naherte sich für kurze Zeit einer Stadt des neuen Imperators,nbsp;in dem germanische Königswürde neben der christlich-antiken Kultur, dienbsp;im Papst reprasentiert war, beieinander wohnten.

Der romanischen Form gibt Karl den Vorzug. Vgl. die schone Episode bei Ademar, Hist. Lib. II 8 (MG. Scriptt. IV n 8), wo Karl über die Annahme des römischen oder des gallikanischen Antiphonars entscheidennbsp;soil. Er fragt: „Dicite palam, quis purior est et quis melior, aut fons vivusnbsp;aut rivuli eius longe decurrentes? “ und auf die Antwort hin fallt er die

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sind seine Zeitgenossen oder leben kurz nach ihm; Alkuin, Hraba-nus Maurus, Walafrid Strabo, Paschasius Radbertus. Und neben ihnen stehen die Manner, die sich um die Erhaltung des Buch-stabens, des Wortes, der Sprache des materiellen Textes bemühen,nbsp;ohne dessen einheitliche, feststehende Form Fragen der Texterkla-rung nicht in Angriff genommen werden können.

Die auslandischen Gelehrten, die aus Italien, Spanien, England stammten, aus Landern, wo die literarische Wissenschaft gepflegtnbsp;wurde, beschaftigten sich mit der Festlegung des Bibeltextes;nbsp;Leidrad von Lyon schreibt an Karl, daB er sich mit dem Abschrei-ben und dem Herstellen von Büchern befaflt habed^ Nicht un-mittelbar von Karl ging die Rezensionsarbeit Theodulfs, des Erz-bischofs von Orléans (798?-8i8), aus; aber sie entsprang einemnbsp;Geiste ahnlich dem, der in des Kaisers unmittelbarer Umgebungnbsp;herrschte. Die klassische Bildung hatte Theodulf sich in seiner Heimat Spanien oder Septimanien erworben. Nach seinernbsp;Flucht vor den Mauren von Karl zum Erzbischof gemacht, scheintnbsp;er sich vorwiegend literarischen Studiën gewidmet zu haben. Da-von geben seine Gedichte Zeugnis. Das klassisch-antike Vorbildnbsp;verleugnen sie nirgends. Ob sie einfache Schilderungen geben,nbsp;oder voll Satire und Scherz über den Hof und einzelne Charakterenbsp;lacheln, stets ist die Form das Mafigebende. Er ist „eine selbstandignbsp;empfindende, reich ausladende künstlerische Natur gewesen, der esnbsp;Bedürfnis war, sich mit Schönheit zu umgeben“.i5 Sqnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;gg gjgjj

erklaren, daö wir bei ihm das Bedürfnis auch nach festem Wort-laut und klarer Form des Bibeltextes finden, wobei der andere Grund nicht zu vergessen ist, dafi er als Praktiker und Diözesan-oberhaupt für die Bedürfnisse seines Sprengels zu sorgen hatte,nbsp;was er, nach seinen Kapitularien zu urteilen, mit grofier Umsichtnbsp;tat.i® Dafi er nicht dem engeren Kreis um Karl angehörte, ist die

Entscheidung: „ Revertimini vos ad fontein sancti Gregorü, quia manifeste corrupistis cantilenam aecclesiasticam.“

MG. Epp. Karol, aevi II 543.

V. Schubert, 754.

Mansi, Sacr. Gone. Coll. XIII, col. qgóff. Er ordnet das Studium der Bibel an, cap. ii: „Oportet vos et assiduitatem habere legendiquot;; c. ni:nbsp;„Per usum namque lectionis discetis qualiter et vos vivatis, et alios docea-tis“; c. xx: „Presbyteri per villas et vicos scholas habeant, et si quilibet

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Ursache für das Episodische seiner Rezension, die es nicht zu einer völlig durchgearbeiteten Gestalt bringt, sondern im Stadium dernbsp;Materialsammlung steckenbleibt, indem an zweifelhaften Stellennbsp;Alternativlesarten als Glossen hinzugesetzt werden.^’

Als Grundlage diente Theodulf der spanische Mischtext der Vulgata, jener Typus, dessen Wandern rhoneaufwarts bis nachnbsp;Lyon wir schon verfolgten. Auf diesem Weg wirkten sich noch imnbsp;8. und g. Jahrhundert die spanischen Einflüsse auf das frankischenbsp;Reich aus. Das Verbindungsglied war Septimanien, das seit demnbsp;Verdringen der Mauren in Spanien zum Zufluchtsort für die spanische christliche Kultur wurde. Einige Übereinstimmungen zwi-schen den spanischen und den theodulfianischen Hss. seien an-gef ührt;

Mt. XXV 44 respondebtmt -h eï’ C T Hlt;= 0 W vg; Mc. VII 4 a foro -j- quum venerint vett THi0; XV 35 om ecce X*TC0: 46 ad-voluit: adposuit CT0; Lc. XXIII 10 etiam : autem X*DGCT0vg;nbsp;Jo. IX 8 videlant: viderant b f C T W vg; XIX 12 omnis -f enimnbsp;afqCTH0K?@6; XX 22 dicit: dixü C T H 0 @ (S; etc. Wordsworth-White geben im Epilogus ihrer Ausgabe eine grofle Zahlnbsp;ahnlicher Falie.

Man sieht schon hier, wie der Codex Memmianus (0, Anfang des fidelium suos parvulos ad discendas litteras eis commendare vult, . . . cumnbsp;summa caritate eos doceant“; ahnlich c. xxi.

Von seiner Lesarten und Textformen sammelnden Tatigkeit als Textrezensent gibt Theodulf selbst (für den Psalter) ein Bild in den Wid-mungsversen einer Hs. (MG. Poetae Lat. I541):

„Nam tibi Psalterium praecepi scribier istud,

Argento atque auro quod radiare vides.

Quo prior Hebraeo concordat pagina vero,

Editio ut prisca est mox habet inde sequens.

Quas bene Hieronymus hanc transfert, corrigit illam.“

Über Theodulf und seinen Bibeltext vgl. Berger, p. 145ff; L. Delisle, Les Bibles de Théodulfe, Paris 1879 (Extrait de la Bibliothèque de 1’école denbsp;Chartres, t. 40); ders., Le Cabinet des manuscrits, Planches 21, 3; übernbsp;den Inhalt ib. 3, 24 if. — Hohen textkritischen Wert schreibt neuerdingsnbsp;H. Quentin, L’établissement du texte de la Vulgate (24gff., 288ff.) dernbsp;Theodulfschen Rezension zu; mit wieviel Berechtigung, kann hier nichtnbsp;untersucht werden. Jedenfalls ist des Verfassers völliges AuSerachtl assennbsp;der Textgeschichte seiner auf ihre Art mustergultigen Arbeit nicht zumnbsp;Vorteil ausgeschlagen.

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g. Jahrhunderts; ihm sehr verwandt ist die Hs. von Le Puy, sowohl in der prachtigen Ausstattung wie im Text) besser zum spanischennbsp;Mischtext stimmt als der Hubertianusnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;der ja in den Les-

arten erster Hand, wie wir sahen, nordhumbrischen Text aufweist.

Welches ist nun die Quelle, der Theodulf in seiner Rezension des alten spanischen Typus folgt? Schon Berger macht in seinernbsp;Besprechung von 0 darauf aufmerksam, daB der Codex in einigennbsp;Zügen eine enge Verwandtschaft mit dem Amiatinus aufweist (be-sonders in den Capitula); im Text aber ahnele er sehr dem irischennbsp;T}rpus.i® Die Wahrheit liegt in der Mitte. Jene Textform, in dernbsp;nordhumbrische und irische Textelemente sich aufs engste ver-einigen und einen Text von ausgesprochenem Mischcharakternbsp;ergeben, ist der Text der angelsachsischen Missionare, den wir imnbsp;östlichen Frankenreich in einigen Hss. nachweisen konnten. Hiernbsp;sehen wir nun, wie allgemein jener Text auch im übrigen Reichnbsp;verbreitet gewesen sein muB; aber dies auf eigentümliche Art. Imnbsp;westlichen Frankenreich fehlte dem angelsachsischen Missionstextnbsp;eine Triebkraft, die ihm auch hier Eingang verschafït hatte. Nurnbsp;der Hof des Königs, der Aufenthaltsort gelehrter Angelsachsen,nbsp;konnte das Verbindungsglied gewesen sein, das Theodulf ebensonbsp;wie Alkuin mit angelsachsischen Hss. versah. Vielleicht habennbsp;Manner wie der Angelsachse Beornrad, ein Gelehrter, den Karl innbsp;seinen Dienst genommen hatte, der mit Alkuin in Gedankenaus-tausch stand, und der 777 Leiter des Klosters Echternach wurde,^»nbsp;desselben Ortes, an dem der erste angelsachsische Missionstext (Ep)nbsp;auftaucht, Hss. des angelsachsischen Typus nach Westen gesandt.nbsp;So werden angelsachsische Hss. am Hofe und in der Schule Karlsnbsp;bekannt geworden sein. Theodulf hat sie als Norm für seinennbsp;Text benutzt:

Mt. XIX 29 agros aut domos 10 H”s 0; XX 28 -J- vos autem quaeritis etc. . . . vett OH“e0; XXIV 42 om vuig.; den Vers ent-halten vett ZOXH^0ERBT?®,gr. D, 13. 69; Mc. V 15 sanaenbsp;mentis 4- qui habuerat legionem OH^0BMr; VIII 27 quem i7ienbsp;dicunt esse homines filium hominis OHi0B;Jo. V4 stimmen

1® Berger, p. 17911.

19 Berger, p. 150, 158.

Hauck, II128. Beornrad war auch Erzbischof von Sens, hatte also vielleicht schon deshalb nahere Beziehung zu Theodulf von Orléans.

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überein E Q Bv GCTOH‘^0KVWvgc fFlt;=2 d. Dazu noch; Mt. III 9 potest: potens est vett J E B X*nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;0 K Mr W vg; XVI 3

non potestis scire ZO‘=H0‘=KMrVW@6, eine typisch angel-sachsische Missionslesart; XXI 26 habent’. hahebant aggfqhcJO X*Ep0DELQRTW?@6; XXII 43 ait ittis iesus i Onbsp;0BDEQR; XXIII 25 sunt : estis e f ffi cCTDRX 0 W vg;nbsp;XXVI sedsicut tu-\-vis abh gg fFg r c Z* Y‘=0 Xnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;© BDEEp^e

L Q R T; 61 aedijicare : reaedificare Os* 11“= © Ep™s D W vg; Mc. 11o et spiritumsanctum Z O H*: 0 Rlt;= III 9 deserviret: deservirentnbsp;Z2Y‘=XHlt;=0KGE‘=W?@; VI 39 praecepit illis iesus abfdO

© Mr B; XIII i quales structurae templi vett Z O X* 0 Mr B L Q T; etc. Oft tritt auch das Zeugnis des angelsachsischen Misch-textes Ep hinzu; Mt. IX 18 dicensdomine ZEpH0KMrVWnbsp;vgBER; XII 49 discipulos -f- suos vett ZFJX*EpH*0KMr Vnbsp;WvgBDELRT; XIV 12 corpus eius it. J Ep 0 K Mr Wc®nbsp;D E Q RT; XXI 41 vineani suam E O* Ep™® 0 W vg; Jo. I 9 innbsp;hunc (om vuig.) mundum vett C T Os* Ep H 0 Mr W vg DER; etc.

GemaB der Natur des angelsachsischen Mischtextes finden sich zahlreiche irische Lesarten in H^©, andererseits aber auch reinnbsp;nordhumbrische:

Mt. XIV 3 propter herodiadem uxorem -\-phüippi b h f q ffg gg D E Epn's Q R 0; XXI 7 pullum eius c B E 0; XXIV 10 in-vicem se a ffj D E Ep Q R 0; Jo. IX 2 interrogaverunt eum nbsp;dicentes vett Z* D R H 0. Nordhumbrische Lesarten sind: Mt. XIII5nbsp;habebant \ habebat hdfff2qMZFAYOXH0 . . .; XVII 5 com-placui'. complacuit f g*i q C T M F A Y O* X H 0; Mc. XIV 18 dis-cumbentibus cum {eis) A Y H 0; Lc. VII 15 erat: fuerat A Y Hnbsp;0; XIV 29 potuerit ¦. poterit AHY0; etc. Doch können die nord-humbrischen Texteigentümlichkeiten in FI 0 schon in dem Text,nbsp;den Theodulf vorfand und bearbeitete, enthalten gewesen sein, wienbsp;ja H* ganz deutlich diesem Typus angehört (s. oben).

Der theodulfianische Rezensionstext tragt somit einen sehr komplexen Charakter. Zu einer Mischung von spanischem undnbsp;nordhumbrischem Text treten Zusatze, Anderungen, Marginalnoten,nbsp;die auf den angelsachsischen Missionstext zurückgehen. Alle dienbsp;für Theodulf charakteristischen Varianten, die Berger anführt,^*^

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sind Texttypen entnommen, die Theodulf bekannt sein konnten. So macht also, wie schon festgestellt, sein Werk eher den Eindrucknbsp;einer vorbereitenden Arbeit als einer fertigen Rezension.

Neben Italien war zur Zeit Karls des GroBen England das Land, das in bezug auf gelehrtes Können und Wissen, auf Höhe dernbsp;Bildung den gröBten Ruf genoB. Einem Angelsachsen vertrautenbsp;der König daher die Herstellung eines Normaltextes der Bibel an,nbsp;wie er für den König ein Bedürfnis war. Eine gute Schriftaus-legung, gutes Beten ist nur auf Grund eines guten Textes mög-lich: „Saepe, dum bene aliqui Deum rogare cupiunt, sed per ine-mendatos libros, male rogant.“^^ Nachdrücklich scharft er Sorg-falt beim Abschreiben der Bücher ein. Sein nach Klarheit ver-langender Sinn will sich durch Allegorie und bildliche Ausdrucks-weise nicht das selbstandige Erkenntnisvermögen trüben lassen.nbsp;Besonders aber sind ihm Unrichtigkeiten verhaBt. Sie sind Ver-stöBe gegen die gute Form, abgesehen davon, daB sie auch dienbsp;Einsicht in den Gehalt der Schrift erschweren und verfalschen.nbsp;Zwar weiB er, daB Sinnesfehler schwerer sind als Wortfehler. Abernbsp;der Verstand dringt viel schneller in die rhetorischen Figuren wienbsp;Schemata, Tropen usw. ein, wenn er philologisch geschult und dernbsp;Text fehlerlos ist.^^t

¦^2 mg. Leges II, Capit. I, p. 6o (Admonitio generalis von 789, c. 72). Über Karl und Alkuin auch Berger, 185 ff.

MG. Epp. IV 552 (an Dungal, von dem er ein Gutachten über des Fridugis Schrift De Nihilo et Tenebris verlangt): „Nihil . . . allegorice autnbsp;figurate ibi adtendas, sed nudum sermonem nudamque litteram rem nudamnbsp;significantem.“

Diese sehr bezeichnenden AuBerungen in der Epistola de litteris colendis (MG. Gap. I 79): „Nam cum omnibus hominibus vitanda sintnbsp;mendacia, quanto magis illi secundum possibilitatem declinare debent, quinbsp;ad hoe solummodo probantur electi, ut servire specialiter debeant veritati.nbsp;Nam cum nobis in his annis a nonnullis monasteriis saepius scripta dirige-rentur, in quibus, quod pro nobis fratres ibidem commorantes in sacris etnbsp;piis orationibus decertarent, significaretur, cognovimus in plerisque praefatisnbsp;conscriptionibus eorundem et sensus rectos et sermones incultos; quia, quodnbsp;pia devotio interius fideliter dictabat, hoe exterius propter negligentiamnbsp;discendi lingua inerudita exprimere sine reprehensione non valebat. Undenbsp;factum est, ut timere inciperemus, ne forte, sicut minor erat in scribendonbsp;prudentia, ita quoque et multo minor esset quam recte esse debuisset in

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— nbsp;nbsp;nbsp;123nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;—

Der Sinn für das philologische Studium hat sich in den einzelnen Perioden des Frühmittelalters nacheinander in verschiedene Landernbsp;zurückgezogen. Von Italien, das die griechisch-römische Kulturnbsp;direkt überkommen batte, war er nach Mand verpflanzt wordennbsp;und war von dort dem Festland zugute gekommen in Gestalt dernbsp;Kulturgüter, die die irischen Klöster vermittelten. Von Italien warnbsp;er zu Ende des 7. Jahrhunderts auch zu den Angelsachsen gelangt;nbsp;von Italien direkt wie von England aus ging das Interesse für dasnbsp;Textstudium in die karolingische Kultur ein. In Italien machtenbsp;Karl der GroBe die Bekanntschaft der Manner, deren sprachlich-formale Bildung er in seinen Schulen zu verwetten gedachte. Dienbsp;grammatischen und sprachlichen Kenntnisse eines Petrus von Pisa,nbsp;Paulinus von Aquileja, Paulus Diaconus schatzte er hoch. Nebennbsp;der Grammatik fanden auch die übrigen der sieben freien Künstenbsp;die eifrigste Pflege am Hof. Sie tauchen in ihrer üblichen Zahlnbsp;und Zusammenstellung zuerst bei den Angelsachsen auf. Aldhelmnbsp;schon zahlt sie auf in seinem Traktat De latidibus virginitatis\’^^nbsp;Alkuins Lehrer Hiöelberht von York lehrt sie; Alkuin selbstnbsp;bezeichnet sie (im AnschluB an Prov. IX i) als die sieben Saulennbsp;der einen Wissenschaft, der sapientia litterarum.'^''

sanctarum scripturarum ad intelligendum sapientia. Et bene novimus omnes, quia, quamvis periculosi sint errores verborum, multo periculosiores suntnbsp;errores sensuum. Quamobrem hortamur vos litterarum studia non solumnbsp;non negligere, verum etiam humillima et Deo placita intentione ad hoenbsp;certatim discere, ut facilius et rectius divinarum scripturarum mysterianbsp;valeatis penetrare. Cum autem in sacris paginis schemata, tropi et caeteranbsp;his similia inserta inveniantur, nulli dubium est, quod ea unusquisque Jegensnbsp;tanto citius spiritualiter intelligit, quanto prius in litterarum magisterionbsp;plenius instructus fuerit.“

25 nbsp;nbsp;nbsp;Migne 8g, col. 133.

26 nbsp;nbsp;nbsp;MG. Poetae Lat. I (p. 169ff.). Vers 143iff. Alles dient letztlich demnbsp;Schriftstudium:

1447 Maxime scripturae pandens mysteria sacrae.

Nam rudis et veteris legis patefecit abyssum.

Indolis egregiae iuvenes quoscumque videbat,

Hos sibi coniunxit, docuit, nutrivit, amavit;

Quapropter plures per sacra volumina doctor Discipulos habuit, diversis artibus auctos.

2^ Migne loi, col. 853: „Sapientia liberaliumlitterarum septemcolumnis confirmatur; nee aliter ad perfectam quemlibet deducit scientiam, nisi hisnbsp;septem columnis vel etiam gradibus exaltetur.“

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124

Die Yorker Schule war, verglichen mit Canterbxiry, Wearmouth, Jarrow, Lindisfarne, eine spate Griindung. Erst um die Zeit vonnbsp;Bedas Tod wurde sie von Ecgbert, dem ersten Yorker Erzbischof,nbsp;eröffnet, stand aber bezüglich dessen, was sie leistete, den früherennbsp;Schulen nicht nach. Der Magister der Schule war ^Eöelberht, dernbsp;mit seinem Schüler Alkuin nach Italien zog, um dort Bücher zurnbsp;Einrichtung einer Bibliothek in York zu beschaffen. Ihr Vorstehernbsp;wurde Alkuin; mit Liebe spricht er spater von den Schatzen,nbsp;die er da unter den Handen hatte.^® In den Versus de fatribus,nbsp;regibus et sanctis Euboracensis ecclesiae^'^ gibt er den ersten eng-lischen Bibliothekskatalog. Neben den griechischen und lateini-schen Vatern enthalt er auch lateinische Dichter, an ihrer Spitzenbsp;Vergil; der Stilist Cicero fehlt nicht. In diesem Milieu war Alkuinnbsp;herangewachsen. Klassisch-antike Formenreinheit erstrebt er innbsp;seiner eigenen Dichtung. An Vergil, dessen Verse er zuweilen innbsp;seine Prosa einflicht, schatzt er die formale Seite; den heidnischennbsp;Inhalt lehnt er ab. Er schreibt Lehrbiicher über die wichtigerennbsp;der Artes liberates, über die Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Arith-metik. Astronomie, auch über die Orthographie. Der Formal-bildung seiner Persönlichkeit brauchte nur eine Macht, die ihrnbsp;EinfluB verschaffte und sie mit einem bestimmten Wirkungskreisnbsp;versah, zu Hilfe zu kommen, um eine fruchtbringende Wirkung vonnbsp;ihr ausgehen zu lassen. Eine solche Macht war der karolingischenbsp;Hof. 781 wird in Italien die Übereinkunft getroffen, der zufolgenbsp;Alkuin in den Dienst Karls tritt. Er wird zum Organisator desnbsp;Studiënwesens in Frankreich. Den Mittelpunkt des geistigen Le-bens bildet seine Abtei St. Martin in Tours, von deren Ton der dernbsp;andern frankischen Schulen, der Hofschule, der Klosterschulen zunbsp;Ferrières, Corbie, Fulda bestimmt wird. Mit seinen Büchern lebtnbsp;Alkuin zusammen, dem inneren Leben hingegeben, mit der Reini-

2® An Eanbald (II.) von York, MG. Epp. IV 167; „(Felix) qui dignus (habebitur) laborare vice mea in aecclesia, ubi ego nutritus et eruditusnbsp;fueram; et praeesse thesauris sapientiae, in quibus me magister mens di-lectus Ailberhtus archiepiscopus heredem reliquit.quot;

29 MG. Poetae Lat. I.

Hauck II131, Note 3.

Manitius I 2 8off.; C. Beaulieux, Histoire de 1’orthographe franyaise, Paris 1927, I 3ff., 18.

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gung und Korrektur, dem Sammeln von Büchern, mit Dichten, Lemen und Lehren beschaftigt. Wie einige gleichgesinntenbsp;Genossen lebt er ein Humanistenleben, in einer anderen, künst-lichen Welt, in der die einzelnen Mitglieder seines Kreises schonnbsp;durch ihre Poetennamen von der Umwelt des Alltags unterschiedennbsp;sind. Selbst eine Spur des Pedante, jenes im Italien der Renais-sancezeit aufkommenden Typus, scheint schon bei ihm durch.®®nbsp;Das beste Dokument seines Geistes und seiner Persönlichkeit istnbsp;ein Brief Alkuins an Karl, der in seiner Schlichtheit und Aufrichtig-keit groB ist, und in dem er nebenbei auch eine Quelle für seinenbsp;Textrezension angibt.®^ Er spricht von seinem Arbeitswillen,nbsp;„damit ich zum Nutzen von Gottes heiliger Kirche und zur Zierdenbsp;Eures Reiches recht viele belehre, und damit Gottes des Allmach-tigen Gnade nicht ungenutzt und der Reichtum Eurer Güte nichtnbsp;vergeblich sei. — Für eine höhere scholastische Gelehrsamkeitnbsp;jedoch fehlen mir zum Teil die lieben Bücher, die ich dank demnbsp;löblichen und demütigen Fleifie meines Lehrers (und auch einnbsp;wenig dank meinen eigenen Bemühungen) in meinem Vaterlandenbsp;besaB. Ich sage Euch dies, damit vielleicht Euer wohlweiser Rat-schluB beschlieBen möchte, einige unserer jungen Schüler dorthinnbsp;zu senden, alles uns Notwendige kommen zu lassen und so dienbsp;flor es Brittaniae auch in Frankreich einzuführen; denn der Gartennbsp;soil nicht für immer in York verschlossen sein, sondern seinnbsp;Ertrag soil, gleichsam in Gestalt von Apfeln, auch dem Paradiesnbsp;von Tours zugutekommen; dann durchwehe der Südwind die Gartennbsp;der Loire und verbreite seine Wohlgerüche; und schlieBlich tretenbsp;das ein, wovon im Hohen Lied, dem dieser Vergleich entnommennbsp;ist, gesprochen wird: Veniat düectus meus in hortum suum, etnbsp;comedat fructum pomorum stiorumt' Für den, der in die ewigenbsp;Seligkeit eingehen will, ist nichts besser als das Studium der Heiligen Schrift. Karl moge deshalb darauf achten, daB die Schülernbsp;seiner Palastschule sich ihm mit Eifer widmen. „Ich werde,nbsp;soweit es die schwachen Krafte meines Geistes zulassen, in diesernbsp;Gegend bei Euren Dienern (den Mönchen von St. Martin) dienbsp;Kömer der Weisheit auszusaen nicht müde werden, getreu dem Aus-

3* MG. Epp. IV i76ff.

®2 mg. Epp. IV 284; Poetae Lat. I 320.

®® Hauck, II 139, gibt ein Beispiel dafür.

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spruch: Mane semina semen tuum, et vespere non cesset manus tua; quia nescis, quid magis oriatur hoe an illud, et si utraquenbsp;simul, melius est. Als am jungen Morgen meiner Tage die Lustnbsp;zu lemen und zu lehren in voller Blüte stand, streute icli in Britan-nien Samenkörner aus; jetzt aber, gleichsam am Abend, avo dasnbsp;Blut stiUer wird, höre ich nicht auf, in Frankreich zu saennbsp;in der HolFnung, dab beides mit der Gnade Gottes aufgehennbsp;moge. — Mich mit meinem gebrechlichen Körper tröstet ein Satznbsp;des heiligen Hieronymus, der im Brief an Nepotianus sagt: ,Omnesnbsp;pene virtutes corporis mutantur in senibus et, crescente solanbsp;sapientia, decrescunt cetera.' Und weiterhin: ,Senectus vero eorum,nbsp;qui adulescentiam suam honestis artibus instmxerunt et in legenbsp;Domini meditati sunt die ac nocte, aetate fit doctior, usu tritior,nbsp;processu temporis sapientior; et veterum studiorum dulcissimosnbsp;fructus metet.‘ Wer will, kann in diesem Brief Weiteres über dasnbsp;Lob der Weisheit und den Studieneifer der Alten nachlesen undnbsp;erkennen, wie sehr die Alten in der Zier der Weisheit hervor-zuragen sich bemühten.“ Finer solchen Aufierung ist kaum etwasnbsp;hinzuzufügen. Alle die für die Zeit und das Milieu des karolingischennbsp;Hof es charakteristischen Züge sind darin enthalten; die enge Freund-schaft zwischen dem Vertreter der Geistesbildung und dem Fürsten;nbsp;ein sich auf alles erstreckendes Streben nach Wahrheit, das imnbsp;Studium der Sapientia, in der Pflege des Geistigen, in der Beleh-mng und dem Unterricht seine Befriedigung findet. Damit ver-bindet sich eine ausgepragte Stilkultur, die in ihrer Verfeinerungnbsp;geschraubt wirkt und sich dem pedantischen Wortspiel nahert, derennbsp;Vorbild aber die Antike ist. Damit rechtfertigt sich der Name Renaissance.

Im wesentlichen von dem Angelsachsen Alkuin geht der angel-sachsische Einflufi in der karolingischen Periode aus.^s Sigulf Vetulus wird von ihm angezogen; Witto, ein Mönch aus Lindis-farne, wirkt unter Alkuins Leitung in Salzburg und Tours; Alkuinsnbsp;Nachfolger in St. Martin, Fridugis, ist Angelsachse. Alkuins Schiller treffen wir in höheren kirchlichen Stellen. In Autun so gut wienbsp;in Fulda und vielen anderen Klöstern faföt die von Alkuin aus-gehende Vertiefung der Formalbildung Wurzel,36 was für das spa-

35 Hauck II150 ff.

33 Es ist ein Kampf gegen die Bildungslosigkeit, wie Alkuin selbst es

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tere Schicksal des karolingischen Bibeltextes, dem eine weite Ver-breitung beschieden war, bedeutsam ist.

Zur Verbreitung trug der Eifer Alkuins selbst bei. Nach der Fertigstellung seiner Rezension (Soi)^’ sorgte er dafür, dafi sienbsp;unversehrt erhalten und weiterverpflanzt wurde. Sein Kloster innbsp;Tours wurde zum Mittelpunkt des Kopierens und Schreibens, innbsp;dem sich eine neue typische Schrift, die karolingische Minuskel,nbsp;eine neue typische Ornamentik, grammatische und orthographischenbsp;Normen entwickelten. Alkuins Gedichte enthalten viele Stellen,nbsp;die erkennen lassen, wie eifrig er sich für das genaue und schonenbsp;Kopiëren der Hss. einsetzte. Eine von ihm verfafite Inschrift (imnbsp;Skriptorium von St. Martin?) enthalt die Verse:^»

„Est opus egregium sacros iam scribere libros,

Nee mercede sua scriptor et ipse caret.quot;

Zwar ist der Versuch, eine einheitliche Orthographie durch-zuführen, in den alkuinianischen Hss. nur wenig sichtbar, da die Schreiber anderer Klöster doch ihre gewohnte Schreibweise bei-behielten.®® Auffallender sind Textanderungen grammatischer Art:nbsp;Mc. VI 32 ascendentes in navem (: in navi v\Ag) X*KMrV Z''*nbsp;WCTI; VIII 37 quid dahit homo commutationis (: commutationemnbsp;vuig.)/w anima sua ZX* KMr VWvg; X 17 cum egressus essetnbsp;in via (: in viam vuig.) ZKVW?@§; Jo. XIII 29 quidam enimnbsp;putabant. . . quia dixisset (: dicit vuig.) ei iesus flrqZKVWvg;nbsp;etc. In solchen Fallen wird der Bibeltext einem anderen Grund-satz zuliebe als nur dem, den wahren Wortlaut zu geben und auf-zuspüren, abgeandert. Die grammatische Regel steht höher alsnbsp;das Zeugnis des Hss. Selbst in der Arbeit eines Gelehrten (vgl. da-ausdrückt (MG. Epp. IV 285): „Ego itaque licet parum proficiens cumnbsp;Turonica cotidie pugno rusticitate.quot;

37 Alkuin an Gisla, MG. Epp. IV 323. Alle Belege zu dieser Frage bei Berger 185 ff. Wegen anderer, vorher schon vorgenommener Rezen-sionen MG. Leges II (Capit. I) 80.

33 MG. Poetae Lat. I 320.

33 Doch sind manche orthographische Eigentümlichkeiten charakte-ristisch für den karolingischen Bibeltext. So schreiben die Hss. KMrV stets isaias (: esaias vuig.); moyses (: mosei)', diana (: cand), etc. Das Prafixnbsp;wird fast immer an das Stammwort assimilert; es heiBt also apprehenderenbsp;(; adprehenderè); assumere; attendere; etc.

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mit Cassiodor), von dem man als erstem vermuten sollte, da6 er nach dem wahren, nicht nach einem guten oder nützlichen Textenbsp;strebe, spielt also hiermit die Zweckbestimmtheit eine RoUe. Al-kuin hatte gar nicht die Absicht, den genauen Text des Hieronymus zu geben. Der König wünschte, daB eine für den Unter-richt in der Kloster- und Hofschule brauchbare, richtige, aUgemein-gültige, konstante Textform geschalFen würde. Ein solcher Textnbsp;muBte einer grammatischen Norm folgen. DaB Alkuin danebennbsp;aber Gelehrter war, bewirkte, daB sein Text etwas mehr wurde alsnbsp;eine Normierung eines in viele Abarten zerfallenden Textes, daBnbsp;er dem reinen hieronymianischen Text verhaltnismaBig nahekam.

Die Schreibschule von Tours, deren Erzeugnisse vom Jahre 800 ab ins Frankenreich ausgingen, war ein Neuanfang. Dienbsp;Hss. der ihr vorausgehenden Schule waren die Goldhss. vonnbsp;Tours, von denen der Codex Hamilton 251 und der Codex Adaenbsp;hervorgehoben zu werden verdienen.^^* Diese Hss., die in dasnbsp;letzte Jahrzehnt des 8. Jalirhunderts fallen, zeichnen sich durch ihrenbsp;palaographischen und künstlerischen Eigenheiten aus; ihr Textnbsp;aber ist nicht weniger interessant. Nach Berger (p. 93) bilden sienbsp;eine Gruppe, die von irischen und angelsachsischen Lesartennbsp;durchsetzt ist. Das bedeutet aber, daB ihr Text der der angelsachsischen Missionare ist, der in Nordfrankreich, am Rhein, innbsp;Echternach und selbst in Orléans feststellbar ist. Nun bestehtnbsp;zwischen der Gruppe der Goldhss. und denen der alkuinianischennbsp;Schule keinerlei Verbindung. Mit Alkuin beginnt etwas Neues.nbsp;Nur zwei Hss. bilden in textlicher Hinsicht eine Ausnahme. Dernbsp;Codex Adae namlich ist von zwei Handen geschrieben, derennbsp;erste einer Vorlage mit angelsachsischem Text gefolgt ist und mitnbsp;den Goldhss. übereinstimmt, wahrend der von einer zweiten Handnbsp;geschriebene Teil und die von derselben Hand herrührenden Kor-rekturen am ersten sehr nahe an den alkuinianischen Text heran-kommen. Ahnlich stellt sich die Beziehung zwischen alterer undnbsp;jüngerer Schule von Tours in Mr dar, der dem AuBeren nach zunbsp;den Goldhss. gehort, dem Text nach aber alkuinianisch ist. Auchnbsp;die Textform der jüngeren Tours-Hss. legt dar, daB Alkuin eils

Berger 259 ff. Sehr eindringend K. Menzei und P. Corssen in Die Trierer Ada-Hs., 1889 (E*ubl. d. Ges. f. rhein. Gesch.-Kunde VI).

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Ents^hun^ von TheoduiEs und Rlkuins Rezension

f/andschrifiën: nbsp;nbsp;nbsp;Rda/?a/?dscAr/f/‘^e/t.

Rn^elsdchsi - nbsp;nbsp;nbsp;3pa,nüchernbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Theaduffs 7te~ Nordhumbri- ffikuins keze/isii»i.

schar Missions- nbsp;nbsp;nbsp;Vuig aid t^pus zsnsionstext.uuf- scher Vcfyaki- Grundiugen: Rnpei-

teyt nbsp;nbsp;nbsp;ge^uut aufdejn tgpus sachsischer/iissio/rF-

spMisthen und nbsp;nbsp;nbsp;Text u.nordhumSr.

^quot;N nbsp;nbsp;nbsp;anpeisdchstsdiennbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Hss.fücrJKrTypU'aJ.

,3; nbsp;nbsp;nbsp;Text


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Grundlage für seine Rezension den angelsachsischen Text des Kontinents benutzt hat.^^ Wir führen Mr, den Vallicellanus (V)nbsp;und den Karolinus (K) als Zeugen für Alkuins Rezensionstext an.

Mt. 11 21 surgens ; consurgens J D E L Q T K Mr VW vg; 22 quia :nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;FJ ZCTDE LQ RKMr V Wvg; ïlluc : «//o JCZX*

K Mr V W vg; III 9 potest : potens est vett J X* !!gt;= 0 K Mr W vgEB; IV 14 impleretur ; adimpleretur J M Z X* 0 K Mr Vnbsp;WDEvg; V 2offers ;nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;YO^'DE Q=TH 0 KMr VWvg;

47 facitis : facietis Z R O®' H 0 K Mr VW; VI 22 corporis tui vett Z O X* H 0 K Mr W vg B D E Ep^sL Q R T; 25 corpus plusnbsp;(om vuig.) quam vestimentum E Q 0quot;= K Mr Z^ W vg; VII 10 petet:nbsp;petierit 0lt;= X'^ Ep K Mr V Z^ W vg E Q R; 11 nostis bona -)- data Bnbsp;EOs'KMrWvg, vett, alle gr.; IX 18 dicensdomine ZEpH0nbsp;KMrVWvgBER; X 13 veniat: veniet vett X^Ep^BDLRKnbsp;MrVWvg; 22 usque (om vuig.) inJinem CTBEpDELQRHnbsp;0 K Mr V Zquot;* W vg; XII 44 invenit earn (om vuig.) vacantem Z Xnbsp;BEEp™eLRTH^0KMrVWvg; XIII 5 uhi non habebant^'Lnbsp;REEpT^'KMr Wvg, gr., vuig.; ubi non habebat ZM.Y KY CT*nbsp;OXBDQH0V; XVIII 9 unoculum ; cum uno oculo OXJEpElt;=nbsp;KMrVZ*^®©; 19 quacumque : quamcumque FJO*EpKMrVA^nbsp;CQWvg; XXVI 39 /öi'ér JZOX'^EpHKMrVBR^-Qnbsp;vg, gr. N A B C D I r n...; Mc. IV 10 qui cum eo erant ( cumnbsp;vuig.) diiodecim ZXCEEp0KMrVWvg, it.;^^ 35 in (om vuig.)nbsp;die illa ZOEp^KMrV, nach gr.; VI 21 natalisuo mit Z* V,nbsp;Zweite Bibel Karls des Kahlen, spatkontinentale Hss.; 31 multi etnbsp;vuig. ZOXKMrV...: om AYEpH0D; etc.

Die meisten Nicht-Vulgatalesarten im Text Alkuins stimmen also mit dem angelsachsischen Missionstext überein, d. h. mit dennbsp;Hss. OXEp, H10, den irischen und den nordhumbrischen. Dieser

Das ist nicht erstaunlich. Als Angelsachse war Alkuin mit seinen Landsleuten im frankischen Reich in Berührung, so etwa mit Beornrad,nbsp;Abt von Echternach (und Erzbischof von Sens), mit dem er Bücher aus-tauscht: MG. Epp. IV 93, 175.

Übrigens ist diese Stelle ein Beispiel dafür, wie zu ganz verschie-denen Zeiten an verschiedenen Orten in verschiedenen Sprachen eine schwierige Stelle auf verschiedene Weise zu beseitigen gesucht wird. Der gr.nbsp;w-Text (D0W, 13-Reihe) setzt statt ihrer einfach ein ol fiaê-rjxal avrov.nbsp;Der lateinische Text laBt cum aus. S. dazu oben, Einleitung.

G1 u n z, Britannien und Bibeltext nbsp;nbsp;nbsp;q

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Missionstext ist auch der Text der Goldhss., und ihm ahnelt Mr, der diesen ja nahesteht, in besonders hohem MaSe:

Mc. III 14 praedicare evangelium vett A Y O X D G L Ep H ©Mr; V 34 üle ; iesus it. DOEp*0Mr; XI 32 timebant : time-mm it. D L Q R G Ep Mr W ? @ XIII i qitales structurae nbsp;templi vett Z O X* B L Q T 0 Mr gat; XIV 14 refectio mea : diver-sorium meum et refectio mea Z O B H 0 Mr; 61 christusfilms deinbsp;ffj L Q R B T O 0 Mr W vg; XV i mncientes : vinctum vett D Onbsp;EpMr; usw.

Die mit diesen Beispielen gezeichnete Struktur des alkuiniani-schen Textes laSt ihn als einen traditionellen Text erscheinen. Man könnte glauben, daB Alkuin den Hss. des angelsachsischennbsp;Missionstextes überall da gefolgt sei, wo sie untereinander im Ein-klang standen, und daB er nur einen einförmigen Text habe herstellen und Eehler und Solözismen habe beseitigen wollen. Dochnbsp;haben wir Alkuin als Gelehrten kennengelernt. Der Gelehrte innbsp;ihm ist dafür verantwortlich, daB sein Text ein Vulgatatext wird.nbsp;Alkuin geht auf die Quellen znrück. Als solche kamen für ihn dienbsp;Hss. seines Heimatklosters York in Betracht. Von dort heB ernbsp;sich Hss. kommen. In seinem Text ist ihr EinfluB in den Über-einstimmungen mit AY klar zu erkennen:

Mt. VIII 20 tahernacula : 7iidos it. M C AYX'= H 0 KMr V W vg; X 3 mattheus public anus -|- et vett J M Z A Y O Ep H K Mr Vnbsp;WCEQR?^; XIII 14 adimpletur : ut adimpleatur ZAYX‘=nbsp;KMrVH?@, gr. D i; IV 25 et de (om vuig.) iudea J AYEpKVnbsp;W vg D Q R; XXVII 40 templum -j- dei it. AY Oe' Xlt;= Ep K Mr Vnbsp;Z3 W vg D E QI; Mc. III 10, 11 quotquot -j- autem . . . AY O X Epnbsp;H K Mr D R; VI 33 pedestres et {de omnibus) Z AYO X‘= Ep Hnbsp;0 K V C D L Q; Lc. XXII 43 factus -j- est ab r J FAY O X Ep Hnbsp;K Mr V Bv B Q R; XIV 28 non : nonne it. A* Y X'^E K Mr V ?;nbsp;Jo. I 16 accepimus (-j- et vuig.) vett J A Y S X Mr C T D E Ep'= Q R;nbsp;yi i-] ut sumam : et sumam AAYSOXEpH^0 KMr VW; XIIInbsp;10 ut lavet : nisi ut pedes lavet CTAO'^X'^Mr VWvg; etc.

Doch folgt Alkuin nicht vorwiegend dem nordhumbrischen Text-typus. Diese Feststellung scheint der aUgemeinen Annahme, daB die Hss. aus seiner Heimat seine Hauptquelle bildeten, zu widersprechen.nbsp;Aber die Erklarung findet sich in Fallen wie Mt. III 2 adpropin-quavit : adpropinqxiabit L‘=H‘'0 KMrVnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;Diese Variante


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ist, auch an anderen Stellen (IV 17; XXVI 45, 46; Mc. I 15; Lc. X 9, XXI 8, 20), charakteristisch für Alkuins Text. Doch ist sie da-rin nicht origineU; sie findet sich vorher schon in Llt;=H'=0, wozunbsp;manchmal auch Z*, einmal sogar Y (Lc. XXI 20) als Zeugennbsp;treten. Die Lesart muB also schon enghsch gewesen sein, und innbsp;der Tat hat Beda sie in seinem Kommentar.^® In Alkuins Textnbsp;kann sie nur gelangt sein durch angelsachsische, vielleicht sogarnbsp;nordhumbrische Hss., die aber nicht mehr den Text Cassiodorsnbsp;enthielten und verbreiteten, sondern einen anderen italischennbsp;Mischtext, der dem Text von Z nahestand. Für einen solchen warnbsp;England erst dann ein günstiger Boden, als Theodors und Hadriansnbsp;Art der Textbehandlung nicht mehr geiiht wurde und Bücher ausnbsp;dem Bedürfnis nach Exemplaren, nicht aus dem WiUen zum reinennbsp;Text heraus abgeschrieben warden. Den eindeutigen Beweis fürnbsp;das Vorhandensein eines Z-ahnlichen Textes in Nordhumbriennbsp;liefern gewisse Korrekturen zweiter Hand in den angelsachsischennbsp;Hss. OX, die, wie sicher feststeht, an nordhumbrische Hss. vomnbsp;Typus AY nachtraglich angeglichen sind. Es gibt namlich Falie,nbsp;wo 0= X‘' mit Z* übereinstimmen, ahnlich wie sie es sonst mitnbsp;AY tun:

Mt. IV 10 vade retro (om vulg.) satanas D E Ep L Q R Z* X*^ (auf Rasur!); XVI 3 nonpotestis scire ZO''H‘=0KMrVW@(S; XXVInbsp;JZOR^^X'^BEpQHKMrVvg; XXVII 32 hominemnbsp;cyreneumvenientem ohviam sibi ZOi’“*X*’^Ylt;^Ep“gBLR; Me.nbsp;II 26 licetlicehat vett ZOiXDELQRH0KMrV...vg; VII 3nbsp;traditionem : traditiones ZX‘=KVW; Lc. VIII 52 mortuapuellanbsp;Bv G Z O'quot; H 0 K V W vg; Jo. XVIII 28a caiapha : ad caiphan Z*

X Ep H*^ 0 K Mr W... Das heiBt, es muB in den nordhumbrischen Klöstern neben dem A-Y-Text auch ein Z-Text in Gebrauch gewesen sein.

Sehr gut geben Korrekturen in AY darüber Auskunft, welche Textform im 8. Jahrhundert in Nordhumbrien in Gebrauch kam:nbsp;Mt. XXVII 32 hominem cyreneumvementem ohviam sibt ZY*^nbsp;Qi,saxx*.2EpmgBLR; Jo.V 2 est autem hierosolymis (-}- super vulg.)nbsp;probatica JCTZOA‘=VW?(S(S; VIII 49 inhonoratis : inhonora-stis RTZAFX‘=EpH0KVWvg; etc. Man sieht, daB in der

43

Migne 92, col. 15. So auch Hieronymus, Migne 26, col. 29.

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Zeit von mehr als einem Jahrhundert, die Alkuin von dem ersten Auftauchen süditalischer Hss. in Nordhumbrien trennt, auch anderenbsp;italische Hss. ihren Weg nach England fanden, Z-ahnliche Misch-texte. Auch solche werden also unter den flores Brittaniae Alkuinsnbsp;gewesen sein, wie an einigen Varianten dargelegt sei:

Mt. Ill 5 circum : circa RTJZX*KMrVWvg; XVI 3 non potestis scire Z 0quot;= H © K Mr V W lt;3 6; XIX 12 castraverunt;nbsp;eunuchizaverunt JZBELQRCTK Mr V; Me. Y ig et non admisitnbsp;; iesus autem non admisit vett Z 0 K V, gr. D...; VI 31 et nec mandu-candi spatium hahelant (; om et AY...) vulg. ZOXKMrV. . .,nbsp;gr.; VII 3 traditionem ; traditiones ZX'^KVW; 4 alia multa (-{-sunt vulg.) quae tradita sunt Z X* K Mr V; VIII 20 quando ( etnbsp;vulg.) septem panes ZBKV; 33 gt; honiinum sunt ZDOKV; 34 ova postnbsp;D Z X* K Mr V W vg; 3 7 conimutationem : commutationis Z X* Knbsp;Mr V W vg; IX 45 )gt; tibi est Z O K Mr V; X 11 dicit: dixit Z O Knbsp;Mr V; 20 magister -f- bone Z O K Mr V; XIV 3 cum esset -|- iesus it.nbsp;Z O X K Mr V W...; Lc. VI 15 gt; thomam et mattheum Z O K V W;nbsp;X 4 nolite ergo ZO KMrBv W (nicht vett und gr.!); XIII 5 ege-ritis : habueritis q r Z X* K Mr Vvg; XVI 21 ulcera : vulnera a c e rnbsp;Z K V; XVII 33 sahamfacere : sahare effj ^ gat ZJKVDQ; Jo. XInbsp;gPsunt horae (5ZVvg; 33 ut vidit : videns ZV; XVII 23 dilexi-sti ; dilexi 2,\gt;6ixZY, gr. D...; XVIII 13 annam ; annan ZV.

Die Frage, ob Alkuin zu seiner Arbeit auch den griechischen Text zu Rate gezogen habe, ist nicht leicht zu beantworten. Danbsp;seineVorlagen zum Teil noch vide altlateinische Stellen enthielten,nbsp;ist schon eine Verbindung mit dem griechischen Text durch Ver-mittlung der altlateinischen Hss. gegeben. Aber einige Variantennbsp;sind sicher auf direkten EinfluB des Griechischen zurückzuführen,nbsp;wie Mt. XVH i assumsit: assumit {jtaQaXafi^dvei) C V^ Ë; Lc. XIXnbsp;37 discentium : discipulorum V ©, Doppelübersetzung von xibvnbsp;(iath]xöyv\ XX 32 novissima omnium mortua est mulier : novissimenbsp;. . . dff2hqr Vvg, gr. voteqov xal fj yvv?j dns’d’avsv; Jo. V 24 transiitnbsp;vulg. V6..., nach fxexa^épfjxsv. In vielen EaUen scheinen griechi-sche Hss. auch dazu gedient zu haben, die Entscheidung Alkuinsnbsp;über Annahme oder Ablehnung einer gewissen Lesart herbei-zuführen. So in der Schreibung des Namens moyses (: moses vulg.)nbsp;K Mr V; Me. V ig et : iesus autem vett Z0KV mit gr. D0 . . .;nbsp;VI 21 natali suo a b d Z* V mit gr.; usw.

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Nach dieser Analyse stellt sich der revidierte Text Alkuins als eine selbstandige und kritische Arbeit dar, die nach gewissen Grund-satzen angefertigt ist. AngeisachsischeTexttypen spielen die Haupt-rolle darin. Sowohl die Grundlage, die Alkuin übernimmt, ist einnbsp;angelsachsischer Text, namlich die Form desselben, die mit dennbsp;angelsachsischen Missionaren auf den Kontinent gelangte; und auchnbsp;die Codices, die er als Autoritat für die Verbesserung des in Toursnbsp;gebrauchlichen Textes benutzte, sind englische aus Nordhurabrien.nbsp;In der Art und Weise, wie er sich für Lesarten entscheidet, tut sichnbsp;eine betrachtliche Einsicht in die Zusammensetzung und die Naturnbsp;des hieronymianischen Textes kund; so bewahrt er sehr oft fastnbsp;allein von allen Textformen die hieronymianische Lesartgt;* Es istnbsp;bezeichnend für den durchweg guten Vulgatacharakter seiner Re-zension, dab sie fast keine typisch irischen Bestandteile enthalt.^^nbsp;Die irischen Texte haben zwar ihre einheitliche Geschlossenheitnbsp;und Stobkraft eingebübt, nicht aber ihre spezifischen Varianten;nbsp;diese üben ihre Wirkung, in den verschiedensten Typen tauchen sienbsp;auf. Dem Rezensionstext Alkuins gegenüber mubten sie als Ver-treter des altlateinischen und w-Textes erscheinen, wahrend jenernbsp;den besten hieronymianischen Text, den man damals erwartennbsp;konnte, reprasentiert.

Der irische Typus — besser seine Überreste — auf der einen Seite, und der karolingische Text auf der anderen; um diese beiden Pole bewegt sich nun die Geschichte des Vulgatatextes innbsp;der Folgezeit.

Vgl. Wordsworth-White, p. 713, 720.

Gegen Berger, p. 201 fif. Man mufi nach dem Gesamtcharakter einer Textform urteilen. Irische und alkuinianische Hss. stimmen zwar oft Uber-ein, aber fast immer treten dann auch noch andere Hss. als Zeugen hinzu,nbsp;besonders Z, die griechischen, d. h. die gemeinsamen Quellen beider Typen.nbsp;Auch sonst ist Berger zu schnell bereit (wohl weil er das Material nichtnbsp;vollstandig überschauen konnte), Lesarten in kontinentalen Hss., wenn sienbsp;auch in der einen oder anderen irischen Hs. bezeugt sind, diesem Typusnbsp;zuzuschreiben. Vgl. Corssen, Göttingische Gelehrte Anzeigen 1894,nbsp;S. 865. — Weitere Untersuchungen über Alkuins Text bei Quentin,nbsp;a. a. O. zoyff.


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Kapitel III

Die Synthese: der spatkontinentale, der spatenglische und der Pariser Text ^

IM Kulturkreis des frankischen Reiches bildet das 9. Jahrhundert in jeder Beziehung' die Fortsetzung der Zeit Karls des GroBen.nbsp;Es ist eine Zeit des Verf alls, wenn man die karolingische Form-kultur als Norm setzt. Überall macht sich der Zug geltend, dienbsp;Bildungsbasis zu verbreitern, den Umfang des Wissens zu er-weitern. Quantitativ, nach der Zahl der geschriebenen Werke zunbsp;urteilen, ist die Zeit eine der fruchtbarsten des ganzen Mittelalters.nbsp;Schon deshalb wird sie mit Recht als Vorscholastik bezeichnet.nbsp;Grundsatzüch Neues wird nicht geschaffen, weder die Methodenbsp;noch der Gegenstand der Wissenschaft andert sich. „Die Haupt-signatur des Wissenschaftsbetriebes im nachkarolingischen Zeit-alter und in den darauffolgenden Zeiten bis hinein in die Früh-scholastik ist Rezeptivitat, Traditionalismus.quot; ^ Im Mittelpunkt dernbsp;Bildungstradition stehen die grofien Klosterschulen, wie Reims,nbsp;Chartres, Corbie, Fulda, Reichenau, St. Gallen. In Fulda wirktnbsp;Hrabanus Maurus; wie ein Enzyklopadist umfafit er das gesamtenbsp;damalige Wissen, das er in leicht einganglicher Eorm dem Klerusnbsp;zukommen lafit {De institutione clericorum). Das höchste Ziel desnbsp;Studiums ist Erkenntnis der Heiligen Schrift. ^ Der geistige Aus-tausch zwischen ihm und anderen Gelehrten und Klöstern warnbsp;überaus rege, wie seine Briefe zur Genüge erkennen lassen. Wala-frid Strabo von Reichenau ist sein Schüler, der Verfasser der be-

1 Vgl. hierzu Karte 4.

2 Martin Grabmann, Die Geschichte der scholastischen Methode, I, Freiburg 1909, p. 179.

3 MG. Epp. V 385, von seiner Schrift „De ecclesiasticis ordinibus atquenbsp;institutionibusquot;: „quam in studio sacrae lectionis elaboraviquot;.

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rühmten Glossa ordinaria, die dem ganzen Mittelalter das Kom-pendium und uniforme Lehrbuch für das Verstandnis der Bibel war. Der Abt von Derrières, Servatus Lupus, ein Schüler des Hra-banus, brachte in seinem Kloster (Abt 841-62) das Bibelstudium zunbsp;hoher Blüte. Der Amor litterarum ist stets die treibende Kraft,^nbsp;sei es bei Paschasius Radbertus, Abt von Corbie (Matthauskom-mentar), oder bei seinem Schüler Ratramnus, oder bei Remigiusnbsp;von Auxerre, dem fruchtbaren Verfasser von Bibelkommentaren.nbsp;Das Glossieren ist ein Hauptkennzeichen der Zeit. Bedeutend sindnbsp;die kommentierenden Glossen, die Johannes Scotus Eriugena zunbsp;den Opuscula sacra des Boethius geschrieben hat.s Das Ausdeuten,nbsp;Erklaren, Interpretieren steht auf vorher nicht erreichter Höhe.nbsp;Das erklart, daS man nun mit allen Hilfsmitteln philologischernbsp;Kritik an den Text herangeht. So hat Helisachar von St. Albinnbsp;(Anjou) um 820 das Responsorium korrigiert, und im Brief an dennbsp;Erzbischof von Narbonne gibt er über die Art seines Arbeitensnbsp;AufschluB.® Er hatte Unterschiede zwischen den einzelnen Responsoriën und Antiphonarien festgestellt und machte sich daran, mitnbsp;Hilfe von gelehrten Sangern und erfahrenen lectores und einernbsp;Menge von Hss. „diligenter concordiam probare antiphonariorumquot;.nbsp;Die Aufgabe war nicht leicht. Kaum zwei Hss. stimmten mitein-ander überein. Denn hier hatten die Schreiber Fehler gemacht,nbsp;dort hatten Unwissende die Hs. unter den Handen gehabt, in anderen waren die Texte gemischt. Ein solcher Bericht ist wertvoll,nbsp;denn er zeugt von dem Interesse, das man an der handschriftlichennbsp;Überlieferung von Texten hatte; man ist sich auch über die Ur-sache von Fehlern klar, und sogar von Mischtexten ist schon dienbsp;Rede (hier sind die Unterschiede zwischen der gallikanischen undnbsp;der römischen Liturgie gemeint). Bekannt ist auch die durchgrei-fende Korrektur, die Florus, Diakon in Lyon, zwischen 825 undnbsp;840 mit dem Text des Psalters vorgenommen hat.’ Auch beim Psal-

* MG. Epp. VI 7 (Servatus Lupus von sich selbst): „Amor litterarum ab ipso fere initio pueritiae mihi est innatus, nee earum, ut nunc a ple-risque vocantur, superstitiosa . . . otia fastidivi. . . . Mihi satis apparetnbsp;propter se ipsam appetenda sapientia.“

® Grabmann, 203, 208. Ed. Migne 122.

*’ MG. Epp. V 307.

Manitius I 562.

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ter lagen zwei Textformen (wenn nicht drei, nüt dem sog. hebra-ischen Psalter) vor, und Vermischungen waren haufig. Der Be-gleitbrief zum Psalter des Florus (Ms. Vat. 5729, 11. Jahrhundert) gibt über die gründliche Weise der Rezension Aufschlufi:® „Pater-nitas vestra humilitati meae iniungere voluit, ut psalterium vobisnbsp;iuxta regulam veritatis corrigerem: quod ego studui pro viribusnbsp;adimplere. Sed veraciter dilectioni vestrae fateor, valde mihi mole-sta et gravis extitit multorum codicum perplexa ac mendosa varie-tas, quae dormitantium librariorum exorta vitio, imperitorum coti-die ignavia alitur ac propagatur. Ego itaque . . . dedi operam etnbsp;hebraicam sacri interpretis translationem et LXX^” ad invicem conferee, ut ex utrisque quid in nostris minus quidve maius habereturnbsp;codicibus, curiosius investigarem; et quid in LXX^'* ex hebraeonbsp;sub asterisco ^ additum, quid prenotatum obelo plus in bisnbsp;quam in Plebreorum voluminibus haberetur, solerti indagationenbsp;colligerem.“ Dann wird sogar eine Variantenauswahl gegeben.nbsp;Die verschiedenen Textformen sind so zwar durch die Arbeit einesnbsp;kritischen Gelehrten schön voneinander getrennt. Aber was er dennbsp;Schreibeen zuruft; „Asteriscos et obelos ante omnia observate“ wirdnbsp;kaum einer befolgt haben. Die verschiedenen I.esarten in einemnbsp;Codex zusammengetragen mufiten zur Textmischung verleiten. Undnbsp;das ist auch wirklich das Ergebnis der gelehrten literarischen Be-strebungen, deren Signatur das Glossieren und Kompilieren vor-handenen Materials ist, gewesen: eine Textmischung grofien Stils.nbsp;Man kennt viele oder alle Lesarten und Versionen eines Textes,nbsp;wie zahlreiche Stellen in Briefen des 9. Jahrhunderfs dartun,» undnbsp;vereinigt sie in einem alle frühere Typen umfassenden Text.^o Fürnbsp;den Evangelientext kommen als Grundelemente der Mischungnbsp;hauptsachlich zwei Textklassen in Betracht, die alkuinianische, dienbsp;als Text des Hieronymus anzusehen ist, denn einen besseren Vul-gatatext gab es nicht in nachkarolingischer Zeit; und der irische

® An Abt Hyldrad von Nouailles, MG. Epp. V 340.

Anspielungen darauf, da6 zwei lateinische Textformen (die hierony-mianische und die altlateinische?) bekannt waren: MG. Epp. V 154!., 190, 198, 207, 247, etc. („ut alia translatie dicit“).

1® Berger, p. 284. Frankische Hss. mit irischer Ornamentik deuten darauf hin, daB das irische Element zu dieser Zeit alles andere als aus-geschaltet war; Berger, p. 283.

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Mischtext, der die meisten nichthieronymianischen Lesarten ent-halt.ii

Die grofien Bibel- und Evangelien-Hss. des 9. Jahrhunderts ent-halten demnach durchweg Mischtext. Zunachst sind die Charakte-ristika des alkuinianischen Typus jedoch der augenfalligste Zug der aus den bedeutenden nachkarolingischen Schreibschulen stam-menden Hss. Besonders im Nordosten Frankreichs, in St. Denis,nbsp;Reims, Cambrai, Laon, Arras, Utrecht sind Bücher von oft hohemnbsp;künstlerischem Wert zu finden, deren Text eine Mischung von al-kuinianischem und irischem Vulgata typus ist. Fines der bestennbsp;Fxemplare aus den franko-angelsachsischen Schreibschulen ist dienbsp;sog. Zweite Bibel Karls des Kahlen (Bibl. Nat. 2). Sie ahnelt sehrnbsp;dem Codex Vallicellanus, also dem bestenVertreter des Alkuinschennbsp;Rezensionstextes, besonders in den Summarien der einzelnen Bücher. Über die Textform sagt Berger (p. 290): «Notre texte estnbsp;flottant entre Ie Codex Vallicellanus, dont il semble s’approcher Ienbsp;plus, et les manuscrits de Tours. Fn général, il parait appartenir anbsp;la même tradition que tous les textes qui proviennent, plus ou moinsnbsp;directement, d’Alcuin ... On peut dire que Ie texte de la deuxièmenbsp;Bible de Charles Ie Chauve est un texte alcuinien de basse époque.»nbsp;Andere Hss., wie Lyon 357 oder Bibl. Nat. 257 gehören zu der-selben Gruppe, von deren Text Berger (p. 291), der hier wiederumnbsp;unsere einzige Autoritat ist, bemerkt: «II forme familie avec celuinbsp;des autres manuscrits franco-saxons, il diffère beaucoup des bibles

Erwahnt seien die Ansichten Agobards von Lyon über Bibeltext-kritik im Brief an Fredegis von St. Martin in Tours (um 830, MG. Epp. V 214). Über die Frage, was am Text unumstöblich fest sei, ob Text-andeningen vorgenommen werden könnten, ob grammatische Fehler bei-behalten werden müfiten, sagt er: „Exiguitati nostrae videtur, quod nequenbsp;vos neque nos de hac re aliquid sentire aut dicere debemus, nisi ea quaenbsp;horthodoxos magistros sensisse aut dixisse legimus. Ista tarnen inconcussanbsp;et firma auctoritas illorum auctorum est, per quos Spiritus sanctus novinbsp;et veteris testamenti volumina confecit, de quibus nulli umquam homininbsp;licuit aut licet cogitare, vel unam litteram aliter eos dicere debuisse, quamnbsp;dixerunt, quoniam eorum auctoritas firmior est caelo et terra.“ Das ist dienbsp;klarste Formulierung des Standpunktes eines Traditionalisten. Das einmalnbsp;über den Bibeltext Geschriebene mufi angenommen und festgehalten werden, und so auch der Text selbst und die in ihm sich findenden Doppel-lesarten.

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de la tradition alcuinienne, surtout des plus anciennes . . et il se rattache directement a la familie des manuscrits en lettres d’or,nbsp;et surtout a la branche rémoise qui en est un rejeton. Mais en mêmenbsp;temps Ie texte de notre manuscrit (Zweite Bibel Karls des Kahlen)nbsp;parait plus jeune et plus éloigné de roriginal commun que celuinbsp;des Évangiles franco-saxons (Lyon 357 und B.N. 257). Si cettenbsp;remarque est juste, nous comprendrons mieux encore comment s’estnbsp;faite la compilation d’oü est sorti notre manuscrit. Ceux qui ennbsp;ont établi Ie texte ne pouvaient préférer aucun texte des Évangilesnbsp;a celui qui était copié couramment dans leur abbaye. Ce texte étaitnbsp;celui de 1’église de Reims.» Das heibt also, dafi der Text einenbsp;Mischung von fast allen in Nordfrankreich bekannten Formen dar-stellt. Noch eine andere Hs. sei kurz erwahnt, das Evangeliar vonnbsp;St. Emmeram (München, lat. 14000. Cimelie 55). Diese Hs., derennbsp;Einband immer wieder das Interesse auf sich gezogen hat, ist umnbsp;870 in St. Denis geschrieben worden.^^ Jn ihrem Text mischen sichnbsp;angelsachsische, irische, nordfranzösische Elemente aufs engste. U.a.nbsp;ist die Interpolation Mt. XX 28 (vos autem quaeritis . . .) darinnbsp;enthalten. Die nordfranzösischen Texte haben alle den Einflufi dernbsp;irischen und angelsachsischen Typen erfahren; das ist die SchluB-folgerung, die Berger aus ihrem Studium zieht. Auch die alt-lateinischen Codices haben in dieser Gegend noch ihre Wirkungnbsp;ausgeübt, wie es verstandlich ist, wo beide Versionen so gut be-kannt waren. So enthalt die Corbie-Bibel (Bibl. Nat. 11532 undnbsp;II533) aus der zweiten Half te des 9. Jahrhunderts noch manchenbsp;Lesarten aus der altlateinischen Version; die Evangeliën stellennbsp;wieder den Mischtext dar, der auch in der Zweiten Bibel Karls desnbsp;Kahlen vorliegt.

Ein Fall ist noch zu erwahnen, der zeigt, wie die Vermischung von Lesarten und Textformen vor sich ging, zugleich aber auch,nbsp;wie der Text Alkuins sich aUmahlich die Vormachtstellung unternbsp;den bekannten Texttypen errang. Quentin (a. a. O. 36iff.) hatnbsp;neuerdings im AnschluB an Berger auf eine Gruppe spatitalischernbsp;Hss. aus der Zeit nach dem 10. Jahrhundert hingewiesen und ihrenbsp;Abhangigkeit von Alkuins Text aufgezeigt. Die ersten Wirkun-gen Alkuinschen Einflusses auf italische Codices lassen sich gut in

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Berger, p. 298.

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einer uns schon bekannten Hs. erkennen. In der Hs. Z namlich finden sich zahlreiche Korrekturen spaterer Schreiber, die genaunbsp;mit dem Text Alkuins übereinstimmen. Zahlreiche Stellen, wo Tjfnbsp;= K Mr V, bilden den Beweis dafür, daB dem Korrektor von Z Alkuins Text als normgebend galt:

Mt. III i6 columbam M K MrVZ^ H B Wvg; V36 iura~ veris : iurabis KMrZ‘=; 39 illi et', et zZ?«’KMrVZ^; Mc. V 2 om einbsp;K V Z‘= W vg; VI 15 dicebant -}- quia MrV* 2? Ep^sH^GWvg;nbsp;Mt. VIII 29 quid nobis et tibi iesu (om vuig.) fili dei KMr V Z^Bnbsp;D L Q R vg; XVIII9 unoculum : cum uno oculo J K Mr V Z'^Ep E‘=nbsp;OX@6; XXVI10 opus enim (om vuig.) bonum vett, gr., VZ^R^^nbsp;§ @ 6; Jo. VI71 iudam: de iuda vett KVZ^WXQ©?©; Lc. IX32nbsp;qtiicum Ulo -f erant vett KVZiQWvg; etc. Das ist so zu erklaren,nbsp;daB die Hs. Z sich im 9. Jahrhundert in Frankreich beland (wo sienbsp;bis zum 18. Jahrhundert verblieb), und daB die spateren Korrekturennbsp;in einem frankischen Kloster nach dem alkuinianischen Text vor-genommen wurden.

Wir sehen, daB der Evangelientext im frankischen Reich des g.Jahrhunderts uns nichts Neues mehr bietet. Es sind keine text-umgestaltenden Krafte am Werk, die eine neue, charakteristischenbsp;Textform entstehen lassen könnten. Auch die geistigen Probleme,nbsp;die die Zeit bewegen, sind nicht neu und originell. Noch unternbsp;Karl dem GroBen beschaftigten neue Fragen und theologische undnbsp;philosophische Debatten die Geister. Die Gelehrten griffen z. B.nbsp;in den Streit um den Adoptianismus ein. Aber schon unter Ludwignbsp;dem Frommen ist von einer Regsamkeit in dieser Hinsicht wenignbsp;mehr zu spüren. Die geistige Kraft, der Bestand an Lebenskraftnbsp;kommt in der nachkarolingischen Zeit einem anderen Betatigungs-feld zugute, der Askese. Diese ist das eigentlich Neue, das in dernbsp;Folgezeit seine Bedeutung gewinnt und behalt. Davon muB untennbsp;noch zu handeln sein.

Das Element, das im 8. Jahrhundert das geistige Leben auf dem Kontinent befruchtet hatte, die angelsachsische Kultur, warnbsp;im 9. Jahrhundert einer solchen Wirkung nicht mehr fahig. Dasnbsp;natürliche Herabsinken von der hohen Vollendung in Wissenschaftnbsp;Und religiöser Kultur und Bildung, wie sie um 700 erreicht war,nbsp;begann auch auf dem Kontinent sich auszuwirken. Der Einflufi


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Englands nahm ab, besonders gegen Ende des 8. Jahrhunderts. Zwar suchte man in England die Mifistande im religiösen — undnbsp;damit im kulturellen — Leben, die Beda im Briefe an Ecgbert vonnbsp;York beklagt, zu beseitigen (Konzil von Clovesho 747). Die Organisation der Kirche wurde straffer zusammengefafit. Einen nach-haltigen Erfolg batten in dieser Beziehung die beiden papstlichennbsp;Gesandten Georg von Ostia und Theophylact von Todi, die 786 einenbsp;Visitationsreise durch England unternahmen, Canterbury, dannOffanbsp;von Mercien besuchten, eine Synode in Nordhumbrien und daraufnbsp;eine allgemeine englische in England abhielten (Chelsea 787). Dienbsp;Verwaltung der Kirche so wie das Leben von Klerus und Laiennbsp;sollten geregelt und auf einer angemessenen Höhe gehalten wer-den.is Noch Karl der Grofie schatzte, wie wir gesehen haben, dasnbsp;Angelsachsentum hoch. In der Frage des Bilderstreites und desnbsp;Adoptianismus veranlafite er die englische Kirche, auf seine Seitenbsp;zu treten. Englische Bischöfe waren auf der Synode von Frankfurtnbsp;(794) anwesend und stimmten der Verurteilung des Adoptianismusnbsp;zu.i^ Alkuin unterhielt eine lebhafte Korrespondenz mit seinennbsp;englischen Glaubensbrüdern, sie zum Durchhalten im Kampfe er-mahnend. Aber der Niedergang lieS sich nicht aufhalten. In Nordhumbrien liefien Unruhen und der schnelle Wechsel der Herrschernbsp;kein Gedeihen aufkommen. Dazu kam der aufiere Eeind. Im Jahrenbsp;787 berichten die Chroniken von dem ersten Einfall der Danen innbsp;England. 793 wird Lindisfarne verwüstet, 795 das alte Schotten-kloster lona, das bis 832 noch fünfmal geplündert wurde. Jarrownbsp;erging es nicht besser. Im folgenden Jahrhundert dauert die Plagenbsp;an. Dabei ruht der Zwist im Innern nicht. Cenwulf von Merciennbsp;gerat 817 in ernsten Streit mit dem machtigen Erzbischof von Canterbury; eine Zeitlang scheint sogar das Interdikt über der süd-englischen Kirche gelegen zu haben. Aber innere und aufierenbsp;Kampfe dieser Art brachten doch ein neues Moment in die englische Geistesgeschichte hinein, einen positiven Zug, der allein dernbsp;Zerrissenheit ein Ende machen konnte: der Nationalgedanke er-wachte, das Gefühl für die Stammeszusammengehörigkeit.

Alkuin, den Karl der GroSe der papstlichen Gesandtschaft als Be-gleiter mitgegeben hatte, gibt die Kanons des Konzils, die man ausge-arbeitet hatte, weil „vicia non minima ibi necessaria erant ad corrigendumquot;; MG. Epp. IV 2off.nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;W. Hunt, a. a. O. 241.

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Hier ist der Punkt, in dem Britannien und Kontinent im g. Jahr-hundert sich innerlich berühren. Karl der Grofie war der erste abendlandische Herrscher des ÏMittelalters, der nationales Wesennbsp;förderte. Nicht in Hinsicht auf die staatliche Gliederung; in demnbsp;theokratischen Staatsideal Karls war für einzelstaatliche Ent-wicklung kein Raum. Und doch konnten sich unter seinernbsp;Herrschaft die nationalen Individualitaten verhaltnismafiig freinbsp;entfalten. In Karls eigenem Bildungsstreben und in seinemnbsp;Willen zur Volksbildung lag auch das Verstandnis dafür einbe-griffen, daS spezifische Eigentümlichkeiten der einzelnen Volks-stamme zu respektieren seien; nur damit konnten sie für die Bil-dungsarbeit fruchtbar gemacht werden. Denn die neuen Bildungs-güter standen dem Volk durch ihre Eorm fast noch ferner alsnbsp;durch ihren Inhalt. Die christliche Kultur war im Westen einenbsp;romanische, die Fortsetzung der Kultur des römischen Reiches.nbsp;Wo das Römertum Wurzel gefaBt hatte, da verband sich auch dasnbsp;Christentum mit ihm. Für die germanischen Stamme war die Chri-stianisierung mit einer teilweisen Romanisierung untrennbar ver-bunden gewesen; die Entstehung des christlichen Frankenreichsnbsp;unter den Merowingern bildet die beste Illustration dazu. Dienbsp;Annahme des Christentums hatte also zur Folge, daö gewisse Zügenbsp;der nationalen Eigenart des betreffenden Volkes zurücktraten, wasnbsp;sogar soweit gehen konnte, dafi die Volkssprache völlig aufgegebennbsp;wurde. So war es bei den Westfranken unter Chlodovech. Odernbsp;es bestand die andere Möglichkeit, dafi die Nationalitat starknbsp;genug war, sich zu behaupten; dann nahm sie das Christentum nichtnbsp;oder nur sehr schwer an (Sachsen), oder die Form, in der dienbsp;christliche Botschaft dargeboten wurde, muföte sich eine Umbildungnbsp;gefallen lassen; das war bei den meisten germanischen Stammennbsp;der Fall und begann ungefahr mit Karl. Indem er namlich daraufnbsp;drang, dafi die germanischen Heiden die christliche Lehre restlosnbsp;und vollkommén annahmen, dafi er sie ihnen einpflanzen wollte,nbsp;rief er die Krafte hervor, die die vollkommene Anpassung dernbsp;neuen Lehre an den germanischen Geist ermöglichten. Dazu gehortenbsp;in erster Linie die Tendenz zum Übersetzen. Der Wall, hinter demnbsp;die volkstümlichen Züge der bekehrten Stamme sich verschanzten,nbsp;ihre Sprache namlich, wurde also nicht eingerissen, sondern ernbsp;diente dazu, das einmal eingedrungene Christentum nur um so


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fester zu halten. Karl selbst hat den Wert der Volkssprache für die Bekehrung und dauernde Festigung des Christentums in seinemnbsp;Reiche erkannt. Daher denn auch die Bestimmung der Frankfurternbsp;Synode, „ut nullus credat, quod nonnisi in tribus linguis Deus ado-randus sit, quia in omni lingua Deus adoratur et homo exauditur,nbsp;si iusta petierit“;i® und daher auch die immer wiederkehrenden Er-mahnungen an den Klerus, daS die Heilige Schrift in der Volkssprache erklart, dafi das Symbol und das Vaterunser in der Volkssprache von jedem gelernt werden sollten.i® Der Erfolg diesernbsp;Erlasse ist nicht zu verkennen. Um diese Zeit werden die wichtig-sten theologischen Werke und die Bibel, besonders auch die Evangeliën, glossiert. Für Deutschland beginnt eine zweite Blüteperiodenbsp;der Glossenliteratur. Im Zusammenhang mit der angelsachsischennbsp;Mission waren in der Mitte des 8. Jahrhunderts in den süd-deutschen Klöstern Meran, St. Gallen, Reichenau, Freising Glos-sare zu antiken und christlichen Werken angefertigt worden. Einnbsp;Beispiel ist das lateinisch-lateinische Rz-Glossar, das nach St. Gal-len-Reichenau gehort und als Quelle einen Bibelkommentar Hadrians (oder Theodors) von Canterbury hat.i’ Die grofie einheit-liche Linie kommt aber erst durch Karls Initiative in die Glossie-rungstatigkeit hinein.

Karl brauchte und unterstützte alles, was durch die Volkssprache an Bildung vermittelt werden konnte. Die deutsche und französische Sprache sollten lehren, nicht so sehr wissenschaftlichennbsp;Zwecken dienen. Wenn dem Volke gepredigt, wenn auf seinennbsp;Geist eingewirkt werden sollte, so mufite das „secundum proprie-tatem linguaequot; geschehen. Daher die Forderung von Übersetzun-gen „in rusticam Romanam linguam aut Teotiscam, quo faciliusnbsp;cuncti possint intellegere, quae dicuntur“.i® Uns interessieren hiernbsp;besonders die althochdeutschen Evangelienglossen und das Frag-

Frankfurter Synode von 794, § 52, MG. Capitularia I 78.

1® Capitulare von 779, ib. 47; Admonitio generalis von 789, ib. 53!!.; Aachener Synode von 802, p. 105; etc.

11 Hs. Karlsruhe, Augiensis IC. Die drei einzigen volkssprachlichen Glossen, die das Glossar enthalt, sind bezeichnenderweise angelsachsisch.nbsp;Vgl. Steinmeyer-Sievers, Althochdeutsche Glossen, IV 399; V 400ff., 471.nbsp;Dazu Ehrismann, Literaturgeschichte, I 279ffnbsp;1® MG. Capitularia 11, p. 176.

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ment einer Mt.-Übersetzung, das in den Monsee-Wiener Bruch-stücken enthalten ist (nicht vor 794 anzusetzen).!»

Wir stehen mit diesen Werken vor einer neuen Periode der Bibeltextgeschichte. Sobald einmal der deutsche (oder französi-sche usw.) Bibeltext zum volkstümlichen Gebrauchstext gewordennbsp;ist, der gelehrt, gepredigt, gelesen wird, in dem man denkt, dennbsp;man zitiert, so ist er die wahrhaft lebendige Textform. Der latei-nische Text lebt nicht mehr im selben Sinn. Er bildet dann dasnbsp;Original, die Autoritat, gegen die die Version nicht verstofien darf.nbsp;Aber ein individueller Stil, eigentümlicher Sprachgebrauch, eigenenbsp;Formgesetze und asthetische Werte haften nur noch dem volkstümlichen Text an. Diese Stufe ist in dieser Zeit allerdings nochnbsp;nicht erreicht; sie wird es auch nicht wahrend des Mittelalters.nbsp;Wir können immer noch von einer Geschichte des Vulgatatextesnbsp;sprechen, neben der freilich eine Geschichte des französischen, eng-lischen, slawischen, deutschen, ja eines hoch- und niederdeutschen,nbsp;des frankischen, alemannischen, bairischen Bibeltextes herlauft. Dasnbsp;hangt damit zusammen, dafi der Unterschied zwischen gelehrtemnbsp;und ungelehrtem Stand das ganze Mittelalter hindurcïi bestand, sonbsp;dafi die Doppelsprachigkeit nie verschwand. Zur selben Zeit, wonbsp;die Scholastik ihre vollkommensten Blüten treibt und die Wissenschaft in lateinischer Sprache einen Höhepunkt erreicht, entfaltetnbsp;sich auch die romanische und die deutsche Volkssprache zur vollennbsp;Blüte mittelalterlicher Dichtung. Solange das noch möglich ist,nbsp;leben noch beide Sprachen und ist auch das Lateinische noch ent-wicklungsfahig, gibt es also noch eine Geschichte des Vulgatatextes. Erst mit Luther ist der Punkt erreicht, wo Theologie undnbsp;Volkstum sich vereinigen in der deutschen Sprache. Und mit die-sem Augenblick hort die Eigenentwicklung des lateinischen Bibeltextes auf. Der textus receftus kommt auf und wird als die Autoritat angesehen, die den Sinn des Gotteswortes dem allzu eifrigennbsp;Übersetzen gegènüber zu wahren hat. Immer wieder neu geformt,nbsp;verandert, entwickelt, lebendig gebraucht aber wird der deutsche

Auf die groBen Zusammenhange zwischen den einzelnen ahd. Glos-saren hat zuerst hingewiesen Gg. Baesecke in den Artikeln AUhochdeutsche Literatur und Glossen im Reallexikon fUr deutsche Literaturgeschichte, I.nbsp;Dazu noch Brauer, ZDP. 1928, 183!

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Bibeltext. Auch für die anderen westlichen Lander (England, z. T. auch Frankreich) liefie sich eine ahnliche Entwicklung nachweisen.

Der hier nur angedeutete Gang der Dinge befindet sich zu Karls des Grofien Zeit erst in seinen Anfangsstadien. Nur tastendeVersuchenbsp;zur Schafïung eines deutschen Bibeltextes werden gemacht. Zu-gleich aber finden wir schon die Anfange eines normgebenden latei-nischen Textes in der Rezension Alkuins, die wirklich zu einer Artnbsp;Normaltext wird. Ein solcher war eben nötig, um nicht tiefe Unter-schiede zwischen den einzelstaatlichen Kirchen aufkommen zunbsp;lassen.

In Deutschland wird die Frage: lateinisch oder deutsch? zum erstenmal bei Otfrid akut. Die harharies der deutschen Sprachenbsp;schreckt ihn ab; „Est inculta et indisciplinabilis atque insueta capinbsp;regulari freno grammaticae artis.“2o Aber andererseits sieht ernbsp;sich aus praktischen Gründen gezwungen, das Werk zu schaffen:nbsp;„Scripsi namque ... ut, qui . . . alienae linguae difficultatem hor-rescit, hic propria lingua cognoscat sanctissima verba, Deique legemnbsp;sua lingua intellegens, inde se vel parum quid deviare mente propria pertimescat.“ Er schlagt einen Mittelweg ein: die Sprachenbsp;ist zwar germanisch, aber er bringt sie zum erstenmal in einernbsp;gröföeren deutschen Dichtung in romanische Form, sich durch Versnbsp;und Reim weit von der germanischen Epenform des Heliand ent-fernend.

Von der Geschichte des deutschen, französischen, englischen Bibeltextes haben wir hier nicht zu handeln. Nur auf das neuenbsp;Element, das durch sie in den Entwicklungsgang des Bibeltextesnbsp;an sich hineingelangt, mufite aufmerksam gemacht werden.

Anmerkung. Ein kurzer Bliek sei der lateinischen Vorlage der althochdeutschen Evangelienglossen und des Mt.-Fragmentsnbsp;gewidmet. Die Textform der Glossenvorlagen ist schwer zu rekon-

2® lm Widmungsbrief an CuSberht von Mainz, MG. Epp. VI 167. Otfrid ist von der barbaries der deutschen Sprache überzeugt. Das ist der Standpunkt der lateinisch Gebildeten damals allgemein. Walafrid Strabonbsp;redet von der „nostra barbaries, quae est theotisca“ (Naumann, Ahd.nbsp;Gramm. 121, Samml. Göschen). Johannes Diaconus in der Vita Gregoriinbsp;Magni, c. 6, macht sich über die Ungeheuerlichkeiten deutscher Laute undnbsp;Kehlen lustig, wie auch Ademar, Hist. Lib. II 8, MG. Scriptt. IV 118. Vonnbsp;hier bis zu der Stellung, die die deutsche Sprache im Laufe des Mittel-alters erstrebt und bei Luther völlig erringt, ist noch ein weiter Weg.


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struieren, da das Material bei Steinmeyer-Sievers dazu nicht aus-reicht. Genaues Studium der Handschriften müBte hier einsetzen, und über die Klassifizierung der verschiedenen Glossare müBtennbsp;weitere Untersuchungen gemacht werden. Die in Band I, Nr. 368,nbsp;aus verschiedenen Hss. zusammengefaBten Mt.-Glossen scheinen besten nordhumbrischen Text als Vorlage gehabt zu haben. Vgl. VI22nbsp;oculus ( tuus viele Hss.) sifuerü vuig. JMZAFH*YXlt;=RV;

VI nbsp;nbsp;nbsp;28 nent mit vuig. (: neunt meiste Hss.); VII2 metietur mit vuig.nbsp;Z*JXCT AYFH0 V; XIV 34 gennesar vuig. AYOXMHC;nbsp;XIX 12 castraverunt vuig. (; eunuchizaverunt viele Hss.). Doch hatnbsp;der angelsachsische Missionstext bzw. Alkuins Rezension eingewirkt:

VII nbsp;nbsp;nbsp;10 petierit mit 0*= X*^ E Q R Ep K Mr V Z^ W vg, gegen petetnbsp;vuig. A Y; XIII 15 clauserunt mit Z* X B T K Mr V W vgnbsp;(: cluserunt vuig.). Es ist möglich, daB der Text der Evangelien-glossen irgendeine Beziehung zur Loiregegend und zu Alkuin hat.nbsp;Einige Falie aus derselben Glossengruppe (Steinmeyer-Sievers,nbsp;IV 286ff.): Mt. IV 17 adpropinquahit, die typisch alkuinianische Les-art, mit E* L2 H 0 K Mr § lt;S; V 33 periurahis (:peierahis vuig.) Y Os‘nbsp;KMr Z^Wvg vett, irische; XXI33 plantavit vineam et sepem (: saepenbsp;vuig.) ZiJOTDEpL®RMrVWvg; XXIII 16 delet : debitor estnbsp;Z* OX*DE LQRMr ? vett; usw. Dasselbe Bild geben die Mc.-Glossen (Nr. 376, Bd. I 723; IV 294; V 18). Beachtenswert ist dasnbsp;Lemma zu Mc. VIII 38 confitebitur i confitetur (: confundeturnbsp;vuig.), das eine Kombination einer südenglischen (confitebitur T H*nbsp;0“’‘W ?©) und einer nordhumbrischen Lesart (confideturY) ist. Auchnbsp;die Lc.-Glossen Nr. 379-383 und die Jo.-Glossen Nr. 388 gehörennbsp;derselben Gruppe an. Es scheint demnach, daB wir als lateinischenbsp;Vorlage einen guten Text vor uns haben, der mit dem angelsach-sisch-nordhumbrischen T3rpus und mit Alkuins Text irgendwie ver-wandt ist. Es wurde wohl eine lateinische Evangelien-Hs. aus dernbsp;Loiregegend in einem alemannischen Kloster glossiert und dann dienbsp;Glosse immer wieder abgeschrieben.^^ Ganz anders ist der lateinischenbsp;Text der Lc.-Glosse Nr.385 (Bd.I 728) be.schaffen: 165 die Konflation

Vgl. Baesecke, 1. c., der die Vermutung ausspricht, daB gewisse Evangelienglossierungen auf Karls des GroBen Initiative zurückzuführennbsp;sein mogen. Der den Glossen zugrunde liegende Text zeigt, daB diesenbsp;Vermutung zu Recht besteht. Man muB die Entstehungszeit dieser Glossare um 800 oder kurz nachher ansetzen. Vorher gab es weder den rein

G l u , Britannien und Bibeltext nbsp;nbsp;nbsp;I o


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universa omnia (; omnia vuig.), universa aus Gbf; gt; haec verba omnia G; 67 profetahat{;.prophetavif) gat; 80 in desertis (: in deser-to vulg.) Z K Mr V irische, Wvgvett; II 2 professio (: descriptio) Rnbsp;vett au£er af.; 4 patria familia (: familia vvlg), patria haben nurnbsp;gat. vett auBer af.; 7 posuit (: reclinavit) GP vett auBer af.; 8 in ilianbsp;regione (: in regione eadem) G vett auBer af.; 13 exercitus (: militiaenbsp;vulg.) G R it.; 15 dixerunt (: loquehantui) vett; 24 sacrijiciumnbsp;(: hostiam vulg.) vett; 37 orationibus (: obsecrationibus) eaqd; 38nbsp;exspectantibus (: qui expectabant) it.; 45 rever si (: regressi vulg.)nbsp;afrd(5GLY; etc. Dieses St. Pauler Lc.-Glossar (St. Paul, Karnten)nbsp;ist also einem sehr alten Text aufgepfropft worden, in dem die alt-lateinischen Bestandteile die groBe Masse der Varianten ausmachten.nbsp;Über die Abfassungszeit laBt sich aus der Textform nichts schlieBen,nbsp;denn altlateinische Hss. hat es noch in sehr spater Zeit gegeben.nbsp;Nur innerlich, der Textform nach, macht das Glossar einen ar-chaischen Eindruck und scheint es alter zu sein als die vorher be-sprochenen Glossen.

Interessant ist das ahd. Mt.-Fragment, das die bayrische Um-schrift eines frankischen Originals ist und in den Monsee-Wiener Fragmenten enthalten ist.^^ Einige Lesarten mogen den Text cha-rakterisieren: Mt. IX 5 peccata tua T D E Ep^s Q H 0 K Mr V ?nbsp;©6; X 24 nec-.neque Z^FEp; XII18 conplacuit {¦. placuit xvlg)nbsp;Z X C TD E Ep L Q RB K Mr V W vg; 24 principe : principem Anbsp;Y Z* X C T Mr H 0; daemoniorum (: daemonum vulg.) Z*’‘= X C T Bnbsp;E 0 K Mr V vg; 3 3 cognoscitur (: agnoscitur) XCBEQW;45 o-dsumitnbsp;(: assumif) Z O X* J C T B Ep“e L R; 49 manum : manus J Z X^ Epnbsp;K Mr; XIII i om iesus W; 10 discipuli Ar eius RH0vett; iinbsp;my ster ia : mysterium D E Q ? vett; 14 (om vulg.) eis Z^ FCTnbsp;Ep™sWvgffj gi f; dicens ; dicentis JO'^DEL'^QRBV? vett auBer af.;nbsp;23 centesimum (: centum vulg.) Z^JCTH‘=0Wvg; XX28 nbsp;autem quaeritis ..., am besten stimmen dazu bg^;^® 29 secuta estnbsp;nordhumbrischen Text auf dem Kontinent noch den Alkuins, wahrendnbsp;kurz danach jede andere Textform durch die alkuinianische ersetzt wird.

Ed. G. A. Hench, The Monsee Fragments, Strafiburg 1890.

Nach V. DobschUtz findet sich in der Hs. Wien 1234 (Evangeliën, 9. Jahrhundert; Gregory, Textkritik, vulg. nr. 672, II 661) der eigentüm-liche Zusatz zu Mt. XX 28, der Ubrigens nicht, wie ich a. a. O. p. 39 be-hauptete, aus Lc. XIV 8-11, sondern aus einem apokryphen (Petrus-?)

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eum turha multa : secutae sunt emn turbae multae X* O T R W e ffi g2 q; XXVII8 acheldemagh hoe a d ff^ Z J M O X* B (-)nbsp;K Mr V vg; i6 hahebant (: habebat) M E L 0 K. Dieser Text ist alsonbsp;eine Mischung von angelsachsischen und irischen Bestandteilen, wienbsp;sie Ende des 8. Jahrhunderts im Frankenreiche mit der angelsachsischen Mission allgemein in Gebrauch war. Es ist der Text, dernbsp;vor den Rezensionen Alkuins und Theodulfs in der Loiregegendnbsp;sich herausgebildet hatte.^^ Dieses Ergebnis stimmt überein mit dennbsp;Tatsachen, die uns sonst von der Geschichte der Monsee-Frag-mente bekannt sind, wonach Orléans als Urheimat der Gruppe an-zusehen ist.^®nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;_

Wenn Karl der GroBe sich bemühte, die Materie des christlichen Glaubens dem Wesen der durch Stammes- und Sprachverschieden-heit getrennten Völker^® anzupassen, so war dies zwar eine zweck-entsprechende Methode, die aber den spateren Zerfall seines Reichesnbsp;nur fördern mufite. Die geistig-kulturellen Unterschiede zogennbsp;staatliche Trennung nach sich. Der Traktat De vocatione gentium,nbsp;der im AnschluB an Karls Erlasse über die lingua rustica verfaBtnbsp;wurde, ist ein Ausdruck erwachenden NationalbewuBtseins. Dienbsp;Völker fühlen sich selbstandig in ihrer Eigenart. 842 wird dienbsp;Volkssprache zum erstenmal zu juristischen Zwecken in den StraB-burger Eiden verwandt. Ganz allmahlich erringt sie sich mit demnbsp;Erwachen desNationalgefühls und mit dem Entstehen geschlossener

Evangelium zu stammen scheint. Vielleicht hat diese Wiener Hs. dem ahd. Übersetzer als Vorlage gedient: W. Walter, Die deutsche Bibelüber-setzung des MA., I, Braunschweig 1889, p. 437 ff. DaB die Vorlage dernbsp;Version letztlich aus England stammt, bestatigt ihr allgemeiner Charakter,nbsp;nicht die einzelne Stelle Mt. XX 28, auf die sich Hench und Nutzhornnbsp;(ZDP. 44, 280, Note) allein stützen; denn diese stimmt besser zu vett alsnbsp;zu dem angelsachsischen O.

S. oben cap. 11 2.

Vgl. darUber Müllenhoff-Scherer, Denkm.^, II 34611. Kögel, ZDA. 37. 2i8ff.

An nationalsprachlichen französischen Bearbeitungen der Bibel ist höchstens das Fragment der Jonaspredigt zu nennen: Foerster-Koschwitz,nbsp;Afrz. Übungsbuch®, 1921, p. 54 ff. Vollstandige Übersetzungen einzelnernbsp;Teile der Bibel ins Französische linden sich erst im 12. Jahrhundert. Demnbsp;Romanen scheint die Übersetzung der lateinischen Bibel weniger BedUrf-nis gewesen zu sein als dem Germanen.

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Gemeinschaften, die durch Rasse, Gebrauche, Sprache, Gesinnung miteinander verbunden sind, eine Stellung, wenn auch nicht neben,nbsp;so doch zusammen mit der lateinischen Sprache. So ist wenigstensnbsp;die Möglichkeit in Aussicht gestellt, daB die Geschichte des Vul-gatatextes zur Geschichte des volkssprachlichen Bibeltextes werdennbsp;wird.

Eine solche Entwicklung begann um diese Zeit auch in England, z. T. spontan ohne auBeren AnlaB, wie die Synode von Chelsea zeigt,nbsp;deren Beschlüsse dem Volke in seiner Sprache vorgelesen wurden.^'^nbsp;Vielleicht hat auch die Not, die man gemeinsam von den Danennbsp;zu leiden hatte, den ZusammenschluB der Volksgemeinschaft ge-fördert. Eine starke Persönlichkeit wie Ecgbert von Wessex kamnbsp;dieser Entwicklung sehr zu Hilfe. 802 bestieg er den Thron, nach-dem er drei Jahre lang im Frankenreich am Hof Karls geweiltnbsp;hatte. Die Herrscherpersönlichkeit Karls wird ihn selbst und seinenbsp;Plane für die Bildung seines eigenen Reiches beeinfluBt haben.nbsp;Hier erhielt er den Schliff des Geistes und den Tatendrang, dennbsp;Wilhelm von Malmesbury so hochschatzte: „Egbirhtus, transnavi-gato mari, Franciam venit; quod Dei consilio factum intelligo, utnbsp;vir ille, ad tantum regnum electus, regnandi disciplinam a Francisnbsp;acciperet. Est enim gens iUa et exercitatione virium, et comitatenbsp;morum cunctarum occidentalium facile princeps. Hac igitur contu-melia Egbirhtus ut cote usus est, qua, detrita inertiae rubigine, aciemnbsp;mentis expediret, et mores longe a gentillitia barbarie alienos in-dueret.quot;^® Man kann den EinfluB, den der groBe Verband desnbsp;frankischen Reiches, die Regierungsmethoden seines Herrschers,nbsp;dessen Staatsidee auf den jungen Prinzen haben muBten, nur nachnbsp;dem Werke schatzen, das er schuf, als er zur Regierung gelangte.nbsp;Cornwall, Sussex, Essex, Kent bringt er unter seine Regierung,nbsp;Nordhumbrien unterstellt sich freiwillig seiner Herrschaft. Seinenbsp;vornehmliche Sorge gilt der Karche, kraft deren Autoritat er herrscht.nbsp;Er stellt Klöster wieder her, gibt ihnen den Besitz, den seine Vor-ganger ihnen entzogen hatten, zurück, arbeitet in enger Gemein-

MG. Epp. IV 2of., 28: „Et in conspectu concilii clara voce singula capitula perlecta sunt et tam latine quam theodisce; quo omnes intellegerenbsp;potuissent.quot; Vgl. Dove, Das alteste Zeugnis für den Namen „Deutsch“,nbsp;SB. Münch. Ak. 1895, 223 If.

Gesta reg. Angl. II § 106 (Migne 179, col. 1053).

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schaft mit seinem Erzbischof Wulfred, zieht den Kderus zu den staatlichen und diplomatischen Geschaften heran. Überall das karo-lingische Vorbild. Bei alledem aber ist ein nachhaltiger Aufschwungnbsp;des geistigen Lebens nicht festzustellen. Die Klosterzucht lockertnbsp;sich im Laufe der Zeit wieder, der Kampf gegen die Wikinger, annbsp;dem sich zuweilen sogar Kleriker zu beteiligen haben, laBt keinnbsp;Gedeihen der Kultur, der Bildung und gelehrten Tatigkeit auf-kommen. Was aber trotz allem erreicht wird, ist die Bildung ein ernbsp;nationalen Einheit in staatlicher Hinsicht und damit auch in kirch-licher.2® Zwar erreicht die Not des Landes unter ^öelwulf einennbsp;Höhepunkt. York fallt 866 in die Hande der Danen, Wessex drohtnbsp;eine ahnliche Gefahr; da aber gelingt es dem jungen König Alfred,nbsp;einige Jahre lang ihr Verdringen aufzuhalten und sie allmahlich dernbsp;Christianisierung und Anglisierung aufzuschlieBen.

Diese Lage tragt sehr zur Erklarung des Zustandes bei, in dem der Bibeltext sich zur Zeit König Alfreds befindet. Besonderenbsp;Sorge wird ihm nicht zuteil. Die Bücher liegen ungelesen in dennbsp;Klöstern, Klems und Mönche sind verweltlicht, ihre ganze Kraftnbsp;wird von den elementaren Bedürfnissen des taglichen Lebens in An-spruch genommen. Alfred selbst aber beginnt mit dem Wiederauf-bau. Neue Krafte werden gesammelt durch seine Bildungsarbeit.®®nbsp;Vielleicht nach dem Muster der karolingischen Hofschule begründetnbsp;er eine eigene; eifrig dringt er auf die Erziehung der Jugend. Dienbsp;Lehrer sind Englander: Plegmund, spater Erzbischof, aus Mercien;nbsp;seine Kaplane .^E^elstan und Werwulf; aus Wales (St. Davids) kommtnbsp;sein Biograph Asser. Zum Teil stammen sie auch vom Kontinent,nbsp;wie Johannes (der Altsachse) aus Korvey, und Grimbald aus St. Ber-tin in Elandern. Mit frankischen Mönchen besetzt Alfred sein neu-

Schon Wilhelm von Malmesbury sieht darin die Bedeutung Eegberts, 1. c. § 105 (nachdem er von den einzelnen KönigtUmern, Gauen und Bis-tümern gesprochen hat): „Hae erant partitiones reporum, quamvis regesnbsp;pro vicissitudine temporum, modo hi, modo illi, terminos praetergrederenturnbsp;pro fortitudine, vel pro ignavia amitterent: sed has omnes regnorum varie-tates Egbirhtus animi magnitudine compescuit, et ea, uni conquadrans im-perio, ad uniforme dominium servans unicuique proprias leges, vocavit.“

Ausführliche Darstellung der Tatigkeit Alfreds und seiner Persön-lichkeit, gegründet auf genaues Quellenstudium, bei C. Plummer, The Life and Times of Alfred the Great, Oxford 1902. — Asser, ed. Stevenson,nbsp;Oxford 1904.

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gegründetes Kloster Athelney.^i Zu einem groBen Teil ist die Erziehungsarbeit der Mönche auch Übersetzen gewesen, wienbsp;Alfred es in der Vorrede zur Übersetzung von Gregors Cura Pasto-ralis zum Ausdruck bringt.®^ Er beklagt das Herabsinken von dernbsp;Höhe früherer Gelehrsamkeit in seinen Tagen und fahrt dann fort:nbsp;„Da wundrade ic swiöe swiöe Sara godena wiotona Öe gin waeronnbsp;giond Angelcynn, and 8a bec eallae befullan geliornod heefdon, 8aetnbsp;hie hiora 8a nsenne dael noldon on hiora agen geSiode wendan. Acnbsp;ic 8a sona eft me selfum andwyrde and cw8e8: Hie ne wendonnbsp;Saette sefre menn sceolden swse reccelease weor8an and sio lar swaenbsp;o8feallan; for 8aere wilnunga hie hit forleton, and woldon 8aet hernbsp;8y mara wisdom on londe weere 8y we ma geSeoda cu8on.“ Diesenbsp;Worte sind bezeichnend für die Einsicht und den Willen, der hinternbsp;dem Übersetzen Alfreds steht. Er weiB, daB frühere Zeiten nichtnbsp;übersetzt haben, weil die Gelehrsamkeit so allgemein und gründlichnbsp;war, daB man die lateinische Sprache verstand, daB diese allein alsnbsp;sprachliches Hilfsmittel ausreichte. Der Zustand des VerfaUs abernbsp;macht die Übersetzung notwendig. Denn um zu belehren, zu er-ziehen, auf den Klerus oder breitere Schichten zu wirken, muB dienbsp;fremdartige Form des Bildungsstoffes umgewandelt werden. Letztesnbsp;Ziel ist aber immer wieder Studium der lateinischen Sprache; dienbsp;Volkssprache ist nur Mittel dazu: „Me 8ync8 betre, gif iow swaenbsp;8ync8, 88et we eac sumae bec, 8a 8e niedbe8earfosta sien eallumnbsp;monnum to wiotonne, Saet we 8a on 8aet ge8iode wenden 8e wenbsp;calle gecnawan maegen, and ge don swae we swi8e ea8e magonnbsp;mid Godes fultume, gif we 8a stilnesse habba8, 8aette eall sio gio-gu8 8e nu is on Angelcynne friora monna, 8ara 8e 8a speda haebbennbsp;8aet hie 8aem befeolan maegen, sien to liornunga o8faeste, 8a hwilenbsp;8e hie to nanre o8erre note ne maegen, o8 8one first 8e hie welnbsp;cunnen Englisc gewrit araedan: laere mon si88an fur8ur on Laeden-ge8iode 8a 8e mon furSor laeran wille and to hieran hade don wille. “nbsp;Damit ist das Englische als Vorstufe zum vollkommeneren Lateinnbsp;hingestellt, aber auch schon die Möglichkeit freigelassen, es alsnbsp;gleichberechtigt neben diesem anzuerkennen. Zunachst aber ist es

Hunt, op. cit., 278f. Über Grimbald verbreitet sich, nicht fehlerlos, Mabillon, Annales Benedictini III, Paris 1706, 240!.

Ed. H. Sweet, EETS., London 1871, 3(1.


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völlig eine Sprache, die der Erziehung, der Bildung dient, nicht dem Erkennen als dem Gegenstand der Wissenschaft. Die Art dernbsp;Textbehandlung entspricht der Zweckbetontheit. Alfred hat auBernbsp;einigen Psalmen®® nichts von der Bibel nur des W^ortes oder desnbsp;Textes wegen übersetzt. Aber in seinen Werken, besonders in dernbsp;Cura Pastoralis, kommen zahlreiche Bibelzitate vor, die sehr freinbsp;übersetzt werden. Nur zwei Beispiele:

Mt. XXIV 48 zitiert Gregor in der Cura Pastoralis: Quodsidixe-rit malus ille servus in corde suo: Moram facit dominus meus venire; et coeperit percutere conserves suos, manducet autem etnbsp;bibat cum ebriis; veniet dominus servi illius in die qua non sperat,nbsp;et hora qua ignorat, et dividet eum, partemque eius ponet cum hy-pocritis.

Alfred übersetzt: Se yfela óeow cwid on his mode: Hit bid long hwo^ine se hlaford cume; ic mceg slean ond ierman mine heafudge-mcBccean; itt him donne ond drined mit dam druncenwillum mon-tmm, ond Icet his hlafordes gebod to giemeliste. Bonne cymd hisnbsp;hlaford on dam dage pe he ne wend, ond on da tiid dat he hienenbsp;ar nat; hafd hine donne siddan for anne licettere.

Lc. VIII14, Gregor: Semen autein quod in spinas cecidit, hi sunt qui audierunt verbum, et a sollicitudinibus et divitiis et volup-tatibus vitae euntes suffocantur, et non referunt fructum.

Übersetzt: Hiora sad gefeollun on pa dornas. Bat sindon da pe gehierad Godes word, ond mid dare geornfulnesse ond mid darenbsp;wilnunge disse worlde ond hiere welena bid asmorad dat sad Godesnbsp;worda, deah hie upasprytten, dat hie ne moton fullgrowan nenbsp;wastmbare weordan.

Deutlich ist hier der Übergang zum veranderten Text aus dem eigengesetzlichen Formtrieb der anderen Sprache heraus zu beob-achten, womit ein anderer Stilwille verbunden ist, eine Absicht,nbsp;die hinter dem sprachlichen Gestalten liegt und es lenkt. Alfrednbsp;bildet das Gregorsche Werk für seine eigenen Bedürfnisse um, ernbsp;legt einen neuen Sinn hinein, eben den seinen persönlichen Inter-

®® So Wilhelm von Malmesbury, G. R. Angl. II 123. Vgl. A. S. Cook, Biblical Quotations in Old English Prose Writers, I, xxxiv; Plummer, op.nbsp;cit. I47ff. Die Evangelienzitate in Alfreds Version der Cura Pastoralis beinbsp;Cook, I 34ff.

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essen gemaSen, den für seine Zeit aktuellen. Die Absicht zu be-lehren, zu erziehen ist so übermachtig, daB sie selbst vor eben demselben Bibelwort, das anderen als heilig und unantastbar gilt,nbsp;nicht haltmacht, sondern den Wortlaut des Originals verlaBt. Sehrnbsp;bezeichnend sind in dieser Hinsicht Stellen des mosaischen Ge-setzes, die Alfred seinen eigenen Gesetzen eingefügt hat. So be-deutet es eine unmittelbare Übertragung und Anwendung desnbsp;mosaischen Gesetzes auf sein eigenes Reich, wenn Exod. XXI i innbsp;seinen Gesetzen®^ so erscheint:

St emeris servum Hebraeum nbsp;nbsp;nbsp;Gif hwa gehycgge cristenne peow,

sex annis serviet tibi.

• vi‘ gear deowige he.

Diese Beispiele der Bibeltextbehandlung bei Alfred sind an-geführt,®® weil sie zeigen, welche Möglichkeiten der Textentwicklung sich bieten, sobald mit einer neuen Sprache sich eine neue Inspiration verbindet. Damit entfernt man sich vom Urtext und beginntnbsp;die Geschichte des Bibeltextes in der neuen Sprache.®®

Mit dem Auf kommen der englischen Übersetzungen der Bibel ist der Vulgatatext in seiner Textgeschichte im wesentlichen ab-geschlossen. Neue Texttypen und Rezensionen entstehen da nichtnbsp;mehr, wo der lateinische Text die autoritative Norm für eine volks-tümliche Version abgibt. Aber innerhalb eines gewissen Umrissesnbsp;ist die Veranderlichkeit des lateinischen Textes doch noch bewahrt,nbsp;solange namlich der volkssprachliche Text noch nicht der Bibel-text an sich ist.

Anmerkung. Wenigstens genannt seien die wichtigsten Übersetzungen von Teilen der Bibel ins Altenglische.®^ Die poetischen Paraphrasen von Genesis, Daniel (um 700?) und Exodus (um 750?),nbsp;so wie die kentische des 51. Psalms sind die frühesten Bearbeitungen,nbsp;die man aber kaum als Versionen bezeichnen sollte. Erst imnbsp;9. Jahrhundert (um 870) entsteht eine Übersetzung, die merdsche

®^ Liebermann, Die Gesetze der Angelsachsen, I, Halle 1903, p. 28; Cook I 62.

3® Über die freie Behandlung, die Alfred seinen Verlagen angedeihen laBt, z. B. Plummer, 15 2 ff.

33 Alfred schatzte beide Sprachen, das Lateinische und das Englische. In seiner Schule wird heides gelehrt: Asser, De reb. gest. ZElfredi, ed.nbsp;Stevenson, Oxford 1904, 58, 61.

3^^ Die beste Zusammenstellung darüber immer noch Cook, I viiff.


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Interlinearglosse des Vespasianischen Psalters, s» Sie ist ein Produkt der Bildungsbestrebungen um diese Zeit, der auch Alfreds Über-setzungen entsprossen sind. Derselben Periode gehort auch dernbsp;Pariser Psalter an,»» dessen eines Drittel in Poesie, der Rest innbsp;Prosa abgefaBt ist. Die erste Evangelienversion ist die nordhum-brische Interlinearglosse des Lindisfarnensis (Y), die um die Mittenbsp;des lo. Jahrhunderts geschrieben ist.^» Etwas spater liegt die Glossenbsp;des Rushworthianus (R), denn sie setzt für Mc., Lc., Jo. die Y-Glossenbsp;voraus.*^ Beide Interlinearversionen sind Erzeugnisse der Benedik-tinerreform und der ihr vorausgehenden Bewegungen im lo. Jahr-hundert, die auch die erste selbstandige Version der Evangeliën innbsp;westsachsischer Sprache entstehen lassen.

Der Charakter des Vulgatatextes zur Zeit Alfreds ist leicht zu bestimmen. Der aus frühangelsachsischen, nordhumbrischen undnbsp;irischen Elementen gemischte Vulgatatext, den wir in seiner Ent-stehung auf englischem Boden im 8. Jahrhundert verfolgten, ist innbsp;England ziemlich unverandert beibehalten worden. Das g. Jahrhundert entbehrte der Krafte, die eine neue Textform hatten pro-duzieren können. Der spezifisch englische Psaltertext, der bis insnbsp;g. Jahrhundert und langer der aUgemeine ist, und für den dernbsp;Vespasianische Psalter ein typisches Beispiel ist, ist ebenfaUs einenbsp;Mischung (aus vorhieronymianischen, gallikanischen und anderennbsp;Elementen),^» und er verkörpert damit den englischenBibeltext diesernbsp;Zeit überhaupt Für den Evangelientext lafit die mercische Mt.-Glosse im Rushworthianus den Zustand des lateinischen Textesnbsp;erschlieBen.^» Sie ist das Mischprodukt verschiedenster Vulgata-typen, vor allem des irischen und des angelsachsischen, wozu nochnbsp;Elemente des nordhumbrischen Typus kommen. Die Mt.-Inter-

Ed. H. Sweet, The Oldest English Texts, EETS., London 1885.

»» Ed. B. Thorpe, Libri Psalmorum Versio antiqua Latina cum Para-phrasi Anglo-Saxonica, Oxford 1835; auch Grein-Wülker, Bibl. der ags. Poesie II, Leipzig iSgq und Bright-Ramsay (Belles Lettres Series), Boston-London 1907.

Vgl. Germ. Jahresbericht I 152; Max Förster, E. St 28, 428. Aus-gabe: W. W. Skeat, The Holy Gospels in Anglo-Saxon, Northumbrian, and Old Mercian Versions, Cambr. 1871-87.

Ed. Skeat op. cit Vgl. Cook, I, liii.

Vgl. M. Förster, Ae. Lesebuch, Heidelberg 1921, p. 9.

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linearversion — es ist eine Version im Gegensatz zur Glosse in Mc., Lc., Jo. — basiert wohl auf einer alteren lateinischen Hs. Nichtnbsp;nur die Diskrepanzen zwischen mercischem und lateinischem Textnbsp;von R, sondern auch das Aussehen des Vulgatatextes im Englandnbsp;des lo. Jahrhunderts fordern diese Annahme.

Das lo. Jahrhundert führte dem geistigen Leben Englands neues Blut zu. Die Praxis kirchlichen und monastischen Wesens wirdnbsp;neubelebt, weniger vielleicht die nach der theoretisch-wissenschaft-lichen Seite tendierenden Bestrebungen. Die Anregungen dazunbsp;kommen aus dem Erankenreich und speziell aus den England be-nachbarten flandrischen Gebieten.

Schon aus der Mitte des 8. Jahrhunderts datieren im Abendland dieVersuche, das Kdosterwesen zu reformieren. Unter Pippin wurdenbsp;die Regel Benedikts zum erstenmal systematisch eingeführt vonnbsp;Chrodegang, dem spateren Bischof von Metz, in seiner Stiftungnbsp;Gorze in Lothringen (748). Das Kloster wurde mustergültig fürnbsp;viele Neugründungen dieser Zeit (z. B. Lorsch). Chrodegangs Neu-regelung war zwar in erster Linie für die Kanoniker bestimmt;nbsp;aber etwa gleichzeitig schrieb Pippin und dann Karl die strengenbsp;Regel auch den Mönchsklöstern vor.*^ Die folgenden Generationennbsp;anderten an der strengen Ordnung je nach Bedürfnis, scharften sienbsp;ein, erganzten. Einem Höhepunkt strebten die asketischen Ten-denzen zu unter Ludwig dem Frommen, dessen Minister und geist-licher Berater Benedikt von Aniane im Jahre 817 in Aachen dennbsp;Kaiser veranlaBte, das von ihm ausgearbeitete Capitulare monasticumnbsp;zu erlassen,^5 einen sehr ins einzelne gehenden Regelkodex, der zu-sammen mit dem sog. Codex regularum die Anleitung zum Kloster-

Darüber die Arbeit von E. Schulte, Untersuchung der Beziehung der ae. Mt.-Glosse im R-MS. zu dem lat. Text der Hs., Diss., Bonn 1903, dienbsp;leider wertlos ist. Dem Verfasser gelingt die Erklamng der von ihm fest-gestellten Textform der Glosse nicht, da ihm die Kenntnis der Bibeltext-geschichte völlig abgeht. Einen gewissenWertkönnte die Arbeit haben, wennnbsp;das Material, die Kollation der in Frage kommenden Lesarten, abgedrucktnbsp;ware.

MG. Leges II 47 (Capit. von 779): „De monasteriis qui regulares fuerunt, ut secundum regulam vivant“; ahnlich im Edikt von 789, ib.nbsp;63, 67; Frankfurter Synode von 794, §§ ii, 13, 14; etc.

MG. Leges II 343 ff.

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leben für lange Zeit hinaus bildete. Trotz der asketischen Tendenz, die Anianes Regel zur Popularitat verhalf,*® wurde in seinen Klösternnbsp;das Studium der Bibel, das Schreiben von Büchern nicht vernach-lassigt.^1 Auch die Cluniacenser Reformbewegung ist literarischnbsp;nicht uninteressiert, obwohl die praktisch asketischen Bestrebungennbsp;im Vordergrunde stehen. Eine Welle der Askese geht im lo. Jahr-hundert durch das Abendland. Es ist eine Zeit der Weltflucht,nbsp;hinter der die schrofFe dualistische Haltung der romanischen Zeitnbsp;steht. Dieses Leben ist schlecht, ist Leid, ein Martyrium, das dernbsp;Mensch durchmachen muB, um sein jenseitiges Ziel zu erreichen.nbsp;Das mönchische Ideal bestimmt die Lebensanschauung. Eigenwertenbsp;kann der Mensch nicht verwirklichen; daher tötet er sich ab, suchtnbsp;Vergessen und Trost in der Askese, im Hinblick aufs Jenseits. Innbsp;der klösterlichen Praxis auBert sich diese Weltansicht im Betonennbsp;der körperlichen Abtötung, im Erziehen zum gottgeweihten Lebennbsp;und im Lesen der Bibel der Erbauung wegen. Eine tiefgehendenbsp;Veranderung der Gestalt des Bibeltextes ist kaum zu erwarten;nbsp;daraus folgt jedoch nicht, daB er vernachlassigt worden ware. Dasnbsp;studium divinarum litterarum wurde in den neuen wie in dennbsp;reformierten Klöstern mit Eifer betrieben. In Cluni (gegründetnbsp;gio) kam schon unter dem ersten Abt, Odo, eine stattliche Biblio-thek zustande, die dem Unterricht diente. Unter Majolus (demnbsp;spateren Abte) alsBibliothekar*® wurden zahlreiche Hss. abgeschrie-ben. Auch die Klassiker (Juvenal, Vergil, Ovid) waren zu Zweckennbsp;des Unterrichts verhanden.^® In Fleury sind Hss. aus der Zeit desnbsp;Abtes Odo erhalten (er reformierte Fleury 930). Mit England stehennbsp;die literarisch Gebildeten in Verbindung, so Abbo, der Vorstehernbsp;der Schule zu Fleuiy.

So richtet Theodulf von Orléans sein Kloster St. Maximin mit Mön-chen Benedikts ein, s. Benedikts v. Aniane Vita, MG. Scriptt. XV 209.

'll Ib., 206 f.: „Normamque utilem et monasteriorum salubres consue-tudines didicit suisque eas tradidit monachis observandas. Instituit can-tores, docuit lectores, habuit gramaticos et scientia scripturarum peritos, de quibus quidam etiam post fuere episcopi. Adgregavit libromm multi-tudinem. . . .“

Über ihn seine für die Geschichte der Cluniacenser Bewegung wichtige Vita, Migne 137, col. 745!! (ed. 1879).

Vgl. darüber E. Sackur, Die Cluniazenser, I II, Halle 1892-94; 11 328 ff.

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Die vorherrschende asketische Richtung hat also keinesfalls den Fortgang der Tradition gehemmt. Mehr ist den Cluniacensern aller-dings auch nicht zu verdanken; neue, nachhaltige Wirkungen aufnbsp;den Text der Bibel gehen nicht von ihnen aus. Dieser ist durchausnbsp;der in Frankreich gebrauchliche, der im wesentlichen alkuinianischenbsp;Text, der mit irischen Lesarten vermischt in den nordfranzösischennbsp;Hss. anzutrefFen ist, in St. Denis, Arras, Reims. Die Texttraditionnbsp;dieser Schulen wird von den Cluniacenser Klöstern aufgenommennbsp;und weitergegeben. Sie wird in Lothringen bekannt geworden sein,nbsp;soweit sie es noch nicht war. Hier führt Herzog Giselbert durchnbsp;den Abt Gerhard von Brogne (928) die Benediktinerregel ein. Innbsp;Oberlothringen, in Metz, Verdun, Toul, Gorze folgt man seinemnbsp;Beispiel. Alte Schottenklöster, wie Waulsort, Thierach, St. Hubertnbsp;werden in die Bewegung mit einbezogen. Besonders nachhaltig istnbsp;die Wirkung der Reform in Flandern, wohin Graf Arnulf 93 7 Gerhard von Brogne zur Wiederherstellung der verwahrlosten Klösternbsp;in Gent (St. Peter, St. Bavo, Blandinium), in St. Berlin und St. Armandnbsp;beruft.^® 944 werden die Kanoniker in St. Berlin, die sich der neuennbsp;Regel nicht fügen wollen, vertrieben. Noch bis ins nachste Jahr-hundert hinein zieht sich die Wirkung der Cluniacenser (St. Vaast,nbsp;reformiert 1008 von Richard von St. Vannes).

Die fast das ganze Abendland umfassende Wirkung der Cluniacenser Bewegung®^ muB das Zustandekommen eines einheitlichen Vulgatatextes unterstützt haben. Einzelne, archaische, lokale Text-formen werden verdrangt und von einer allgemeinen, in ihrennbsp;wesentlichen Zügen für alle Gebiete einheitlichen Form ersetzt.nbsp;Auch in England war das der Fall.

Von Alfreds Zeit an bleibt England mit dem Kontinent in steter

5® Über Arnulf von Flandern Johaunis Longi Chronica, MG. Script!. XXV 773 („erat ecclesiarum maximus reformator . . .“). Dazu Folcwininbsp;Gesta Abbatum S. Bertini Sithiensium, MG. Script!. XIII 628.

51 Zum mindesten Frankreich, Italien, England, Deutschland: Sackur, op. cit. I 93 if. Als (vielleicht Ubertreibendes) Zeugnis daftlr in der Vitanbsp;Odonis (Migne 133, 75; ed. 1881, col. 73): „Per illud namque tempusnbsp;longe lateque patris nostri nomen, veluti clarissimum sidus, coepit effulgere.nbsp;Factus est notus regibus, episcopis familiarissimus, magnatibus charus.nbsp;Quaeque enim monasteria in eorum finibus constructa erant, juri patrisnbsp;nostri ea tradebant, ut nostro more corrigeret et ordinaret.“ Ahnlich ib.,nbsp;col. 82.

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Verbindung. Schon Alfred selbst hat sich urn Verbündung mit Flandern zur gemeinsamen Abwehr der Danen bemüht. Seine Tochternbsp;-^IfpryJ) verheiratet er mit Graf Balduin 11. von Flandern. Ausnbsp;Flandern kommt sein Heifer Grimbald,^^ der unter Eadmund Abtnbsp;von New Minster in Winchester wird. Unter HiJ)elstan (924-40)nbsp;zieht eine englische Gesandtschaft den Rhein aufwarts (928), umnbsp;mit den berühmten alemannischen Klöstern Fühlung zu nehmen.nbsp;In St. GaUen wird elstan in die confraternitas der Mönche auf-genommen.®® Aus AnlaB der Vermahlung seiner Tochter mit Hugonbsp;von Paris kommt Adalolf, Graf von Boulogne, nach England undnbsp;bringt reiche Geschenke mit.®^ Von Otto dem GroBen soli Hifelstannbsp;einen Evangeliencodex erhalten haben;®® eine andere Hs., die dennbsp;Namen ^Efelstans tragt (Brit. Mus. I. A. xvill) stammt vom Festland,nbsp;wie ihr Text (Berger 49 f.) beweist. Es sind also spatestens innbsp;^Efelstans Zeit kontinentale Bibelhss. nach England gekommen.nbsp;Der englische König war einer der anerkannt groBen Könige desnbsp;Abendlandes, dessen Gunst man suchte.®® Sein Nachfolger Eadmundnbsp;nahm die aus St. Bertin vertriebenen Mönche auf und brachte sienbsp;im Kdoster Bath unter. Damit war der Anfang gemacht für direktenbsp;Einwirkung des flandrischen Klosterlebens auf das englische.

Die mannigfachen Anregungen, die unter Eadward dem Alteren, ^Epelstan und Eadmund dem kirchlichen Leben zuteil geworden

®^ Vgl. den Brief Fulcos, Erzbischofs von Reims, an Alfred, den Grim-bald empfehlend (Birch, Cart. Saxon. II, no. 555). Dem Gefuhl der Zu-sammengehörigkeit vonKontinent und England gibt erAusdruck (II, p. 193): „ Quia caritas non novit dispendium, nec fides detrimentum, nullaque inter-cludunt intervalla terrarum quos copulat verae dilectionis vinculum, liben-tissime vestrae petitioni annuimus. . . . Scimus enim quia in omni loco uninbsp;Deo servitur, et quia una est Catholica et Apostolica Ecclesia sive Romananbsp;sive Transmarina.“ Über die Echtheit Plummer, Life and Times ... 138.

®® Goldast, Scriptt. rer. Alem. II ii 153; MG. Libri confraternitatum p. 100 (332, i). Ebenso im Reichenauer, p. 238 (281, 17).

®^ Lappenberg-Thorpe, History of England under the Anglo-Saxon Kings, n, London 1881, i3of., nach Wilhelm von Malmesbury, § 135nbsp;(Migne 179, col. iioif.).

®® Cott. Tib. A. II. Green, Short History of the English People I 102. Die Widmungsverse darin (Birch no. 710) sind vielleicht auf dem Konti-nent geschrieben (gedichtet?) worden.

®® Wilh. V. Malmesbury, G. reg. Angl. II (§ 135), Migne 179, iioi; auch § 131.


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mm.

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waren, konnten sich erst mit der Persönlichkeit Dunstans zu einer kraftvollen, alle Kreise erfassenden Bewegung konzentrieren. Erz-bischof Oda von Canterbury nahm als erster Fühlung mit Fleury,nbsp;dessen Ruhm nun (942) auch England erreicht hatte.®^ Als Abt vonnbsp;Glastonbury wurde Dunstan der Berater des Königs Eadred. Seinnbsp;Schüler ^^elwold begann das Kloster Abingdon auszubauen®®nbsp;und die Benediktinerregel aus Fleury einzufuhren; ahnlich wirktenbsp;Oswald in Old Minster, Winchester.^® Kurze Zeit weilte Dunstannbsp;als Verbannter in Flandern (Gent), dann begann mit seiner Ordi-nierung zum Erzbischof unter Eadgar (960), mit der ZEfelwoldsnbsp;zum Bischof von Winchester und Oswalds zum Erzbischof von Yorknbsp;eine konsequente und rigorose Reformierung des enghschen Kloster-wesens nach dem Vorbild Fleurys und Flanderns.®®

Diese bekannten Fakta der Kirchengeschichte®^ lassen diegeisti-gen Hintergründe der Epoche erkennen. Die Askese ist der augen-falligste Zug. Die Kirche steht im Mittelpunkt selbst des königlichen Interesses. Auf das Heil ihrer Seele bedacht, machen Eadred,nbsp;Eadwig, Eadgar den Klöstern groBe und zahlreiche Schenkungen.®'^nbsp;König wie Papst (Johannes XIII.) autorisieren das Werk Dunstans.nbsp;In der Literatur der Zeit auBert sich ihre Tendenz. Die asketischennbsp;Werke, voran die Benediktinerregel,®® wérden übersetzt. Wiedernbsp;dient die Volkssprache dazu, der gesunkenen Bildung aufzuhelfennbsp;und zum Studium der lateinischen Sprache hinzuführen: „Dulcenbsp;namque ei (= .^Jelwoldo) erat adolescentes et iuvenes semper docerenbsp;et latinos libros anglice eis solvere et regulas grammaticae artis acnbsp;metricae rationis tradere, et iocundis alloquiis ad meliora hortari.“®^nbsp;Dunstan hat sich eifrigst dem Unterricht gewidmet.®® Die Zweck-

Vgl. Odas Vita, Migne 133, col. 938. Aljelwolds Vita, Migne 137, 8iff.


Mabillon, AA.SS. VII 708 ff.

®® Vgl. z. B. die Chronik E 963 (Earle-Plummer, Two of the Saxoii Chronicles Parallel, I II, Oxford 1892-99).

®^ Kurz bei Hunt 32611. Wichtigste Quellen bei W. Stubbs, Memorials of St. Dunstan, London 1874.

®2 Urkunden bei Birch, II III; Gründung von Winchester, ib. Ill 455. ®® Ed. A. Schroer, Grein-Wülker, Bibliothek der ags. Prosa, II, Kassel 1888.

®^ Mabillon, AA.SS. saec. V, p. 608 ff.

®5 Vita auctore B., § 37, bei Stubbs; auch Wharton, Anglia Sacra 11 110.

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bestimmtheit der asketischen Lebensrichtung auBert sich auch in der Literatur, und die Übersetzung der Benediktinerregel drückt esnbsp;gleich am Anfang aus: “Gehyr 8u, min beam, geboda Sines lareowesnbsp;and anbyld j^inre heortan eare, and myngunge fines arfeestan fodernbsp;lustlice underfoh and caflice gefyl, faet fu mid finre hyrsumnessenbsp;geswince to 30de gecj^rre, fe fu ser fram buge mid asolcennyssenbsp;Sinre unhyrsumnesse.” Andere Regelbücher werden übersetzt.®*^nbsp;Am eindringlichsten malen die Homilien (Blickling- und Wulfstansnbsp;Homilien®^) mit oft bedeutender poëtischer Kraft das Laster diesernbsp;Welt und das Glück der jenseitigen, ermahnend, beschwörend, er-schreckend, überredend.

Für die Auffassung der damaligen Zeit von der Sprache und ihrer Bedeutung sind Aïlfrics Homilien wichtig,®® die einen Schrittnbsp;über Alfred hinausgehen. Zwar sind sie noch zweckbestimmt.nbsp;Aïlfric übersetzt „ob aedificationem simplicium, qui hanc noruntnbsp;tantummodo locutionem, sive legendo sive audiendo“.«® Aber dienbsp;englische Sprache ist ihm nicht mehr ein unvoUkommener Ersatznbsp;der lateinischen. Was lateinisch geschrieben steht, steht für ihn fest.'^®nbsp;Das ist ein hord, ein pund, ein thesaurus, an dem sich nichts mehrnbsp;andert, zu dem man der Autoritat wegen immer zurückgreifen wird,nbsp;der aber kein eigenes Leben mehr hat. Dem Kundigen öfFnet sichnbsp;der Schatz lateinischer Weisheit: “Staefcrseft is seo eseg, Se Sseranbsp;boca andgit unlicS; and ic fohte, fset feos boe mihte fremjan jungumnbsp;cildum to anginne fses eraeftes, oSSaet hi to maran andgyte beeumon.””

®® Die Regel Chrodegangs von Metz; die Capitula Theodulfs von Orléans; ein Teil der Regel Benedikts von Aniane, alle ed. A. S. Napier,nbsp;EETS. orig. ser. 150, London 1916. Die Hss. sind alle aus dem frühennbsp;II. Jahrhundert. Die Versionen werden der Zeit um 1000 angehören.

Ed. R. Morris, EETS., London 1880; Wulfstan: A. Napier, Berlin 1883.

®® Ed. B. Thorpe, I II 1844.

®9 Ib., I I ff.

Und wie sehr dies der Fall ist, geht hervor aus Max Förster, Über die Quellen von Allfrics Homiliae Catholicae, Berlin 1892, und Anglianbsp;XVI 1 ff. Sehr drastisch auch in der Einleitung zu den Lives of Saints,nbsp;ed. W. W. Skeat, EETS., London 1881, P- 4: “Ne secge we nan fineg niwesnbsp;On fissere gesetnysse; forfan Se hit stod gefyrn awriten on ledenbocumnbsp;Igt;eah fe fa laewedan men faet nyston.”

In der Einleitung zur Grammatik, ed. J. Zupitza, Berlin 1880, p. 2.

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Aber formen, gestalten lafit sich nur die lebende englische Sprache; in ihr weiB er alles auszudrücken. Er übersetzt daher nicht wört-lich — der wörtliche Sinn liegt ja im Lateinischen fest —, sondernnbsp;er laBt der Sprache ihren eigenen Gestaltungstrieb, formt sie gemaBnbsp;ihren eigenen GesetzmaBigkeiten und übersetzt „sensum ex sensu,nbsp;cavendo tarnen diligentissime deceptivos erroresquot;.’’^ So nimmt dienbsp;englische Sprache für ihn einen Rang ein mit der lateinischen.^^nbsp;Soweit folgt die Sprache ihrem eigenen Gestaltungsdrang — ausnbsp;ihrer eigenen Inspiration heraus —, daB ^Ifrics Sorge, „ne inveni-remur aliqua haeresi seducti sen fallacia fuscati,“ wohl berechtigtnbsp;war; denn wenigstens andeutungsweise kommt er in der Osterhomilienbsp;mit dem kirchlichen Dogma in Konflikt. Wo die Sprache zum Er-klaren und Unterrichten gebraucht wird, führt sie leicht den Spre-chenden unmerklich zu weit, was die philologisch geübten Textkritikernbsp;der Renaissance denn auch sogleich bemerkten.^*

.^Ifrics Werke sind ein Zeugnis für die popularisierendeTendenz seiner Zeit,^® der zweiten Halfte des lo. Jahrhunderts. Das Lesennbsp;der Bücher wird vorgeschrieben im Zusammenhang mit der Askese.nbsp;Die Erkenntnis des Wortes Gottes soil von der Welt wegführen

Hom. Cath. I i.

Ib., p. 2: “Me ofhreow paet (fa ungelseredan menn) ne cufon ne nsefdon fa godspellican lare on heora gewritum, buton fam mannum anumnbsp;0e fset Leden cuSon,” und weshalb, so fahren wir fort, sollen denn dienbsp;Ungelehrten nicht ebensogut ihr Evangelium haben wie die Gelehrten!

Die Schrift Matthew Parkers und Thomas Youngs, A Testimonie of Antiquitie . . ., London 1566, und die daran sich knüpfenden Kontro-versen.

Nachtraglich finde ich denselben Ausdruck zur Charakterisierung Aïlfrics und der monastischen Reform auch bei Aldo Ricci, The Anglo-Saxon Eleventh-Century Crisis (The Review of English Studies V, no. 17,nbsp;1929, p. 9). Der Aufsatz ist geistreich, wenn auch die Crundidee nichtnbsp;gesichert und die Ausführung nicht vollendet erscheint. Bezeichnend istnbsp;das Urteil Wilhelms von Malmesbury Uber Ailfric (Migne 179, 1660, Denbsp;gest. pont. Angl.), der als durchaus lateinisch-literarisch Cebildeter von dennbsp;lateinischen Werken Hilfrics nicht viel halt, seine englischen Werke abernbsp;anerkennt. Aïlfric vollbringt seine schriftstellerische Leistung also in dernbsp;Vulgarsprache; hinter ihr tritt das Lateinische als Sprache künstlerischernbsp;Cestaltung zurllck. Allfrics Prosa als ktlnstlerisches Ausdrucksmittel wür-digt C. Saintsbury, A History of English Prose Rh)rthm^, London 1922,nbsp;34ff., 102 f.

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zum Jenseits hin. Daher es denn in den Ecclesiastical Institutes (in Anlehnung an Theodulfs Capitula) heiBt^®: “Durh fone gewunannbsp;haligra boca raedincge ge magon eegöer ge geleornian hu ge sylfenbsp;to heofona rice cuman sculon, ge eac hu ge oöre Iseran sceolon.” Dienbsp;Heilige Schrift ist die Waffe, mit der die Welt überwunden werdennbsp;muB.” In den von Dunstan ausgearbeiteten Gesetzen Eadgars wirdnbsp;auf das Schreiben der Bücher Wert gelegt; sie soEen in den Handennbsp;jedes Geistlichen seind® Die Priester werden angehalten, daB sienbsp;richtige und „orthodoxe“ Bücher haben sollen.^® Dunstan scheintnbsp;in dieser Richtung selbst tatig gewesen zu sein, denn ein Biographnbsp;erzahlt von ihm, daB er „etiam mendosos libros, dum primam ori-entis diei lucem contueri potuit,erasa scriptorum falsitate corrigeret“.1 2onbsp;Das Bedürfnis nach Büchern muBte sicher zum groBen Teil vonnbsp;den Bibliotheken des Kontinents (Flanderns»i) gestillt werden. Dun-stans standige Verbindung mit seinen Freunden, Graf Arnulf vonnbsp;Flandern, Abt Odbert von St. Bertin, Wido von Blandinium, Abbonbsp;von Fleury, war wohl auch auf gemeinsame literarische Interessennbsp;gegründet. Die alteste Hs. von Dunstans Leben stammt aus St.nbsp;Vaast in Arras; eine andere hat Beziehung zu Abbo von Fleury;nbsp;dieser wiederum widmet seine Vita Eadmundi seinem Freundenbsp;Dunstan.

1

Ed. B. Thorpe, Ancient Laws and Institutes of England, II, London 1840, p. 404.

Ib., 414. Derselbe Gedanke in den Canones Aïlfrics, ib., p. 350: “(Se maesse-preost) sceal habban eac fa waepna to Jam gastlicum weorcenbsp;serf an f e he beo gehadod: faet synd fa halgan bee, saltere and pistol-boc,nbsp;godspell-boc and msesse-boc, sang-boc and hand-boc, gerim and pasto-ralem, penitentialem and raeding-boc. Das bee sceal maesse-preost nedenbsp;habban, and he ne maeg butan beon, gif he his had on riht healdan wyle,nbsp;and fam folce aefter rihte wisigan, fe him to-loca8; and beo he aet famnbsp;waer fast hi beon wel gerihte.”

Ib., p. 244.

Ib., p. 250. nbsp;nbsp;nbsp;,

Vita, auctore B., § 37, ed. Stubbs, op. cit.

2

1 Vgl. den Brief eines englischen Bischofs an Arnulf von Flandem (Stubbs, p. 362), demzufolge ein in England gestohlenes Evangeliar innbsp;Flandern verkauft worden sein soli. Umgekehrt wird Dunstan brieflichnbsp;gebeten (ib., 376f.), einen von Osgar, Abt von Abingdon, in Fleury ge-liehenen Kommentar und „alios libellosquot;, die Winchester entliehen hat,nbsp;zurtlckzugeben.

G1 u n z, Britannien und Bibeltext nbsp;nbsp;nbsp;I i

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All dies beweist den EinfluB des kontinentaJen Klosterwesens auf das englische im lo. Jahrhundert; Hand in Hand damit ge-langen kontinentale Vulgata-Hss. nach England. Sie werden hiernbsp;abgeschrieben in den westsachsischen Klosterskriptorien, die sichnbsp;aus kleinen Anfangen entwickelt batten. Winchester ragt unternbsp;ihnen hervor, daneben Canterbury, Dover, Worcester, Glastonbury,nbsp;im II. Jahrhundert auch Bury St.Edmunds.*^ Sie alle stehen mit-einander in enger Verbindung. So war der Weg dazu bereitet, daBnbsp;ein Hss.-Typ in ihnen alien verbreitet werden konnte, zumal danbsp;vereinzelt Bischöfe zwei Sitze nacheinander inne batten. So warennbsp;die Bischöfe AEJelhelm und Wulfhelm von Webs spater Erzbischöfenbsp;von Canterbury. Der Nachfolger Odas von Canterbury, HLlfsige,nbsp;war von 951 bis 959 Bischof von Winchester gewesen; Dunstannbsp;war eine Zeitlang zugleich Bischof von Worcester und London.®-^nbsp;Von bedeutenden Kdöstern der Zeit sind zu nennen Abingdon,nbsp;Exeter — die Stadt wird 1050 Bischofssitz an Stelle von Credi-ton —, Bath (Bischofssitz 1088). Bath war nach der Zerstörung durchnbsp;die Danen lange verlassen, bis König Eadgar es neu gründete undnbsp;als ersten Abt Elphegus (.^Ifsige) einsetzte, der 984 Bischof vonnbsp;Winchester wurde. Das Kloster scheint sich groBen Ansehens er-freut zu haben.®*

In einem dieser westlichen Kloster wurde (um 960?) die west-sachsische Version der Evangeliën (als Interlinearversion, die aber verloren ist) angefertigt. Die alteste erhaltene Hs. stammt ausnbsp;Bath und ist um das Jahr 1000 geschrieben.®® Die Version gehort

82 Über diese Skriptorien und ihre Produkte geben am besten Aus-kunft die Schriften von M. R. James, vor allem Ancient Libraries of Canterbury and Dover, Cambridge 1903; Two Essays on the Abbey of St. Edmund at Bury, 1895. Über Worcester Wolfgang Keller, Die literarischen Bestrebungen von Worcester in ags. Zeit, StraBburg 1900 (Quellen undnbsp;Forschungen 84).

8* Vgl. über diese Verhaltnisse W. G. Searle, Anglo-Saxon Bishops, Kings and Nobles, Cambridge 1899; Henry Wharton, Anglia Sacra, I, II,nbsp;London 1691.

8^ Über die westsachsischen Kloster Wharton, I 554ff.; II i23f

Vgl. H. Glunz, Die lateinische Vorlage der westsachsischen Evan-gelienversion, p. 81 f.

8® Über Hss., Datum etc. der Version geben Auskunft W. W. Skeat in seiner Ausgabe The Holy Gospels in Anglo-Saxon, Northumbrian, and Old

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der Bewegung an, die dem Volke durch die Übersetzung eine un-mittelbare Schriftkenntnis vermitteln will,®’' so wie ^Ifric sie zum erstenmal bewuSt zu geben versuchte. Die kirchlichen Canonesnbsp;der Zeit sprechen es ausdrücklich aus®®: „Se m^sse-preost scealnbsp;secgan, Sunnan-dagum and maesse-dagum, faes godspelles angyt onnbsp;Englisc pam folce, and be pam Pater noster, and be fam credannbsp;eac, swa he oftost mage, ]jam mannum to onbryrdnysse, peet hinbsp;cunnon gelearan and heora cristendom gehealdan. Warnige senbsp;lareow wi8 f aet |ie se witega cwaeS: Canes muti non possunt latrare.nbsp;Ba dumban hundas ne magon beorcan. We sceolon beorcan andnbsp;bodigan pam laewedum, fe laes Je hy for lar-lyste losian sceoldan.nbsp;Crist cweeS on his godspelle be unsnoterum lareowum: Caecus sinbsp;caeco ducatum praestet, ambo in foveam cadunt. Gif the blindanbsp;mann bid odres blindan latteow, ponne befeallad hy begen on sumnenbsp;blindne sead. Blind biö se lareow, gif he Ja boc-lare ne cann, andnbsp;beswicS Ja laewedan mid his lar-leaste; swa warniaö eow wi8 Jis,nbsp;swa swa ge Jearfe agon.“ Die Evangelienversion war wirklich zumnbsp;Vorlesen an den Sonn- und Festtagen gedacht, wie die zahlreichennbsp;„liturgischen Lesartenquot; darin beweisen.®®

Die der Version zugrunde liegende Textforra, die an anderer Stelle genau untersucht worden ist, bestatigt unsere bisherigen Vor-stellungen über das Schicksal des Bibeltextes im England desnbsp;lo. Jahrhunderts. Es ist derselbe Text, den man im Nordostennbsp;Frankreichs zur selben Zeit erwarten würde. Das alkuinianischenbsp;Element überwiegt. Einige Beispiele:

Mt. VIII 29 quid nobis et tibi -)- iesu {—la hcelend godes sunu hwcet ys pe and us gemane) adhbfgiqcBDLQRK Mr V Z^ vg;nbsp;XIII14 et adimpletur : ut adimpleatur (= pat sige/ylled) Z A Y X®nbsp;T'^KMrV?®; XVI3 non potestis scire {= ge ne magon witan)

Mercian Versions, Cambridge 1871-87; J. W. Bright, The Gospel of St. John in West-Saxon, Boston-London 1904. Von zwei (jüngeren) Hss. dernbsp;Version stammt die eine aus Malmesbury, die andere aus Exeter.

Übrigens wurde mit den vier Evangeliën gleichzeitig auch das Nikodemus-Evg. übersetzt (ed. W. H. Hulme, Public. Mod. Lang. Ass. XIIInbsp;457ff.), (in Winchester?) zwischen 950 und 1050: M. Forster, Zum ae.nbsp;Nicodemus-Evg., Herrigs Archiv 107, p. 31 iff.

®® B. Thorpe, Anc. Laws and Instit. II 350!

Glunz, a. a. O. 61, 99ff

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ZO‘=H0*KMrVW@(S; XVIII9 tmoculum : cum uno ociilo {=mid anum eagan) ef OXJE^'EpKMr VZlt;=@®; XX 23 ad dexter amnbsp;meam vel (: et vuig.) ad sïnistram (= on mine swipran healfe odóe onnbsp;wynstran) abcfffj JELQREp“KKMrVZ'^?©(£; Mc. V 19 et nonnbsp;admisit eum : iesus autem non admisit eum (= him pa se hcelendnbsp;ne getidodê) vett Z 0 KV; 40 ingreditur : ingrediuntur (= inn eodon)nbsp;it. ZDEROH^0KMrVWVII3 traditionem: traditiones {=ge-setnessa) Z X*: K V W; X 20 magister ione (= goda lareow)nbsp;Z O K Mr V; XIV 3 et cum esset iesus it. Z O X B T K Mr V W;nbsp;20 qui intingitmanum it. EOXBDLQKMrVZ^Wvg; Lc.VI 15nbsp;gt; thomam et mattheum (= thomam and matheuni) Z O K V W;nbsp;VIII 52 non est mortiM -j- puella (= nis pis mceden dead) ZGO'=nbsp;Bv H 0 KVWvg; XIV 28 non : nonne (= hu ne) it.A*X‘=YEKMrnbsp;V ?; Jo. VI 71 iudam : de iuda (= be iuda) vettX Q 0 K V Z^ W ?©;nbsp;VIII 25 quia : qui (= pê) YKMrV W vg (: qtiod it. M GDEEp^enbsp;0); etc.

Angelsachsische Lesarten scheinet! überall durch: Mt. VII 11 nostis bona -|- data {dare), (= ge cunnun gode sylena ... syllan) vettnbsp;Oe'BEKMrWvg; VIII 16 eiciebat spiritus -j- inmundos abchqnbsp;DERBOEpKW; XIII 54 virtutes : virtus (= pis mageri) AYEnbsp;H*OXEp*; XX 28 vos autem quaeritis de modico crescere ...nbsp;{= ge wilniad to gepeonne on gehwcedum pinge ...) abchmgj.jnbsp;n r e d O 0, gr. D sy^; XXVI 61 aedijicare : reaedijicare (=

9® Man hat den Zusatz Mt. XX 28 immer als starkes Argument in Fragen der Herkunft und der Textform der Version verwandt. Soviel sichnbsp;erkennen laBt, stimmt er besser mit den Vulgata-Hss. zusammen als mit dennbsp;altlateinischen, die z. T. haben vos autem quaeritis de pmillo crescere et denbsp;minima maiores esse . . . Doch lassen sich genaue Feststellungen nichtnbsp;machen, da die Übersetzung der Stelle sehr frei ist, so da6 sie oft schonnbsp;an Paraphrase grenzt (vgl. accedens is qui te invitavit dicat tibi, adhuc in-ferius accede : and se husbonda hatepe arisan and ryman pam odron; oder: eritnbsp;tibi hoe utilius : ponne byp de arwurdlicor ponne pe man uttor scufé) — und danbsp;der Übersetzer sie stellenweise auch mifiverstanden hat (Glunz, Evangelien-version, p. 39, Note 20). — Das Vorhandensein der Interpolation scheintnbsp;uns ein sehr starker Beweis dafür zu sein, daS der Vorlagetext vomnbsp;Festland nach England gekommen sein muB. Berger (p. 158) zahlt namlichnbsp;13 kontinentale Hss. auf, die den Zusatz enthalten, hingegen nur zweinbsp;englische, von denen die eine O ist, — wie wir glauben, die frühangelsach-sische Quelle für die Interpolation in den meisten Hss. Sie ist eben einenbsp;Lesart des angelsachsischen Missionstextes (O Hi 0!). Die andere eng-

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eft getimbrigeaii) b e iFj q D (E) Ep“e Os' H‘= 0 W vg; XXVII3 2 hominem cyreneum venientem obviam sibt (= anne cyreniscne mann cumende heom togenes) BEp'”sLRZYlt;^X*’^0^’'““; 35 sortem mit-tentes -f- nt hnpleretur quod dictum est per prophetam dicente77i,nbsp;diviserunt sibi vestimenta mea et super vestem meam miseruntnbsp;sortem it. Z A Y O* X B E Q Ep”g Hlt;= 0 K Mr W 6; Mc. I 10nbsp;spiritum sanctum ZRlt;=0 H‘=0nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;40 dixit domine EQOH

0 Mr ffj gi c e; II 4 ubi erat iesus it. E Q 0 Mr; V34 ille: iesus it. DEp*O0Mr; X 7 propter hoc relinquet: et dixit propter hoc re-linquet it. d gat Z L O X B 0 K Mr W; XIV 14 refectio mea : diver-sorium meum et refectio mea ZOBH0Mr; 58 per triduum : etnbsp;post triduum (= and cBfter prim dagu^n) c ffj 1 k q gat F Ri 0 W?(g;nbsp;XV I vincientes iesum: vinctum iesum (= pone hcelendgebundenne)nbsp;it. d D O Ep Mr.

Auf der anderen Seite stehen die zahlreichen Lesarten, die durch die bald einsetzende Vermischung mit dem irischen Typus in dennbsp;spatkontinentalen und damit den spatenglischen Text gelangen,nbsp;jene Mischung, die für die Hss. aus St. Denis, St. Riquier, Corbie,nbsp;St. Vaast so charakteristisch ist.quot;! Einige Beispiele:nbsp;lische Hs., die den Zusatz enthalt, ist Brit. Mus. I. B. vii, die im 9. Jahr-hundert geschrieben ist; wo, ist unbekannt. Die Tatsache der angelsach-sischen Schrift darin beweist noch nichts; denn noch im 9. Jahrhundertnbsp;haben die Angelsachsen ihre insulare Schrift in den von der karolingischennbsp;Minuskel unbeeinflufiten Klöstern des Festlandes geschrieben. In St. Gallennbsp;ist sie im 9. Jahrhundert anzutreffen (vgl. Art. „Deutsche Schriftquot; in Hoops,nbsp;Reallexikon, I 398). Von hier aus könnte die Hs. leicht nach Englandnbsp;gelangt und König Althelstan gescheukt worden sein, worauf die Inschriftnbsp;^pehtan cyng (Berger, p. 39) weist. Ein ahnliches Schicksal hat ja dienbsp;Hs. Brit. Mus. I. A. XVIII. gehabt, die ZEthelstan vom Kontinent zuge-kommen ist (Berger, p. 49). Sehr gut würde sich in diese Konjunkturnbsp;die Vorlage der ws. Version einpassen. Auch sie ist letztlich ein festlan-discherText. Vom Kontinent stammte irgendeiner ihrer Vorfahren, der viel-leicht unter Althelstan in ein ws. Klost er, vielleicht Winchester, Bath, Wells,nbsp;gelangte, dort etwa zur selben Zeit wie Y und R glossiert und dann innbsp;einzelnen Klöstern wie Bath, Malmesbury, Exeter kopiert wurde. — Vielesnbsp;hiervon ist Kombination, aber sie erklart die Tatsachen.

quot;1 Berger, p. 93-1 ii. Die Verwandtschaft dieser Hss. mit denen der spateren karolingischen Schreibschulen, denen unter anderem die e'vangilesnbsp;franco-saxons (p. 282 ff.) entstammen, tritt bei Berger kaum in Erscheinung.nbsp;In St. Vaast z. B. schrieb man zu Anfang des 9. Jahrhunderts einen Misch-

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Mt. II 12 per aliam viam ; sedper aliam viam (= ac hi on oderne weg. . .) DELQ; IV lo vade satanas : vade retro satanas (= gangnbsp;pu sceocca on bcec) Z* X‘= D EEpL QR; VI 15 dimittet -)- vohisnbsp;(=forgyfó eow) vettDEEp^sLQRWvg; VIII 9 ego homo sum subnbsp;potestate constitutus {= ie eom man under anwealde gesett) vettnbsp;T ©DELQRvg; IX 15 et tune ieiunabunt in illis diebusnbsp;(= andpomte on dam dagum higfeestad) abcg^hqDELQ; XII 35nbsp;bonus homo : bonus enim homo (= god mann sodliee) bDLR;nbsp;XIII 36 parabolam zizaniorum ; parabolam tritici et zizaniorumnbsp;abeff, gi gatDEp“KQRTW; XIV 2 iohannes baptista quemnbsp;{ego) deeollavi vett'D'E'E.p^sQ^Tgzit-, XVI 2 serenum erit -j- erasnbsp;(= to morgen hyt byp smylte weder) gatELQR; etc.

Die Lesarten geben die hauptsachlichsten Züge des lateinischen Vorlagetextes der ws. Version. Es ist im wesentlichen derselbenbsp;Text, der zur gleichen Zeit in Frankreich und überhaupt auf demnbsp;Kontinent zu Hause ist.

Noch eine Eigentümlichkeit des Vorlagetextes der ws. Version ist bemerkenswert. Er enthalt namlich, ziemlich gleichmaBig ver-teilt, eine Anzahl von altlateinischen Lesarten, die durch eine nach-tragliche Korrektur des gesamten Textes nach einem altlateinischennbsp;hineingekommen sind.**^ Es gehören dahin Falie wie:

Mt. XII15 mutti '. turbae multae (^-=^myeel manigeo) fhq; XIV 4 habere earn uxorem (= hi to wife to hcebhenné) ek; et deditnbsp;diseipulis suis ( panes vulg.), (=- and sealde his leorningenihtuni)nbsp;Bbff^^h; XXII27 novissime autem (-[- omnium vulg.), (= pa cetnbsp;sipemestan) e; Me. XI 27 et veniunt: et venit vett; XII 22 septemnbsp;: omnes septem (= ealle seofon) eke; Lc. VIII 4 dixit per similitti-dinem : dixit similitudinem {= he scede him an bigspel) vettG; etc.

Noch auffalliger sind Lesarten, die sonst nur in griechischen Hss. belegt sind, und zwar in denen des w-Textes (DW 0, i-Gruppe,nbsp;ext ah, der im allgemeinen Charakter den irischen Texten sehr ahneltenbsp;(z. B. Wien, MS. 1190, Gregory No. 654). Sobald einige Jahrzehnte spater,nbsp;etwa ab 835, karolingische Codices dorthin gelangen, werden sie mit demnbsp;alteren Text vermischt. So erklart sich der eigentilmliche Charakter dernbsp;franko-angelsachsischen Hss., die Berger nicht recht unterzubringen weiB.nbsp;Sie sind, sehr grob gesprochen, Mischtexte aus dem Alkuinschen und demnbsp;irischen Typus.

Glunz, Evangelienversion, p. 91 ff.


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Ferrargruppe etc.). Sehr beweisend für EinfluB des griechischen Textes: Mt. XVI 3 caelum : peos lyft = 6 gr. D; XXIII 34nbsp;sapientes et scribas : wise bocyras = aoq)ovg yQaju/aareïg dgt;; Me. II 2nbsp;ita ut non caper et neque ad ianuam ; om ws. und gr. W; Lc. V 12nbsp;vir plenus lepra : an hreofla = dvijg Ungog D; etc.''®*

DaB Korrekturen von gelehrten Monchen vorgenommen wurden, lag der Zeit nicht fern. Zwar ist ihre Bildungshöhe nichtnbsp;zu vergleichen mit der, die zur Zeit Bedas in England erreicht war,nbsp;aber ^Elfric kennt zwei lateinische Bibeltexte, wenn er z. B. in einernbsp;Homilie sagt®^: „Una translatio dicit ,filiiDei‘, et altera dicit ,an-geli Dei‘.‘^ Der Zusammenhang zeigt, daB er die alten (altlatei-nischen) Hss. den Vulgata-Hss. vorzog. Wenn Hss. damals aU-gemein nach diesem Grundsatz korrigiert wurden, wenn etwanbsp;Dunstans Bücheremandation sich auf altlateinische Codices stützte,nbsp;so sind die altlateinischen Elemente in der Versionsvorlage leichtnbsp;erklarlich. Es ist aber kaum anzunehmen, daB man in englischennbsp;Klöstern des 10. Jahrhunderts noch Griechisch gekonnt habe. Dienbsp;aus dem griechischen Text stammenden Varianten werden wohl innbsp;der kontinentalen Heimat des spatenglischen Textes in den Vulgata-text Aufnahme gefunden haben.

Die Textform, die wir nun im England des spaten 10. Jahrhunderts festgesteUt haben, ist wohl nahe verwandt mit dem Text der groBen Gruppe der in Winchester geschriebenen Hss. Diese stellennbsp;hinsichtlich ihrer palaographischen Züge und ihrer Illuminationennbsp;eine geschlossene Klasse dar. Sie tragen alle Kennzeichen kontinentalen Einflusses an sich. An der angelsachsischen Schrift machennbsp;sich die ersten Anzeichen festlandischen Einflusses um 930-35 bemerkbar. Von der Mitte des Jahrhunderts ab erscheint die karo-lingische Minuskel in englischen Urkunden — eine ParaUelerschei-nung zur Wanderung des Bibeltextes vom Kontinent nach England.nbsp;Das berühmte Benedictionale EEfelwolds ist in karolingischer Minuskel geschrieben.»“ Auch in der Hss.-Illumination bricht um diese

98 Weitere Falie ib., p. 95®-94 Thorpe II 446.


9“ Ed. G. F. Warner und H. A. Wilson, The Benedictional of St A;the]-wold ... (Roxburghe Club), Oxford 1910. Über die Palaographie W. Keller, Ags. Palaographie, Berlin igo6 (Palastra XLIII), p. 2^ff.

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Zeit eine neue Epoche an. Der vorher allgemeine irisch-keltische Stil, der oft mit römischen Elementen gemischt vorkam, wird nunnbsp;durch einen neuen ersetzt, der sich auf kontinentale (flandrische)nbsp;Muster gründet.»® ^felstans Psalter (Cott. Galba A. xviii) zeigtnbsp;die Anfange davon. Seine charakteristische Auspragung erhaltnbsp;dieser Stil mit .^Efelwold in Winchester (ab 963). Wieder ist seinnbsp;Benedictionale als hervorragendes Beispiel dieses Stils zu nennen.®^nbsp;Seinen Höhepunkt erreicht der Winchesterstil im Anfang des fol-genden Jahrhunderts, wo er auch nach anderen Klöstern (Canterbury, Bury St. Edmunds) verpflanzt wird. Auch die Miniaturen innbsp;UmriBzeichnungen (an Stelle voll ausgeführter Farbengemalde)nbsp;kommen nun auf; sie gehen wahrscheinlich auf flandrisches Vorbildnbsp;(die Reimser Schule) zurück. Ein frühes Beispiel dafiir ist dienbsp;Kopie des Utrechter Psalters (9. Jahrhundert) aus dem Anfang desnbsp;11. Jahrhunderts.

Text, Schrift, Illumination, alles was in der „spatenglischen“ Zeit mit Büchern in Verbindung steht, ist vom Kontinent, genauernbsp;von Nordfrankreich (Flandern) beeinfluBt. Der spatenglische Vul-gatatext ist daher in England importiert, deshalb aber ist ernbsp;noch nicht in England fremd. Die meisten Texttypen, die sich innbsp;ihm in Form von Varianten nachweisen lassen, nahmen in Englandnbsp;ihren Ursprung, wurden dort und spater im Frankenreich zu einemnbsp;einheitlichen Texttypus verarbeitet unter der bildenden Macht dernbsp;karolingischen Kultur. Diese sendet ihren Text nun am Ausgangnbsp;der altenglischen Zeit der englischen Kultur zu und vergilt damit,nbsp;was sie empfangen hatte.

Anmerkung. Um ein deutlicheres und allgemeiner gültiges Bild von der Eigenart des spatenglischen Texttypus zu erhalten,nbsp;müBte vor allem der Text der Winchester-MSS. bekannt sein, dienbsp;ja zum groBten Teil den spatenglischen Typus bilden. Zwar wirdnbsp;ein Studium dieser Hss. nicht viel Neues an Lesarten zutage för-dern; aber als Illustration zu dem hier geschilderten Entwicklungs-

J. A. Herbert, Guide to the exhibited MSS. in the British Museum, III, p. 9.

Eine Illumination aus dem Winchester-Evangeliar Brit. Mus. 34890 ist wiedergegeben in Brit. Mus., Guide to MSS., Ill 18, und in (schlechtem)nbsp;Farbdruck in G, Stone, England . . p. 226.

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gang ware neues Material sehr willkommen. Als vorlaufige Orien-tierung über das vorhandene Material, das unter Umstanden die Vorlage der westsachsischen Version oder einen ihr verwandtennbsp;Text bergen könnte,®* sei hier eine kurze Liste von mir bekanntennbsp;Hss. dieses Typs gegeben.®® Die Schliisse, die ich bezüglich dernbsp;Textform dieser Hss. ziehe, haben sich schon durch Stichprobennbsp;aus der Kopenhagener Hs. bestatigt, und ich werde sie in einernbsp;abschlieBenden, auf eingehendes Studium der Hss. basierten Arbeitnbsp;über den spatenglischen Vulgatatext ausführlich zu beweisennbsp;suchen.

Als kontinentale Quellen des spatenglischen Typus haben unter anderen Hss. zu geiten wie:

Brit. Mus. I. B. VIL, Evangeliar, erste Halfte des 9. Jahrh., mit der Signatur elstan cyng.

Brit. Mus. I. A. XVIII., Evangeliar, erste Halfte des 10. Jahrh., von ^thelstan der Kirche St. Augustine, Canterbury, gescheukt.

Als frühestes Beispiel karolingischen Einflusses in England wird geiten dürfen:

Brit. Mus. Add. 9381 (Guide to exhib. MSS. II 31, nr. 85), Evangeliar in karolingischen Minuskeln, frühes 10. Jahrh., aus St. Petroc’s Priory, Bodmin, Cornwall.

Eigentliche Winchester-Hss. mit der typischen Illumination sind:

Kopenhagen Gl. kgl. S. lo. fol., lo.-ii. Jahrh., Winchesterorna-mentik.

Brit. Mus. Add. 34890, Evangeliar, frühes ii. Jahrh., aus New Minster, Winchester.

Brit. Mus. Royal i. D. ix., Evangeliar, frühes ii. Jahrh., aus Christ Church, Canterbury.

Herrn E. v. Dobschutz’ Meinung ist, dafi die Vorlage der Version vielleicht noch existiert, wenn auch die Überlegung, daS die Vorlage-Hs.nbsp;eine Interlinearglosse hatte, die bisher kaum verborgen geblieben ware, dasnbsp;nicht sehr wahrscheinlich macht.

®® die ich zum Teil der Güte von Mr. M. R. James verdanke. Als Quellen: Guide to exhib. MSS. Brit Mus., I-III; Millais, English Illuminatednbsp;Mss., Parti; M. R. James, Ancient Libraries of Canterbury and Dover,nbsp;Cambridge 1903.

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Cambridge, Trinity College, B. 10. 4., ii. Jahrh., Winchesterstil. Cambridge, Pembroke College, 301, ii. Jahrh., Winchesterstil.nbsp;Besan^on, MS. 14, ii. Jahrh., Winchesterstil.

Brit. Mus. Harley 76, ii. Jahrh., Winchesterstil, aus Bury St. Edmunds.

Cambridge, Pembroke College 302, 11. Jahrh., Winchesterstil, aus Hereford.

Oxford, Bodley 155, n. Jahrh., aus Barking Abbey.

Nicht genau zu lokalisieren sind die beiden Evangeliare; Oxford, Wadham College, A. 10. 22., ii. Jahrh.

Cambridge, St.John’s College 73, ii.Jahrh.

Der spatenglische Vulgatatypus ist gekennzeichnet durch das Wort Charakterlosigkeit. Keiner der scharf voneinander sich ab-hebenden Typen der alteren Zeit herrscht in ihm vor; aber er hatnbsp;sich auch nicht zu einem neuen Gebilde mit spezifischen Eigenartennbsp;durch Einführung neuer charakteristischer Varianten geformt. Seinnbsp;Text ist der durch die Tradition überkommene. Die tiefere Ur-sache dafür ist der Mangel jegUcher Originalitat und das alleinigenbsp;Herrschen der Tradition in dieser Zeit. Im ganzen 11. und 12. Jahr-hundert lassen sich ebenfalls keine Tendenzen feststellen, die einenbsp;Anderung des überlieferten Textes hatten bewirken konnen. Dienbsp;beginnende Zeit der Scholastik ist in ihrer ganzen Anlage und philo-sophischen Methode so sehr idealistisch, dafi ihr für solche AuBer-lichkeiten wie Bibeltext das Organ fehlt. Wir brauchen daher dennbsp;Entwicklungsgang der Vulgata in dieser Zeit nur in groBen Um-rissen aufzuzeigen.

Die scholastische Epoche kennt im Gegensatz zu der vorher-gehenden Zeit nicht mehr den wechselseitigen Austausch von Gütem zwischen verschiedenen Kulturkreisen. Die Scholastik als eine übernbsp;den nationalen Unterschieden der Gelehrten — und nur von ihnen istnbsp;in der Geschichte des lateinischen Textes zu handeln; der volkssprach-liche Bibeltext besteht daneben in einer anderen geistigen und auchnbsp;sozialen Sphare weiter — stehende Geistesbewegung verwischt dienbsp;Unterschiede zwischen den einzelnen Landern. Den groBen konti-nentalen Scholastikern stellen sich (neben Johannes Scotus Eriu-gena) die Englander Anselm von Canterbury, Richard von Leicester,

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Petrus von London, Johannes von Salisbury an die Seite. Unter-stützt wird das enge Verhaltnis zwischen England und Festland durch die politische Verbindung mit der Normandie und einemnbsp;groSen Teile Frankreichs.

In den englischen Klöstern wird im 11. Jahrhundert der spat-englische Text weiter abgeschrieben. Die Klöster Wells, Bath, Abingdon, Malmesbury, Glastonbury mit Winchester an dernbsp;Spitze haben nun ihre eigentliche Blütezeit. Mit der Herrschaftnbsp;der normannischen Könige werden diese Klöster zu Gliedern innbsp;der Kette des Verkehrs und des Austausches von Ideen, die so extreme Gebiete wie den Süden Italiens und den Norden Englandsnbsp;umschlieBt. Bezeichnend für diesen Kosmopolitismus ist eine Per-sönlichkeit wie Lanfranc, unter Wilhelm Erzbischof von Canterbury (ab 1070). Im Herzen ist er Franzose; aber die weite Bildung,nbsp;die er selbst besitzt und in seinen Schulen Avranches und dernbsp;noch berühmteren zu Bee, die in gewissem Sinn zum Ausgangs-punkt der Scholastik wird, weitervermittelt, hebt ihn über nationale Unterschiede hinaus und macht ihn in England zu einer an-erkannten geistigen Macht. In den Kreisen seiner Schüler hatnbsp;man sich wohl mit dem Bibeltext beschaftigt, wenn auch nichtnbsp;vorwiegend; denn im Mittelpunkt des gelehrten Interesses stehennbsp;nun metaphysische und erkenntnistheoretische Fragen. Tatsachlichnbsp;wird in Lanfrancs Vita erzahlt, daB er sich mit der Korrektur desnbsp;Bibeltextes beschaftigt habe, und die Nachricht ist nicht unglaub-haft, wenn sie auch in der überlieferten Form iibertrieben undnbsp;rhetorisch ist.^**® Die neue monastische Bewegung, die von Citeauxnbsp;ausgeht, hat sich aus praktischen Gründen wieder mit dem Bibeltext beschaftigt. Abt Stephan von Citeaux, der Gründer desnbsp;Cistercienser Ordens, steilte um 1108-10 ein Normalexemplar der

Vgl. Art. „Bibelübersetzungen, !at.“ in Herzogs RealenzykI. Ill 41. Die Stelle bei Lanfranc lautet (Migne 150, col. 55): „Quia Scripturae scrip-tonim vitio erant nimium corruptae, omnes tam Veteris quam Novi Testa-menti libros, nec non etiam scripta sanctorum Patrum, secundum ortho-doxam fidem studuit corrigere. Et etiam multa de his quibus utimur noctenbsp;et die in servitio Ecclesiae ad unguem emendavit, et hoc non tantum pernbsp;se, sed etiam per discipulos suos fecit. . . Huius commendationis claritatenbsp;omnis occidui orbis Ecclesia tam Gallicana quam Anglica gaudet se illu-tninatam.quot;

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Bibel her, wobei er allerdings recht unkritisch verfuhr;i®^ aber der monastischen Tendenz entsprach es, einen normierten Text dernbsp;Einheitlichkeit wegen zu haben. Weitere Verbreitung und all-gemeine Geltung erlangte ein solcher Text nicht; er war nur fürnbsp;die Bedürfnisse des betreffenden Klosters angefertigt. Ahnlich istnbsp;es in dem deutschen Cistercienserkloster Hirschau, wo Abt Wilhelm ein Normalexemplar der Bibel herstelltd®^

Die Heilige Schrift, das Evangelium bedeutete der scholastischen Philosophie die oberste Autoritat. Der reflektierende Verstand hatnbsp;zwar eigene Gesetze; aber sie führen schlieBlich zu der geoffen-barten religiösen Wahrheit. Aus dem eigentümlichen Verhaltnisnbsp;zwischen Theologie und Philosophie erklart sich die wissenschaft-liche Methode, die die Scholastik an alle Objekte anlegt. Das Ziel,nbsp;das letzte Prinzipium aller Metaphysik, Gott, ist gegeben. Dienbsp;Wissenschaft hat nun alle Dinge, Erscheinungen, Ideen, Willens-regungen, Gefühle in ihrem Zusammenhang mit Gott zu erklaren.nbsp;So wird die Wissenschaft zu einem Weg — und jeder Philosophnbsp;hat seinen eigenen —, die Glaubenswahrheiten sich anzueignen,nbsp;sie zu durchdringen, zu verarbeiten, zu ordnen. Diese Methodenbsp;laBt sich in ihren Auswirkungen bis in den Bibeltext hinein ver-folgen. Es geraten Interpolationen hinein, er schwillt an, nebennbsp;ihm entsteht die „glosa“, jener gelehrte Apparat, zu dem schonnbsp;bei Theodulf sich Ansatze finden, der zur Interpretation der Schriftnbsp;dient, und der aus gelehrten Randbemerkungen, aus Vaterstellen,nbsp;Kommentaren, Varianten anderer Hss., Parallelstellen besteht. Ernbsp;soil seiner Natur nach der Durchdringung des Textes durch dennbsp;Verstand dienen; aber er geht auch zu einem gewissen Teil innbsp;den Text ein. Eine Menge von Lesarten verschiedenster Herkunftnbsp;sind so in den „mittelalterlichen“ Hss. des 12. und 13. Jahrhundertsnbsp;festzustellen. Kaum ist eine Hs. der anderen gleich.^®^ Das be-

Die Hs. der Citeaux-Bibel ist noch in Dijon erhalten. J. P. P. Martin, St. Etienne Harding et les premiers récenseurs de la Vulgate latine Théo-dulfe et Alcuin (Extr. de la Rev. des Sciences ecclés., Amiens 1887);nbsp;H. Denifle, Die Hss. der Bibel-Correctorien des 13. Jahrh. (Arch. f. Lit.- undnbsp;Kirchengesch. d. MA. IV, 1888, p. 267!.).

E. Nestle, Die Hirschauer Vulgata-Revision (Theol. Studiën aus Württemberg X, 1889).

Denifle, op. cit. p. 270.

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deutet nicht, daB ein neuer, charakteristischer Texttypus entstaii-den ist. Sondern an dem Mischprodukt der früheren Typen, an ihrer Synthese nimmt die vergleichende und alles einebnendenbsp;Tatigkeit der Gelehrten die letzten Glattungen und Ausgleichun-gen vor.

„Ausgeglichenheitquot; ist dieSignatur des Evangelientextes, der an den Schulen von Notre Dame, St. Genevieve in Paris und an dernbsp;Universitat Paris gebrauchlich und als Instrument der -wissenschaft-lichen Betatigung gewissermaBen sanktioniert wurded®'^ Die dialek-tische Methode der theologischen Philosophie, die zuerst Abalardnbsp;systematisch angewandt hatte,^®® und die durch die Sententiaenbsp;des Petrus Lombardus popularisiert wurde, verlangte einen einheit-lichen, zum Zitieren geeigneten Text, besser noch einen solchen,nbsp;der über das an Lesarten vorhandene Material Auskunft gabnbsp;(Glosa). In dem Pariser Text war die Glosa ebenso wichtig wienbsp;der Text selbst.

Man weiB nicht viel über das Zustandekommen des Pariser Textes auBer dem, was spatere Gelehrte, meist indem sie strenge Kritiknbsp;üben, darüber sagen. Wahrscheinlich steilte eine Gruppe von Gelehrten einen Normaltext für die Universitat her. Einer dieser Gelehrten war Stephen Langton, der Typ des mittelalterlichen Gelehrten und Staatsmannes, der in Paris so gut wie in Italien und England zu Hause war. lm ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhundertsnbsp;studierte er in Paris, wo er den Ruf groBer Gelehrsamkeit genoB;nbsp;er hat wohl den Bibeltext dort für die Zwecke der scholastischennbsp;Wissenschaft hergerichtet; das war auch das Motiv für die vonnbsp;ihm vorgenommene Kapiteleinteilung der Bibelbücher.i®®

Jedenfalls beobachten wir, daB keine der zahlreichen Bibel-Hss.

1®^ Das Beste über die Beziehungen zwischen Universitat Paris und Bibel-wissenschaft bei Grabmann, Gesch. d. schol. Meth. 11, 476-501.

1®® «Sic et Non», ed. V. Cousin, Ouvrages inédits de Petrus Abélard, Paris 1836. Abalard war bekanntlich der Schüler Wilhelms von Champeaux,nbsp;der zu Anfang des 12. Jahrhunderts eine Schule für Dialektik gegründetnbsp;hatte. Als Vorlaufer der dialektischen Methode haben die groBen wissen-schaftlichen Kontroversen zu geiten, wie die zwischen Lanfranc und Beren-gar von Tours, oder Anselm und Roszellinus.

1®® Berger, p. 304; O. Schmid, Über verschiedene Einteilungen der Heiligen Schrift, Graz 1892.

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des 13. Jahrhunderts ihre Verwandtschaft mit dem Pariser Text verleugnet, auch die englischen nicht, die von der Mitte des Jahrhunderts ab zahlreich zu finden sind. Stephen Langton selbst, dernbsp;unter König Johann im Jahre 1206 Erzbischof von Canterburynbsp;wurde, so wie die anderen Englander, die an der Universitat Parisnbsp;studierten, Robert von CourQon, Wilhelm de Montibus (Kanonikusnbsp;von Lincoln), Richard von Leicester, Petrus von London steiltennbsp;die Verbindung zwischen Paris und England her und machten dennbsp;Pariser Text in den englischen Edöstern bekannt.^®^ Die An-regungen, die auf diesem Gebiet England zuteil werden, deckennbsp;sich völlig mit denen der gleichzeitigen Literatur. Die Trager dernbsp;Kultur des Hochmittelalters sind die Stande der Ritter, Geistlichennbsp;und Gelehrten; oft sind zwei dieser standischen Charaktere in einernbsp;Person vereinigt, wie bei den mittelhochdeutschen und französi-schen höfischen Dichtern. Bildung, Geistesmacht, so weit sie zumnbsp;höfischen Wesen gehort, ist nun das Kennzeichen der Oberschicht. Der gebildete, hoch kultivierte Ritterstand zwingt einemnbsp;König eine Verfassung ab, ein gelehrter geistlicher Würdentragernbsp;wie Langton ist der eigentliche Regent des Landes. Im Besitznbsp;der Methode fühlt man sich auch im Besitz alles dessen, was demnbsp;Menschen zu erreichen möglich ist. Ein liebenswürdiges Zeugnisnbsp;dieser neuen Epoche geistiger Souveranitat legt das englische Gedicht von der Eule und Nachtigall ab, dessen Verfasser, so glau-ben wir sicher zu wissen, an der Universitat Paris studiert hat.nbsp;Nicht nur in der auBeren Form der dialektischen Disputation, auchnbsp;in dem siegesgewissen Optimismus seiner Weltanschauung ist esnbsp;ein Bild der geistigen Physiognomie seiner Zeit.

Der Pariser Text, den die scholastischen Philosophen sich im wörtlichsten Sinn angeeignet haben, der textus modernus, wienbsp;eine zeitgenössische Hs. ihn nennt,^®® ist ein Produkt ansammeln-der, rezeptiver Gelehrtentatigkeit, in dem fast alle früheren Text-typen irgendeine Spur hinterlassen haben. Das starkste Kontin-gent aber stellen immer noch die beiden Typen, die schon in demnbsp;ihm vorausgehenden Textstadium festgestellt worden sind, dernbsp;alkuinianisch-frankische und der irische. So wenig hat sich in den

1“^ Grabmann, II 489 ff.

Das Correctorium Vaticanum, Vat. 3466. Glunz, Evv.-Version, p. ygf.

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drei Jahrhunderten zwischen 950 und 1250 der Text geandert. Man kann in der Tat sagen, dafi hier die Entwicklungsgeschichtenbsp;der Vulgata ihr Ende erreicht hat.

Die Hs. W, ein Beispiel des Pariser Textes, ist genauer auf ihren Text hin untersucht. Er ist aufs engste verwandt mit demnbsp;spatenglischen, der in der ws. Evangelienversion vorliegtd®-* Dennbsp;Zusammenhang mit dem Alkuinschen Text mogen einige Varianten zeigen:

Mt. Ill i6 sicut columbam -j- M B H K MrV Z^Wvg; Mc. IV 15 in corda : in cordibus f ai V Wvg, gr.; V 2 om K VZ‘=Wvg;nbsp;VII 3 traditionem : traditiones ZX'^KVW; VIII 37 commutatio-nem : comjnutationis Z X* K Mr V W vg; X 17 in viani : in vianbsp;ZKVWf§@; Lc. XXI 20 adpropinquavit •. adpropinquabitnbsp;Y H 0 K MrV W; Jo. XIII 2 misisset : inmisisset a d Z B 0 K MrVnbsp;W; 29 dicit: dixisset it. Z K V W vg; 33 quaeritis : qtiaeretis J M Anbsp;0 Mr V W vg; XV 6 aruit : arescet a c q K V W vg; etc.

Auch irische Lesarten finden wir wieder:

Mt. II 14 recessit : nbsp;nbsp;nbsp;JDLRWvg; III 10 mdicem : ra

dices D L R T W; 17 mihi -f bene J D E Q W; V 40 remitte : di-mitte Ep* E Q R W vg; 43 odio habebis : odies J M B D E Ep™?L Q R W; VI 11 superstibstantiale7n : cotidianum C T D E Ep”e L W; 15nbsp;dimittet -|- vobis D E Ep^s L Q RW vg; X 4 qui et tradidit euni,nbsp;om et vettDELQRW; -^zyinnbsp;nbsp;nbsp;nbsp;DEEpLQRWvg;

XIII 36 parabolam zizaniorum : parabotam tritici et zizaniorum it. T D Ep“s Q R W gat; XIX 21 vende omnia it. E Ep™e L Q W ?nbsp;@; XXI 4 hoe autem -f- totum ga qER W@ g; XXII 45 si ergonbsp;david -)- in spiritu it. EDE Ep“g Q W; etc. (Weiteres bei Glunz,nbsp;Evangelienversion, 7 4 ff.).

Die Sonderlesarten in W erklaren sich alle aus dem Schicksal

Ib., p. 6 7 ff. Die W verwandten Hss. sind zahllos. Es sind meist ganze Bibeln, die im Massenverfahren abgeschrieben wurden. Englischenbsp;aus dem 12. Jahrhundert sind: die Winchester-Bibel; die Lambeth-Bibelnbsp;(2 Bande, in Lambeth Palace und Maidstone); die Bury-Bibel (i Band innbsp;Corpus Christi College, Cambridge); die Dover-Bibel (ib.); die Gun-dulph-Bibel (in der Philipps Collection, Cheltenham). Aus dem 13. Jahrhundert: Brit. Mus. Royal i. D. L, aus Canterbury oder Rochester; Royalnbsp;I. A. III., aus Frankreich (oder England?). — Über die alkuinianischenbsp;Grundlage des Pariser Textes auch Quentin, a. a. O. 38611.

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des Textes in den Handen der Gelehrten, die ihm altere Lesarten aufpfropften, ihn mit anderen Hss. verglichen, Parallelstellen,nbsp;Varianten aus der Glosa einführten, vielleicht auch griechischenbsp;Hss. zu Rate zogen:

Mt. III 7 a futura ira : a ventura tra Wvg, aus Lc. III 7; 12 in horreum -f- suum W, gr. B E L U W..IV 24 om et paralyticosnbsp;W, gr. 213; V 30 om den Vers W, gr. D, sy®; VI 15 hominibus -\-peccata eomm abffi f W, gr. alle exc. n D .. .; XVIII 13 gaudehitnbsp;: gaudet W vg, nach gr. xaiqei-, 24 qui debebat -j- ei W vg, aus gr.nbsp;EÏq avTw ocpeiXÉTrjq N B; XIX 11 qut dixit illis W vg vett, gr. alle;nbsp;XXI 5 om et (sedens) W ? © 6, nach Jo. XII 15; Mc. I 2 ecce egonbsp;aus Mt. XI 10; XIV 25 bibam de -|- hoe {genimine) W?nbsp;© ®, aus Mt. XXVI 29; Lc. X.V 5 inponit: imposuit W, (gr. allenbsp;ETimêrjatv); 17 mercennariiin domo {patris mei) W?@(S, nichtnbsp;vett, aber sy“ Hieron., August, aus Jo. XIV 2; XVIII 31 duo-decim -J- suos secreto it. W, aus Mt. XX 17; etc.

Nur wenige Versuche treten in der Zeit der Scholastik hervor, von dem traditionellen, ererbten, interpolierten, charakterlosennbsp;und fehlerhaften Text loszukommen, den Wust des angehauftennbsp;Materials zu durchdringen und zum reinen hieronymianischen Textnbsp;zu gelangen. Solche Versuche spiegeln die Anfange naturwissen-schaftlicher Interessen in der scholastischen Philosophic wieder, wienbsp;sie bei Albertus Magnus, Roger Bacon oder Dietrich von Freibergnbsp;sich zu zeigen beginnen. Diese Gelehrten dringen von der deduk-tiven Methode der Scholastiker zu einer induktiven, auf Empirienbsp;gegründeten und daher die Erkenntnis bereichernden Methodenbsp;vor. Auf den Vulgatatext wird diese nun ebenfalls, noch sehr zag-haft, angewandt. Man geht auf die Quellen, auf altere und altestenbsp;Hss. zurück und lernt erkennen, welche Hss. dem hieronymianischen Text nélherkommen als andere. Vor allem werden dienbsp;„moderni (sc. textusY durchweg abgelehnt. Solche kritische Versuche stellen die Korrektorien dar, die den Text begleiten, dienbsp;einzelnen Lesarten erlautern und angeben, welche vorzuziehen sei.nbsp;Das Correctorium Vaticanum (Vat. 3466) verurteilt alle spezifischnbsp;„modernenquot; Lesarten.11® Mit entschiedenen Worten weist Roger

Über die Korrektorien vgl. C. Vercellone, Dissertazioni accademiche.

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^ot: nbsp;nbsp;nbsp;des 6e£r. Tèxd^/ru^ durch triset /ióhche

^rü/f; ^ nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;*?nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;anye^de/fjujdfe /^ó'*gt;cJfe

Broun - -A nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;^ kont£nento/e Kiöster in/70chkarü^tnyt\scher Zed

GI u n z, Britannien und Bibeltext (Stammbaum)


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— nbsp;nbsp;nbsp;177nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;—

Bacon den Pariser Text zurück; wie in allen Gebieten der Wissenschaft geht er auch in der Textkritik auf die Erfahrung zurück, also auf die guten hieronymianischen Hss.^^^ Damit wird er dernbsp;Begründer einer Textkritik, die noch bei den spüteren Heraus-gebern der kritischen Bibeldrucke im i6. und 17. Jahrhundert, ins-besondere auch bei den Herstellern der clementinischen Rezension,nbsp;fast dieselbe ist. Doch gehören diese Bestrebungen schon der Ge-schichte moderner Textkritik an, die uns hier nicht zu beschaf-tigen hat.

Anmerkung. Wir haben zu Anfang einen Stammbaum ge-geben für die Quellen, denen der Vulgatatext wahrend seiner früh-mittelalterlichen Entwicklung sein Material entnimmt. Nachdem wir nun verfolgt haben, wie humanistische Geistesrichtungen, dienbsp;am Textwort festhalten, andere ablösen, die aus anderer geistigernbsp;Struktur heraus neue T3ipen schaffen; wie Beziehungen zwischennbsp;den einzelnen abendlandischen Kulturkreisen, und speziell zwischennbsp;den britischen Insein und dem Festland, Verbindungswege herstellen, auf denen der Vulgatatext wandert und Veranderungennbsp;erleidet, sind wir wohl in der Lage, in nebenstehendem Stemmanbsp;die Verwandtschaft der einzelnen Textklassen untereinander skiz-zieren zu können, aUerdings sehr schematisch und ohne alle fein-sten Beziehungen zu berücksichtigen.

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Aachen 154

Abalard 173 u. Note 105 Abbo von Fleury 155, 161nbsp;Abingdon 158, 162, 171nbsp;Acca von Hexham 99 Note

30

Acta Apostolorum 26 Adalbert, monachus 106nbsp;Adalolf von Boulogne 157nbsp;Ademar, Historiarum librinbsp;144 Note 20

Adoptianismus 61, 63, 139, 140

^èelberht von York 123, 124

^Selhelm von Wells und Canterbury 162nbsp;^Selstan, König 157, 164nbsp;Note 90; sein Psalter 168nbsp;FESelstan, monachus 149nbsp;^Öelwold von Abingdonnbsp;158, i67f.

^belwulf von Wessex 149 ^Ifric 54, I59f., 163, 167;

seine Sprache 160 Note 75 ^Ifsige von Winchesternbsp;und Canterbury 162nbsp;Afrika 21, 27, 35, 37nbsp;afrikanisch-lateinische Bi-beliibersetzung 39nbsp;Agilbert von Paris 74nbsp;Agobard von Lyon 39, 137nbsp;Note IInbsp;Agypten 20, 24nbsp;Aidan 69, 72, 92nbsp;Albertus Magnus 176nbsp;Albuin von Canterbury 97nbsp;Note 25

Aldhelm von Malmesbury 75 Note 34, 97, 109, 123nbsp;Alexandria 20, 22, 44nbsp;alexandrinischer Text 49nbsp;Alfred der GroBe 149!?.,

157, 159

Alkuin 75, 76 Note 35, ii8, 120,123,124 ff., 140; seinenbsp;Bibeltextrezension 129!?.

Register

alkuinianischer Texttypus 127, 136, 144, 145, 156,

163, 175

Allegorie 32, no, 122 altenglische Bibeliiberset-zung 152, iSzff.

Altes Testament: typologische Auffassung 25, 38 althochdeutsche Glossennbsp;142 fif.; zu den Evangeliënnbsp;i44ff.; Matthaus-Fragment i46f.

altlateinischeVersion27,33, 35, 38, 45, 48,5off., 53ff-,nbsp;58f., 66, 81, 85, 91, 95,nbsp;99,113, 132, 138, 146, 166nbsp;Altsaxones 105 Note 45nbsp;altsyrischeVersion 38, 5if.nbsp;Alubert 106, 114nbsp;Ambrosius 36, 58nbsp;Amöneburg 106nbsp;analytische Sprachform 24,nbsp;.. 32, 53

Anderungen am Bibeltext 23ff-, 35, 41, 52, 62, 81,nbsp;no, 137 Note nnbsp;Anegray 69, 71nbsp;Angelsachsen4i, 60, 67, 70,nbsp;89ff.;alsMissionare i03ff.,nbsp;114, 123, 142

angelsachsische Kirche 68, 90, 95f., i39flf., 148f.nbsp;angelsachsischer Vulgata-typus 90f., loif., no,nbsp;inf., 113, 120, 128, i29f.,

133, 147, 153, 164

Anselm von Canterbury 170 Antike 117, 124nbsp;Antiphonarium 75, 135nbsp;Antiochia 44nbsp;antiochenischer Text 49nbsp;Apokryphen 21nbsp;Apostel 26nbsp;Arianismus 36, 59f.

Arles 64, 76 Armagh 68nbsp;St. Arm and 156

Arn von Salzburg 116 Arnulf von Flandern 156,nbsp;161

Arras 137, 156 Askese 41, 65, 68flf., 139,nbsp;i54fr., 158, 160nbsp;Asser 149nbsp;Astorga 61

Athala, monachus 77 Note 37

Athelney 150

Augustinus 22, nbsp;nbsp;nbsp;44f., 46

Note 49

Augustinus, monachus 56 Note 5, 79, 89, loinbsp;Authorised Version 40nbsp;Autoritat des Bibeltextesnbsp;39, 46, 50, 54, 87, 143,nbsp;152, 159, 172

Autun 65, 126 Avitus von Vienne 64nbsp;Avranches 171nbsp;Awaren 114nbsp;Baiern 105

Balduin II. von Flandern

157

Banchor (Ulster) 71, 75 Bangor (Wales) 68nbsp;Barcelona 61nbsp;Barking Abbey 97nbsp;Bath 157, 162, 171nbsp;Bee 171

Beda 33, 68f., 70, 74, 90, 96, 100, 109, 124, 131,nbsp;140, 167

Benedict Biscop 96, 97 f., 100 Note 32, 103f.nbsp;Benediktinerreform 153,

157 f-

Benevento 78 Beornrad von Echternach,nbsp;Erzbischof von Sens 120,nbsp;129 Note 41

Berger, Samuel 19, 65, 90 Note 5, 120, 121, 128,nbsp;133 Note 45, i37f., 165nbsp;Note 91



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i83

Bertinus, monachus 72 St. Berlin (Sithiu) 149,156 f.nbsp;Besangon 71, 73nbsp;Bibel: Studium ói, 68, 74;nbsp;ihre Rolle im irischennbsp;Mönchswesen Soflf.; beinbsp;den Angelsachsen 96 f.,nbsp;io8; Geschichte des Bi-belstudiums i23f.; Al-kuin und Bibelstudiumnbsp;124ff.; in nachkarolingi-scherZeit i35ff.; glossiertnbsp;142; in derKlosterreform

15s

Bibeltext: Wortlaut und Sinn 29; Symbol einer Ge-meinschaft 37; wandeltnbsp;sich im Wandel der Kuituren 47; Übersetzungennbsp;143 ff.; in der Scholastiknbsp;170 ff.

Bibliotheken 61, 124, 155 Bilderstreit 140nbsp;Bildungsbestrebungen 60,nbsp;64,78,ii5f.,i34ff.,i4iff.,nbsp;149, 150, 158

Blickling Homilien 41 f., 15 9 Bobbio 72, 75nbsp;Boethius 94, 135nbsp;Bonifatius 105#., 108, iio,nbsp;114

Bourges 65 Braga 61nbsp;Bregenz 72

Brendan, monachus 68 Britannien 37, 67ff., 103 ff.,nbsp;141

Büraburg 106 Burgund 64, 71nbsp;Burkhard vonW ürzburg 106nbsp;Bury St. Edmunds 162, 168nbsp;Byzanz 59

Caesarius von Arles 64 Cambrai 75, 137nbsp;Canones,englische 163; Hi-bernenses 76 Note 36nbsp;Canterbury 90, io8f., 124,nbsp;140, 162, 168; Schule 96,nbsp;100,101nbsp;Casarea 44

Cassiodorus 94f., 99, 131 Ceadwalla von Wessex 103nbsp;Cenwulf von Mercien 140nbsp;Ceolfrid, abbas 98 f., 103nbsp;Chalons 65nbsp;Chartres 134nbsp;Chelsea 140, 148

Chlodovech 64,141 Christentum,Geschichte 49,nbsp;“SiHi

christologischer Streit 61 Chrodegang von Metz 154nbsp;Ciaran, monachus 68nbsp;Citeaux 171 f.

Clemens von Alexandria 22, 37. 38. 41

Clemens, monachus 75 Clementinische Vulgatare-zension 86,177nbsp;Clermont 65nbsp;Clonard 68nbsp;Clonfert 68nbsp;Clonmacnoise 68nbsp;Clovesho 102 Note 37, 140nbsp;Cluniacenser 41, i5Sf.nbsp;Codex Amiatinus 98 f., 120;nbsp;Lindisfarnensis 98, 153;nbsp;Laudianus 98;Mayhingen,nbsp;Würzburg, St. Riquiernbsp;113; Memmianus, Le Puy,nbsp;St. Hubert ii9f.; Hamilton, Adae 128; Vallicel-lanus 129,137; Carolinus,nbsp;Turonensis I28f.; Rush-worthianus 153nbsp;Coinred von Mercien 103nbsp;Coldingham 92nbsp;Colman von Lindisfarne 93nbsp;Columba von lona 68,70,72nbsp;Columbanus (Luxeuil) 69,nbsp;71 f., 74 und Note 28, 75,nbsp;76, 80, 89,102nbsp;Comgell, monachus 68nbsp;Corbie 72, 124, 134,138,165nbsp;Crediton 162nbsp;Cyprian 27, 30nbsp;Dadanus, monachus 106nbsp;Danen 75, 140, i48f., 157,nbsp;162

St. Denis 137,138,156 Derry 68

deutsche Sprache i43f.

De voeatione gentium 147 Dialektik 173 u. Note 105nbsp;Dichtung des Mittelalters

143,174

Dietrich von Freiberg 176 Dijon 65

Dionysius von Korinth 22 v. Dobschütz 20, 27 Notenbsp;19, 169 Note 98nbsp;Dogma und Bibeltext 23,nbsp;36,160 fin Paris 173nbsp;Domschulen in Spanien 61;

Dover 162

Dumio, monasterium 61 Dungal, monachus 75, 115nbsp;Dunstan 41, 158, i6i, 162,nbsp;167

Durrow 68

Eadburh von Minster G,Bugge«) 97,108nbsp;Eadgar, König 158,162; Ge-setze 161

Eadmund, König 157 Eadred, König 158nbsp;Eadward d. A., König 157nbsp;Eadwig, König 158nbsp;Eadwine vonN ordhumbriennbsp;89, 92

Ecclesiastical Institutes 161 Ecgbert von Wessex 148,nbsp;149 Note 29

Ecgbert von York 102 Note 37, 124, 140

Echternach 105, iio, 113, 120, 128nbsp;Edessa 37

Einfühlung in den Bibeltext 29 f.

Einhard 115 Emly 68

St. Emmeramer Evangeliën

138

England 95ff., 103,110,114, 118, i22ff., i39ff., i48ff.,nbsp;154, is6ff., 167, 171, 174nbsp;englische Sprache 150, 152nbsp;Note 36,159nbsp;Erfurt 106

Eugippius von Lucullanum 95, HO

Eule und Nachtigall 174 europüischer Texttypus 35nbsp;Eustasius von Luxeuil 72nbsp;Evangeliën: in der früh-christlichen Zeit 24, 26;nbsp;bei den Angelsachsennbsp;iio; -glossen i44ff., 145nbsp;Note 21

Evangelienversion, alteng-lische 152, 162 ff.

Exeter 162 Note 86 Exegese 75 Note 34, 80,nbsp;n6,122nbsp;Fécamp 67nbsp;Ferrar-Gruppe 51nbsp;Ferrières 124,135nbsp;Finnian 68

Flandern 154,156 f., 161,168 Fleury 155, 158


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184

Florus von Lyon 135 Fontaine 72

Formalismus 116, 117 Note 13, 122nbsp;Franken 64

F rankenreich 63,71 f., 114 fif., i34ff., 141, 148nbsp;Frankfurter Synode 140,142nbsp;frankischer Vulgatatypusnbsp;63 ff., 87 f.

franko - angelsachsische Schreibschulen 137 ff.nbsp;französischer Bibeltext 143,nbsp;147 Note 26

Fredegis, Fridugis, von St. Martin in Tours 39, 126,nbsp;137 Note IInbsp;Freising 106,142nbsp;Fridolin von Sackingen 72nbsp;Friesland 103 Note 40,105 f.,nbsp;114

Fritzlar 106

Fulbertus Carnotensis 36 Fulda 124,126, 134nbsp;Furseus 69 Note 16, 73, 92nbsp;Galicien 61, 77 Note 38, 78nbsp;St. Gallen 72, 75, 76 Notenbsp;35, 78, 134, 142, 157nbsp;Gallien 64, 75, 78nbsp;Gallus 72

Gebrauchstext der Bibel 37L, 43, SO Note 52, 143nbsp;Gelehrtentum 47, 74, 75,nbsp;84f., 95ff., 109; bei dennbsp;Angelsachsen 115, 128,nbsp;130, 167, 171,174nbsp;St. Geneviève 173nbsp;Gengenbach 104nbsp;Gent 156, 158nbsp;Georg von Ostia 140nbsp;Gerhard von Brogne 156nbsp;germanisches Wesen 114,nbsp;117, 141

Geschichte desTextes 47,48 Gesetze Alfreds 158nbsp;Gesinnungsgemeinschaftennbsp;und Bibeltext 23, 27 f., 36,nbsp;40, 43, 49, 147 f.nbsp;Giselbert von Lothringen

156

Glastonbury 158, 162,171 Glaube und Bibeltext 25,nbsp;26, 40, 47

Glossa 44 Note 46,5 6; glossa ordinaria 13 5; in der Scho-lastik I72f., 176 fi44ff.nbsp;Glossen 33, 54, 135, 142,

Gnostiker 20, 22, 36, 43 Goldhandschriften vonnbsp;Tours i28f., 130nbsp;Gorze 154, 156nbsp;Goten 64

Oraeca veritas 44 f. Grammatik 115, 123, i27f.,nbsp;137 Note II

Gregor der GroBe 56, 59, 62, 63, 81, 91, 95, 102;nbsp;Cura Pastoralis isof.nbsp;Gregor II., Papst 106nbsp;Gregor von Tours 77nbsp;Gregory 22 Note 7, 48nbsp;griechisclie Kultur 24, 38,nbsp;123

griechische Sprache 75!., 96,167

griechischer Text 20, 38!., 48, 50f., 81, 84!., 132,nbsp;i66f., 176

Grimbald von St. Bertin '49, '57

Hadrian von Canterbury 76,93,95,97,98,131,142nbsp;Handschriften der Bibel 19;nbsp;des italischen Typus 56;nbsp;des spanischen Typusnbsp;62 f.; des irischen Typusnbsp;82; römische Hss. in England 90; des nordhum-brischen Typus 99; dernbsp;Angelsachsen auf demnbsp;Kontinent io6ff.,ii3;vonnbsp;TheodulfsRezension 119,nbsp;137; kontinentale Hss. innbsp;England I57,i62fif.; Win-chester-Hss. i68ff.; desnbsp;Pariser Textes 175 Notenbsp;109

Handschriftenaustausch 107 Note 51, 108nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;f42

Haresien 36, 43, 61, 79 Note Harmonie der Evangeliënnbsp;44 Note 46, 47nbsp;V. Harnack 26, 49nbsp;hebraisch 38, 45nbsp;Heliand 144

Helisacharvon St. Albin 135 Hertforder Synode 96nbsp;Hessen 105nbsp;Hesych 44

Hewalds, die beiden 109 hieronymianischer Text 21nbsp;Note 6, 50, 54, 89 ff., 93,nbsp;95, 99, 107, quot;3, 128,133,

136, 176

Hieronymus 30,32,37,44ff, 46 Note 49, 52, 54nbsp;Hilarius Pictaviensis 33nbsp;Hirschau 172nbsp;Höfik 174

Hofschule 75, 116,124, 128, 149

Honorius, Papst 79 Note 42 Hornbach 104nbsp;Hrabanus Maurus 118, 134nbsp;Hroswitha von Ganders-heim 31

St. Hubert 107 Note 51,156 Hugo von Paris 157nbsp;Humanismus 44, 94, 100,nbsp;109, 125

Illumination von Hss. 167 f. Ine von Wessex 103nbsp;Innere Sprachform 24ff., 53,nbsp;143nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;f162

Interlinearversion 24, 153, Interpolation 61, 172nbsp;Interpretation 40, 46 Notenbsp;49, 81, 138, 172nbsp;Iona 68, 70, 92, 140nbsp;Irenaus von Lyon 21 Notenbsp;6, 22, 38, 43

Irischer Vulgatatypus 32, 33, 67ff.; auf dem Kontinent 74, 78, 82, 85 f.; Ein-fluB auf andere Textklas-sen 87f., gif., 93, no,nbsp;iiif., 113, 120, 121, 136,nbsp;147, 156, i65f., 175nbsp;Irland 63, 64 Note 10, 65,nbsp;67, 68, 75, 78, 92,123nbsp;iro-schottischeKirche 67 ff.,nbsp;78 f., 89

Isidor von Sevilla 61 Italien 53,67, 75, 89,93,99,nbsp;117,123

italischer Texttypus 53, 56ff., 62, 66, 83, 91, loi,nbsp;138 f.

Jarrow 97 f., 100,124, 140 Johannes der Altsachse 149nbsp;Johannes Diaconus 144nbsp;Note 20

Johann, König 174 Johannes von Salisbury 171nbsp;Johannes Scotus Eriugena

135,170

Josephus, monachus 75 Justus, monachus 90nbsp;Karl der GroBe 63, 74 Notenbsp;29, 75, ii4ff., i22ff., 139,nbsp;141 f., 148


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i85

Karl Martell 103 karolingische Kultur 7 5,nbsp;ii4ff., 123, 126, 134, 168nbsp;karolingischer Vulgatatextnbsp;124 ff., 168

Kasseier Glossen 34 Kent 89, 148nbsp;Kirchenrecht 76 Note 36nbsp;Kirchenvater 20, 21 Note 6,nbsp;35, 48, 124

klassische Bildung 60, 68, 78f-, 94, 99, 109, in, 15snbsp;klassisches Latein 35, 44,nbsp;97,116, 118nbsp;Kleinasien 20, 37nbsp;klösterliche Bildung 55nbsp;Klosterwesen 60,64 f, 68 ff.;nbsp;in Frankreich 72; in England 96fF.; auf demKon-tinent 102 f., 134, 149,nbsp;154 ff.; Benediktinerre-form in England 158,171,

174

Kommentieren, EinfluB auf den Bibeltext 32, 35,135nbsp;Konflationen 66, 83nbsp;Konservierung des Textesnbsp;43, 47

Kontinent 71, 103, ii4ff., i39f., 162,168nbsp;Kopiëren des Bibeltextesnbsp;6t, 75, 94, 98, 108f., 118,nbsp;'27, *55, *6*

Korrektoren 43, 45 Korrigieren des Textes 55,nbsp;8f,ioif., i35fr., 139, i66f.,nbsp;171

Kulturgeschichte 47 f. Lagny 73nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;f171

Lanfranc v'on Canterbury Langobarden 59, 114nbsp;Laon 75, 137

lateinische Sprache96, 143, 150, 152 Note 36, 158ff.nbsp;lateinischer Text 142nbsp;lateinische V ersion des grie-chischen Textes 39, 5if.nbsp;Laterankon2il 93nbsp;Laurentius, monachus 90,nbsp;92 Note 7

Leidrad von Lyon 116,118 Lektionarien 48nbsp;Le Mans 65, 73nbsp;Leo 111., Papst 115nbsp;Lerins 21 Note 6, 64, 76nbsp;Lesarten des Bibeltextes:nbsp;Ursachen 23; sprachlich-

stilistische 24; Entste-hungszeit 27; veranlaBt durch Übersetzen undnbsp;Kommentieren 32; Sinn-varianten 35, 43, 49; desnbsp;italischen Vulgatatypusnbsp;57; des spanischen 62f;nbsp;des irischen Typus 81;nbsp;im angelsachsischen Mis-sionstext uo; im alkuini-anischen Typus 129, 132;nbsp;„liturgischequot; 163; in dernbsp;Scholastik 172; „modernequot; 175

Liafwine, monachus 106,115 Lindisfarne 70, 92, 98, 124,nbsp;140

Lioba von Wimborae 97; in Tauberbischofsheimnbsp;106

literarische Bestrebungen

60, 71, 75, 94, nbsp;nbsp;nbsp;136,

155

Liturgie 37, 77 Note 38, 90, 98

London 89, 162 Lorsch 154nbsp;Lothringen 154, 156nbsp;Ludwig der Fromme 107nbsp;Note 51, 154nbsp;Lukian 44nbsp;Lui von Mainz 106nbsp;Luther 40, 143, 144 Note 20nbsp;Lüttich 75nbsp;Luxeuil 69, 72, 77nbsp;Lyon 66, 119nbsp;Maestricht 72nbsp;Mailand 59

Majolus von Cluni 155 Majuskelhss. 51nbsp;Malmesbury 162 Note 86,nbsp;171

Mardon 20, 22, 36, 43 St. Martin, Tours 124, 126nbsp;Matthaus-Fragment, alt-hochdeutsches 143, 146nbsp;Mauren 114, ii8f.nbsp;Maursmünster 104nbsp;St. Maximin, monasteriumnbsp;155 Note 46nbsp;Mellitus, monachus 90nbsp;Melrose 92nbsp;Meran 142nbsp;Mercien 93 Note 13nbsp;Merowinger 65, 77, 141nbsp;Metz 156nbsp;Minster 97

Minuskeln 51, 127, 167 Mischtexte 56 ff., 60 if., 66,nbsp;82, 93, no, 137, 138,153,nbsp;'73

Mission 31, 60, 69ff.; Eng-lands 89 ff.; durch Iren 92; durch Angelsachsennbsp;102 ff., 109, 128nbsp;„mittelaIterlicher“Text 172nbsp;Monsee-Wiener Fragmentenbsp;143, 146, 149nbsp;Montanismus 35nbsp;Murbach 104

mythisches Denken 24 f., 73 Nationalgefiihl 34 f., 79,

i40ff., i47f.

Nationalsprache 34, 140 Neues Testament 246., 38nbsp;Neuweiler 104nbsp;Nikodemus-Evangelium 163nbsp;Note 87

Nordfrankreich 128, izvf., 163, 168nbsp;Nordgallien 67nbsp;Nordhumbrien 68 f., 70, 89,nbsp;92, 97ffi, no, 133, 140,nbsp;148

nordhumbrischer Vulgatatypus 99ff., 107, 110, III, 113, i30ff., 153nbsp;norditalisch - altlateinischenbsp;Übersetzung 35, 56nbsp;Norm des Bibeltextes 37f.,nbsp;40,44,101,122,128,143!.,nbsp;159!., 173

Notre Dame, Paris 173 Oberitalien 56, 59, 63, 78nbsp;Oda von Canterbury 158,

162

Odbert von St. Bertin i6t Odo von Cluny 155nbsp;Offa von Essex 103nbsp;Offa von Mercien 115 Note 2,nbsp;140

Ohrdruf 106 Origenes 22, 43nbsp;Originale von Versionennbsp;i45ff., 146 Note 23, 15 if,

163 nbsp;nbsp;nbsp;ff.

Orléans 128, 147 Ornamentik inHss. 127,128,nbsp;136 Note 10, i67fnbsp;Orthodoxie 63, 89, i6inbsp;Orthographie 124, 127 undnbsp;Note 39

Osgar von Abingdon 161 Note 81


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— nbsp;nbsp;nbsp;186nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;—

— nbsp;nbsp;nbsp;186nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;—

Ostanglia 69 Note 16, 89, 92 Oswald von Nordhumbriennbsp;70, 92

Oswald von Winchester und York 158

Otfrid von WeiBenburg 144 Otto der GroBe 157nbsp;Palastina 20, 24nbsp;Pamphilus 44nbsp;Papsttum59b, 89, 105, 106nbsp;Paris 67, 73, 174nbsp;Pariser Psalter 153nbsp;PariserBibeltext 56, i34ff.,

'77

Paschasius Radbertus 118,

135

Patrick 64 Note 10

Paul, Papst 108

St. Pauler Lucas-Glossar

145 f-

Paulinus von Aquileja 123 Paulinus, monachus 70, 90,nbsp;92

Paulus, apostolus 26, 31 Paulus Diaconus 116, 123nbsp;Penda von Mercien 70, 92nbsp;Péronne 73

Petrus Lombardus 123 Petrus von London 171,174nbsp;Petrus, monachus 90nbsp;Petrus von Pisa 115, 123nbsp;Philologie 60, 75, 80, 94,

io8f., 116, i23f., 135

Philon von Alexandria 25 Philosophic 172 ff.

Pikten 70 f.

Pippin 103,105,108,114,15 4 Pirmin 104

Plegmund von Canterbury Poitiers 65nbsp;nbsp;nbsp;nbsp;[149

Polycarp 4t Priscillianismus 61nbsp;Profuturus von Braga 62nbsp;Protestantismus 40nbsp;provinzielle Eigentumlich-keiten 27, 37 f., 49, 53,nbsp;55 f-, 60

Psalter 135 f., übersetzt 151,

153, '68

Quentin, H. 119 Note' 7,' 38 Ratramnus 135nbsp;Regensburg 106nbsp;Regula Benedict! 98, 102,nbsp;'04) '54, 156, '58; Co-lumbani 102

Reichenau 75, 104, 134!?., 142

Reichenauer Glossen 34 Reims 65, 73) 75) '34) i37f-,nbsp;156, 168

Remigius von Auxerre 135 „Renaissancequot; 95, 114, 126nbsp;Responsoriën 135nbsp;Rezension des Bibeltextesnbsp;47) 94ff-) quot;4ff-; Theo-dulfs — 118 ff.; Alkuins —

i27ff.) '44, i7if.

Richard von Leicester 170, '74

Richard von St. Vannes 156 St. Riquier 165nbsp;Ritus der irischen Kirche79;nbsp;der angelsachsischen 90,nbsp;98

Robert von Courgon 174

Rochester 90

Roger Bacon 22, i76f.

Rom 50, S3, 59, 62, 64, 79, 89, 96, 105,114,117 Notenbsp;'2, 141

Romanisierung 141 Rufinianus, monachus 90nbsp;Sachsen 105, 114, 141nbsp;Sackingen 72nbsp;Salzburg 106, 126nbsp;Schisma und Bibeltext 35,nbsp;38) 6r, 79

Scholastik32,56,143,17off.;

Methode 172 f., 174, 176 Schottenklöster 73, 75, 156nbsp;Schottland 68nbsp;Schreiber 20; ihre Einstel-lung zumText 33; Lehrernbsp;und Gelehrte 47, 48, 54,nbsp;83, 102

Schreibschulen 98, 137 Schrift, insulare 76; angel-sachsische 99; karolin-gische 127, 128, 167nbsp;Schulen 61, 134nbsp;Schuttern 104nbsp;Schwarzach 104nbsp;Septem artes liberates 123nbsp;Septimanien ii8f.

Servatus Lupus 135 Sevilla 61nbsp;Sherborne 97nbsp;Sigbert von Ostanglia 92nbsp;Sigulf Vetulus 126nbsp;Sithiu 72

Skriptorien 98f., 128, 162 Slawen 114

V. Soden 44 Note 46, 50 Note 52

Soissons 65, 75 Spanien 37, 60, 65!., 77, 88,

114, 118

spanischer Vulgatatypus 60 ff., 88, 119

spatenglischer Vulgatatext '34fF-, '53) 168) '7°) '75nbsp;spatkontinentaler Vuigata-text '34ff., 'Sóff.nbsp;Sprache, ihrEinfluB aufdennbsp;Bibeltext 23, 25, 33 f., 40,nbsp;53f.) i47f., isof., i59f.nbsp;Sprachgemeinschaften 27,

33) 34) 35) 40, 55) '47 f-Stammbaum der Bibelhss. 19: der Textelemente innbsp;den frilhen Vulgatahss.nbsp;51; der Vulgatatexttypennbsp;177

Steinmeyer-Sievers 145 Stephan Harding von Ci-teaux 171

Stephen Langton 173, 174 Stilwille am Bibeltext 28 f.,nbsp;35, 41 ff., 151nbsp;StraBburger Eide 147nbsp;Streaneshalh (Whitby) 92nbsp;Siidgallien 64, 66nbsp;Silditalien 21 Note 6, 94 ff.nbsp;siiditalische Vulgatahss. 95,nbsp;'3'

Symbol 37

symbolisches Denken 25!., 31, 78 und Note 41, nonbsp;Symmachus, Papst 64nbsp;Syrien 20, 24

Tatian 36, 44 Note 46, 50 Note 52

Tauberbischofsheim 106 Tertullian 27, 28, 35, 39, 43,

52

Textkritik 22, 46 Note 49, 48, 116, 118, i35ff., 161,nbsp;'77

Textmischung 53 ff., 'Sóf. Texttypus: Definition 19;nbsp;provinzielle und individu-elle Auspragungen 20 f.;nbsp;abhangig von Gesin-nungsgemeinschaften 22;nbsp;provinzielleTypen 27,34,nbsp;48, S3; der Italische 36;nbsp;der alkuinianische 129;nbsp;Vermischen 137; nachka-rolingischer i38ff.; spatkontinentaler 136, 173nbsp;textm modemus 174



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textus receptus 143 Thecla von Kitzingen 106nbsp;Theodor von Canterburyyó,

92, 93,95,96, 98,131,142

Theodutf von Orléans, seine Textrezension 107, 116,nbsp;147, 155 Note 46,nbsp;161, 172

Theologie 60, 143, 172 Theophylact von Todi 140nbsp;Thérouanne 72nbsp;Thierach 156nbsp;Thüringen 105nbsp;Tobias von Rochester 47nbsp;Note 25nbsp;Toledo 60 f.

Toul 156

Tours 65, 126, izyf. Traditionsgebundenheitói,nbsp;79, 89, 99, 134, 137 Note

II, 156, 170 Trier 72nbsp;Trudbert 72

Übersetzung; Begrifif 30; in der Scholastik 32; volks-sprachliche34f., 38; Ver-haltnis zum Original 40,nbsp;42, 51, 55, 142ff-; unternbsp;Alfred 150; derBibel imnbsp;Englischen i52f., i59f.,nbsp;162 ff.

Universitat Paris i73f. Unterricht und Bibeltext 32,nbsp;35, 60, 70, 74, io8f-, ii6,nbsp;126, 128, 155, isSf.nbsp;Utrecht 105, 115, 137; Utrechter Psalter 168nbsp;St.Vaast in Arras 156, 161,nbsp;165

Varianten, s. Lesarten Veranderung des Bibeltex-tes 20nbsp;Verdun 156

Verfestigung des Textes 38, 51

Vergleichen vonHss. 61,63,

83

Vermischung der Typen

loif., 137 ff-

Vespasianischer Psalter 153 Vienne 73, 76nbsp;Vierzo 61nbsp;Vigilius, Papst 62nbsp;Viktor von Capua 95, 107nbsp;Vitalian, Papst 95nbsp;Vivarium 94

Volkssprache 41, i4iff., i47f-, 150, 158nbsp;Vorscholastik 134nbsp;Vulgata 32, 43, 50, 57, 61,nbsp;91, 93, 133

Vulgatageschichte 48, 113, 114, 143 f-, 148, 152, 175nbsp;Walafrid Strabo 76 Notenbsp;35, 118, i34f., 144 Notenbsp;20

Wales 68, 149 Waulsort 156

Wearmouth 97 f., 100, 109, 124

Wells 171

Werwulf, monachus 149 „westlicher“ Text 41, 49,nbsp;50 und Note 52, 51, 85,nbsp;133, 166

westsachsisch42; westsach-sische Evangelienversion 153, 163 ff.

Whitby 93

Wido von Blandinium 161 Wilfrid von York 103, iionbsp;Wilhelm von Champeauxnbsp;173 Note 105

Wilhelm der Eroberer 173 Wilhelm, Abt von Hirschaunbsp;172

Wilhelm von Malmesbury 148, 160 Note 75nbsp;Wilhelm de Montibus 174nbsp;Willehad, monachus 106,

115

Willibald 106 Willibrord 105 f., iio, 113nbsp;Wimborne 97nbsp;Winchester 108; New Minster 157; OldMinster 158,nbsp;162, 171; Hss. 167, 168 ff.nbsp;Wissenschaft 59, 69, 79, 94,nbsp;95,134,143,151,172; undnbsp;Glaube 26

Witto von Lindisfarne 126 Worcester 162nbsp;Wordsworth-White 58, 82,nbsp;87, lOInbsp;Wortglaube 21, 40nbsp;Wulfhelm von Wells undnbsp;Canterbury 162nbsp;Wulfred von Canterburynbsp;149

Wulfstans Homilien 159 Würzburg 106nbsp;York 108, 124, 130, 149nbsp;Zaragoza 61

Zitate aus der Bibel 28 ff., 42, 56, 151, 173nbsp;Zweite Bibel Karls des Kah-len 137 f.



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